Lugano mit Vorsprung auf der Leistungskurve / Lugano – FCZ VORSCHAU

Direktbegegnungen im Überblick (dbfcz)

Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)

Im Cornaredo treffen am Sonntag zwei Teams aufeinander, die sich wieder im Aufschwung befinden. Die Tessiner sind dies aber schon länger als der FCZ und haben daher den Vorteil, dass sie etwas gefestigter sind. Das Team von Coach Mattia Croci-Torti hatte diesmal während der Europa League-Gruppenphase in der Liga Mühe, vor allem auch weil es gleichzeitig viele verletzte Stammspieler gab. Der Tiefpunkt war die 0:3-Niederlage Mitte November mit einem Rumpfteam gegen den FC Zürich – 64 Stunden nach der 0:2-Niederlage in Brügge, wo man mit einem mutigen Auftritt über weite Strecken eine gute Leistung gezeigt hatte. Die Serie von vier ungeschlagenen Spielen in Folge (mit einem 1:0-Sieg in Basel und einem 3:3 gegen YB) wurde letzte Woche durch eine 1:2-Niederlage beim Zweitplatzierten und einzigen verbliebenen Schweizer Europacup-Teilnehmer Servette unterbrochen. In 1:0-Führung liegend, sah Lugano-Mittelfeldspieler Anto Grgic in der 75. Minute Rot, worauf der Gegner die Partie noch drehen konnte.

Croci-Tortis Team erinnert taktisch an die Weltmeister 2014

Der ehemalige FCZ-Junior wird also wegen seiner Sperre nicht dabei sein. Er wird den Tessinern speziell bei den Offensivstandards fehlen, die dank ihm zuletzt gefährlich waren und zu Toren führten. Der Ersatz Grgics auf der 6er-Position wäre im Normalfall mit Ousmane Doumbia ein weiterer ehemaliger FCZ-Spieler. Aber dieser wird voraussichtlich verletzungsbedingt ebenfalls ausfallen. So muss wohl Captain Jonathan Sabbatini von einer 8er- auf die 6er-Position zurückrücken. Dies könnte ebenfalls negative Auswirkungen aufs Offensivspiel der Luganesi haben, denn Sabbatini zeigte sich zuletzt in verschiedenster Weise nach vorne gefährlich – mit Ballgewinnen weit in der gegnerischen Platzhälfte wie beim Führungstreffer in Genf, mit Klasse-Zuspielen hinter die gegnerische Abwehrlinie wie beim Siegtreffer Renato Steffens in Basel – oder selbst als Torschütze wie in St. Gallen. Letzten März ist der 35-jährige Uruguayer, der im Sommer eigentlich als Profi aufhören und einen Job im Staff des FC Lugano hatte antreten wollen, beim 2:0-Heimsieg im Cornaredo gegen den FC Zürich mit einem Tor und einem Assist speziell aufgefallen. Auf den formstarken Routinier muss der FCZ sicherlich ein Auge werfen.

Die Spielweise von Lugano hat sich in letzter Zeit verändert. Torhüter Amir Saipi spielt viel mehr hohe Bälle hinten heraus ins Mittelfeld als früher – obwohl er darin weniger gut ist, als beispielsweise Yanick Brecher. Die Bälle sind dabei so gespielt, dass sie halbhoch verarbeitet werden können, denn die vordere Lugano-Linie ist nicht kopfballstark. Währenddessen hat sich das Aufbauspiel des FC Zürich zuletzt genau gegensätzlich entwickelt. Die Grundformation der Tessiner kann man als 4-3-3 bezeichnen, aber es ist kein klassisches 4-3-3. Auch von einem 4-1-4-1 oder 4-5-1 zu reden trifft es nur teilweise. Dies weil die offensiven Aussenspieler (aktuell in der Regel Mahou und Bislimi) nicht wie klassische Flügel agieren, sondern eher wie seitlich und vertikal verschobene 8-er. Vielleicht könnte man von “Super 8-ern“ sprechen. Sowohl die Rolle dieser “Super-8er“ (Özil, Müller), als auch die Viererkettte mit häufig vier gelernten Innenverteidigern, sowie die unregelmässige und punktuelle Art des Pressings erinnert taktisch an die Weltmeistermannschaft Deutschlands 2014. Im Normalfall ist Lugano defensiv eher an Raumdeckung orientiert. Allerdings gibt es Ausnahmen: beim Auswärtssieg in Basel spielte man Pressingfussball mit weitgehender Manndeckung in einem 4-4-2 gegen das 4-4-2 des FCB.

