Van der Gaag reagiert taktisch zur Pause: Luzern – FCZ 1:1 Analyse mit Randnotiz: Luzern zu Hause gegen den FCZ schon wieder mit Referee- und VAR-Glück, Spadanuda macht den Shaqiri
Gleiche Startelf wie gegen Sion? / Luzern – FCZ Vorschau mit möglichen taktischen Formationen (Züri Live)
Luzern-Trainer Mario Frick nimmt gerade gegen den FC Zürich immer wieder mal gerne taktische Änderungen vor. Es ist auch ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Gegner. Diesmal liess er sein Team in einem 3-3-3-1 (statt 4-2-3-1) auflaufen, woran der FC Zürich die ganze Partie durch zu knabbern hatte. Diese taktische Änderung in Kombination mit dem im Vergleich zu Vorgänger Moniz weniger forschen Ansatz Mitchell Van der Gaags führte letztendlich zu einer Partie mit wenig Torchancen. Die Qualität der Spieleröffnung aus der hinteren in die mittlere Zone (speziell bei Abstössen) war dabei aber auf beiden Seiten auf hohem Niveau.
FCZ zieht sich im Verlauf der 1. Halbzeit zurück
Zwar wurden am Ende auf der Allmend 54% Ballbesitz für den FCZ ausgewiesen. Der Stadtclub stand dabei aber in der 1. Halbzeit so tief wie selten in den letzten Jahren. In der Anfangsphase versuchte man gegen das gegnerische Aufbauspiel zwar noch ein hohes Pressing aufzuziehen, aber die Zuteilung klappte nicht – daher ging man in dieser Situation zu Recht auf Nummer Sicher und zog sich zurück. Im tiefen Block verteidigte man dann im 4-3-3 im Raum. Der FC Luzern suchte und fand ab und zu Lücken zwischen den Linien mit dem typischen Beispiel der Torchance von Tyron Owusu in der 33. Minute. Insgesamt kam das Heimteam aber auch in dieser Phase zu deutlich weniger Torchancen als üblicherweise, wenn man jeweils gegen einen das Spiel machenden FCZ im eigenen Stadion einen schnellen Konter nach dem anderen fahren kann. Das Spiel hatte somit auch für die Zuschauer ein anderes Feeling als die Begegnung Luzern gegen den FCZ am Fuss des Pilatus üblicherweise in den letzten Jahren jeweils hatte. Beide Trainer versuchten den Gegner in dessen Stärken zu beschneiden – und dies jeweils erfolgreich.
Vielmehr als einen Kopfball von Adrian Bajrami nach rund 30 Minuten, der knapp am Luzerner Tor vorbeifliegt, bringen die offensiv ebenfalls ideenlosen Luzerner nicht zustande. Sinnbildlich: Es sind eben dieser Bajrami und Sauter, die bis zum Schluss die meisten Ballkontakte ihrer Teams haben.
Loris Brasser, Tages-Anzeiger
Dies ist gerade in Bezug auf den in der Liga neuen Trainer Van der Gaag bemerkenswert. Sind doch in der Vergangenheit genügend FCZ-Kollegen mit ihren Teams an dieser Stätte ins offene Messer gelaufen. Auf der anderen Seite konnte sich Mario Frick auf seine zweikampfstarken Verteidiger wie Bung Meng Freimann oder Stefan Knezevic verlassen. Seine Mannen waren auch auf die Stärken und Laufwege der FCZ-Angreifer gut eingestellt. Und dem FC Zürich gelangen nicht so viele Seitenwechsel wie noch gegen Sion. In der 1. Halbzeit konnte auf FCZ-Seite neben Yanick Brecher und Ilan Sauter vor allem Cheveyo Tsawa überzeugen. Gerade in der Phase der taktischen Konfusion stopfte der „für zwei“ arbeitende Mittelfeldspieler viele Löcher und stellte jeweils die brüchige Balance wieder her. Der für den erneut gut spielenden Miguel Reichmuth früh reingekommene Bledian Krasniqi konnte hingegen bis zur Pause nicht richtig ins Spiel finden.
