Das Interesse am Champions League-Achtelfinal ist in Lyon bescheiden. Gut gezählte 500 Fans kommen im weitläufigen neuen Parc Olympique Lyonnais (Kapazität: 60’000) im Vorort Décines zum Spiel. Die nicht-klubeigenen Journalisten lassen sich an einer Hand abzählen. Dabei buttert Olympique Lyonnais mit dem am Spiel anwesenden Präsidenten Jean-Michel Aulas enorme Mittel in das Frauenteam.
OL-TV fährt rund um das Spiel eine rund vierstündige Live-Sendung mit Bildern aus den letzten Spielen des eigenen Teams und des Gegners, Analysen und unzähligen Live-Interviews. Ein Live-DJ und verschiedene Animateure versuchen das spärliche Publikum in Stimmung zu bringen. Hunderte von Stewards, Parkplatzeinweiser, Türsteher, Securities, Fanshop-Angestellte und Liftboys (!) kümmern sich und kontrollieren die paar wenigen Fans und Journalisten.
Die besten Spielerinnen bei Lyon, alle zur Weltklasse gehörend, verdienen über 10’000 Euro im Monat netto plus Prämien. In Europa gibt es nur ganz wenige Frauenteams in Frankreich, Deutschland und England, die sich in einem vergleichbaren Bereich bewegen. In allen Fällen können sie ihr Budget aber nicht selbst erarbeiten, sondern werden vom Männerteam (oder einem reichen Mäzen) unterstützt und querfinanziert. Die Eintrittsbillete zu den Frauenspielen sind auch in Lyon sehr günstig zu erwerben, damit nicht noch weniger Zuschauer kommen. Nochmal etwas andere Dimensionen herrschen in Nordamerika. Lyon-Präsident Aulas wirbt bisher vergeblich über Twitter (!) um seine Lieblingsspielerin Alex Morgan, für die er brutto pro Jahr wohl über eine Million Euro aufwerfen müsste. Ein Problem ist dabei allerdings auch, dass der in der MLS engagierte Ehemann Morgans (Ex-Teamkollege Adrian Winters bei Orlando City) in Frankreich wohl nur in der dritthöchsten Liga einen Platz finden würde.
Aus Nordamerika den Sprung nach Zürich gemacht hat die junge Kanadierin Adriana Leon, die nach der Partie zusammen mit Barla Deplazes, genauso wie Trainer Dorjee Tsawa Züri Live Red und Antwort steht. Die Enttäuschung über die klare 0:8-Niederlage ist gross. Man hat sich trotz der eindeutigen Vorzeichen insgeheim mehr erhofft. Die Zürcherinnen kamen zu keinem einzigen Abschluss. Bei der Auslösung der Konter fehlte häufig die Präzision und Übersicht, es wurden technische Kabinettstückchen versucht, anstatt die einfachste und zielgerichtetste Variante zu wählen, und taktische Fouls der Französinnen wurden von Schiedsrichterin Azzopardi aus Malta kaum geahndet. Zudem sicherten Lyons Defensivspielerinnen die den Ball attackierende Spielerin immer sehr gut ab, und hatten mit der einmal mehr jeweils sehr gut antizipierenden Wendie Renard im Zentrum eine «Lebensversicherung» immer zur Stelle.
Nachdem der FCZ im ersten Viertel der Partie das 0:0 noch hatte halten können, läutete das 1:0 von Eugénie Le Sommer nach einem Fehler von Lesley Ramseier aus Zürcher Sicht unheilvolle 20 Minuten ein, in welchen Lyon sechs Tore erzielen konnte. Das Zürcher Mittelfeld (Durchschnittsalter: 18 Jahre!) agierte in einigen Situationen «zu naiv», wie auch Französische Beobachter der Partie feststellten. Zudem hatten die Zürcherinnen bei Flanken von Dzsenifer Marozsan in der Luft keine Chance gegen Ada Hegerberg oder Griedge M’Bock. Marozsan ist mit Abily, Schelin und Kumagai eine von gleich vier Lyon-Akteurinnen auf der Liste der 10 Spielerinnen, die für die Wahl als „FIFA Weltfussballerin des Jahres 2016“ stehen. Die einheimischen Fans und Journalisten waren sich aber einig, dass die FCZ Frauen nicht schlechter waren, als Sechzehntelfinal-Gegner Avaldsnes aus Norwegen, oder die Gegnerinnen in der Französischen Liga, wo Lyon pro Spiel beinahe 7 Tore im Durchschnitt erzielt.
In der 2.Halbzeit liessen die Französinnen wie üblich kräftemässig und bezüglich Präzision etwas nach. Dazu stand das Team von Trainer Dorjee Tsawa noch etwas tiefer und die eingewechselten Julia Stierli und Patricia Willi gaben dem Team zusätzliche Stabilität und Luft zum Atmen. Es war deshalb kein Zufall, dass es die eingewechselten Tarrieu (mit einen schönen Hockeckschuss aus der Distanz) und Lavogez waren, die erst in den Schlussminuten der Partie noch je ein Tor zum 8:0 nachlegen konnten. Team-Captain Fabienne Humm war trotz Verletzung nach Lyon mitgereist, wird aber auch im Rückspiel im Letzigrund ausfallen. Das letztjährige offensive „Duo Infernale“ Humm/Terchoun (letztere nach Kreuzbandriss auf dem Weg zurück) fehlt der Mannschaft im Spiel nach vorne.
Olympique Lyonnais – FC Zürich Frauen 8:0 (6:0)
Tore: 22. Le Sommer (Hegerberg) 1:0, 26. M’Bock (Marozsan) 2:0, 29. Hegerberg (Abily) 3:0, 31. Hegerberg (Majri) 4:0, 35. Le Sommer (Hegerberg) 5:0, 41. Hegerberg (Majri) 6:0, 90. Tarrieu (Hegerberg) 7:0, 90+3. Lavogez (Abily) 8:0
FC Zürich Frauen: Studer; Mégroz (79. Bernet), Gensetter, Mauron, Fischer, Kuster; Gut, Ramseier (63. Stierli), Deplazes (66. Willi); Leon, Franssi.
Olympique Lyonnais: Bouhaddi; Houard, M’Bock, Renard, Majri; Bremer (71. Tarrieu), Seger, Abily, Marozsan (46. Kumagai); Le Sommer (57. Lavogez), Hegerberg.