Ceesay defensiv schon vor zwei Jahren mit Quantensprung / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 3

Wie sah die individuelle Defensiv-Performance in der Vorrunde aus? Dafür schauen wir uns die von Züri Live erfassten Defensivpunkte der Spieler an. Diese werden für gute Defensivaktionen vergeben. Pro Aktion können 0,5 bis 2 Defensivpunkte vergeben werden. Am häufigsten werden 0,5 Punkte vergeben, zum Beispiel für die Beteiligung an einer Balleroberung durch gute Zustellung eines Passweges. 2 Punkte kann es beispielsweise geben für Verhinderung einer klaren Tor- oder gefährlichen Konterchance mit einem Spezialeffort. Separat gezählt werden die Negativpunkte und diese werden zur Zeit (noch) nicht in Defensiv- und Offensivszenen unterteilt. Es gibt beispielsweise Spieler, die viele defensive Pluspunkte gesammelt haben, aber unter Berücksichtigung ihrer defensiven Negativpunkte würde die Gesamtbilanz deutlich schlechter aussehen.

Defensivpunkte geben nur die positive Seite der Defensiv-Performance wieder

Ousmane Doumbia zum Beispiel hat durch seine Mentalität und Explosivität immer wieder starke Defensivszenen, gleichzeitig aber auch häufig Mühe mit seinem Positionsspiel. Sein Defensivspiel ist auf Einzelaktionen ausgerichtet. Blerim Dzemaili profitiert in manchen Aktionen von seiner Erfahrung, in vielen anderen begeht er unnötige „Anfängerfehler“, weil er seine Möglichkeiten auf Super League-Niveau im Alter von 35 und nach den letzten Jahren mit wenig Spielen immer noch teilweise überschätzt. Insgesamt hat Ousmane Doumbia klar am meisten Defensivpunkte gesammelt vor den drei Innenverteidigern mit Mirlind Kryeziu an der Spitze. Nikola Boranijasevic liegt in dieser Wertung vor Adrian Guerrero und der aus der vorderen Reihe an der Spitze liegende Antonio Marchesano bestätigt auch in dieser Saison seine Top-Entwicklung in defensiver Hinsicht in den letzten Jahren.

Stephan Seiler ideal auf der 10-er Position

Gemessen an der Einsatzzeit liegt Stephan Seiler klar an der Spitze mit 27,7 Defensivpunkten pro 90 Minuten. Natürlich muss dieser Wert relativiert werden, denn Seiler hat insgesamt nur 12 Minuten gespielt. Das ist erstens nicht eine repräsentative Zeitspanne und zweitens kann von einem Einwechselspieler mit kurzer Einsatzzeit natürlich auch erwartet werden, dass er mehr Energie in die einzelnen Aktionen stecken und deshalb mehr Punkte pro Zeiteinheit sammeln kann. Trotzdem: auch schon letzte Saison war Stephan Seiler in dieser Wertung an der Spitze. Im Frühling ist seine Sportler-RS zu Ende. Seine grösste Stärke sind Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte. Daher und weil er mit Ball vor allem im Kurzpassspiel gut ist, ist die 10-er Position seine Idealposition. Er ist auch der beweglichste Spieler im Kader. Auf dieser könnte er in der Rückrunde beispielsweise als Einwechselspieler bei einer Führung wichtige Impulse bringen. Auch auf einer offensiven Flügelposition kann man sich Seiler bei entsprechender Formation gut vorstellen.

Tosin überzeugt als Einwechselspieler auch defensiv

Hoch ist auch die Anzahl Defensivpunkte pro 90 Minuten bei Aiyegun Tosin und Marc Hornschuh. Tosin hat sich in seinen Einsätzen vor der Winterpause vor allem als Einwechselspieler auch defensiv sehr gut eingeführt. Spielt der Nigerianer von Anfang an, hat er weiterhin lange Phasen, in denen er „abtaucht“. Er lebt von seiner Explosivität in einzelnen Szenen und bringt daher häufig als Einwechselspieler mehr. Hornschuh kam meistens ebenfalls im Verlauf einer Partie rein und sorgte für zusätzliche Stabilität. In der Innenverteidigung hat Lindrit Kamberi den gleichen Wert an Defensivpunkten pro 90 Minuten wie Mirlind Kryeziu. Yanick Brecher liegt klar vor Zivko Kostadinovic – Moritz Leitner hingegen hinter Ante Coric, obwohl der Bayer meist etwas weiter hinten positioniert war. Rodrigo Pollero ist bei den Stürmern an letzter Stelle positioniert. Seine fehlende Antrittsschnelligkeit ist sowohl defensiv wie offensiv ein Manko.

Stürmer mit entscheidendem Defensiv-Beitrag zu nur 0,5 Gegentoren pro Spiel und 18 Punkten in den letzten sechs Partien

Die zentralen Spieler im Mittelfeld und der Verteidigung haben naturgemäss die höchste Anzahl an Defensivpunkten pro 90 Minuten. Am klarsten waren die defensiven Leistungschwankungen in der Vorrunde bei den Zentralen Mittelfeldspielern, die ein wichtiger Faktor für die zwischenzeitliche Baisse gleich nach dem Saisonstart zu sein schienen. Rund um die zweiten Duelle gegen GC und Basel mit jeweils drei Gegentoren hatten diese zusammen mit den Stürmern und hängenden Spitzen noch eine zweite defensive Baisse. Gegen Ende der Vorrunde mit den sechs Siegen in Folge haben sich alle Mannschaftsteile defensiv gesteigert, am meisten die Stürmer. Diese hatten Ende der Vorrunde ihre defensiv klar stärkste Phase.

Kostadinovic kann seine Chance nicht nutzen

Yanick Brecher hatte auf gleicher Höhe mit St. Gallens Zigi und hinter Lausannes Diaw am zweitmeisten Bälle abzuwehren. Er kommt nicht ganz auf die Saving-Quote von Basels Heinz Lindner, hatte aber insgesamt eine gute Vorrunde. Am Anfang und am Ende waren Brechers beste Phasen. Dazwischen gab es vor allem in der 4./5. Runde beim Derby und in St. Gallen auch schlechte Spiele. Zivko Kostadinovic ist grundsätzlich eine solide Nummer 2, aber in der Vorrunde hat er im Cup seine Chance nicht nutzen können. Einerseits wurde er in den drei Partien aus dem Spiel heraus praktisch nie geprüft, andererseits machte er im Penaltyschiessen in Yverdon keine gute Figur.

Innenverteidiger: gemeinsam stark vor der Winterpause

Beim Verteidigertrio Omeragic / Kryeziu / Aliti gab es im Verlauf der Vorrunde unterschiedliche Formkurven, aber in den letzten Partien vor der Winterpause erkämpften sich alle drei gemeinsam relativ viele Defensivpunkte. Lindrit Kamberis Defensivpunkte pro 90 Minuten sprengten nach den ersten Kurzeinsätzen den Rahmen der untenstehenden Grafik, pendelten sich dann aber gegen Ende leicht unter dem Stammtrio ein.

