Marchesano ist kein „zwei für eins“: Servette – FCZ Analyse

Nach dem Schlusspfiff wunderten sich die Genfer Journalisten über ihr Heimteam: «Die haben so schlecht trainiert, und spielen dann plötzlich so gut», hiess es. Die Erwartungshaltung war vor der Partie tief gewesen. Im Vergleich zur ersten Begegnung im November, als die Haupttribüne voll war, kam gleich ein Mehrfaches weniger Zuschauer ins Stadion, nur 2’600. «Die Genfer sind noch nicht im Fussballfieber», meinte Servette-Medienchef Didier Rieder lakonisch dazu. Das wird sich nach dem heutigen Spiel vielleicht ändern.

Servette hatte also offenbar «schlecht trainiert» und dazu eine wenig erbauliche Testspielphase erlebt – zwei Partien wurden abgesagt, und darauf folgten eine 1:2-Niederlage gegen Ruch Chorzow, ein 1:5 gegen Thun und am Ende noch ein 1:0-Sieg gegen Etoile Carouge. Der FCZ auf der anderen Seite hatte von sechs Partien fünf gewonnen und phasenweise geglänzt, vor allem gegen Dinamo Bukarest und den FC St.Gallen.

Die Präsenz war beim FCZ vor allem in der 1.Halbzeit da. Über weite Strecken wurde das Spieldiktat übernommen, um jeden Ball gekämpft und nach vorne ein paar sehr gute Direktkombinationen konstruiert. Negativ war aber, dass daraus diesmal zu wenig echte Torchancen resultierten. Und die eine Grosschance wurde von Dzengis Cavusevic wegen eines einfachen technischen Fehlers nicht verwertet. Der Slowene schaffte es nicht, mit Ball am Fuss eine 90 Grad-Drehung zu vollziehen. Cavusevic machte das richtige, aber nicht richtig. Das Leder wurde von Jérémy Faug-Porret am Boden mit dem Oberarm gespielt. Dahinter wäre das Tor leer gewesen. Und es hätte Penalty geben müssen.

«Der unbedingte Wille, das Tor zu erzielen, war nicht da», meinte danach der Sportliche Leiter Thomas Bickel im Interview mit Züri Live nicht nur in Bezug auf Cavusevic. Der Slowene hatte in der Wintervorbereitung drei Tore erzielt, und dabei einen bisher ungewohnt klaren Killerinstinkt gezeigt.

Nach dem Pausentee kam Servette besser aus der Kabine. Der FCZ begann das Spiel mehr und mehr aus der Hand zu geben, und in der 65. Minute fanden die Grenats dann das, was ihnen in den ersten beiden Saisonbegegnungen gegen den FCZ gefehlt hatte: das Wettkampfglück. Nach einem Jonglier-Doppelpass mit Matias Vitkieviez erzielte Anthony Sauthier mit einer Direktabnahme aus 25 Metern ein absolutes Traumtor. Der Ball senkte sich im Hohen Bogen über Torhüter Vanins in die entfernte linke Ecke und war gleichzeitig scharf. Keine Chance für Andris Vanins, der nur noch mit der Schulter zucken konnte. Daniel Visentini schrieb danach in der «Tribune de Genève» zu Recht: «Hätte Cristiano Ronaldo solch ein Tor erzielt, es würde in der Folge wochenlang auf allen Kanälen rauf- und runtergespielt». Ohne wirklich eine Torchance gehabt zu haben, führte Servette mit 1:0.

Der FCZ wollte nun zu viel, spielte zu hektisch und übermotiviert. Anstatt zu versuchen, den guten Faden der 1. Halbzeit wieder aufzunehmen, zerbröselte das Spiel an der übertriebenen Erwartungshaltung an sich selbst. Wer nicht Real Madrid oder Barcelona heisst, der muss klugerweise bei gewissen Spielverläufen auch erst mal mit einem Unentschieden zufrieden sein und geduldig, bis zur letzten Minute versuchen, doch noch die entscheidende Torchance zu kreieren. Stattdessen wurde im Zweifelsfall der Ball hoch in den gegnerischen Strafraum geschlagen, wo Servettes am Boden nicht immer über alle Zweifel erhabener Torhüter Jérémy Frick den Luftraum sicher beherrschte. Wegen der schnellen Ballverluste wurden beim FCZ viele überflüssige und kraftraubende Laufwege nötig.

