FCZ Frauen scheitern an Details

Die FCZ Frauen bringen zum Auftakt der Gruppenphase 22/23 der besten 16 Mannschaften Europas eine insgesamt gute Leistung auf den Platz. Das konsequente defensive Verschieben bringt die Gegnerinnen immer wieder zur Verzweiflung. Nadine Riesen, Fabienne Humm, Vanessa Bernauer und Laura Vetterlein gelingt gar eine Top-Leistung. Letztendlich nutzt Juventus die wenigen Schwachpunkte der Zürcherinnen aber aus und gewinnt in Schaffhausen durch Tore Cernoias und Bonanseas spät mit 2:0. Eleni Markou nach der Partie und Alissia Piperata in der Pause standen Züri Live für Kommentare zur Verfügung.

Link: Vorschau FCZ – Juventus

„Haben interessanten Plan“ / Champions League FCZ Frauen – Juventus Vorschau mit Interviews

Nach 13/14, 14/15, 16/17 und 18/19 haben es die FCZ Frauen in zehn Saisons zum fünften Mal unter die besten 16 Europas geschafft. Anstatt eines Achtelfinals mit Hin- und Rückspielen tragen diese 16 Teams seit letzter Saison eine Gruppenphase aus. Die Gegner sind mit Titelverteidiger und Champions League-Rekordsieger Lyon, sowie den beiden letztjährigen Viertelfinalisten Juventus und Arsenal ziemlich nahrhaft. Die Gruppe ist sogar noch etwas stärker als diejenige von Servette letzte Saison. Die Genferinnen haben vor Jahresfrist die Gruppenphase mit null Punkten und 0:23 Toren beendet.

Juventus ohne Starspielerin Beerensteyn

Gegen den Zürcher Auftaktgegner Juventus hat Servette letzte Saison 0:3 sowie 0:4 verloren. FCZ-Trainerin Inka Grings lobt das direkte Spiel durch die Mitte, aber auch über die Flügel, sieht aber für ihre Mannschaft gewisse Vorteile darin, dass die italienischen Serienmeisterinnen zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nicht ganz eingespielt seien. Tatsächlich hat der australische Coach Joe Montemurro in Partien gegen schwächere Gegner einigen Akteurinnen aus der 2. Reihe eine Chance gegeben.

Es hat sich aber trotzdem in den ersten Runden der Liga und des Europacups (Juve setzte sich unter anderem gegen die dänischen Meisterinnen aus Köge durch) eine Stammformation und das 4-3-3 als durchgehend implementiertes Spielsystem etabliert. Das Grundprinzip der Mannschaftszusammenstellung dabei: nordische Defensive hinter einer italienischen Offensive mit einigen äusserst erfahrenen Nationalspielerinnen wie Gunnarsdottir, Gama, Girelli oder Bonansea. Juve nimmt die Auftaktpartie in die Gruppenphase sehr ernst, muss aber auf die angeschlagene holländische Starspielerin Lyneth Beerenstein (Sommer-Transfer von Bayern) verzichten.

„Zu jung“ – Top-Talent Schertenleib wird von UEFA Spielberechtigung verweigert

Der FCZ liegt aktuell in der Liga-Tabelle auf dem 3. Platz hinter Servette und YB. Durch den verletzungsbedingten Ausfall von Torhüterin Seraina Friedli wurde die 19-jährige Lourdes Romero (wie Friedli eine Rückkehrerin zum FCZ) zu Beginn der Saison ins kalte Wasser geworfen, was seinen Teil zu den beiden Niederlagen gegen Servette und im Derby beitrug. Inka Grings lobt aber die Entwicklung der aus Konstanz stammenden Romero in den letzten Partien. Auch dass sich das Team nach dem grossen Umbruch im Sommer relativ schnell gefunden hat, erwähnt Grings als positiven Aspekt. Die neue Mannschaft wirkt aus Züri Live-Sicht gar ausgewogener besetzt, zielstrebiger und physisch stärker.

Die FCZ Frauen spielen aktuell ebenfalls am liebsten im 4-3-3. Allerdings hat Inka Grings für die Startaufstellung beziehungsweise Spielweise einen „interessanten Plan“ angekündigt. Im Durchschnitt ist das Team des FCZ etwas jünger, als dasjenige von Juventus. Die Extrembeispiele dafür sind die beiden grossen Zürcher Talente Leela Egli und Sydney Schertenleib (beide 15 Jahre jung). Stürmerin Egli wird im Kader gegen Juventus mit dabei sein, während Schertenleib als Jahrgang 2007 aufgrund einer UEFA-Regel noch nicht mittun darf. Zuletzt hat die sowohl technisch wie physisch starke Mittelfeldspielerin in der Liga gegen St.Gallen die Siegsicherung zum 5:3-Auswärtssieg sichergestellt. Egli und Schertenleib sind auch die ersten, die bei den Jungs in der U16 von Coach Dani Gygax mittrainieren und auch zum Einsatz kommen könnten (bisher war das Maximum-Level für Mädchen die U15).

