Niederlage trotz 43 Top-Defensivaktionen / FCZ – Napoli 1:3 Analyse

In den meisten Fällen ist es so: die nachträgliche Analyse eines Spiels nach Studium der Bilder deckt sich grosso modo mit den Eindrücken am Spiel – in der Regel mit der ein oder anderen Ausnahme. Dann gibt es ab und zu aber auch Partien wie das Napoli-Heimspiel. Der Eindruck von der Leistung des FCZ im Stadion und kurz nach der Partie war schlecht. Die nachträgliche Analyse revidierte dieses Bild dann aber wesentlich. Es ist nicht so, dass es sich nun auf einmal um eine Glanzleistung handelte, aber medioker wars ebenfalls nicht. Am stärksten drückt sich dies bei der Statistik der Anzahl Top-Defensivaktionen aus: 43 bedeuten Rekord nicht nur für diese Saison, sondern es wäre auch letzte Saison der höchste Wert gewesen – jeweils mit Abstand. Der zweithöchste Wert in der aktuellen Saison beträgt 32 und stammt vom Heimspiel gegen YB (3:3).

Ganz generell hatte der FCZ in umkämpften Heimspielen gegen mehrheitlich starke Gegner am meisten Top-Defensivaktionen – Napoli, YB, Leverkusen, GC und St.Gallen. Der Limmatstadtclub scheint im Letzigrund bissiger aufzutreten und hat in der Meisterschaft zu Hause bisher mehr als zweieinhalb Mal weniger Gegentore als auswärts erhalten. Starke Gegner und umkämpfte Spiele wiederum stellen in jeder einzelnen Aktion Herausforderungen dar, welche die Mannschaft grossmehrheitlich bestanden hat. Dies gilt selbst für das Heimspiel gegen Napoli, sonst hätte es eine negative Durchschnittsnote abgesetzt – wie das in Basel, Razgrad oder zuletzt in St. Gallen der Fall gewesen war.

Die Züri Live-Durchschnittsnote gegen Napoli war 5,8. Dies ist vergleichbar mit beispielsweise dem Heimspiel gegen Basel (1:1), der Auswärtspartie bei AEK Larnaca (1:0), dem Vorrunden-Auswärtsspiel in St. Gallen (2:3) oder dem Heimspiel gegen Lugano (0:0) zum Abschluss der Vorrunde. Partien mit unterschiedlichem Ausgang, die aber alle zu den besseren 50% der FCZ-Partien der Vorrunde gehörten. Beim Heimsieg gegen Leverkusen (3:2) erreichte das Team mit 6,9 den bisher höchsten Notenschnitt der Saison, mehr als eine ganze Note höher als gegen Napoli. Leverkusen hat auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht das Niveau von Napoli und hatte es in der sportlichen Krise des Herbstes erst recht nicht. Um gegen Napoli einen Punkt erreichen zu können, hätte die FCZ-Durchschnittsnote im Vergleich zum Leverkusen-Heimspiel wohl noch eine Note höher (statt tiefer) sein müssen.

Es war vom FCZ eine tendenziell eher gute Leistung, aber man war weit davon entfernt, eine Saisonbestleistung abzuliefern. Einzelne Spieler agierten für ihre Verhältnisse trotzdem überdurchschnittlich. Toni Domgjoni ist hier speziell hervorzuheben. Der 20-jährige wirkte von Beginn weg deutlich spritziger, aufmerksamer und vor allem defensiv effektiver als zuletzt, als er mit vier ungenügenden Züri Live-Noten in den letzten sieben Spielen eine klare Abwärtstendenz gezeigt hatte. In den durchaus erfreulichen ersten 10 Minuten der Partie ging Domgjoni mit gutem Beispiel voran und stopfte auch dann noch unauffällig aber effektiv manches Loch, als der FCZ als Team nach dem unnötigen 0:1 stark unter Druck kam.

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Yanick Brecher ist ein weiterer typischer Fall. Wie kann ein Torhüter mit einem groben, spielentscheidenden Schnitzer im Endeffekt mit Note 7 deutlich über seinem eigenen Züri Live-Saisonschnitt von 5,2 liegen? Erstens: dass der Fehler entscheidend für das erste Gegentor war, wurde in der Punktevergabe durchaus berücksichtigt. Andererseits blieb es aber der einzige echte Fehler Brechers in diesem Spiel – im Gegensatz zu anderen Partien in der heimischen Liga, wo der Zürcher Keeper immer wieder mal drei oder vier schlechte Aktionen hat, die dann aber viel weniger effektiv von den jeweiligen Gegnern ausgenutzt werden. Die Bewertung der Leistung der Spieler sollte aber unabhängig von der Stärke und Effizienz des Gegners sein.

Zweitens hatte Brecher gegen Napoli mehr Gelegenheiten sich auszuzeichnen, und hat dies tendenziell gut gemacht. Drittens: auch wenn der entscheidende Fehler zum frühen 0:1 dem erfolglosen Versuch entsprang, den Ball auf dem sich in unterdurchschnittlichem Zustand befindlichen Letzigrundrasen hinten herauszuspielen, schlug Brecher gleichzeitig gegen Napoli auch mehr lange hohe Bälle nach vorne als sonst, da er ganz generell relativ viele Ballkontakte hatte und Napoli gut „presste“. Und diese langen hohen Bälle mit beiden Füssen sind die grösste Stärke des 25-jährigen Männedorfers.

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Napoli war gewarnt, dass der FCZ versuchen wird, von Beginn weg Vollgas zu gehen, spielte daher erstmal äusserst vorsichtig, und wollte um jeden Preis Ballverluste vermeiden. Der FCZ trat nicht wie viele kleinere Serie A-Klubs mit einer Fünferabwehr, sondern in einem 4-1-4-1 an. Umaru Bangura übernahm dabei die Rolle des «6-ers». Diese Position hatte er zu Beginn seiner Profikarriere beim Norwegischen Hönefoss regelmässig und später bei Haugesund gegen Spitzenteams wie Rosenborg ebenfalls punktuell gespielt. Der Nationalspieler Sierra Leones vermochte im Europa League Sechzehntelfinal-Hinspiel aber speziell defensiv nicht zu genügen – mit Ausnahme eines dank seiner Schnelligkeit abgefangenen schnellen Gegenstosses. Napoli nutzte die Lücken hinter der vorderen Zürcher Viererreihe allerdings auch besonders geschickt, indem es systematisch dem ballführenden Spieler in der Spieleröffnung zwei nahe beieinanderliegende Anspielstationen bot, von denen Bangura nur eine, manchmal auch gar keine abzudecken vermochte.

