Hohes Pressing des FCZ 30 Minuten erfolgreich, dann überfordernd / YB – FCZ in der Züri Live-Analyse

Auch in der fünften Auswärtspartie ist Antonio Marchesano erneut der Züri Live-MVP! Und dies auf einer eher ungewohnten Position links in einem Dreiermittelfeld. Weitere positive Konstanten im ersten Saisonviertel sind bisher Ousmane Doumbia, Assan Ceesay und Marc Hornschuh, der als Defensivfeuerwehrmann (normalerweise mit Impulsen als Einwechselspieler im Mittelfeld, in Bern vorwiegend in der Rolle als „Libero“ von Beginn weg) bisher noch nie enttäuscht hat.

FCZ mit konstant Hohem Pressing im 5-3-2

Der FCZ spielt in Bern gegen den Serienmeister erstmals mit einem von der Formation her defensiven 5-3-2, allerdings kombiniert mit beinahe konstant Hohem Pressing bis weit in die Zweite Halbzeit hinein. Man hatte das Spiel in der ersten halben Stunde klar unter Kontrolle. Ungewöhnlich für den FCZ bei einem Super League-Auftritt im Wankdorf. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die eklatante Leistungssteigerung von Stürmer Assan Ceesay im Vergleich zu letzter Saison – auch im Pressing und Defensivverhalten allgemein. Im ersten Spielviertel (22,5 Minuten) hatten gleich fünf FCZ-Spieler eine Züri Live-Note 10 (Marchesano, Ceesay, Hornschuh, Guerrero, Leitner). Man sah auch sonst neue Elemente. Zum Beispiel war im Spielaufbau Überzahl über die Seiten kreieren in den letzten Jahren nie eine Spezialität des FCZ gewesen. Dies haben viel eher YB und andere Super League-Gegner jeweils gegen den FCZ angewandt. Die Berner haben ihre Spielweise unter David Wagner geändert, agieren viel häufiger in Hauruck-Manier und weniger mit spielerischen Mitteln, als zuvor unter Gerardo Seoane – was in der Champions League gegen einen Top-Gegner gut funktioniert hat.

Fehlende taktische Reaktion auf nachlassende Kompaktheit und Laufvermögen

Ein taktischer Fehler war dann aber, dass man versucht hat, das Hohe Pressing über die vollen ersten 45 Minuten durchzuziehen. Nach 30 Minuten gab es in kurzer Folge immer mehr klare Anzeichen, dass dies ein zu optimistisches Unterfangen war. Die Passwege konnten nicht mehr konsequent zugestellt werden – und sofort blühte YB auf, mit weiten Bällen und direkten Weiterleitungen, und genoss den Raum, den ihnen Zürich durch die abnehmende Kompaktheit bot. Vor allem wurde ab der 30. Minute YB’s spielmachender Sechser Christopher Martins nicht mehr wie zuvor von den Zürchern konsequent am Spielaufbau gehindert. Die Folge davon war schlussendlich der Berner Führungstreffer noch vor dem Halbzeitpfiff – wieder durch Christian Fassnacht. In 19 Partien gegen seinen Jugendklub hat Fassnacht 16 gewonnen bei mittlerweile sieben Toren und vier Assists, davon eines zum 2:0 Michel Aebischers in der 64. Minute. Dieser beendete die Partie statistisch gar mit zwei Treffern und einem Assist.

FCZ-Chancenplus auch nach der Pause

Nach dem „Pausentee“ funktionierte das Hohe Pressing des FCZ dann wieder etwas besser – bis zur Auswechlung der defensiv wichtigen Doumbia und Aliti in der 62. Minute. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der FCZ auch nach der Pause mehr gute Torchancen als der Gegner gehabt – aber Gogia zögerte bei einer Fünf gegen drei-Situation im gegnerischen Strafraum zu lange, Marchesano schoss einen Freistoss an den Aussenpfosten und Ceesays Abschluss wurde von Camara noch ins Aussennetz abgelenkt. Breitenreiter brachte Krasniqi und Gnonto und stellte ganz auf ein 4-2-3-1 um.

