Schafft der FCZ den Sprung in die nächste Runde? / FCZ – Qarabag Vorschau
Von den ersten drei Wettbewerbspartien der Saison haben die Spieler des FCZ sowohl in der Offensive wie auch in der Defensive gegen Qarabag am meisten gute Aktionen gehabt. In der 2. Halbzeit war in Baku wegen der Müdigkeit von Qarabag der FCZ das optisch dominierende Team. Nach „Expected Goals“ hätte der FCZ die Partie mit 2:1 gewinnen müssen, verlor aber 2:3. Die Mannschaft war fokussiert, konnte aber den vor allem in den ersten 20 Minuten mit viel Energie angreifenden Gegner trotzdem nicht bändigen. Schafft Aussenseiter FC Zürich im Rückspiel den Sprung in die Dritte Runde der Champions League-Qualifikation?
Beeindruckende europäische Bilanz von Qarabag
In den bisherigen drei Champions League-Qualifikationsspielen gegen Lech Poznan und den FC Zürich hat Qarabag mit einer jeweils fast identischen Mannschaft gespielt. Einzig zwischen dem Hin- und Rückspiel gegen den Polnischen Meister hatte Trainer Qurban Qurbanov im Mittelfeld Qarayev und den Portugiesen Leandro Andrade durch den Montenegriner Jankovic und den in Aserbaidschan assimilierten Kroaten Ozobic ersetzt. Immer von Beginn an spielte als dritter zentraler Spieler im Bunde der ebenfalls für Aserbeidschan auflaufende Brasilianer Richard Almeida.
In der heimischen Meisterschaft tritt Qarabag hingegen fast nie in Bestformation an. Die aus dem Ausland stammenden Spieler rotieren und laufen nur in etwa der Hälfte der Partien auf. So kommen die heimischen Talente zu viel Spielzeit in einer Liga, die Qarabaq in den letzten neun Jahren mit einer Ausnahme jeweils mit klarem Vorsprung gewonnen hat – üblicherweise vor dem Konkurrenten Neftchi Baku. Letztendlich ist der Kräftehaushalt und das Teambuilding ganz auf die internationalen Qualifikationsspiele im Sommer ausgerichtet. Und in den europäischen Wettbewerben hat der Klub aus dem mittelgrossen Land am Kaspischen Meer (Fläche und Einwohnerzahl vergleichbar mit Österreich) grosse Erfolge feiern dürfen. Seit 2009 hat man Jahr für Jahr immer mindestens zwei Gegner aus dem Wettbewerb geworfen und seit 2014 ununterbrochen immer eine Gruppenphase erreicht.
Trainerlegende Qurban Qurbanov: 25 Jahre nach der „DeBaku“-Revanche wieder in Zürich
Die Erfolge sind eng verknüpft mit dem 50-jährigen Einheimischen Qurban Qurbanov, einem der amtsältesten Trainer im europäischen Fussball. Qurbanov stand beim legendären „DeBaku“ der Schweiz 1996 gegen das Team von Neo-Nationalcoach Rolf Fringer auf dem Platz (1:0-Sieg Aserbeidschans) und ein Jahr später dann auch bei der Revanche im Hardturm (5:0 für die Schweiz, drei Tore von Kubilay Türkyilmaz). Von daher stammt wohl auch etwas die Verwunderung bei den Gästen über den Spielort Letzigrund und die anfänglichen Verwechslungen des FCZ mit GC bei deren Fans, die zuhause in zwei Lager gespalten die Mannschaft aus zwei unterschiedlichen Fansektoren anfeuern und sich dabei gegenseitig konkurrenzieren.
Nach 14 Toren in 68 Länderspielen und einer Klubkarriere in Aserbaidschan, Georgien sowie in der Zweiten und Ersten Russischen Liga machte Qurbanov als 34-jähriger bei Neftchi Baku den direkten Schritt vom Spieler zum Trainer. Zwei Jahre später, 2008, kam er als neuer Coach zu Qarabaq, qualifizierte sich mit der zuvor jahrelang wenig erfolgreichen Mannschaft gleich im ersten Jahr für den Europacup – und damit begann die oben beschriebene erfolgreiche internationale Geschichte des Vereins. Nun bereits 14 Jahre im Amt, ist der aktuelle Vertrag Qurbanovs bis 2025 datiert.
Qarabag: taktisch flexibel, aber auch mit Einschränkungen
In Zürich wird Qurbanov von einem Heer an Staff-Mitgliedern begleitet und unterstützt, welches eine ähnliche Grösse wie das Spielerkader selbst annimmt. Im Verlauf des laufenden Wettbewerbes haben sich Qurbanov und sein Staff taktisch gewieft und anpassungsfähig gezeigt. Nachdem die Aseris von Lech Poznan in Polen ausgekontert worden waren, wurden zwei Umstellungen getätigt und im Rückspiel der polnische Meister von Beginn weg mit einem intensiven Gegenpressing unter Druck gesetzt. In beiden Partien liess Qurbanov seine Mannschaft über die Seiten angreifen: im Hinspiel war der Linke Flügel Zoubir am auffälligsten, im Rückspiel der Rechte Flügel Kady. Gegen den FCZ wählte Qurbanov hingegen eine taktische Marschroute mit Angriffen durch die Mitte, womit Mittelstürmer Wadji (zwei Tore) eine Schlüsselrolle zukam. Zudem passte sich Qurbanov relativ schnell an den Wechsel des FCZ zur Pause von Manndeckung auf Raumdeckung an und zog Schlüsselspieler Kady vom Flügel ins Zentrum, von wo der Brasilianer zwischen den Zürcher Linien mit einer Klasseaktion das 3:1 vorbereitete.