Der Realismus wäre angebracht gewesen vor allem auch aufgrund eines Gegners mit einer sehr guten Leistung. Die Servettiens waren bei den ersten beiden Saisonbegegnungen, wo sie jeweils auch hätten in Führung gehen können, mit einem 0:3 und 0:4 schlecht bedient gewesen. Diesmal lief das Spiel unter anderem durch die vergebenen Topchancen von Cavusevic und Rodriguez für sie. Die Ambitionen der Genfer sind hoch. Spätestens nächste Saison soll der Aufstieg in die Super League her. Trotz gutem Vorsprung auf den Abstiegsplatz wurde beim Aufsteiger Trainer Anthony Braizat in der Winterpause durch Meho Kodro ersetzt.

Mit William Le Pogam in der ersten Elf, sowie Jean-Pierre Nsamé und Mirsad Hasanovic im 17-er Kader hatte Züri Live im Gegensatz zur SFL drei Servettiens ins Challenge League-Dream Team der Vorrunde gewählt. Gegen den FCZ zeigte sich vor allem das junge Zentrale Mittelfeld mit Mirsad Hasanovic (21) und Yassin Maouche (19) im Vergleich zur bereits sehr guten Vorrunde noch mal verbessert.

Alain Nef erzielte kurz vor Schluss per Kopf nach Freistossflanke von Marchesano den 1:2-Anschlusstreffer, und als Dwamena von zwei hektisch verteidigenden Servettiens knapp innerhalb des Strafraums von hinten überrannt und zu Boden gedrückt wurde, lag gar noch der Ausgleich in der Luft. Schiedsrichter Schnyder pfiff aber auch diesmal nicht. Nef war wie immer ein kämpferisches Vorbild, es unterlief ihm aber auch der Fehler, welcher zum Penalty und 0:2 führte. Nef schoss den ehemaligen Teamkollegen Alphonse an, von dem er am 13.Mai 2006 in der 30.Minute den Ball zugespielt erhalten hatte, um dann die Flanke auf Keita zum 1:0 zu schlagen. Nsamé lief in den Strafraum Richtung des freiligenden Balles und Vanins kam zu spät.

Bereits in der Schlussphase der Vorrunde liess der FCZ defensiv nach. Damals hatte Nef die Mannschaft beispielsweise in Chiasso und Winterthur fast im Alleingang aus dem möglichen Schlamassel gezogen. Diesmal gelang dies dem Geburtstagskind nicht mehr. Neben sich ein Umaru Bangura, der nach einem Schlag vor einer Woche gegen St.Gallen erst als angeschlagen gemeldet war, und seinen Partner in der Innenverteidigung entweder nicht unterstützen konnte oder wollte. Nef war überall anzutreffen, Bangura praktisch unsichtbar, abgesehen von der 72.Minute, als er sich beim Lattenschuss Vitkieviez’ von diesem etwas einfach überspielen liess.

Cédric Brunners Limiten wurden klar aufgezeigt, Nicolas Stettler kämpfte wie ein Berserker, aber meist unglücklich. Das Zentrale Mittelfeld bot ebenfalls zu wenig Schutz. Marchesanos Defensivschwäche ist bekannt. Er ist kein Yapi, der als «zwei-für-eins» sowohl magistrale lange Pässe spielen und gleichzeitig auch die wichtigen Defensivaufgaben gut wahrnehmen kann.  Daneben Burim Kukeli, der die Vorbereitung kaum mitmachen konnte und bei welchem schon vor einer Woche gegen St.Gallen ersichtlich war, dass er eigentlich noch nicht bereit für den Rückrundenstart ist. Im Nachhinein betrachtet kann man natürlich debattieren, ob es nicht erfolgsversprechender gewesen wäre, den jungen Kevin Rüegg ins kalte Wasser zu werfen. Buff, Rodriguez und Schönbächler waren bemüht, aber häufig einen halben Schritt zu spät. Und die eingewechselten Winter, Dwamena und Koné vermochten keine echten Akzente zu setzen.

Eine Niederlage musste mal kommen. Jetzt wo auch Hoffenheim verloren hat, gibt es wohl in ganz Europa kein ungeschlagenes Team mehr. Wie die Mannschaft nun darauf reagieren wird (wie ein «FCB der Challenge League», oder nicht…), wird entscheidend dafür sein, ob in der Rückrunde tatsächlich ein weiterer Schritt vorwärts gemacht werden kann.

