Historisch hat der FCZ in der von dbfcz erfassten Zeitperiode gegen Lausanne-Sport(s) (seit 2003 ohne „s“ am Ende) eine negative Bilanz.Genauso wie auch gegen die anderen Kontrahenten aus den „Big 6“ – GC, FCB, Servette und (knapp) YB. In Lausanne hat der FCZ weniger als halbsoviele Siege wie Niederlagen eingefahren. Chancenlose Auftritte in der Stadt am Lac Léman haben in den letzten Jahren wesentlich zur Ablösung der Trainer Forte und Magnin beigetragen. Zuletzt gab es allerdings drei Siege und zwei Unentschieden in den letzten fünf Duellen mit den Waadtländern.
Historische Bilanz Lausanne-Sport gegen den FC Zürich (dbfcz-Statistik Stand: 5.3.2022)
Beim FCZ werden in den Tuilières die beiden gesperrten Omeragic und Dzemaili vermutlich durch Mets und Krasniqi ersetzt werden. Möglicherweise erhält wie schon vor der Winterpause auch diesmal wieder Wilfried Gnonto auf dem Kunstrasen eine Chance von Beginn weg, auf welchem Dzemaili wohl sowieso nicht von Anfang an aufgelaufen wäre. Damit wäre das Duo Krasniqi / Gnonto wieder vereint, welches damals für den 1:0-Führungstreffer im Waadtland gesorgt hatte. Aiyegun Tosin hat seit Wiederbeginn der Meisterschaft noch nicht überzeugen können.
Tatsächlich erhält wie gewünscht Gnonto an Stelle von Tosin die Chance von Beginn weg auf dem Kunstrasen der Tuilières.
Lausanne-Sport hatte zuletzt eine Serie von acht Niederlagen in Folge (inklusive Cup neun). Trotzdem war in der Rückrunde bisher nur die Startniederlage gegen St. Gallen wirklich ein schlechter Auftritt. Die anderen Partien verliefen über weite Strecken ausgeglichen, es fehlte den Waadtländern dabei hauptsächlich ein Goalgetter. Bei der 0:1-Niederlage zuletzt in Sion war Lausanne gar das bessere Team und hätte einen Sieg oder mindestens einen Punkt (so wie der FCZ zuletzt) im Wallis verdient gehabt. Der Leistungstrend unter dem neuen Trainer Casanova zeigt also nach oben. Die taktische Formation wird zwischen und während den Spielen viel gewechselt. Casanova vertraut offenbar Sow nicht, hingegen wird Anel Husic nicht mehr als verletzt gemeldet. Kommt der Schweizer U21-Nationalspieler rein, dann könnte Lausanne mit einer Dreierabwehr auflaufen.
Der wirblige Aussenspieler Toichi Suzuki empfahl sich zuletzt in zentralerer Position. Routinier Adrian Trebel (Nantes, Standard, Anderlecht) unterlief zuletzt in jeder Partie ein kapitaler Fehler. Wäre er jung, hätte ihn das schon länger seinen Platz gekostet. Ausserdem hat Lausanne weiterhin Mühe nach Auswechslungen sofort wieder in die Ordnung zu kommen, was zuletzt Sion im Tourbillon mit dem Siegtreffer von Giovanni Sio ausgenutzt hat. Trainer Casanova hat sich zuletzt vor allem darauf fokussiert, dass seine Mannschaft hinten und im Mittelfeld Zugriff aufs Spiel bekommen hat. Der nächste Schritt wäre nun der häufig einzigen Sturmspitze Pollero (oder Amdouni) Schritt für Schritt mehr Unterstützung zu geben, ohne die Kompaktheit im Mittelfeld zu verlieren.
Auch bei Lausanne gibt es nur einen Unterschied zur Aufstellung in der Vorschau: Ex FCZ-ler Stjepan Kukurozovic darf für Thomas von Anfang an ran. Die taktische Formation wird wohl wieder gleich wie bei der guten Leistung in Sion aussehen.
