FCZ Saisonrückblick 20/21
Die Testspiel-Statistik (FCZ-Sommer, Teil 4)
In der aussergewöhnlichen Saison 20/21 spielte der FC Zürich nur sieben Testpartien – so wenige wie schon sehr lange nicht mehr. Nun hat man allein in der Vorbereitung zur neuen Saison bereits sechs Partien absolviert. Von den eingesetzten 28 Akteuren im FCZ-Dress wurden zwölf auf mehr als einer Position eingesetzt – einzelne davon auf bis zu vier Positionen. Der zu Beginn als Testspieler auflaufende Marc Hornschuh wurde dabei am meisten eingesetzt – vor vier Spielern, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen: Mirlind Kryeziu, Fabian Rohner, Bledian Krasniqi und Silvan Wallner.

Nach dem Auftakt gegen Wil gelang dem FCZ währen drei Partien in Folge kein Treffer. Assan Ceesay erzielte alle seine drei Tore im Spiel gegen den SC Kriens. Fabian Rohner ist mit drei Assists (einer davon ein Pfostenschuss aus der Distanz, dessen Abpraller von Kriens’ Selasi ins eigene Tor gelenkt wurde) bei den Torvorbereitungen an der Spitze – bewies aber trotzdem erneut seine Torgefährlichkeit. Salim Khelifi liegt bei der Anzahl Minuten pro Skorerpunkt an der Spitze. Dafür genügte ein direkt verwandelter Freistoss gegen den beim FC Wil im Kasten düpierten Nils De Mol. Danach sah man den Waadtländer an Krücken an den Spielen. Genau so fehlen die verletzten Dzemaili, Koide und Tosin.

In der letzten Saison war Wilfried Gnonto der beste Torschütze in den sieben Testspielen gewesen (zwei der drei Treffer gegen Luzern), Antonio Marchesano der beste Assistgeber vor Salim Khelifi.

Marchesano spielte zusammen mit Yanick Brecher am meisten und Nils Reichmuths Treffer in einem 45 Minuteneinsatz machte ihn zum effizientesten Skorer.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)
Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)
Das Breitenreiter-Team im Formcheck (FCZ-Sommer, Teil 3)
Das Breitenreiter-Team im Formcheck (FCZ-Sommer, Teil 3)
Wilfried Gnonto fällt auf durch seinen Kampfgeist und sein Engagement, welches er für seine Farben einsetzt – auf und neben dem Platz. Und nicht nur gegen Kriens, sondern zuvor auch schon gegen Aarau brachte er einen ansprechenden Kopfball aufs gegnerische Tor. Sogar ein für seine Verhältnisse völlig ungewöhnlich präziser und wuchtiger Kopfballtreffer gelang Blaz Kramer nach einer Musterflanke Rodrigo Polleros gegen Xamax. Abgesehen von dieser einen Szene kam vom Uruguayer im ersten Einsatz noch nicht viel. Interessant war sein toller Assist auch deshalb, weil er in der Challenge League bei gerade mal sechs Assists und gleichzeitig 26 Toren in 60 Partien eindeutig als Finisher aufgefallen war – und selbst die paar wenigen Assists waren (fast) alles keine Flanken. Assan Ceesay hatte in seinen ersten Einsätzen Mühe, steigerte sich dann aber parallel mit seinem kongenialen Partner Antonio Marchesano in der letzten Partie gegen Kriens.
Hadern mit Doumbia
Stephan Seilers Auftritte in den Testpartien waren ungenügend und an Nils Reichmuth liefen die Partien fast völlig vorbei, auch wenn gegen Ende der Vorbereitung eine kleine Steigerung ersichtlich war. Bereits gut eingefunden hat sich hingegen Bledian Krasniqi. Im Spiel mit Ball findet der 20-jährige mit seiner Vista praktisch immer die beste Lösung. Vasilije Janjicic steigerte sich im Verlauf der Vorbereitung. Mit dem taktischen Verhalten von Ousmane Doumbia scheint das Zürcher Trainerteam bisher noch mit am meisten zu hadern. Der Ivorer, welcher sich auch auf persönlicher Ebene im Team sehr wohl zu fühlen scheint, überrascht den Gegner immer wieder mit unerwarteten Balleroberungen – aber eben auch die eigenen Mitspieler und Trainer häufig mit unerwarteten Stellungsfehlern. Bis zu einem gewissen Grad sind das zwei Seiten derselben Medaille. An Buschman-Dormond kritisiert Breitenreiter, dass er zu viele «Tricks» versuche. Findet der Kanadier allerdings den Raum zum Kontern vor, wie beim 6:1-Treffer gegen Kriens (Vorbereitung für Ceesay nach einem Eckball der Innerschweizer), kann er seine Schnelligkeit ausspielen.