Servette FC – FC Zürich 2:1 (0:0)

Tore: 65. Sauthier (Vitkieviez) 1:0, 83. Nsamé (Penalty, Nsamé) 2:0, 90. Nef (Marchesano) 2:1.

Servette: Frick; Sauthier, Mfuyi, Faug-Porret, Le Pogam; Hasanovic, Maouche (76. Doumbia); Vitkieviez, Alphonse (84. Fargues), Delley (68. Berisha); Nsamé.

FC Zürich: Vanins; Brunner, Nef, Bangura (78. Koné), Stettler; Schönbächler (61. Winter), Marchesano, Kukeli, Rodriguez; Buff, Cavusevic (61. Dwamena).

Servette – FCZ: mit Zuversicht ins Traditionsduell

Der FCZ und Servette starten heute als die letzten beiden Mannschaften der Swiss Football League in die Rückrunde 2016/2017. Servette tritt zum grossen Traditionsduell mit einem neuen Trainer (Meho Kodro) und Mittelfeldspieler (der Kolumbianer Fabry) an. Der am Afrika Cup für Algerien im Einsatz gewesene Liassine Cadamuro ist gesperrt. Beim FCZ wird der neu verpflichtete Stürmer Raphael Dwamena noch nicht im Aufgebot stehen. „Dzenga“ Cavusevic hat sich aber zuletzt in sehr guter Form gezeigt, und Moussa Koné im Test von Rapperswil wieder getroffen.

Trotz mehreren verletzten und angeschlagenen Innenverteidigern stehen Mirlind Kryeziu oder Albin Sadrijaj nicht im Spieltagskader, dafür sind die polyvalenten Kevin Rüegg und Miro Muheim mit dabei. Die Voraussetzungen und die Stimmung beim FCZ sind fundamental anders, als vor Jahresfrist. Auch vor einem Jahr ging man in die Spiele, um sie zu gewinnen. Ehrlicherweise spielte dabei der Hoffnungsfaktor aber jeweils eine nicht unwesentliche Rolle. Die neue Mannschaft hingegen hat sich Vertrauen in die eigene Stärke erarbeitet.

Damals bestanden nach der Rückrundenvorbereitung viele Fragezeichen. Diesmal hat die Mannschaft in den Testspielen einen guten bis sehr guten Eindruck hinterlassen. Die Spielweise, das Konzept, die Hierarchien sind klar. Das Team will unbedingt aufsteigen. Das alleine ist es aber nicht. Das zweite Ziel lautet nämlich, dass man sich im Vergleich zur Vorrunde weiterentwickelt, und ein neues Level erklimmt. Dies sind nicht nur schöne Worte der Verantwortlichen. Die Lernwilligkeit, der Hunger und die Ambitionen sind tatsächlich auch in der Mannschaft zu spüren. Man will offensiv durchschlagskräftiger und defensiv solider werden.

Duelle zwischen dem FCZ und Servette haben eine lange und grosse Tradition. So war Servette beispielsweise der Gegner in den Cupfinals der beiden Double-Saisons 1966 und 1976. In den letzten drei Jahrzehnten ist die Bilanz in den Direktbegegnungen ausgeglichen. Als Einstimmung auf den Match hier ein Ausschnitt aus der Sendung vom 20.November, in welchem Züri Live-Experte Toni Gassmann einige der interessantesten Geschichten rund um das Traditionsduell FCZ – Servette erzählt:

Testspielbilanz – Was macht die Konkurrenz?

In der Winterpause erfuhren einige Super League-Klubs am eigenen Leib, dass die Rede von der erhöhten Qualität der Challenge League nicht nur leeres Geschwätz ist. St.Gallen wurde nicht nur vom FCZ 2:3 geschlagen, sondern von Schaffhausen gleich mit 1:5. Auch wenn die Ostschweizer dabei mit ihrer Ersatzbank antraten, ein sehr hohes Resultat. Es passt aber ins Bild des «neuen» FC Schaffhausen der Wintervorbereitung. Er tritt neu mit Dreierabwehr an, und besiegte im Stade de Suisse YB mit 4:3. Sieben neue Spieler wurden verpflichtet, und vor allem Trainer Murat Yakin, der 2009 in Thun ein mittelmässiges Challenge League-Team übernahm, und innerhalb von einer Saison (zurück) in die Super League führte.

