Zuschauerrekord? Mehr Ballbesitz? Di Giusto in der Startelf? / FCZ – YB VORSCHAU

Der FCZ empfängt den Leader aus der Bundesstadt (einseitige Selbstbezeichnung seit neuestem: „Hauptstadt“) zu einem Duell zweier Mannschaften, denen das Toreschiessen schwer fällt. Dem FCZ noch mehr als YB. Er hat mit einem Team, dessen individuelle Qualitäten am besten für Konterspiel geeignet sind, nicht überraschend Probleme, mit viel Ballbesitz im Spielaufbau die benötigten Tore zu realisieren. Der Einsatz, Wille und die Laufbereitschaft der Spieler ist top – daran liegt es nicht. Die möglichst rasche und radikale Umsetzung der Ideologie hat aktuell aber wieder einmal Vorrang gegenüber dem Resultat. Natürlich will man trotzdem immer gewinnen. Die Frage ist aber, wenn es hart auf hart kommt: was hat faktisch Priorität?

FCZ in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren mit grosser Strahlkraft in Bern

Gespannt darf man auf den Zuschauerzuspruch sein. Beim 3:1 im November gab es im Letzigrund mit 19’285 die zweithöchste Zuschauerzahl eines Heimspiels gegen YB. Nur im Oktober 1960 kamen einmal noch mehr. Nicht zufällig gab es damals zum bisher einzigen Mal mehr als 20’000 Zuschauer gegen YB. Dies ereignete sich am Ende der ersten grossen Zeit der Berner in den 50er-Jahren. Gleichzeitig war der FCZ zu jener Zeit im Aufschwung und startete seine erste grosse erfolgreiche Ära der 60er- und 70er-Jahre. Ab Mitte der 80er- bis Ende der 00er-Jahre waren Heimspiele gegen YB dann aber während rund 25 Jahren im Vergleich mit Heimspielen gegen andere Gegner konstant unterdurchschnittlich besucht. Ab der Ära Petkovic und speziell seit dem Beginn der zweiten grossen Blütezeit der Gelb-Schwarzen hat sich dies wieder geändert.

Auch der FCZ zieht in Bern überdurchschnittlich viele Zuschauer an. Allerdings ist beides nicht zu vergleichen mit der sehr grossen Strahlkraft, die der FC Zürich in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren in Bern gehabt hat. Dort kamen in diesen drei Jahrzehnten in Partien gegen den FCZ lange Zeit doppelt so viele oder annähernd doppelt so viele Zuschauer ins Wankdorf, als sonst im Schnitt. Der Gesamtzuschauerschnitt von YB und FCZ bewegte sich über die Jahrzehnte hinweg hingegen auf einem ähnlichen Level, häufig nur mit ein paar hundert Nasen Unterschied. YB lag dabei häufiger knapp vor dem FC Zürich als umgekehrt. Die grosse Schere in der Zuschauerentwicklung ging mit der Eröffnung des neuen Wankdorf-Stadions auf.

Wird der FCZ diesmal mehr Ballbesitz haben?

Ab Anfang 60er- bis Mitte 80er-Jahre war der FC Zürich in den Direktduellen konstant besser. Daher rührt auch die Statistik, dass der FCZ gegen kein anderes Team in Wettbewerbspartien so häufig gewonnen hat, wie gegen YB. Die letzten zwei Jahrzehnte war hingegen YB besser. Dieser Trend begann bereits in der ansonsten erfolgreichen Favre-Zeit. Ganz arg wurde es in der zweiten Hälfte der 10er-Jahre, als die Unterlegenheit des FCZ gegen die Young Boys ein Vorbote der allgemeinen Dominanz der Berner in der Liga wurde. Seit der Meistersaison 21/22 (zuerst die obligate 0:4-Niederlage im Wankdorf, dann aber drei Siege in Folge) geht es im Head-to-Head aus FCZ-Sicht aber wieder aufwärts. In den letzten neun Duellen seither hat man vier Mal gewonnen und nur ein Mal (unter Coach Franco Foda) verloren. Der Ballbesitz war dabei immer unter 50% – teilweise deutlich. Interessant wird zu beobachten sein, wie die Ballbesitz-Statistik gegen einen Gegner wie YB im ersten Duell nach dem Philosophie-Wechsel beim FC Zürich aussehen wird.

