Zum letzten Mal Pontaise

Der Spielplan des ersten Saisonviertels 20/21 ist publiziert. Der FCZ beginnt am Samstag 19. September in Bern gegen YB – und spielt in der dritten Runde am 3. Oktober zum letzten Mal auf der Pontaise in Lausanne. Dies wird gleichzeitig das erste Spiel unter dem neuen „Corona-Regime“ (Aufhebung der 1’000er-Grenze) sein, wobei die Details des neuen Regimes von Stadion zu Stadion unterschiedlich sein können. Auf der Pontaise wurde seit 1904 Fussball gespielt. In den Jahren 1950 bis 1952 wurde auf dieser dann das heutige „Stade Olympique“ gebaut, in dem bezeichnenderweise nie Olympische Spiele stattfanden – auch nicht die Olympischen Jugend-Winterspiele im Januar dieses Jahres (mit Eröffnungszeremonie im neuen Eishockey-Tempel des Lausanne Hockey Club). Aber es ist das grösste Stadion in der „Welthauptstadt des Sportes“ in welcher sowohl das Internationale Olympische Komitte, als auch der Internationale Sportgerichtshof ihren Hauptsitz haben. Und es galt zur Zeit seiner Eröffnung als ultra-modern, ja im internationalen Vergleich seiner Zeit weit voraus. Speziell die Dachkonstruktion wurde bewundert. Und Spiele unter Flutlicht waren eine Sensation, was den Lausanner Kickern später den schwärmerisch-poetischen Übernamen „Könige der Nacht“ einbrachte – auch weil sie ihre Heimspiele fast immer gewannen. Dass das Stadion multifunktional war, inklusive Leichtathletikbahn, war damals geradezu das Merkmal aller grossen und wichtigen neuen Stadien ausserhalb Englands. Deshalb nennt man in Referenz zu jener Zeit im französischsprachigen Raum die heute international wieder vorherrschenden reinen Fussballstadien immer noch „stades à l’anglaise“. Das Sportinteresse war damals in den meisten Ländern breiter gefächert als heute, wo sich heute beispielsweise in der Schweiz sehr viel auf Fussball und Eishockey fokussiert.

Das Stade Olympique de la Pontaise hat seine besten Tage gesehen. Hier hat das bis heute torreichste Spiel der WM-Geschichte stattgefunden: Viertelfinal 1954 Schweiz – Österreich 5:7. (Züri Live)

Die Eröffnung des neuerrichteten „Stade de la Tuilière“ hätte bereits im Mai über die Bühne gehen sollen, wurde aber aufgrund des von der Stadt Lausanne verhängten Corona-Baustopps verzögert und findet nun im November statt. Das Projekt eines neuen Fussballstadions war in Lausanne wie vielerorts in der Schweiz nicht eine jahrelange, sondern eine jahrzehntelange Geburt gewesen. Nach langer Planungs- und Entwicklungsgeschichte schien man im Jahr 2009 am Ziel zu sein: in einer Volksabstimmung wurde das Projekt eines eleganten neuen Fussballstadions inklusive Hallenbad im Quartier Près-de-Vidy gutgeheissen. Drei Jahre später begruben nicht Einsprachen oder politische Opposition, sondern die Stadtregierung höchstpersönlich in einer demokratisch fragwürdigen Aktion das Projekt wieder. In der Zwischenzeit hatten sich im Zuge des Generalplanes der Stadtentwicklung unter dem Titel „Métamorphose“ die Prioritäten verschoben. Die besten noch verfügbaren Parzellen der bereits heute viertgrössten Schweizer Stadt sollten alleine für neuen Wohnraum genutzt werden. Dazu gehörten unter anderem Près-de-Vidy und auch das Areal der heutigen Pontaise. Anstatt näher ans Zentrum und an eine attraktive Lage in Nähe zum See und Universitätsquartier zu zügeln, wird der Fussball nun noch weiter nach aussen an die Stadtgrenze direkt neben den kleinen Lausanner Flughafen gedrängt. Das neue Stadion liegt nun praktisch in Le Mont. Für Auswärtsfans ändert sich allerdings nicht viel. ÖV-Benutzer benötigen dank der direkteren Buslinie „21“ vom Bahnhof nur drei Minuten mehr als zuvor zum Stadion. Auch wer mit dem Privatfahrzeug unterwegs ist, nimmt die gleiche Autobahnausfahrt. Und ab dem Jahr 2025 soll man dann sogar mit der neuen Métro-Linie 3 vom Bahnhof zum Match fahren können (sechs Stationen).