Lugano fast immer mit dem gleichen Rezept

Neben der Variante mit vier Innenverteidigern in der Viererkette (Hajrizi, Mai, El Wafi, Hajdari) hat Lugano-Coach Croci-Torti die Option mit dem offensiven Aussenverteidiger Valenzuela im Köcher – so wie 2014 Jogi Löw mit Philipp Lahm, der im Verlauf des Turniers zurück auf die Aussenverteidigerposition rückte. Für die Variante mit Valenzuela spricht, dass El Wafi zuletzt in Genf keinen glücklichen Auftritt hinlegte und vielleicht erstmal auf der Bank Platz nehmen muss. Eine Alternative auf der 6er-Position wäre der bereits 26-jährige, aber trotzdem noch wenig erfahrene Johan Nkama, was Sabbatini erlauben würde, auf der für ihn effektiveren 8er-Position zu spielen. Möglich auch, dass es zumindest im Verlauf der Partie bereits zum Début des neuen Stürmers Kacper Przybylko (30) kommt, der nach 114 Einsätzen in der 2. Bundesliga und 130 Partien in der Major League Soccer bei Maren Haile-Selassie-Klub Chicago Fire jüngeren Stürmern Platz machen musste. Die Mehrzahl seiner Tore erzielt Lugano in den letzten Wochen jeweils auf ähnliche Art und Weise. Ganz egal auf welcher Höhe sich die gegnerische Abwehrkette befindet, will man vor dieser in Ballbesitz zu kommen und von dort den Ball hinter die gegnerische Abwehrlinie spielen. Die Schwierigkeit für den Gegner besteht dabei darin, dass Lugano versucht, so viele Anspielstationen wie möglich auf die gegnerische Verteidigungslinie zu bringen – und häufig wird für das Zuspiel in die Tiefe dann nicht die naheliegendste Variante gewählt, um ein gewisses Überraschungsmoment zu nutzen.

Während bei Lugano der Liga-Aufschwung nach ihrer Herbst-Baisse schon Ende November eingesetzt hatte und nach dem Jahreswechsel anhielt, kam die FCZ-Resultatbaisse in den Wintermonaten. Im 285. Derby konnte nach sieben sieglosen Partien mit einer überdurchschnittlichen Defensivleistung und Pragmatismus der erste Sieg eingefahren werden. Der darauf folgende 1:0-Sieg in Luzern war basierend auf den Züri Live-Noten gar die Defensiv zweitbeste und insgesamt viertbeste Leistung der ganzen Saison. Die veränderte Spielweise und Spielformation, die Sperren von Katic und Condé und verletzungsbedingten Ausfälle von Guerrero und Daprelà, sowie die verstärkte Berücksichtigung von jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs hat spürbar eine neue Dynamik in die Mannschaft gebracht. Da Luzern gleichzeitig sehr ersatzgeschwächt antreten musste, reichte es trotz den verschiedenen Umstellungen zum verdienten Sieg.

Kryeziu oder Daprelà neben Kamberi?

Junior Ligue hat sich in Luzern vorne in der Sturmspitze bewährt. Einen physisch starken Spieler auf dieser Position zu haben, der gleichzeitig auch noch eine gewisse Antrittschnelligkeit aufweist, tut der ganzen Mannschaft im Spielaufbau gut. Wenn Dante bereits in Lugano in der Startformation stehen würde, wäre es keine Überraschung. Die Profile der Lugano-Angreifer könnten in der Frage „Kryeziu oder Daprelà?“ eher für den ehemaligen Luganesi sprechen. Wer könnte es aus der U21 oder U19 diesmal aufs Matchblatt schaffen? Nevio Di Giusto (10er) scheint dafür ein heisser Kandidat zu sein. Allenfalls auch Ivan Kovacevic (innenverteidiger). Für den noch gesperrten Cheikh Condé wird eine Rückkehr in die Startformation sicherlich nicht einfach, denn das Duo Mathew / Krasniqi hat sich in den letzten Partien sehr bewährt. Antonio Marchesano erzielte in den letzten beiden Partien jeweils den Siegtreffer,. Der Tessiner hat für den FCZ gegen Lugano zudem schon acht Mal getroffen. Nur Fritz Künzli (11) und Köbi Kuhn (9) netzten im FCZ-Trikot gegen die Bianconeri noch häufiger ein.

Achterbahnfahrt von der besten 1. Halbzeit in die schlechteste 2. Halbzeit der Saison / 284. Derby-Analyse

DAS ZÜRCHER DERBY WIRD IMMER POPULÄRER / 284. DERBY-VORSCHAU (Züri Live)

Wie kann so etwas passieren? Die 1. Halbzeit des FC Zürich im 284. Zürcher Derby ist überragend! Mit einem Notenschnitt von 7,1 die beste der ganzen Saison. Nach der Pause der Absturz: Notenschnitt 4,8 und somit die schlechteste 2. Halbzeit der ganzen Saison. Fast mit dem Schlusspfiff erzielt dann auch noch Pascal Schürpf den vielumjubelten 2:1-Siegtreffer für GC. Auf der gleichen Platzseite wie in der Meistersaison Assan Ceesay für den FCZ.

Justin Hammel mit der Torwart-Aktion der Saison

Das erste Duell nach der Übernahme von GC durch den LAFC beginnt äusserst flott. Der FCZ gibt mit viel Direktspiel Vollgas. Schon nach wenigen Sekunden köpft Afriyie einen Flankenball Guerreros nach einer 180 Grad-Drehung Conceiçãos auf der linken Seite knapp am Pfosten vorbei. Bledian Krasniqi erzielt in der 20. Minute ein spektakuläres Tor zur 1:0-Führung. GC-Goalie Justin Hammel hält seine Mannschaft daraufhin aber im Spiel. In der 30. Minute wohl mit der bisherigen Torwart-Aktion der Saison! Bei einer Vierfachchance (!) des FCZ pariert der 23-jährige innert Sekundenfrist die ersten drei Abschlüsse aus kurzer Distanz mit drei verschiedenen Körperteilen. In der 43. Minute stoppt er den allein aufs Tor zustürmenden Daniel Afriyie erfolgreich – – und in der Nachspielzeit der 1. Halbzeit lenkt er einen Conceição-Drehschuss spektakulär an die Latte.