Energie sparen mit Boranijasevic und Aliti
Der sich in einer schwierigen Karrierephase befindliche Mirlind Kryeziu könnte aufgrund seiner Physis zu den Gewinnern unter dem neuen Trainer gehören, obwohl ihm gegen Xamax ein entscheidender Fehler unterlief, als er kurz nach der Pause den Ball vor dem eigenen Strafraum gegen Veloso verlor, was das frühe und wegweisende 2:1 für die Gäste bewirkte. Bei einer Dreierabwehr wechselte sich im Verlauf der Vorbereitung Kryeziu in der zentralen Position mit Hornschuh und Kamberi ab. Lindrit Kamberi konnte weitgehend an die positiven Eindrücke von Ende letzter Saison anknüpfen, Silvan Wallner hingegen vorwiegend an die negativen. Fidan Aliti spielte genau Fifty-Fifty als Linksverteidiger oder links in der Dreierkette – aber nie als linker Aussenläufer. Er und Neuverpflichtung Nikola Boranijasevic schienen teilweise etwas mit angezogener Handbremse in den Tests aufzutreten – als sparten sie ihre Energie für den richtigen Saisonstart auf. Willie Britto war bezüglich Positionierung teilweise das Pendant zu Aliti auf der rechten Seite – allerdings wurde er auch als Aussenläufer eingesetzt und hat gleichzeitig nicht die gleichen Einsatzchancen wie der Kosovarische Nationalspieler.
Reifen mit Frei
Adrian Guerrero ist ein Mann auf der linken Seite mit gutem Spiel- und Raumverständnis und schlägt zudem gute Standards mit dem linken Fuss – er kann aber aufgrund seiner Konstitution von Gegner auch ziemlich einfach zur Seite gedrückt werden. Dies passiert Filip Frei mittlerweile deutlich weniger als früher. Der letztjährige U20-Nationalspieler hat einen Schritt nach vorne gemacht und sich in den Vorbereitungsspielen erfolgreich von seiner besten Seite gezeigt. Sein enorm fehlerbehaftetes Spiel von früher hat er abgestellt und spielt nun sehr verlässlich, trotz gleichzeitig weiter verbesserter Dynamik. Frei wird von Breitenreiter als Alternative auf allen erdenklichen Aussenpositionen auf beiden Seiten eingesetzt, zusätzlich zur Dreierabwehr – und ist damit zur Zeit der grösste Allrounder im Team.
Aushelfen mit Hornschuh
Marc Hornschuh wurde als wichtige Kaderergänzung geholt, der auf den zentralen Defensivpositionen als verlässliche Option bereitstehen soll, wenn es ihn braucht – wohl vor allem in der Dreierabwehr, denn seine Auftritte im Mittelfeld waren jeweils wenig erbaulich. Becir Omeragic wurde am letzten Spieltag der Vorbereitung genauso wie Buschman zwei Mal als Einwechselspieler eingesetzt. Während dies bei Buschman durchaus ein Zeichen seiner aktuellen Position in der sportlichen Mannschaftshierarchie darstellte, war es bei Omeragic bedingt durch seine vorherige Ferienabwesenheit aufgrund der EM-Endrunde. Ihn schon auf das Lugano-Spiel hinzubekommen, wäre wohl zu knapp und auch etwas riskant.
Fremdgehen mit De Nitti
Bei den Torhütern feierte der von der U18 hochgezogene Gianni De Nitti seine ersten Teileinsätze im Fanionteam (einen davon im Tor des SC Kriens gegen den FCZ). Zivko Kostadinovic agierte in seiner Kernkompetenz als «Torhüter» gewohnt solide. Trainer Breitenreiter war mit seinen Entscheidungen bei den Abstössen aber nicht immer zufrieden. Yanick Brecher hatte wieder zwei, drei Unkonzentriertheiten bei Gegentreffern dabei und schrie sich in der Endphase gegen Xamax, als nichts mehr ging, vergeblich die Lunge aus dem Leib.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)
Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)
Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)
Neben den ersten 30 Minuten gegen Aarau und Kriens, die jeweils sehr erfreulich aussahen, war auch fast die gesamte Partie gegen Feyenoord ansprechend: vor allem die Zweite Halbzeit, als die jungen Spieler beider Teams gegeneinander antraten und der FCZ dabei klar dominierte. Und gegen Vaduz gab es trotz erheblichem Kräfteverschleiss direkt nach dem Trainingslager kein Gegentor.