Das ursprünglich geplante neue Lausanner Fussballstadion mit Hallenbad in Près-de-Vidy wurde 2009 von der Lausanner Stimmbevölkerung angenommen (ls-athletisme.ch)

607 Plätze sind in der Tuilière (Kapazität rund 12’000) für die Auswärtsfans reserviert. Entworfen worden ist es von den Bieler Architekten Sollberger Bögli. Deren erstes Stadionprojekt war die Gegentribüne auf der Winterthurer Schützenwiese gewesen und sie hatten auch für den Hardturm 2012 am Projektwettbewerb teilgenommen. Aussergewöhnlich ist in Lausanne, dass die Zuschauer über eine der vier Ecken ins Stadioninnere gelangen. Die Verpflegung ist ebenerdig auf den Aussenseiten der Tribünen angeordnet, die vom Gelände rund ums Stadion durch eine etwa 3m hohe Mauer abgetrennt werden. Eine gewisse Kritik erntet in Lausanner Supporterkreisen, dass die im „convivialen“ Waadtland speziell wichtigen Bereiche rund um die beliebten „Buvettes“ relativ starken Wettereinflüssen ausgesetzt sind. Man muss sich vor Augen führen, dass Lausanne eine „Zwei Wetter-Stadt“ ist. Während am See unten auf 370 Metern über Meer bereits der Frühling Einzug hält, kann sich die windige Hochebene von La Blécherette (620m), wo das Stadion steht, noch im Winterkleid präsentieren. Die Begrabung des ursprünglichen Stadionprojektes im meteorologisch deutlich milderen Près-de-Vidy wird die Spielplaner der Swiss Football League sicherlich nicht gefreut haben.

Das Stade de la Tuilière differenziert sich mit seinen Eckeingängen und wird voraussichtlich im November 2020 eröffnet. (lausannelasportive.ch)

Auch aus meteorologischen Gründen wurde nun daher im Juli und August im Tuilière Kunstrasen ausgerollt. Der zweite Grund ist das ebenfalls ins Stocken geratene Projekt eines Trainingszentrums für die 1. Mannschaft von Lausanne-Sport. Zwar wurde bereits vor zwei Jahren für den Juniorenspitzenfussball („Team Vaud“) und zwei Lausanner Quartiervereine als Ersatz für die rund um die Pontaise verloren gegangenen Plätze ein modernes Fussballzentrum direkt neben dem neuen Stadion errichtet und in Betrieb genommen. Ein eigenes Klub-Trainingszentrum für die Profis und weitere Leistungsstufen, wie es in der Schweiz aktuell nur GC und bis zu einem gewissen Grad Servette und Basel haben, ist aber das Ziel der neuen Lausanne-Sport-Besitzer von Ineos. Diese wollten eigentlich Naturrasen im Stadion und die dafür notwendigen Mehrkosten selbst berappen. Nun warten Sie damit zumindest bis das neue Trainingszentrum steht, damit in der Zwischenzeit die Profis auf dem täglich belastbaren Kunstrasen im Stadion selbst trainieren können – analog YB.

Totgesagte leben länger! Das Leben der Pontaise wird nicht nur aufgrund von Bauverzögerungen verlängert. Der Challenge League-Klub Stade Lausanne aus dem Seequartier Ouchy zieht von Vidy über Nyon für die ganze Saison 20/21 weiter ins Stade Olympique. Die von der Stadt Lausanne verlangte Miete wird sich wohl am Status der „Zwischennutzung“ orientieren. Mit Stade Lausanne-Ouchy wird also wohl ein unerwarteter Protagonist die letzten Kapitel der Pontaise schreiben.