Boranijasevic mit mehr Defensivpunkten als Guerrero

Nikola Boranijasevic lag nach dem 1. Spieltag die ganze Vorrunde hindurch bei der Anzahl Defensivpunkte pro 90 Minuten vor Adrian Guerrero, der am Ende nochmal aufdrehte. Fabian Rohner konnte im Cup bei Yverdon defensiv mit einigen Ballgewinnen und sogar gewonnenen Luftduellen überzeugen. Weil er danach fünf Spiele nicht mehr zum Einsatz kam und der Gleitende Durchschnitt über diese Zeitperiode berechnet wird, fällt seine Kurve danach auf Null, bevor sie mit seinem Kurzeinsatz in Lausanne nochmal leicht ansteigt. Silvan Wallner spielte so wenig, dass er schwer zu beurteilen ist.

Doumbia und Hornschuh als defensives Gewissen

Im Zentrum sammelten Ousmane Doumbia und Marc Hornschuh am meisten Defensivpunkte. Ersterer als Stamm-, der zweite vorwiegend als Einwechselspieler. Rund um den Heimsieg gegen Lugano (1:0) hatte Hornschuh eine defensiv sehr gute Phase. Bledian Krasniqi und Moritz Leitner liegen deutlich dahinter. Blerim Dzemaili konnte sich gegen Ende langsam steigern. Stephan Seiler hatte nur wenig Einsatzzeit, in der er defensiv relativ gesehen viel bewegte.

Marchesano führt vordere Reihe defensiv an

Antonio Marchesano, der das Pressing anführt, wenn er vorne im Sturm spielt, war die ganze Vorrunde durch unter den defensiv besten Forwards beim FCZ. Auch er steigerte sich gegen die Winterpause hin. Tosin führte sich nach seiner Verletzungspause in der Schlussphase auch defensiv stark ein. Die Ausreisser nach oben von Gogia und Pollero in der 16. Runde stammen hingegen von ihren guten Kurzeinsätzen gegen Basel (3:3) in der 12. Runde. Weil gleichzeitig ihre weniger guten Auftritte in der Startformation in Yverdon im Gleitenden Durchschnitt in der 16. Runde aus der Wertung fallen. Kramer (stark) und Gnonto (in kleinen Schritten) steigerten sich defensiv im Laufe ihrer Vorrunde.

Leihe nach Osnabrück liess Ceesay reifen

Über längere Frist seit dem Sommer 2019 gesehen hat sich Antonio Marchesano in Sachen Defensivpunkte pro 90 Minuten kontinuierlich gesteigert. Dasselbe gilt auf tieferem Niveau auch für Blaz Kramer. Tosin hatte in dieser Sparte eher einen rückläufigen Trend, ist jetzt aber vor der Winterpause „explodiert“. Ob er dieses Niveau zu Beginn der Rückrunde weiter halten kann? Auch für Mirlind Kryeziu war die Vorrunde 21/22 seine defensiv klar beste Runde seit Sommer ’19. Assan Ceesays Leistungssprung in Sachen Defensivarbeit fand hingegen bei seiner Leihe nach Osnabrück in der Rückrunde 19/20 statt. Seither hat der Gambier doppelt so viele Defensivpunkte pro 90 Minuten wie vorher. Becir Omeragic hatte vor einem Jahr in der Vorrunde 20/21 leicht bessere Werte als heute. Yanick Brecher erreicht nach einem Abwärtstrend wieder sein Niveau der Rückrunde 19/20.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Halbzeitanalyse, Teil 2 – Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse

Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 2

Schaut man zur Halbzeit der Saison auf die Defensivleistung, dann sieht die Bilanz bei weitem nicht so gut aus wie es die Tabelle weismacht. Wenn die alte Weisheit „defense wins championships“ stimmt, dann scheint der FC Zürich zur Winterpause noch weit von einem Spitzenteam entfernt zu sein. 26 Gegentore – seit der Abstiegssaison hat das Letzigrund-Team nur einmal zur Winterpause mehr kassiert (19/20). Gegen den FCZ wurden in der Liga mit 276 sogar am meisten Abschlüsse abgegeben. Allerdings haben die FCZ-Verteidiger 88 dieser Abschlüsse geblockt – mit Abstand am meisten der Liga. Bezüglich Abschlüsse, die entweder auf oder nebens eigene Tor kamen, liegt der FCZ in der Mitte der Tabelle. Das Zürcher Mittelfeld und die Angreifer haben also die Gegner zu vielen Abschlüssen kommen lassen, speziell die Innenverteidiger haben dann aber noch einiges davon ausgebügelt. Mirlind Kryeziu fungierte am häufigsten als „Wand“ am und im eigenen Strafraum.

Die gegnerischen Torerfolge kamen ausgeglichen zu je einem Drittel durch Standards, Aufbauspiel und Umschaltspiel zustande – wobei die Standardgegentore leicht überwiegen.

Breitenreiter knüpft defensiv bei Rizzo an

Massimo Rizzo hatte im Verlauf der letzten Saison die Gegentore grundsätzlich in allen drei Bereichen verringern können. Mit Ausnahme des Monats April, als Kololli, Tosin, Doumbia, Domgjoni und Dzemaili eine ganze Serie von haarsträubenden individuellen Fehlern unterliefen, die zu unnötigen Umschalt-Gegentreffern und einer schlechten Punkteausbeute führten. Dieser eine „Katastrophen-Monat“ war sicherlich mitentscheidend für den Trainerwechsel im Sommer. Unter André Breitenreiter startete das Team defensiv in allen drei Bereichen grundsätzlich auf demselben Niveau wie lange Zeit unter Rizzo. Positiv: im zweiten Saisonviertel konnte sich der FC Zürich bei gegnerischem Aufbau- wie Umschaltspiel und auch bei Standards leicht verbessern.

Durchschnittliche Gegentore pro Partie nach Spielsituation seit Sommer 2019

Mehr Gegentore bei hoch stehendem FCZ

Bezüglich Positionierung der Mannschaft wird allerdings ein Unterschied ersichtlich. Während die Gegentreffer bei einem hoch stehenden Gegner (also wenn der FCZ selbst tief steht) weiter abgenommen haben, nahmen sie bei tief stehendem Gegner und hoch stehendem FCZ unter Breitenreiter wieder zu. Dies ist also ein Ansatzpunkt für das Zürcher Trainerteam in der Winterpause: wie können diese Gegentore wieder reduziert werden? Dafür gibt es zwei Ansätze: entweder man schafft es, hoch stehend besser zu verteidigen – oder man sollte weniger häufig hoch stehen.

Zunahme der Standardgegentore im Vergleich zu Rizzo

Standardgegentore wurden unter Rizzo reduziert, vor allem wenn man mitberücksichtigt, dass die Hälfte der Eckballgegentore der letzten Saison in den ersten Saisonpartien noch unter Ludovic Magnin gefallen sind. Unter André Breitenreiter hat dementsprechend diese Art von Gegentoren wieder zugenommen. Auf Einwurf hat es allerdings ein Gegentor weniger gegeben als zuletzt im Schnitt pro Halbserie.

