Ende Flaute: Boranijasevic effektiv über rechts – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 6

Bei den Standardtoren hat sich der FCZ in allen wesentlichen Diszplinen nochmal deutlich verbessert. Wenn man den Nachschuss von Kramer in Luzern freundlich mitzählt, dann wurden alle Liga-Penaltys aus dem Spiel heraus in dieser Vorrunde verwandelt – was in Testspielen oder im Penaltyschiessen in Yverdon bei weitem nicht immer der Fall war. Phänomenal ist natürlich die Freistossbilanz mit sieben Treffern in einer Halbserie – davon sechs direkt! Aber auch die in der Regel überlegt ausgeführten Eckbälle und Einwürfe waren wichtig. Es gab eine Zeit vor zwei, drei Jahren als weite Einwürfe beim FCZ (Pa Modou) und in der Liga allgemein als gefährliche Offensivwaffe angesehen wurden. Dies hat sich in der Realität aber nicht bewahrheitet. Es gibt auch weltweit kaum Einwerfer, die in dieser Weise in einer gewissen Regelmässigkeit Tore herbeiführen können. Nur weit einwerfen alleine genügt nicht. Da erscheint das unspektakuläre Vorgehen eines Nikola Boranijasevic mit seinem guten Timing effektiver. Es geht dabei ganz simpel darum, den Vorteil des Agierens in den eigenen Reihen zu behalten und vom Einwurf weg mit drei, vier abgesprochenen Spielzügen hintereinander immer einen Schritt schneller als der Gegner zu sein – und so schlussendlich in gute Abschlussposition zu gelangen.

Penaltys: Blaz Kramer erst im Nachschuss

Sechs Penaltys durfte der FCZ im Herbst treten, die Hälfte davon verwandelte Antonio Marchesano souverän. Gnonto traf gegen Solothurn vom Punkt, Ceesay war im letzten Spiel gegen St. Gallen erfolgreich – Kramer traf zu Beginn der Saison im Nachschuss in Luzern und jubelte vor dem gegnerischen Anhang.

Wegen seines verletzungsbedingten Ausfalles in der Mitte der Vorrunde hat Blaz Kramer rechnerisch in jedem fünften Spiel über 90 Minuten einen Penalty getreten und ist damit pro Zeiteinheit häufiger angetreten als Antonio Marchesano.

Coric und Guerrero die ersten unter vielen Standardspezialisten

58% der Eckbälle wurden von Adrian Guerrero getreten. Der Katalane trat diese je nach Variante von beiden Seiten.

Ziehen wir hingegen die Daten für die Anzahl Corner pro 90 Minuten, so steht Rechtsfuss Ante Coric beinahe auf gleiher Höhe mit Guerrero. Wenn der Kroate auf dem Platz stand, war er also einer der beiden hauptsächlichen Verantwortlichen für Eckbälle. Ansonsten übernahmen andere Rechtsfüsser wie Antonio Marchesano (häufig), Moritz Leitner oder Bledian Krasniqi seine Rolle.

Adrian Guerrero ist auch der mit Abstand häufigste Freistossschütze in Strafraumnähe – allerdings mit insgesamt etwas weniger als 50%. Krasniqi trat keinen einzigen solchen Freistoss, dafür waren Blerim Dzemaili und Mirlind Kryeziu ebenfalls für solche Situationen vorgesehen.

Auch bei den Freistössen sind allerdings Guerrero und Coric die Hauptschützen, wobei der Kroate in dieser Disziplin sogar noch etwas mehr Standards pro 90 Minuten augeführt hat, als der Spanier.

Umschaltspiel für einen Grossteil der Freistösse aus gefährlichen Positionen verantwortlich

Penaltys und vor allem zu Toren führende Freistösse sind in dieser Vorrunde überwiegend aus Umschaltsituationen entstanden. Rechnet man diese Treffer mit, dann haben insgesamt auch die FCZ-Tore aus Umschaltsituationen zugenommen. Am stärksten war die Zunahme bei den Kontertoren. Vor allem die Schnelligkeit von Assan Ceesay wurde dabei immer wieder beispielhaft ausgenutzt.

