Rohner / Domgjoni / Koide machen Dampf, Kryeziu / Kramer sorgen für Ärger: Gewinner und Verlierer der Vorbereitung

Die Partie gegen den FC Winterthur im Letzigrund war nicht so, wie man sich eine Hauptprobe vor dem Meisterschaftsstart vorstellt. Aufgrund von Krankheit (gute Besserung Vasi!), Nationalteamaufgeboten (Gratulation Simon, Becir & Co.!) und dem gleichzeitigen Meisterschaftsauftritt der U21 gegen Brühl (2:3, zwei Sulejmani-Penalties), standen Trainer Ludovic Magnin mit Adrian Winter und Salim Khelifi gerade mal zwei Feldspieler als Reserve zur Verfügung. Und während das Spiel lief, wurde in den Sozialen Medien der neue Innenverteidiger Lasse Sobiech vorgestellt.

Beim FC Winterthur fielen gleich beide Torhüter aus und es standen mit Marzino und Scheithauer zwei Testspieler in der Startformation. In der ersten Halbzeit kontrollierte der FCZ weitgehend das Spiel und ging 2:0 in Führung. Die zweite Halbzeit war ausgeglichener. Nach einer Serie von Zürcher Topchancen gelang Adi Winter das 3:0 in der 80. Minute nachdem der andere Einwechselspieler Khelifi zuvor noch an Marzino gescheitert war. Die letzten zehn Minuten liess der FCZ dann aber stark nach und Winterthur drehte nochmal auf, ohne aber zu einem Torerfolg zu kommen. Am augenfälligsten ersichtlich war dies bei Stephan Seiler, der in der letzten Viertelstunde auf dem Zahnfleich lief und dem gar nichts mehr gelang.

Insgesamt wirkte in allen vier Vorbereitungsspielen weder der FCZ noch die jeweiligen Gegner auch nur annähernd auf Meisterschaftsniveau spielend. Im Normalfall nähert man sich gegen Ende der Vorbereitung diesem Niveau an. Eine Steigerung von Spiel zu Spiel war durchaus ersichtlich, aber ob es reichen wird, bereits in einer Woche in Chiasso im Cup das notwendige Niveau auf den Platz zu bringen – darauf darf man gespannt sein. Es wurde in allen vier Vorbereitungsspielen mit demselben System gespielt. Von den verschiedenen Phasen der letzten Saison orientierte sich das Zürcher Trainerteam dabei personell und taktisch stark am zweiten Saisonviertel, in welchem man ohne wirklich zu glänzen eine gute Resultatserie hatte hinlegen können.

Einzelne gute Automatismen in der Überwindung der Mittelzone des Spielfeldes waren zu sehen, sowohl mit schnellem Direktspiel, als auch mit geduldigem Aufbau – allerdings ohne auch nur annähernd die gleiche Gegenwehr auf dem Platz zu haben, wie sie den FCZ zum Meisterschaftsstart erwarten wird. Auch gegen Top-Gegner wird allerdings sicherlich Fabian Rohner eine Offensivwaffe sein. Immer wenn nach vorne nichts läuft, dann sorgt der Rechte Aussenverteidiger mit vertikalen oder diagonalen Läufen für Unruhe und Unordnung im gegnerischen Abwehrdispositiv. Rohner ist nicht nur nochmal eine ganze Spur schneller als Kevin Rüegg, sondern hat auch eine solidere Grundtechnik, als der Richtung Italien ziehende Captain der U21-Nationalmannschaft.

Ebenfalls Stammspieler in der U21-Nationalmannschaft ist Toni Domgjoni, der beim 4:1-Heimsieg gegen die Slowakei als Schaltzentrale und Wasserträger in einem im Schweizer Mittelfeldzentrum genauso eine gute Partie machte, wie weitgehend auch in den Vorbereitungspartien mit dem FCZ. Der dritte Gewinner der Vorbereitung ist Henri Koide, welcher nahtlos an die guten Leistungen der letzten Saisonphase 19/20 anzuschliessen scheint. Nicht nur gegen Schaffhausen gelang dem 19-jährigen Zürcher mit einer Klasse-Einzelleistung ein Treffer, sondern er erzielte auch das einzige Tor beim 1:0-Sieg mit der U19-Nationalmannschaft gegen Neuchâtel Xamax (mit unter anderem dem ehemaligen FCZ U21-Stürmer Eric Tia im Test).

Gegen den FC Winterthur an allen drei Treffern beteiligt war Assan Ceesay. Der Gambier hatte allerdings schon letzten Sommer in den Testpartien sehr gute Skorerwerte, welche anschliessend in der Meisterschaft wieder in den Keller sanken, als der FCZ mit einem anderen Spielstil auftrat. Auch wenn es immer noch der gleiche Assan Ceesay ist: ein gewisser Reifeprozess durch seine Zeit in Osnabrück ist ersichtlich – der 26-jährige Nationalstürmer wirkt etwas fokussierter, gradliniger und effizienter, als noch vor Jahresfrist. Und gleichzeitig versteht er sich auf dem Platz weiterhin sehr gut mit Antonio Marchesano – ein nicht zu unterschätzender Faktor. Zivko Kostadinovic schliesslich hat angedeutet, dass er in Bezug auf die Sicherheit, eine solide Nummer Zwei hinter Yanick Brecher zur Verfügung zu haben, im Vergleich mit vielen anderen Kandidaten der letzten Jahre wohl ein Schritt nach vorne für den FCZ ist.

Auf der Verliererseite der Saisonvorbereitung steht sicherlich an erster Stelle Mirlind Kryeziu: nach einem zu unkonzentrierten Auftritt mit zwei groben Schnitzern im ersten Testspiel gegen Schaffhausen vom Präsidentenehepaar ins Gebet genommen und seither im Kader der weiteren Testspiele nicht mehr aufgetaucht. Ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes wachgerüttelt wurde in der Pause des Testspieles gegen den FC Luzern Stürmer Blaz Kramer von Captain Yanick Brecher, nachdem der Slowene schon gegen Schaffhausen nicht mit dem Kopf bei der Sache zu sein schien.

Obwohl nicht eingesetzt als Verlierer vorkommen muss sich Michael Kempter, mit dem sich der FCZ nicht auf einen neuen Vertrag hat einigen können. Der Rudolfstetter war auf der linken Zürcher Seite nach der Coronapause endlich wieder einmal ein Spieler, der nicht nur im Spiel nach vorne eine der wichtigsten Zürcher Waffen in dieser Phase war, sondern obendrein auch noch so konsequent verteidigte, wie dies (mit Ausnahme phasenweise Pa Modou) schon seit vielen Jahren keinem FCZ-Linksverteidiger mehr gelungen war. Mit Tobias Schättin hingegen kommt von Winterthur ein Ersatz, der deutlich mehr Mängel im Spiel ohne Ball mitbringt und das Zürcher Defensivproblem auf links wohl kaum lösen wird. Auch das Testspiel gegen Winterthur bestätigte diesen Eindruck.

Lavdim Zumberi hatte in Basel mit der „U21 verstärkt“ einen zwar nicht fehlerfreien, aber trotzdem ziemlich guten Auftritt hingelegt gehabt. Mittlerweile findet er aber beim FCZ weder auf dem Matchblatt noch auf der Team-Seite (Webpage) noch Erwähnung. Mit seinen 20 Jahren muss er unbedingt im Profibereich zu mehr Spielzeit kommen – Vertrag hätte er noch zwei Jahre. Der FC Wil wäre für den Ostschweizer eine naheliegende Variante, aber auch ein Transfer zum FC St. Gallen oder FC Vaduz ist alles andere als undenkbar. Mit seiner direkten Spielweise und Stärke bei langen Bällen würde er ins Team von Peter Zeidler passen. Geschenkt wurde dem guten Distanzschützen beim FCZ in der 1. Mansnchaft in den letzten Jahren nichts – obwohl oder vielleicht gerade weil er zu Juniorenzeiten zu den Lieblingsspielern Ludovic Magnins gehörte.

Salim Khelifi schliesslich zeigte in der Vorbereitung dasselbe, was man schon von ihm kannte, als er vor einem Jahr nach Deutschland ausgeliehen wurde. Einzelne Highlights wie der Freistoss zu Nathans Kopfballtor, aber daneben auch (zu) viel Leerlauf, vergebene Top-Möglichkeiten und fehlende Defensivqualität. Mit Marco Schönbächler hat der FC Zürich bereits einen ähnlichen (aber insgesamt etwas besseren) Spieler im Kader. Ein zweiter solcher Mann ist tendenziell zu viel. Dann gibt es durch die Verpflichtung von Lasse Sobiech noch ein kleines Fragezeichen bezüglich der Rolle von Nathan. Sobiech ist ein ähnlicher Spielertyp, der aber mit mehr Ruhe und Souveränität agiert und die immer wieder von Magnin auf den Platz gerufene Vorgabe „ohne Foul“ wohl besser umsetzen kann, als der emotionale Brasilianer.

FC Zürich – Winterthur 3:0 (2:0)
Tore: 17. Ceesay (Marchesano) 1:0, 44. Ceesay (Marchesano) 2:0; 80. Winter (Khelifi) 3:0.
FCZ: Brecher; Rohner, Nathan, Bangura, Schättin; Schönbächler (64. Khelifi), Britto, Seiler, Gnonto (46. Winter); Marchesano; Ceesay.
Winterthur: Marzino; Gantenbein, Isik (46. Lekaj), Scheithauer, Schüpbach (64. Pauli); Arnold (46. Hamdiu), Pepsi (46. Doumbia); Callà (46. Ltaief), Ramizi (64. Rama), Mahamid (46. Alves); Buess.

FCB nutzt Schwachpunkte Schönbächler und Baumann konsequent, Best Player Zumberi mit Zukunft? Basel – FCZ in der Analyse

Mit einem Mythos wollen wir gleich zu Beginn der Analyse aufräumen: am Durchschnittsalter der Mannschaft lag es nicht, dass der FCZ gegen den FCB zum dritten Mal diese Saison mit 0:4 verloren hat. Die Startelf war im Schnitt immerhin 24,4 Jahre alt und damit nur ein Jahr jünger als der Gegner. Mehr als das: der FC Zürich hat diese Saison schon fünf Mal eine jüngere Startformation aufs Feld geschickt – und alle diese Partien gewonnen (3:2 vs. Basel, 4:2 vs. Sion, 3:0 vs. Luzern, 1:0 bei Xamax, 1:0 vs. Lugano)! Bei all diesen siegreichen Partien standen Becir Omeragic (17), Kevin Rüegg (21), Aiyegun Tosin (22) und im Zentrum jeweils zwei aus dem Trio Simon Sohm (19), Toni Domgjoni (21) und Vasilije Janjicic (21) von Beginn weg auf dem Platz. Eine auch in zentralen Positionen junge Mannschaft scheint daher im Gegenteil fast schon ein Erfolgsrezept zu sein – nicht nur in St. Gallen, sondern auch in Zürich, selbst „ennet den Gleisen“. Seit GC in der Challenge League mit vielen jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs antritt, sind die Resultate deutlich besser geworden.