Laura Vetterlein über Fabienne Humm: „Hatte fast Tränen in den Augen“

Zu den erfahreneren Spielerinnen im Kader des FCZ gehört hingegen die aus Rheinfelden (DE) stammende Laura Vetterlein, die damit wie Romero unweit Zürichs knapp ennet der Grenze aufgewachsen ist. Nach Erfahrungen in Wolfsburg und bei West Ham will sie den FCZ Frauen in ihrer zweiten Saison weiter Stabilität und Ruhe im Spielaufbau vermitteln.

Pinther schiesst die FCZ Frauen in die 2. Runde der Champions League

In den Halbfinal der 1.Runde der Champions League gegen Klaksvik von den Färöer-Inseln stiegen die FCZ Frauen als Favorit und wurden dieser Rolle mit einem 6:0-Sieg auch gerecht. Die Apollon Ladies im Final waren hingegen ein Gegner auf Augenhöhe. Die Zypriotinnen haben es im letzten Jahrzehnt regelmässig unter die besten 32 Teams Europas geschafft. Auf der Mittelmeerinsel findet schon seit längerer Zeit eines der internationalsten Teams im Frauenfussball zusammen – mit Spielerinnen aus der ganzen Welt von Indien über Uganda bis Chile. Darunter sind neben Talenten im Teenageralter und etwas älteren ehemaligen College-Spielerinnen auch sehr erfahrene Akteurinnen, die in den höchsten Ligen Spaniens, Italiens, Frankreichs und Deutschlands engagiert waren.

Pinther reagiert schnell auf Torhüterinnenfehler

Dementsprechend war die Aufgabe für die FCZ Frauen auch nicht einfach. Nach rund einer halben Stunde hatte für Apollon die Rumänin Iordachiusi eine gute Chance nach einem erfolgreichen Pressing und die Zypriotin Savva erwischte FCZ-Keeperin Friedli beinahe mit einem direkt verwandelten Eckball. In der Schlussphase verpasste auf der anderen Seite Aussenverteidigerin Naomi Mégroz nach Flanke der anderen Aussenverteidierin Nadine Riesen per Kopf freistehend die Siegsicherung. Mit Friedli, Rey, Bernauer und Pinther standen vier Neuverpflichtungen in der Startformation, wobei Friedli und Bernauer Rückkehrerinnen sind. Zur Pause wechselte FCZ-Trainerin Inka Grings zudem unter anderem die ehemalige Apollon-Spielerin Eleni Markou ein.

Die am linken Flügel im Dreiersturm auflaufende Österreicherin Viktoria Pinther sorgte bei einem Konter in der 60. Minute für die Entscheidung. Seraina Piubel hatte einen Ball unerreichbar für Fabienne Humm zu steil in die Tiefe gespielt, was die amerikanische Apollon-Torhüterin Jenkins dazu verlockte, weit aus dem Strafraum herauszukommen. Sie schoss aber Humm an den angelegten Arm, von wo der Ball zu Pinther prallte, die schnell schaltete, und aus etwa 30 Metern mit Links direkt ins verwaiste Tor traf. Der FCZ wird für die 2. Runde Ende September, in der es in Hin- und Rückspiel um den Einzug in die Gruppenphase geht, voraussichtlich gesetzt sein. Mögliche Gegner sind: Rangers, Valur Reykjavik, Köge, Kharkiv, SFK-2000. Brann Bergen und Kuopio. Fünf mögliche Gegner sind also im Norden beheimatet, zwei im Osten.

Auf dem „Ligaweg“ hat die AS Rom Paris FC ausgeschaltet, Ajax obsiegte gegen Frankfurt und Real Madrid gegen Manchester City. Diese Resultate zeigen, dass die Spitze des europäischen Frauenfussballs breiter geworden ist und die Resultate in der UEFA Women’s Champions League nicht mehr so extrem vorhersagbar sind, wie noch vor ein paar Jahren.

Telegramm

Apollon Ladies – FCZ Frauen 0:1 (0:0)
Tor: 60. Pinther 0:1.
Apollon: Jenkins; Taylor, Gomez, Hardy, Ricks (73. Anokye); Iordachiusi (73. Kalyan), Bedoya; Helmvall (84. Oppong), Panagiotou, Savva; Rojas (73. Acheampong).
FCZ: Friedli; Riesen, Stierli, Vetterlein, Rey (46. Mégroz); Bernauer (46. Markou); Höbinger (87. Schärz), Piubel; Dubs (69. Pando), Humm, Pinther (81. Wos).