Der PPDA-Wert (Passes Per Defensive Action) zeigt, wie intensiv das Hohe Pressing eines Teams in einer bestimmten Partie war. Ein tiefer Wert bedeutet intensives Pressing (man lässt den Gegner in dessen eigenem Platzdrittel nicht in Ruhe den Ball zirkulieren). Das über 93 Minuten intensivste Hohe Pressing gegen YB der letzten zweieinhalb Jahre brachte der FCZ im April 2022 auf den Platz. Dies allerdings nach einer Startviertelstunde, in der man den Gegner hinten heraus erstmal gewähren liess, und erst danach Schritt für Schritt den Druck erhöhte. Auffällig ist, dass sowohl Breitenreiter wie auch Foda oder Henriksen in ihrem ersten Spiel gegen YB in der Startviertelstunde erstmal vorsichtig einstiegen – und dann mit der Zeit tendenziell mutiger wurden (sofern sie Gelegenheit dazu hatten).

YB: Gute Spieler, aber etwas Probleme mit der Kohäsion

YB spielt weiterhin im von Coach Raphael Wicky präferierten 4-4-2 mit Mittelfeld-Rhombus. Man tritt dabei mit fünf sehr offensiv ausgerichteten Spielern an. Die defensive Absicherung mit Lauper (oder alternativ: Niasse) funktioniert aber nicht mehr so gut wie auch schon. Nur im Heimspiel gegen Stade Lausanne-Ouchy (1:0) änderte Wicky die Spielweise etwas mit einem sehr hohen und intensiven Pressing im 4-3-3. Im November hatte Raphael Wicky bei der 1:3-Niederlage gegen den FCZ im Letzigrund auf ein 4-2-3-1 umgestellt – was schief ging. Vor der Winterpause lebte YB weitgehend von seiner Effizienz im Abschluss und guten Torhüterleistungen, denn das Verhältnis der Erwarteten Tore war mit rund 1,5 : 2 sogar negativ! Mittlerweile hat sich die Situation umgekehrt. Die Berner kreieren deutlich bessere Torchancen und lassen deutlich weniger gegnerische Chancen zu. Trotzdem sind die Resultate etwas schlechter geworden. Mvuka und Hadjam sind gute Wintertransfers, der polnische 10-er Lakomy kommt in Abwesenheit von Ugrinic zudem nun langsam aber sicher in die Gänge. YB fehlen diese Saison aber im Vergleich zu den Vorjahren Spielertypen wie Christian Fassnacht oder Cédric Zesiger. Torhüter David Von Ballmoos versuchte dies bei der Cup-Niederlage unter der Woche beim unterklassigen Sion von der Ersatzbank aus zu kompensieren, und sah dafür Gelb.

Cheveyo Tsawa spielte am Samstag beim 5:3-Derbysieg im U19 Cup-Halbfinal im Heerenschürli (mit einem Assist zum zwischenzeitlichen 3:0). Die Reichmuth-Brüder und Joseph Sabobo Banda wurden beim 2:2 auswärts beim FC Breitenrain eingesetzt (FCZ II bleibt bestes Reserve-Team). Sie werden somit am Sonntag gegen die Young Boys eher nicht mit von der Partie sein: im Gegensatz zu Nevio Di Giusto oder Calixte Ligue, die beide in ihren Super League-Einsätzen zuletzt überzeugt haben.

Direktbegegnungen im Überblick (dbfcz)

Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)

Haupttribüne in Schaffhausen ausverkauft

Der FC Schaffhausen meldet bereits 10 Tage vor dem Heimspiel gegen den FC Zürich, dass die Haupttribüne ausverkauft und insgesamt schon mehr als 1’000 Tickets abgesetzt worden seien. Schaffhausen hat den FCZ in der Vorbereitung auf der Breite geschlagen und befindet sich aktuell im Spitzenquartett der Liga mit Aarau, Xamax und dem Zürcher Stadtklub. Aktuell liegt der Liga-Zuschauerschnitt mit 3’208 weit über dem Challenge League-Rekord von 2’018 aus der Saison 2008/2009.