Vier Teenager in der Startaufstellung wie mit Silvan Wallner (18), Ilan Sauter (19), Nils Reichmuth (18) und Soheil Arghandewall (18) ist ebenfalls nicht einzigartig – und ein Débutalter von 18 Jahren nicht wirklich jung. Richtig talentierte Jungs wie Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Izer Aliu, Becir Omeragic, Blerim Dzemaili, Almen Abdi. Admir Mehmedi, Josip Drmic, Ricardo Rodriguez, Daniel Gygax, Marco Schönbächler, Dimitri Oberlin oder Köbi Kuhn hatten mit 17 oder teilweise 16 Jahren ihren ersten FCZ-Pflichtspieleinsatz. Kommt ein Spieler erst mit 18 Jahren erstmals in der Super League zum Zuge, kann man in aller Regel davon ausgehen, dass es sich nicht um ein Top-Talent handelt. Ein gewisses Super League-Potential bringen sowohl Wallner wie auch Reichmuth und Arghandewall immerhin mit. Für sie werden mit 18 aber nicht die nächsten Jahre, sondern schon die nächsten Monate weichenstellend für die Zukunft sein. Durchaus möglich, dass der unverhoffte Einsatz im St. Jakob Park dem Einen oder Anderen kurzfristig nochmal einen wichtigen Motivationsschub gibt. Dies nachdem beispielsweise der vielversprechende Allrounder Arghandewall in den letzten drei Jahren in seiner Entwicklung eher stagniert hat.

Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren.

Kommentar zu Marco Schönbächler

Den Umständen entsprechend (direkt aus den Ferien auf einen Super League-Platz) „metzgete“ sich der Teil der Zürcher Reservemannschaft, der für die Partie aufgeboten werden konnte, gut. Am Einsatz und Willen fehlte es nicht. Die Mannschaft mit insgesamt neun Super League-Débutanten gewann gar die Mehrheit der Zweikämpfe. Einzelne Schwachpunkte verhinderten aber, dass es gegen einen aktuell mit schwankenden Leistungen aufwartenden Gegner zu einer spannungsgeladenen Begegnung mit offenem Ausgang reichte. An erster Stelle muss hier mit Marco Schönbächler ein Routinier genannt werden. Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren: „katastrophal“ triffts am besten. Fast alle guten Torchancen des FC Basel der 1. Halbzeit entstanden in erster Linie aufgrund schlechter Defensivarbeit Schönbächlers, darunter auch die beiden Gegentore – und liess dabei jeweils den im Verlaufe der Partie sich steigernden Pa Modou im Stich. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Gegenspieler Silvan Widmer diese Saison zu den besten Akteuren der Liga gehört, zu viel. Basel schien wie schon in der Vergangenheit ihr Spiel an den Zürcher Schwachpunkten auszurichten. Als Schönbächler mit Nils Reichmuth die Seiten getauscht hatte, wechselten die Rotblauen den Fokus ihres Aufbauspiels ebenfalls stärker auf die andere Seite, um weiterhin von Schönbächlers Defensivschwäche maximal profitieren zu können. Nils Reichmuth hatte dort in der 1. Halbzeit gegen Alderete besser verteidigt gehabt, als später Schönbächler, der von Trainer Jurendic schlussendlich dann in den Sturm beordert wurde. Gegen Widmer bekam Reichmuth dann aber auch seine Probleme. Daher war für den FCZ die Viertelstunde nach der Pause am schlimmsten – trotz Systemumstellung vom 4-2-3-1 auf ein 4-1-4-1. Dass man in dieser Zeit um den dritten Gegentreffer herumkam, war zu grossen Teilen dem Basler Unvermögen im Abschluss geschuldet.

Ab der 62. Minute änderte sich dies mit der Einwechslung des Duos Diego Corvalan / Lenny Janko komplett. Plötzlich hatte der FCZ auf den beiden Flügelpositionen konsequent verteidigende und die Seiten zumachende Akteure auf dem Platz. Etwas, was man jahrelang vermisst hatte. Es war eine reine Wohltat! Kein Dauerstress mehr aufgrund des offenen Einfallstors. Nun kam der FC Zürich wieder besser in die Partie und auch selbst zu Torchancen. Mehrmals war man am 1:2-Anschlusstreffer nahe dran. Silvan Widmer kam auf der Seite nicht mehr durch. Basel musste daraufhin über die Seiten mehr Risiken eingehen, und spielte Bälle ins Seitenaus oder zu steil – oder man bremste den Angriff ab und versuchte es durch die Mitte mit erfolglosen Abschlüssen aus der Distanz. Dies änderte sich erst wieder teilweise, als in der 77. Minute Basil Erne reinkam und Janko in den Sturm wechselte. Der fleissige Erne agierte zwar defensiv nicht so schlecht wie Schönbächler, war aber weit von Jankos Präsenz entfernt. Zusammengefasst ist die Erkenntnis nicht neu, dass der FCZ in Zukunft gegen Teams wie den FCB nur eine Chance auf Punkte haben wird, wenn der langjährige (defensive) FCZ-Schwachpunkt auf dem Flügel gelöst werden kann. Ansonsten werden offensiv starke gegnerische Aussenspieler wie Widmer, Stevanovic, Kasami, Ngamaleu, Sulejmani, die beiden Hefti-Brüder, Lavanchy und Co. weiterhin Spiele für die Gegner (hoch) gewinnen.

83. Minute: Im Eins-gegen-Eins sollte sich ein Torhüter breit machen und möglichst viel Fläche abdecken – Baumann dreht sich aber im Duell mit Van Wolfswinkel ab und macht sich klein.

In den Lobeshymnen auf Torhüter Novem Baumann von Seiten mehrerer Journalisten während und nach der Partie schwang viel Ignoranz gegenüber dem Rest der Zürcher Mannschaft mit – ähnlich wie im Eishockey, wo die mehrheitlich einheimischen Juroren bei der gegnerischen Mannschaft meist den Torhüter zum „Best Player“ wählen. Dabei hatte der 24-jährige Zürcher Keeper am Ende der Partie nach Expected Goals-Statistik keine höhere Niederlage verhindert. Aufgrund der Torchancen konnten vier Basler Tore erwartet werden und es wurden auch vier erzielt. Und bei drei der vier Gegentore hätte er deutlich mehr Gegenwehr leisten – und damit eines oder zwei davon verhindern können. Baumann offenbarte in Basel, was schon lange von ihm bekannt ist: fussballerisch auch für die Challenge League deutlich ungenügend, mit enormen Problemen im Eins-gegen-Eins und in der Strafraumbeherrschung. Fabian Frei (fünf Tore gegen den FCZ in der Rückrunde!) nutzte zwei Mal den Fakt aus, dass Baumann die Breite des Tores bei weitem nicht abzudecken vermag. Einmal hatte Baumann am Pfosten „festklebend“ Glück, dass er von Tician Tushi ungeachtet eines mehr als halbleeren Tores aus kurzer Distanz angeschossen wurde – genauso wie später auch von Widmer.

90.+2 3:0 FC Basel – wieder dreht sich Baumann beim Abschluss von Van Wolfswinkel ab und schützt sich selbst, anstatt das Zürcher Tor.

Nur bei einem Abschluss des omnipräsenten Basler Aussenverteidigers antizipierte Baumann gut die richtige Ecke. Ansonsten profitierte er vor allem von unplatzierten Basler Abschlüssen. Die Journalisten liessen sich von ein paar wenigen spektakulär aussehenden Reflexen, die man im gleichen Stil in Cup-Matches mit Beteiligung FCB auch von manchem gegnerischen Amateurgoalie zu sehen bekommt, etwas gar einfach die Sinne vernebeln. Vor drei Jahren hatte Baumann bei einer 0:2-Niederlage gegen den FC Wil das bisher einzige Mal einen Wettbewerbseinsatz für die 1. Mannschaft des FCZ bestritten. Beim FC Rapperswil-Jona konnte er sich unter Ex FCZ-Trainer Urs Meier nicht für die Challenge League empfehlen. Und in der Promotion League gehört Baumann nicht nur optisch, sondern auch auch statistisch zu den schlechtesten Torhütern der Liga. Die Schwächen, die Baumann zeigt, sind nicht untypisch für beim FCZ ausgebildete Torhüter im Allgemeinen. Selbst Yanick Brecher brauchte im Profialter sehr lange, um sich diese zumindest teilweise wieder abzugewöhnen. Aktuell ist der FC Basel U21-Torwart Niklas Steffen in der Promotion League-Mannschaft des FCZ im Test. Dazu kommt der schon im Winter aus Italien geholte Tessiner Thomas Candeloro. Die aufgrund der ungenügenden eigenen Torwartentwicklung und zum Teil auch -auswahl entstehenden Löcher mussten in den letzten Jahren durch von extern verpflichtete Keeper wie Hadzikic, Milosavljevic, Fillion, Vanins oder Favre immer wieder gestopft werden.