P.S.: Am 3. Dezember 2014 spielte die 1. Mannschaft es FCZ das bisher einzige Mal im Cup gegen den SC Cham. Eine Woche davor empfing man im Letzigrund Apollon (3:1). Nun spielten acht Jahre später die FCZ Frauen am gleichen Tag im Europacup gegen die Apollon Ladies, wo die Männer zum zweiten Mal dem SC Cham begegneten.

Apollon auf Züri Live

„Mannschaft für die Liga“ trifft auf Team für den Europacup / FCZ – Qarabag in der Züri Live-Analyse

Man muss kein junger Spieler sein, um Anfängerfehler zu begehen. Ole Selnaes (28) und Ivan Santini (33) unterliefen die Malheurs, die zu den beiden Gegentreffern im Letzigrund führten. Beim ersten Gegentor spielte Qarabag einen perfekten Konter – bis zur Hereingabe des Rechten Flügels Sheydaev in den Strafraum, die bei Selnaes landete. Dieser hätte den Ball ins Seitenaus spedieren können, ja müssen! Stattdessen versuchte der Norweger den Ball in einer unübersichtlichen Situation im eigenen Strafraum gegen einen anstürmenden Gegner zu stoppen, als hätte er alle Zeit und Musse der Welt. Der Ball versprang ihm dann sogar noch an den Fuss von Condé und spickte von dort vor die Füsse Kadys, der sich nicht zwei Mal bitten liess. Selnaes ist das Sinnbild einer Mannschaft, die explizit für die Liga zusammengestellt wurde. Man nahm in Kauf, Spieler zu holen, von denen man wusste, dass sie zu Beginn Anlaufzeit brauchen.

Mehrere FCZ-Akteure weit von Bestverfassung entfernt

Selnaes hat drei Jahre in der Chinesischen Super League gespielt, die ein deutlich tieferes Niveau aufweist, als die Schweizer Super League. Seine Erste Halbzeit gegen Qarabag war ordentlich bis gut (Züri Live-Note: 6). Nach der Pause baute er dann aber relativ rasch ab und beging so den entscheidenden Fehler (Züri Live-Note Zweite Halbzeit: 2). Ausgewechselt wurde er erst in der 70. Minute. Schon im Auswärtsspiel in Baku wollte Trainer Foda zu Beginn mit Marc Hornschuh Routine ins Mittelfeld bringen: was schief ging – Schnelligkeit, Wendigkeit, Technik sind auf diesem Niveau wichtiger. Ivan Santini hatte gegen Luzern gute Ansätze gezeigt. Gegen Qarabag verlor er aber die Mehrzahl der Kopfballduelle und verursachte mit seinem Ballverlust im Mittelfeld hauptsächlich den zweiten Gegentreffer. Bei diesem verteidigte Mirlind Kryeziu in einer zwei gegen zwei-Situation wie in einer Dreierabwehr, obwohl sein Team mittlerweile auf Viererabwehr umgestellt hatte. Yanick Brecher verschob sich ausserdem zu langsam und liess die nahe Torecke für den Schützen Owusu weit offen.

Ganz anders Qarabag: Qurban Qurbanovs’s Team spielt personell und von der taktischen Formation her praktisch immer gleich. So wie der FCZ letzte Saison. Bezüglich Spielweise war Qarabag in den vier Partien gegen Lech Poznan und den FCZ hingegen sehr variabel: mal mit Angriffen über die Seiten, dann wieder durch die Mitte, mal mit aggressivem Gegenpressing in Baku, dann wieder eher auf Konter lauernd wie im Rückspiel im Letzigrund. Die Stammformation von Qarabag ist qualitativ mit YB vergleichbar – auf einigen Positionen etwas besser besetzt, auf anderen etwas schlechter. Einen Spieler, der wie Kady in einem wichtigen Spiel einen Eckball von links mit dem linken Aussenrist äusserst scharf direkt aufs Tor ziehen kann, gibt es in der Super League nicht. Beim Vergleich der Ersatzbänke ist YB aber besser. Qarabag ist eine eingespielte Equipe mit mehrheitlich Fussballern im Zenit ihres Schaffens. Der Marktwert ist tiefer, als derjenige des FCZ. Dies ist aber eine Messgrösse des individuellen Zukunftspotentials der Spieler eines Kaders.

