Sich für eine gute Leistung zu wenig belohnt – FCZ Frauen nach dem 0:3 gegen Lyon

Den FCZ Frauen gelingt auch im dritten Champions League-Spiel der Saison 22/23 eine gute und phasenweise sogar äusserst starke Leistung gegen ein weiteres europäisches Spitzenteam, diesmal die Langzeitdominatorinnen des europäischen Frauenfussballs, Olympique Lyonnais. Im Gegensatz zu den Duellen vor sechs Jahren, als der FCZ gegen die Französinnen bei einem 0:8 und 0:9 chancenlos geblieben war, hätte diesmal mit etwas mehr Abschlusskonsequenz und Wettkampfglück auch ein Unentschieden rausschauen können – wie schon gegen Juve und Arsenal.

Naomi Mégroz und Julia Stierli hatten schon vor sechs Jahren bei den hohen Niederlagen gegen Lyon gespielt. Gerade die formidable Entwicklung Stierlis in den letzten Jahren steht symbolhaft für das diesmal deutlich kompetitivere Auftreten des ganzen Teams. Zwar startete dieses gegen die Titelverteidigerinnen aus Lyon zum ersten Mal in dieser Champions League-Kampagne etwas indisponiert in die Partie, was auch das etwas zu schnelle 0:1 durch die aktuell beste Lyon-Champions League-Torschützin Melvine Malard zur Folge hatte. Die Frauen von Inka Grings konnten sich dann aber nach etwa einer Viertelstunde fangen und kamen besser ins Spiel. In der 2. Halbzeit zogen sie sogar immer wieder ein beeindruckendes Pressing und phasenweise Powerplay auf mit der hintersten Linie zuweilen weit in der gegnerischen Hälfte.

Die junge dänische Top-Stürmerin Signe Bruun entschied die Partie dann aber mit je einem Treffer vor und nach der Pause. Während die Zürcher Hintermannschaft den Gegner am Boden sehr gut verteidigte, hatten die Verteidigerinnen und Torhüterin Friedli manchmal etwas Mühe bei Flanken. Friedli konnte dafür ihre Stärken im Eins gegen Eins und auf der Linie ausspielen. Im Umschaltspiel brachten die Zürcherinnen immer wieder schnell eine hohe Präsenz von fünf, sechs Spielerinnen an und in den gegnerischen Strafraum, machten aus diesen Situationen aber zu wenig. Anstatt eines Abschlusses aufs Tor folgte oft noch ein (unpräziser) Letzter Pass zu viel.

Beide Teams konnten sich in der 2. Halbzeit über eine spezielle Einwechslung freuen. Bei Lyon griff nach halbjähriger Verletzungspause die langjährige Weltklassespielerin Dzsenifer Marozsan erstmals wieder ins Geschehen ein und beim FCZ kam die 15 Jahre junge Stürmerin Leela Egli (beste Spielerin und Torschützin am letzten Blue Stars / FIFA Youth Cup) zu ihrem Champions League-Début – und ersetzte dabei Fabienne Humm. Die junge Stürmerin konnte in der Schlussphase ein, zwei Akzente in einem jungen Sturm mit Alayah Pilgrim (19) setzen. Akzente setzte zudem einmal mehr ein Teil der Südkurve, der eine für die Frauen Champions League aussergewöhnliche Stimmung in die zu einem Viertel gefüllte wefox Arena brachte.

Mégroz und Stierli wollen sich rehabilitieren / FCZ – Olympique Lyonnais Matchblatt

Olympique Lyonnais ist der langjährige Dominator und Krösus im europäischen Frauenfussball. In den letzten sieben Jahren gewannen die Französinnen sechs Mal den europäischen Klubwettbewerb – und acht Mal in den letzten zwölf Jahren. Über viele Jahre war Wolfsburg der einzige einigermassen ernsthafte Konkurrent. Zuletzt hat sich die Situation aber relativ schnell gewandelt. Die englischen Teams sind deutlich stärker geworden und vorletzte Saison schnappte sich erstmals Barcelona die Champions League-Krone.

