Zuversicht überwiegt: Lausanne – FCZ 1:1 Spielbericht & Highlights

Auch wenn es Beobachter gibt, die noch mehr erwartet hatten: nach der  Partie in Lausanne gibt es für den FCZ Grund zur Zuversicht. Moussa Koné bestätigte seine gute Form und seine Fortschritte im spielerischen Bereich. Mit seiner Schnelligkeit ist der Senegalese in die Tiefe kaum zu stoppen – aber auch als Vorbereiter wird er immer mehr zu einem wichtigen Puzzlestück des Dreimannsturmes. Dazu kam Raphael Dwamena in der 2. Halbzeit zu seinem Comeback. Am Ende wirkte der Ghanaer trotz nur 22 Minuten Einsatzzeit ausgepumpt – in der kurzen Zeit hatte aber praktisch jede seiner Aktionen Hand und Fuss gehabt. Der Auftritt erinnerte wieder deutlich mehr ans Derby zum Auftakt der Saison, als an die darauffolgenden eher mässigen Einsätze gegen Thun, Lugano und Sion. Dwamena brachte dem FCZ in der Schlussphase noch einmal Aufwind, und beinahe noch den Sieg, nachdem zwischenzeitlich Lausanne vom Nachlassen des Gastes aus der Limmatstadt profitiert hatte.

Die erste halbe Stunde hatte das Team von Trainer Uli Forte nämlich so souverän gespielt wie bisher noch nie in dieser Saison – speziell Torschütze Roberto Rodriguez fühlte sich in dieser Phase in der viele Lücken aufweisenden gegnerischen Spielhälfte wohl. Die Hereinnahme der lange Zeit für Startelfeinsätze auf diesem Niveau noch nicht ganz bereit gewesenen Skandinavier Rasmus Thelander und Victor Palsson schien sich auszuzahlen. Für Thelander war es das Meisterschaftsdébut. Palsson wurde bisher abgesehen vom Derby in jeder Partie eingesetzt, enttäuschte aber meist. Dies war in Lausanne anders – der Isländer wirkte wacher und handlungsschneller als zuletzt und wurde zum zweiten Mal nach dem Sion-Heimspiel mit einer guten Züri Live-Note bedacht.

Eine Mini-Krise durchlebt zur Zeit hingegen Michi Frey. Haben ihm die Schmähgesänge in Luzern auf den Magen geschlagen? Denn im Anschluss daran gegen St. Gallen, in Bassersdorf und nun in Lausanne wirkte der Berner nicht mehr so fokussiert wie noch in den ersten Saisonwochen. Nicht zufällig war es Frey, der mit einer falschen Entscheidung den 1:1-Ausgleichstreffer Lausannes kurz vor der Pause einleitete. Der in den letzten Wochen stark spielende Cédric Brunner wurde durch die Hereinnahme Thelanders zunächst auf die Bank verwiesen, konnte dann aber nach seiner Einwechslung auf der rechten Seite für den müde gelaufenen Adi Winter hereingekommen Akzente setzen. Der FCZ ist weiterhin besser auf Kurs, als erwartet.

Lausanne – FCZ 1:1 (1:1)

Tore: 13. Rodriguez (Sarr) 0:1, 45. Margiotta (Campo) 1:1.

Lausanne: Castella; Monteiro (73. Marin), Manière, Rochat; Kololli, Tejeda (81. Pasche), Maccoppi, Asllani; Campo (86. Zarate), Geissmann; Margiotta.

FC Zürich: Vanins; Nef, Bangura, Thelander; Winter (79. Brunner), Palsson, Sarr, Pa Modou; Koné, Frey, Rodriguez (68. Dwamena).