FCZ phasenweise spielbestimmend im Letzigrund

Auffällig die starke Zunahme an Toren aus dem Aufbauspiel gegen einen tief stehenden Gegner. Im ersten Vorrundendrittel erzielte der FCZ allerdings nur gegen Solothurn solche Treffer (gleich fünf an der Zahl). Im zweiten Vorrundendrittel gelangen solche Tore dann aber auch regelmässig in der Liga gegen Servette, Sion (2), GC und Basel (2) – alle im Letzigrund erzielt. Im letzten Vorrundendrittel wiederum erlahmte die Torproduktion aus diesen Spielsituationen heraus. Es kam nur noch indirekt zu einem Torerfolg im Aufbau gegen einen Tief stehenden Gegner beim Penaltytor in Lausanne. Auch gegen hoch stehende Gegner hat der FCZ in dieser Vorrunde aus dem Aufbauspiel mehr Tore erzielt, als in den Halbsaisons davor.

FCZ behebt Offensivflaute über rechts

Während defensiv die linke Zürcher Seite mit null (!) Gegentoren aus dem Aufbauspiel der Gegner brilliert, fällt offensiv der grosse Sprung nach vorne bei den Toren aus dem Spielaufbau über die rechte Seite (mit dem Duo Boranijasevic / Omeragic) ins Auge. Aber auch über links und vor allem durch die Mitte hat die Torproduktion im Aufbauspiel zugenommen. Dazu entstanden beinahe doppelt so viele Treffer wie letzte Saison in einem halben Jahr direkt oder indirekt aus einer Flanke. Auch mit Seitenwechseln vor dem Strafraum wurde vermehrt erfolgreich gearbeitet. Die Anzahl Weitschusstore hingegen blieb auf dem gleichen Niveau.

Beinahe die Hälfte aller Flanken der Vorrunde stammen von den beiden Aussenläufern Guerrero und Boranijasevic. Aber auch Zentrumsspieler wie Marchesano, Ceesay oder Gnonto weichen häufig auf die Seite aus und bereiten eine Strafraumchance für einen Mitspieler vor.

Pro 90 Minuten liegt hingegen Fabian Rohner mit 4,13 Flanken an der Spitze, deutlich vor Guerrero und Boranijasevic. Interessanterweise gibt es nur vier eingesetzte Feldspieler, die in der ganzen Vorrunde keine einzige Flanke von der Seite in den Strafraum gebracht haben: Mirlind Kryeziu, Marc Hornschuh, Stephan Seiler und Rodrigo Pollero.

Tosin baut gerne mit auf

Die Steilpässe sind noch stärker auf verschiedene Spieler verteilt – Antonio Marchesano hat dabei fast einen Viertel der Zürcher Steilzuspiele der Vorrunde gespielt.

Auch bei den Steilpässen pro 90 Minten liegt Marchesano an der Spitze. Danach folgt aber Tosin, der obwohl in erster Linie als Zielspieler stark, sich immer wieder gerne auch am Spielaufbau beteiligt.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Halbzeitanalyse, Teil 2 – Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse

Ceesay defensiv schon vor zwei Jahren mit Quantensprung / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 3

Für welchen Gegner welche Taktik? – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 4

Tosin, Marchesano und Gnonto die Offensivstützen – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 5

Tosin, Marchesano und Gnonto die Offensivstützen – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 5

Nach offensiv gutem Start fiel der Wert der Erwarteten Tore pro Spiel bis zum Auswärtsspiel in Genf (2:1) auf 1,5 Tore pro Spiel zurück. Der FCZ hatte aber in fast der ganzen Vorrunde eine gute Abschlusseffizienz, speziell in dieser Phase mit den zwei 3:3-Unentschieden gegen GC und Basel, sowie dem Sieg in Genf. Danach konnte man sich kontinuierlich wieder bessere Torchancen erarbeiten und erspielen, bis der Wert der Erwarteten Tore Ende der Vorrunde 2 pro Spiel (Gleitender Durchschnitt) erreichte. Am meisten Offensivpunkte holten die Akteure im Cup-Spiel in Yverdon, was allerdings in erster Linie an der verlängerten Spielzeit lag. Gleich in der Partie danach gegen den FCB hatte die Mannschaft dann pro Minute die besten Offensivaktionen.

Tosin, Marchesano und Gnonto offensiv am produktivsten

Antonio Marchesano steht mit 299 nicht überraschend an der Spitze der Offensivpunkte-Rangliste. Sowohl privat wie auf dem Platz versteht dieser sich gut mit dem linken Aussenläufer Adrian Guerrero, der in der Vorrunde offensiv am zweitproduktivsten war, wobei bei ihm die vielen Standards ebenfalls eine Rolle spielen. Assan Ceesay hat als dritter Akteur ebenfalls noch über 200 Offensivpunkte. Zwischen 100 und 200 Punkten liegen Boranijasevic, Doumbia, Gnonto und Kryeziu.