Wie mit Vaduz letzte Saison in der Super League, lässt Ex FCZ-Stürmer Mario Frick auch sein neues Team Luzern mit einem Rhombus im Mittelfeld spielen – allerdings mit zwei Stürmern und zwei Innenverteidigern (mit Vaduz: einer und drei). Frick scheint auch personell seine Mannschaft für die Rückrunde gefunden haben. Die einzige Position, auf der aktuell variiert wird, ist die zweite Sturmposition neben Abubakar. Heute erhält Nikola Cumic die Startchance – an Stelle von Marko Kvasina (Ersatz) oder Dejan Sorgic (verletzt).
Auch beim FCZ gibt es auf der Sturmposition den einzigen Wechsel. Der gesperrt gewesene Assan Ceesay kehrt für Blaz Kramer zurück. Der Slowene hat zuletzt bei seinen Einsätzen im Dress des FCZ 13 Mal gewonnen und ein Mal Unentschieden gespielt (in Sion). Es ist die erste Englische Woche seit langer Zeit und daher sieht Trainer Breitenreiter keine Veranlassung zu rotieren.
Der neue Coach Guillermo Abascal tritt in seinem ersten Spiel mit einer nominell sehr offensiven Ausrichtung an. Seine Lieblingsformation ist das 4-3-3. In diesem würden wohl der Offensivmann Stocker und der gelernte Stürmer Males die beiden Achterpositionen besetzen. Der frühere Offensive Mittelfeldspieler Frei besetzt möglicherweise alleine die Sechserposition. Für den FCZ könnten sich also für Marchesano und Co. Räume zwischen Verteidigungslinie und Mittelfeld des FCB ergeben.
Beim FCZ gibt es keine Überraschung. Blaz Kramer steht für den gesperrten Assan Ceesay in der Startformation. Mit dem Slowenen hat Zürich in dieser Saison bisher immer gewonnen.
Zum Abschluss der Super League-Vorrundenanalyse werfen wir traditionellerweise einen Blick auf die Integration des Nachwuchses in die jeweiligen 1. Mannschaften. Es gibt dabei einige neue Entwicklungen zu beobachten. So hat neuerdings Servette eigenen Nachwuchsspielern im U21-Alter am meisten Einsatzzeit gegeben! Die Genfer waren lange Zeit in dieser Hinsicht eines der grössten Sorgenkinder gewesen. Eigene Nachwuchskräfte wanderten auch deshalb reihenweise ab – unter anderem zum FC Zürich. Nun haben sie reagiert. Der sich immer noch im U21-Alter befindliche Kastriot Imeri schaffte nach langer Anlaufzeit (viereinhalb Jahre, mittlerweile 138 Spiele für die 1. Mannschaft) den Durchbruch zum Leistungsträger und steht nun praktisch immer in der Startaufstellung. Daneben erhielten auch Nicolas Vouilloz, Alexis Antunes und Edin Omeragic jeweils hunderte von Einsatzminuten. Ausserdem kamen Azevedo, Nyakossi und Sawadogo (mittlerweile leider verletzt) zu Super League-Spielzeit. Die Einsatzzeit eigener junger Spieler in der 1. Mannschaft, die seit der Übernahme durch die neue Klubführung um Didier Fischer und zu Beginn auch unter Trainer Alain Geiger in den Keller gerasselt war, zeigt nun nach oben.
Dicht dahinter folgt an 2. Position Lausanne-Sport. Die aus dem eigenen Nachwuchs stammenden Anel Husic (20) und Karim Sow (18) waren über weite Strecken der Vorrunde Stammspieler. Husic legte einen raketenhaften Aufstieg praktisch aus dem Nichts zum Stammspieler der U21-Nationalmannschaft hin und stand diesen Herbst kurzzeitig gar nahe an einem Aufgebot für die A-Nationalmannschaft Murat Yakins. Ebenfalls sowohl in seinem Stammklub und in der U21-Nationalmannschaft profilieren konnte sich Gabriel Barès (21, in der Winterpause Transfer zu Montpellier in die Ligue 1) und der aus der See-Region, aber nicht aus dem Lausanne-Nachwuchs stammende Zeki Amdouni (21). Mehrere Chancen, sich zu zeigen, erhielt auch der aus dem eigenen Nachwuchs stammende Alvyn Sanches (19). Dazu kam der ebenfalls aus dem eigenen Nachwuchs stammende Marc Tsoungui. Und dabei ist ein Cameron Puertas gar nicht mitgerechnet, weil er erstens schon 23 ist und zweitens im Team Vaud nur in der “U21“ (2. Mannschaft) gespielt hat, welche zum Erwachsenenfussball zählt.