YB lange Zeit mit Mühe aufgrund der ungewohnten taktischen Marschroute des FCZ

Situativ beim Spielaufbau aus Abstössen bei Yanick Brecher hatte der FCZ schon seit Spielbeginn die 4-2-3-1 Formation angewandt (mit Guerrero am linken und Gogia am rechten Flügel) und schien damit YB zu Beginn auch etwas überrascht zu haben. Denn es hatte sich in den letzten Wochen in der Super League gezeigt, dass der übliche Spielaufbau mit drei Mann hinten im Zentrum gegen die Berner wenig bringt – durch ihr geschicktes Anlaufen, gute Raumaufteilung und vor allem sehr hohe defensive Aufmerksamkeit von allen gelbschwarzen Stürmern und Mittelfeldspielern, können sie einen der drei aufbauenden Verteidiger in der Regel aus dem Spiel nehmen. Ganz allgemein war die Häufigkeit und Konsequenz des Hohen Pressings des FCZ für YB eine ungewohnte Erfahrung. So bestand das YB-Spiel über weite Strecken aus Konterangriffen im eigenen Stadion – insgesamt 13. Seit dem 2:1-Heimsieg gegen den FC St. Gallen im November 2015 hatten die Gelb-Schwarzen in Wettbewerbspartien nicht mehr so viele Konterangriffe spielen können / müssen.

Duo Leitner / Krasniqi hat Sechserposition nicht im Griff

Das Duo Leitner / Krasniqi hatte die Sechserposition nicht im Griff und gestand YB vor der FCZ-Abwehr viel zu grosse Räume zu. Die Berner nutzten dies sofort mit hohen Bällen aus der Abwehr zwischen die Zürcher Linien aus – exemplarisch beim 2:0 durch Aebischer in der 64. Minute, als Fassnacht mit einem Hohen Ball von Von Ballmoos angespielt wurde. Die Zürcher Innenverteidiger fühlten sich nun genötigt, sich vermehrt aus ihrer Position zu lösen und auf der verwaisten Sechserposition Feuerwehr zu spielen – was natürlich nicht immer gelang und hinten noch grössere Löcher aufriss, zumal Hornschuh und Omeragic nach der Systemumstellung nur noch zu zweit waren. Zudem konnten Boranijasevic und Guerrero durch ihre zurückgezogene Positionierung im 4-2-3-1 auch nicht mehr mithelfen, die Räume auf den Halbpositionen, die von YB so gerne angespielt werden, zuzustellen. In der 69. Minute hatte Assan Ceesay am nahen Pfosten direkt vor Von Ballmoos wohl die grösste Zürcher Chance – sechs Zürcher waren zu diesem Zeitpunkt im gegnerischen Strafraum – im direkten Gegenzug erzielte Aebischer das 3:0. Die Partie im Wankdorf war der erste Match der Saison, wo der ansonsten im Abschluss sehr effiziente FCZ diese Qualität nicht aufbringen konnte.

Moritz Leitner: verbessert, bietet YB aber zu viele Räume an

Moritz Leitner zeigte sich in der Ersten Halbzeit in Bern vor allem in Ballbesitz wacher und fokussierter im Vergleich zu seinen ersten drei Wettbewerbseinsätzen im FCZ-Trikot (alle mit Züri Live-Note 3). Ohne Ball stand er hingegen weiterhin noch zu häufig etwas alibimässig im luftleeren Raum, wo er keine echte defensive Funktion erfüllte und wichtige Räume für den Gegner öffnete. Nach der Pause nahm seine Leistungskurve zudem auch im Spiel mit Ball stark ab und nach der Einwechslung von Krasniqi bestätigte sich erneut die Vermutung nach der Inkompatibilität dieser zwei sehr ähnlichen Spieler, welche sich bereits im ersten gemeinsamen Einsatz in Solothurn angedeutet hatte. Leitner übernahm von Marchesano die mit dem rechten Fuss zu tretenden Eckbälle (im Wechsel mit Linksfüsser Guerrero) und tat dies gut. Marchesano konnte sich so noch mehr ganz auf seine Freistösse konzentrieren und wurde von Leitner auch einmal am nahen Pfosten selbst mit einem Corner bedient (Kopfball knapp darüber). Beim vorentscheidenden 2:0 YB’s ist Leitner sowohl in der Entstehung wie auch bei der Vollendung durch den aufrückenden Aebischer zu wenig aufmerksam. Drei von fünf Einwechslungen (Krasniqi, Pollero, Dzemaili) waren schlecht. Insgesamt hat der FCZ beim Züri Live-Notenschnitt aber seit dem Derby wieder eine aufsteigende Tendenz und in der YB-Partie die höchste Anzahl Defensivpunkte in dieser Saison.

