Emotionen, Offensivgeist, Geschlossenheit: derbyreifer Auftritt des FCZ – Analyse

Die im Basel-Heimspiel feststellbare Aufwärtstendenz wurde zum Auftakt des letzten Saisonviertels im Derby gegen GC fortgesetzt. Fünf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs (Brecher, Untersee, M. Kryeziu, Rüegg, Domgjoni) standen in der Startformation des FCZ, bei GC waren es immerhin drei (Pusic, N. Bajrami, M. Bajrami). Es gibt weltweit nicht viele Derbies in obersten Ligen mit solchen Aufgeboten an eigenen Junioren am Start. Die Jungs aus dem FCZ-Nachwuchs waren wie immer beim Derby speziell geladen und übertrugen diesen Spirit aufs ganze Team. Rüegg warf sich auf die Bälle und alles, was sich sonst noch bewegte, Pa Modou markierte gegen den aufmüpfigen Djuricin sein Revier und als Kamber sich erdreistete, mit seinem Foul Khelifi im Kniebereich zu treffen, stürzten sich sofort Untersee, Domgjoni und Rüegg auf den aus dem FCB-Nachwuchs stammenden GC-Mittelfeldspieler. Und Mirlind Kryeziu sprintete so schnell wie wohl noch nie in dieser Saison übers halbe Feld, um seinen Standards-Gegenspieler Zesiger resolut am Eingreifen zu hindern.

Grégory Sertic spielte im Vergleich zu seinen schlechten Auftritten gegen Xamax, Sion und (grösstenteils) Basel wie ein umgekehrter Handschuh und nahm beispielsweise Caiuby in den Mittelfeld-Luftduellen aus dem Spiel, was Hekuran Kryeziu nach der verletzungsbedingten Auswechslung des Franzosen nicht mehr gelang. Ein solches von Sertic gewonnenes Luftduell führte über die direkte Weiterleitung Kharabadzes in die Tiefe zum 1:0-Führungstreffer durch Assan Ceesay, welcher für seine Aufwärtstendenz in den letzten Spielen und seine harte Arbeit im Training (gemäss Kevin Rüegg im Interview mit Züri Live) belohnt wurde, auch wenn er ansonsten diesmal im Gegensatz zum Basel-Spiel fast alle seine Luftduelle verlor.

Der FCZ hatte im 274. Derby eine gute Balance zwischen Offensive und Defensive in der Aufstellung basierend auf dem flachen 4-4-2, das ab der 15. Minute gegen Basel gespielt wurde, mit Rüegg an Stelle von Hekuran Kryeziu im Mittelfeldzentrum, Untersee dafür zurück auf Rechts und Mirlind Kryeziu für den gesperrten Maxsö in der Startformation. Gleich mit dem Anstoss schickte Sertic einen langen Diagonalball nach links vorne, wo mit Ceesay, Kharabadze, Pa Modou, Domgjoni und Khelifi gleich die halbe Equipe hingesprintet war und versuchte, die lokale Überzahl zu nutzen.

Die von Drittquellen erhobenen Teamstatistiken des FCZ sind bei diesem 1:1 gegen GC fast in allen Belangen besser, als beim 3:1-Sieg gegen den gleichen Gegner zu Beginn der Rückrunde. Die Zahlen von Züri Live sehen ähnlich aus: 63 Top-Offensivaktionen sind Saisonrekord, mit 6,7 resultierte die höchste Durchschnittsnote seit dem Heimsieg gegen Leverkusen im Oktober und ebenfalls zum ersten Mal seit damals war kein einziger eingesetzter Spieler ungenügend. Auch Pa Modou bei dessen erstem Startelfeinsatz nach seiner Verletzungspause nicht, obwohl in seinem Spiel noch gleichermassen Licht und Schatten drin waren. Letzteres zum Beispiel beim 1:1-Ausgleichstreffer, als er nicht richtig zum Ball stand, als dieser Ravet nach einer starken Pusic-Flanke und einem Djuricin in Offside-Position glücklich auf die Schulter und von dort ins Tor fiel. Diese linke GC-Abwehrseite mit dem zum Linksverteidiger umfunktionierten Offensivtalent Pusic war es dann auch, wo der FCZ am meisten Druck zu machen vermochte. Salim Khelifis Leistungen sind auf dem aufsteigenden Ast, und Joël Untersee realisierte in einer einzigen Partie beinahe gleichviele Top-Offensivaktionen wie in seinen vier bisherigen Einsätzen zusammengezählt.