Absicherung und „deutsche“ Tugenden
Was lässt sich über die Änderungen in Taktik und Spielweise unter dem neuen Trainerduo Breitenreiter / Scholtysik sagen? Auf jeden Fall ist diese nochmal eine ganze Portion stärker auf defensive Absicherung und Stabilität ausgerichtet, als unter Massimo Rizzo. Dieser hatte im Vergleich mit der etwas «vogelwilden» Magnin-Zeit bereits mehr defensive Stabilität reingebracht und Breitenreiter geht nochmal einen wesentlichen Schritt weiter in diese Richtung. Wohlgemerkt: mehr defensive Stabilität bedeutet nicht automatisch, dass man weniger Tore erzielt. Die FCZ-Torproduktion wurde ja in der ersten Hälfte der Rizzo-Amtszeit verbessert! Eine stabile Defensive ist eine wichtige Grundlage für gutes Offensivspiel. Ohne Balleroberungen kann man keine Tore erzielen.
Breitenreiter selbst redet gegen aussen gerne von offensivem Fussball, den er mit seinem Team auf den Platz bringen will. Die Frage bei solchen Aussagen ist aber immer: verglichen mit wem? Er hat vermutlich gewisse Trainerkollegen (in Deutschland) im Kopf, im Vergleich zu denen er sich offensiver orientiert sieht. Magnin oder Rizzo gehören aber sicherlich nicht dazu. Stattdessen erinnert nach den ersten Eindrücken der Wechsel zu Breitenreiter bei den Profis demjenigen zu Inka Grings in der Frauen-Equipe. Sie setzte ebenfalls stärker auf Physis und defensive Stabilität, als noch ihr Vorgänger – und das Team entwickelte sich auf dieser Grundlage positiv. Manchmal stimmen die Clichés von den «deutschen Tugenden» halt eben doch noch.
Ein Potpourri an taktischen Formationen eingeübt
Ein wichtiges Beispiel für stärkere defensive Ausrichtung ist das Verhalten der Offensiven Flügelspieler, die angehalten sind, sehr viel mehr Defensivarbeit zu verrichten, als dies noch unter Breitenreiters Vorgängern der Fall gewesen ist. Sie sind selbst bei einer Viererabwehr dafür verantwortlich, dass der Gegner nicht zum Flanken kommt, so dass sich situativ sogar eine Sechser-Abwehrreihe bilden kann. Ein weiteres konservatives Element ist, dass dem Ball mehr Sorge getragen wird. Im Normalfall wird nicht schnell von Defensive auf Offensive umgeschaltet, sondern ein kontrolliertes Aufbauspiel betrieben – allerdings durchaus mit Rhythmuswechseln. Ist Breitenreiter ein Jugendförderer? Seine Vergangenheit spricht eher dagegen. In Paderborn und Hannover hatte er mit die ältesten Teams der Liga und in dem einen Jahr bei Schalke baute er nur einen kleinen Teil einer extrem talentierten Generation aus der «Knappenschmiede» in die Mannschaft ein. Wie dies beim FCZ aussehen wird, lässt sich nach der Vorbereitung noch nicht beurteilen. Die Wahrheit wird sich in den Wettbewerbsspielen zeigen.
Welche taktische Formation bevorzugt Breitenreiter? Diese Frage kann man nach den Vorbereitungspartien ebenfalls nicht beantworten. Er liess in den sechs Partien in nicht weniger als sechs verschiedenen taktischen Formationen spielen – und abgesehen vom klassischen 4-4-2 (nur gegen Kriens) wendete er alle mehr als einmal an. Wenn das Ziel gewesen sein sollte, den FC Lugano über die taktische Formation des FCZ zum Saisonstart im Dunkeln zu lassen, dann ist dies sicherlich gelungen. Auch diesen Artikel zu lesen, wird diesbezüglich den Tessinern wenig bringen. Es wurde insgesamt gleich häufig mit Dreier- oder Viererabwehr gespielt. Das unter Magnin und Rizzo klar bevorzugte 4-2-3-1 lag in der Sommer-Vorbereitung auch bei Breitenreiter ganz knapp vorne. Es gab viele konservativ-kritische Stimmen, die Ludovic Magnin für seine gelegentlichen taktischen Wechsel kritisierten. Breitenreiter wird voraussehbar auch in Wettbewerbsspielen die taktische Ausrichtung noch deutlich häufiger als Magnin wechseln. Dies muss aber überhaupt nichts Negatives bedeuten – letztendlich wurde auch letzte Saison wieder das Team mit den häufigsten Wechseln der taktischen Formation mit grossem Vorsprung Schweizer Meister.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)
6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)
Die letzten beiden Testpartien gegen Kriens (6:1) und Xamax (1:4) im Heerenschürli waren das Abbild einer grossen Bandbreite von Gesichtern, die der FCZ in den Vorbereitungsspielen des Sommers gezeigt hat. Was machte den Unterschied zwischen den beiden so diametral unterschiedlichen Resultaten gegen zwei Teams, die letzte Saison in der Schlusstabelle sehr nahe beieinander lagen? Kriens hatte ja als Achter der Challenge League zwei Punkte vor Xamax gelegen, welches nur dank der leicht besseren Tordifferenz gegenüber Chiasso die Klasse hielt.