Der neue LIPO-Park liegt direkt oberhalb einer ebenfalls neuen S-Bahnstation. Der FCZ konnte in der Wintervorbereitung schon zwei Mal da spielen. Es heisst immer, Tribünen sollen so nah wie möglich am Spielgeschehen sein. Schaffhausen hat das auf die Spitze getrieben. So konnte Cavusevic nach seinem Tor gegen St.Gallen nicht mehr schnell genug abbremsen, und prallte gegen die Betonwand direkt hinter dem Tor, und wenn ein Verteidiger den Ball ins Seitenaus spediert, prallt dieser schnell mal gegen die Scheibe des VIP-Bereiches.

Der hartnäckigste FCZ-Verfolger Xamax lässt ebenfalls mit Top-Resultaten aufhorchen: zwei Siege und ein Unentschieden in den drei Duellen mit Super League-Klubs – 2:0 gegen Lugano, 4:1 gegen Lausanne und 1:1 im Wankdorf gegen YB. Das sollte für den FCZ und seine Anhänger genug Warnung sein. Le Mont verlor in einem ausgeglichenen Spiel in Basel in der Nachspielzeit unglücklich 1:2 und war beim 0:0 in Thun auf Kunstrasen die klar überlegene Mannschaft, und vergab dabei «hundertprozentige» Torchancen gleich im „Six Pack“.

Eher durchschnittlich waren die Resultate von Wohlen, Winterthur, Wil, Servette, Chiasso und Aarau. Die Aargauer Kantonshauptstädter verloren zum Auftakt grippegeschwächt mit 1:5 in Thun und in der Folge auch Stéphane Besle, der länger ausfällt und die Personalsorgen in der Hintermannschaft der Aarauer verschärft. Auftaktgegner Servette hatte ebenfalls keine sorgenfreie Vorbereitung. Zwei von fünf Testspielen wurden abgesagt und von den restlichen resultierte nur ein Sieg (1:0) gegen Etoile Carouge.

 

Panta Rhei – vor allem über die Flügel (grosse FCZ-Rückrundenvorschau)

Fünf Siege in sechs Partien der Wintervorbereitung – und dies nachdem der letzte Winter-Testspielsieg drei Jahre zurücklag (4:0 gegen Locarno am 26.1.2014). Vor Jahresfrist gelang in vier Vorbereitungspartien ein einziges Törchen – durch Aleksandr Kerzhakov per Absatz aus kurzer Distanz gegen den SV Ried (1:1). Das letzte Vorbereitungsspiel in Kaiserslautern war der negative Höhepunkt gewesen – das Team von Trainer Hyypiä war beim 0:4 über weite Strecken kraft- und chancenlos aufgetreten. Nicht immer führen gute Vorbereitungsspiele dann aber auch zu einer guten Runde in der Meisterschaft. Deutlich wichtiger dafür ist jeweils die Auftaktpartie, und die wird am Montag um 19:45 im Stade de Genève angepfiffen.

Trotzdem: der FCZ konnte in den meisten Testspielen zumindest über weite Strecken das Spiel in die Hand nehmen und eine ganze Reihe von Chancen kreieren. In der Sommervorbereitung hatte Uli Forte noch vorwiegend den jungen Spielern den Vortritt gelassen und viel Spielzeit ermöglicht. Nun ging es stärker um das Einspielen der etablierten Akteure – natürlich ohne die Jungen zu vernachlässigen. Die Mannschaft hat sich während der Vorrunde gefunden, und deutlich mehr Spieler konnten die Vorbereitung der zweiten Saisonphase vom ersten Tag an in Angriff nehmen. Wie sieht also die Situation vor Rückrundenstart konkret in den einzelnen Mannschaftsteilen aus?