Routiniers als Totalausfälle und junge Lichtblicke / Lausanne – FCZ Analysen, Spielinfos

Zum Abschluss des Kalenderjahres erhält die Mannschaft erstmals eine ungenügende Züri Live-Durchschnittsnote von 4,9. Raphael Dwamena, Umaru Bangura und über weite Strecken Victor Palsson waren an diesem Sonntagnachmittag in Lausanne Totalausfälle. Bei diesen drei Spielern fehlte der notwendige Fokus und die Ernsthaftigkeit. Essentielle Laufwege wurden unerklärlicherweise im entscheidenden Moment abgebrochen, der Gegner weniger als nur halbherzig attackiert, im Spiel gegen den Ball kaum mitgeholfen, dazu Nonchalance am Ball, in vielen Szenen sich geistig regelrecht ausgeklinkt, ohne echten Grund lange am Boden liegengeblieben, und so weiter, und so fort… – das «Sündenregister» ist lang.

Die kurz vor Weihnachten plötzlich am Horizont aufgezogene Konfusion war sowohl bei Standards des Gegners, als auch bei eigenen Stehenden Bällen am eklatantesten zu sehen. Der FCZ hatte in Lausanne mehr Ballbesitz als der Gegner, wie so häufig ein klares Plus in der Cornerstatistik, dazu überdurchschnittlich viele Abschlüsse, und eine gute Anzahl von Top-Offensivaktionen und Top-Defensivaktionen. Die eklatanten Nicht-Leistungen von einzelnen Spielern konnte vom Rest des Teams aber nicht kompensiert werden. Dazu kamen die abnehmenden Formkurven von Adrian Winter und Michi Frey. Die linke Seite mit Rasmus Thelander und Roberto Rodriguez war nach vorne sehr bemüht, aber in der Rückwärtsbewegung auch ziemlich anfällig.

Mit Rodriguez auf der linken Seite war der FCZ noch offensiver ausgerichtet als normalerweise. Unter diesen Voraussetzungen war nicht ganz verständlich, warum Thelander, so gut gemeint dies auch jeweils war, zusätzlich viel Risiko nach vorne nahm. Trainer Uli Forte äusserte nach dem Spiel gegenüber Züri Live: «Wenn wir nicht 100% bringen, sind wir Durchschnitt» – wobei «Durchschnitt» noch nett ausgedrückt war. Für die Zweite Halbzeit stellte Forte auf ein 4-4-2 um und wechselte Fabian Rohner für Stephen Odey ein. Der 19-jährige schnelle Offensivmann zeigte auch in seinem zweiten Super League-Einsatz eine hervorragende Leistung und stellte seinen Speed sowohl offensiv wie auch defensiv immer wieder in den Dienst einer in dieser Partie phasenweise auseinanderfallenden Mannschaft, und konnte auf diese Art und Weise mit dem Stopfen von Lücken auf dem ganzen Rasenrechteck, und seinen Offensivaktionen Schlimmeres verhindern helfen.

Gar zu seinem Super League-Début kam der 18-jährige Izer Aliu (bisher eine Challenge League-Partie und zwei Spiele im Schweizer Cup). Es ist sicherlich nicht ein Début, an das sich Aliu gerne erinnern wird, was aber nicht an seiner persönlichen Leistung lag. Im Gegenteil schaltete sich der Mittelfeldspieler ein paar Mal gut in die Angriffe ein und gab dem Spiel mehr Struktur. Ganz am Schluss liess er sich von der Lethargie einiger Mitspieler dann aber auch etwas anstecken. Leider durfte Aliu keinen Standard treten, denn in dieser Disziplin ist er zur Zeit wohl der beste Spieler im Klub.