Zwar holte sich Lyon im Juni den Titel im direkten Duell mit einem 3:1 gegen Barcelona zurück. Aber in der neuen Saison ist das Team von Coach Sonia Bompastor mit nur einem Punkt aus den ersten beiden Gruppenphasen-Partien gegen Arsenal (1:5) und Juve (1:1) gestartet. Die Heimklatsche gegen die Engländerinnen war ein Schock. Lyon war sich gar nicht mehr gewohnt, so wenig Ballbesitz zu haben und wirkte etwas ratlos. Bei Juve ging Olympique auch etwas sorglos mit seinen Torchancen um.

Nur einen Punkt und mit „-4“ dieselbe Tordifferenz wie der FCZ hat Lyon also auf dem Konto. Die Favoritinnen sind also unter Druck. In der Meisterschaft gewann man bisher mit einer Ausnahme (0:0 in Guingamp) alle Partien – allerdings nicht mehr mit so hohen Resultaten wie vielfach früher. Ein Zeichen, dass in der Mannschaft zur Zeit etwas der Wurm drin ist. Einige Starspielerinnen sind schon sehr lange dabei, haben sich aber zuletzt nicht mehr weiterentwickelt und befinden sich schon etwas über dem Zenit. Dazu kommen eine Reihe von Verletzungen.

Bompastors Team tritt in der Regel im 4-3-3 an. Heute stehen mit Van De Donk und Horan aber nur zwei nominelle Zentrale Mittelfeldspielerinnen in der Startformation.

Die bisherige Bilanz in Direktduellen der beiden heutigen Konkurrrenten ist aus Zürcher Sicht niederschmetternd: 1:7, 0:8, 0:9. Fast unglaublich mutet an, dass beim ersten Duell vor 14 Jahren auf beiden Seiten bereits eine der aktuellen Akteurinnen auf dem Platz standen: Vanessa Bernauer (FCZ) und Wendie Renard (OL). Die heutige Lyon-Trainerin Bompastor stand zudem ebenfalls auf dem Feld. In den beiden Duellen der Saison 16/17 (beide von Züri Live direkt übertragen) waren bereits Mégroz und Stierli bei den Zürcherinnen und Renard, Hegerberg, Mbock, Maroszan und Le Sommer für Lyon dabei.

Der FCZ lief in den ersten beiden Partien unterschiedlich auf. Gegen Juve agierte das Team von Trainerin Inka Grings im 4-3-3, während man in London in einem 4-4-2 mit Torschützin Seraina Piubel neben Fabienne Humm, die defensiv sehr viel mitarbeitete, antrat. Vom Matchblatt alleine ist noch nicht hundertprozentig klar, welche der beiden Varianten es heute geben wird. Auf jeden Fall sind Julia Stierli und Naomi Mégroz von Anfang an mit dabei. Sie wollen sich für die zwei hohen Niederlagen vor sechs Jahren revanchieren.

Stadion-Hammer: Ende einer Ära im Schweizer Fussball

Im ganzen Trubel um die Modus-Diskussion haben der FC Winterthur, der FC Wil und der FC Vaduz mit ihrem erfolgreichen Antrag um eine drastische Reduktion der Stadionanforderungen für die Super League still und heimlich für eine kleine Revolution gesorgt. Es ist eine viel weitreichendere Entscheidung als der Modus. Ohne Übertreibung ist damit an der GV der Swiss Football League vom Freitag im Schweizer Fussball eine Ära zu Ende gegangen.