Etwas mehr Gegentore aus Aufbauspiel des Gegners bei hoch stehendem FCZ

Bei Aufbauspiel des Gegners hat sich wenig verändert. Die Gegentore bei einem Hoch stehenden FCZ haben aber auch bei Aufbauspiel des Gegners etwas zugenommen.

Deutlich mehr Kontergegentore

Der grössere Effekt zeigt sich beim Umschaltspiel. Die Kontergegentore gegen einen hoch stehenden FCZ haben deutlich zugenommen. Dafür hat der FCZ in der Vorrunde aus einer tiefen Position bei Pressing und Gegenpressing des Gegners insgesamt nur ein einziges Gegentor erhalten. Eindrücklich! Ein Zeichen dafür, dass die Mannschaft den Ball sicher (und häufig auch schnell) hinten heraus spielt. Die vielen unnötigen Ballverluste in der eigenen Hälfte vom letzten April wurden überwunden und eliminiert.

Problemzone Sechserposition – Guerrero und Aliti machen ihre Seite zu

Zu viele Weitschuss-Gegentore waren lange Zeit ein grosses Problem für den FCZ gewesen. Auch diese konnten unter Massimo Rizzo drastisch reduziert werden auf noch insgesamt ein einziges in der letzten Saison! Nun hat man in einer halben Saison bereits wieder vier erhalten. Es zeigt, dass die Problemzone zentral vor dem eigenen Strafraum wieder aufgebrochen ist. Die Zentralen Mittelfeldspieler haben diese zu wenig im Griff. In einigen Situationen fehlt es an Antrittsschnelligkeit und konsequenter Defensivarbeit in der Rückwärtsbewegung (Dzemaili), am Positionsspiel (Doumbia, Krasniqi) oder an der Bissigkeit (Leitner). Dafür haben die Gegentore auf Flanken stark abgenommen. Einerseits hat in der Liga die Anzahl Flanken der Gegner pro Spiel im Vergleich zu letzter Saison um einen Viertel abgenommen. Andererseits werden diese im Strafraum auch besser verteidigt. Über Rechts (die linke Zürcher Seite) haben die Gegner in dieser Vorrunde aus dem Spielaufbau heraus kein einziges Tor erzielt. Die Dreierabwehr in Kombination mit diszipliniert zurückarbeitenden Aussenläufern hat hier hervorragende Arbeit geleistet, speziell das Duo Aliti / Guerrero auf der linken Zürcher Seite.

Gegen GC, YB, Lugano, Vaduz und St. Gallen (!) vorwiegend Standardgegentore

Züri Live hat sich angeschaut, wie die einzelnen Gegner in den letzten zweieinhalb Jahren vorwiegend ihre Tore gegen den FCZ erzielt haben. Am augenfälligsten ist, dass in den beiden Derbies der Vorrunde alle Gegentore auf Standards erzielt worden sind. Gegen Lugano hat der FCZ die letzten fünf Partien kein Gegentor mehr kassiert – und die einzigen Gegentore, die es seit dem 0:4 im „Backofen“ Letzigrund zum Saisonstart 19/20 gesetzt hat, waren Standards. Nicht überraschend, dass man gegen Vaduz die Gegentore vorwiegend auf Standards erhalten hat. Sehr wohl überraschend hingegen, dass dies gegen St. Gallen ebenfalls der Fall ist – mehr als aus dem Umschaltspiel. Das gleiche gilt für YB. Thun, Basel, Luzern oder Sion hingegen haben ihre Treffer gegen den FCZ vorwiegend mit üblichem Aufbauspiel erzielt. Lausanne und Servette hatten den grössten Anteil ihrer Treffer gegen den FCZ aus dem Umschaltspiel – im Falle von Servette waren es am 8. Dezember 2019 im Letzigrund gleich fünf. Auch dies eher speziell, ist doch Servette allgemein eher für kontrolliertes Aufbauspiel bekannt. Gegen den FCZ waren sie hingegen in den letzten 30 Monaten vor allem im Umschaltspiel erfolgreich.

Basel und YB profitieren am meisten von Lücken bei einem hoch stehenden FCZ

Gegen einen tief stehenden FCZ war es in den letzten zweieinhalb Jahren schwierig, Tore zu erzielen. Nur Sion, Xamax und Vaduz haben in der Liga eher aus einer Hohen Position (Aufbauspiel gegen tief stehenden Gegner, Pressing, Gegenpressing) ihre Tore gegen den Stadtclub erzielt. Alle anderen Teams waren erfolgreicher mit Kontern oder Aufbauspiel gegen einen hoch stehenden FCZ – speziell Basel und YB.

Viel Kampfgeist gegen Ende der Vorrunde

Die Erwarteten Gegentore sind im Gleitenden Durchschnitt in der Vorrunde nie unter 1 pro Spiel gefallen. Nach dem 6:2 gegen Sion im Letzigrund, ein Spiel, das auch auf die andere Seite hätte kippen können, hat man die Erwarteten Gegentore pro Partie zumindest wieder unter 1,5 drücken können. Die Anzahl der summierten Züri Live-Defensivpunkte hatte nach dem Tiefpunkt in der 5. Runde (3:3 in St. Gallen) schon zuvor wieder angezogen gehabt und erreicht in den letzten Partien der Vorrunde, als man nochmal viel Kampfgeist in die Partien warf, einen Wert von über 100 pro Spiel. Auffällig, dass man ganz am Anfang und ganz am Ende der Vorrunde kaum Gegentore zugelassen hat. In diesen Phasen waren zwar auch die Erwarteten Gegentore relativ tief, aber vor allem lag die Anzahl Gegentore weit unter den Erwarteten Gegentoren. Mögliche Erklärungen dafür sind die Leistungen von Torhüter Yanick Brecher und der Abschlüsse aus gefährlichen Positionen blockenden Innenverteidiger oder auch das Wettkampfglück in diesen Saisonphasen.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Das Breitenreiter-Team im Formcheck (FCZ-Sommer, Teil 3)

Wilfried Gnonto fällt auf durch seinen Kampfgeist und sein Engagement, welches er für seine Farben einsetzt – auf und neben dem Platz. Und nicht nur gegen Kriens, sondern zuvor auch schon gegen Aarau brachte er einen ansprechenden Kopfball aufs gegnerische Tor. Sogar ein für seine Verhältnisse völlig ungewöhnlich präziser und wuchtiger Kopfballtreffer gelang Blaz Kramer nach einer Musterflanke Rodrigo Polleros gegen Xamax. Abgesehen von dieser einen Szene kam vom Uruguayer im ersten Einsatz noch nicht viel. Interessant war sein toller Assist auch deshalb, weil er in der Challenge League bei gerade mal sechs Assists und gleichzeitig 26 Toren in 60 Partien eindeutig als Finisher aufgefallen war – und selbst die paar wenigen Assists waren (fast) alles keine Flanken. Assan Ceesay hatte in seinen ersten Einsätzen Mühe, steigerte sich dann aber parallel mit seinem kongenialen Partner Antonio Marchesano in der letzten Partie gegen Kriens.