Nachdem Lausanne über Jahrzehnte in den Schweizer Nachwuchsauswahlen meist untervertreten war, bildeten diesen Herbst auf einmal Husic, Barès und Amdouni die “Achse“ von Mauro Lustrinellis neuer U21-Nati. Die grosse Mehrheit der Super League-Konkurrenten hat nicht annähernd so viel auf den eigenen Nachwuchs gesetzt, wie die Waadtländer unter Ilija Borenovic. Zusammen mit nicht aus dem eigenen Nachwuchs stammenden jungen Spielern wie den Ivorern N’Guessan, Zohouri oder Ouattara setzte Lausanne mit Abstand am meisten Spieler im U21-Alter ein. Das Beispiel Lausanne zeigt, dass in Klubs mit ausländischen Besitzern nicht automatisch weniger auf den eigenen Nachwuchs gesetzt wird.
Keine einzige Einsatzminute für den Basler Nachwuchs
Im Super League-Mittelfeld bezüglich Einsatz eigener Nachwuchsspieler befinden sich in dieser Vorrunde Luzern, St. Gallen und YB mit Talenten wie Burch, Rupp, Stergiou, Besio, Mambimbi und Rieder. Der FCZ führt hingegen in dieser Wertung nur die hintere Tabellenregion an. Die unter Massimo Rizzo eingesetzte Abwärtstendenz hat sich unter André Breitenreiter noch weiter akzentuiert – nachdem zuvor unter Magnin der FCZ am meisten eigene Junioren eingesetzt hatte. Nur Bledian Krasniqi kam diesen Herbst regelmässig zum Einsatz. Dazu gesellten sich sehr knapp bemessene Kurzeinsätze von Silvan Wallner und Stephan Seiler. Hinter dem FCZ folgt Sion mit Theler und Berdayes. GC (Hoxha, Kacuri) und Lugano (Nikolas Muci) gaben diesen Herbst eigenen Nachwuchsspielern so gut wie keine Einsatzzeit. Noch schlimmer wars beim FC Basel: Null. Nada. Keine einzige Einsatzminute für den eigenen Nachwuchs beim zwischenzeitlichen Vorzeigeverein bezüglich Nachwuchsausbildung der Schweiz! Schaut man hingegen auf die Einsatzzeit von Spielern im U21-Alter ingesamt, dann liegt der FCB hinter Lausanne an zweiter Position.
Freipass für eigenen Nachwuchs wie unter Magnin vorbei
Der FCZ ist in dieser Hinsicht an fünfter Postion. Nur 28% der Einsatzzeit von U21-Spielern ging an Spieler aus der eigenen Academy. Mit den jungen Grgic, Buff, Brunner und Brecher aus dem eigenen Nachwuchs als Stammspieler ist der FCZ 15/16 abgestiegen. Unter Ludovic Magnin kamen jeweils rund ein Dutzend Academy-Spieler zu ihren Wettbewerbs-Einsätzen – in der Corona-geprägten Saison 19/20 waren es gar deren 19. In der aktuellen Saison unter Breitenreiter hingegen bisher erst drei. Über die letzten 10 Jahre gesehen liegt der FCZ bezüglich Einsatzminuten eigener Nachwuchsspieler im Vergleich mit den anderen Vetretern der „Big6“ YB, FCB, GC, Lausanne und Servette immer noch klar vorne. Aber die Zeiten, wo Academy-Spieler einfach weil sie jung sind und in der U21 zwei, drei ansprechende Spiele gemacht haben, zu Super League-Einsatzminuten kommen, sind wohl vorbei.