Auch die Aufgabe, Kalidou Koulibaly bei gegnerischen Eckbällen in Manndeckung zu nehmen, war eine Nummer zu gross für Bangura. Er verlor den für Senegal spielenden Franzosen jedes Mal aus den Augen und das eine Mal, als dies nicht passierte, hätte es wegen «Klammerns» eigentlich Penalty für Napoli geben müssen. Überhaupt hatte das Trio um Champions League-Finalschiedsrichter Milorad Mazic auch im Letzigrund keinen guten Tag. In der Nachspielzeit verweigerte dieser auch dem FCZ einen klaren Penalty, als Koulibaly im eigenen Strafraum den Ball zwischen Arm und Körper einklemmte. Dazu wurden mehrere Handspiele in der Offensivzone (Milik, Zielinski, Kololli) trotz guter Sicht auf das Spielgeschehen genauso übersehen wie vier klare Offsidepositionen Napolis, von denen glücklicherweise keine zu einem Treffer führte. Dazu kamen falsche Einwurfentscheidungen direkt vor der Nase der Assistenten und eine schlechte Positioniering Mazics, mit der er einen Querpass Maxsøs abfälschte und einen Konter Napolis einleitete, den Hekuran Kryeziu mit einem taktischen Foul stoppte – was diesem die Sperre fürs Rückspiel einbrachte. Dafür wird „Heki“ nun für das wichtige Heimspiel gegen Luzern wohl ausgeruht antreten können.

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Die Führung mit einem und dann zwei Toren kam den Gästen vom Vesuv natürlich entgegen. Im Zweiten Durchgang fuhr Napoli einen Gang zurück und machte es dem FCZ deutlich einfacher. Ein Leistungsträger nach dem anderen wurde schonungshalber ausgewechselt (allerdings gingen beim FCZ mit Domgjoni und Winter ebenfalls zwei der besten relativ früh vom Feld). Dies ging aus Napoli-Sicht beinahe noch schief, denn das Team von Magnin / Van Eck / Kadar / Taini hätte in der Schlussphase mit etwas mehr Glück noch ein Unentschieden erreichen können. Zu diesem Zeitpunkt stand auch der in der Angriffszone weiterhin eher glücklos agierende Stephen Odey (keine einzige Torchance!) nicht mehr auf dem Platz – bei Napoli hingegen der eingewechselte Verteidiger Sebastiano Luperto, zusammen mit Starspieler Lorenzo Insigne der einzige Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Kader (beim FCZ sind es 13). Das war aber wohl kaum der Grund, warum das Letzigrundteam bei Eckbällen jeweils zwei Mann am vorderen Pfosten und zwei vor dem Strafraum, aber keinen beim Narrenfreiheit geniessenden Luperto postiert hatte.

FCZ – Napoli 1:3 (0:2)

Tore: 12. Insigne (Milik) 0:1, 21. Callejon (Malcuit) 0:2; 77. Zielinski (Callejon) 0:3, 83. Kololli (Handspenalty) 1:3.

FCZ: Brecher; Untersee, Nef, Maxsø, Pa Modou; Bangura; Winter (67. Ceesay), H. Kryeziu, Domgjoni (46. Marchesano), Kharabadze; Odey (80. Khelifi).

Napoli: Meret; Malcuit, Maksimovic, Koulibaly, Ghoulam (76. Luperto); Callejon, Allan (59. Diawara), Ruiz, Zielinski; Milik, Insigne (68. Ounas).

 

Lethargisch im St. Jakob Park, FCZ kann Derbyschwung nicht nutzen / Basel – FCZ 2:0 Highlights und Analyse

In der Woche nach dem zweiten erfolgreichen Derby der Saison und der Heimniederlage Basels gegen YB war in den Medien und bei den Fans viel die Rede von der «Krise des FCB». Den FCZ-Spielern schien dieses Gerede nicht gut zu tun, starteten sie doch aussergewöhnlich passiv, zweikampfscheu und ohne Zielstrebigkeit in die Partie. Basel gewann in der 1. Halbzeit doppelt so viele Zweikämpfe und ging durch Albian Ajeti früh verdient mit 1:0 in Führung und hätte zur Pause eigentlich bereits mit 2:0 führen müssen. Der omnipräsente Fabian Frei (30) war die klare Leaderfigur auf dem Platz und Flügelspieler / Eigengewächs Noah Okafor (18) gehört bereits jetzt zu den besten und von der Leistung her konstantesten Baslern.  Trotzdem kam der im 3-4-2-1 angetretene FCZ ebenfalls zu Chancen, weil einerseits der mit einer vergleichsweise unerfahrenen Truppe angetretene Gegner im Spielaufbau auch nicht über alle Zweifel erhaben war, und die Zürcher zudem mit relativ viel Risiko und hoher Präsenz rund um den gegnerischen Strafraum agierten, und so mehrmals zu Überzahlsituationen kamen.

Diese Situationen konnten aber wegen fehlender Zielstrebigkeit nicht genutzt werden. Basel vermochte aufgrund der offensiven FCZ-Ausrichtung und nonchalanten Spielweise eines Teils der Gästespieler die Räume zwischen der Dreierabwehr und dem Aussenläufer auf der Seite immer wieder erfolgreich zu nutzen. Speziell die linke Zürcher Seite mit Mirlind Kryeziu und Benjamin Kololli wirkte defensiv komplett überfordert. Und in der Offensive leidet der FCZ weiterhin darunter, dass er in dieser Vorrunde in der Liga keinen Vorteil aus Standards zu ziehen vermag. Nach der Pause wurde auf Viererabwehr umgestellt und neben Torhüter Vanins (38) stand auch Aussenverteidiger Guenouche (18) beim Wiederanpfiff auf dem Rasen. Dieser kam bei seinem Super League-Début mit dem ähnlich kleinen und flinken Landsmann Kalulu deutlich besser zurecht, als Kryeziu / Kololli.

Mit Yann Kasai (20) belebte ab der 71. Minute ein weiterer Super League-Débutant die Partie. Dieser führte sich unter anderem mit einer entscheidenden Rolle in  der Vorbereitung der beiden «hundertprozentigen» Torchancen Adrian Winters und Stephen Odeys gleich sehr gut ein. Diese Aktionen hätten zusammen mit dem nicht gegebenen Penalty (Handspiel Kalulu) gegen aktuell meist gegen Ende der Partie nachlassende Basler doch noch eine Wende zugunsten des FCZ bringen können. Stattdessen vermochte der FC Basel erstmals seit acht Monaten wieder einmal ein Ligaspiel ohne Gegentor zu bestreiten. Der FCZ bleibt der Lieblings-(Aufbau-)gegner der Nordwestschweizer – auch diesmal wieder nach einer Niederlage in Thun, einem Unentschieden in Luzern und einer Heimniederlage gegen YB.  Gegen den FCZ ist die Motivation der Rotblauen so gross, dass sie auch nach dem 2:0 bei weitem nicht zufrieden waren und unbedingt noch ein drittes oder viertes Tor erzielen wollten. Dem entgegen stand bei den Zürchern die wohl schlechteste Leistung der Vorrunde mit einer deutlich ungenügenden Durchschnittsnote von 4,3.  