Andy Gogia weiter fehlerhaft

Akaki Gogias Auftritte gleichen weiterhin einer Achterbahnfahrt. Neben guten Aktionen schleichen sich immer noch zu viele Fehler ein: zu spätes Entgegenkommen zum Ball, vom Fuss wegspickende einfache Bälle, „telefonierte“ Zuspiele, die zu gefährlichen Konterangriffen des Gegners führen, ungenau gespielte Bälle auch auf kurze Distanz, Flanken ins Niemandsland und zu passives Verhalten im Pressing und in den Zweikämpfen. Seine beste Aktion hatte der deutsche Offensivspieler in der 16. Minute, als er Moumi bei einem im Ansatz schnellen Gegenstoss YB’s mit einer Kopfballklärung ins Seitenaus energisch stoppte. Blerim Dzemaili wiederum machte bei seinem ersten Liga-Teileinsatz seit vier Monaten wieder da weiter, wo er in der Rückrunde aufgehört hatte, stand im Mittelfeld dem eigenen Mitspieler Antonio Marchesano im Weg, vergass seine Position zu besetzen und spielte Alexandre Jankewitz aus kurzer Distanz einen unerklärlichen Fehlpass direkt in die Füsse – daraus folgte ein gefährlicher YB-Konter, der nur dank der Abschlussschwäche des eingewechselten YB-Stürmers Wilfried Kanga (mit 23 Jahren bisher insgesamt fünf Karrieretore auf Stufe Profifussball) nicht zum Erfolg führte.

Telegramm

BSC Young Boys – FC Zürich 4:0 (1:0)
Tore: 45.+4 Fassnacht (Martins) 1:0; 64. Aebischer (Fassnacht) 2:0, 69. Aebischer (Moumi) 3:0; 89. Elia (Aebischer) 4:0.
Young Boys – Von Ballmoos; Hefti, Lauper, Zesiger (46. Camara), Garcia; Fassnacht, Martins (85. Jankewitz), Aebischer, Moumi (76. Sulejmani); Elia, Siebatcheu (76. Kanga).
FCZ – Brecher; Boranijasevic, Omeragic, Hornschuh, Aliti (62. Gnonto), Guerrero; Doumbia (62. Krasniqi), Leitner (78. Dzemaili), Marchesano; Ceesay (70. Pollero), Gogia (70. Rohner).

Das Breitenreiter-Team im Formcheck (FCZ-Sommer, Teil 3)

Wilfried Gnonto fällt auf durch seinen Kampfgeist und sein Engagement, welches er für seine Farben einsetzt – auf und neben dem Platz. Und nicht nur gegen Kriens, sondern zuvor auch schon gegen Aarau brachte er einen ansprechenden Kopfball aufs gegnerische Tor. Sogar ein für seine Verhältnisse völlig ungewöhnlich präziser und wuchtiger Kopfballtreffer gelang Blaz Kramer nach einer Musterflanke Rodrigo Polleros gegen Xamax. Abgesehen von dieser einen Szene kam vom Uruguayer im ersten Einsatz noch nicht viel. Interessant war sein toller Assist auch deshalb, weil er in der Challenge League bei gerade mal sechs Assists und gleichzeitig 26 Toren in 60 Partien eindeutig als Finisher aufgefallen war – und selbst die paar wenigen Assists waren (fast) alles keine Flanken. Assan Ceesay hatte in seinen ersten Einsätzen Mühe, steigerte sich dann aber parallel mit seinem kongenialen Partner Antonio Marchesano in der letzten Partie gegen Kriens.