Dank Stadionkatalog der SFL: Europacup in Thun, Frauen-Länderspiele in Schaffhausen

Die Denkmäler dieser Ära sind die gebauten Stadien neue Maladière in Neuenburg, Stockhorn Arena in Thun, wefox Arena in Schaffhausen, die Tissot Arena in Biel und die Tuilière in Lausanne. Dazu kommen die sich immer noch in Planung befindlichen Projekte in Aarau und Lugano. Ausserdem wurde auch der Um- und Ausbau der Stadien in Vaduz, Winterthur und Wil durch diese Ära geprägt. Diese Stadien sind alle Kinder eines Blatt Papiers (beziehungsweise PDF). Nämlich des in den letzten rund zwei Jahrzehnten gültigen Stadionkataloges (Kategorie A) der Swiss Football League. Um diese Kriterien erfüllen zu können, und damit in der obersten Schweizer Fussball-Liga mitspielen zu dürfen, haben mittelgrosse Schweizer Klubs enorme finanzielle und zeitliche Aufwände geschultert, etliche Abstimmungskämpfe geführt, den Standort gewechselt, die eigene Organisation angepasst und zusätzliche Eigentümer, teilweise aus dem Ausland, mit ins Boot geholt. Und um das Ganze finanziell überhaupt realisieren zu können, wurden zur Querfinanzierung und wegen der tieferen Bodenpreise in Thun, Schaffhausen oder Biel Stadien mit Mantelnutzung an der Peripherie gebaut.

Neue Maladière, Neuchâtel (Eröffnung: 2007)

Alles wurde dafür getan, um ein modernes Stadion errichten zu können, welches die Minimalanforderungen der Liga erfüllt. Und damit auch einen Vorteil gegenüber denjenigen Konkurrenzstädten zu haben, die dies nicht zu Stande brachten. Der Komfort, die Sicherheit und die Zuschauerzahlen wurden dank diesen neuen Stadien erhöht. Es kommen mehr Frauen und Kinder zu den Spielen. Der FC Thun konnte 13 Europacuppartien im eigenen Stadion mit echtem Heimvorteil spielen (unter anderem mit Siegen gegen Partizan und Rapid), statt nach Bern ausweichen zu müssen. Die Stockhorn Arena und die wefox Arena sind zu populären Heimstätten für die Spiele der Frauen-Nati geworden. In Biel werden viele Junioren- und Frauen-Cupfinals und Junioren-Länderspiele ausgetragen. Der ausgebaute Vaduzer Rheinpark hat einige ausverkaufte Länderspiele gegen grosse Fussball-Nationen gesehen. Die Winterthurer Schützenwiese erhielt eine schöne, neue Gegentribüne – als Teil eines umfassenden Ausbauprojektes, dessen Dringlichkeit sich nun aber stark reduziert hat.

Administrative Aufstiegshürden neu für alle stemmbar

Die bisherigen hohen Anforderungen haben für den Schweizer Fussball viel Gutes getan. Trotzdem ist der nun von Winterthur, Wil und Vaduz beantragte und von den Klubs der Swiss Football League beschlossene Rückschritt in Sachen Infrastruktur zum jetzigen Zeitpunkt positiv zu werten, speziell für den sportlichen Wettbewerb und für „die Kleinen“. Bei der Gesamtkapazität wurde eine Halbierung von 10’000 auf 5’000 Plätze beschlossen, bei den Sitzplätzen gar eine von 6’500 auf nur noch 1’000 Plätze. Dazu kommt eine Einjahresfrist zur Erfüllung dieser Anforderungen für Aufsteiger. Nur die Anforderungen für die Sicherheit und TV-Übertragungen müssen von Anfang an erfüllt werden (wobei wie diese Saison beim FC Winterthur dabei je nach Umständen eine Kulanzfrist von ein paar Wochen oder Monaten sicherlich gewährt wird).