Best Player für den FCZ in Basel war Lavdim Zumberi. Dieser bildete zusammen mit Antonio Marchesano das Zentrale Mittelfeld und agierte als umsichtiger Ballverteiler und konsequenter Abräumer. In der 1. Halbzeit vor allem defensiv ausgelastet, vermochte er im Verlauf der Partie auch immer mehr offensive Akzente setzen. Schon seit einiger Zeit versucht man beim FCZ den schussstarken 20-jährigen vom 10-er zum 6-er umzufunktionieren, weil seine Stärke im Bereich der langen Bälle liegt und weniger im Antritt, der Beweglichkeit und Kurzpassspiel, das weiter vorne gefragt ist. Die Partie in Basel war in dieser Rolle wohl seine bisher beste Performance. Allerdings ist da die Konkurrenzsituation beim FC Zürich auch am stärksten. Simon Sohm ist mit Becir Omeragic das grösste Talent im aktuellen FCZ-Kader und im Normalfall gesetzt. Dazu kommen die beiden Leadertypen Toni Domgjoni und Hekuran Kryeziu. Diese drei haben für die je nach Spielsystem 1-2 verfügbaren Sechserpositionen die Nase klar vorne. Dann folgt Vasilije Janjicic, welcher vom Spielertyp her Zumberi am ähnlichsten ist und somit der direkte Konkurrent. Balleroberer Stephan Seiler, der auf verschiedenen Positionen eingesetzt werden kann, kommt ebenfalls noch dazu. Kevin Rüegg ist eine zusätzliche Option. Nils Reichmuth hingegen mit seinen auch in Basel gezeigten Schnittstellenpässen und dem räumlichen Vorstellungsvermögen ist eher ein Pendant zu Antonio Marchesano weiter vorne. Würde der gebürtige Ostschweizer Zumberi zum Beispiel zum FC St. Gallen wechseln, hätte er mit seinem Direktspiel und langen Bällen gute Chancen, sich zu etablieren. Er würde zum Spielstil der Grünweissen passen, wo Trainer Peter Zeidler mit Betim Fazliji bereits einen ähnlichen und keineswegs talentierteren jungen Spieler Super League-tauglich gekriegt hat.

Die Viererabwehrkette um José Gonçalves schien besser koordiniert zu sein, als zuletzt in anderer Besetzung, als man des öfteren nicht auf einer Linie stand. Ilan Sauter hat eine gute Antizipation und Spieleröffnung, kriegt aber auf kleinem Raum auf Super League-Niveau Probleme mit Antritt und Beweglichkeit, wie beispielsweise vor dem 0:3 Ricky Van Wolfswinkels gut ersichtlich. Silvan Wallner hingegen bringt in allen wichtigen Bereichen die notwendigen Basisqualitäten mit. Verglichen aber beispielsweise mit Basels Innenverteidiger Elis Isufi fehlen ihm etwas die überdurchschnittlichen Qualitäten für eine bestimmte Position. Lenny Janko und Diego Corvalan brachten wichtige Impulse und schlossen als Flügel die Seiten, wobei Corvalan wie in der Academy mit seinem etwas chaotischen Spielstil auch eine Reihe Fehler unterliefen. Potential ist aber vorhanden. Vielleicht dürfen die zwei gegen YB noch einmal ran? Lavdrim Rexhepi hat seit der Unterzeichnung seines längerfristigen Vertrages von allem Anfang an die Erwartungen nicht erfüllen können. Auch bei einer Leihe zu Rapperswil-Jona in die Challenge League konnte er sich nicht durchsetzen. Auch sein vierter Super League-Einsatz in den letzten zwei Jahren gibt wenig Hoffnung und stellt die knifflige Frage, wie die zwei kommenden Vertragsjahre bestritten werden sollen. Begnadeter Linksfuss, Aussenristpässe, ein Abschluss aus der Distanz: all das gabs im Joggeli wie immer von Rexhepi zu sehen – aber auch ungenügende taktische Disziplin und Laufleistung. Bei Eckbällen, welche die U21 im Gegensatz zur 1. Mannschaft in Manndeckung spielte, war Rexhepi (gegen Van der Werff) zudem der Einzige, welcher seinen Gegenspieler nicht ganz in den Griff bekam, obwohl er sich Mühe gab. Für Becirs Bruder Nedim Omeragic war der Kurzauftritt in Basel nach zwei Toren in fünf Challenge League-Partien mit Servette ebenfalls das erste Super League-Spiel. Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein – zumal auf dieser Position Bedarf herrscht. Dem ebenfalls kurz vor Schluss eingewechselten Enit Sadiku ist hingegen eher der Schritt in die Challenge League zuzutrauen.

Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein.

Kommentar zu Nedim Omeragic

Basel – FC Zürich 4:0 (2:0)
Tore: 14. Frei (Campo) 1:0, 37. Stocker (Tushi) 2:0; 90.+2 Van Wolfswinkel (Ademi) 3:0, 90.+4 Frei (Alderete) 4:0.
Basel – Omlin; Widmer, Cömert (46. Isufi), Van der Werff, Alderete; Xhaka (46. Marchand), Frei; Tushi (75. Oberlin), Campo, Stocker (64. Van Wolfswinkel); Cabral (46. Ademi).
FCZ – Baumann; Wallner, Sauter, Gonçalves (86. Sadiku), Pa Modou; Zumberi, Marchesano; N. Reichmuth (62. Corvalan), Rexhepi (77. Erne), Schönbächler (86. N. Omeragic); Arghandewall (62. Janko).

(Standbilder: Teleclub)

Izer Aliu bei den Desperados – wer wird der neue Almen Abdi?

Mittelfeldspieler Izer Aliu wechselt für die Rückrunde zum FC Chiasso und erweitert das Kontingent der vom FCZ in die Challenge League und Super League ausgeliehenen jungen Spieler. Wie Lindrit Kamberi, Fabian Rohner, Bledian Krasniqi oder Maren Haile-Selassie wird auch Aliu der Schritt in den künftigen 18er-Matchkader beim FCZ zugetraut. Auf der Position des „10-ers“ beziehungsweise je nach Spielsystem „spielmachenden 8-ers“ hat der FC Zürich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Talenten mit viel Perspektive in der eigenen Academy entwickelt. Auf der Suche nach Verstärkungen von aussen sollte diese Position daher in den nächsten Jahren im Normalfall nicht im Fokus stehen. Antonio Marchesano hat sich in dieser Rolle in einem über Jahre dauernden Prozess unter anderem dank verbesserter Fitness zu einem Super League-Leistungsträger entwickelt und seinen Vertrag kürzlich bis 2023 verlängert. Der Tessiner gehört schon seit langem zu den technisch und spielerisch stärksten Spielern der Schweiz.

Nach der Leihe von Aliu und dem möglichen Abgang Popovics ist der mit Aliu gleichaltrige Lavdim Zumberi (beide November ’99) der zweite „Offensive Mittelfeldspieler“ im Kader der 1. Mannschaft. Sowohl Aliu wie auch Zumberi wurden von Trainer Ludovic Magnin schon in der Academy stark gefördert, nahmen aber einen unterschiedlichen Weg. Aliu hatte seinen ersten Profieinsatz bereits mit 16 Jahren. Der damalige Trainer Uli Forte konnte für seinen Fussballstil mit einem solchen Spielertypen allerdings wenig anfangen, testete ihn unter anderem zwischendurch mal wohl eher halbherzig auf der Position des Linken Aussenläufers. Mit dem Trainerwechsel zu Magnin war Aliu dann vor zwei Jahren von einem Moment auf den anderen zeitweise Stammspieler. In diese Phase fiel sein bisheriges Highlight im Trikot der 1. Mannschaft, als er im Heimspiel gegen Lugano innerhalb der ersten 19 Minuten zwei Assists und ein Pre-Assist zur bereits vorentscheidenden 3:0-Führung lieferte:

https://www.youtube.com/watch?v=BW46IzC4ajQ

In die darauffolgende Saison startete Aliu gleich mit einem Assist nach 16 Minuten gegen den FC Thun zum Führungstreffer von Marco Schönbächler, musste dann aber in der Pause angeschlagen ausgewechselt werden. Als die Bänderverletzung dann verheilt schien, kam der Hammer: Kreuzbandriss im Training des Europa League-Auswärtstrips nach Zypern. Nach langer Genesungszeit meldete sich Aliu beinahe ein Jahr später zum Saisonstart diesen Sommer wieder gesund. Gesund heisst aber noch lange nicht in Form. Wie üblich dauert es nach einem Kreuzbandriss ein halbes bis ein ganzes Jahr, um allenfalls wieder auf das alte Level zu kommen. Daher spielte Aliu in der Vorrunde vorwiegend in der Promotion League und ist jetzt bereit für den nächsten Schritt auf dem Weg zurück – die Challenge League.

Lavdim Zumberi brauchte länger auf seinem Weg in die 1. Mannschaft. Während sich Aliu als Vorlagengeber par excellence hervortut (sowohl aus dem Spiel heraus wie auf Standards), geht „Zumbi“ dank Schussqualitäten, wie sie im FCZ in dieser Form ansonsten eher dünn gesät sind, häufig selbst in den Abschluss. Sowohl Aliu wie auch Zumberi wurden immer wieder mal auch auf der „Doppelsechs“ eingesetzt, vermochten ihre Defizite in dieser Rolle aber bisher nicht zu verbergen. Und beide müssen vor allem an der Konstanz ihrer Leistungen sowohl innerhalb eines Spiels wie auch über mehrere Spiele hinweg arbeiten: eine Grundvoraussetzung, um sich langfristig als Profifussballer etablieren zu können. Mit dem zwei Jahre jüngeren Bledian Krasniqi (Jahrgang ’01) ist ein weiterer potentieller künftiger „Almen Abdi“ aktuell an den FC Wil ausgeliehen. Er ist dasjenige aktuelle FCZ-Talent, welches vom Stil her als beweglicher und technisch starker Instinktfussballer dem früheren FCZ-Meisterspieler am nächsten kommt. Wie Abdi in einer ersten Phase unter Lucien Favre spielt Krasniqi aktuell sowohl bei Wil wie auch zuvor in einzelnen Testpartien mit dem FCZ auch auf dem offensiven Flügel. Seine Paradeposition ist aber auf der „Zehn“.

Es ist nicht so, dass es seit Almen Abdi keine ernsthaften Kandidaten aus dem Nachwuchs auf dessen Nachfolge gegeben hätte. In erster Linie wäre da sicherlich U17-Weltmeister Oliver Buff zu nennen,  der immerhin als Stammspieler mit dem FCZ zwei Mal Cupsieger wurde, für eine noch bessere Entwicklung aber in entscheidenden Phasen etwas zu unkonstant agierte und dem von den jeweiligen Trainern wohl etwas zu spät das Vertrauen auf der 10er-Position geschenkt wurde – auch weil er lange im Schatten eines Davide Chiumiento oder Yassine Chikhaoui stand. Davide Mariani ist das zweite Beispiel – ein ähnlicher Spielertyp wie Lavdim Zumberi, welcher es gegen die sehr grosse damalige Konkurrenz im Zentralen und Offensiven Mittelfeld des FCZ schwer hatte.