Wer auf Junge setzt, muss Vollgas-Fussball spielen lassen
Leider ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein Ausbau von Einsatzzeiten für junge Spieler, speziell solche aus dem eigenen Nachwuchs, in den letzten Jahren tendenziell zu Rückschlägen in der Tabelle und anschliessenden Trainerentlassungen geführt haben. Magnin (FCZ) und Borenovic (Lausanne) sind zwei der klarsten Beispiele dafür. Aber auch YB und Basel haben mehr Probleme, eine gewisse Konstanz zu erreichen, wenn sie mehr junge Spieler einsetzen. Die Wende zum Erfolg bei den Bernern kam, als unter Christoph Spycher und Adi Hütter die Einsatzzeiten der eigenen Nachwuchsspieler nach der Bickel-Ära drastisch zurückgefahren wurden. Eine Ausnahme bildet der FC St. Gallen in der Saison 19/20, aber auch dieser konnte seinen zwischenzeitlichen Höhenflug mit einer jungen Mannschaft noch nicht bestätigen. Bezeichnend auch, dass dieses Beispiel vor allem darum funktionierte, weil die Spielweise stark auf die Qualitäten von jungen Spielern (körperliche Belastbarkeit, Schnelligkeit, Aggressivität) ausgerichtet war. Dem gleichen Prinzip folgen auch Klubs wie Salzburg oder Leipzig.
Wilfried Gnonto und Becir Omeragic statt Matteo Di Giusto und Arbenit Xhemajli
Talent ist nicht gleich Talent. Aussschlaggebend ist ein hohes Potential in allen wichtigen Bereichen wie Technik, Physis, Schnelligkeit, Mentalität und Spielverständnis. Nachwuchsspieler vom Level eines künftigen Nati-Stammspielers wie Nico Elvedi oder Ricardo Rodriguez erhöhen die Qualität einer Super League-Mannschaft schon mit 17 oder 18 Jahren. Jeder Trainer, der ein Auge für Qualität hat, setzt sofort auf solche Spieler – nicht nur wenn er ein Herz für den Nachwuchs hat, sondern auch wenn er nichts anderes als Erfolg will. Nur: Talente von diesem Schlage gibt es in den meisten Jahrgängen nicht. Zusätzlich auch weil in der Vergangenheit die Mehrzahl von Talenten, die dem Niveau eines Elvedi oder Rodriguez nahe kamen, zu früh in eine Nachwuchsakademie nach England oder Italien gewechselt sind, und dort dann stagniert haben. Einige von ihnen haben dank ihrem Talent später immer noch einen ordentlichen Werdegang, aber nicht mehr die Top-Karriere, die möglich gewesen wäre.
Zur nächsten Talentstufe könnte man einen Bledian Krasniqi zählen. Talente, die nicht ganz die Voraussetzungen mitbringen, schon mit 17, 18 Jahren in der Super League einzuschlagen, danach aber schon – vorausgesetzt, sie erhalten genug Spielzeit in einer Liga, die von der Qualität her nahe an der Super League anzusiedeln ist. Das könnte beispielsweise die oberste Liga Schwedens oder Polens sein. Oder eben die Challenge League. Dank dem Modus mit zwei Zehnerligen, hat die Challenge League eine Qualität nahe der Super League. Es spielen da die Teams Nummer 11 bis 20 des Schweizer Fussballs. Von Gegenspielern von der Qualität eines Fatkic, Hasler oder Njie werden Talente vom Schlage eines Krasniqi genügend gefordert, ohne dass sie überfordert werden, wie dies mit 17 gegen einen Fabian Frei oder Théo Valls der Fall gewesen ist / wäre. Einem Anto Grgic beispielsweise, der in der Abstiegssaison Stammspieler war, hätten zu dem Zeitpunkt zuerst mal ein bis zwei Jahre Challenge League von denen ein Manuel Akanji (BVB) oder Denis Zakaria (Juve) profitieren durften, für seine Entwicklung wohl gut getan.