 

„Ohne Boardingkarte nach Lausanne“: Vorschau zum Final 2017

Lausanne ist das Team in der Super League, welches seine Spielweise mitten in der Vorrunde beinahe um 180 Grad gedreht hat. Nach sechs sieglosen Spielen mit nur zwei Punkten und 16 Gegentoren zum Saisonstart war der 2:1-Auswärtssieg am 9. September in Basel ein Befreiungsschlag. Diesem vorausgegangen war ein Sprung über den eigenen Schatten von Trainer Fabio Celestini – er liess sein zuvor mit viel Risiko nach vorne stürmendes Team nun so tief stehen wie keine andere Mannschaft der Liga – ein Wandel vom einen Extrem ins Andere. Mittlerweile hat gemäss dem Online-Portal sport.ch keine Mannschaft der Liga so viele Punkte nach einem Rückstand geholt, wie Lausanne (15).

Ob gegen YB, Thun, St. Gallen oder Luzern – der FCZ hatte zuletzt immer wieder Probleme mit zu wenig schnellem und konsequentem Umschalten von Offensive auf Defensive bei Ballverlust. Trotzdem konnten in den ersten beiden Partien gegen die Kontermannschaft Lausanne vier Punkte gewonnen werden. Von den letzten 13 Direktbegegnungen haben die Waadtländer gegen den FCZ nur eine gewinnen können. Während die Blau-weissen vom Vierwaldstättersee so etwas wie der Angstgegner des Letzigrund-Teams ist, waren die Blau-weissen vom Lac Léman in den letzten Jahren eher das Gegenteil davon gewesen.

Mit einem Sieg auf der Pontaise könnte das erste Halbjahr zurück in der Super League hervorragend abgeschlossen werden. Optimistisch stimmt die spielerische Steigerung der Mannschaft in den letzten Partien und die Aufwärtstendenz bei Stürmern wie Raphael Dwamena und Stephen Odey. Ausserdem kehrt der aktuell wohl wichtigste Feldspieler, Michael Frey, von seiner Sperre zurück. Dafür fehlt diesmal der in St. Gallen eingewechselte Sangoné Sarr gesperrt, und  Pa Modou ist aus Verletzungsgründen nicht dabei. Pa Modou wurde auf seiner Position im linken Couloir in dieser Vorrunde bei Abwesenheit von Kay Voser oder Cédric Brunner ersetzt, die dritte Option wäre der im Cup in Bassersdorf und Chippis von Beginn weg eingesetzte Maren Haile-Selassie.

Die letzte Direktbegegnung mit Lausanne im Letzigrund ist erst gerade drei Wochen her. «Da haben wir es gut gemacht und Lausanne praktisch über 90 Minuten im Griff gehabt – abgesehen von einem gefährlichen Konter nach einem eigenen Eckball» resümiert Trainer Uli Forte vor dem letzten Spiel des Kalenderjahres gegenüber Züri Live. Sein Team erlebt Forte diese Woche als topmotiviert für den «Rückrundenstart» in Lausanne. «Wir dürfen auf keinen Fall die Koffer gepackt und die Boarding-Karte schon dabei haben, wenn wir nach Lausanne fahren. 28 oder 31 Punkte zur Winterpause macht einen grossen Unterschied».

FCZ wird für Risiko belohnt / FCZ – LS 2:0 Highlights & Spielbericht

Wie nah Freud und Leid, Top und Flop im Fussball beieinander sein können, zeigten zwei Situationen nach FCZ-Eckbällen in der 2. Halbzeit.

1. Situation: In der 60. Minute nahm Kevin Rüegg an der Strafraumgrenze zu viel Risiko und haute am Ball vorbei. Daraus entstand, weil die Waadtländer antizipativ schnell umschalteten, und der FCZ etwas zu wenig abgesichert hatte, ein Lausanner Konter mit einer Vier gegen Eins-Situation. Zum Glück für den FCZ zeigte sich der ballführende Samuele Campo von seiner kompliziert-verspielten Seite. Anstatt einen kurzen einfachen Steilpass auf Toptorschütze Francesco Margiotta zu spielen, der freie Bahn Richtung Tor hatte, spielte der ehemalige Basler den Ball nach rechts aussen. Weil dieser Pass zudem in Schärfe und Richtung auch noch unpräzis war, wurde Adressat Kololli zu weit abgedrängt, was Andris Vanins dank dem Abschluss aus relativ spitzem Winkel eine gute Abwehrchance bot. Nur drei Minuten später bekam Michael Frey im Zusammenspiel mit Sangoné Sarr den Ball auf einer idealen Schussposition aufgelegt, und fackelte nicht lange mit einem präzisen Drehschuss – sechstes Saisontor für den Mittelstürmer.