Derselbe Untersee traf nach einem weiten Pa Modou-Einwurf zudem den Innenpfosten – bereits der siebte Aluminiumtreffer im vierten Derby der Saison. Wie schon gegen den FCB kassierte der FCZ erneut einen wegen Offsides irregulären Gegentreffer und es wurde ihm ebenfalls erneut ein Penalty verwehrt. Im Gegensatz zum diskussionslosen Foul von Zuffi gegen Domgjoni hatte das Handspiel Nedim Bajramis aber zumindest Diskussionsspielraum. Der FCZ merkte in der Zweiten Halbzeit den Ausfall von Grégory Sertic, der urplötzlich wieder an die starken ersten 30 Minuten in Bern bei seinem ersten Einsatz Mitte Februar anzuknüpfen vermochte. Die Frage stellt sich nach der verletzungsbedingten Auswechslung, ob sich Sertic in den letzten Partien instinktiv zurückgehalten hat, weil er spürte, dass sein Körper ein mit vollem Einsatz geführtes Spiel nicht ertragen würde? Auch ein Wechsel auf GC-Seite beeinflusste das Spiel der Zweiten Halbzeit. Gjelbrim Taipi war als «freies Radikal» im Mittelfeld schwieriger in den Griff zu bekommen, als der im ersten Durchgang relativ blass gebliebene Nedim Bajrami. Am Ende stürmte beim FCZ dann auch noch Umaru Bangura nach vorne – der von GC-Hüter Lindner in Corner gelenkter Aufsetzer war sein erst fünfter Abschluss der ganzen Saison!

GC – FCZ 1:1 (0:1)

Tore:  30. Ceesay (Kharabadze) 0:1, 48. Ravet (Pusic) 1:1.

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, M. Kryeziu, Pa Modou; Khelifi, Sertic (41. H. Kryeziu), Rüegg, Kharabadze; Domgjoni (85. Marchesano), Ceesay.

GC: Lindner; Cvetkovic, Nathan, Zesiger, Pusic; N. Bajrami (46. Taipi), Kamber; Ravet (72. Lika), M. Bajrami (85. Diani), Caiuby; Djuricin.

 

 

Einsatz stimmt, aber überzeugend ist anders: FCZ – St.Gallen 1:1 Highlights

Der FCZ bleibt weiterhin ungeschlagen, geht aber nach dem Luzern-Spiel zum zweiten Mal hintereinander mit dem Gefühl aus der Partie, dass gegen diesen Gegner mehr dringelegen wäre. Mit acht geschossenen Toren nach sieben Runden zumindest bis Sonntag Abend die Super League immer noch anzuführen, ist schon ein kleines Kunststück, hat aber natürlich auch mit dem mässigen Saisonstart der nominellen Spitzenteams zu tun. So richtig über 90 Minuten überzeugt hat die Mannschaft von Uli Forte bisher noch nie. Selbst beim gloriosen Auftakt gegen ein verunsichertes GC gab es einige schlechte Phasen im Spiel. Die Mentalität und der Kampfgeist waren aber immer da.

Die 1. Halbzeit gegen St.Gallen war etwas besser, als in Luzern, aber gegen ein hoch stehendes St.Gallen schaffte man es zu wenig, sich aus der Umklammerung zu lösen und die sich bietenden Räume zu nutzen. Als Rodriguez dann ausnahmsweise mal im Mittelfeld den weiten Ball von Vanins behaupten konnte, führte dies über die Stationen Rüegg, Winter und wieder Rodriguez sofort zum Führungstreffer Moussa Konés, auch wenn dieser dabei leicht im Offside stand. Der 20-jährige Senegalese trifft damit im zweiten Spiel hintereinander. Mit der ersten echten Torchance gelang St.Gallen mit dem eingewechselten Aleksic nach ideal ge-time-ter Vorlage Taipis den Ausgleich nur wenige Sekunden nach einer Torchance Adrian Winters im gegnerischen Strafraum.

Nach der aus Sicht St. Gallens unnötigen Roten Karte gegen Taipi kam der FCZ in Überzahl zu einer Vielzahl von Torchancen, konnte diese aber nicht verwerten – vor allem Koné und Rodriguez je zwei Mal in aussichtsreicher Position. Obwohl auch diesmal einsatzfreudig, war es von Seiten Michi Freys der bisher mit Abstand wirkungsloseste Auftritt. Für Feuer sorgten hingegen die eingewechselten Voser und Haile-Selassie, während dem ebenfalls ins Spiel gekommenen Palsson erneut zu viele einfache Fehler unterliefen.

FCZ – St. Gallen 1:1 (1:0)

Tore: 19. Koné (Rodriguez) 1:0; 51. Aleksic (Taipi) 1:1.

FC Zürich: Vanins; Nef, Bangura, Brunner; Winter (73. Voser), Rüegg (73. Palsson), Sarr, Pa Modou (82. Haile Selassie); Koné, Frey, R. Rodriguez.