Bezüglich Anzahl Offensivpunkten pro 90 Minuten wird Marchesano von Tosin knapp vom Ersten Platz verdrängt. Der Nigerianer brachte für die Schlussphase der Vorrunde viel Schwung in die Mannschaft. Das gleiche gilt auch für Wilfried Gnonto, der an dritter Stelle liegt. Auch Ante Coric war in seiner Einsatzzeit offensiv im positiven Sinne produktiv. Von den Seitenspielern sind Gogia, Boranijasevic und Rohner nahe beieinander. Im Zentrum liegt Dzemaili vor Leitner und dieser vor Krasniqi, Seiler oder Doumbia. Hornschuhs Fokus liegt jeweils nicht in der Offensive. Von den Innenverteidigern hat Kryeziu mit seinen guten flachen und hohen Spieleröffnungen knapp vor Omeragic am meisten Offensivpunkte pro 90 Minuten.

Abnehmende Offensivproduktivität Kryezius und Alitis im zweiten Teil des Herbstes

Die Stürmer und die Aussenspieler haben sich im Verlauf der Vorrunde offensiv kontinuierlich gesteigert. Die offensive Punktzahl der Innenverteidiger ging hingegen ab Mitte Vorrunde wieder zurück.

Das Spiel mit Ball ist die wohl die grösste Stärke von Yanick Brecher und der Männedorfer hat sich offensiv im Verlauf des Herbstes tendenziell gesteigert auf etwa 2,5 Offensivpunkte pro Spiel.

Dass die Offensivpunkte pro 90 Minuten der Innenverteidiger gegen Ende der Vorrunde wieder zurückgegangen sind, lag an Mirlind Kryeziu und Fidan Aliti. Kein zentraler Back war offensiv so produktiv wie Kryeziu Mitte der Vorrunde. Omeragic blieb hingegen im Herbst offensiv konstant und Kamberi gelang am Ende gegen St. Gallen ein schönes Kopfballtor. Er ist zusammen mit Antonio Marchesano dank Timing und Körperbeherrschung in der Offensive der stärkste Kopfballspieler des Teams. Defensiv hingegen sind Kryeziu (oder auch Ceesay) mit ihrer Körpergrösse in der Luft wichtiger.

Von Kramer kommt offensiv wenig

Bei den Aussenspielern war lange Zeit Adrian Guerrero der Mann mit den meisten Offensivpunkten pro 90 Minuten, aber gegen Ende der Vorrunde drehte Fabian Rohner in dieser Hinsicht auf. Nikola Boranijasevic ist hingegen der Akteur, der das offensive Gespür für die entscheidenden Momente hat.

Blerim Dzemaili wurde ab Mitte Vorrunde langsam ins Team eingebaut. Bei seinen Teileinsatzen zu Beginn hatte er eine hohe Quote an Offensivpunkten pro 90 Minuten. Diese nahm dann mit steigender Länge seiner Einsätze ab, aber er blieb bei den Zentralen Mittelfeldspielern am Ende vorne. Marc Hornschuh hatte hingegen von Anfang an eher wenig Offensivpunkte und zum Ende der Vorrunde gar keine mehr, obwohl er in fast jedem Spiel seinen Teileinsatz hatte. Auch Ousmane Doumbia befindet sich unter den Zentrumsspielern offensiv eher im unteren Bereich. Krasniqi und Leitner hatten eine ähnliche Leistungskurve, Seiler stiess am Ende hinzu.

Antonio Marchesano kann als das offensive Uhrwerk des FCZ mit nur kleinen Schwankungen, die er manchmal auch mal halbzeitweise während einer Partie hatte, bezeichnet werden. Tosin schlug bei seinem ersten Teileinsatz in Genf wie eine Bombe ein. Polleros Kurvenausschlag nach oben in der 16. Runde stammt hingegen von seinem Teileinsatz in der 12. Runde am Schluss der Partie gegen den FCB. Dies war der letzte Vorrundeneinsatz des Uruguayers und daher in der 16. Runde der einzige bewertete Wert aufgrund des 5 Spiele-Gleitenden Durchschnittes. Ähnlich war die Situation vor der Winterpause für Andy Gogia. Auf den letzten Spieltag hin erklomm der sich laufend steigernde Wilfried Gnonto bei den Forwards bezüglich Offensivpunkte pro 90 Minuten die Spitze. Blaz Kramer überraschte vor der Winterpause in defensiver Hinsicht positiv, dafür konnte er offensiv nur wenig bewegen.

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