2. Situation: In der 81. Minute hing der Ausgang der Partie noch einmal an einem seidenen Faden, denn es gab wieder eine für den FCZ heikle Situation bei einem eigenen Eckball. Die Lausanner postierten gleich vier Spieler an der Mittellinie für den anschliessenden möglichen Konter – zu diesen gesellten sich vier Zürcher. Einer dieser vier war Adrian Winter, der nach dem Lausanner Befreiungsschlag entscheiden musste, ob er auf diesen Ball wie der aus dem Strafraum heraneilende Elton Monteiro wirklich sprinten will. Winter hatte den deutlich weiteren Weg, es wurde eng, er kam aber trotzdem zuerst an den Ball – vor allem auch dank seiner Frische als Einwechselspieler. Wäre Monteiro zuerst am Ball gewesen, hätte Lausanne beim Konter wieder eine Überzahlsituation gehabt. So aber hatte Laufduellgewinner Winter Platz und Zeit, um den ebenfalls eingewechselten Alain Nef ausfindig zu machen. Dieser war im Strafraum so unbedrängt wie in dieser Saison noch nie und konnte so die 2:0-Entscheidung mit einem Kopfball in die linke untere Ecke realisieren. Was diese Szene ebenfalls vor Augen führt: der FCZ stellt sich bei einer 1:0-Führung nicht einfach nur hinten rein und begnügt sich mit dem knappsten aller Vorsprünge, sondern nimmt auch ein gewisses Risiko in Kauf, um die Entscheidung herbeizuführen. «La partita è chiusa» sagte denn auch nach diesem zweiten Tor der Tessiner TV-Kommentator.

In der Anfangsphase holte das Team von Trainer Uli Forte über die rechte Seite mit dem schnellen Kevin Rüegg innerhalb von acht Minuten vier Eckbälle heraus. Der FCZ schaffte es aber in den ganzen 45 Minuten trotzdem kaum mal, in gute Abschlussposition zu kommen. Lausanne parkierte Francesco Margiotta allein auf weiter Flur vorne in der Spitze und blieb mit dem Rest der Mannschaft kompakt hinten. Zu Beginn der Saison hatte das noch ganz anders ausgesehen. Lausanne-Sport stürmte und spielte sehr offensiv – und kassierte in fünf Partien 15 Gegentore, holte so nur einen Punkt. Seit der Umstellung auf die defensive Ausrichtung läuft es deutlich besser. Der vor kurzem an das Britisch-Schweizerische Unternehmen INEOS verkaufte Klub gewann seither unter anderem in Basel, gegen YB – und in St. Gallen gleich mit 4:0. Die etwas zufällig nach einer abgefälschten Palsson-Flanke zustandegekommene Dreifachchance für Sarr, Dwamena (Pfostenschuss) und Pa Modou in der 52. Minute war dann aber die Initialzündung für ein etwas offeneres Spiel im «Zweiten Akt» des Fussballabends. Am Ende der Partie hatten die Ligastatistiker inklusive geblockte Abschlüsse 20 FCZ-Torschüsse gezählt – davon acht aufs Lausanner Tor. Noch nie in dieser Saison hatte das Letzigrund-Team bisher mehr zu verzeichnen gehabt – erstaunlich nach einer so chancenarmen Ersten Halbzeit.

FCZ – Lausanne-Sport 2:0 (0:0)

Tore: 63. Frey (Sarr) 1:0, 81. Nef (Winter) 2:0.

FC Zürich: Vanins; Thelander, Bangura, Brunner (72. Nef); Rüegg (64. Winter), Palsson, Sarr, Pa Modou; Dwamena (72. Koné), Frey, Rodriguez.