Hadern mit Doumbia

Stephan Seilers Auftritte in den Testpartien waren ungenügend und an Nils Reichmuth liefen die Partien fast völlig vorbei, auch wenn gegen Ende der Vorbereitung eine kleine Steigerung ersichtlich war. Bereits gut eingefunden hat sich hingegen Bledian Krasniqi. Im Spiel mit Ball findet der 20-jährige mit seiner Vista praktisch immer die beste Lösung. Vasilije Janjicic steigerte sich im Verlauf der Vorbereitung. Mit dem taktischen Verhalten von Ousmane Doumbia scheint das Zürcher Trainerteam bisher noch mit am meisten zu hadern. Der Ivorer, welcher sich auch auf persönlicher Ebene im Team sehr wohl zu fühlen scheint, überrascht den Gegner immer wieder mit unerwarteten Balleroberungen – aber eben auch die eigenen Mitspieler und Trainer häufig mit unerwarteten Stellungsfehlern. Bis zu einem gewissen Grad sind das zwei Seiten derselben Medaille. An Buschman-Dormond kritisiert Breitenreiter, dass er zu viele «Tricks» versuche. Findet der Kanadier allerdings den Raum zum Kontern vor, wie beim 6:1-Treffer gegen Kriens (Vorbereitung für Ceesay nach einem Eckball der Innerschweizer), kann er seine Schnelligkeit ausspielen.

Energie sparen mit Boranijasevic und Aliti

Der sich in einer schwierigen Karrierephase befindliche Mirlind Kryeziu könnte aufgrund seiner Physis zu den Gewinnern unter dem neuen Trainer gehören, obwohl ihm gegen Xamax ein entscheidender Fehler unterlief, als er kurz nach der Pause den Ball vor dem eigenen Strafraum gegen Veloso verlor, was das frühe und wegweisende 2:1 für die Gäste bewirkte. Bei einer Dreierabwehr wechselte sich im Verlauf der Vorbereitung Kryeziu in der zentralen Position mit Hornschuh und Kamberi ab. Lindrit Kamberi konnte weitgehend an die positiven Eindrücke von Ende letzter Saison anknüpfen, Silvan Wallner hingegen vorwiegend an die negativen. Fidan Aliti spielte genau Fifty-Fifty als Linksverteidiger oder links in der Dreierkette – aber nie als linker Aussenläufer. Er und Neuverpflichtung Nikola Boranijasevic schienen teilweise etwas mit angezogener Handbremse in den Tests aufzutreten – als sparten sie ihre Energie für den richtigen Saisonstart auf. Willie Britto war bezüglich Positionierung teilweise das Pendant zu Aliti auf der rechten Seite – allerdings wurde er auch als Aussenläufer eingesetzt und hat gleichzeitig nicht die gleichen Einsatzchancen wie der Kosovarische Nationalspieler.

Reifen mit Frei

Adrian Guerrero ist ein Mann auf der linken Seite mit gutem Spiel- und Raumverständnis und schlägt zudem gute Standards mit dem linken Fuss – er kann aber aufgrund seiner Konstitution von Gegner auch ziemlich einfach zur Seite gedrückt werden. Dies passiert Filip Frei mittlerweile deutlich weniger als früher. Der letztjährige U20-Nationalspieler hat einen Schritt nach vorne gemacht und sich in den Vorbereitungsspielen erfolgreich von seiner besten Seite gezeigt. Sein enorm fehlerbehaftetes Spiel von früher hat er abgestellt und spielt nun sehr verlässlich, trotz gleichzeitig weiter verbesserter Dynamik. Frei wird von Breitenreiter als Alternative auf allen erdenklichen Aussenpositionen auf beiden Seiten eingesetzt, zusätzlich zur Dreierabwehr – und ist damit zur Zeit der grösste Allrounder im Team.

Aushelfen mit Hornschuh

Marc Hornschuh wurde als wichtige Kaderergänzung geholt, der auf den zentralen Defensivpositionen als verlässliche Option bereitstehen soll, wenn es ihn braucht – wohl vor allem in der Dreierabwehr, denn seine Auftritte im Mittelfeld waren jeweils wenig erbaulich. Becir Omeragic wurde am letzten Spieltag der Vorbereitung genauso wie Buschman zwei Mal als Einwechselspieler eingesetzt. Während dies bei Buschman durchaus ein Zeichen seiner aktuellen Position in der sportlichen Mannschaftshierarchie darstellte, war es bei Omeragic bedingt durch seine vorherige Ferienabwesenheit aufgrund der EM-Endrunde. Ihn schon auf das Lugano-Spiel hinzubekommen, wäre wohl zu knapp und auch etwas riskant.