Bei allem, was talentmässig hingegen darunter anzusiedeln ist, macht es letztendlich wenig Sinn, Spielzeit in der obersten Liga zu gewähren – ausser man richtet wie St. Gallen die Spielweise voll auf die Jungen aus. Ein wichtiger Faktor dabei ist, dass in der Schweiz und anderswo die Toptalente und deren Umfeld im Vergleich zu vor 10 Jahren deutlich vernünftiger geworden sind und ihre Karriere Step by Step aufbauen. Genauso wie ein Krasniqi zwei Jahre Aufbau in der Challenge League bei Wil gebraucht hat, sind ein Wilfried Gnonto oder Becir Omeragic trotz vieler Angebote von reicheren Klubs aus grösseren Ligen schon früh einen Vertrag in einer Top 5-Liga zu erhalten, den Schritt zum FC Zürich gegangen. Sie nehmen nun die entsprechenden Plätze im Kader der 1. Mannschaft ein. An Stelle von etwas weniger talentierten Spielern aus dem eigenen Nachwuchs wie beispielsweise Arbenit Xhemajli oder Matteo Di Giusto. Für das Niveau und den Erfolg der 1. Mannschaft ist dies positiv. Die Hürde für den Schritt in die 1. Mannschaft ist anspruchsvoller geworden. Das heisst auch: wenn einer jetzt den Schritt schafft, hat dies eine grössere Bedeutung. Man kann es bei weitem nicht mehr einfach „erwarten“.
Der Blätterwald rauscht und die Fahne dreht wild von einer Seite auf die andere, je nach Richtung der aktuellen Windböe. Noch vor ein oder zwei Wochen waren die meisten Fussballjournalisten der Meinung, dass der FCZ bestimmt noch einbrechen werde und ein 3. Platz auch schon sehr gut wäre. Je ein Sieg gegen GCund ein durch das wichtige Cupspiel unter der Woche müde Lugano – und der FCZ wird bereits vorzeitig auf den Helvetiaplatz geschrieben. Und schon in zwei Wochen kann alles bereits wieder total anders sein – und die Journalisten kehren wieder zu ihrer ursprünglichen Prognose zurück.
Sion mit gutem Rückrundenauftakt
Bis das dritte Saisonviertel vorbei ist, muss wirklich gar nicht erst mit Rechnen begonnen werden. Man hat unter anderem noch je zwei Duelle gegen den FCB, YB, das sehr formstarke St. Gallen und das wiedererstarkte Powerhouse Luzern. Nun steht sowieso die Auswärtspartie im Wallis an! Sion hat sich unter Trainer Tramezzani stabilisiert. Dies hat der Rückrundenauftakt (2:0 gegen GC, 3:3 in Basel) gezeigt. In Basel hätten die Walliser bei einem Expected Goals-Verhältnis von 2,77 : 0,99 die Partie sogar klar gewinnen müssen. Letztes Wochenende gab es eine 0:1-Niederlage in Luzern. Nicht ohne Grund, denn Luzern war von den drei Auftakt-Gegnern der stärkste. Sion wurde von den pausenlos Druck ausübenden Innerschweizern weitgehend überrollt.
Grgic in der Form seines Lebens
Beim Team von Paolo Tramezzani gilt es vor allem die individuelle Qualität hervorzuheben. Anto Grgic ist aktuell in der Form seines bisherigen Fussballerlebens. Nicht nur, weil er gegen GC und Basel alle fünf Tore entweder selbst erzielt oder per schönem Assist vorbereitet hat. Der Zürcher scheint im Team von Paolo Tramezzani seine Rolle gefunden zu haben und spürt die Rückendeckung des Coaches. Jan Bamert spielt wieder im Abwehrzentrum mit Nathanaël Saintini und befindet sich ebenfalls in guter Form. Birama Ndoye rückte dadurch auf die Sechserposition und verdrängte Luca Zuffi auf die Bank. Diese Rochade hat den Wallisern die notwendige Balance zwischen Offensive und Defensive zurückgebracht. Saintini ist allerdings gegen den FCZ gesperrt. Als Ersatz kommen Kabashi, Schmied oder Benito in Frage. Rückt Benito ins Zentrum, spielt wohl Cipriano links.