Basel – FCZ 2:0 (1:0)

Tore: 19. Ajeti (Van Wolfswinkel) 1:0; 48. Petretta 2:0.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Kaiser, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (87. Kuzmanovic), Van Wolfswinkel, Okafor (76. Oberlin); Ajeti (90.+5 Pululu).

FCZ: Brecher (46. Vanins); Maxsö, Bangura, M. Kryeziu (46. Guenouche); Winter, H. Kryeziu, Palsson, Kololli; Khelifi, Marchesano (71. Kasai); Odey.

Brecher-Schnitzer entscheidet defensiv geprägte Europacuppartie / Leverkusen – FCZ 1:0 Highlights & Analyse

Der FCZ mauert in Leverkusen mit einer Fünferabwehr und erreicht das angestrebte Unentschieden trotzdem nicht, weil Leverkusen einen Eckball von der rechten Seite gut ausführt und bei der Aktion Torhüter Yanick Brecher die Flugbahn des Balles falsch einschätzt. Er wollte den Ball auf Höhe Mitte des Tores fangen und war nicht darauf gefasst, dass dieser schon am nahen Pfosten runterkommen und gespielt werden könnte. Bei Jedvajs Kopfball stand er daher falsch und rutschte aus, als er abrupt die Richtung ändern wollte. Für den Gegenspieler von Torschütze Jedvaj war diese Aktion am nahen Pfosten nicht einfach zu verteidigen. Zuständig war tatsächlich Umaru Bangura gewesen, wie die von den TV-Kameras gleich nach dem Treffer eingefangene Liste René Van Ecks beweist – diese beiden Namen stehen zuoberst auf der Liste (siehe untenstehenden Screenshot).

Die wenigen anderen Bälle, die aufs Tor kamen, wurden von Brecher sicher pariert. Es war allgemein eine Partie, in der sich die Akteure nur wenig auszeichneten beziehungsweise auszeichnen konnten. Die Folge ist beim FCZ der tiefste Züri Live-Notenschnitt der Saison. Leverkusen spielte ebenfalls mit einer defensiven Formation mit nur drei vorwiegend offensiv ausgerichteten Akteuren. Beide Teams waren nach zuletzt jeweils sehr torreichen Partien sichtlich bemüht. für einmal kein Gegentor zu kassieren. Der FCZ kommt nur zu sechs Abschlüssen (der erste in der 54. Minute!), aber auch Leverkusen findet kaum Lösungen. Beim vorhergehenden Auswärtsspiel in Luzern waren mehr individuelle Top-Defensivaktionen auf FCZ-Seite vonnöten, als in Leverkusen. Beim 3:3 gegen YB gab es gar fast doppelt so viele Top-Defensivaktionen, wie in der Bayarena.

Die beste Chance hatte Kevin Rüegg alleine vor dem gegnerischen Tor nach einem Fallrückzieher von Stephan Odey im gegnerischen Strafraum, der sich den Umständen entsprechend vorne immer wieder gut ins Zeug legen konnte. Und Benjamin Kololli vergab eine gute drei-gegen-zwei Situation am gegnerischen Strafraum. Der Waadtländer war einerseits an fünf der sechs Zürcher Torchancen beteiligt, es unterliefen ihm aber auch mehrere unnötige Ballverluste und ungenügend ausgeführte Offensivaktionen.

Bayer Leverkusen – FCZ 1:0 (0:0)

Tore: 60. Jedvaj (Brandt) 1:0.  

Bayer Leverkusen: Hradecky; Weiser, Jedvaj, Dragovic, Wendell (74. L. Bender); Baumgartlinger; Kohr, Aranguiz (62. Paulinho); Brandt (62. Kiese Thelin), Alario, Bailey.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nef, Bangura, Maxsö, Kololli; Marchesano (69. Ceesay), H. Kryeziu, Domgjoni; Khelifi (55. Palsson), Odey.

Auch Leverkusen hat seine „Jungen Buben“ (Screenshots: Teleclub)

 

Alibiaktionen kommen FCZ in Offensivpoker teuer zu stehen / YB – FCZ 4:0 Analyse & Highlights

Führt man sich den mit 2:1 gegen YB gewonnenen Cupfinal Ende Mai und das mit 0:4 verlorene Meisterschaftsspiel gegen den gleichen Gegner vom Sonntag nochmal zu Gemüte, sind bei nüchterner Betrachtung viele Parallelen zu erkennen. Man sieht in beiden Partien einen FCZ, der proaktiv und aggressiv in die Partie steigt, für Wirbel sorgt und den Gegner vor Probleme stellt. Auf Zürcher Seite haben sich in der Zwischenzeit nur zwei Personalien geändert: die neuverpflichteten Hekuran Kryeziu und Benjamin Kololli stehen für die Abgänge Rasmus Thelander und Cédric Brunner in der Startformation. Die Aufstellung ist personell gesehen also offensiver und formiert sich zu Beginn der Partie zudem in einem 4-3-3, statt wie im Cupfinal im 3-5-2.

Bei YB gibt es fünf personelle Änderungen im Vergleich zu vor zwei Monaten. Davon sind zwei leistungsmässig als neutral zu bewerten (Von Ballmoos für Wölfli, Moumi für Assalé) – drei Änderungen stellen hingegen eine klare Qualitätssteigerung auf Seiten der Berner dar: Sow für Bertone im Mittelfeld sowie in der Verteidigung Mbabu und Wüthrich für die im Final völlig indisponierten Lotomba und Nuhu. Wenn man in die Details geht, eröffnen sich weitere Parallelen zum Cupfinal: so konnte auch diesmal Adrian Winter eine Topchance alleine vor dem gegnerischen Torhüter nicht nutzen.

Michi Frey seinerseits vermochte wie schon vor zwei Monaten seine erste Abschlusschance ebenfalls nicht in ein Tor ummünzen – mit dem Unterschied, dass er diesmal aber im ganzen Spiel nur zu einem einzigen Abschluss kam. Im Vergleich zu den beiden Auftaktsiegen gegen Thun (10) und GC (7) erarbeitete sich der FCZ bei YB (11) aber trotz Niederlage eine grössere Anzahl Torchancen. Allerdings konnten die YB-Abwehrspieler den Gegner gerade in der Luft jeweils beim Abschluss dergestalt stören, dass die Bälle mit Ausnahme des von Jean-Pierre Nsamé auf der Linie geretteten Kopfballs Mirlind Kryezius nicht gefährlich aufs Tor kamen.