Hadern mit Doumbia

Stephan Seilers Auftritte in den Testpartien waren ungenügend und an Nils Reichmuth liefen die Partien fast völlig vorbei, auch wenn gegen Ende der Vorbereitung eine kleine Steigerung ersichtlich war. Bereits gut eingefunden hat sich hingegen Bledian Krasniqi. Im Spiel mit Ball findet der 20-jährige mit seiner Vista praktisch immer die beste Lösung. Vasilije Janjicic steigerte sich im Verlauf der Vorbereitung. Mit dem taktischen Verhalten von Ousmane Doumbia scheint das Zürcher Trainerteam bisher noch mit am meisten zu hadern. Der Ivorer, welcher sich auch auf persönlicher Ebene im Team sehr wohl zu fühlen scheint, überrascht den Gegner immer wieder mit unerwarteten Balleroberungen – aber eben auch die eigenen Mitspieler und Trainer häufig mit unerwarteten Stellungsfehlern. Bis zu einem gewissen Grad sind das zwei Seiten derselben Medaille. An Buschman-Dormond kritisiert Breitenreiter, dass er zu viele «Tricks» versuche. Findet der Kanadier allerdings den Raum zum Kontern vor, wie beim 6:1-Treffer gegen Kriens (Vorbereitung für Ceesay nach einem Eckball der Innerschweizer), kann er seine Schnelligkeit ausspielen.

Energie sparen mit Boranijasevic und Aliti

Der sich in einer schwierigen Karrierephase befindliche Mirlind Kryeziu könnte aufgrund seiner Physis zu den Gewinnern unter dem neuen Trainer gehören, obwohl ihm gegen Xamax ein entscheidender Fehler unterlief, als er kurz nach der Pause den Ball vor dem eigenen Strafraum gegen Veloso verlor, was das frühe und wegweisende 2:1 für die Gäste bewirkte. Bei einer Dreierabwehr wechselte sich im Verlauf der Vorbereitung Kryeziu in der zentralen Position mit Hornschuh und Kamberi ab. Lindrit Kamberi konnte weitgehend an die positiven Eindrücke von Ende letzter Saison anknüpfen, Silvan Wallner hingegen vorwiegend an die negativen. Fidan Aliti spielte genau Fifty-Fifty als Linksverteidiger oder links in der Dreierkette – aber nie als linker Aussenläufer. Er und Neuverpflichtung Nikola Boranijasevic schienen teilweise etwas mit angezogener Handbremse in den Tests aufzutreten – als sparten sie ihre Energie für den richtigen Saisonstart auf. Willie Britto war bezüglich Positionierung teilweise das Pendant zu Aliti auf der rechten Seite – allerdings wurde er auch als Aussenläufer eingesetzt und hat gleichzeitig nicht die gleichen Einsatzchancen wie der Kosovarische Nationalspieler.

Reifen mit Frei

Adrian Guerrero ist ein Mann auf der linken Seite mit gutem Spiel- und Raumverständnis und schlägt zudem gute Standards mit dem linken Fuss – er kann aber aufgrund seiner Konstitution von Gegner auch ziemlich einfach zur Seite gedrückt werden. Dies passiert Filip Frei mittlerweile deutlich weniger als früher. Der letztjährige U20-Nationalspieler hat einen Schritt nach vorne gemacht und sich in den Vorbereitungsspielen erfolgreich von seiner besten Seite gezeigt. Sein enorm fehlerbehaftetes Spiel von früher hat er abgestellt und spielt nun sehr verlässlich, trotz gleichzeitig weiter verbesserter Dynamik. Frei wird von Breitenreiter als Alternative auf allen erdenklichen Aussenpositionen auf beiden Seiten eingesetzt, zusätzlich zur Dreierabwehr – und ist damit zur Zeit der grösste Allrounder im Team.

Aushelfen mit Hornschuh

Marc Hornschuh wurde als wichtige Kaderergänzung geholt, der auf den zentralen Defensivpositionen als verlässliche Option bereitstehen soll, wenn es ihn braucht – wohl vor allem in der Dreierabwehr, denn seine Auftritte im Mittelfeld waren jeweils wenig erbaulich. Becir Omeragic wurde am letzten Spieltag der Vorbereitung genauso wie Buschman zwei Mal als Einwechselspieler eingesetzt. Während dies bei Buschman durchaus ein Zeichen seiner aktuellen Position in der sportlichen Mannschaftshierarchie darstellte, war es bei Omeragic bedingt durch seine vorherige Ferienabwesenheit aufgrund der EM-Endrunde. Ihn schon auf das Lugano-Spiel hinzubekommen, wäre wohl zu knapp und auch etwas riskant.

Fremdgehen mit De Nitti

Bei den Torhütern feierte der von der U18 hochgezogene Gianni De Nitti seine ersten Teileinsätze im Fanionteam (einen davon im Tor des SC Kriens gegen den FCZ). Zivko Kostadinovic agierte in seiner Kernkompetenz als «Torhüter» gewohnt solide. Trainer Breitenreiter war mit seinen Entscheidungen bei den Abstössen aber nicht immer zufrieden. Yanick Brecher hatte wieder zwei, drei Unkonzentriertheiten bei Gegentreffern dabei und schrie sich in der Endphase gegen Xamax, als nichts mehr ging, vergeblich die Lunge aus dem Leib.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)

Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 2 – das Abwehrzentrum

Fragezeichen in der Innenverteidigung

Die Qualität der Super League-Torhüter hat in den letzten Jahren abgenommen, und unter den Nummer 1-Torhütern ist Yanick Brecher (28) zwischen durchschnittlich und leicht unterdurchschnittlich einzuordnen. Zivko Kostadinovic (29) ist eine gute Nummer Zwei. Gianni De Nitti (18) ist noch weit vom Level eines Super League-Torhüters entfernt, macht aber als Nummer 3-Torhüter sicherlich mehr Sinn, als Novem Baumann. Wechsel auf den zwei ersten Goalie-Positionen sind diesen Sommer nicht zu erwarten. Interessant in der Schweiz wären für den FCZ ansonsten der beim FC Sion wieder ins zweite Glied gerückte U21-Nationaltorhüter Timothy Fayulu (21), welcher in der abgelaufenen Saison phasenweise der beste Torhüter der Liga war. Ausserdem bringt Lugano’s Nummer Drei Lucio Soldini (20) viel Talent mit und erinnert mit seiner Beweglichkeit und Stilsicherheit an den jungen Yann Sommer.