1. Differenz: das Personal
Unterschied Nummer Eins war personeller Art. Zwar trat der FCZ in beiden Partien mit «gemischten» Teams aus potentiellen Startern und Spielern aus der zweiten Reihe an, aber gegen Kriens spielten Antonio Marchesano und Fabian Rohner. Rohner war eindeutig der konstanteste Spieler im positiven Sinne in dieser Testphase – und lieferte ein klares Empfehlungsschreiben ab. Und dies obwohl er auf vier verschiedenen Positionen eingesetzt wurde: Rechter Flügel, Doppel-10 mit Marchesano, im Zweimannsturm oder als Rechter Verteidiger. Zwar hatte Trainer Breitenreiter in der 2. Halbzeit gegen Kriens auch an Rohner mal etwas Taktisches zu monieren, aber der Grund für den taktischen Fehler lag nicht an Unkenntnis oder Unvermögen, sondern an Rohners Müdigkeit zu diesem Zeitpunkt des Spiels / der Vorbereitung, in der er sich voll reingehauen hat.
2. Differenz: der Gameplan
Die Steuerung des Energiehaushaltes war Unterschied Nummer Zwei zwischen dem Kriens- und dem Xamax-Spiel. Während das Zürcher Team A gegen Kriens in der ersten halben Stunde von der Intensität her über dem aktuellen eigenen Kräftelimit spielte, agierte Team B gegen Xamax im konstanten Rhythmus über 90 Minuten – und wirkte immer etwas matt, kam ständig einen halben Schritt zu spät. Das Team A verausgabte sich hingegen in den ersten 30 Minuten voll, ging in dieser Zeit 5:0 in Führung, und war daraufhin dann aber nicht nur «matt», sondern regelrecht «platt». Mit einem solchen Zwischenresultat war dann aber auch der Anfangsmut beim Gegner etwas gebrochen, und man schaukelte den Vorsprung ins Ziel. In den Tests zuvor hatte Kriens durchaus gute Resultate produziert: knappes 1:2 gegen YB, 4:2-Sieg im Derby gegen Luzern und ein 2:1-Testerfolg gegen Challenge League-Favorit Thun. Die «30 Minuten Vollgas»-Strategie hatte der FCZ bereits im Test gegen Aarau gefahren – dort hagelte es aber Aluminium-Treffer und einen von zwei in dieser Vorbereitung verschossenen Marchesano-Penalties.
«30 Minuten-Vollgas» ist ein altbekanntes Mittel des sogenannten «Gameplan». In der Rückrunde hatte dies beispielsweise der FC Luzern beim 2:1-Sieg im Letzigrund angewandt. Sie gingen prompt früh 2:0 in Führung, bevor ab der 30. Minute der FCZ gegen nachlassende Luzerner immer dominanter wurde. Dem FC Zürich gelang aber nicht mehr als ein Tor als Antwort. Umgekehrt in Lausanne: der FCZ gab zu Beginn volle Pulle, ging gegen überrumpelte Waadtländer ebenfalls früh 2:0 in Front und musste kräftemässig ab der 30. Minute leiden. Lausanne gelangen dann noch zwei Tore als Antwort. Am Ende wars trotzdem ein wichtiger Punkt für das Letzigrund-Team. Gerade wenn man die eigene Equipe kräftemässig insgesamt etwas schwächer als den Gegner einstuft, ist eine kurze Vollgas-Phase abgesehen von Standards eines der wenigen Mittel, um Punkte mitzunehmen. So kann man wenigstens einzelne Phasen des Spiels dominieren und muss in dieser Zeit dann einfach möglichst effizient sein.