Mit Aliu, Zumberi und Krasniqi ist die Kandidatenliste auf den „neuen Abdi“ aber noch längst nicht abgeschlossen. Mit Vasilije Janjicic (Jahrgang ’98) ist eines der grössten FCZ-Talente der letzten Jahre ebenfalls ein Kreativspieler und in der Offensivreihe wohl am effektivsten. Janjicic ist aber etwas vielseitiger als Aliu oder Zumberi veranlagt, und kann auch weiter hinten eingesetzt werden. Ebenfalls ein ’98er-Jahrgang wie Janjicic ist der aktuell zum U21-Kader gehörende Lavdrim Rexhepi – ebenfalls ein 10-er und ein junger Mann für offensive Glanzpunkte mit einem aussergewöhnlichen Linken Fuss, welchem aber die defensive Diszplin und notwendige Stabilität für den Profifussball bisher abgeht. Im ’02-er Jahrgang und jünger gibt es weitere interessante 10-er Kandidaten in der Academy.

Das Team des FC Chiasso, in welches sich Aliu innerhalb von wenigen Tagen integrieren will, kann man als die „Desperados“ des Schweizer Profifussballs bezeichnen. Seit mehreren Jahren wird jeden Sommer die Mannschaft der Südtessiner fast komplett ausgetauscht. Diese Saison sind es mittlerweile insgesamt schon 30 neue Spieler, von denen ein Teil nach einem halben Jahr auch schon wieder weg ist. Chiasso besteht jeweils zum grössten Teil aus jungen Spielern, die den Sprung zum Profi noch nicht geschafft haben und sich an der Italienischen Grenze entschädigt meist deutlich unter dem Minimallohn-Niveau ein (häufig letztes oder vorletztes) Jahr Zeit geben wollen, um auf diesem Weg ihre Chance noch zu packen. Nach dem einen Jahr strömen die Spieler dann in alle Windrichtungen wieder auseinander. Viele wechseln in den Spitzenamateurfussball zu Mendrisio, Bellinzona, Brühl, Black Stars oder Köniz und bauen gleichzeitig an ihrer Zukunft neben dem Fussball. Andere schaffen hingegen den Schritt zu einem etwas besser situierten Challenge League-Klub wie Wil, Schaffhausen oder Vaduz. Glücklich schätzen kann sich, wer es zu einem Bulgarischen oder Rumänischen Mittelfeldklub wie Beroe Stara Zagora oder Gaz Metan Medias schafft – oder gar zum FC Thun!

Die fussballerische Qualität, die im Kader des FC Chiasso steckt, ist dabei vergleichsweise hoch. Die meisten Spieler sind gut ausgebildet, Konkurrenten auf der Position von Aliu wie Bahloul, Antunes, Doldur, Wolf oder Huser gehören zu den talentiertesten Mittelfeldspielern der Challenge League. Liga-Konkurrenten wie Stade Lausanne-Ouchy oder Kriens bringen aber den Vorteil mit, dass sie ein über Jahre gewachsenes Mannschaftsgefüge zur Verfügung haben. In den letzten Saisons haben die wild zusammengewürfelten „Desperados“ aus Chiasso im Abstiegskampf trotzdem immer wieder einen erstaunlichen Teamgeist und Überlebenswillen entwickelt und sich schlussendlich (teils dramatisch) retten können. Diese Qualitäten werden sie nach nur drei Siegen in der Vorrunde (gegen Lausanne, Aarau und Wil!) diesmal speziell benötigen. Wie viel Aliu angesichts des grossen Kaders zum Einsatz kommen wird, ist noch nicht klar. Wenn er aber die Ansätze, welche er zuletzt in den Testspielen mit der 1. Mannschaft des FCZ gezeigt hat, zu einer Reihe von reifen Leistungen ausbauen kann, dann könnte der 20-jährige Adliswiler zu einem wichtigen Baustein einer weiteren wundersamen Geschichte der Desperados aus Chiasso werden.

Mehr zu Izer Aliu auf Züri Live: zum Lesen…

…und zum Hören (Interviews mit und über Izer Aliu aus den letzten drei Jahren):

Chiasso schafft in extremis den Klassenerhalt (26.05.2019):

Ein mässiger und ein guter Auftritt gegen den HFC

Der FC Zürich gewinnt seine beiden Testspiele gegen den Halleschen FC (3. Liga in der Spitzengruppe) mit 4:3 und 2:1. Die beiden heutigen Kontrahenten haben sich erstmals zu einem Test getroffen, hatten aber schon letzte Saison miteinander zu tun, als Kilian Pagliuca vom FCZ nach Sachsen-Anhalt ausgeliehen wurde. Mittlerweile ist der Genfer Stürmer Stammspieler beim stark abstiegsgefährdeten Ligakonkurrenten Carl Zeiss Jena.

Die erste der beiden Partien (4:3) gewinnt der FCZ eher glücklich. Halle hatte in einer eher niveauarmen Partie ein klares Chancenplus zu verzeichnen – beide Teams verteidigten nachlässig. Der FCZ ist nur zu Beginn der Partie und in den Schlussminuten die bessere Mannschaft. Benjamin Kololli gelingen drei Abstaubertreffer im Strafraum und profitiert dabei auch von Fehlern gegnerischer Verteidiger oder des Ersatzkeepers Müller. Dies ändert nichts daran, dass diese Partie einmal mehr gezeigt hat, dass Kololli eine echte Alternative auf der Mittelstürmerposition wäre. Erstens gibt es im Kader kaum einen Spieler, der im Strafraum so abschlussstark ist. Zweitens liegt dem Waadtländer die Rolle des Ballhaltens in zentraler Position besser, als die fleissige offensive und defensive Beackerung der Seite.

In der Testspielstatistik hat er mit jetzt insgesamt sechs Treffern zu Assan Ceesay aufgeschlossen, welcher erst in der Schlussphase der zweiten Partie zu ein paar Einsatzminuten kam. Ganz gefehlt hat in den beiden Partien Pa Modou Jagne (nicht im Aufgebot). In Abwesenheit des immer noch rekonvaleszenten Levan Kharabadze verteidigt auf dessen Seite zuerst Willie Britto, dann wird der vorgestern 25 Jahre alt gewordene Reservespieler Michael Kempter in der Pause des ersten Spieles eingewechselt. Kempter vermochte sich aber nicht nachhaltig zu empfehlen. Im zweiten Spiel agierten auf der Linksverteidigerposition erst Stephan Seiler und später Ilan Sauter.

Der FCZ hat in beiden Partien mit den Angriffen Halles über beide Seiten Mühe. Dies ist schon seit einiger Zeit die wohl grösste Schwachstelle des FC Zürich und die insgesamt schwächer einzustufenden Sachsen-Anhalter zeigten dies mit ihrem Spielstil brutal auf. Gefordert, sich defensiv zu verbessern, sind beim FCZ nicht nur die Aussenverteidiger, sondern vor allem auch die Flügelspieler. In der Zweiten Partie hinterliess der FCZ einen besseren Eindruck und gewann verdient, obwohl beim Gegner da eher die etwas stärkere Elf angetreten war. Das Zentrum mit Janjicic (wie Winter mit seinem ersten Testspiel der Saison) und Hekuran Kryeziu vermochte zeitweise das Spiel an sich zu reissen. Adi Winter feierte ein zufriedenstellendes Comeback. Marco Schönbächler (vor drei Tagen 30 geworden) vermochte zwei Treffer zu erzielen.

Das erste bereits nach anderthalb Minuten, aufgelegt von Lavdim Zumberi, welcher später angeschlagen ausgewechselt werden musste. Der zweite Schönbi-Treffer war ein souverän verwandelter Penalty, nachdem Popovic Seiler in die Gasse geschickt und dieser durch Washausen zu Fall gebracht worden war. Der Halle-Defensivmann tat sich bei seinem Foul selber weh, wollte aber wie ein Teil seiner Teamkollegen in der Aktion trotzdem keine Berührung gesehen haben. Spieler und die zahlreich mitgereisten Fans des ambitionierten HFC hatten sich schon zuvor während 180 Minuten über viele Schiedsrichterentscheidungen zum grössten Teil zu Unrecht aufgeregt, so dass es sogar, für ein Testspiel ungewöhnlich, Verwarnungen wegen Reklamierens absetzte.

FCZ – Halle 4:3 (2:1) – 1. Partie

FCZ: Vanins; Rüegg, Omeragic (46. Kempter), M. Kryeziu, Britto; S. Sohm, Domgjoni; Tosin, Marchesano, Kololli; Mahi.

HFC: Müller; Lindenhahn, Mai, Hansch, Galle; Papadopoulos, Syhre, Jopek, Drinkuth; P. Sohm, Nietfeld.

Tore: 6. Kololli (Tosin) 1:0, 14. Nietfeld 1:1, 18. Kololli (Mahi) 2:1; 48. P. Sohm (Jopek) 2:2, 59. Mahi (Kempter) 3:2, 62. P. Sohm 3:3, 74. Kololli (Mahi) 4:3.

FCZ – Halle 2:1 (1:1) – 2. Partie

FCZ: Brecher; Winter (61. Sauter), Nathan, Bangura, Seiler; H. Kryeziu (61. Ceesay), Janjicic; Aliu, Zumberi (42. Popovic), Schönbächler; Kramer.

HFC: Eisele; Landgraf, Kastenhofer, Vollert, Mast; Göbel, Bahn Baxter, Washausen, Guttau; Fetsch, Boyd.

Tore: 2. Schönbächler (Zumberi) 1:0, 26. Fetsch (Mast) 1:1; 84. Schönbächler (Penalty, Seiler) 2:1.

Weitgehend disziplinierter Auftritt gegen Lettischen Erstligisten – Kramer (2) und Tosin treffen bei 3:1 gegen Spartaks

Der FCZ gewinnt das Testspiel gegen den in der Schweiz im Trainingslager weilenden Lettischen Meisterschaftsvierten Spartaks Jürmala. Bei Spartaks kam in der 1. Halbzeit der als Zwischenstation zwischen Finnland und Lettland anderthalb Jahre im FCB-Nachwuchs spielende jüngste Profi-Spross der Eremenko-Familie, Sergey Eremenko, zum Einsatz. Der frühere Aarau-Stürmer Edgars Gauracs war hingegen nicht im Kader. Der Ex-Klub von Xamax-Verteidiger Marcis Oss hatte zu Beginn Mühe mit einem dominierenden FCZ. Das Letzigrund-Team agierte im Vergleich zu anderen Testspielen im Spiel gegen den Ball vor allem zu Beginn engagierter und liess dem Gegner wenig Luft zum Atmen. Im Spiel nach vorne unterliefen Marchesano aber viele Fehlpässe, Mahi zeigte sich am Ball zu zögerlich, und Schönbächler war weder in der Vorwärts- noch in der Rückwärtsbewegung dort, wo es ihn brauchte. Lavdim Zumberi absolvierte eine ordentliche 1. Halbzeit auf der Sechserposition und löste die Zürcher Angriffe jeweils schneller aus, als sein erfahrenerer Nebenmann.