In der Innenverteidigung hängt viel davon ab, was mit Lasse Sobiech (30) und Becir Omeragic (19) diesen Sommer passiert. Omeragic hat sich nicht ganz so entwickelt wie erhofft, könnte auf dem Transfermarkt aber trotzdem begehrt sein. Bei Sobiech gibt es bezüglich seiner Zukunft gleich mehrere Fragezeichen. Der FCZ würde ihn wohl ziemlich sicher gerne behalten – aber was will der 1. FC Köln, was will Sobiech selbst und kann sich ihn der FC Zürich überhaupt leisten? Und wie lange steht er nächste Saison in gesundem Zustand überhaupt zur Verfügung? Nathan Pelae (26) war in der abgelaufenen Saison ganz lange eine „Lebensversicherung“ und in manchen Partien entscheidend als Einziger oder fast Einziger, der richtig dagegenhalten und den Druck der Gegner lindern konnte. Lindrit Kamberi (21) hat sich mit seinen Auftritten Ende Saison im FCZ-Dress, die viel fokussierter waren als zuvor beim FC Winterthur, eine Chance als Innenverteidiger Nummer Drei oder Vier verdient. Mindestens einen Innenverteidiger von aussen muss man diesen Sommer, nicht zuletzt aufgrund der unklaren Situation bei Omeragic und Sobiech, sicherlich verpflichten.

Yannick Schmid und Akos Kecskés bieten sich an

In Bezug auf Spieler aus den Schweizer Ligen wäre aus Züri Live-Sicht Yannick Schmid (26) von Absteiger Vaduz der heisseste Kandidat – ein spielerisch / technisch starker Innenverteidiger, relativ schnell und mit hervorragendem Timing beim Offensiv-Kopfball. Für seine Grösse von 1,86m ist er etwas leichtgewichtig und daher in den Zweikämpfen am Boden und in der Luft nicht so durchsetzungsfähig wie Kollegen mit mehr Wasserverdrängung. Zu einem Nathan oder Sobiech wäre Schmid die ideale Ergänzung und als Trio in einer Dreierkette könnten sie (zusammen mit Marchesano) bei Standards offensiv für viel Gefahr sorgen. Teamkollege Joël Schmied (22) ist für die Bedürfnisse des FCZ hingegen technisch, läuferisch und bezüglich Beweglichkeit etwas stark limitiert. Einer der besten und vor allem meistunterschätzten Super League-Innenverteidiger der abgelaufenen Saison war zudem Akos Kecskés (25) von Lugano. Wenn dieser nicht auf dem Platz stand, verlor das Defensivbollwerk der Tessiner einiges seiner Stabilität. Weder Daprelà noch Maric oder Ziegler kamen 20/21 auch nur annähernd an das Level des Ungarn heran.

Innenverteidigung ist eine seit vielen Jahren in der Challenge League eher schwach besetzte Position und Super League-taugliche Spieler zu finden deshalb in diesem Bereich am schwierigsten. Der von Servette zu Chiasso ausgeliehene Mathis Magnin (19) fiel noch am ehesten mit seiner Reife und Vielseitigkeit auf – dazu muss sicherlich auch der 1,98m grosse Nikki Havenaar (26) von Thun trotz seiner technischen Defizite ein Kandidat für die Super League sein. Leon Bergsma (Aarau) hingegen ist selbst für Challenge League-Verhältnisse defensiv alles andere als ein Bollwerk sowie für die schwache Aarauer Defensive wesentlich mitverantwortlich – und Toti Gomes (GC) spielt etwas zu flatterhaft.

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 1 – Trainer und Spielidee

cof

Rohner / Domgjoni / Koide machen Dampf, Kryeziu / Kramer sorgen für Ärger: Gewinner und Verlierer der Vorbereitung

Die Partie gegen den FC Winterthur im Letzigrund war nicht so, wie man sich eine Hauptprobe vor dem Meisterschaftsstart vorstellt. Aufgrund von Krankheit (gute Besserung Vasi!), Nationalteamaufgeboten (Gratulation Simon, Becir & Co.!) und dem gleichzeitigen Meisterschaftsauftritt der U21 gegen Brühl (2:3, zwei Sulejmani-Penalties), standen Trainer Ludovic Magnin mit Adrian Winter und Salim Khelifi gerade mal zwei Feldspieler als Reserve zur Verfügung. Und während das Spiel lief, wurde in den Sozialen Medien der neue Innenverteidiger Lasse Sobiech vorgestellt.

Beim FC Winterthur fielen gleich beide Torhüter aus und es standen mit Marzino und Scheithauer zwei Testspieler in der Startformation. In der ersten Halbzeit kontrollierte der FCZ weitgehend das Spiel und ging 2:0 in Führung. Die zweite Halbzeit war ausgeglichener. Nach einer Serie von Zürcher Topchancen gelang Adi Winter das 3:0 in der 80. Minute nachdem der andere Einwechselspieler Khelifi zuvor noch an Marzino gescheitert war. Die letzten zehn Minuten liess der FCZ dann aber stark nach und Winterthur drehte nochmal auf, ohne aber zu einem Torerfolg zu kommen. Am augenfälligsten ersichtlich war dies bei Stephan Seiler, der in der letzten Viertelstunde auf dem Zahnfleich lief und dem gar nichts mehr gelang.

Insgesamt wirkte in allen vier Vorbereitungsspielen weder der FCZ noch die jeweiligen Gegner auch nur annähernd auf Meisterschaftsniveau spielend. Im Normalfall nähert man sich gegen Ende der Vorbereitung diesem Niveau an. Eine Steigerung von Spiel zu Spiel war durchaus ersichtlich, aber ob es reichen wird, bereits in einer Woche in Chiasso im Cup das notwendige Niveau auf den Platz zu bringen – darauf darf man gespannt sein. Es wurde in allen vier Vorbereitungsspielen mit demselben System gespielt. Von den verschiedenen Phasen der letzten Saison orientierte sich das Zürcher Trainerteam dabei personell und taktisch stark am zweiten Saisonviertel, in welchem man ohne wirklich zu glänzen eine gute Resultatserie hatte hinlegen können.

Einzelne gute Automatismen in der Überwindung der Mittelzone des Spielfeldes waren zu sehen, sowohl mit schnellem Direktspiel, als auch mit geduldigem Aufbau – allerdings ohne auch nur annähernd die gleiche Gegenwehr auf dem Platz zu haben, wie sie den FCZ zum Meisterschaftsstart erwarten wird. Auch gegen Top-Gegner wird allerdings sicherlich Fabian Rohner eine Offensivwaffe sein. Immer wenn nach vorne nichts läuft, dann sorgt der Rechte Aussenverteidiger mit vertikalen oder diagonalen Läufen für Unruhe und Unordnung im gegnerischen Abwehrdispositiv. Rohner ist nicht nur nochmal eine ganze Spur schneller als Kevin Rüegg, sondern hat auch eine solidere Grundtechnik, als der Richtung Italien ziehende Captain der U21-Nationalmannschaft.

