Hornschuhs Überforderung und Xhakas Freistösse / FCZ – FCB Analyse

FCZ – FCB Vorschauartikel (Züri Live)

Im Schach sagt man, dass der Kampf ums Zentrum das Spiel entscheidet und im Fussball ist es tendenziell ebenfalls so. Ein defensiver Schwachpunkt des von Franco Foda präferierten 3-4-3 ist, dass der Sechser des Gegners häufig viel Freiheiten geniesst, um das Spiel aufzubauen – vor allem wenn dieser durch zwei Achter assistiert wird. Alex Frei hatte wohl gesehen, wie Cammy Devlin als Sechser der Hearts gegen den FCZ das Spiel an sich reissen und die Zürcher in der 1. Halbzeit des Europa League-Rückspiels in Schwierigkeiten bringen konnte.

Alex Frei’s Systemumstellung klappt nicht

Frei stellte daher sein System um und begann im Letzigrund mit Taulant Xhaka auf der Sechs hinter Diouf und Burger auf den Achterpositionen. Das klappte aber nicht wie gewünscht. Denn was von Frei zu wenig berücksichtigt wurde: dem FCB fehlt für ein solches Spiel das Personal. Im Gegensatz zu Hearts ist Basel nicht eine spielerisch orientierte Mannschaft. Die Stärken liegen eher in der Physis und bei Vorstössen mit Ball am Fuss. Xhaka hatte zwar tatsächlich recht viel Freiheiten, konnte diese aber nicht so wie Devlin zu raumöffnenden Pässen nutzen. Zur Pause stellte Frei daher wieder um auf das bewährte 4-2-3-1. Der eingewechselte Zeki Amdouni spielte in der Folge eine entscheidende Rolle mit seinem grossen Aktonsradius von der Zehnerposition aus.

Wouter Burger wurde zwar zur Pause ausgewechselt und Taulant Xhaka war aus dem Spiel heraus nicht sehr wirkungsvoll. Mit zwei sehr schwierig zu verteidigenden Weltklasse-Freistössen entschied er aber die Partie. Und beim FCZ war das Zentrum individuell schwach. Marc Hornschuh wirkte wie meist wenn es gegen einen stärkeren Gegner geht, überfordert. Mit zwei unnötigen Fouls und einem Ballverlust war der Deutsche Ausgangspunkt aller drei Gegentreffer vom 1:1 zum 1:4 zwischen der 53. und 60. Minute.

FCZ-Trainerteam mit Zuteilungsfehler

Zwei Minuten später wurde Hornschuh durch Blerim Dzemaili ersetzt – was die Situation im Zürcher Zentrum aber sogar noch verschlechterte. Da Dzemaili sich an der Defensivarbeit praktisch nicht beteiligte, stand er bei Umschaltsituationen häufig frei und wurde von den Mitspielern gesucht – produzierte dabei aber aus aussichtsreichen Situationen unbedrängt einen Fehlpass nach dem anderen. Ole Selnaes kämpft immer noch mit einer für die Super League zu kleinen Handlungsschnelligkeit, agierte aber immerhin solider als Hornschuh und Dzemaili und übernahm erstmals vom im Aufgebot fehlenden Antonio Marchesano die Ausführung der Corner – gleich mit einem Assist zum Ausgleich Mirlind Kryezius. Mit einem Fehlpass leitete der Norweger allerdings auch den Doppel-Corner des FCB zum 0:1 ein.

Den 1:0-Führungstreffer des FCB durch Zeqiri nach Males-Eckball hatte das den Schweizer Fussball noch nicht gut kennende FCZ-Trainerteam mitzuverantworten. Sie setzten den starken Manndecker Lindrit Kamberi auf Dan Ndoye an und den bei hohen Bällen schwachen Adrian Guerrero auf Andi Zeqiri – dabei ist Zeqiri bekanntermassen der deutlich bessere Kopfballspieler. Der Gegentreffer zeigte dies schmerzhaft auf. Der Irrtum wurde korrigiert. Kamberi übernahm Zeqiri und hatte diesen in der Folge im Griff. Zwar erzielte Zeqiri einen weiteren Kopfballtreffer, allerdings in einer Freistosssituation mit Raumdeckung, in der Hornschuh zu spät Richtung eigenes Tor startete.

Erstaunliche Lücken für schnelle Zürcher Gegenangriffe

Nach der Partie ist zumindest Fabian Rohner nicht mehr der einzige FCZ-Ligatorschütze der Saison. Mit ihm, Mirlind Kryeziu und Blerim Dzemaili haben aber weiterhin nur Spieler aus dem eigenen Nachwuchs ins Netz getroffen. Es hätten auch noch mehr Tore sein können. Nach Erwarteten Toren, Ballbesitz und gewonnenen Zweikämpfen lag der FCZ vorne. Fabian Rohner brachte viel Schwung und kam zu guten Torchancen. Sowohl Avdijaj als auch Tosin wurden vom jeweils nur den Mann und nicht den Ball attackierenden Arnau Comas elfmeterwürdig gefoult. Aber Fedayi San aus Zürich bleibt weiterhin bei seiner Linie, im Zweifelsfall sich ja nicht dem Vorwurf der Bevorzugung des Klubs vor seiner Haustür aussetzen zu wollen.

