FCZ kann von Kontinuität profitieren / YB – FCZ Saisonauftakt Vorschau

Wie hier auf Züri Live letzte Saison analysiert, zeichnen sich tendenziell in der Super League die (gemessen an ihrem Möglichkeiten) erfolgreichen Teams durch Konstanz bezüglich Personal, Formation und Spielweise aus. Unkonstanz bei diesen Faktoren kann dabei auf drei Weisen zustande kommen.

  1. Bewusst gewählte Flexibilität und Pröbeln sowie Ausrichtung an der Spielweise der Gegner
  2. Durch externe Faktoren wie Verletzungen oder die Spielweise von dominanten Gegnern aufgezwungen
  3. Durch Misserfolg bewirkte (mehr oder weniger verzweifelte) Suche nach dem richtigen Rezept

Rrudhani ein Gewinner der Vorbereitung – Fragezeichen Lustenberger

Vom italienischen Fussball beeinflusste Trainer scheinen dabei am stärksten Flexibilität und taktische Ausrichtung am Gegner anzustreben (Punkt 1). Paolo Tramezzani (Sion) und Mattia Croci-Torti (Lugano) waren dafür die Paradebeispiele – mit unterschiedlichem Erfolg. Dies auch weil Lugano nur in Sachen taktischer Formation sehr flexibel war, bezüglich Spielweise und vor allem personell im Vergleich zu Sion hingegen sehr konstant. Punkt 3 traf letzte Saison am meisten auf Lausanne zu. Luzern wurde mit dem Trainerwechsel zu Mario Frick ab der Winterpause taktisch und personell deutlich konstanter. YB hatte durch die vielen Verletzungen im personellen Bereich wenig Konstanz.

Eine Auszeichnung für den FCZ war, dass YB speziell in den Spielen gegen das Letzigrund-Team seine ansonsten meist konstante Taktik anpasste um unter anderem das Mittelfeldzentrum zu verstärken. Im Verlauf der letzten Saison war auf einmal YB das Team, das einen halben Schritt hinterherzuhinken schien, auf den FCZ reagieren musste, nach Lösungen suchte, aber keine fand. Auf die neue Saison hin haben die Berner versucht, durch den Zuzug von prominenten Schweizer Spielern die Balance im Team zu verbessern. Denn Fabian Lustenberger ist neben Neu-Trainer Wicky das wohl grösste Fragezeichen. Schafft er es nochmal in die Rolle zu schlüpfen, die einst Steve Von Bergen inne hatte? Zur Sicherheit hat man auf jeden Fall Benito, Itten und Ugrinic verpflichtet, um die Lücke allenfalls kollektiv kompensieren zu können. Die vierte Neuverpflichtung Donat Rrudhani könnte man zudem nach ersten Eindrücken als Gewinner der Vorbereitung bezeichnen.

Möglicherweise vertauschte Rollenverteilung zwischen Nsamé und Elia

YB ist aus den Meistersaisons bekannt für ihr druckvolles Spiel über die Seiten. Der neue Trainer Wicky hingegen eher für direktes Spiel durch die Mitte. In der Vorbereitung hat man bereits sehen können, dass sich das YB-Spiel wohl zentraler abspielen wird, als bisher, ohne dass die Seiten ausser Acht gelassen werden. Im Pressing formieren sich die Gelb-Schwarzen enger als bisher in einem Mittelfeld-Rhombus. Auch mit Ball ist die Raum- und Aufgabenverteilung zwischen dem zurückstaffelnden Zentralen Mittelfeldspieler (Niasse) und dem vorstossenden (Rieder) klarer als bis anhin, so dass man zumindest phasenweise im Spiel von einem echten Sechser und einem echten Zehner sprechen kann.

Das Personal mit den gerne nach innen ziehenden Neuverpflichtungen Ugrinic und Rrudhani trägt noch zusätzlich zu einer stärkeren Gewichtung des Zentrums bei. Lustenberger hat seinen Platz wohl nicht auf sicher. Der guineische Nationalspieler Camara stünde als allfälliger Ersatz bereit. Rrudhani ist eine valable Option sowohl auf der Seite, als auch auf der offensiven Zentrumsposition. Rückkehrer Jean-Pierre Nsamé könnte sich zumindest zu Beginn stärker auf die Torvorbereitung fokussieren, und auf den Seiten oder zwischen den Linien anbieten. Die Zürcher Innenverteidigung muss als Zielspieler im Zentrum dann in erster Linie Meschack Elia im Auge behalten, der letzte Saison in der Vorrunde einer der besten Spieler der Liga war.