Ebenfalls Stammspieler in der U21-Nationalmannschaft ist Toni Domgjoni, der beim 4:1-Heimsieg gegen die Slowakei als Schaltzentrale und Wasserträger in einem im Schweizer Mittelfeldzentrum genauso eine gute Partie machte, wie weitgehend auch in den Vorbereitungspartien mit dem FCZ. Der dritte Gewinner der Vorbereitung ist Henri Koide, welcher nahtlos an die guten Leistungen der letzten Saisonphase 19/20 anzuschliessen scheint. Nicht nur gegen Schaffhausen gelang dem 19-jährigen Zürcher mit einer Klasse-Einzelleistung ein Treffer, sondern er erzielte auch das einzige Tor beim 1:0-Sieg mit der U19-Nationalmannschaft gegen Neuchâtel Xamax (mit unter anderem dem ehemaligen FCZ U21-Stürmer Eric Tia im Test).

Gegen den FC Winterthur an allen drei Treffern beteiligt war Assan Ceesay. Der Gambier hatte allerdings schon letzten Sommer in den Testpartien sehr gute Skorerwerte, welche anschliessend in der Meisterschaft wieder in den Keller sanken, als der FCZ mit einem anderen Spielstil auftrat. Auch wenn es immer noch der gleiche Assan Ceesay ist: ein gewisser Reifeprozess durch seine Zeit in Osnabrück ist ersichtlich – der 26-jährige Nationalstürmer wirkt etwas fokussierter, gradliniger und effizienter, als noch vor Jahresfrist. Und gleichzeitig versteht er sich auf dem Platz weiterhin sehr gut mit Antonio Marchesano – ein nicht zu unterschätzender Faktor. Zivko Kostadinovic schliesslich hat angedeutet, dass er in Bezug auf die Sicherheit, eine solide Nummer Zwei hinter Yanick Brecher zur Verfügung zu haben, im Vergleich mit vielen anderen Kandidaten der letzten Jahre wohl ein Schritt nach vorne für den FCZ ist.

Auf der Verliererseite der Saisonvorbereitung steht sicherlich an erster Stelle Mirlind Kryeziu: nach einem zu unkonzentrierten Auftritt mit zwei groben Schnitzern im ersten Testspiel gegen Schaffhausen vom Präsidentenehepaar ins Gebet genommen und seither im Kader der weiteren Testspiele nicht mehr aufgetaucht. Ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes wachgerüttelt wurde in der Pause des Testspieles gegen den FC Luzern Stürmer Blaz Kramer von Captain Yanick Brecher, nachdem der Slowene schon gegen Schaffhausen nicht mit dem Kopf bei der Sache zu sein schien.

Obwohl nicht eingesetzt als Verlierer vorkommen muss sich Michael Kempter, mit dem sich der FCZ nicht auf einen neuen Vertrag hat einigen können. Der Rudolfstetter war auf der linken Zürcher Seite nach der Coronapause endlich wieder einmal ein Spieler, der nicht nur im Spiel nach vorne eine der wichtigsten Zürcher Waffen in dieser Phase war, sondern obendrein auch noch so konsequent verteidigte, wie dies (mit Ausnahme phasenweise Pa Modou) schon seit vielen Jahren keinem FCZ-Linksverteidiger mehr gelungen war. Mit Tobias Schättin hingegen kommt von Winterthur ein Ersatz, der deutlich mehr Mängel im Spiel ohne Ball mitbringt und das Zürcher Defensivproblem auf links wohl kaum lösen wird. Auch das Testspiel gegen Winterthur bestätigte diesen Eindruck.

Lavdim Zumberi hatte in Basel mit der „U21 verstärkt“ einen zwar nicht fehlerfreien, aber trotzdem ziemlich guten Auftritt hingelegt gehabt. Mittlerweile findet er aber beim FCZ weder auf dem Matchblatt noch auf der Team-Seite (Webpage) noch Erwähnung. Mit seinen 20 Jahren muss er unbedingt im Profibereich zu mehr Spielzeit kommen – Vertrag hätte er noch zwei Jahre. Der FC Wil wäre für den Ostschweizer eine naheliegende Variante, aber auch ein Transfer zum FC St. Gallen oder FC Vaduz ist alles andere als undenkbar. Mit seiner direkten Spielweise und Stärke bei langen Bällen würde er ins Team von Peter Zeidler passen. Geschenkt wurde dem guten Distanzschützen beim FCZ in der 1. Mansnchaft in den letzten Jahren nichts – obwohl oder vielleicht gerade weil er zu Juniorenzeiten zu den Lieblingsspielern Ludovic Magnins gehörte.

Salim Khelifi schliesslich zeigte in der Vorbereitung dasselbe, was man schon von ihm kannte, als er vor einem Jahr nach Deutschland ausgeliehen wurde. Einzelne Highlights wie der Freistoss zu Nathans Kopfballtor, aber daneben auch (zu) viel Leerlauf, vergebene Top-Möglichkeiten und fehlende Defensivqualität. Mit Marco Schönbächler hat der FC Zürich bereits einen ähnlichen (aber insgesamt etwas besseren) Spieler im Kader. Ein zweiter solcher Mann ist tendenziell zu viel. Dann gibt es durch die Verpflichtung von Lasse Sobiech noch ein kleines Fragezeichen bezüglich der Rolle von Nathan. Sobiech ist ein ähnlicher Spielertyp, der aber mit mehr Ruhe und Souveränität agiert und die immer wieder von Magnin auf den Platz gerufene Vorgabe „ohne Foul“ wohl besser umsetzen kann, als der emotionale Brasilianer.

FC Zürich – Winterthur 3:0 (2:0)
Tore: 17. Ceesay (Marchesano) 1:0, 44. Ceesay (Marchesano) 2:0; 80. Winter (Khelifi) 3:0.
FCZ: Brecher; Rohner, Nathan, Bangura, Schättin; Schönbächler (64. Khelifi), Britto, Seiler, Gnonto (46. Winter); Marchesano; Ceesay.
Winterthur: Marzino; Gantenbein, Isik (46. Lekaj), Scheithauer, Schüpbach (64. Pauli); Arnold (46. Hamdiu), Pepsi (46. Doumbia); Callà (46. Ltaief), Ramizi (64. Rama), Mahamid (46. Alves); Buess.

Zwei Auftaktniederlagen und Feuer unterm Dach

Der FC Aarau gehört zu denjenigen Teams, die in den ersten 10 Tagen nach Trainingsstart ganz auf Testspiele verzichten, weil der Trainer und ehemalige FCZ-Verteidiger Stephan Keller sein Team erst dann gegen einen Gegner auf den Platz schicken will, wenn er vom Trainingsstand her von seinen Spielern das Umsetzen der Vorgaben auch wirklich erwarten kann. Aufgrund der Beobachtungen in und rund um die ersten beiden Tests gegen Schaffhausen (2:5) und Luzern (0:2) wäre das eventuell für den FC Zürich auch eine zu bedenkende Variante gewesen.