Einen klaren Unterschied zum Cupfinal können wir dann aber erkennen, wenn wir uns die Szene anschauen, die zur ersten YB-Topchance durch Christian Fassnacht in der 9. Minute geführt hat. Beide Teams gehen viel Risiko – mehr als man es im Normalfall in einem Cupfinal machen würde. Wir sehen im untenstehenden Standbild sechs Gelb-Schwarze im Pressing weit in der Zürcher Hälfte gegen vier Zürcher. Sechs FCZ-ler stellen sich derweil nahe der Mittellinie frei. Mirlind Kryeziu ist am Ball. Gelingt es ihm, einen seiner Mitspieler hinter dem Berner Pressingblock, so anzuspielen, dass dieser den Ball schnell unter Kontrolle bringen kann, hat der FCZ eine Überzahlsituation Richtung Berner Tor. Gelingt den Bernern hingegen der Ballgewinn, haben sie Überzahl Richtung Zürcher Tor. «All in» also… – ein Pass und ein anschliessender Zweikampf, der möglicherweise bereits über das speziell bei diesen Temperaturen vorentscheidende erste Tor entscheidet.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nun, dass die Berner Pressingaufstellung nahezu perfekt ist. Die Passwege diagonal in die Mitte oder nach Rechts vorne erscheinen für Kryeziu zu riskant – auch weil der Ball dann länger unterwegs ist, und abgefangen werden könnte. Als Anspielstation bietet sich einzig Pa Modou links an der Seitenlinie an. Dieser steht aber nicht zufällig frei. Kevin Mbabu (zum Zeitpunkt des Passes noch nicht im Bild) lauert hinter der Mittellinie. Damit wird Kryeziu die Option genommen, Pa Modou in die Tiefe anspielen zu können. Da zudem gleichzeitig Sulejmani Kryeziu (aus des Zürchers Sicht) von links anläuft, ist dieser gezwungen, den Ball hoch (und mit dem schwächeren Rechten Fuss) zu spielen. Dies bedeutet im Endeffekt, dass Pa Modou «festgenagelt» ist. Er kann dem Ball weder nachjagen, noch diesem entgegenkommen, da dieser sonst über ihn hinwegfliegen würde. Dies erhöht die Chancen für den sich in Bewegung befindlichen anstürmenden Mbabu ganz wesentlich, gegen den gezwungenermassen «statischen» Pa Modou den Ball zu gewinnen, was dann aus Berner Sicht auch klappt. Der Rest müsste bei einer solchen Überzahl im Umschaltspiel für ein Team wie YB eigentlich Formsache sein, aber Fassnacht haut den Ball aus bester Abschlussposition übers Zürcher Gehäuse.

Die im Standbild abgebildete Situation ist vergleichbar mit «Schwarz», welches gerade «Schach» gesagt hat – … und «Weiss» ist am Zug. Ein Rückpass zu Brecher hätte die Lage wohl nicht verbessert – im Endeffekt die beste Variante wäre wohl gewesen, einen «Zug» herzuschenken und den Ball weit in der gegnerischen Hälfte über die Seitenlinie zu jagen – aber wer macht das schon? Wie ist der FCZ aber überhaupt erst in diese Bredouille gekommen? Hier kommt die Personalie Hekuran Kryeziu ins Spiel. Der neue Zentrale Mittelfeldspieler hatte bereits in den ersten beiden Partien gegen Thun und GC zwar in gewissen Situationen gute Ansätze gezeigt, fiel aber auch durch Nonchalance und Unaufmerksamkeit in anderen Situationen auf. Wenn zwei Teams wie YB und der FCZ auf diesem Niveau so viel Risiko gehen, dann entscheiden Details. Das entscheidende Detail in dieser Aktion ist «Heki», der Momente zuvor etwas gedankenverloren einen Alibipass auf Pa Modou spielt, ohne die sich zuziehende Berner Schlinge auf der linken Zürcher Abwehrseite zu bemerken (siehe Standbild unten). Kryeziu hätte sich hier zwingend drehen und einen Seitenwechsel auf die Rechte Seite spielen müssen – sei es direkt, oder indirekt über Mirlind Kryeziu. Dann hätte die Topchance Fassnachts vermieden werden können.

Eine sehr ähnliche Situation liegt beim Berner 2:0 in der 15. Minute vor. Wieder pressen sechs Berner sehr weit vorne in der Zürcher Platzhälfte – diesmal ausgerichtet auf den in Zentraler Position am eigenen Strafraum sich in Ballbesitz befindlichen Toni Domgjoni. Dieser wird vom schnellen Djibril Sow unter Druck gesetzt – wieder von links angelaufen. Wieder könnte es eine Toptorchance für den FCZ geben, wenn dieser es schafft, sich zu lösen – oder eine Toptorchance für YB bei einem «Turnover» des Ballbesitzes. Jetzt in diesem Moment die entscheidende Anspielstation zur Verfügung zu haben, macht für Domgjoni und den FCZ potentiell den ganzen Unterschied zwischen einem 1:1 und einem 0:2 aus. Wiederum schauen wir auf Hekuran Kryeziu. Dieser scheint auch diesmal die Spielsituation nicht erfasst zu haben. Anstatt seinem Mitspieler die entscheidende Anspielstation halbrechts anzubieten, die Domgjoni sogar mit einem flachen Ball bedienen und damit gleich sechs Berner aufs Mal überspielen könnte, läuft «Heki» in die genau umgekehrte Richtung (siehe Standbild unten).

Mit welchem Ziel ist nicht ganz klar: um Antonio Marchesano Gesellschaft zu leisten? Auf jeden Fall befinden sich nun sowohl Marchesano wie auch Hekuran Kryeziu in einem für Domgjoni «Toten Winkel». Dieser ist nun gezwungen, den langen Ball Richtung Winter / Rüegg zu spielen. Und da passiert dann wieder dasselbe wie schon bei der Chance Fassnachts in der 9. Minute. Der dynamische YB-Aussenverteidiger (diesmal Loris Benito) kommt angebraust, gewinnt den Ball, reicht diesen Sulejmani weiter und dieser hat dann aus dieser Situation heraus auf einen Schlag gleich drei Mitspieler als Anspielstationen zur Auswahl, die alle alleine Richtung Yanick Brecher ziehen können! Sulejmani entscheidet sich für Fassnacht und dieser trifft diesmal mit seinem stärkeren Rechten Fuss.