Lausanne-Sport: Castella; Monteiro, Manière, Rochat (67. Marin); Kololli, Maccoppi, Tejeda (72. Dominguez), Gétaz; Campo, Zarate (83. Zeqiri); Margiotta.

Nef, Sarr und Koné mit am meisten Wirkung nach vorne / Lausanne – FCZ Stats und Spielinfos

Alain Nef und Sangoné Sarr sind an der Mehrzahl der Zürcher Torchancen beteiligt. Es gibt kaum einen Spieler im Team mit konstant guten Leistungen. Der seit Vorbereitungsbeginn mit Abstand konstanteste Mann, Maren Haile-Selassie, kommt noch nicht zu längeren Einsatzzeiten in der Super League. Die meisten anderen Akteure agieren unkonstant entweder im Verlauf der Spieldauer oder in verschiedenen Phasen der noch jungen Saison. Das Letzigrund-Team ist immer noch das Defensiv klar stärkste der Liga. Andris Vanins konnte erst vier Mal bezwungen werden: mit Margiotta und Aleksic waren zwei der besten Scharfschützen der Liga mit Hammerabschlüssen erfolgreich, Tomi Juric traf per Penalty, und nur der Treffer von Matteo Tosetti war für den Lettischen Keeper etwas unglücklich zustande gekommen. Die Defensivleistung ist aber in erster Linie ein Verdienst der ganzen Mannschaft – gerade die vorne und auf den Seiten viel arbeitenden Frey. Winter und mit Abstrichen Pa Modou haben viel dazu beigetragen.

Moussa Koné hätte den Ball bei seiner Grosschance gegen Ende der Partie sicherlich mit dem linken Innenrist spielen sollen. Trotzdem fehlte nicht viel zum 2:1 in dieser Szene. Der junge Senegalese ist zur Zeit in guter Form und bei einem Spieler mit der Kombination Hoher Speed/wenig berauschende (Schuss-)Technik ist völlig normal, dass ein gewisser Prozentsatz an Grosschancen nicht reingeht. Die Frage stellt sich aber, ob Sangoné Sarr seine Distanzschussversuche nicht besser einstellen sollte? Seit Jahren versucht sich der Mittelfeldspieler regelmässig in dieser Disziplin, und seit Jahren fliegen die Bälle weit am Tor vorbei. Mit deutlich mehr Erfolgsaussichten beteiligt sich Sarr jeweils an der Torschussvorbereitung.

Zuversicht überwiegt: Lausanne – FCZ 1:1 Spielbericht & Highlights

Auch wenn es Beobachter gibt, die noch mehr erwartet hatten: nach der  Partie in Lausanne gibt es für den FCZ Grund zur Zuversicht. Moussa Koné bestätigte seine gute Form und seine Fortschritte im spielerischen Bereich. Mit seiner Schnelligkeit ist der Senegalese in die Tiefe kaum zu stoppen – aber auch als Vorbereiter wird er immer mehr zu einem wichtigen Puzzlestück des Dreimannsturmes. Dazu kam Raphael Dwamena in der 2. Halbzeit zu seinem Comeback. Am Ende wirkte der Ghanaer trotz nur 22 Minuten Einsatzzeit ausgepumpt – in der kurzen Zeit hatte aber praktisch jede seiner Aktionen Hand und Fuss gehabt. Der Auftritt erinnerte wieder deutlich mehr ans Derby zum Auftakt der Saison, als an die darauffolgenden eher mässigen Einsätze gegen Thun, Lugano und Sion. Dwamena brachte dem FCZ in der Schlussphase noch einmal Aufwind, und beinahe noch den Sieg, nachdem zwischenzeitlich Lausanne vom Nachlassen des Gastes aus der Limmatstadt profitiert hatte.