Blaz Kramer gelingt generell nicht viel in diesem Spiel, erzielt aber trotzdem ohne grosse Mühe seine Testspieltreffer Nummer zwei und drei gegen einen wenig Gegenwehr zeigenden Jevgenij Nerugals im Spartaks-Kasten. Und Tosin Aiyegun vermag nach der Pause gegen den ehemaligen Liga-Konkurrenten zu treffen. Dieser scheint ein Lieblingsgegner des Nigerianers geworden zu sein. 2019 hat er in allen vier Ligaspielen mit Ventspils gegen Spartaks getroffen und jetzt auch noch im Test mit dem FCZ. Gut vorbereitet hatte den Treffer Arlind Dakaj mit einem Ballgewinn und Lauf an die Strafraumgrenze. Der 17-jährige Mittelfeldspieler hatte bereits im letzten Testspiel bei Wettswil-Bonstetten mit seinen Balleroberungen und dem schnellen Umschalten nach vorne überzeugt. Marvin Graf brachte als Rechtsverteidiger ebenfalls wie in Wettswil Zug nach vorne, verantwortete auf seiner Seite aber auch defensive Löcher. Das Innenverteidigerduo der Zweiten Halbzeit, Fuchs / Luburic, musste zudem Lehrgeld bezahlen. Dies obwohl ihre Gegenspieler im Schnitt nicht wesentlich älter waren. Das Durchschnittsalter der Spartaks-Startelf war rund 21 Jahre und es kamen insgesamt sechs Teenager aus Nigeria, Senegal und Lettland zum Einsatz.

FC Zürich – Spartaks Jürmala 3:1 (2:0)

Tore: 10. Kramer (Mahi) 1:0, 44. Kramer (Marchesano) 2:0; 50. Tosin (Dakaj) 3:0, 70. Belakovic (Nwaorisa) 3:1.

FCZ 1. Halbzeit – Hadzikic; Catari, Nathan, Bangura, Erne; Marchesano, Zumberi; Tosin, Mahi, Schönbächler; Kramer.

FCZ 2. Halbzeit – Hadzikic; Graf, Fuchs, Luburic, Kissling; Seiler, Dakaj; Tosin (67. Koide), Arghandewall, Di Giusto; Kramer (67. Sulejmani).

Nicht eingesetzt: Brecher, Eyamba.

Spartaks Jürmala – Nerugals (60. Kapustins); Zalaks (46.Gonçalves), Kramens, Berenfelds, Opara; Vukmanic (46. Nwaorisa), Eremenko (46. Barry), Abdullahi (66. Adam), Belakovic; Otu (46. Tall), Ennin (69. Smith).

 

 

«Ach dieser FCZ!» – Tages-Anzeiger in Abstiegsgefahr

Berechtigte Zurechtweisung und Kritik gibt es in verschiedenen gesellschaftlichen Konstellationen. Der Richter gegenüber dem Angeklagten, die Eltern gegenüber ihren Kindern, Lehrer bei Schülern oder Arbeitgeber mit Mitarbeitern. Basis dafür ist erstens die gesetzlich legitimierte Autorität und zweitens ein hohes Mass an Kompetenz und Wissen. Sportjournalisten und -medien haben keine gesetzlich legitimierte Autorität. Sie sind alle selbsternannte Kritiker. Daher wäre es umso wichtiger, dass dafür wenigstens ein hohes Mass an Kompetenz und Wissen vorhanden wäre.

Wer die sportliche Führung eines Super League-Klubs kritisiert, müsste eigentlich selbst journalistisches Super League-Niveau an den Tag legen – im Minimum. Die Zweifel mehren sich Tag für Tag, ob diese Voraussetzungen auf dem Platz Zürich wirklich gegeben sind. Zeitungsartikel über den hiesigen Fussball erinnern eher an einen Vater, der seinen kleinen Sohnemann dafür kritisiert, die Schuhbändel nicht geschnürt zu haben, dabei ist dessen Schuhwerk mit Klett-Verschluss ausgerüstet. So ein Gefühl erschleicht den Leser des Artikels von Thomas Schifferle (und Florian Raz) über den FC Zürich im Tages-Anzeiger. Da heisst es zum Beispiel:

«Auf einmal ist Neuenburg der Nabel für die Zürcher Fussballwelt. Aus Neuenburg kommt der Xamax FCS, der letzten Sommer Aufsteiger in die Super League war und gleich als erster Kandidat auf den Abstieg gehandelt wurde.»

Was soll man dazu sagen? Ja, Xamax wurde als Absteiger gehandelt – vor allem in den Massenmedien. Der FCZ hingegen hatte in der Challenge League-Saison vier heisse und enge Duelle mit Xamax ausgefochten und kannte schon vor der Saison die Qualitäten dieser Mannschaft sehr gut.

Weiter wird im «Tagi» mit grossem Bedauern über das Fehlen von Xamax’ Raphaël Nuzzolo am kommenden Samstag lamentiert:

«Sein einziges Glück ist, dass ­Xamax auf seinen überragenden Topskorer Raphaël Nuzzolo verzichten muss, weil er in Thun für ein Dutzendfoul verwarnt wird und darum gesperrt ist.»

Nuzzolo traf mit gestrecktem Bein nur den Mann. Ein nicht weniger schwerwiegendes Foulspiel, als beispielsweise dasjenige, welches zur Gelb-Roten Karte des Thuners Chris Kablan führte.

Weiter im Text:

«In Zürich dachten sie bei GC und beim FCZ nicht im Traum daran, dass sie diese Saison in Tabellenregionen landen würden, wo Xamax erwartet wurde. Europa League hiess ihre Vision, Platz 4. Ein Leben auf grossem Fuss. Zürcher Träume halt.»

Was soll hier auf salopp-populistische Weise ausgedrückt werden? Doch nicht etwa ein Zürich-Bashing im Facebook-Kommentar-Stil? Und das in einer Zeitung mit dem Zürcher Wappen im Logo? Jeder in dieser Liga träumt vom Europacup und dies völlig zurecht, denn alle Super League-isten haben da schon gespielt, und für viele, darunter auch für den FCZ, ist das noch nicht so lange her… – etwas mehr als zwei Monate, um es genau zu sagen.

«GC und der FCZ zahlen für die gleiche Schwäche: ihre fatale Verblendung.»

Zumindest in Bezug auf den FCZ trifft der Begriff «Verblendung» sicherlich nicht zu. Die Ziele, die er sich aktuell gesetzt hat, hat er auch in der Ära Canepa schon mehrmals erreicht. Man jagt also keine Fata Morgana.

«Je 20 Millionen geben sie aus, um in der Super League zu spielen. Den Misserfolg könnten sie auf jeden Fall auch billiger haben.»

FCZ und GC spielen nicht nur in der Super League, sondern zusätzlich in der Promotion League / 1. Liga, Nationalliga A (Frauen) und Dutzenden von Junioren- und Juniorinnenligen. 20-23 Millionen ist der Aufwand für den Gesamtverein inklusive Nachwuchs, Frauen, Trainingszentrum, (Stadion-)Mieten, Sicherheit, Reisen, Administration und so weiter. St. Gallen hat ca. 27 Millionen Gesamtaufwand, Luzern 25 Millionen und selbst der «kleine FC Thun» in einem preislich vergleichsweise günstigen Umfeld im Berner Oberland kommt auf mehr als 13 Millionen. Die laufenden Ausgaben für die 1. Mannschaft liegen für alle Super League-Teams ausser Basel, YB (und Sion) im einstelligen Millionenbereich oder knapp darüber. Die finanziellen Unterschiede unter den Teams auf den Rängen 3-10 sind klein im Vergleich zur Diskrepanz nach oben – und dies wird durch die aktuellen Punkteabstände ziemlich genau wiedergegeben. Gemessen an den Cuptiteln und Europacupteilnahmen der letzten Jahre hat der FCZ deutlich mehr aus seinen finanziellen Möglichkeiten herausgeholt, als mancher Ligakonkurrent.

«Bei den Grasshoppers beginnt das noch ein wenig früher als beim FCZ, vor fünf Jahren schon, als Stephan Anliker Präsident wird. Mit seinem Namen steht er für ihren Zerfall. Er steht für den fatalen Hang bei GC, aufs falsche Personal zu setzen. Das beginnt beim CEO (Manuel Huber), geht weiter über die diversen Sportchefs (Rapic, Thoma, Huber, Walther) und Trainer (Bern­egger, Yakin, Fink und Stipic) bis zu den Spielern.»

Sind Bernegger, Yakin, Fink und Stipic wirklich pauschal schlechte Trainer? Und Rapic, Thoma, Huber und Walther alle schlechte Sportchefs? Praktisch alle diese Personen haben im Verlauf ihrer Karriere auch schon erfolgreich als Trainer oder Sportchef gearbeitet. Dass die jetzigen Resultate schlecht sind, weiss jeder. Aber lag es wirklich an der grundsätzlichen Qualität des Trainer- und Sportchef-Personals? Und wie genau kommt der «Tagi» zu diesem Schluss? (Zeigefinger anfeuchten und in die Luft halten gilt als Antwort nicht)

«Was die Spieler betrifft, ist die Liste fast ein Buch lang. Wer das aktuelle Kader anschaut, der kann nur den Kopf darüber schütteln, was sich Mathias Walther und Thorsten Fink bei seiner Zusammenstellung gedacht haben. Im Dezember zum Beispiel sagte Fink noch, ein, zwei Spieler würden sie noch holen, nicht mehr. Und was passierte? Sechs kamen, aber alle sechs sind Fehlgriffe, ­angefangen bei den teuersten: ­Yoric Ravet und Caiuby.»