Ausser Zuffi sind von den Krankgemeldeten alle genesen. Sion startet gleich mit sechs (!) gelernten Aussenspielern in die Partie gegen den FCZ. Aufgrund der aufgebotenen Spieler würde sich am ehesten ein 3-4-3 anbieten. Wir lassen uns überraschen – wie immer bei Tramezzani.
Wenig Ballbesitz und Umschaltspiel
Im Mittelfeldzentrum läuft neben Ndoye und Grgic in der Regel der Brasilianer Baltazar auf. Er kann genauso wie Ndoye etwas fehleranfällig sein, wenn man ihn unter Druck setzt. Ndoye ist zudem trotz seiner Körpergrösse ein möglicher Schwachpunkt bei Defensivstandards, den man ausnutzen kann. Er ist ab und zu nahe dran, einen Penalty zu verursachen oder verliert seinen Gegenspieler aus den Augen. Im Sturmzentrum ist Sion zudem fürs Aufbauspiel im Ligavergleich nicht optimal besetzt. Deshalb setzen die Walliser weitgehend auf Gegenstösse, auch wenn sie in Basel im Gegensatz zum Heimspiel gegen GC ins Pressing gingen. Es gibt Teams in der Super League, die schneller umschalten als Sion, aber die Brasilianer Wesley und Itaitinga bringen in Strafraumnähe Bissigkeit ins Spiel und Grgic oder auch Bamert spielen die präzisen Bälle bei Seitenwechseln oder in die Tiefe. In Luzern wurde dann allerdings gar nicht wirklich ersichtlich, wie Sion hätte spielen wollen. Der Gegner übernahm von Anfang an das Spieldiktat, so dass die Walliser nur reagieren konnten.
Neuverpflichtung Benito motiviert
Die neu verpflichteten Loris Benito und Gaetano Berardi bringen zusätzliche Routine und Breite in ein sowieso schon grosses Kader. Benito hat natürlich für die Super League überdurchschnittliche Qualität. Ihm merkt man an, dass er sich bei Murat Yakin wieder für die Nati empfehlen will. Der Aargauer tritt sehr motiviert auf, teilweise übermotiviert. Berardi scheint bisher noch etwas mehr Probleme zu haben, wieder in den Rhythmus zu kommen. Zuletzt in Luzern fehlten Zuffi, Bua, Itaitinga und Hoarau wegen COVID. Falls Bua und Itaitinga wieder gesund sein sollten, sind sie Startelfkandidaten auf dem Flügel. Zumindest Tosetti würde dann wohl nicht von Anfang an auflaufen.
Pressing und taktische Flexibilität wichtig für den FCZ im Wallis
Wie wird Sion taktisch auftreten? Zuletzt haben sie vorwiegend mit wenig Ballbesitz gespielt, teilweise gewollt, teilweise gezwungenermassen. Die taktische Formation wechselt Tramezzani häufiger als andere Menschen die Unterwäsche, nämlich immer wieder auch mehrmals während eines Spiels. In die Partien gestartet ist er zuletzt aber jeweils mit einem 4-1-2-3. Auch gegen GC, welches dasselbe System wie der FCZ spielt. Vor genau drei Monaten im Wallis (knapper 1:0-Sieg des FCZ) begann Sion im gleichen System wie der FCZ, stellte zur Pause dann aber auf ein 4-2-3-1 um. Dadurch verlor der FCZ in der Folge im Pressing den Zugriff auf den Gegner. Daher ist gegen das Tramezzani-Team wie gegen keinen anderen Kontrahenten der Super League wichtig, dass der FCZ während dem Spiel auch mal die taktische Formation wechseln kann, falls dies nötig sein sollte. Denn gleichzeitig scheint der FC Sion auch wegen der erwähnten Fehleranfälligkeit derjenige Gegner zu sein, gegen welchen sich ein Hohes Pressing aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre am meisten lohnt.