Gehörte die 1. Halbzeit dem FC Zürich, so gestaltete sich das dritte Viertel der Partie ausgeglichen. Diesmal startete GC mit viel Tempo. Schon in der Ersten Minute nach der Pause haute Fink an der 5 Meter-Grenze etwas am Ball vorbei. Auf der anderen Seite hielt Hammel mit einer weiteren spektakulären Flugeinlage einen Drehschuss Conceiçãos aus 25 Metern in der Luft. Letzterer drang zudem in der 63. Minute gefährlich in den Strafraum und wurde von Dirk Abels leicht am Arm zurückgerissen. Der FCZ hatte es mehrmals verpasst, die Führung auszubauen.

Wende mit der Einwechslung von Babunski / Schürpf

Die Wende läutete dann in der 71. Minute die Einwechslung des Duos Babunski / Schürpf ein. Nicht nur wurde die GC-Formation von einem 4-1-4-1 auf ein 4-4-2 angepasst, sondern auch die Spielweise – mit viel direkterem Spiel Richrung gegnerisches Tor. Momoh rückte vom Linken Mittelfeld in den Zweimannsturm mit Babunski. Den gegenteiligen Effekt hatten die FCZ-Einwechslungen. Cheick Condé brachte keine Energie, sondern eher Lethargie auf den Platz. Reichmuth, Ligue und Santini vermochten nichts zu bewegen – genauso wenig wie die Umstellung auf ein 4-3-3 mit der Einwechslung Santinis in der 84. Minute. In der Schlussphase machte der FCZ den Fehler, taktisch, personell und von der Spielweise her alles nach vorne zu werfen während Momentum und Energielevel längst auf die GC-Seite gekippt waren. So tauchte in der 89. Minute sogar Nikola Katic am gegnerischen Strafraum auf und ging dort ins Dribbling. In so einem Moment wäre es cleverer gewesen, nicht mehr so viel zu riskieren. Man muss sich letztendlich vorwerfen, nach einer 1:0-Führung in zwei gegnerische Konter gelaufen zu sein.

Unter dem Strich war die Leistung der FCZ-Startelf ziemlich ausgeglichen und gut. Die Differenz der Leistungen der Einwechselspieler machten den Unterschied. Nicht nur brachten beim FCZ die Einwechselspieler zu wenig, sondern es wurden mit Marchesano, Boranijasevic und Daprelà auch noch die besten Spieler ausgewechselt. Und dass Conceição für den ausgewechselten Boranijasevic zurück auf die Position des Rechten Aussenläufers rückte, machte diese Seite defensiv anfälliger. Bei GC fiel zudem erneut Innenverteidiger Joshua Laws positiv auf, der in den Derbys jeweils bis in die Haarspitzen motiviert ist, und seine besten Leistungen zu zeigen scheint. Die Offensivleistung des FCZ war unter dem Strich eher überdurchschnittlich, die Defensivleistung hingegen die viertschlechteste der Saison nach den Auswärtspartien in Winterthur und Tuggen sowie dem Heimspiel gegen St. Gallen.

Highlights – Schönster Sieg für Bruno Berner

Personalien – Kamberi ungeduldig, Condé unterirdisch

  • Nikola Boranijasevic: Zum dritten Mal bester FCZ-Akteur in der Offensiven Phase, an den schönsten Offensivaktionen beteiligt, tunnelt vor dem 1:0 elegant Gegenspieler Hoxha, gute Flanken und Pässe.
  • Fabio Daprelà: Zum dritten Mal der Beste beim FCZ in der 2. Halbzeit. Hält gegen seinen Jugendklub aussergewöhnlicherweise mal über beinahe 90 Minuten gut durch.
  • Cheikh Condé: Interessante Option als Zielspieler für Brechers hohe Bälle. Kommt als Einwechselspieler rein. Seine Defensivleistung ist unterirdisch und trägt zum Umschwung zuungunsten des FCZ bei.
  • Adrian Guerrero: Bester FCZ-Akteur in der starken 1. Halbzeit. In der 2. Halbzeit lässt beinahe die ganze Mannschaft nach – aber Guerrero am meisten.
  • Yanick Brecher: Lange Bälle teilweise bis beinahe an den gegnerischen Strafraum. Lässt ebenfalls in der 2. Halbzeit aussergewöhnlich stark nach.
  • Lindrit Kamberi: Will in der Schlussphase den Siegtreffer unbedingt, nimmt in mehreren Situationen, so auch vor dem 1:2, Risiko und ist gedanklich schon voll im Angriffsmodus, wenn der Ball noch nicht sicher unter Kontrolle ist.
  • Antonio Marchesano: Arbeitstier, kämpft und rackert für die Mannschaft. MVP und defensiv Bester.
  • Nikola Katic: Note “6“ ist eine positive Meldung. Überrascht speziell in der 1. Halbzeit positiv, in der er normalerweise schwach spielt. Beste 1. Halbzeit seiner bisherigen Saison zusammen mit jener beim 4:1-Auswärtssieg in Luzern. Startet dann in die 2. Halbzeit mit einem ungenauen langen Ball – auch der Anstoss nach dem ersten Gegentor geht ins Seitenaus. Das bringt negative Vibes.
  • Bledian Krasniqi: Wenn eine Offensivaktion gefährlich wird, ist er meist beteiligt. Trifft wieder im Derby – und dies mit einem Traumtor!