Photo: Roland ZH, CC BY-SA 3.0

TOR

Seit dem überstürzten Abgang von David Da Costa vor etwas weniger als zwei Jahren kann man die Situation auf dieser Position mit zwei Worten ausdrücken: Panta Rhei – alles ist im Fluss. Alles? Nein, ein Anker wurde im Sommer eingeschlagen, und das ist die Nummer 1, Andris Vanins. Der Lettische Routinier ist zu Recht unangefochten, und war auch dann auf dem Posten, wenn er in einem Spiel nicht viel zu tun hatte. Ein Kandidat für die Nachfolge des 36-jährigen Vanins in ein, zwei oder drei Jahren könnte der 20-jährige Kanadier Yann-Alexandre Fillion sein. Im Sommer eine und jetzt drei Halbzeiten im Einsatz, machte dieser einen für sein Alter souveränen Eindruck und wird wohl zunächst mal verliehen werden. Sein Vertrag beim FCZ läuft bis 2021! In der Zweiten Mannschaft darf Fillion offenbar aus regulatorischen Gründen zur Zeit nicht eingesetzt werden. Novem Baumann konnte wie schon im Sommer auch jetzt im Winter nicht überzeugen. Er hat mit 540 Minuten von allen Torhütern in Testspielen am meisten gespielt. Yanick Brecher gab nach seiner achteinhalb-monatigen Verletzungspause sein Comeback gegen Rapperswil. Ein Leihverein wurde für ihn bisher nicht gefunden. Gut möglich, dass er zunächst vermehrt in der von Massimo Rizzo trainierten «U21» zum Einsatz kommen wird. Was allerdings wiederum verhindern könnte, dass der talentierte 18-jährige Bojan Milosavljevic neben Fabian Fellmann zu seinen Einsätzen kommt.

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BACKS ZENTRUM

Ivan Kecojevic und Armin Alesevic sind angeschlagen. Das Zentrum der Hintermannschaft stellt sich mit Alain Nef und Umaru Bangura in Genf möglicherweise von selbst auf. Bangura, der erst Anfang August zum Team stiess, hatte in der Vorrunde seine Ups & Downs und durfte nun in der Wintervorbereitung von allen Innenverteidigern am meisten spielen. Tritt der Abwehrmann aus Sierra Leone top fokussiert auf, wie beispielsweise in Villarreal, dann kann er dank seiner Schnelligkeit und Beweglichkeit auch gegen ein Spitzenteam der «La Liga» mithalten. Ist die Körperspannung hingegen nicht zu hundert Prozent da, dann hat er mit seiner für einen Innenverteidiger nicht unbedingt imposanten Postur auch in der Challenge League Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Alain Nef war in der Schlussphase der Vorrunde der wichtigste Spieler und scheint mit zunehmendem Alter eher noch besser zu werden. Ivan Kecojevic trat über weite Strecken souverän und Armin Alesevic, der auch auf der linken Seite eingesetzt werden kann, solide auf. Aus der U21 ist zur Zeit in erster Linie Mirlind Kryeziu eine Alternative, die für den Spieltagskader in Frage kommen könnte.

BACKS AUSSEN

Nicolas Stettler ist auf der Basis seiner Leistungen nahe dran an der Stammelf. Passspiel, Vorstösse, Flanken,…- der Thurgauer hat  offensiv abgesehen von den Einwürfen mittlerweile gegenüber Cédric Brunner eher die Nase vorne. Im Zweikampfverhalten defensiv hat Brunner noch gewisse Vorteile, aber Stettler gehört zu den Spielern im Kader, die am schnellsten Fortschritte machen. Kay Voser hat in der Vorrunde ebenfalls mit viel Konstanz und Zuverlässigkeit überzeugt, plagt sich aber immer wieder mit kleineren Verletzungen herum. Für die vierte Position kommen Michael Kempter, bei welchem immer noch nicht ganz klar ist, ob er nun nach Wohlen ausgeliehen wird, oder der zurückgeholte Miro Muheim in Frage. Für Muheim wird es aufgrund seiner geringen Handlungsschnelligkeit eher schwierig, sich in der Offensive im Profibereich durchzusetzen. Die Linksverteidigerposition könnte eine Chance für ihn sein. Allerdings ist noch fraglich, ob er bereits die Wettkampfhärte und Stabilität auf Challenge League-Niveau mitbringt.