«Gedacht» haben sich Walther und Fink genauso wie alle anderen Sportlichen Verantwortlichen in der Super League sicherlich sehr viel. Sie haben einen Souleyman Doumbia definitiv übernommen und diesen dann nur ein halbes Jahr später für das Zehnfache weiterverkaufen können. Sie haben Spieler für die bei hiesigen Fussballexperten und -journalisten so gerne zitierte «Achse», das Grundgerüst der Mannschaft geholt, wie Raphael Holzhauser, Arlind Ajeti, Nathan oder Marco Djuricin. Dazu für Super League-Verhältnisse durchaus überdurchschnittliche Talente wie Diani, Goelzer oder Ngoy.

Wenn es geklappt und die Mannschaft zusammengefunden hätte, hätte der «Tagi» von «weitsichtiger Transferpolitik mit System» geschrieben. Nun hat es aber nicht geklappt, und der Tagi kann wichtigtuerisch «nur den Kopf darüber schütteln». Ohne als Beweis einen Artikel vorweisen zu können, in welchem man schon zum Zeitpunkt der Verpflichtung von Spieler X oder Spieler Y gewusst hat, dass dieser wegen Grund A, B und C nichts reissen wird.

Ganz im Gegenteil: im Februar schrieb nämlich der «Tagi» über Yoric Ravet: «Die willkommene Inspiration für die bisher in dieser Saison so berechenbare GC-Offensive». Und über Caiuby: «Nun ist er da, der Retter des Rekordmeisters – zumindest soll er es werden».

«Sie kamen von den Ersatz­bänken der Bundesliga mit der Vorstellung, bei GC um vordere Plätze zu spielen.»

Tatsächlich? Wie ist das zu verstehen? Ravet und Caiuby sind in der Winterpause nach Zürich gekommen, und haben sich erst nach Vertragsunterschrift darüber informiert, auf welchem Tabellenplatz GC liegt?

«Serey Dié bringt das ­Realitätsdenken zum Ausdruck, das bei Xamax vorherrscht. ­Daran kann nicht einmal mehr Präsident Binggeli etwas ändern, der sich aus dem Schatten von Trainer Stéphane Henchoz lösen will und sich zunehmend als Selbstdarsteller gefällt.»

Im Februar schrieb der Tages-Anzeiger zum Trainerwechsel von Michel Decastel zu Stéphane Henchoz: «Man wolle mit der Trainerentlassung für den «notwendigen Elektroschock sorgen, damit die Mannschaft für die nächsten wichtigen Spiele neue Energiezufuhr erhält», erklärte Xamax-Präsident Christian Binggeli den eher unerwarteten Schritt. Vorerst übernimmt Decastels bisheriger Assistent Stéphane Henchoz die Mannschaft. Der 44-jährige frühere Internationale und Verteidiger von Liverpool war noch nie in der Super League als Cheftrainer tätig.»

Weitherum haben Journalisten und Experten im Februar Präsident Binggeli für dessen Trainerwechsel von Decastel zu Henchoz kritisiert. Nun bezeichnen dieselben Experten Binggeli als «Selbstdarsteller», weil er den Vertrag mit Henchoz nicht verlängert… Wir reden hier zudem von demjenigen Binggeli, der Xamax mit seinem kleinen Team von der 2. Liga Interregional zurück in die Super League geführt hat. Und welcher zu 100% demjenigen Präsidententypus entspricht, nach welchem nach der Ära Chagaev alle verlangt hatten: vernünftig wirtschaftend, systematisch planend, langfristig orientiert, über den aktuellen Totomat hinausgehend, mit viel Realismus, Step by Step. Eben genauso einer, der aufgrund der Planungen im Juniorenbereich unabhängig von Abstieg oder Klassenerhalt einen dazu passenden Coach wie Joël Magnin für die Profis holt, und sich bewusst ist, dass die aktuelle Mannschaft trotz der aktuellen Erfolgswelle ihren Zenit bald überschritten haben wird.

«Bei GC müssen nun Stephan Rietiker als Präsident und Uli Forte als Trainer die Scherben aufkehren. Die Schuldigen dagegen lassen es sich gut gehen. Walther postet Bilder aus Istanbul, während GC leidet, Fink kassiert selbst nach seiner Entlassung 44’000 Franken im Monat.»

Und was ist genau der Vorschlag? Reiseverbot für alle ehemaligen Sportchefs? Freiwilliger Lohnverzicht für ehemalige Trainer? Einen Profi-Fussballklub zu führen, ist um ein vielfaches schwieriger, als Zeitungsartikel zu schreiben. Es reicht, ein klein bisschen schlechtere Entscheidungen getroffen zu haben, als die Mitkonkurrenten, und man steigt ab. Auch ganz ohne, dass es Scherben gegeben hat, oder dass man im Strafrechtsjargon gleich von «Schuldigen» sprechen muss.

«Und der FCZ? Ach, dieser FCZ!»

Achtung! Jetzt wird’s dramatisch!

«Er hat sich bei den Transfers genauso verkalkuliert wie GC. Spätestens im Winter hätte er darauf reagieren müssen, dass er nach den Abgängen von Raphael Dwamena und Michael Frey im letzten Sommer keine Stürmer hat, die zu seinen Plänen passen.»

Der Gambische Nationalspieler Assan Ceesay ist ein ähnlicher Stürmertyp wie Raphael Dwamena. Beide sind schnell und bringen mit ihrem Rechten Fuss wenig zustande. Ceesay hatte in der Vorrunde verletzungsbedingt wenig gespielt und war im Winter wieder gesund. Einen Michael Frey verpflichten zu können, war hingegen für einen Klub mit den Möglichkeiten des FCZ ein Glücksfall –  dank dessen Situation bei YB und der persönlichen Beziehung zum damaligen Trainer Uli Forte. Genauso war es Pech, ihn im letzten Herbst kurz vor Transferschluss abgeben zu müssen. Wegen des Wertverfalls der Türkischen Lira mussten die Spitzenklubs vom Bosporus ihre Stars verkaufen. Plötzlich gab es für jemanden wie Frey kurzfristig die Chance, zu einem Grossklub wie Fenerbahce wechseln zu können, wo nicht lange zuvor noch ein Giuliano, Emenike oder Robin Van Persie gestürmt hatten. Der Tages-Anzeiger hätte den FCZ ganz sicher kritisiert, wenn dieser Frey gezwungen hätte, in Zürich zu bleiben, und dessen Leistungen dann nicht mehr gepasst hätten. Für einen Klub wie den FCZ ist es alles andere als selbstverständlich, einen solchen Stürmer adäquat ersetzen zu können – und in einem Wintertransferfenster sowieso praktisch unmöglich. Versucht hat mans sicherlich.

«Er holte Spieler, ja, aber für die U-21, weil er da angeblich unterbesetzt war. «

«Angeblich»? Der FCZ hat schon seit vielen Jahren Mühe, Stürmer mit dem benötigten Level aus der U18 in die Promotion League-Equipe zu bringen. Entweder sie werden schon vorher von einem ausländischen Klub abgeworben, oder es ist im jeweiligen Jahrgang gar kein Stürmer auf diesem Niveau vorhanden. Nur drei Super League-Klubs unterhalten eine Promotion League-Mannschaft. Basel ist schweizweit top in der Entwicklung junger Stürmer. Sion hingegen verpflichtet einen grossen Teil seiner U21 extern. Der FCZ wiederum bringt auf anderen Positionen viele gute Talente heraus, hatte aber seit Josip Drmic (vor bald 10 Jahren) kein Sturm-Toptalent aus der eigenen U18 mehr. Man ergänzt daher die Promotion League-Mannschaft schon seit vielen Jahren auf dieser Position mit Spielern aus auswärtigen Nachwuchsabteilungen – die Namen Jordi Nsiala, Aldin Turkes, Kilian Pagliuca oder Shpetim Sulejmani sind dem Tages-Anzeiger vielleicht ein Begriff – vielleicht aber auch nicht… Bei U21-Spielen im Heerenschürli sucht man auf jeden Fall Tages-Anzeiger Sportjournalisten jeweils vergebens. Wie kommt es daher zu dieser Einschätzung einer «angeblichen» Unterbesetzung? Fakten? Wissen? Oder eine weitere flapsige Behauptung ohne jegliche Basis?

«Dafür gibt er Victor Palsson ab. Und macht Kevin ­Rüegg zum Nachfolger des Isländers als Captain. Sportchef Thomas Bickel sagt, dieser Entscheid verkörpere die Philosophie des FCZ. Rüegg allerdings ist überfordert mit der Aufgabe, mit seinen 20 Jahren ist er alles, nur keine Führungsfigur, kein Palsson. Nicht jeder ist in diesem ­Alter ein Matthijs de Ligt.»

Wenn im Winter statt Victor Palsson Antonio Marchesano nach Deutschland gewechselt wäre, dann würde nun dieser vom «Tages-Anzeiger» in den Himmel gelobt. Palssons miserable Leistungen vor und nach der Winterpause vor Jahresfrist hatten wohl auch ihren Anteil an der damaligen Freistellung von Trainer Uli Forte. Der Isländer hat in seiner Karriere ständig den Klub gewechselt. Er wollte schon im Sommer gehen – und würde man den Leistungen Palssons heute auf dem Platz ansehen, dass er eigentlich weg wollte, würde der FCZ vom «Tagi» auch bei ihm heftig dafür kritisiert werden, ihn nicht gehen gelassen zu haben. Kevin Rüegg macht persönlich eine gute Entwicklung durch. Er hilft zugunsten der Mannschaft wegen Verletzungen im Mittelfeld aus, was auf der sportlichen Schiene kein Vorteil für ihn ist.

«Je schlechter die Resultate geworden sind, desto mehr haben Präsident Ancillo Canepa und Trainer Ludovic Magnin dazu ­geneigt, über die Schiedsrichter herzuziehen. Canepa nennt sie «dünnhäutig», ausgerechnet er»

Mit gleichen Ellen gemessen müsste man dann analog schreiben: „Der Tages-Anzeiger neigt dazu, über Ancillo Canepa herzuziehen“, denn er bezeichnet diesen ja hier ebenfalls implizit als dünnhäutig. Wäre nicht schlimm, aber dann müsste fairerweise an dieser Stelle auch eine Tagi-Einschätzung der Schweizer Fussball-Schiedsrichter folgen. Vielleicht empfindet der „Tagi“ ja einzelne Schweizer Schiedsrichter ebenfalls als dünnhäutig, aber dies zuzugeben würde die ganze Rhetorik über den Haufen werfen. Oder man hat gute Begründungen, warum dies nicht so ist.

«Magnin bezeichnet sie einmal gar als «Betrüger».»

Magnin bestreitet dies – das müsste zumindest erwähnt werden. Oder war der «Tagi» live dabei?