Kommentare – Genau umgekehrt zur Meistersaison

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Direktbegegnungen im Überblick (dbfcz)

Die beiden Gegner der 24. Runde haben gemeinsam, dass sie zuletzt gemässen an den Torchancen (Expected Goals) eher schlecht belohnt wurden. Der letzte eher glückliche Punktegewinn des FC Luzern war das 1:1 im Letzigrund gegen den FCZ vor der Winterpause. Seither hätte der FCL mehr als die neun Punkte in fünf Partien dieses Kalenderjahres holen können. Im Heimspiel gegen Lausanne-Sport gelang den Innerschweizern das Husarenstück während beinahe 90 Minuten in Unterzahl zu spielen und trotzdem die Partie von 0:1 auf 2:1 zu drehen. Gegen den FCZ werden allerdings neben dem gesperten Severin Ottiger und dem verletzten Ismail Beka zusätzlich Dorn, Max Meyer, Simani, Ademi und Spadanuda wegen einer Grippewelle krank gemeldet. Frydek und Grbic gelten als fraglich.

Welche taktischen Lehren zieht Mario Frick aus der Niederlage in Winterthur?

Der FCL hat zuletzt seine taktische Formation häufig gewechselt. Gegen Stadt Lausanne-Ouchy (3:0-Auswärtssieg) lief das Frick-Team in einem 4-2-3-1 auf, beim 1:0-Heimsieg gegen den FC St. Gallen dann in einem 3-4-1-2. In beiden Partien wurde viel mit hohen Bällen agiert, wobei das Spiel gegen die Ostschweizer direkter durch die Mitte war und im Waadtländ etwas mehr über die Seiten gespielt wurde. In Winterthur zeigte sich der Respekt von Frick gegenüber dem Aufsteiger von 2022, als er sein Team vorsichtig in einem 4-4-2 agieren liess und dabei mit nur zwei Mann vorne über weite Strecken kein richtiges Pressing aufzog. Die Vorsicht zahlte sich nicht aus, denn der FCW drehte die Partie und fügte Luzern nach deren drei Siegen in Folge wieder mal eine Niederlage bei. Der FCZ ist nun ein weiterer direkter Konkurrent, der nur zwei Punkte vornedran liegt. In dieser Partie könnten für Luzern die Winter-Neuverpflichtungen Löfgren und Grbic bereits eine wichtige Rolle einnehmen.

Der FC Zürich hatte im Vergleich zu Luzern in den letzten Partien deutlich mehr Ballbesitz und eine höhere Präzision im Passspiel. Man spielt kontrollierter und weniger direkt. Gewonnen hat man dann allerdings wie so häufig die Partie mit dem tiefsten Ballbesitz, nämlich das 285. Derby. In den Partien, in denen der neue Coach Murat Ural für den gesperten oder kranken Bo Henriksen an der Seitenlinie stand, war auffällig, dass die Spieler sich etwas mehr aus den starren Henriksen-Abläufen lösen konnten, offensiv aufblühten und sich auch mal etwas getrauten. Es mangelte in diesen Partien letztendlich aber an der Abschlusseffizienz – und auch am defensiven Kalkül. Man ging in den entscheidenden Momenten etwas zu viel Risiko ein, lief GC und Yverdon ins offene Messer. Dies soll nun der eher konservative “Co-Cheftrainer“ Umberto Romano verhindern helfen. Katic und Condé sind gesperrt, Guerrero verletzt. Ein 4-3-3 könnte dem zuletzt aufstrebenden Armstrong Oko-Flex zusagen, da er tendenziell eher dem Profil eines typischen Flügelstürmers entspricht, als Jonathan Okita, welcher vorne lieber auf der Halbposition in einem 3-4-3 agiert. Ebenfalls eher stärker zusagen würde dieses System Neuverpflichtung Amadou Dante.

Conceição oder Rohner als Guerrero-Ersatz?

Das 3-4-3 scheint aufgrund des zur Verfügung stehenden Personals allerdings etwas wahrscheinlicher zu sein. Als Guerrero-Ersatz kämen dabei Conceição oder Rohner in Frage, der auf dieser Position zumindest als Einwechselspieler auch schon (erfolgreich) aufgelaufen ist.

«Dazu fragen Sie am besten Milos Malenovic» (Tages-Anzeiger)

Grippewelle geht weiter: Auch Dorn, Spadanuda und Simani krank (Pilatus Today)

Quo Vadis FCZ?

Yverdon als Tiefpunkt? Das Derby als Wegweiser? Beim FCZ scheint der grosse Umbau erst noch bevorzustehen – eine Analyse   

Am 26. Oktober 2021 schied der FC Zürich im Schweizer Cup in Yverdon aus – nach einem epischen Penaltyschiessen. Coach André Breitenreiter war damals von seinem üblichen 3-4-1-2 abgewichen, schickte seine Mannschaft am Neuenburgersee in einem 4-3-3 aufs Feld – und verschaffte einigen Ergänzungsspielern eine Chance in seiner Startelf. Beides hatte er bereits in den ersten beiden Cup-Partien gegen Unterklassige in Solothurn und Kriens praktiziert. Die mentale Einstellung mehrerer Spieler stimmte in allen drei Partien nicht. Gegen das noch halb in den Sommerferien weilende Solothurn (klar) und das in der Challenge League mit einem Punkt aus sechs Spielen abgeschlagen auf dem letzten Platz liegende Kriens (knapp, dank Direktem Freistoss Marchesanos) reichte es trotzdem zum Weiterkommen – beim ambitionierten Challenge League-isten Yverdon-Sport nicht mehr.  