Beim FCZ gibt es nur eine Änderung zur letzten Partie: Blerim Dzemaili beginnt für Bledian Krasniqi. Tosin erhält vorne im Sturm erneut den Vorzug vor Wilfried Gnonto.
Neunter Sieg in Folge für den FC Zürich, dazu zum sechsten Mal hintereinander gegen Lugano „zu Null“ gewonnen. Erstmals in dieser Rückrunde hatte man unter dem Strich auch die etwas besseren Torchancen, als der Gegner. Trotzdem war Trainer Breitenreiter mit der Leistung nicht zufrieden. Nach der Führung habe man zu stark nachgelassen, sei zu passiv geworden. Konkret passierte dies nach rund 30 Minuten.
Nach einer halben Stunde geht Zugriff im Pressing verloren
Die erste halbe Stunde war gut, auch nach der in der 11. Minute erzielten Führung Antonio Marchesanos (erster Rückrundentreffer). Danach lässt sich auch aus den Daten herauslesen, dass der Stadtclub im Gegensatz zu den ersten beiden Rückrundenpartien im Pressing stark nachliess. Aufgrund der Visionierung der Bilder bezieht sich dies aber nicht auf die Positionierung. Man stand weiterhin hoch, aber der Zugriff auf den Gegner war einfach nicht mehr genügend vorhanden. Ballführende Luganesi wie Sabbatini oder Lovric konnten sich in der eigenen Platzhälfte zu einfach lösen. Speziell in den letzten sechs Minuten vor der Pause liess man gefährliche Konter der Tessiner zu. Der Verlauf der Partie erinnerte etwas an eine (von bisher zwei) Saisonniederlagen, als man das Hohe Pressing länger Aufrecht erhielt, als man (physisch?) in der Lage war und dadurch ins offene Messer lief. Nur mit dem Unterschied, dass es Lugano nicht so konsequent auszunutzen vermochte wie damals YB. Vielleicht ist aber auch der Auswärtssieg in Lausanne eine passende Parallele, als man nach Vorsprung ebenfalls nachliess – und am Ende (in Überzahl) trotzdem gewann. Dazu kamen gegen die Tessiner in der Viertelstunde vor der Pause individuelle Fehler von Tosin (2x), Omeragic und Kryeziu.
Daprelà und Hajrizi holen synchron einen Penalty heraus
In der 51. Minute dann eine wichtige Szene in diesem Spiel. Daprelà und Hajrizi hatten ganz offensichtlich vor der Partie eine Finte besprochen, mit der sie einen Penalty herausholen wollten. Bei einem Eckball von links versuchte Fidan Aliti Gegenspieler Daprelà mit ausgestrecktem Arm an der Brust etwas zu bremsen, wie dies bei solchen Situation von Verteidigern ständig gemacht und auch toleriert wird. Anstatt wie üblich zu versuchen, sich zu lösen, packte Daprelà Alitis linken Arm in Kampfsportmanier mit beiden Händen und zog den FCZ-Verteidiger in seinem Rücken hinter sich her und runter auf den Boden. Hajrizi versuchte parallel das genau gleiche mit Omeragic zu machen, hatte aber offensichtlich weniger Kraft oder eine weniger gute Grifftechnik, so dass Omeragic nicht umfiel. Daraufhin buhlten Daprelà und Hajrizi auf dem Bauch liegend mit Schwimmbewegungen synchron um die Aufmerksamkeit von Schiedsrichter Cibelli. Es sah aus wie die Trockenübung eines engagierten Synchronschwimmerduos. Es waren Stürmerfouls der beiden Lugano-Verteidiger gewesen. Man kann trotzdem etwas Verständnis dafür haben, dass Cibelli selbst nach Betrachtung der Bilder trotzdem Penalty gab, denn es war wirklich geschickt gemacht von den Luganesi – und dass Aliti als er von Daprelà mitgeschleift wurde, noch den rechten Arm von hinten auf dessen Brust legte, half auch nicht.