Zuvor hatte YB den Ball durch das Schaffen einer lokalen Überzahl auf der rechten Seite nach vorne zum Zürcher Strafraum gebracht (siehe Standbild oben). Eine solche Szene war auch der Ursprung des Berner 0:3 kurz vor der Pause. Der FCZ ist kollektiv nach links verschoben, Hekuran Kryeziu geht einen Tick zu optimistisch in den Zweikampf mit Wüthrich und verliert daher das Laufduell mit diesem – der Seitenwechsel auf die offene Rechte Zürcher Abwehrseite bringt dann Rüegg in die Bredouille, der aber im Zweikampf mit dem starken Miralem Sulejmani trotzdem nichts falsch macht. Die Flanke Sulejmanis hätte auch Rüeggs stark aufspielender Berner Konterpart Kevin Mbabu nicht verhindern können. Schlussendlich unterlief dem eigentlich gut positionierten Yanick Brecher bei dieser Flanke dann ein seltsamer Moment des Zögerns, was zur verunglückten Abwehr direkt auf den Kopf Guillaume Hoaraus am entfernten Pfosten führte.

Bleibt in der Ersten Halbzeit der 0:1-Führungstreffer Miralem Sulejmanis in der 12. Minute. Bei diesem profitierte YB nicht zum ersten Mal gegen den FCZ bei einem vorentscheidenden Treffer im Wankdorf von einem fälschlicherweise nicht gepfiffenen Stürmerfoul. Dies obwohl Ref Urs Schnyder gute Sicht auf die Szene hatte, als Guillaume Hoarau Adi Winter mit einem Stoss in den Rücken aus dem Gleichgewicht und um den Ballbesitz brachte (siehe Standbild unten).

Anschliessend folgte eine für die relativ deutlichen Vorteile der Berner in den Zweikämpfen typische Szene. Während YB häufig zu zweit oder gar zu dritt den ballführenden Zürcher angriff, liess ein Zürcher Trio angeführt von Hekuran Kryeziu Miralem Sulejmani und Djibril Sow auf der Seite gewähren. Victor Palsson schaltete gegen Guillaume Hoarau zu spät vom Relax- in den Attackemodus um, und Adi Winter liess Sulejmani für einen kleinen Augenblick aus den Augen. Das 0:4 in Halbzeit Zwei unterschied sich zu den ersten drei Toren insofern, als es das erste Kontertor des Spiels nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte war. In personeller Hinsicht änderte sich hingegen nichts. Hekuran Kryeziu bleibt stehen und fordert Namensvetter Mirlind auf, sich das Leder zu krallen, obwohl Christian Fassnacht näher beim Ball steht –  so können die Berner mit einem zwei gegen eins Richtung FCZ-Tor ziehen.

Zusammenfassend ist der FCZ also grundsätzlich ähnlich engagiert in die Partie gegangen, wie im Cupfinal. Und es war nicht so, wie von Teleclub-Kommentator Michael Fritschi geurteilt, und danach von anderen Berichterstattern übernommen, dass die Aussenverteidiger Pa Modou und Rüegg «geschlafen» hätten. Beide Teams gingen mit viel Risiko in die Partie und dazu gehörte, dass Pa Modou und Rüegg bei eigenem Spielaufbau sehr hoch standen. In solchen Situationen entscheiden Details, und da war beim FCZ in allen entscheidenden Szenen speziell Mittelfeldspieler Hekuran Kryeziu jeweils nicht auf dem Posten. Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Cupfinal war die bessere personelle Besetzung YBs speziell in den Personalien Mbabu, Wüthrich und Sow an Stelle von Lotomba, Nuhu und Bertone. Im Zweikampf sind die YB-Aussenverteidiger Mbabu und Benito zur Zeit nur schwer zu überwinden. Es bräuchte bessere spielerische Mittel oder noch mehr Speed (Rohner? Schönbächler?). Ausserdem machte der FCZ vorne zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Benjamin Kololli zögerte freigespielt von Züri Live-MVP Toni Domgjoni gleich zu Beginn im gegnerischen Strafraum zu lange – genauso wie später Adrian Winter alleine vor Torhüter Von Ballmoos. Winter verhinderte dazu beim Stand von 0:2 eine «hundertprozentige» Torchance Domgjonis, als er den idealen Steilpass Antonio Marchesanos gleich selbst «abfing» (siehe Standbild unten).

Domgjoni brachte zudem drei Meter vor der gegnerischen Torlinie nach starker Vorarbeit Stephen Odeys den Ball nicht im Netz unter. Und mehrere gute Kopfballchancen konnten nicht genutzt werden – unter anderem klärte Jean-Pierre Nsamé eine solche von Mirlind Kryeziu auf der Linie.  Taktisch startete der FCZ mit einem 4-3-3 in die Partie, wechselte dann nach 20 Minuten auf die Cupfinalformation 3-5-2 mit Winter als zweitem Stürmer neben Frey. Dies schien dem FCZ-Spiel gutzutun, bis dann kurz vor der Pause der 0:3-Hammer kam. Nach der Halbzeit mit der Einwechslung von Odey wurde wieder zurück auf 4-3-3 gewechselt und schliesslich mit der Einwechslung von Khelifi für Marchesano in der 62. Minute auf ein 4-4-2. Nach der dritten Einwechslung (Alain Nef) verschob sich Palsson ins Mittelfeld. Der Captain, der genauso wie Mirlind Kryeziu an mehr als 50% der Zürcher Torchancen beteiligt war, schien sich dann aber in der Schlussphase mit Krampferscheinungen herumzuplagen. Somit hat der FCZ bereits seit vier Jahren kein Meisterschaftsspiel gegen YB mehr gewinnen können. Diese Serie in der aktuellen Saison zu durchbrechen, wäre sicherlich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur von Trainer Magnin geforderten Verkürzung des Abstandes zu den Top 2-Mannschaften der Liga.

YB – FCZ 4:0 (3:0)

Tore: 12. Sulejmani (Hoarau) 1:0, 15. Fassnacht 2:0, 45. Hoarau (Sulejmani) 3:0; 75. Nsamé (Fassnacht) 4:0.

YB: Von Ballmoos; Mbabu, Wüthrich, Von Bergen, Benito; Fassnacht, Sow, Sanogo, Sulejmani; Moumi, Hoarau.

FCZ: Brecher; Rüegg, Palsson, M. Kryeziu, Pa Modou; H. Kryeziu; Domgjoni, Marchesano; Winter, Kololli; Odey.