 

Solides Thelander-Début / «Brünnäär» immer wichtiger / Problemfall Maouche / Bassersdorf – FCZ Stats und Spielinfos

Rasmus Thelander kommt zu seinem FCZ-Pflichtspieldébut und spielt eine solide, schnörkellose und praktisch fehlerlose Partie. Eine gute Leistung der Dreierabwehr ist gegen die Bassersdorfer vonnöten. Denn der Gegner hat auf den Cup-Match hin viele kreative Spielkombinationen in der Offensive einstudiert. Schon seit ein paar Wochen eine Bank in der Abwehrkette ist Cédric Brunner. Nach einer guten Vorrunde hatte der Zürcher in der Rückrunde der letzten Saison eine lange Formkrise durchlebt. Auch die Vorbereitung auf die neue Saison gestaltete sich eher durchzogen. In seiner Rolle auf halblinks oder halbrechts in der Dreierabwehr fühlt sich der von osteuropäischen und türkischen TV-Kommentatoren konsequent pseudo-französisch «Brünnäär» genannte Defensivakteur nun aber immer besser Zuhause. Ohne seine guten Antizipationen hätte der FCZ auch in Bassersdorf nochmal ins Zittern geraten können, und seine zuverlässige und schnörkellose Spieleröffnung über die rechte Seite war wichtig fürs Zürcher Offensivspiel.

Deshalb ist Brunner für Züri Live der MVP des Cup-Sechzehntelfinals. Der als Captain auflaufende Yanick Brecher hatte dadurch nicht allzu viel Arbeit, war aber in einer Szene trotzdem aufmerksam und schnell auf den Beinen, als er vor dem eigenen Strafraum einen schnell vorgetragenen Konter neutralisieren konnte. Der Letzigrund-Club war in Bassersdorf sowohl offensiv wie auch defensiv im Backfield am stärksten. Ausserdem war man über die Seiten deutlich überzeugender, als in der Mitte. Insgesamt schlug das Forte-Team 34 Flanken in oder vor den Bassersdorfer Strafraum – Rekord seit diese Werte von Züri Live gemessen werden!

Auch die 15 Hereingaben von Fabian Rohner sind ein Flanken-Rekord in der Einzelwertung. Rohner könnte mit seiner Schnelligkeit auch in der Super League sowohl Offensiv wie auch Defensiv für die FCZ-Teamperformance ein Gewinn sein. Noch wartet Rohner (seit Januar Profi) aber auf seinen ersten Super League-Einsatz. Maren Haile-Selassie konnte sich auf einer der drei Stürmerpositionen vor allem in der 1. Halbzeit ein paar Mal gut in Szene setzen. Der hinter ihm spielende Kay Voser zog allerdings häufig relativ früh in die Mitte und flankte aus dieser Position. Nicht empfehlen konnte sich hingegen erneut das Trio Cavusevic / Palsson / Maouche. Gelangen Dzengis Cavusevic in Chippis noch fünf Tore, konnte der Slowene diesmal kein Bein vors andere bekommen – ähnlich wie bei seinem Halbzeiteinsatz in Luzern. Schon letzte Saison wies «Dzenga» grosse Leistungsunsterschiede zwischen seinen guten und schlechten Saisonphasen aus. Schon eine einzelne gelungene oder missglückte Aktion kann bei ihm einen Umschwung in die eine oder andere Richtung auslösen.

Victor Palsson gelangen in Bassersdorf zwei, drei gute Aktionen. Auf der anderen Seite unterliefen ihm aber auch gleich sieben gröbere Schnitzer, wovon der eine oder andere zu einer Torchance Bassersdorfs führte. Der schwerste Fall ist aber weiterhin Yassin Maouche. Alles am Mittelfeldspieler erinnert an seinen Genfer Vorgänger Maxime Dominguez: gewisse technische Fähigkeiten und zeitweise regelmässige Einsätze in der 1. Mannschaft von Servette führen zu Selbstüberschätzung. Die Selbstüberschätzung führt zu fehlender Einsicht in vorhandene Defizite, unsolidarischem Verhalten in der Mannschaft und Streit mit dem Klub. Es folgt der Wechsel zum FC Zürich, wo der junge Spieler zeigen will, dass er bei seinem Stammklub zu Unrecht nicht auf den Sockel gehoben worden ist. Beim FCZ ist der Sprung ins Team dann aber schwieriger, als vom Spieler und seinem Umfeld vermutet – wegen den bereits von den Servette-Verantwortlichen angesprochenen Defiziten: Schnelligkeit, Konstanz, Geduld, Robustheit, Zweikampfverhalten, Arbeit fürs Team.