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MITTELFELD

Vasilije Janjicic, in der Challenge League-Meisterschaft ganze vier Minuten eingesetzt, hat in den Testspielen dieser Saison im Zentralen Mittelfeld mit 342 Minuten immer noch am meisten Spielzeit aufzuweisen, und da es im Frühling meist keine Freundschaftspartien mehr gibt, könnte dies auch definitiv so bleiben. Dies obwohl Janjicic, der zuletzt beim Rückrundenstart der Bundesliga zwei Mal auf der Bank Platz nahm, bereits Ende August zum HSV gewechselt ist. Der ehemalige FCZ-Lehrling hätte zumal nach dem Abgang von Anto Grgic gute Chancen auf einen Stammplatz beim FCZ gehabt. Die Liste der in den Testspielen eingesetzten Spieler besteht nun aus drei Gruppen: junge Spieler, die sich noch nicht durchgesetzt haben (Aliu, Rüegg, Salija), junge Spieler, die mittlerweile zu Deutschen Traditionsvereinen gewechselt sind (Janjicic, Grgic) und routiniertere Spieler, welche gerade in Vorbereitungsphasen häufig als «rekonvaleszent» auf dem Matchblatt erscheinen (Sarr, Kukeli, Yapi).

Sangoné Sarr hat grosse Teile der Vorrunde nicht im Vollbesitz seiner Kräfte gespielt, und unter anderem auch deshalb bei Züri Live mit 4,7 den schlechtesten Notenschnitt nach Armando Sadiku und Davide Chiumiento aufzuweisen. Gerade in der Europa League hat Sarrs verminderte Leistungsfähigkeit wohl ein, zwei Punkte gekostet. Nach Ende der Rückrunde unterzog sich der Senegalese dann einer Schulteroperation und befindet sich zur Zeit immer noch im Aufbautraining. Burim Kukeli wurde erst gegen Ende der Vorbereitung aus diesem entlassen und ist noch nicht bei 100% Leistungsfähigkeit. Wie gut Gilles Yapi dem Zürcher Spiel tut, war in den Vorbereitungspartien, in denen der Captain dabei war, gut zu sehen. Die Hauptprobe gegen St.Gallen verpasste er aber einen Tag vor seinem 35.Geburtstag krankheitshalber.

Kevin Rüegg hat sich in der Wintervorbereitung aufgedrängt und auch wenn es noch viele verbesserungsfähige Details gibt, könnte man ihn bei Bedarf ins kalte Wasser werfen. Favorisiert wird von Uli Forte aber offensichtlich die Variante mit dem zurückgezogen agierenden Antonio Marchesano. Auf dieser Position hat der Tessiner in Winterthur häufig keine guten Leistungen gezeigt und ist erst «explodiert», als ihn Patrick Rahmen in Biel als zurückhängende Spitze aufstellte. Beim FCZ gibt er sich alle Mühe, kann aber seine Defizite in den Zweikämpfen und im Stellungsspiel trotzdem nicht verbergen. Für Izer Aliu waren die Testspiele ein guter Lernprozess. Ihn schon zu Beginn gegen Servette, Xamax und Wil zu forcieren, kommt kaum in Frage. Eventuell gibt es für ihn am Ende der Rückrunde vermehrt Einsatzmöglichkeiten für das auch vom SFV geschätzte grosse Talent.

FORWARDS AUSSEN

Letzte Saison war dies eine Problemposition, worauf der Fokus der Sommerverpflichtungen mit Adrian Winter und Roberto Rodriguez klar war. Beide haben sich vor allem auch mit ihrer Einstellung und dem Kampfgeist auf dem Platz zu wichtigen Teamstützen gemausert und sorgten über die Aussenpositionen für „Panta Rhei“. Zudem bekam Marco Schönbächler nach seiner langen Verletzungspause die Zeit, sich wieder an sein altes Niveau heranzutasten. Die Konstanz war daher beim schnellen Flügelspieler verständlicherweise noch nicht vorhanden. Trotzdem beglückte er die FCZ-Fans bereits wieder mit dem einen oder anderen Highlight wie seinem Traumtor im Heimspiel gegen Osmanlispor. Zuletzt an der Hauptprobe gegen St.Gallen erinnerte Schönbächler erstmals wieder an den „Schönbi“ der besten Zeiten, als er endlich das überfällige Aufgebot für die Schweizer Nati erhielt. In einer Woche feiert der Zürcher übrigens sein 10-jähriges Jubiläum seit seinem ersten Wettbewerbseinsatz in der 1.Mannschaft! 253 Spiele mit 39 Toren und 44 Assists. Es gibt heutzutage nicht mehr viele Profis, die ein solches Jubiläum feiern können.