In der Ersten Halbzeit spielte der FCZ viel über die Seiten nach vorne. Die Stürmer rotierten. Donis Avdijaj schien dabei fussballerisch immer besser Fuss fassen zu können. Von Tosin kam hingegen weiterhin etwas zu wenig. Das Führungstor für Basel zum 0:1 in der 23. Minute fiel entgegen dem Spielverlauf und nach dem 1:1-Ausgeich neun Minunten später bekam das Foda-Team zusätzliche Luft. Auch in der 2. Halbzeit waren die Zürcher abgesehen von den drei fatalen Standardsituationen insgesamt das bessere Team. Brecher und Kryeziu erwischten defensiv einen schwachen Tag, kompensierten dies teilweise mit offensiv guten bis sehr guten Leistungen. Etwas erstaunlich war, wie sehr der FCB trotz Vorsprung im fremden Stadion den FCZ in der letzten halben Stunde immer wieder schnelle Gegenstösse durch die Mitte spielen liess. MVP auf Zürcher Seite war Fidan Aliti, der sich gegen einen seiner Stammvereine aus Basel sowohl defensiv wie auch offensiv richtig ins Zeug legte.

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FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 5 – Sturmbedarf

Die Torschützenrangliste täuscht

Was Stürmer betrifft, sollte man in der Challenge League nicht zu stark auf die Torstatistik schauen. Es gibt Challenge League-Stürmer mit Potential, die in einer höheren Liga mit besseren Mitspielern noch mehr Tore erzielen würden. Gleichzeitig gibt es auch Challenge League-Stürmer, die zwar am Laufband treffen, aber beipielsweise bezüglich Physis oder Schnelligkeit auf dieser Stufe am oberen Limit spielen und in der Super League nicht reüssieren würden. Die Saison begann für den FCZ Ende August 2020 mit einer Testspielniederlage in Oerlikon gegen den FC Schaffhausen mit dem damals neuen Sturmduo Pollero / Prtajin. Dieses kann als gutes Beispiel für das oben erwähnte Grundprinzip dienen. Während Rodrigo Pollero (24) in der Saison 20/21 mehr Tore erzielt hat als Ivan Prtajin (25), scheint der Kroate mit seinem Mix aus Physis und Technik sowie der Vielseitigkeit im Abschluss für die Super League besser gewappnet, als der Uruguayer, welcher im Oberhaus eher zu einem „Patrick Rossini“ (nach 22 Challenge League-Toren in der Saison 13/14 mit dem FC Schaffhausen danach beim FCZ nicht durchgesetzt) werden könnte.

Von den Stade Lausanne-Ouchy Offensivspielern sind Yanis Lahiouel (26) und der von Royal Antwerpen ausgeliehene Guy Mbenza (21) interessant für die Super League. Zeki Amdouni (20) scheint hingegen etwas die Antrittsschnelligkeit und Beweglichkeit zu fehlen. Karim Gazzetta (26) hat sich gerade diesbezüglich im Waadtland gesteigert – die Stagnation während seiner Winterthurer Zeit lässt aber Zweifel aufkommen, ob er sich in der Deutschschweiz genügend wohl fühlt, um Top-Leistungen zu bringen. Louis Mafouta (26) von Xamax bringt durchaus ein gewisses Super League-Potential mit, ist aber ein reiner Konterstürmer, und solche hat der FCZ mit Kramer und Ceesay bereits genügend im Kader. Stojilkovic (Aarau), Luan (Kriens), Tushi (Wil), Koura (Xamax), Almeida (Aarau) oder Sessolo (Kriens) haben alle ihre Qualitäten, aber unter dem Strich reicht es wohl bei all diesen Stürmern nicht ganz, wobei vor allem Tushi sicherlich ein interessanter Mann für die Zukunft ist.

Kommt Josip Drmic zurück?

In der Super League könnte man sich nach dem dynamischen Christopher Lungoyi (20, Lugano, gehört Juve) erkundigen und danach, ob es aufgrund der Personalpolitik der jeweiligen Klubs bei einem Grejohn Kyei (25), Koro Koné (31, beide Servette), Roberts Uldrikis (23, Sion) oder Jonathan Bolingi (26, Lausanne, ausgeliehen von Royal Antwerpen mit Kaufoption) eine Chance gibt. Bolingi hat für die Super League eine hohe Qualität, Kyei ist spielerisch und defensiv einer der besten Stürmer der Liga (mit seiner unterdurchschnittlichen Chancenauswertung als einzigem echten Problem), der bereits 31-jährige Koné bringt Torriecher mit und Uldrikis ist zwar etwas langsam, aber dafür in der Luft schwer zu verteidigen. Dejan Djokic (20, Vaduz) könnte in einer anderen Mannschaft mit mehr Ballkontakten pro Spiel in der Super League durchaus persönlich noch mehr erreichen, als bisher – und könnte ein Kandidat als allfällige Ergänzung im Sturm sein. Gegenüber allen obengenannten Lösungen zu bevorzugen wäre aber sicherlich eine Rückkehr von Josip Drmic (28). Der ehemalige Nationalspieler hat bei Rijeka diesen Frühling wieder Spielpraxis und Selbstvertrauen getankt – und ist für die Super League immer noch ein guter Stürmer, dazu einer mit einem „FCZ-Herz“. Die Situation bei ihm wäre auch komplett anders, als bei einem Blerim Dzemaili (beim Transfer im Winter bereits beinahe 35, dazu ein Jahr ohne Spielpraxis). Von den „Auslandschweizern“ ebenfalls interessant könnten Ex-FCZ-ler Michael Frey (26) oder als möglicher Leihspieler von Brighton & Hove Albion Andi Zeqiri (21) sein.

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Bild: Steindy