FCZ: Kontinuität mit zusätzlichen Optionen

Für den FCZ gibt es hingegen keinen Grund, die Position der Stärke und Eingespieltheit preiszugeben. Dass sich die anderen Teams am FCZ orientieren müssen, hat man sich letzte Saison erarbeitet und nach dem bisherigen Verlauf des Sommers alle Möglichkeiten, die Kontinuität als Erfolgsfaktor weiter zu kultivieren. Wie dies YB und davor der FCB jahrelang gemacht haben. 2021-22 agierte der FC Zürich konstant im 3-4-1-2. Dabei waren neun Spieler gesetzt. Nur auf je einer Position im Zentralen Mittelfeld und im Sturm wurde phasenweise zwischen zwei bis drei Spielern rotiert. Die Situation hat sich nicht geändert. Das Grundgerüst um Antonio Marchesano und die beiden Aussenläufer Adrian Guerrero und Nikola Boranijasevic steht. Ousmane Doumbia wird durch den Externen Cheick Condé ersetzt, Assan Ceesay durch die interne Lösung Aiyegun Tosin. Und es sind weiterhin die gleichen zwei Positionen, die nicht fix „vergeben“ sind.

Man kann davon ausgehen, dass Franco Foda nicht alles auf den Kopf stellen wird, sondern klugerweise das, was funktioniert hat, weiter bewirtschaftet. Vor allem im Spielverlauf wird Foda aber wohl mehr taktische Wechsel vornehmen als Breitenreiter. Unter anderem zeichnet sich ab, dass beispielsweise bei Rückstand typischerweise auf einen Dreimannsturm mit den Flügeln Rohner und Okita umgestellt werden könnte. Und so wie YB wohl etwas mehr durchs Zentrum spielen wird, ohne das Spiel über die Seiten aufzugeben, wird der FCZ umgekehrt mehr über die Seiten spielen, aber das schnelle Umschaltspiel durch die Mitte je nach Gegner und Spielphase trotzdem beibehalten.

Ranking der FCZ-Trainer seit 1960 – Lehren aus der Geschichte für die Zeit mit Franco Foda

Der neue Trainer Franco Foda folgt beim FCZ auf eine historische Saison: vielleicht sogar die beste der Vereinsgeschichte? Zumindest kann man mit Fug und Recht Trainer André Breitenreiter die beste Meisterschafts-Bilanz eines FCZ-Trainers attestieren. Bei den ersten zwei Meistertiteln 1902 und 1924 gab es noch keine Spitzenliga im eigentlichen Sinn. Alle anderen Meistertitel folgten ab den 60er-Jahren. Seit 1960 hat nur ein FCZ-Coach umgerechnet nach Dreipunkteregel einen besseren Punkteschnitt als Breitenreiter erreicht: der Basler René Brodmann, welcher zum Ende seiner fünfjährigen Aktivzeit beim FCZ in der Rückrunde 1967 als Spielertrainer waltete (trotz der Top-Rückrunde blieb damals am Ende der FCB einen Punkt vor dem FCZ und Lugano). Brodmann kam gemäss FCZ-Biographie „Eine Stadt, Ein Verein, Eine Geschichte“ im Jahr 2000 auf tragische Art und Weise bei einem Unfall ausgerechnet direkt vor dem Letzigrund-Stadion ums Leben.

Lehren aus der Geschichte

Breitenreiter ist trotz zweitbestem Punkteschnitt in unserem Trainer-Ranking an erster Position, denn wir haben den Punkteschnitt mit der Qualität der Gegner gewichtet, gegen welche diese Punkte geholt wurden. So liegt beispielsweise Albert Sing, der 1980 durchschnittlich 1,3 Punkte in der Finalrunde gegen die Top 6-Mannschaften der Schweiz geholt hat, vor Uli Forte mit dessen 1,99 Punkten vorwiegend gegen die Nummern 11 bis 20 des Schweizer Fussballs und in zweiter Linie gegen die besten 10. Oder Gilbert Gress mit 1,31 Punkten gegen vorwiegend die besten 12, teilweise die besten 8 und die Nummern 9 bis 16 liegt vor Herbert Neumann mit 1,40 Punkten zu grossen Teilen gegen die Nummern 9 bis 24 der Schweiz. Und so werden die 2,10 Punkte Breitenreiters gegen die Top 10 etwas höher gewichtet, als Brodmanns 2,23 Punkte gegen die Top 14.

Die beiden grossen Figuren sind Breitenreiter und Favre – gefolgt von den erfolgreichen Coaches zuerst der 70er- (Cajkovski, Konietzka) und dann der 60er-Jahre (Gawliczek, Maurer, Mantula). Eine aufschlussreiche Lehre ergibt sich aus der Geschichte, wenn die Zeit nach den „Überfliegern“ Favre und Konietzka / Cajkovski betrachtet wird. Die Nachfolger (Jeandupeux sowie Challandes / Fischer / Meier) erreichten nicht mehr die Top-Punktzahlen von zuvor, arbeiteten aber trotzdem immer noch ziemlich erfolgreich. Jeandupeux und Challandes vermochten gar in Sachen Meistertitel nachzudoppeln. Mit Challandes, Fischer und Meier schien vor dem Hintergrund der Favre-Zeit jeweils die Geduld etwas zu fehlen. Eine kleine Resultatbaisse führte in den jeweiligen Fällen zur Freistellung. Besser wurde es danach aber nicht – im Gegenteil. Die Gefahr besteht, dass man an die Nachfolgetrainer zu hohe Ansprüche stellt und dadurch vom Regen in die Traufe gerät.

Das Ranking der FCZ-Trainer

1 4 5 6