Knackpunkt Di Giusto in der 2. Halbzeit
Nach dem Wiederanpfiff blühte Krasniqi dann aber auf und war beim FCZ bester Spieler der 2. Halbzeit. Während Luzern in der Pause nichts an der Taktik änderte, kamen die Gäste aus Zürich mit einem mannorientiereren Pressing aus der Kabine. Man getraute sich nun mit den drei Stürmern gegen die drei Luzerner Innenverteidiger hoch zu pressen. Die Kreise von Luzerns Neuverpflichtung und spielmachendem Sechser Taishi Abe wurden von Bledian Krasniqi gestört. Wie jedes taktische Konzept hatte aber auch dieses Hohe Pressing einen Knackpunkt – und der hiess Matteo Di Giusto. Der Preis für den besseren Zugriff in fast allen Zonen war, dass man dem ehemaligen FCZ-Junior mehr Platz zugestehen musste. Eine hundertprozentige Manndeckung hätte nämlich bedeutet, dass Ilan Sauter seinem sich häufig zurückfallen lassenden Gegenspieler überallhin hätte folgen müssen. Ausser Gian Piero Gasperini (Roma, ex-Atalanta) lässt aber praktisch kein Trainer so spielen. Als Anker der Defensive sollten die beiden Innenverteidiger in der Regel auf einer Linie verteidigen – woran sich dann alle Anderen orientieren.
In der 78. Minute kam Emmanuel nach einem schönen Lupfer von Bledian Krasniqi knapp vor Luzern-Goalie Pascal Loretz an den Ball. Für den zwölf Minuten davor eingewechselten Nigerianer war es der erst zweite Treffer in der Super League.
– Blue
Dies bedeutete, dass Sauter Di Giusto häufig frei laufen liess und dabei aber ständig auf der Lauer war, aus der Abwehrreihe herauszupreschen, sobald der Ball auf Di Giusto gespielt wird. Das Gegentor war nicht die erste Situation, bei der Sauter zu spät kam. Aber es war das erste Mal, dass dies im Rahmen eines Luzerner Konterangriffes geschah, wo Di Giusto die Möglichkeit hatte, den Ball One-Touch auf Grbic in die Tiefe zu spielen. Eingeleitet worden war der Konter ausgerechnet durch einen Fehlpass des ansonsten so stabilen Cheveyo Tsawa. Man hatte bis zu diesem Zeitpunkt Luzerner Konter eindämmen / verhindern können. Nicht ohne Grund war man darauf so erpicht: denn der sozusagen erste Konter des FCL führte auch gleich zum Gegentor. Im Nachinein betrachtet hätte Sauter in dieser Situation länger zurückstaffeln und beim gefährlicher postierten Grbic bleiben sollen. Als Regel gilt: wenn der Innenverteidiger rauskommt, muss er den Pass des Gegenspielers sicher verhindern können. Sonst lässt man den Gegenspieler im Mittelfeld lieber erst mal bis zu 20 Meter mit Ball laufen. Nicht selten löst sich dann das Problem sogar von allein, weil der ballführende Spieler zögert und / oder ein Mitspieler mittlerweile zu Hilfe geeilt ist.
Extrem strikte VAR-Linie in der neuen Saison – oder erneut ein Fall von „Schärer contra FCZ“?
Letztendlich spielten aber leider zum wiederholten Mal bei Luzern – FCZ der Schiedsrichter und VAR eine mitentscheidende Rolle für den Spielausgang (siehe auch die „Randnotiz“ weiter unten). Im Mittelfeld pfiff Johannes Von Mandach zwar ausgewogen. Bei den entscheidenden Szenen im Strafraum wurde wie schon im Januar mit dem damaligen Ref Sven Wolfensberger wieder Luzern bevorteilt. Adrian Bajrami foulte Umeh Emmanuel in der gleichen Art und Weise wie eine Woche davor im Letzigrund Nikolas Muci. Damals gab es diskussionslos Penalty für GC, diesmal Gelb gegen Emmanuel wegen angeblicher Schwalbe. Die tatsächliche Schwalbe von Pius Dorn im Zürcher Strafraum wurde dann durch Von Mandach nicht sanktioniert – es wäre die Gelb-Rote Karte gegen den Luzerner Captain gewesen. Und in der Nachspielzeit führte eine Schwingfesteinlage von Severin Ottiger gegen Vincent Nvendo ebenfalls zu keinem Penalty. Solche Situationen bei einem Eckball sind für den Schiedsrichter jeweils nicht einfach zu sehen, da er seine Augen nicht auf allen Zweikämpfen gleichzeitig haben kann.