Dominanter Fussball kostet in der Regel Geld

Etwas mehr als zwei Jahre später reist der FCZ wieder ins Municipal. Und es folgen gleich mehrere Déjà-Vu! Das Trainerteam um Bo Henriksen (krank zu Hause) und Murat Ural (in dessen Vertretung am Spielfeldrand) wich auch diesmal von seinem üblichen 3-4-1-2 (defensive Phase) / 3-4-3 (offensive Phase) ab und liess die Mannschaft erstmals in dieser Saison von Beginn weg in einem 4-3-3 auflaufen – analog Breitenreiter zwei Jahre zuvor. Es handelte sich übrigens entgegen anderer Verlautbarungen tatsächlich um ein klassisches 4-3-3 – nicht nur defensiv, sondern auch im Spielaufbau. Cheick Condé agierte bis zu seinem Platzverweis durchgehend von seiner 6er-Position aus und liess sich nur zwei oder drei Mal für wenige Sekunden zwischen die Innenverteidiger zurückfallen. Auch diesmal schien einzelnen Spielern etwas die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit im Auftreten zu fehlen. Man hatte zwar zu Beginn rekordverdächtigen Ballbesitz von mehr als 80% zu verzeichnen, vermochte sich aber kaum zwingende Torchancen zu erarbeiten.

Servette scheint sich derweil vom FCZ abgeschaut zu haben, wie man als Klub mit einem mittleren Super League-Budget YB herausfordern kann. Mit dem neuen Trainer René Weiler sind sie mit einem vor allem im Spiel mit Ball an «Breitenreiter-Fussball» erinnernden Stil trotz ihrer Unterzahl-Niederlage in Yverdon der einzige halbwegs verbliebene Herausforderer um den Meistertitel. Während sich der FCZ in Spielart (und in der Tabelle) zuletzt eher in die umgekehrte Richtung entwickelte – in gewissen Aspekten hin zu «Alain Geiger»-Fussball. Dies aber ohne die dafür geeigneten Akteure. Es soll ein dominanter Fussball sein mit einer hoch positionierten Viererkette und breit stehenden Flügeln. Dafür braucht es Spieler, welche die Physis, Technik und Antrittsschnelligkeit haben, um sich vorne in engen Räumen durchzusetzen. Spieler wie beispielsweise ein Filip Ugrinic, Meschack Elia oder Jean-Pierre Nsamé. Und man benötigt in der Regel kopfballstarke und gleichzeitig technisch starke Stürmer, weil Flanken in den Strafraum für dominante Teams fast immer ein wichtiges Mittel sind (ausgenommen einzelne Weltklasse-Teams wie Manchester City oder Barcelona zu ihren besten Zeiten). Solche Spieler kosten aber Geld. In den meisten Ligen Europas hat daher der jeweilige «Krösus» auch deshalb am meisten Ballbesitz, weil er sich die Spieler dafür leisten kann.

Keine Regel ohne Ausnahmen: Brighton, Fluminense, Thun, SLO, Lugano, Servette

Die Ausnahmen von der Regel sollen allerdings nicht unerwähnt bleiben, denn sie sind interessant! Die innovativen Ansätze des Ballbesitz-Spiels von Roberto De Zerbis Brighton & Hove Albion (Fokus auf Überzahl im eigenen Drittel, «Dritter Mann»-Konzept) oder Fernando Diniz’ Fluminense (Relationalismus) scheinen allerdings nicht der Philosophie zu entsprechen, die beim FCZ umgesetzt werden soll. In der Schweiz war früher der FC Thun das deutlichste Beispiel eines Teams, das mit einem kleinen Budget erfolgreich auf Ballbesitz setzte. In der aktuellen Saison kann man bis zur Ablösung von Anthony Braizat auch Stade Lausanne-Ouchy nennen. Gerade als sich die Waadtländer mit ihrem mutigen Spiel in der Liga immer besser zurechtfanden, wurde der Trainer allerdings entlassen und durch einen fast durchgehend mit einer Fünferkette agierenden ersetzt. Seither hat «SLO» kaum noch Punkte geholt. St. Gallen ist kein klassisches Beispiel für Ballbesitz-Spiel, weil die überdurchschnittlichen Ballbesitz-Werte der Ostschweizer vor allem aufgrund ihres Defensivkonzeptes zustande kommen. Servette zu Alain Geiger-Zeiten oder Lugano heute tragen dem Ball Sorge und erhöhen jeweils nur so weit das Tempo, dass es immer noch möglich ist, den Ball mit geringem Risiko und flach zu passen.

Basierend auf den Veränderungen der Spielweise der 1. Mannschaft im Trainingslager sowie in den ersten Super League-Partien nach der Winterpause, den Testpartien der U21 unter einem neuen Trainerteam und den Äusserungen von Milos Malenovic, Bo Henriksen oder Ancillo Canepa in Interviews und an Pressekonferenzen ist ziemlich deutlich geworden, was den Verantwortlichen vorschwebt – und dass es mit den oben erwähnten Beispielen jeweils nur in Einzelbereichen Überschneidungen gibt.