Brecher pariert erstmals einen Penalty mit der Hand
Der Penalty Reto Zieglers wurde aber von Yanick Brecher stark gehalten. Neben einer gewissen mentalen Müdigkeit Luganos nach dem für den Klub wichtigen Cup-Fight in Thun am Donnerstag zuvor wohl der wichtigste Faktor für den erneuten FCZ-Heimsieg. Nachdem Brecher über viele Jahre hinweg bei Penaltys den Dreh nicht raus hatte und jeweils chancenlos blieb, konnte er vor einem Jahr im Februar 2021 gegen Moumi (YB) und Grgic (Sion) die ersten Elfmeter seiner Profilaufbahn parieren. In beiden Fällen war Brecher in die aus seiner Sicht rechte Ecke gesprungen, konnte den jeweils halbhoch zentral gezielten Ball noch mit dem Linken Fuss abwehren. Nun sprang er zum allerersten Mal in die richtige Ecke und parierte den Ball mit den Händen – das in diesen Situationen so entscheidende Timing war dabei im Vergleich zu früher deutlich verbessert.
Tosin als Starter noch nicht im Strumpf
Nach diesem Erfolgserlebnis drehte der FCZ auf. Das 2:0 in der 64. Minute fiel auf den besten der vielen guten Abstösse des MVPs Yanick Brecher – das erste FCZ-Tor dieser Saison aus einem Abstoss. Assan Ceesay (zum zweiten Mal hintereinander eine “9“) ist der Notenbeste gegen seinen Ex-Klub und war an allen drei Treffern in der ein oder anderen Form beteiligt. Er wäre der logische MVP gewesen, aber Brecher war mit seiner Punktzahl nahe an Ceesay dran und der gehaltene Penalty in dieser Partie für den Ausgang mitentscheidend. In der guten Anfangsphase der Partie liefen fast alle Angriffe über Fidan Aliti. Am anderen Ende der Skala erhielt Tosin die einzige ungenügende Note an diesem Tag. Zwar war der Nigerianer in der Vorbereitung des 1:0 entscheidend beteiligt, aber ansonsten hatte er lange “Downtimes“ und es unterliefen ihm einige Fehler.
Am Ende der Vorrunde hatte Tosin vor allem als Joker überzeugt und bei solchen Einsätzen einen Züri Live-Notenschnitt von 8,5 zu verzeichnen. Nach der Winterpause und seiner kurzzeitigen Erkrankung erhielt er bei seinen Startelfauftritten gegen GC und Lugano nun zwei Mal eine “4“. Aktuell scheint Tosin seinem Team mit Jokereinsätzen mit einzelnen starken Aktionen, in die er seine ganze Energie reinlegen kann, besser helfen zu können, als in der Startformation – während Wilfried Gnonto mittlerweile reif genug ist, in der Super League von Anfang an auf dem Platz zu stehen und über 70 oder 90 Minuten eine wichtige Rolle zu spielen. Bledian Krasniqi hat sich zuletzt von Spiel zu Spiel gesteigert. Ousmane Doumbia war wie häufig an vielen positiven aber auch vielen negativen Aktionen beteiligt. Zu den positiven gehörte sicherlich nach dem Derby sein zweites Assist hintereinander – das sind gleich viele wie in der ganzen Vorrunde.
FCZ auch statistisch gradlinig
Lugano versuchte es in der Schlussphase unter anderem mit der Einwechslung des ehemaligen FCZ-Juniors Maren Haile-Selassie und der Umstellung auf ein 4-4-2. Letztendlich waren die Tessiner aber im Abschluss zu wenig effizient. Chancen wären durchaus vorhanden gewesen. Statistisch auffällig beim FCZ: die äusserst geringe Zahl an Querpässen: nur 67 bei einem Ligaschnitt von 160 pro Partie. Das von Trainer Breitenreiter gewünschte gradlinige Spiel wurde durchaus praktiziert.