Qarabag mit weniger Energie und mehr Fehlern als im Hinspiel

Qarabag zeigte in den Begegnungen mit dem FCZ hingegen mehr „Gegenwartspotential“ als Team. Ein Grossteil der Marktwertdifferenz zwischen den beiden Mannschaften machen Becir Omeragic und Wilfried Gnonto aus, die beide in diesen Partien keine wesentliche Rolle spielen konnten. Der letztjährige Top-Joker Gnonto wird aktuell als Stammspieler in die Verantwortung genommen und hat es in den ersten Saisonpartien noch nicht geschafft, diese neue Rolle mit genügend Inhalt zu füllen. Speziell in den ersten 45 Minuten kommt von ihm jeweils zu wenig. Omeragic ist im Aufbau nach seiner Meniskusverletzung. Mehrere ältere Spieler sind noch auf der Suche nach dem Rhythmus oder ihrer Form. Der FCZ hatte im Vergleich mit Qarabag zu viele Spieler an Bord, die möglicherweise mal gut werden oder früher mal gut waren – anstatt solchen, die im Hier und Jetzt gut sind und performen.

Vieles sprach in diesem Spiel eigentlich für den FCZ. Qarabag trat deutlich weniger überzeugend auf, als in den Heimspielen. Der Auftritt erinnerte eher etwas an die 0:1-Niederlage bei Lech Poznan. Das frühe 1:0 des FCZ ähnelte dem damaligen Führungstreffer der Polen sehr stark: schnelles Umschaltspiel über rechts und in der Mitte ist der Captain der Aserbaidschanischen Nationalmannschaft Medvedev indisponiert. Man schien dem Gästeteam die Reisestrapazen anzumerken – auch wenn der Jet Lag bei einem Flug Richtung Westen weniger schlimm sein soll, als umgekehrt. Sie gingen nicht so intensiv ins Pressing wie zuhause, viele Bälle versprangen oder kamen nicht beim Mitspieler an – speziell Spielgestalter Almeida zog einen schwachen Tag ein. Und während der Partie musste Coach Qurban Qurbanov nach und nach seine ganze Defensivabteilung austauschen, so dass ab der Zweiten Halbzeit die Reserve-Defensive auf dem Platz stand. Qarabag setzte in Zürich zudem immerhin zehn Aserbeidschanische Spieler ein.

Defensive Steigerung von Spiel zu Spiel beim FCZ

Wie im Hinspiel war die Schiedsrichterleistung grundsätzlich gut, aber trotzdem mit einzelnen fragwürdigen Entscheiden in heiklen, unübersichtlichen Szenen auf beiden Seiten. Und es waren die gleichen Themen wie in Baku. Der FCZ profitierte dort von einem Offsidetor Kamberis bei Freistoss Guerrero – diesmal stand Santini beim 2:1 in der Nachspielzeit der Zweiten Halbzeit mit einem Fuss wohl ganz knapp im Offside, auch wenn es mit den vorhandenen Kameraperspektiven nicht hundertprozentig auflösbar ist. Wie in Baku hätte es auch in Zürich eine Rote Karte wegen Notbremse gegen einen Qarabag-Verteidiger geben müssen – beide Male wurde der schnelle Rohner von hinten umgestossen, diesmal von Badavi Hüseynov. Ausserdem profitierte Qarabag davon, dass die Fouls von Bajramov gegen Kamberi sowie Wadji gegen Rohner in der Entstehung des 1:1-Ausgleichs von den Unparteiischen übersehen wurden.

Insgesamt kann nach eingehender Analyse der Partie die Leistung des FCZ aber positiver beurteilt werden, als dies in der Schlussanalyse der Radio-Übertragung direkt nach dem Spiel noch der Fall gewesen war. Die Durschnittsnote der Mannschaft ist 6,5, die höchste bisher in dieser Saison, knapp vor dem Auswärtsspiel in Baku (6,3) – wobei es in der Verlängerung einen Leistungsabfall gab (5,5). Neun Spieler kamen gegen Qarabag zu Abschlüssen. Es gab sehr viele gute Offensivaktionen, der FCZ kam vor allem häufig erfolgsversprechend über die Seiten. „Uhrwerk“ Nikola Boranijasevic (MVP) spielte sich mit insgesamt zehn qualitativ hochstehenden Flanken fast schon in einen Rausch. Und die Defensivnoten der Mannschaft haben sich bisher von Spiel zu Spiel gesteigert. Auch Stürmer wie Tosin, Okita oder Gnonto erledigen ihre Defensivaufgaben diszipliniert. Die Qualifikation Qarabags für die nächste Runde war zwar nicht gestohlen, aber nach Expected Goals und Offensivszenen hätte der FCZ eher weiterkommen müssen. Im Rückspiel gehörte die erste halbe Stunde beider Halbzeiten und auch die Zweite Halbzeit der Verlängerung fast komplett dem Heimteam. Im Hinspiel in Baku spielte in der Zweiten Halbzeit ebenfalls praktisch nur der FCZ. Vor allem haben die Zürcher für die kommenden Wochen und Monate noch einiges an Potential nach oben bei Neuzugängen, letztjährigen Schlüsselspielern und auch jüngeren Akteuren, die einen Schritt nach vorne gemacht haben.



1 2 3 4 5 8