Die erste halbe Stunde hatte das Team von Trainer Uli Forte nämlich so souverän gespielt wie bisher noch nie in dieser Saison – speziell Torschütze Roberto Rodriguez fühlte sich in dieser Phase in der viele Lücken aufweisenden gegnerischen Spielhälfte wohl. Die Hereinnahme der lange Zeit für Startelfeinsätze auf diesem Niveau noch nicht ganz bereit gewesenen Skandinavier Rasmus Thelander und Victor Palsson schien sich auszuzahlen. Für Thelander war es das Meisterschaftsdébut. Palsson wurde bisher abgesehen vom Derby in jeder Partie eingesetzt, enttäuschte aber meist. Dies war in Lausanne anders – der Isländer wirkte wacher und handlungsschneller als zuletzt und wurde zum zweiten Mal nach dem Sion-Heimspiel mit einer guten Züri Live-Note bedacht.

Eine Mini-Krise durchlebt zur Zeit hingegen Michi Frey. Haben ihm die Schmähgesänge in Luzern auf den Magen geschlagen? Denn im Anschluss daran gegen St. Gallen, in Bassersdorf und nun in Lausanne wirkte der Berner nicht mehr so fokussiert wie noch in den ersten Saisonwochen. Nicht zufällig war es Frey, der mit einer falschen Entscheidung den 1:1-Ausgleichstreffer Lausannes kurz vor der Pause einleitete. Der in den letzten Wochen stark spielende Cédric Brunner wurde durch die Hereinnahme Thelanders zunächst auf die Bank verwiesen, konnte dann aber nach seiner Einwechslung auf der rechten Seite für den müde gelaufenen Adi Winter hereingekommen Akzente setzen. Der FCZ ist weiterhin besser auf Kurs, als erwartet.

Lausanne – FCZ 1:1 (1:1)

Tore: 13. Rodriguez (Sarr) 0:1, 45. Margiotta (Campo) 1:1.

Lausanne: Castella; Monteiro (73. Marin), Manière, Rochat; Kololli, Tejeda (81. Pasche), Maccoppi, Asllani; Campo (86. Zarate), Geissmann; Margiotta.

FC Zürich: Vanins; Nef, Bangura, Thelander; Winter (79. Brunner), Palsson, Sarr, Pa Modou; Koné, Frey, Rodriguez (68. Dwamena).

 

Die Karriere des anderen Favre aus St.Barthélemy (Le Mont-Serie, Teil 3)

Der dritte und letzte Teil der kleinen Le Mont-Serie ist Anthony Favre gewidmet. Nach der Verletzung von Stammtorhüter Kostadinovic teilt sich bei Le Mont mit Anthony Favre ein weiterer Ex FCZ-ler die Spielzeit zwischen den Pfosten mit dem jungen Namensvetter Anthony Mossi. Ebenfalls Namensvetter, aber bezüglich dem Familiennamen, ist Favre mit dem früheren FCZ-Trainer. Die beiden waren Nachbarn in ihrem Heimatdorf Saint-Barthélemy, wo fast jeder zweite Einwohner «Favre» heisst, und aus welchem auch die ATP Nummer 4 Stan Wawrinka stammt.

Anthony Favre steht im modernen Fussball, der immer stärker von Karriereplanung und Nachwuchsakademien dominiert wird, für eine etwas andere Kategorie von Fussballprofis – für die es notabene auch heute noch Platz gibt. Mit einem Bein im Fussball-Business, mit dem anderen lange Zeit Teilzeit im Büro arbeitend und ständig parallel in der Weiterbildung – immer bereit für den Fall, dass es im Fussball nicht mehr weiter geht. Nun schliesst sich für Favre im Stadion Sous-Ville ein Kreis. Nach dem Début im Profibereich bereits im Oktober 2002 bei Servette (in der 16.Minute nach Notbremse-Rot für Ex FCZ-Keeper Marco Pascolo eingewechselt und in Luzern gleich vier Gegentore kassiert) konnte sich der heute 32-jährige zwei Jahre später mit dem FC Baulmes als Stammtorhüter in der Challenge League beweisen. Vor ihm verteidigte auch damals schon François Marque.

In Erinnerung bleiben wird Favre als Cup-Goalie. Obwohl die ganze Karriere zwischen Challenge League und Super League pendelnd, stand der Waadtländer zwei Mal im Cupfinal!