Ein Klub vom Polarkreis als gutes Beispiel  

Dass in Bezug auf die einheitlichen Prinzipien, die von den Jugendteams bis in die 1. Mannschaft umgesetzt werden sollen, an der Präsentation von Milos Malenovic als neuem Sportchef als Beispiele Ajax und Benfica genannt wurden, ist natürlich ein hingeworfener Knochen, an dem in unserer Medienlandschaft speziell die GC-, FCB- und YB-affinen Journalisten in den kommenden Jahren noch häufig mit grosser Dankbarkeit nagen werden. Sie werden dabei bewusst ausblenden, dass sich die Aussage einzig auf die Einheitlichkeit der Prinzipien vom Nachwuchs bis in die 1. Mannschaft bezog – nicht auf die Mitgliederzahlen oder das finanzielle und sportliche Level.

Kein Brighton, kein Fluminense, kein FC Thun, St. Gallen oder Lugano, und sicher kein Ajax oder Benfica… Mit welchem Team lässt sich denn nun das, was die ambitionierte sportliche Leitung mit dem FCZ vorhat, am ehesten vergleichen? Dazu lohnt sich ein Blick weit in den Norden auf einen Klub, den der FCZ aus seiner letzten Europa League-Kampagne kennt: Bodø/Glimt. Diese Mannschaft spielt schon seit längerer Zeit einen dominanten Fussball im 4-3-3 mit einer hoch stehenden Viererkette und intelligentem Pressing – genauso wie es beim FCZ in den letzten Wochen die 1. Mannschaft und die U21 mehr oder weniger erfolgreich versucht haben. So spielen sie auch gegen renommierte Gegner. Interessant: Bodø/Glimt hat wie beim FCZ vorgesehen auf diese Spielweise gewechselt, ohne dabei zu den begüterten Klubs der Liga zu gehören.

Beeindruckende Entwicklung von Bodø/Glimt auf allen Ebenen

Die Fussballer von nördlich des Polarkreises wurden über Jahrzehnte vom im Süden des Landes beheimateten Profifussball und dessen Traditionsklubs belächelt. Nicht nur wegen dem Stadion, sondern weil man Bodø ganz generell nicht als Fussballstadt gesehen hat. Gewisse Parallelen mit Zürich sind also auch diesbezüglich vorhanden. Mittlerweile hat Bodø/Glimt drei Meistertitel in vier Jahren gewonnen und die vormaligen Dominatoren Rosenborg und Molde überholt. Man hat mit dem Anfang 2019 direkt aus Nigeria an den Polarkreis dislozierten damals 18-jährigen Victor Boniface einen wesentlichen Anteil an der langjährigen Entwicklung eines der aktuell besten Stürmer der Bundesliga. Die jährlichen Transfereinnahmen haben sich Schritt für Schritt auf umgerechnet rund 15 Mio. Schweizer Franken erhöht. Der einheimische Cheftrainer Kjetil Knudsen ist trotz Interesse aus der Premier League nun schon seit sechs Jahren am Ruder. Geholfen hat dabei wohl auch die Konstellation, dass er erst im Alter von 50 Jahren erstmals im Profibereich tätig wurde.  

Auch international sorgte Bodø/Glimt für Furore. 21/22 hat man gegen den späteren Conference League-Sieger AS Roma in vier Begegnungen zwei Mal gewonnen und einmal Unentschieden gespielt – und dabei mit einem 6:1 José Mourinho gemäss Statistikern die höchste Niederlage der Trainerkarriere zugefügt. Die AS Roma lag eigentlich bereits im Koma. Trotzdem schied Glimt letztendlich gegen die Italiener aus. Davor wurde der schottische Primus Celtic mit zwei klaren Siegen aus dem Rennen geworfen – und dies ohne einen Urs Fischer und dessen Flankenkünste dafür zu benötigen. In der aktuellen europäischen Saison überwintern die Norweger zum dritten Mal in Folge und treffen im 1/16-Final der Conference League auf… Ajax. Man kann es sich mittlerweile dank der Transfererlöse leisten, mit Patrick Berg einen Stammspieler der norwegischen Nationalmannschaft für 4 Mio. Schweizer Franken aus Lens zurückzukaufen und den genauso wie Berg aus Bodø stammenden Stürmer Jens Petter Hauge im besten Fussballeralter (mit Kaufoption) von der Frankfurter SGE auszuleihen. Das wäre vergleichbar mit einem FCZ, der Anfang der laufenden Saison Ricardo Rodriguez von Torino zurückkauft und Josip Drmic von Dinamo Zagreb mit Kaufoption ausleiht.     

Die Entwicklung von Bodø/Glimt ist ein Vorbild und Idealszenario. Auch nur schon teilweise sich in den Fussstapfen der Norweger zu bewegen, wäre ein Erfolg. Gleichzeitig hat man in Zürich teilweise sogar bessere Voraussetzungen: nämlich das gemessen an der Einwohnerzahl grössere Einzugsgebiet an Talenten und Zuschauern als die Norweger.  