(Standbilder aus: SFL) 

Sommerbilanz: Eigene Talente und Hekuran Kryeziu verstärken das Zentrum

Bereits in der Saison 2017/18 gehörten die beiden Aussenspieler Kevin Rüegg (19) und Pa Modou (28) zusammen mit Victor Palsson und Michael Frey zu den vier Spielern mit den meisten Einsätzen in Wettbewerbspartien. An diesem Status hat sich nichts geändert. Nach der Sommervorbereitung sieht alles danach aus, als könne der FCZ auf den Aussenpositionen von Kontinuität profitieren. Speziell Rüegg hat die goldene Chance, in der kommenden Saison beim FCZ einen entscheidenden nächsten Schritt in seiner Entwicklung zu machen. Schon in den Testspielen hat der 19-jährige angedeutet, dass er in Zukunft seine Schnelligkeit noch konsequenter und effizienter einzusetzen gedenkt. Gleichzeitig besteht noch viel Verbesserungspotential, beispielsweise in der Rückwärtsbewegung.

Nicht ohne Grund ist Trainer Magnin noch häufig mit seinem Schützling unzufrieden. Fabian Rohner ist auf der rechten Seite die Alternative, die aber wohl aktuell in erster Linie bei Rückstand (allenfalls auch als Sturmspitze) zum Zuge kommt. Der neu verpflichtete Hakim Guenouche (18) ist nicht nur einer der jüngsten, sondern wohl auch der leichtgewichtigste Spieler der Liga. Trotz seiner guten Technik scheint er einem Pa Modou noch nicht das Wasser reichen zu können. Dem Gambier unterlaufen zwar auch Fehler, aber er kann diese häufig gleich selbst wieder ausbügeln, was Guenouche bisher noch nicht gelingt.

Körperlich das Gegenstück zu Guenouche ist Mirlind Kryeziu. Mehrmals in der Testphase mussten sich Gegenspieler von einem Aufprall an der Zürcher «Wand» erholen. Es wäre keine Überraschung, wenn der 1,97m-Mann zum Saisonauftakt zusammen mit Neuverpflichtung Andreas Maxsø die Innenverteidigung bilden würde. Dies obwohl der Däne auf dem Platz noch nicht hundertprozentig ins Zürcher Spiel integriert scheint. In Abwesenheit der angeschlagenen Umaru Bangura und Becir Omeragic ist die Alternative dazu natürlich Alain Nef. Zu Beginn der Vorbereitung machte der Routinier einen sehr guten Eindruck, musste dann aber mit der Zeit der Intensität der Sommervorbereitung scheinbar doch etwas Tribut zollen. Im Idealfall wird die konditionelle Basisarbeit für den x-ten Frühling des Zürchers sorgen. Wird er wie schon in den letzten Saisons alle, die ihn bereits abgeschrieben haben, erneut düpieren? Je nach Grad der zurückkehrenden Spritzigkeit im Verlauf der kommenden Trainingswoche wäre auch Nef an Stelle von Maxsø in der Startaufstellung gegen Thun denkbar.

Dies natürlich vorausgesetzt, Ludo Magnin entscheidet sich nicht für eine Dreierabwehr zum Saisonstart. Kein Thema wird wohl zur Zeit in der Verteidigung Ilan Sauter (17) sein, der in den Testpartien nahtlos an seinen unglücklichen Auftritt im U18-Meisterschaftsfinal in Basel anknüpfte. Die Anzahl Innenverteidiger hat auch einen Einfluss auf die Besetzung des Zentralen Mittelfeldes mit zwei oder drei Mann. Neuverpflichtung Hekuran Kryeziu hat sich bisher bewährt, und wird ziemlich sicher als Stammspieler in die Saison starten. Toni Domgjoni bleibt ein sicherer Wert, der sich obendrein immer noch laufend weiterentwickelt. Und Izer Aliu scheint stark aufgeholt zu haben. Wenn er sein Potential abrufen kann, ist der 18-jährige mit seinen spielerischen Qualitäten und ausgezeichneten Standards potentiell eine Schlüsselfigur fürs Zürcher Offensivspiel – zumal er zusätzlich auch selbst einen guten Abschluss hat. Aliu, der in der abgelaufenen Rückrunde in fast jeder Partie zum Einsatz gekommen ist, wird immer mehr zu einem echten Stammplatzkandidaten – auch weil er den aktuell angeschlagenen Antonio Marchesano in Bezug auf die Leistung in der Defensiven Phase langsam zu überholen scheint.

Im Zentralen Mittelfeld ist mit Abstand am meisten Talent aus dem eigenen Nachwuchs vorhanden. Da schlummert viel Qualität, welche die 1. Mannschaft insgesamt stärker machen kann. Die erfahreneren Spieler braucht es tendenziell eher auf anderen Positionen. Dies auch weil mit dem «Sechser» Simon Sohm und dem spielerisch starken Bledian Krasniqi zwei Spieler aus der U18 nachstossen, die fussballerisch bereits heute Super League-Reife haben – gerade im mentalen Bereich allerdings noch etwas mehr Widerstandskraft benötigen. Der Reichtum an vielversprechenden Talenten im Zentrum setzt sogar Captain Victor Palsson sportlich unter Druck. Der Isländer kann weiterhin in der Innenverteidigung nicht überzeugen, auch wenn er immer wieder mal dort (aushilfsweise) eingesetzt wird. Auf seiner angestammten Position im Mittelfeld agiert er solider. Die vorderen Aussenspieler nehmen eher eine spielerische Rolle ein, da die schnellsten Zürcher Akteure wie Rohner, Rüegg oder Schönbächler in der Regel auf anderen Positionen eingesetzt werden. In die Tiefe geschickt werden soll in erster Linie der Aussenverteidiger.

Adrian Winter (32) hatte schon letzte Saison zunehmend Mühe. Die für sein Spiel so wichtige Schnelligkeit nimmt altersbedingt ab – und die Prozentzahl der Duelle, in denen er einen Schritt zu spät kommt, zu. Salim Khelifi kann für den FCZ zu einem Gewinn werden, wenn er die Fortschritte im läuferischen Bereich, die er in der 2. Bundesliga gemacht hat, auch in der Super League zum Tragen bringen kann. Speed ist aber genauso wenig seine Paradedisziplin, wie die von Stephen Odey, welcher in der Saisonvorbereitung ebenfalls hauptsächlich auf dem offensiven Flügel eingesetzt wurde, um seine Stärken im Aufbauspiel zum Tragen zu bringen. Anders der schnelle Maren Haile-Selassie, der gegen Vaduz über den linken Flügel das einzige FCZ-Tor der letzten drei Testspiele vorbereitete, zuvor aber vorwiegend im Zentralen Mittelfeld eingesetzt worden war.