In den Sommertestspielen war Artjom Simonyan der vierte Flügelmann. Dieser wurde dann aber zu Le Mont verliehen und kam dort noch nicht viel zum Einsatz, und wenn, dann auf einer 8-er/10-er Position im Mittelfeld. Im Herbst hatte der FCZ den jungen Ägypter Khalil Elnouby getestet. Dieser überzeugte in seinem 45 Minuten-Einsatz gegen Vaduz, und erzielte zudem auch noch ein Traumtor nach einer Traumkombination über rechts. Eine allfällig mögliche Verpflichtung scheiterte aber wohl an regulatorischen Hürden. Im Winter war nun Neo-Profi Fabian Rohner der vierte Mann. Von allen Teenagern im Team ist Rohner wohl am weitesten. Die Wintervorbereitung hat bestätigt, dass er sich als Leichtgewicht auch im Männerfussball sehr gut behaupten und durchsetzen kann, dank einer Kombination aus Schnelligkeit, Unerschrockenheit, Technik, Spielintelligenz und guter Körperspannung. Seine Zielstrebigkeit, Spielverständnis und Schusstechnik machen ihn zudem zu einem torgefährlichen Spieler, mit Sicherheit auch auf Challenge League-Niveau – mindestens… Im einzigen verlorenen Testspiel gegen Dynamo Dresden (mit 2:1-Auswärtssieg in Nürnberg in die Rückrunde gestartet und auf Tuchfühlung mit den Bundesliga-Aufstiegsplätzen) war Rohner einer der besten. Auch Moussa Koné ist weiterhin eine Alternative auf dem Flügel und beim 3:1-Treffer gegen Rapperswil war ersichtlich, dass die neue Sturmspitze Dwamena dazu in der Lage ist, schnelle Flügelspieler wie Koné, Rohner oder Schönbächler im Strafraum in gute Abschlusspositionen zu bringen – häufiger, als es bisher der Fall war.

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FORWARDS ZENTRUM

Oliver Buff erinnerte in der Hauptprobe gegen St.Gallen in der 1.Halbzeit ähnlich wie Marco Schönbächler an seine besten Zeiten – grosse Spielfreude und Technik in relativ hohem Tempo. Dies nachdem der Standardspezialist seit dem Auswärtsspiel gegen Servette angeschlagen war. Im Stade de Genève hatte er im Herbst bereits angeschlagen vor seiner frühzeitigen Auswechslung noch einen Penalty verwandelt. Die grösste Neuigkeit vorne im Zentrum ist aber sicherlich der «Tausch» Dwamena für Sadiku, und die ersten Eindrücke versprechen, dass dies für den FCZ ein guter Tausch war. Raphael Dwamena erscheint im Paket aus Technik, Robustheit, Schnelligkeit, Spielverständnis und Mannschaftsdienlichkeit als der komplettere Stürmer mit dem einzigen festgestellten Manko, dass er sich im Abschluss bisher «weigert», den rechten Fuss zu benutzen.

Wirklich Eindruck machte in der Wintervorbereitung aber Dzengis Cavusevic. Der Abgang von Sadiku schien den Slowenen zu beflügeln, und er scheint sich speziell mit Marchesano, aber auch mit den anderen Mitspielern immer besser zu verstehen. Im Sommer stiess er erst relativ spät zur Mannschaft. Nun hat der Forward die gesamte Vorbereitung mitgemacht, sich nochmal verbessert, und ist zur Zeit wohl in der Form seines Lebens. Cavusevic sollte in dieser Verfassung zumindest zu Beginn trotz der Verpflichtung Dwamenas erstmal als Nummer 1-Spitze gesetzt sein. Kultstürmer Moussa Koné hat nach einer gewissen Flaute im Abschluss durch sein Tor in Rapperswil hoffentlich wieder an Selbstvertrauen zugelegt.

Antonio Marchesano war in der Vorrunde ähnlich wie schon in Biel an vielen torreichen Spielen wesentlich beteiligt, und hatte vor der Winterpause eine Phase, wo er in fünf Partien 10 Skorerpunkte erzielte. Allerdings erscheint der FCZ mit dem Tessiner auf dem Platz gleichzeitig auch defensiv verwundbarer. Davide Chiumiento gibt sich Mühe, den Anschluss zu schaffen, wird es aber wohl selbst auf Challenge League-Niveau nicht einfach haben, seine aussergewöhnliche Technik noch genügend oft richtig zur Geltung zu bringen. Und im Gegensatz zu Buff scheint Chiumiento nicht zu effektiver defensiver Mitarbeit über 90 Minuten in der Lage, was im Fussball auf heutigem Niveau unabdingbar ist.