Und beide Male war er anschliessend mit einem Zweitligisten in der Europa League-Gruppenphase unterwegs. Eine europaweit einmalige Geschichte! Auch auf dem Weg in den Cupfinal 2010 gelang Favre und seinem Team ein erinnerungswürdiger Auswärtssieg im Stade de Suisse. Nachdem auf der Lausanner Pontaise witterungsbedingt nicht gespielt werden konnte, bestimmte der Verband, dass der Viertelfinal gegen YB auf dem Kunstrasen in Bern ausgetragen werden soll. Der Unterklassige gab die Antwort auf dem Platz und siegte gleich mit 4:1.

Sechs Jahre später musste Favre, diesmal mit dem FCZ, nach einer hervorragenden Leistung beim 3:1-Auswärtssieg im Achtelfinal im Stade de Suisse beim Stand von 1:1 in der 74.Minute verletzt ausgewechselt werden.

Favre bestreitet in der Saison 15/16 nicht nur alle Cuppartien, sondern ersetzt den wenig überzeugend agierenden Yanick Brecher gleich zwei Mal für mehrere Wochen als Stammkraft in der Liga. Zwar sieht Favre beim mit 0:5 verlorenen Derby Ende November nicht gut aus, agiert ansonsten aber deutlich sicherer und solider, als sein junger Torhüterkollege. Mit dem Punkteschnitt von Favre (1,14 pro Spiel, hochgerechnet 41, gleich viel wie Thun) wäre der FCZ nicht abgestiegen. Über alle Wettbewerbe hinweg hat Favre mit 1,7 Punkten pro Spiel abgesehen von den beiden nur sporadisch eingesetzten Alesevic und Di Gregorio den besten Punkteschnitt in der Abstiegs- und Cupsiegersaison. 

https://youtu.be/27s90kfR8t4

Neben dem «Cupsieg dihei» 2016 im Letzigrund, an welchem Torhüter Favre wie zwei Jahre zuvor Piu Da Costa grossen Anteil hatte, wird aber sicherlich noch eine weitere Knockout-Partie unvergesslich bleiben. Auch in dieser musste der Waadtländer nach einer guten Leistung verletzt ausgewechselt werden. Es war im August 2010 im Nordosten Moskaus. Favre hatte sich unter anderem zusammen mit den heutigen Winterthurern Silvio, Katz und Avanzini sowie dem aktuellen GC-Stürmer Munsy als Challenge League-ist überraschend ohne Niederlage gegen die Erstligisten Banja Luka und Randers durchgesetzt und stand in der 3.Qualifikationsrunde dem Russischen Spitzenteam Lokomotive Moskau gegenüber. Hinspiel: 1:1 auf der Pontaise.

Im Rückspiel bringt Silvio Lausanne bereits in der 17.Minute in Front. In der 83.Minute nimmt der Ukrainische Supertechniker Aliev Anlauf – der Freistoss wird abgefälscht und landet hinter Favre im Netz. Mehr noch: weil der Schuss abgefälscht wurde, macht Favre eine unglückliche Bewegung und muss ausgewechselt werden. Obwohl Ersatzmann Castejon hypernervös wirkt, schaffen es die Russen weder in der Verlängerung, noch im Penaltyschiessen (einmal Aluminium, einmal darüber), die Oberhand zu gewinnen. Die Sensation ist perfekt! Lausanne, der Schweizer Zweitligist, hat sich für die Europa League-Gruppenphase qualifiziert.

Anthony Favres Vertrag beim FCZ läuft Ende Saison aus, und er überlegt sich, die Goaliehandschuhe möglicherweise an den Nagel zu hängen. Mit 32 Jahren für einen Goalie wäre es relativ früh – sein erster Profi-Einsatz war allerdings bereits vor mehr als 14 Jahren!  Annähernd 300 Wettbewerbsspiele hat Favre in dieser Zeitperiode bestritten, wovon 26 mit dem FC Zürich (15 Siege, 5 Unentschieden, 6 Niederlagen) und sechs gegen den FCZ (0 Siege, 1 Unentschieden, 5 Niederlagen).  So oder so: Bonne Chance, Antho!