Schlechte Erfahrungen der letzten Jahre

«Ein oder zwei Sechser?» ist in der Welt des ballbesitzorientierten Positionsspiels fast schon eine religiöse Frage – wie «katholisch oder reformiert?». Christlich ist beides, aber der Teufel steckt in den Details. Aktuell spielt beim FCZ die 1. Mannschaft bei einer Viererabwehr mit einem Sechser, was auch die Präferenz des «Godfather» Johan Cruyff war. Die Schweizer Juniorennationalteams und die meisten Klub-Academy-Teams haben in der jüngeren Vergangenheit jahrelang fast ausschliesslich in diesem System gespielt – genauso Alain Geiger mit Servette. In der Premier League gibt es aktuell im Spielaufbau unter anderem bei den «Cruyff-Jüngern» Guardiola und De Zerbi aber wieder eine Entwicklung zur Doppel-Sechs im Spielaufbau. Klassisch wäre das ein 4-2-3-1, es kann sich aber beispielsweise auch um ein 3-2-4-1 handeln.   

Egal ob mit einem oder zwei Sechsern: das FCZ-Kader passt so oder so nicht zum angestrebten Fussball. Das ist keine neue Erkenntnis. Schon seit Jahren trägt der FC Zürich dieses Problem mit sich herum. Jedes Mal, wenn man unter Trainern wie Magnin, Rizzo oder Foda das Spiel dominanter gestalten wollte, führte dies in den Misserfolg. Selbst in der Endphase der Breitenreiter-Saison versuchte man erfolglos vermehrt höher zu stehen – nur spielte die dadurch sinkende Leistungskurve in diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr, da der Vorsprung vor der Konkurrenz schon zu gross war. Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientierheit hatte den FCZ zum Titel geführt. Der anschliessende Philosophie-Wechsel bekam der Mannschaft resultatmässig dann nicht gut.

Vertragsverlängerungen, die sportlich nicht zu passen scheinen

Das Hauptproblem war in den letzten Jahren jeweils der «Mismatch» zwischen Kader und Spielweise. Steht eine Mannschaft tief, wie der FCZ grösstenteils in der Meistersaison, braucht sie sprintstarke Stürmer. Steht sie hoch, wie dies jetzt wieder der Plan ist, braucht sie sprintstarke Verteidiger. Nikola Katic und Fabio Daprelà gehören zu den langsamsten Verteidigern der Liga. Auch Lindrit Kamberi ist in diesem Bereich nur Liga-Durchschnitt. Dies wurde den FCZ-Verantwortlichen nach der Winterpause in der Entstehung aller Gegentore (drei in Yverdon, zwei beim ersten Derby, zwei gegen Lausanne-Sport) erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Mit schnellen Verteidigern hätten alle diese Gegentore verhindert werden können. Beim ersten Gegentor in Yverdon bezieht sich diese Aussage dabei auf die Entstehung des Freistosses.  

Katic und Daprelà sind typische Haudegen mit einer beschränkten Technik für eine tief stehende Mannschaft, die nicht das Spiel machen will und muss. Trotz dieses klaren Spieler–Spielweise Mismatches war Nikola Katic interessanterweise einer der ersten Spieler mit denen Sportchef Malenovic den Vertrag verlängert hat. Eine weitere frühe Vertragsverlängerung gab es mit Rodrigo Conceição, der mit seiner zu wenig engen Ballführung und etwas wilden Art ebenfalls das Profil eines Konterspielers hat. Bledian Krasniqi oder Antonio Marchesano sind ebenfalls in Umschaltsituationen am stärksten – sowohl offensiv wie defensiv.

Kaum Spieler im Kader für dominanten Fussball

Dasselbe gilt für Jonathan Okita. Dieser hat am Ball kein überragendes Tempo und ist daher kein Spieler, den man wie Assan Ceesay oder Fabian Rohner typischerweise hinter die gegnerische Abwehr lancieren kann. Er benötigt für seine Einzelaktionen und Weitschüsse trotzdem den Raum und die Zeit einer Umschaltsituation. Natürlich kann eine solche auch aus einem Hohen Pressing entstehen – aber dafür benötigt man ebenfalls die richtigen Spieler. Seit mehreren Jahren steht und fällt das FCZ-Pressing mit der Form des «Pressing-Leaders» Antonio Marchesano. Die anderen Stürmer sind in diesem Bereich nicht speziell stark.  

Auch Ifeanyi Mathew ist vor allem in Kontersituationen gut. Es gibt kaum Spieler im Kader, denen dominanter Fussball besser liegen könnte als der bisherige Spielstil. Cheick Condé ist ein Kandidat. Mit Amadou Dante kommt nun ein weiterer hinzu. Die Stossrichtung auf Seiten der Neuverpflichtungen scheint zu stimmen – auch in Bezug auf das Motto „Qualität vor Quantität“.

Drei Punkte im Derby dank Rückkehr zum Pragmatismus

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Meistersaison war André Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit, die er auch aufgrund seines Standings bis fast zum Ende der Saison durchziehen konnte. Er nahm keine Rücksicht auf Spielphilosophien, Nachwuchsentwicklung oder personelle Belange. Wer ein oder zwei Chancen erhalten hatte, und sie nicht nutzte, war für den Rest der Saison aussen vor. Entscheidungen wurden nüchtern gefällt und aus Fehlern rasch gelernt. Dass der Abgang von Bo Henriksen auf Ende Saison nun bekannt geworden ist, könnte einen ähnlichen Effekt haben – und für den Rest der Saison ebenfalls zu Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit führen. Nichts könnte dies besser illustrieren als das zweite Derby: nach dem 1:0-Führungstreffer wurde der eigene Strafraum mit Mann und Maus verteidigt und auf schnelle Gegenstösse mit Fabian Rohner als einzigem Stürmer gesetzt. Daraus resultierten drei Punkte. Im ersten Derby nach der Winterpause hatte man nach einer 1:0-Führung risikovoll weitergespielt und lief dem Gegner zwei Mal ins offene Messer.      