FC St. Gallen: Lopar; Koch, Haggui, Hefti, Wittwer; Tafer (46. Aleksic), Taipi, Kukuruzovic, Aratore (82. Musavu-King); Barnetta (58. Wiss); Buess.

1:1 – verdienter Punkt in Wil

Am Ende rettete den FC Wil wie auch schon einige Male in der vergangenen Saison die Stärke bei Standardsituationen. Gjelbrim Taipi konnte zwei Eckbälle von rechts in den Zürcher Strafraum schlagen, die Zürcher waren nach den Wiler Einwechslungen in der Zuteilungen zu wenig schnell organisiert, so dass der eingewechselte Jocelyn Roux zu frei zum 1:1 einköpfen konnte. In der Ersten Halbzeit hatte sich der FCZ in einem verhaltenen Durchgang mit zwei kleinen Wiler Chancen zuerst mal an den speziellen Kunstrasen im Bergholz gewöhnen müssen.

Alain Nef wurde bei einem Zürcher Standard im Strafraum zurückgerissen – der Penaltypfiff von Schiedsrichter Urs Schnyder blieb aus. Zuvor hatte sich bereits Egemen Korkmaz eine üble Tätlichkeit an Oliver Buff geleistet gehabt, welche ebenfalls ungestraft blieb, weil Schnyder damit beschäftigt war, Paul Papp zu verwarnen und sein Assistent nicht aufgepasst hatte. Ebenfalls von letzter Saison bekannt ist das häufige „sterbender Schwan“ spielen von Wiler Akteuren wie Erhan Yilmaz, Korkmaz und jetzt neu auch Nduka Ozokwo – manchmal fiel Schnyder drauf herein, manchmal nicht.

Ein Foul direkt an (oder auf?) der Strafraumgrenze gegen Roberto Rodriguez führte zu einem weiteren Freistoss für den FCZ, den Buff von links an der Strafraumkante herrlich in die nahe obere Ecke verwandelte. Bereits letzte Saison war der Offensivspieler mit 10 Toren (alle Wettbewerbe) bester Zürcher Torschütze gewesen. Nach der Pause musste Wil mehr öffnen, was dem FCZ endlich mehr Räume für Konter bescherte. Adrian Winter konnte drei Topchancen zur Vorentscheidung vor dem gegnerischen Tor nicht nutzen – zwei Mal rettete der Zürcher Oberländer Steven Deana, einmal ging der Drehschuss Zentimeter vorbei.

Die Partie wurde hektischer – mehrmalige Schläge und Griffe ins Gesicht des Gegenspielers durch Korkmaz Johan Vonlanthen und Murat Akin wurden nicht mit Karten geahndet, genauso wenig wie der Schlag von Armando Sadiku gegen Basil Stillhart – dieser musste danach mit drei Stichen genäht werden. Ausserdem sprang Nef der Ball im eigenen Strafraum aus kurzer Distanz an den Arm. Der ehemalige FCZ-Goalgetter und heutige Wil-Assistenztrainer Ercüment Sahin war nach dem Match deswegen enerviert wegen einer angeblichen Benachteiligung, „vergass“ dabei aber all die Szenen, bei welchen sein Team bei Schiedsrichterentscheiden Glück gehabt hatte.

Neben den verpassten Konterchancen verursachte der FCZ in der Endphase zu viele Freistösse und Eckbälle, auch in Situationen, die anders hätten gelöst werden können. Der zweite Eckball von Taipi war dann einer zu viel. Mit Burim Kukeli und Sangoné Sarr mussten zwei Spieler angeschlagen ausgewechselt werden, bei letzterem war es allerdings „nur“ ein Krampf. Positiv hervorzuheben gilt es neben den 4’440 mindestens zur Hälfte Zürcher Fans (Stadionrekord) die kämpferische Leistung von Rodriguez und die aufmerksame Unnachgiebigkeit Ivan Kecojevics.

1607 fcz aufstellung in wil

1607 wil aufstellung vs fcz

FC Wil – FC Zürich 1:1 (0:1)

IGP Arena – 4’440 Zuschauer – SR Schnyder

Tore: 41. Buff 1:0, 87. Roux (Taipi) 1:1

Wil: Deana; Nganga, Papp, Korkmaz, Bühler; Akin, Stillhart (66.Taipi); Ozokwo, Yilmaz (77.Spielmann), Vonlanthen; Fazli (67.Roux).

FCZ: Vanins; Brunner, Nef, Kecojevic, Voser; Winter, Sarr (84.Cavusevic), Kukeli (54.Yapi), Rodriguez; Buff (71. Marchesano), Sadiku.