Bei der Pressekonferenz vor dem Rückspiel im Letzigrund ist Qurbanov zuversichtlich, dass seine Mannschaft hier die Qualifikation für die nächste Runde klar machen wird – und zwar schon nach 90 Minuten. Er sieht den Vorsprung von einem Tor als grossen Vorteil für sein Team zu Beginn der Partie. Sein Gegner ist gezwungen, etwas zu kreieren. Zwei Stunden davor im Presseraum des Heerenschürlis hatte Franco Foda gemahnt, dass man nicht gleich zu Beginn in Führung gehen und ins offene Messer laufen muss.
Qurbanov hat seinem eigenen Vernehmen nach nicht vor, personell Wesentliches an seiner Mannschaft zu ändern. Taktisch hingegen sind beide Coaches und Teams sehr variabel. Ein sich nur hinten hineinstellendes und auf Konter lauerndes Qarabaq kann man sich allerdings nicht vorstellen. Dies auch weil das Verteidigen von Flanken und Standards eher ein Schwachpunkt der Mannschaft ist. Sie scheinen fast dazu gezwungen zu sein, das Spiel zu dominieren und mit Gegenpressing den Gegner an der Lancierung von Konterangriffen zu hindern. Angesprochen auf den Vergleich zum letzten Jahr mit den Duellen gegen den FC Basel meinte Qurbanov, dass die Champions League (-Qualifikation) eine andere Liga sei als damals die Conference League, und deshalb auch der Gegner besser. Da war es dann doch wieder: das übliche Grossreden des Gegners im Vorfeld solcher Begegnungen.
Mets oder Aliti, Rohner oder Okita, 3-er oder 4-er Abwehr, Mann- oder Raumdeckung?
Der FC Zürich muss wohl auf Blerim Dzemaili verzichten, der im Hinspiel eine ungenügende Züri Live-Note hatte, als Einwechselspieler gegen das im Vergleich zu Qarabag schwächere Luzern dann aber MVP war. Die gegen Luzern geschonten Kryeziu und Aliti könnten wieder in die Startformation zurückkehren. Mets wurde defensiv gegen Luzern weit weniger gefordert, als Aliti zuvor in Aserbeidschan, und sah trotzdem in der potentiell entscheidenden Szene („hundertprozentige“ Torchance Ardaiz) mit seinem verlorenen Kopfballduell im Mittelfeld nicht gut aus. Mets ist im Antritt nicht schneller als Aliti, auf weitere Distanzen im Rückwärtssprinten allerdings schon. Ausserdem spricht für Mets, dass er bei Offensivstandards gefährlicher ist, was aufgrund der Schwäche von Qarabag in solchen Situationen ein entscheidender Faktor werden könnte. Aliti ist dafür im Passspiel präziser. Im Sturm könnte Trainer Foda wie in Baku erneut auf das schnelle Duo Rohner / Gnonto setzen. Okita ist ebenfalls eine Option, wohl noch vor dem weiterhin formschwachen Tosin. Santini und Selnaes sind vermutlich noch nicht bereit, um 60 und mehr Minuten auf diesem Niveau zu spielen. Trainer Foda bedauert in dieser Hinsicht, dass zur Zeit keine Testspiele möglich seien, wo man solche Spieler bedenkenlos mal 90 Minuten laufen lassen könnte.
Umfrage: schafft der FCZ den Sprung in die 3. Runde Champions League?
Aktuell sind 20 Mannschaften in der 2. Runde des „Champions-Weges“ der Champions League engagiert. Vier dieser zwanzig Mannschaften sind die möglichen Gegner des FC Zürich in der 3. Runde. Bei einem Weiterkommen gegen Qarabag würde man nächste Woche Dienstags oder Mittwochs zuhause in der nächsten Champions League-Runde gegen den Sieger des Duells Slovan Bratislava – Ferencvaros antreten. Bei einer Niederlage würde in der 3. Runde der Europa League-Qualifikation zuerst auswärts der Verlierer der Begegnung Bodö/Glimt – Linfield warten. Das Resultat von Bodö/Glimt – Linfield wird in der Pause (oder bei Verlängerung / Penaltyschiessen im Verlauf der 2. Halbzeit) der Partie FCZ – Qarabag feststehen. Slovan – Ferencvaros wird später am Abend gespielt. Spannend ist, dass in beiden Duellen die Aussenseiter Linfield und Slovan im Hinspiel mit einem knappen Sieg vorgelegt haben.