«Lange haben sie von zwei ­Siegen gelebt: von jenem vor einem Jahr im Cupfinal gegen YB und jenem im Oktober in der Europa League gegen Leverkusen. Magnin nutzte das, um sich als Trainer für grosse Spiele zu inszenieren. Inzwischen ist er nur noch ein Trainer für Niederlagen, acht sind es allein in der Rückrunde.»

Da wird wieder einiges verdreht, verschwiegen und misinterpretiert. Erstmal: Magnin ist als Spieler mit dem kleinen Yverdon in die Super League aufgestiegen, wurde als einer von ganz wenigen Bundesligaspielern der Geschichte mit zwei verschiedenen Klubs Deutscher Meister, ohne jemals bei Bayern gespielt zu haben – und in der Nationalmannschaft spielte er ebenfalls am besten, wenn es gegen grosse Gegner oder um wichtige Spiele ging. Als Trainer der FCZ U18 beendete er die Finalrunde auf dem fünften Platz, sein Team legte dann in den Playoffs einen Steigerungslauf hin, war in Viertelfinal, Halbfinal und Final gegen Servette, Basel und GC jeweils das bessere Team und wurde Schweizer Meister (im Bild unter anderen: Maren Haile-Selassie, Kevin Rüegg, Fabian Rohner, Bojan Milosavljevic, Dimitri Volkart, Gianni Antoniazzi, Arbenit Xhemajli). Als kurzzeitiger Co-Trainer der 1. Mannschaft gewann er an der Seite von Uli Forte den Schweizer Cup. Magnin war nie ein herausragender Spieler und als Trainer hatte er erst einen sehr kleinen Weg zurückgelegt, trotzdem riefen er und seine Teams zumindest in den «grossen Spielen» überdurchschnittlich häufig die Bestleistung ab und überzeugten durch Mentalität. Magnin als «Mann für die grossen Spiele» ist keine «Inszenierung», sondern schlichtweg Fakt aus Sicht eines aufmerksamen Chronisten. Nur für jemanden, der Magnin als Trainer noch nicht kannte und sich auch nicht mehr richtig an seine Spielerkarriere erinnern konnte, musste das seltsam klingen. «Ein Mann für die grossen Spiele» zu sein, bedeutet ja eben gerade nicht, dass man alles gewinnt – sonst wäre man ja der «Mann für alle Spiele». Es ist die Bezeichnung für jemanden, der weit davon entfernt ist, herausragend zu sein, es aber immer wieder in entscheidenden Momenten schafft, im Team über sich hinauszuwachsen. Und dies setzte sich in seiner Funktion als Cheftrainer der 1. Mannschaft fort: Meisterschaftsderby verloren, aber danach den Cup-Halbfinal gegen den gleichen Gegner gewonnen, Cupsieg im Wankdorf gegen Meisterschaftsdominator YB, einziger Sieg gegen den FCB in den letzten fünf Jahren (4:1) und in der ersten Hälfte der Europa League-Gruppenphase alle drei Spiele gewonnen. Gute erste Meisterschaftshälfte, aber dann eine Krise im Frühling.

«Der Vielredner kann ebenso wenig ausblenden, dass unter ihm kein Spieler besser geworden ist.»

Im Ernst? Yannick Brecher ist besser und konstanter als noch unter Uli Forte, Andreas Maxsø hat sich zu einem Top-Super League-Innenverteidiger entwickelt, Levan Kharabadze innert kürzester Zeit ans deutlich höhere Niveau in der Schweiz angepasst, die ultrajungen Sohm, Krasniqi und Omeragic wurden im richtigen Moment eingesetzt und überzeugten alle in grossem Masse. Der von vielen als «talentfrei» bezeichnete Fabio Dixon, welcher selbst in der U21 nicht zu den Überfliegern gehörte, kam in Neuenburg rein und rettete der Mannschaft bei seinem ersten Super League-Teileinsatz einen Punkt. Sogar Alain Nef und Andris Vanins scheinen im „hohen“ Alter wieder besser zu werden. Der von Uli Forte verschmähte Toni Domgjoni spielt als Stammspieler auf konstant gutem Super League-Niveau. Izer Aliu war vor seiner Verletzung auf gutem Weg zum Stammspieler. Dem über seine ganze Karriere hinweg immer in der Zweiten Reihe / Liga stehenden Antonio Marchesano gelangen unter Magnin im Cupfinal und gegen Leverkusen endlich die grossen Spiele, von denen er immer geträumt hatte. Auch ein Palsson oder Thelander zeigten im Cupfinal ihr mit Abstand bestes Spiel im FCZ-Dress. Benjamin Kololli, der sich bisher in seiner Karriere nie über längere Zeit auf Super League-Niveau etablieren konnte, versetzte Magnin in den Sturm, wo der Waadtländer besser zur Geltung kommt. Stephen Odey hat sich schneller als erwartet entwickelt, und Mirlind Kryeziu unter Magnin wieder an die Startelf rangekämpft. Kevin Rüegg wurde von Magnin mehrheitlich auf der Rechten Seite eingesetzt, wo Rüeggs Stärken deutlich besser zur Geltung kommen und wo er auch international auf sich aufmerksam machen konnte. Pa Modou ist konstanter geworden und schiesst neuerdings dank Sondertraining Tore mit Rechts und per Kopf. Selbst der «Forte-Spieler» Adi Winter hat seinen Züri Live-Notenschnitt diese Saison nochmal leicht gesteigert, und auch Salim Khelifi sich im Vergleich zu seiner schwierigen Zeit zuletzt in Braunschweig wieder etwas gefangen. Hekuran Kryeziu hat sich beim FCZ unter der Ägide Magnins im Offensivspiel verbessert, spielt schneller und direkter. Der in der Winterpause dazugestossene Joel Untersee zeigte nach harzigem Beginn zuletzt vor seinem zweiten verletzungsbedingten Ausfall vier Spiele in Folge gute bis sehr gute Leistungen. Assan Ceesay hat sich bis zu seinem mässigen Auftritt in Basel zuletzt Spiel für Spiel gesteigert. Lavdim Zumberi, dessen Super League-tauglichkeit in der Vergangenheit immer etwas fraglich war, zeigte in Napoli und gegen Basel erstaunlich reife Auftritte.

Nun ist es natürlich möglich, dass man bei einzelnen Spielern unterschiedliche Meinungen vertreten kann. Aber einfach salopp einen Satz wie «kein Spieler ist besser geworden» in die Druckerpresse zu schicken ohne Begründung, Beweise, Beispiele? Das ist schwach! Der Eindruck entsteht, dass die Autoren sich zu dieser Aussage gar nicht wirklich Gedanken gemacht haben. Aus Sicht von Züri Live jedenfalls kann man den Faktor «Entwicklung der Einzelspieler» als möglichen Grund für die aktuelle Resultatmisere streichen. Daran liegt es am wenigsten.

Fazit: es ist alles noch viel schlimmer für Zürich als gedacht. Nicht nur ist GC so gut wie abgestiegen, und der FCZ hat schwere Aufgaben vor sich, sondern auch der Tages-Anzeiger ist in akuter Abstiegsgefahr – von der 2. Liga Interregional in die 2. Liga Regional des Journalismus.

(Bild Drmic: CC BY-SA 3.0 Steindy, Ravet: CC BY-SA 3.0 Ludovic Peron, Tages-Anzeiger: CC BY-SA 4.0 Steven Lek no changes)

Mutige Taktik nicht belohnt / FCZ – FCB 0:2 Analyse

Der FCZ verliert nach dem Spiel Zwei auch das Spiel Drei (von fünf) der Saison gegen den FC Basel mit dem Ergebnis von 0:2. Beide Teams traten ganz anders an und auf als noch in den Auswärtsspielen am Wochenende in Sion und Luzern. Basels Trainer Marcel Koller, der beim 1:0-Sieg bei den grossgewachsenen Innerschweizern noch eine relativ konservative taktische Linie vorgegeben und auf physisch stärkere Spieler wie Balanta, Xhaka, Kuzmanovic, Stocker und Ajeti gesetzt hatte, ging richtigerweise von einem FCZ aus, der mitspielen will und brachte eher seine wirbligen, schnellen und/oder technisch starken Leute wie Campo, Van Wolfswinkel, Kalulu oder Widmer – dazu war Spielgestalter und Teamleader Fabian Frei, der beim 2:0-Heimsieg gegen den FCZ im Dezember eine Top-Leistung abgeliefert hatte, wieder in der Startformation. Ausserdem verlangte Koller von seinen Spielern diesmal von Anfang an mit Vollgas in hohem Tempo zu pressen. Nicht per Zufall stibitzte Van Wolfswinkel schon nach wenigen Sekunden den Ball vom Fuss Umaru Banguras und holte einen Eckball heraus. Die enorm fehlerhafte Vorstellung des Zürcher Innenverteidigers in Sion ist den Baslern natürlich nicht entgangen. Der FCB suchte zudem immer wieder lokal Überzahlsituationen zu kreieren und liess dabei gleichzeitig andere Räume ungenutzt und von Akteuren der Zürcher Abwehrformation nutzlos besetzt.

Der FCZ hatte nur zwei personelle Wechsel im Vergleich zu «Sion» – Stephen Odey fiel verletzt aus, dafür kehrte der gesperrte Toni Domgjoni wieder zurück. Für den im Wallis in den Zweikämpfen auf der Seite zu häufig unterlegenen Joel Untersee rückte Kevin Rüegg wieder auf die Rechtsverteidigerposition und der schussstarke Offensive Mittelfeldspieler Lavdim Zumberi kam rein. Wie der FCB ging auch der FCZ von der Ersten Minute an hohes Tempo und presste hoch. Da beide Mannschaften das Gleiche praktizierten, entstand durch das Tempo und die grossen Distanzen im Mittelfeld ein stürmischer Schlagabtausch – mit klaren Vorteilen auf Seiten der Rot-Blauen aufgrund tieferer Fehlerquote und höherer individueller Qualität. In Sion war der FCZ noch vom sich zurückziehenden Gegner weit in dessen Hälfte gelockt worden, um hinter der Zürcher Abwehr Raum für das Yakin’sche schnelle Umschaltspiel zu schaffen. Aber auch dort waren es in erster Linie die zu zahlreichen individuellen Fehler beim FCZ, welche Sion die entscheidenden Vorteile verschafften.