Roberto Rodriguez’ Rolle war zuletzt hauptsächlich diejenige eines Offensiv-Jokers, der in der Schlussphase mit seinen spielerischen Mitteln bei Rückstand effektiv mithelfen kann, eine gegnerische Abwehrreihe zu knacken, oder bei Vorsprung den Ball in den eigenen Reihen weit weg vom eigenen Tor zu halten. In den Testspielen war erkennbar, dass dies eine vielversprechende Option für das Zürcher Trainerteam darstellen kann. In der Rangliste «Minuten pro Skorerpunkt» der Sommervorbereitung liegt Lavdim Zumberi (18) mit 45 Minuten pro Skorerpunkt an Erster Stelle. Bei seinem Teileinsatz gegen Rapperswil-Jona bewies der Offensive Mittelfeldspieler wie schon so häufig in der Vergangenheit mit einem präzisen Weitschuss seine Torgefährlichkeit. Da die Saison und der Trainingsbetrieb bei den Nachwuchsspielern im Frühling länger als bei den Profis dauert, konnte der erste Teil der Saisonvorbereitung mit der 1. Mannschaft für die Academy-Talente, welche zum erweiterten Kader des Fanionteams zählen, an ihre Saison 17/18  „angehängt“ werden. Schulische Verpflichtungen und Junioren-Nati kamen hinzu. Die (in der Regel kurzen) Ferien stehen darum jetzt an.

Michi Frey absolvierte eine solide Vorbereitung. In der Partie gegen den Ligakonkurrenten St. Gallen in Rüti, in welcher für die Mannschaft ganz offensichtlich das Resultat wichtiger war, als in anderen Tests, war der Sturmtank einer derjenigen Spieler, die ihr Team mitrissen. Überdurchschnittlich gut waren die Auftritte von Raphael Dwamena. Der Nationalstürmer, welcher mit Ghana nach Saisonende eine halbe Weltreise unternommen hatte, wirkt gereift. Testspieler Lassana N’Diayé, bei dem es noch offen ist, wo er nächste Saison spielen wird, wäre trotz seiner jugendlichen 17 Jahre eine Verstärkung, welche nur wenig Eingewöhnungszeit benötigen würde. Marco Schönbächler wurde analog Adi Winter (Cupfinal) in der Vorbereitung meist als laufstarker Stürmer im Duett mit Frey oder Dwamena eingesetzt. Erfreulich zu sehen waren sein Antritt und die Spielfreude. Bis aber Schönbi sein Selbstvertrauen im Abschluss wiederfindet, benötigt er wohl noch ein paar Spiele. Noch unklar ist, ob Yanick Brecher nach seinem Zusammenstoss mit dem Bochumer Pantovic auf den Saisonstart hin wieder bereit ist. Ersatz Andris Vanins hat beim Test in Vaduz zwei Tore kassiert und gegen Atromitos dann hinten «die Null» gehalten.

 

Klare Niederlage gegen laufstarke und effiziente Bochumer – Brecher verletzt?

Der FCZ hat weiterhin Mühe mit laufstarken Teams. Auch wenn es nur ein Testspiel war und die Beine mancher FCZ-Spieler gegen Ende des Trainingslager sichtlich schwerer waren, als die der Bochumer noch zu Beginn des ihren: es ist auffällig, wie man schon seit Jahren Schwierigkeiten hat einerseits mit dem wohl laufstärksten Team der Liga, «Angstgegner» Luzern, und andererseits mit den ebenso laufstarken Mannschaften der 2. Bundesliga in Testspielen. Würde der FCZ in dieser Liga antreten, müsste er seinen Spielstil wohl ändern. Gegen Kaiserslautern oder Dresden hatte man zuletzt ebenfalls klar verloren – allerdings jeweils in der Winter-Vorbereitung, wo die deutschen Teams einen zeitlichen Vorsprung haben. Diesmal war es auch im Sommer der Fall.

Der Vfl Bochum (letzte Saison Tabellensechster, acht Punkte hinter dem «Barrage»-Platz drei) hat sicherlich ein prominent besetztes Team, mit ehemaligen Bundesliga-Spielern wie Hoogland, Celozzi, Tesche, Kruse, Sam oder Hinterseer. Und das Team von Trainer Robin Dutt scheint weiter im Aufwind zu sein. Gegen den FCZ waren die Westdeutschen, die über Zürich ebenfalls ins Trainingslager im Allgäu geflogen waren, vor allem auch effizient. Aus zwei Torchancen resultierten bis zur 24. Minute zwei Tore – beide Male hatte der von Hannover 96 verpflichtete Sebastian Maier seine Füsse entscheidend im Spiel. Beim ersten Mal spekulierte FCZ-Keeper Brecher bei einem Weitschuss Maiers von der Strafraumgrenze auf die falsche Ecke – und beim zweiten wurde der Zürcher Keeper nach einem Maier-Steilpass durch den alleine vor ihm auftauchenden Weilandt umspielt.

Unter dem Strich hatte das Team von Trainer Ludo Magnin mehr vom Spiel und führte die spielerisch feinere Klinge. Der auf der Tribüne den Match aufmerksam verfolgende „Tonino“ Marchesano war nicht ganz zu Unrecht immer wieder begeistert von den langen Bällen Mirlind Kryezius. Rüegg startete etwas harzig in die Partie, konnte sich dann aber mit seinem Speed mehrfach sehr gut über die rechte Seite durchsetzen. Auffallend ist auch die relativ gute Frühform Raphael Dwamenas, dessen Berater David Degen auf der Tribüne bei jedem harten Zweikampf zitterte. Der Ghanaer fällt zur Zeit nie unter ein gewisses Niveau. Rodriguez konnte mit seinen spielerischen Impulsen gegen Ende der Partie nochmal für etwas Verwirrung in der Bochumer Hintermannschaft sorgen. In Sachen Laufen, Spritzigkeit, Wendigkeit, taktische Disziplin. Fehlerquote und Abschluss war hingegen Bochum an diesem frühen Abend im Allgäuischen Durach bei Kempten das bessere Team. Der FCZ wusste sich in einigen Szenen nur mit einem Foul zu behelfen und Hekuran Kryeziu sah dafür gar Gelb. Speziell die älteren Spieler wie Alain Nef und Adrian Winter, welche in den Tests vor dem Trainingslager noch gute Ansätze gezeigt hatten, mussten stark auf die Zähne beissen und konnten sich nicht von ihrer besten Seite zeigen.