Die Trainings unter Ludo Magnin sind generell so intensiv, abwechslungsreich und sehen optisch so gut aus wie unter keinem seiner Vorgänger in den letzten 10 Jahren. Dieser Eindruck wird durch verschiedene Experten bestätigt. Wenn überhaupt, dann sind die Trainings insgesamt eher zu hart und gehen gemäss einzelnen Stimmen zu stark an die Substanz, so dass die Mannschaft kräftemässig in gewissen Phasen der Saison möglicherweise nicht ihr volles Potential ausschöpfen kann. Auch wenn aufgrund des Corona-Regimes Trainingsbesuche nicht mehr ohne weiteres möglich und eine aktuelle Einschätzung darum schwierig ist, kann man davon ausgehen, dass auch in dieser Vorbereitung aktuell die Mannschaft sehr intensiv trainiert.

Gegen Schaffhausen begann man gut, das Tempo war von beiden Seiten in der Startviertelstunde relativ hoch. Dann musste man dem Gegner aber relativ schnell das Szepter überlassen. Ungewöhnlich für von Murat Yakin trainierte Teams haben die Schaffhauser nach den Sommertransfers eine ganze Reihe von gelernten Stürmern im Kader und traten in beiden Halbzeiten mit Prtajin / Pollero sowie Barry / Djoulou mit jeweils zwei „waschechten“ Mittelstürmern an, so dass Hélios Sessolo rechts ins Mittelfeld ausweichen musste. Die Munotstädter vermochten im Gegensatz zu ihrem Gegner über die ganzen 90 Minuten die für ein Testspiel relativ hohe Intensität zu halten. Auch wenn das 4:2 und das 5:2 während einer Pflege von Nathan gegen einen FC Zürich in Unterzahl fielen, war das Ergebnis insgesamt auch in dieser Höhe nicht unverdient.  

Bei regnerischen Bedingungen: Testspielauftakt FCZ – Schaffhausen

Beim FCZ gab der 16-jährige Wilfried Gnonto sein Début im Profiteam – ein ganz ordentliches, auch wenn er speziell gegen den ehemaligen FCZ-Mittelfeldspieler Sangoné Sarr das ein oder andere Mal noch Probleme hatte, sich physisch zu behaupten. Im Goaliedress bei den Gelb-Schwarzen lief in der 1. Halbzeit Piu Da Costa auf. Der Goalie-Routinier hält sich im Team der Yakin-Brüder fit. In einem Team, das mit dem ehemaligen GC-Junior Amir Saipi und den beiden ehemaligen FCZ-Junioren Calvin Heim und Luka Deronjic auf dieser Position sehr talentiert bestückt ist. Ein Transfer in den Lipo Park scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht wahrscheinlich.

Die Erste Halbzeit endete 1:2 – Kololli hatte nach Treffern der beiden neuen Schaffhausen-Stürmer Pollero und Prtajin eine gute Schönbächler-Flanke mit links aus dem rechten Halbfeld noch leicht per Kopf abgefälscht. Derselbe Schönbächler hatte bereits in der 5. Minute mit einer Doppelchance (Lattenkopfball, Da Costa-Parade) die erste gute Einschussgelegenheit der Partie vergeben. Später traf Pollero neben seinem Treffer mit einem schönen Abschluss aus der Drehung auf der anderen Seite auch noch den Pfosten. In der Zweiten Halbzeit erhöhten Sessolo per Penalty, Barry und Kastrati das Skore der Schaffhauser drei Mal. Den Penalty hatte Mirlind Kryeziu verschuldet – und es war nicht sein einziger Schnitzer gewesen.

Nach seinem Fehler vor dem 5:2 Kastratis konnte Präsident Ancillo Canepa seinen Ärger auf der Tribüne nicht zurückhalten. Im Anschluss der Partie führte dieser dann zusammen mit Heliane unverzüglich ein intensives Einzelgespräch mit dem 23-jährigen Verteidiger. Wie zwei wohlgesinnte Lehrer, die einem Schüler klarmachen, dass die nächste Prüfung für seinen Werdegang entscheidend sein wird. In Luzern fehlte Mirlind dann – wohl kaum verletzungsbedingt. Ähnlich einzuordnen eine Szene in der Pause des Luzern-Spiels, als Captain Yanick Brecher Stürmer Blaz Kramer packte und ruppig wegstiess, nachdem dieser etwas salopp und frech auf Brechers Einzelkritik reagiert hatte. Kramer hatte unter anderem kurz vor der Pause nach einer guten Flanke Rüeggs eine hervorragende Kopfballchance ungenutzt gelassen – allerdings weniger wegen fehlender Konzentration, sondern mehr weil es dem Slowenen in solchen Szenen schlicht an Qualität fehlt. Will man die beiden hitzigen Diskussionen am Rande des Spielfelds positiv interpretieren, so dahingehend, dass man einen gewissen Schlendrian von einzelnen Spielern nicht mehr zu tolerieren gewillt ist – selbst in Testspielen nicht.

Gedenkminute für die überraschend verstorbene Luzerner Klublegende Paul Wolfisberg vor dem zweiten Zürcher Testauftritt in der Zentralschweiz

Nicht zielführend war hingegen sicherlich das Reklamieren bei Schiedsrichter San im Luzern-Spiel. Toni Domgjoni hätte den Eckball, der zum 1:0 Luzerns führte, verhindern können, wenn er sich nicht darauf fokussiert hätte, ausgiebig ein Handspiel Ugrinics zu beanstanden. Trainer Magnin nervte sich darüber, dass in der Zweiten Halbzeit bei einem Laufduell mit David Mistrafovic kein Penalty zugunsten von Assan Ceesay gepfiffen worden war. Und Assistenztrainer Alfons Higl ging nach dem Schlusspfiff ziemlich heftig bei Schiedsrichter Fedayi San reklamieren. Pluspunkte bei den Unparteiischen sammeln die Zürcher so schon vor Saisonstart sicherlich nicht.

Einzelne Spieler wussten in den beiden Partien durchaus zu gefallen. Henri Koide macht nahtlos weiter, wo er letzte Saison aufgehört hatte, unter anderem mit einer starken Einzelleistung zum zwischenzeitlichen 2:3 gegen Schaffhausen. Fabian Rohner deutet an, was für einen Wert er mit seinem Speed für die Mannschaft haben kann. Kevin Rüegg und Nathan wirken mental gut drauf und haben sich gegen Luzern im Vergleich zum Schaffhausen-Spiel bereits gesteigert, Hekuran Kryeziu zeigte sich in Luzern ebenfalls verbessert, zumindest in der offensiven Phase.