Auch bezüglich Spielsystem kehrte Henriksen am Wochenende zum 3-4-3 / 3-4-1-2 zurück. Seit dem Auswärtsspiel in St. Gallen kurz vor der Winterpause hat man mit der Umstellung auf ein 4-3-3 im Verlauf der 2. Halbzeit grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Die Kadenz der herausgespielten Torchancen erhöhte sich. Dies weil es für einen Gegner immer schwierig ist, während einer laufenden Partie auf so eine Umstellung zu reagieren. Das 4-3-3 als Grundformation und die hohen Linien haben aber erstmal weder in den Winter-Testspielen noch in Yverdon funktioniert. Gegen einen tief stehenden Gegner wie die Waadtländer braucht es dazu Spieler, die sich mit Technik, Kraft und Antrittsschnelligkeit (am liebsten alle drei Skills gleichzeitig) auf Super League-Niveau auf engem Raum durchsetzen können.

Yverdon erneut der Wendepunkt?

Betreibt der Gegner selbst ein hohes Pressing, benötigt man einen Zielspieler für Yanick Brechers hohe Bälle, um einen gegnerischen Ballgewinn in der eigenen Platzhälfte zu verhindern. Zu Beginn der Saison war Lindrit Kamberi dieser Zielspieler auf der rechten Seite – aber auf ihn haben sich die Gegner mittlerweile eingestellt, so am Samstag auch GC’s Florian Hoxha. Afriyie, Marchesano, Conceição, Krasniqi, Guerrero oder Mathew haben bei solchen hohen Bällen keine Chance. Okita und Boranijasevic gehen diesen trotz einer gewissen Körpergrösse aus dem Weg. Cheick Condé ist allenfalls noch eine Variante, die vereinzelt und ansatzweise nicht schlecht funktioniert hat. Der Guineer ist zuletzt aber etwas aus dem Tritt geraten und obendrein Stand heute noch für die nächsten zwei Spiele gesperrt.    

In Yverdon wurde vor zwei Jahren Breitenreiters Meisterteam endgültig geformt. Denn das 4-3-3 wurde nach der dortigen Erfahrung sofort wieder eingestampft. Pollero wurde zur Winterpause abgegeben, Leitner, Gogia, Hornschuh oder Coric spielten bis zum Ende der Saison nur noch untergeordnete Rollen. Marchesano, Gnonto und Tosin stiegen hingegen in der Hierarchie auf und wurden zu tragenden Säulen. Es folgte ein mirakulöses Last Minute-3:3 im Letzigrund gegen den FCB und danach neun Siege in Folge. Es wäre vermessen, in der aktuellen Saison noch vom Meistertitel zu träumen. Aber ist Yverdon auch diesmal ein Wendepunkt? Die vorläufige Rückkehr zumindest bis Ende Saison zum 3-4-1-2 und dem direkten Fussball durch die Mitte? Und die Herauskristallisierung einer griffigeren Stammformation mit Kryeziu, Krasniqi und Ligue an Stelle von Katic, Condé und Okita?

Schwierige Entscheidungen in der Kaderplanung

Im Hinblick auf den kommenden Sommer und die Zeit danach kann eine Transformation des Spielstils nur mit einem Kaderumbau umgesetzt werden. Es braucht dafür die passenden Spielertypen. Daher stehen schwierige Entscheidungen an. Die Verträge von Antonio Marchesano, Adrian Guerrero, Nikola Boranijasevic oder Marc Hornschuh laufen aus. Guerrero und Boranijasevic waren und sind die Schlüsselspieler des Erfolgssystems 3-4-1-2. Nur dank ihres Laufvermögens auf der Seite kann die Mannschaft in allen drei Linien im Zentrum immer wieder die so wichtigen Überzahlsituationen kreieren. Boranijasevic gehört zu den Top 3-Flankengebern der Liga und Guerrero zu den Top 3-Standardschützen.

Marchesano sorgt mit seiner Kombination aus stupender Technik und grossem Arbeitswillen immer wieder für die Differenz. Über die Jahre hat er sich beim FCZ enorm gesteigert und kann aktuell wieder eine Skorerquote wie in der Meistersaison vorweisen. Er ist genauso wie Guerrero mit Sicherheit auch ein entscheidender Mann für die Stimmung und den Team-Zusammenhalt. Marc Hornschuh war in den letzten zweieinhalb Jahren eine wertvolle Team-Ergänzung und immer da, wenn es ihn brauchte. Nichts symbolisiert seinen Wert für die Mannschaft so gut wie die Szene in St. Gallen, wo er sich aufopferungsvoll in den Schuss von Christian Witzig warf und daraufhin ausgewechselt werden musste. All diese Faktoren machen die zu treffenden Entscheidungen nicht einfacher. Ohne die bisherigen Säulen von Grund auf ein neues Haus zu errichten, in welchem alle für ein Team wichtigen Elemente berücksichtigt werden müssen, ist ein heikles Unternehmen.   

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