Stockhorn Arena, Thun (2011)

Dies ändert die Situation fundamental. Die administrativen Aufstiegshürden werden wesentlich reduziert. Bis zu diesem Entscheid gab es mit Thun, Xamax, Schaffhausen und Lausanne-Sport nur vier Challenge League-Klubs, welche die Infrastrukturvoraussetzungen für die Super League mitbrachten. Winterthur durfte diesen Sommer überhaupt nur dank einer Sonderregelung aufsteigen. Nun sollte grundsätzlich jeder Challenge League-Klub aufsteigen können. Selbst ein Klub, der die reduzierten Anforderungen nicht erfüllt, kann erst mal aufsteigen und sich dann im Verlauf der Vorrunde immer noch überlegen, einen Stadionausbau im vernünftigen Rahmen in Angriff zu nehmen und / oder bei Klassenerhalt für eine gewisse Zeit in ein grösseres Stadion im Umkreis umzuziehen.

Brügglifeld olé?

Winterthur ist ein Paradebeispiel sowohl für einerseits die positive Wirkung des Druckes, den der bisherige Stadionkatalog erzeugt hat, und der gleichzeitig aber auch etwas überzogenen Standards, die darin formuliert wurden. Der aktuelle Rückschritt in den Anforderungen ist massiv. Kurzfristig ist das kein Problem. Es hilft sogar, speziell im Zuge der Super League-Vergrösserung das Wettbewerbsprinzip Aufrecht zu erhalten. Langfristig könnte es aber schon wieder zu einer Situation führen wie in den 80er und frühen 90er-Jahren, wo verfallende und nicht mehr zeitgemässe Infrastrukturen zum damaligen Zuschauerschwund beigetragen haben.

Tissot Arena, Biel-Bienne (2015)

Der FC Aarau gehörte wohl nicht ganz ohne Hintergedanken nicht zu den Promotoren des Antrages. Während andere Klubs bei einem Standortwechsel fast immer mit einer zentrumsferneren Location vorlieb nehmen müssen, will der FCA mit seinem im Grunde schon seit den 90er-Jahren pendenten Stadionprojekt vom in der Gemeinde Suhr gelegenen Brügglifeld ins deutlich zentrumsnähere Torfeld Süd umziehen. Macht der Entscheid der Swiss Football League vom Freitag den Aarauern im letzten Moment noch einen Strich durch die Rechnung, weil ein Verbleib im Brügglifeld plötzlich wieder eine Option werden könnte? Auch der Neubau des Cornaredo in Lugano ist durch diesen Entscheid nicht mehr wirklich zwingend. Anders sieht die Situation in Zürich aus. Wie in Genf, Basel oder Bern gehen die Anforderungen an ein Fussballstadion in einer Stadt wie Zürich sowieso über die SFL-Mindestanforderungen für Super League-Stadien hinaus – egal ob bisherige oder neue.

Eröffnung wefox Arena (damals LIPO Park), Schaffhausen (2017)
Tuilière, Lausanne (2020)

„Servette stand saftlos auf dem Platz“ – Fazit des ersten Liga-Heimsieges 22/23

Der Eindruck von Züri Live direkt nach dem Spiel: Der FC Zürich kämpfte, allen voran Antonio Marchesano. Ganz so überzeugend wie in den drei Spielen gegen Bodö/Glimt, Sion und Arsenal war die Leistung aber nicht. Das Pressing war nicht so griffig, nach der Niederlage in Lugano war von einigen Spielern wieder etwas Verunsicherung zu spüren. Eine Steigerung gegenüber dem Match im Tessin war es aber auf jeden Fall.

Der klare Sieg kam vor allem zustande, weil Servette im Letzigrund seinen wohl schlechtesten Auftritt des Herbstes hatte. Ohne Mittelfeldmotor Timothé Cognat wirkten die Grenats unerklärlich saftlos und blutleer – mit vielen Fehlern von Anfang an. Erst mit der Einwechslung einiger junger Spieler in der Schlussphase, vor allem Verteidiger Théo Magnin, kam nochmal etwas Schwung in die Gästemannschaft – aber da war es aus Genfer Sicht schon zu spät.

1 59 60 61 62 63 268