Gegen Schaffhausen machte das Zentrum hingegen fast durchs Band Fehler im Aufbauspiel: Omeragic, Sohm, Seiler, Heki Kryeziu, Mirlind Kryeziu, Domgjoni, Rüegg. Auch in Luzern liess man Lang, Zivkovic, Arques, Ugrinic, Voca und Co. viel zu viele Freiheiten. Und die Zone vor dem eigenen Strafraum hat man weiterhin nicht im Griff. Von den Flügeln kommt weiterhin zu wenig defensive Unterstützung (Ausnahme: Koide). In beiden Partien tritt der FCZ im 4-2-3-1 an, welches letzte Saison lange Zeit die Stammformation war. Schon in den letzten Meisterschaftspartien der alten Saison war Magnin wieder zu diesem System zurückgekehrt – mit Kololli als linker Flügel, wo dieser weniger effektiv agiert, als in der Sturmspitze. Wilfried Gnonto wird bisher jeweils auf der 10er-Position eingesetzt, wo er als Hängende Spitze auch bei Inter häufig gespielt hat.

Simon Sohm wird zur Zeit (nicht zum ersten Mal) als Innenverteidiger eingesetzt. In Luzern machte er seine Sache bereits etwas besser, als gegen Schaffhausen. Auf dieser Position hat er das Spiel vor sich und kann mit seinen Rushes und langen Bällen möglicherweise mehr bewirken als von weiter vorne aus. Und es besteht die Hoffnung, dass Sohm durch die klarere Rolle seine Schwächen im Positionsspiel und der Rückwärtsbewegung überwinden kann und reifer wird. Denn ohne diesen Prozess wird er es trotz hervorragender Anlagen nicht zu einem Top-Spieler schaffen. Im Zweikampf hat er am Boden Qualität, muss sich in der Luft aber noch stark verbessern.

FC Zürich – Schaffhausen 2:5 (1:2)
Tore: 13. Pollero 0:1, 28. Prtajin 0:2, 40. Kololli (Schönbächler) 1:2; 64. Sessolo (Penalty, Djoulou) 1:3, 71. Koide (Marchesano) 2:3, 81. Barry 2:4, 83. Kastrati 2:5.
FCZ 1.Hz.: Brecher: Britto, Sohm, Omeragic, Winter; H. Kryeziu, Seiler; Schönbächler, Gnonto, Kololli; Ceesay.
FCZ 2. Hz.: Brecher; Rohner, Nathan, M. Kryeziu, Britto; Rüegg, Domgjoni; Koide, Marchesano, Khelifi; Kramer.
Schaffhausen 1. Hz.: Da Costa; J. Krasniqi, I. Bunjaku, Mujic, Alvarez; Lika, Bislimi, Sarr, Del Toro; Prtajin, Pollero.
Schaffhausen 2. Hz.: Saipi; Qollaku, Müller, Padula, Del Toro; Sessolo, Talic, Kastrati, M. Bajrami; Barry, Djoulou.

Luzern – FCZ Zürich 2:0 (1:0)
Tore: 3. Ugrinic 1:0: 89. Hermann (Jashari) 2:0.
Luzern 1. Hz.: Müller; Sidler, Lucas, Knezevic, Bürki; Arques; Emini, Ugrinic; Kakabadze, Schürpf, Lang.
Luzern 2. Hz.: Zibung; Grether, Schulz, Mistrafovic, Sidler (61. Balaruban); Kakabadze (80. Hermann), Arques, Voca, Jashari; Lang, Zivkovic.
FCZ 1.Hz.: Brecher; Rohner, Nathan, Omeragic (37. Sohm), Winter; Rüegg, Domgjoni; Schönbächler, Marchesano, Kololli; Kramer.
FCZ 2. Hz.: Kostadinovic; Rohner (61. Britto), Nathan (61. Wallner), Sohm, Erne; H. Kryeziu, Domgjoni (69. Seiler); Khelifi, Marchesano (69. Gnonto), Kololli (61. Koide); Kramer (61. Ceesay).

Challenge League-„Dream Team 2016“ – ein ernsthafter Vorschlag

13 (!) FCZ-Spieler waren an den heutigen SFL Awards für das Challenge League «Dream Team 2016» nominiert und gleich 8 (!) wurden gewählt. Bei aller Liebe: das ist auch für einen Tabellenführer ein extremer Wert. Sind die Juroren jetzt plötzlich alle FCZ-Fans geworden?  Nein, natürlich nicht! Die Antwort ist: die SFL Awards konnte man in Bezug auf die Challenge League-Auszeichnungen noch nie ernst nehmen – so war es auch diesmal.

Gewählt werden jeweils nicht die Spieler, welche in den letzten Monaten die beste Leistung erbracht haben, sondern die Namen, die alle kennen.  Das Rezept für die Zusammenstellung des Challenge League Dream Teams ist jedes Jahr das gleiche: man nehme die aus der Super League bekanntesten Namen und mische die zwei Stürmer mit den meisten erzielten Toren hinzu: voilà!

Auch der Begriff «Dream Team 2016» führt in die Irre. Denn es geht jeweils einzig und allein um die Vorrunde der neuen Saison – denn ansonsten müssten ohne Zweifel Spieler von Aufsteiger Lausanne mit dabei sein! Züri Live hat immerhin 50% aller 90 Spiele der Vorrunde live und in voller Länge gesehen und erlaubt sich daher, ein etwas ernsthafteres nicht auf Namedropping basierendes Dream Team der Challenge League-Vorrunde 16/17 zusammenzustellen: voilà! Die Diskussion ist eröffnet!

cl-team-der-vorrunde-1617-zlDie Entdeckung der Vorrunde war aus Sicht von Züri Live der junge Innenverteidiger Ivan Lurati von Chiasso, der nicht zufälligerweise Interesse aus der Serie A weckte. Zusammen mit dem sehr spielstarken Schweizer Juniorennationalspieler Nikola Milosavljevic hat sich aber Sion vom finanziell darbenden Chiasso die beiden Tessiner Juwelen gleich im Doppelpack unter den Nagel gerissen. Der Liechtensteinische Nationalspieler Daniel Kaufmann ist der wohl solideste und fehlerfreiste Innenverteidiger dieser Vorrunde. Lucas überzeugte vor allem mit seinen Offensivvorstössen und konnte nach Luzern verkauft werden.

William Le Pogam zeigte auf der linken Seite eine Dynamik, wie man sie bei Aussenverteidigern auch in der Super League selten sieht, und auf rechts kam es unter Trainer Decastel bei Xamax zur Rennaissance des einstigen grossen Talentes Mike Gomes, der unter Experten zum sicherlich unbestrittenen «Flankengott» der Liga avancierte. Mit Thibault Corbaz übernahm beim starken Xamax ein ehemaliger U21-Nationalspieler im Mittelfeld die zentrale Rolle. Der junge Servettien Mirsad Hasanovic überzeugte mit seiner Laufstärke und Kampfgeist.

Ridge Mobulu gehörte zu den Offensivkräften mit der grössten Qualität, war aber genauso wie Lurati und Le Pogam zeitweise verletzt. Moussa Koné schaffte nach längerer Anlaufzeit den Durchbruch und war deutlich konstanter und auch vielseitiger als der Servettien Jean-Pierre Nsamé oder der Xamaxien Gaëtan Karlen. Und der Ur-Zürcher Oliver Buff brachte mit seiner aussergewöhnlichen Technik Glanz und Spektakel in die Liga.

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