 

Nach Dwamena-Abgang: wie spielt der FCZ?

Nach dem wahrscheinlichen Dwamena-Abgang und vor dem interessanten Auswärtsspiel in Luzern ist ein guter Zeitpunkt für eine Standortbestimmung zur FCZ-Aufstellung. Neuverpflichtung Rasmus Thelander konnte gegen YB wegen fehlender Spielbewilligung noch nicht eingesetzt werden. Der Däne hat aber sowieso noch ein wenig Trainingsrückstand, weil er während der Transfergeschichte zwischendurch 10 Tage „verloren“ hat. Die beste Position für Thelander in der Dreierabwehr sieht Uli Forte auf halbrechts, wo bisher meist Alain Nef spielte, da Thelander ebenfalls Stärken in der Vorwärtsbewegung hat.  Er kann aber auch auf den anderen Abwehrpositionen eingesetzt werden. Nef zeigt sich wie schon in den letzten Jahren als kaum verzichtbarer Bestandteil der Mannschaft. Die Leistungen von Umaru Bangura, der in seiner Anfangszeit in Norwegen im Zentralen Mittelfeld eingesetzt wurde, sind eher etwas schwankend.

Denkbar ist sicherlich eine Abwehr, in der alle drei Routiniers auflaufen. Auf der (halb-)linken Seite haben aber grundsätzlich die beiden verletzungsgeplagten jungen Alesevic und Kryeziu den Vorteil, dass sie Linksfüsser sind. Gegen YB hat auf dieser Position ausserdem Cédric Brunner wie schon gegen Sion eine solide Leistung gezeigt. Da weder Sarr, noch Palsson oder Maouche bisher überzeugen konnten, ist es gut möglich, dass der wiedergenesene Antonio Marchesano wieder relativ zügig den Weg zurück in die Startformation findet. Der Tessiner war zum Ende der letzten Rückrunde gerade zu Bestform aufgelaufen gewesen, bevor er sich in der Vorbereitung im Testspiel gegen Thun verletzte. Marchesano bringt in der Offensive in der Ballverteilung und bei Standards grosse Qualitäten mit, steht er auf dem Platz, fallen in der Regel aber auch mehr Gegentore, da das Mittelfeld meist deutlich weniger dichtgehalten werden kann, auch wenn sich Marchesano zuletzt im Frühling in dieser Hinsicht leicht verbessert gezeigt hat.

Da die Defensive Phase mit nur einem Gegentor in fünf Meisterschaftspartien bisher hauptsächlich verantwortlich für die aktuelle Tabellenführung war, wäre ein Einsatz von „Toni“ also auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Dass der FCZ bisher vorwiegend im 3-4-3 gespielt hat, hing durchaus auch mit der Personalie Dwamena zusammen. Vor Saisonbeginn suchte Uli Forte nach einem System, welches sowohl offensiv wie auch defensiv mit dem Trio Dwamena, Frey und Koné funktioniert. Das System funktioniert allerdings auch ohne den Ghanaer sehr gut, denn die schnellen Rohner und Haile-Selassie haben gezeigt, dass sie für die Super League bereit sind. Bezüglich Speed stehen sie den jungen Westafrikanern in nichts nach, und sind zudem in der Rückwärtsbewegung eher stärker. Mittel- bis langfristig liegt die Hoffnung natürlich auch auf der Rückkehr von Schönbi, für den ein 3-4-3 in der Rolle als linker Flügelstürmer wie geschaffen ist.