Taktisch begann der FCZ im 4-1-4-1, wobei Hekuran Kryeziu und Toni Domgjoni im Zentrum vor Victor Palsson vorgeschoben die Achterpositionen belegten. Ist es die Formation, welche in zwei Wochen gegen Thun in die Meisterschaft starten wird? Odey spielte nach seiner Einwechslung erneut auf dem Rechten Flügel, während Schönbächler nach dem Halbzeitpfiff zuerst Eins-zu-Eins die Position von Domgjoni übernahm, um dann später wieder im 4-4-2 als zweiter Stürmer im Duo mit Frey bzw. Dwamena zu fungieren. In der Zweiten Halbzeit nahm die Anzahl Einschussmöglichkeiten in einer allgemein eher chancenarmen Partie auf beiden Seiten nochmal weiter ab. Yanick Brecher musste sich nach etwa einer Stunde Spielzeit im Anschluss an einen Zusammenprall mit dem Bochumer Pantovic länger pflegen lassen. Der Zürcher Keeper konnte zwar vorerst weiterspielen und verzichtete auf die Auswechslung (Andris Vanins stand dazu schon bereit), aber eine Minute vor dem Ende der Partie ging es für ihn dann doch nicht mehr (Übelkeit, damit Verdacht auf Gehirnerschütterung, hat sich in vorsorgliche ärztliche Untersuchung begeben) – und der die Partie gut leitende Referee pfiff daher das Freundschaftsspiel vor rund 200 Zürcher, Bochumer und Kemptner Fans schon in der 89. Minute ab.

Vfl Bochum – FC Zürich 3:0 (2:0)

Tore: 16. Maier 1:0. 19. Weilandt (Maier) 2:0; 48. Soares 3:0.

Bochum: Riemann; Celozzi (60. Baack), Hoogland, Leitsch (46. Fabian), Soares (60. Perthel) ; Losilla (62. Janelt), Eisfeld (62. Saglam); Weilandt (62. Ekincier), Maier (46. Tesche), Sam (46. Pantovic); Hinterseer (46. Wurtz).

FCZ Brecher; Rüegg, Nef (56. Maxsö), M. Kryeziu, Pa Modou (75. Guenouche); Palsson; Winter (56. Odey), H. Kryeziu, Domgjoni (46. Schönbächler), Khelifi (75. Rodriguez); Frey (67. Dwamena).

FCZ gewinnt die Finals, YB weiterhin nicht – Cupfinal Highlights & Bericht

Der FCZ gewinnt gegen den Saisondominator YB  (nur vier Niederlagen in 36 Meisterschaftspartien) in dessen Stadion den Cupfinal 2018 mit einer Willensleistung. Der Siegeshunger hatte das Letzigrund-Team gleichenorts bereits 2014 unter Trainer Urs Meier gegen den FC Basel zum Titel getragen. Als grosse Willensleistung kann auch der Titel 2016 mit dem Trainerduo Forte/Magnin bezeichnet werden – nicht wegen des Gegners, sondern aufgrund der psychologisch äusserst anspruchsvollen Situation wenige Tage nach dem feststehenden Abstieg.

https://soundcloud.com/fcz-radio/cupfinal-fcz-yb-21-highlights

Der FC Zürich hat mittlerweile mit 10 Titeln in 11 Finals eine ähnliche Cupfinalbilanz wie der FC Sion (13 Titel in 14 Versuchen). Sion und der FCZ unterscheiden sich von den meisten anderen Schweizer Klubs durch eine jahrzehntelang gleichbleibende Führung, die im Laufe der Zeit viel Erfahrung in der Vorbereitung von wichtigen Spielen angehäuft hat. Luisier und Constantin im Wallis, Hotz und Canepa in der Limmatstadt. Die Einheit im Klub ist für den Teamspirit der 1. Mannschaft in grossen Partien förderlich. Aussergewöhnliche Massnahmen wie die Vorbereitungswoche bei der FIFA auf dem Zürichberg sind schnell beschlossen und umgesetzt. Während in anderen Klubs jeder Verantwortliche darauf bedacht ist, in seinem Verantwortungsbereich einfach einen guten Job zu machen – aber häufig nicht darüber hinauszudenken und -handeln.

YB hat seit dem Cupsieg 1987 in den letzten 31 Jahren alle seine sechs Finalspiele in Cup und Meisterschaft verloren. Der FCZ hingegen ging im gleichen Zeitraum in allen seinen sieben Finals als siegreiches Team hervor! Dabei hat YB in dieser Zeitperiode in der obersten Schweizer Liga insgesamt rund 200 Punkte mehr auf sein Konto gebracht, als der FCZ.  Abgesehen von Einwechselspieler Sarr (trotz seiner Rolle in der Vorbereitung einer guten Torchance), spielte am Sonntag die ganze Mannschaft auf persönlich hohem Niveau. Speziell den beiden während der Spielzeit 17/18 durchzogene Leistungen zeigenden Skandinaviern Thelander und Palsson gelang ihr bestes Spiel im FCZ-Dress. Palsson beispielsweise gewann fast jedes Kopfballduell mit Guillaume Hoarau. Auch Cédric Brunner (unter anderem Vorbereiter des 1:0) gelang zu seinem Abschied eine gute Partie und ein perfekter Abschluss.

Der FCZ war nicht das erste Team, welches bei YB Kasim Nuhu als Schwachpunkt eruiert und ausgenutzt hat. YB seinerseits agierte vorwiegend über die rechte Seite, um von den Defiziten Pa Modous in der Rückwärtsbewegung zu profitieren. Da Mbabu-Ersatz Jordan Lotomba seine seit dem Last Minute-Tor gegen Dynamo Kyiv im letzten August wenig erbauliche Saison nahtlos fortsetzte, und mit einem Fehlpass gar das erste Zürcher Tor einleitete, konnte YB erst im zweiten Durchgang mit dem eingewechselten Thorsten Schick diese Taktik so richtig in die Tat umsetzen. Der 1:2-Anschlusstreffer entstand denn auch über diese Seite nach einer kurzen Flanke Ngamaleus von der Strafraumgrenze, nachdem Pa Modou einen Stellungsfehler Kryezius hatte ausbügeln müssen. Aber bei YB erreichten an diesem Tag insgesamt zu wenige Spieler ihr Rendement, um einen sehr gut eingestellten FCZ selbst in Überzahl noch bezwingen zu können.

https://soundcloud.com/fcz-radio/tempo-und-wille-cupfinal-fcz-yb-spielinfos

FCZ – YB 2:1 (1:0)

Tore: 11. Frey (Brunner) 1:0 ; 75. Marchesano (Pa Modou) 2:0, 80. Sulejmani (Ngamaleu) 2 :1.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Brunner, Kryeziu; Rüegg, Palsson, Pa Modou; Marchesano (78. Schönbächler), Domgjoni (46. Sarr); Frey (92. Rodriguez), Winter.

Young Boys: Wölfli; Lotomba (46. Schick), Nuhu, Von Bergen, Benito (76. Ngamaleu); Sulejmani, Sanogo, Bertone, Fassnacht; Assalé (59. Nsamé), Hoarau.

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