Antonio Marchesano verschoss die beiden Penalties nicht, weil er die Treffsicherheit vom Punkt verlernt hätte – er sah in den ersten Testspielen ganz allgemein kaum einen Ball. Zum Vorbereitungsabschluss gegen Kriens deutete der Zürcher Regisseur aber an, dass er rechtzeitig vor dem Saisonauftakt in seiner Tessiner Heimat in Form zu kommen scheint. Kriens’ neuer Trainer Morandi fluchte neckisch bei jeder gelungenen Marchesano-Aktion auf Italienisch, er solle doch «aufhören mit dem Scheiss» (sinngemäss, O-Ton nicht druckreif). Und wie bereits seit längerem bekannt, hat Marchesanos Präsenz und positive Formkurve immer einen positiven Einfluss speziell auf Assan Ceesay, dem drei Treffer gelangen.
3. Differenz: die Taktik
Unterschied Nummer Drei zwischen dem Kriens- und Xamax-Spiel war taktischer Natur. Gegen das konterstarke Kriens agierte der FCZ konservativ in einem 4-4-2, liess den Gegner kommen, und zog die vorderste Verteidigungslinie erst kurz vor der Mittellinie auf. Bei Balleroberung drückte man zudem nicht um jeden Preis aufs Tempo, sondern präferierte Ballkontrolle, und spielte meist erst hintenrum, um dann im richtigen Moment mit einem Rhythmuswechsel im Spielaufbau zuzuschlagen. Gegen Xamax zog man hingegen im 3-4-1-2 ein Hohes Pressing auf, welches aber wenig Wirkung entfaltete und im Gegenteil dem Gegner Raum für seine eigenen Angriffe bot. Fazit: Kramer, Pollero und Nils Reichmuth ganz vorne ist wohl zur Zeit so ziemlich die schlechtestmögliche FCZ-Aufstellung, wenn man Hohes Pressing spielen will.
4. Differenz: der Gegner
Letztendlich hatten auch die Gegner etwas mit den unterschiedlichen Resultaten zu tun. Kriens zwar vor dem FCZ-Match mit guten Testresultaten, trat aber trotzdem mit einem Rumpfteam an, zudem möglicherweise COVID-geschwächt – mit fehlenden Alternativen speziell in der Innenverteidigung und im Tor, wo der angeschlagene Joshua Neuenschwander (Neuverpflichtung aus dem YB-Nachwuchs) für die Schlussphase durch den dritten FCZ-Goalie Gianni De Nitti ersetzt werden musste. Xamax-Besitzer Jeff Collet hingegen scheint der Schock des beinahe freien Falls von der Super League in die Promotion League letzte Saison ganz schön in die Knochen gefahren zu sein, denn die Neuenburger haben deutlich aufgerüstet und ihr Team hat kommende Saison gute Chancen, im Aufstiegsrennen mit Thun, Aarau und Vaduz ein Wörtchen mitzureden. Rückkehrer Max Veloso strahlt viel Offensivgefahr aus, als wäre er nie weggewesen, was dem letzte Saison häufig unzufrieden auftretenden Raphael Nuzzolo (38!) nochmal einen zusätzlichen Boost zu geben scheint. Maren Haile-Selassie deutete an, dass der definitive Schritt in die Westschweiz seinen immer noch andauernden Reifeprozess beschleunigen könnte. Am lautesten dirigierend und konfrontativsten auf dem Platz war der frühere Captain der FCZ U21 Liridon Berisha – auf Französisch wohlgemerkt. Mit ihm und dem Ex-Aarauer Mats Hammerich hat Xamax ganz bewusst ein bisher noch etwas fehlendes Element in ihr Team geholt.
Nicht mit dabei im Matchkader der Neuenburger war übrigens Lague Byiringiro aus Ruanda. Dessen Berater hatte diesen Sommer online für viel Betrieb gesorgt. Die Behauptung wurde in den Raum gestellt, der FC Zürich sei interessiert an seinem Schützling, was nicht stimmte. Eine Halbzeit lang eingesetzt wurde Byiringiro hingegen von Xamax im mit 1:0 gewonnenen Test gegen den FC Thun, wo er als einziger Spieler eine Gelbe Karte wegen groben Foulspiels holte. Xamax hatte in den 45 Minuten genug gesehen. In Zürich war Byiringiro bereits nicht mehr dabei und sieht sich nun anderweitig um.