VAR Sandro Schärer griff aber ebenfalls nicht ein. Dieser beeinflusst seit langer Zeit regelmässig in der Rolle als VAR Spiele zuugunsten des FCZ. So ist es keine Überraschung, dass es auch diesmal wieder der Fall war. Es macht den Anschein, dass in dieser Saison als Learning aus der chaotischen VAR-Saison 24/25 die strikte Devise ausgegeben wurde, dass der VAR wirklich nur noch bei 100% glasklaren, niet- und nagelfesten Fehlentscheidungen eingreifen soll. Gemessen am Verzicht des Eingriffs bei den beiden Penaltyszenen im Luzerner Strafraum wird diese Devise nun extrem weitreichend ausgelegt. Wenn dies wirklich so durchgezogen wird, ist es grundsätzlich eine gute Sache. Nur ist zu hoffen, dass dies dann auch wirklich für alle Teams gleichermassen gilt – und der FCZ und alle anderen Klubs in den entsprechenden Situationen im gleichen Masse von der neuen Passivität des VAR profitieren kann, wie diesmal Luzern.
Grundsätzlich macht die FCZ-Abwehr einen soliden Eindruck. Was fehlt, ist der nötige Druck über die Seiten, da muss einfach mehr kommen.
– Mischi Wettstein, Nau
Personalien – Tramoni mit unglücklichem Début

- Nelson Palacio: Staffelt diesmal auch im Spielaufbau an Stelle von Miguel Reichmuth zurück. In der Defensiven Phase weiterhin phasenweise etwas zu tief stehend. Nach einer lange Zeit persönlich durchzogenen Partie steigert er sich in der Schlussphase merklich und hilft mit, den Punkt zu verteidigen.
- Neil Volken: Defensiv diesmal weniger überzeugend als noch vor einer Woche gegen Sions Chouaref und Lavanchy. Steigert sich in der Schlussphase.
- Jahnoah Markelo: Startelfaufgebot scheint für ihn noch zu früh gekommen zu sein. In der 1. Halbzeit musste er zudem tief stehen und hatte somit einen langen Weg Richtung Tor. Luzern hat zudem defensiv ein spezielles Augenmerk auf ihn gerichtet.
- Damienus Reverson: Kommt in der Anfangsphase viel in die eigene Platzhälfte und hilft im Spielaufbau. Ab etwa der 35. Minute gelingt ihm offensiv immer weniger. Stefan Knezevic verteidigt nach Cutbacks Markelos zwei Mal aufmerksam gegen Reverson am nahen Pfosten.
- Yanick Brecher: In seinem 300. Super League-Spiel für den FC Zürich hat er defensiv wenig zu tun. Muss einmal weit herauskommen und hat dabei diesmal das richtige Timing. Dank seiner offensiv starken Partie (Spielaufbau mit beiden Füssen plus Auswürfe, Offensiv-Note 10) ist er Züri Live-MVP.
- Umeh Emmanuel: Offensiv weiter einer der Wirkungsvollsten. Zu Unrecht ein Penalty verwehrt und von Journalisten als „Schwalbenkönig“ betitelt. Sprintet nach Ballverlust über den halben Platz zurück, um diesen sofort zurückzuerobern.
- Lisandru Tramoni: Sein Spielwitz war sofort zu sehen – nicht nur bei seinem Seitfallzieher. Unter dem Strich aber ein sehr unglücklicher Kurzeinsatz mit mehreren Ballverlusten.
Der Schweizer Nati-Trainer Murat Yakin schaut sich die Partie am Sonntagnachmittag vor Ort an. Ex-Nati-Profi Steven Zuber kann er dabei nicht beobachten, weil dieser verletzungsbedingt kurzfristig ausfällt. Dazu fällt nach etwas weniger als einer halben Stunde der beste Mann auf dem Rasen, Miguel Reichmuth, ebenfalls verletzt aus. Für ihn kommt Bledian Krasniqi ins Spiel, der eben erst von einer Verletzung zurückgekehrt ist. Unter der Woche war dieser zudem mehrere Tage krank.
– Pascal Ruckstuhl, Dominik Mani, Yannick van Buul, 20 Minuten
Randnotiz: Luzern zu Hause gegen den FCZ schon wieder mit Referee- und VAR-Glück, Spadanuda macht den Shaqiri