Auch im 4-4-2/4-2-3-1 kann man sich die aktuelle Mannschaft gut vorstellen. Ob in dieser Transferperiode noch ein neuer Offensivmann dazukommen wird, ist noch nicht entschieden. Mindestens kurz- bis mittelfristig könnten ein Koné, ein Rodriguez, ein Haile-Selassie oder Rohner durch den Dwamena-Abgang zu zusätzlicher Spielzeit kommen. Und ein kleines Kader, in welchem jeder Spieler, auch die Jungen, grosse Chancen auf Einsätze hat, soll sich ja jeweils auch positiv auf den Teamgeist auswirken. Kilian Pagliuca konnte sich bisher in der Zweiten Mannschaft nicht fürs Fanionteam empfehlen. Da scheint bei Abwesenheiten anderer Akteure eine überraschende Nomination des abschlussstarken Lavdim Zumberi (17) in der Offensivreihe aktuell fast wahrscheinlicher.

 

Moussa Koné wie „Flasche leer“ / FCZ – YB Stats und Spielinfos

YB-Trainer Adi Hütter brachte mit Djibril Sow („Speziell, gegen die Südkurve zu spielen, wenn man früher selber drin stand“) und Christian Fassnacht beide Spieler aus der FCZ Academy, und dazu die beiden Ex FCZ-ler Steve Von Bergen und Loris Benito in der Startformation. In diesem kampfbetonten Spitzenspiel gab der FCZ in der 1. Halbzeit den Takt vor und hatte insgesamt deutlich mehr Top-Defensivaktionen, als Top-Offensivaktionen. Im Angriffsdrittel hatte der FCZ nicht viele gute Szenen, weder Defensiv noch Offensiv, was in erster Linie daran lag, dass die Stürmer, speziell Michi Frey, viel im Mittelfeld und teilweise gar im Backfield aushalfen bzw. aushelfen mussten.

Sangoné Sarr schafft es leider seit Monaten nicht, seine Fehlpassquote nachhaltig zu senken. Dies ist ein wesentliches Problem für das ganze Team. Mit einer besseren Passquote von Sarr oder Palsson wären drei Punkte möglich gewesen – so aber kam der FCZ in der Zweiten Halbzeit zu stark unter Druck. Roberto Rodriguez zeigt weiter aufsteigende Form – seltsam ist nur, dass ausgerechnet er, der nicht unbedingt der schnellste Offensivmann im Team ist, so häufig steil in die Tiefe geschickt wird.

Der zu Saisonbeginn nicht wirklich überzeugende Cédric Brunner zeigte auf halblinks in der Abwehr seine bisher mit Abstand beste Saisonleistung (inklusive Testspiele). Es scheint die Position zu sein, wo er sich zur Zeit am wohlsten fühlt. Weiterhin unsicher wirkte Neuverpflichtung Victor Palsson, zumal er zusätzlich wegen den Ausfällen von Bangura und Alesevic (in Chippis leicht am Knie verletzt zur Pause ausgewechselt) sowie der fehlenden Spielberechtigung Thelanders im Abwehrzentrum aushelfen musste. Erfreulich war, Antonio Marchesano wieder auf der Ersatzbank zu sehen. Sein erster Saisoneinsatz in einem Wettbewerbsspiel scheint nicht mehr weit entfernt zu sein.

Eine totale Enttäuschung war der eingewechselte Moussa Koné – wie „Flasche leer“, eine Nichtleistung, für die es nur die Tiefstnote „1“ geben kann. Trainer Forte war so erbost und erschrocken ob dem Bärendienst, welcher Koné dem Team nach der Auswechslung von Rodriguez erwies, dass er sich nicht mehr zu getrauen schien, weitere Spieler einzuwechseln. Der schon bereitstehende Cavusevic musste wieder zurück auf die Bank. Dass Forte nicht das volle Wechselkontigent ausschöpft, ist äusserst selten.

 

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