 

Fabian Rohners Tordébut beim zweiten Testspielsieg gegen Rappi

Der FCZ testet 5 Tage vor Rückrundenstart gegen das Spitzenteam der Promotion League, Rapperswil-Jona. Es war in dieser img_1578Saison bereits der zweite siegreiche Test gegen die Rapperswiler, bei welchen mit Egzon Kllokoqi auch ein langjähriger FCZ Academy-Spieler in der Startaufstellung stand – heute ist er einer der besten Innenverteidiger der Promotion League. Im Zentrum der Aufmerksamkeit bewegte sich aber häufiger Rappi-Goalie Ngongo, der mehrere starke Paraden zeigen musste, um eine höhere Niederlage zu verhindern.

Zu Beginn kam der FCZ nicht ins Spiel. Uli Forte bemängelte von der Seitenlinie aus die fehlende Proaktivität bei einzelnen Spielern. Nicht ganz überraschend daher die frühe Führung für Rapperswil durch den jungen Liechtensteinischen Nationalstürmer Dennis Salanovic, welcher den Ball am etwas zögernden Baumann vorbei einschob. Mitte der 1.Halbzeit bekam der FCZ die Partie dann aber in den Griff, und war in der Folge bis etwa 10 Minuten vor Schluss die klar spielbestimmende Mannschaft.

Nicolas Stettler wusste auf der rechten Seite mit Rushes, gutem Timing und präzisen Flanken zu gefallen. Seine Hereingabe stand am Ursprung des 1:1-Ausgleichs durch eine schöne Direktabnahme Fabian Rohners unters Tordach aus rund 10 Metern. Kurz darauf kam Neuverpflichtung Raphael Dwamena für den Torschützen in die Partie. Koné wechselte auf die Flügelposition. Noch vor der Pause ging der FCZ durch Adrian Winter in Führung. Dieser nutzte den ihm zugestandenen Platz zu einem scharfen und gleichzeitig präzisen Weitschuss aus 20 Metern.

img_1579Neuzugang Dwamena verzeichnete mehrere Chancen, hob sein Premierentor aber noch auf. Dafür bediente der Ghanaer im Zuge eines Doppelpasses herrlich den schnellen Moussa Koné, der nach zuletzt vielen vergebenen Torchancen endlich wieder einmal ein Erfolgserlebnis feiern konnte. So kam es insgesamt zu gleich drei Skorerdébuts in der 1.Mannschaft: das erste Tor von Neo-Profi Fabian Rohner, sowie die Assists von Stettler und Dwamena. Kevin Rüegg war im Zentralen Mittelfeld gewohnt aufsässig. Izer Aliu zeigte eine Steigerung im Vergleich zu den letzten Testspieleinsätzen. Albin Sadrijaj hat sich noch nicht aus seiner seit einem halben Jahr andauernden Baisse herausgekämpft. Mirlind Kryeziu gefiel etwas besser – der Innenverteidiger hat sich im Vergleich zu seiner Bieler Zeit, wo er häufig etwas überfordert war, zuletzt in der U21 gesteigert – ein gleichwertiger Ersatz für die aktuellen vier Innenverteidiger wäre er aber noch nicht.

Vor allem aber kam in der 2.Halbzeit Yanick Brecher nach einer achteinhalbmonatigen Pause zu seinem Comeback. In der Endphase der letzten Meisterschaft hatte dieser im Training einen Kreuzbandriss erlitten. Gegen Rapperswil benötigte Brecher in seinem 45-Minuten Einsatz allerdings von allen seinen Bändern fast nur die Stimmbänder. Nur einen einzigen unplatzierten Weitschuss Ramadanis in der 77.Minute musste Brecher halten.

FC Rapperswil-Jona – FC Zürich 1:3 (1:2)

Grünfeld Kunstrasen, Rapperswil-Jona.

Tore: 12. Salanovic (Schwizer) 1:0, 31. Rohner (Stettler) 1:1, 43. Winter (Rüegg) 1:2; 54. Koné (Dwamena) 1:3.

FCZ: Baumann (46. Brecher); Stettler, Sadrijaj, Kryeziu, Muheim; Winter, Aliu, Rüegg, Rohner (33. Dwamena); Chiumiento, Koné.

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