Im August hatte der FCZ gegen Basel noch ungewöhnlich (zumal in einem Heimspiel) defensiv in einem de facto 5-2-3 agiert und sich in «Sion-Manier» in die eigene Hälfte zurückgezogen gehabt. Der taktische Kniff ging auf – der FCZ hätte die Partie (1:1) an den Torchancen beziehungsweise «expected Goals» gemessen gewinnen müssen. Allerdings war damals der FCB auch weit von seinem heutigen Niveau entfernt und das für den aktuellen FCZ in der Regel so wichtige Aussenverteidigerduo Rüegg / Pa Modou stand von Beginn weg auf dem Platz. Im Dezember beim 0:2 im St. Jakob Park hatte sich Basel immer noch nicht ganz erholt und der FCZ hätte zu jenem Zeitpunkt gute Chancen auf einen Punkt gehabt, agierte aber in jener Partie vor allem in der Ersten Halbzeit zu wenig wach, präsent und clever auf dem Platz. Man baute den Gegner unnötig auf. Am Ende war die Statistik bei den «expected Goals» trotzdem ausgeglichen.

Im April kam nun ein deutlich stärkerer FC Basel in den Letzigrund. Trotzdem war die Strategie des FCZ von Beginn weg das Szepter in diesem Spiel zu übernehmen – was misslang. Dafür war unter anderem auch die enorm schnelle und gute Reaktion der Basler auf die taktische Ausrichtung des FCZ entscheidend. Dies vor allem auch dank ihren enorm routinierten Teamleadern Fabian Frei, Marek Suchy und Ricky Van Wolfswinkel. Der FCZ trat nämlich in einer Mittelfeldraute an, einem in der Super League selten gespielten System. Gegen die meisten Liga-Gegner hätte man damit bestimmt das Überraschungsmoment auf seiner Seite gehabt und sich in der Anfangsphase Vorteile erspielen können. Nicht aber gegen den aktuellen FC Basel, wie man spätestens nach diesem Spiel weiss.

Die Raute funktioniert nur, wenn man es schafft, das Spiel in die Hand zu nehmen und den Ballbesitz auf seine Seite zu bringen. Dies gegen den FCB in der aktuellen Form so konsequent anzustreben ist je nach Sichtweise mutig oder naiv. Im Nachhinein ist man sowieso immer klüger. Auf jeden Fall gelang es dem FCZ in der Startphase nicht, dieses Zwischenziel zu erreichen, worauf er die Formation in der 15. Minute auf ein 4-4-2 mit einem «flachen» Mittelfeld änderte. Diese Ausrichtung ist defensiv stabiler, vor allem die Seiten sind deutlich besser geschützt. Dies wirkte sich sofort aufs Basler Angriffsspiel aus. Die Spielauslösung des Koller-Teams dauerte deutlich länger und zögerlicher, weil nun die einfache Lösung über die Seite nicht mehr zur Verfügung stand. Dafür hatte im Gegenzug der FCZ selbst nun auch nicht mehr diese gefährlichen Umschaltmomente durch die im Rautensystem zahlreich bevölkerte Mitte, wie es sie in der Anfangsphase zwei Mal gegeben hatte. Insgesamt wurde die Partie deutlich ausgeglichener mit sporadischen guten Tormöglichkeiten auf beiden Seiten.

Auch wenn es aufgrund des Chancenverhältnisses auf den ersten Blick nicht so aussieht, war dieses Basel-Heimspiel eine Leistungssteigerung gegenüber dem Sion-Match, sowohl als Mannschaft wie auch in vielen Fällen individuell. Man versuchte in der Anfangsphase die Differenzen in der individuellen Qualität der beiden Teams mit einem riskanten System zu neutralisieren, was nicht funktionierte. In der Folge vermochte Toni Domgjoni im flachen 4-4-2 als zweite Spitze Assan Ceesay immer wieder wirkungsvoll beim Stören der Basler Angriffsauslösung zu unterstützen. Der in der Raute auf seiner Idealposition als 10er beginnende Lavdim Zumberi versuchte sich sichtlich und erfolgreich auch im Linken Mittelfeld von seiner aktuell besten Seite zu zeigen mit engagierter Defensivarbeit sowie nach vorne zielstrebigen Vorstössen, einem starken Weitschuss und zum Abschluss seines Einsatzes einer sehr guten Flanke.

Trotzdem tat die Einwechslung Pa Modous für Zumberi dem FCZ für die Schlussphase zusätzlich gut. Mit dem danach vorgerückten Levan Kharabadze, der sich im Vergleich zu seinen letzten Einsätzen verbessert zeigte und in der Ersten Halbzeit Kalulu (zur Pause ausgewechselt) praktisch ausschaltete, verstand sich der Gambier bei seinem Comeback auf der linken Seite von Anfang an gut. Assan Ceesay spielte sein wohl bisher bestes Spiel als Starter im FCZ-Dress mit vielen guten Kopfballweiterleitungen, Ballgewinnen und Sprints. Ein engagiertes Début allerdings ohne zu wesentlichen torgefährlichen Szenen zu kommen bestritt der 19-jährige Stürmer Nicolas Andereggen aus dem Argentinischen San Jeronimo Norte.

Ein Spiel «zum Vergessen» wars hingegen für Captain Kevin Rüegg. Bangura war besser als in Sion, aber unter dem Strich noch nicht genügend. Grégory Sertic zauberte direkt aus einem Corner einen Lattenkreuzknaller hin und beteiligte sich phasenweise konstruktiv am Aufbauspiel – was aber leider im negativen Sinn mehr als aufgewogen wird durch seine Körpersprache und ungenügendem Einsatz in vielen Aktionen – schon ab der 17. Minute begann der Franzose wie ein Grümpelturnierfussballer bei Ballverlusten stehen zu bleiben und zu hadern, statt wie ein Profi sofort die entstehende Lücke schliessen zu helfen. Schlimm wurde es dann vor allem in der Zweiten Halbzeit als Sertic beim Stand von 0:1 trotz reellen Chancen auf den Ausgleich wiederum viel zu früh die Segel strich.

Insgesamt erinnert die Partie an das Heimspiel gegen Napoli, als der Live-Eindruck des FCZ im Stadion ebenfalls schlecht war, bei genauerer Betrachtung im Nachhinein aber auch viele positive Aspekte offenbart wurden. Vor allem scheint den Spielern die anspruchsvolle Spielsweise für die individuelle Lernkurve gut zu tun. Realistischerweise muss man allerdings auch einräumen, dass eine Kanterniederlage diese positiven Aspekte gefährdet hätte. Beim 0:1 durch Samuele Campo, der wie schon im August erneut gegen den FCZ im Letzigrund das Führungstor erzielte, war entscheidend, dass der umsichtige Fabian Frei Toni Domgjoni im Mittelfeld von Eray Cömert weglockte, was diesem erlaubte ohne jeglichen gegnerischen Druck den sehr guten langen Ball hinter die Abwehr zu spielen, den Campo direkt nahm. Umaru Bangura kam gegen Campo zwar zu spät, aber im Gegensatz zu vielen anderen Szenen zuletzt kann man in diesem Fall nicht von einem groben Schnitzer des Innenverteidigers aus Sierra Leone sprechen. Grundsätzlich reagierte er schnell, stand davor vielleicht wenige Zentimeter zu weit vorne – Cömert und Campo machten ihre Sache aber halt einfach auch sehr gut. Derjenige, der das Tor am ehesten hätte verhindern können, war Domgjoni.

Das 0:2 entstand aus einem schlecht ausgeführten Einwurf des eingewechselten Pa Modou. Albian Ajeti stand beim Zuspiel von Zdravko Kuzmanovic allerdings im Offside (im Standbild klar an der Grasnarbe erkennbar). Toni Domgjoni wurde zudem im Basler Strafraum nach klarem Foul von Zuffi ein Penalty verwehrt. Der zweite nicht gegebene klare Penalty in Folge gegen den FCB nach dem Handspiel Kalulus im St. Jakob Park im Dezember. Mühe hatte der FCZ wieder einmal bei gegnerischen Eckbällen, auch wenn daraus diesmal kein Gegentor resultierte. Maxsö nahm wie immer den gefährlichsten Gegenspieler aus dem Rennen. Suchy versuchte es einmal mit einem Stoss in den Rücken des Dänen, welcher aber von Referee Klossner korrekterweise geahndet wurde.

Grégory Sertic (diesmal gegen Van Wolfswinkel) ist zwar im Luftduell nicht stark, verkörpert aber mehr Routine als die meisten seiner Mitspieler, und weiss, wie man einen Gegenspieler genügend stören kann, ohne dass es einem Foulspiel entspricht. Kharabadze macht seine Sache bei gegnerischen Standards mehrheitlich gut, aber einmal entwischte ihm Fabian Frei trotzdem. Umaru Bangura hatte diesmal Glück, denn sein Gegenspieler Silvan Widmer wurde von Luca Zuffi nie anvisiert. Dafür stand diesmal die zweitgrösste Schwachstelle Kevin Rüegg im Fokus, der mit seinem U21-Nationalteamkollegen Eray Cömert seine liebe Mühe hatte. Dieser nutzte in seinen Laufwegen erfolgreich Mit- und Gegenspieler als „Kurveninnenseite“, um seinen Kontrahenten abzuschütteln. Eine einstudierte irreguläre Eckballvariante hatte Basel ebenfalls noch im Köcher (siehe Bildfolge unten). Bei dieser stürzten sich vor dem Strafraum ausserhalb des Sichtfeldes von Ref Klossner Silvan Widmer und Aldo Kalulu zu zweit wie Defensive Tackles im American Football auf Toni Domgjoni, damit dieser seinem Gegenspieler Campo nicht folgen konnte, worauf dieser nach dem kurz und flach gespielten Ball Zuffis frei zum Abschluss kam, der dann allerdings vom aufmerksamen Maxsö geblockt wurde. Der Däne ist der Züri Live-MVP der Partie und wird im Derby gesperrt fehlen.

FCZ – Basel 0:2 (0:0)

Tore:  54. Campo (Cömert) 0:1, 89. Ajeti (Kuzmanovic).

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Maxsø, Kharabadze; Sertic; H. Kryeziu, Domgjoni (82. M. Kryeziu); Zumberi (58. Pa Modou); Khelifi, Ceesay (78. Andereggen).

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Suchy, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (46. Ajeti), Campo (81. Xhaka), Okafor (62. Kuzmanovic); Van Wolfswinkel.

(Standbilder: Teleclub)

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