Fremdgehen mit De Nitti

Bei den Torhütern feierte der von der U18 hochgezogene Gianni De Nitti seine ersten Teileinsätze im Fanionteam (einen davon im Tor des SC Kriens gegen den FCZ). Zivko Kostadinovic agierte in seiner Kernkompetenz als «Torhüter» gewohnt solide. Trainer Breitenreiter war mit seinen Entscheidungen bei den Abstössen aber nicht immer zufrieden. Yanick Brecher hatte wieder zwei, drei Unkonzentriertheiten bei Gegentreffern dabei und schrie sich in der Endphase gegen Xamax, als nichts mehr ging, vergeblich die Lunge aus dem Leib.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)

Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)

Kein Platz im Team verdient – Blerim Dzemaili und das Zentrale Mittelfeld im Fokus

Im Gespräch mit der „TX Group“ meinte FCZ-Neuzugang Blerim Dzemaili vor dem Auswärtsspiel in St. Gallen, er habe mit dem Tempo und der Intensität der Super League „überhaupt keine Probleme“. Dem Realitätscheck hielt diese Aussage nicht stand. In den ersten 30 Minuten konnte Dzemaili im Kybunpark in einem im Vergleich zu früheren Direktbegegnungen eher langsamen Spiel noch halbwegs mithalten – danach musste er ganz abreissen lassen. In einem Radrennen hätte ihn irgendwann der Besenwagen aufgelesen. Daten zu Laufleistung und Sprints haben wir für die Super League leider noch nicht zur Verfügung. Die Beurteilungen dazu ergeben sich aus den Eindrücken der detaillierten Nachanalyse der Spiele. Viele andere interessante Daten sind aber da. Wie schneidet Blerim bisher ab? Wir sind gnädig und messen ihn nicht an den eigenen hohen Ansprüchen (Dzemaili sieht sich und sein Team unter den ersten drei) und vergleichen ihn nicht mit den besten Zentralen Mittelfeldspielern der Liga – sondern mit den ältesten. Milan Gajic (34, Vaduz) und Jonathan Sabbatini (33, Lugano) sind im gleichen Alter wie Dzemaili – Stjepan Kukuruzovic (31, Lausanne-Sport) und Luca Zuffi (31, Basel) haben die 30 auch schon überschritten. Dazu kommen Dzemailis Teamkollegen Domgjoni, Seiler, Doumbia und Hekuran Kryeziu (der im letzten Monat vorwiegend Innenverteidiger spielte). Die Daten beziehen sich auf den Schnitt pro 90 Minuten in der aktuellen Super League-Saison.

Beginnen wir erst mal mit einer für Dzemaili erfreulichen Statistik. Pro 90 Minuten lieferte der Zürcher 0,41 Assists, womit er bisher klar vor dem ebenfalls als Standardspezialisten geltenden Milan Gajic liegt. Die beiden Torvorlagen auf Sobiech und Khelifi gelangen ihm gleich in den ersten zwei Partien. Tore erzielte er im Gegensatz zu Domgjoni, Doumbia, Kukuruzovic und Gajic hingegen bisher noch nicht. Dies obwohl er von den Vergleichsspielern mit Abstand am meisten Schüsse pro 90 Minuten abgab (1,85). Grund: abgesehen davon, dass er noch nicht viele Partien auf dem Buckel hat, war auch die Qualität der Abschlüsse tief. Bei den meisten Versuchen traf er den Ball sehr schlecht. Statistisch gesehen kamen gerade mal 11,1% seiner Abschlüsse überhaupt erst aufs Tor. Nur Seiler und Hekuran Kryeziu, welche beide kaum mal einen Abschluss zu verzeichnen haben, weisen einen noch tieferen Wert aus. Milan Gajic hingegen brachte mehr als die Hälfte seiner Abschlüsse aufs Tor, Luca Zuffi einen Drittel. Wenn die Kraft nachlässt, und das passiert bei Dzemaili sehr schnell, dann lässt häufig auch die Präzision nach. Ausserdem könnte auch eine gewisse Übermotiviertheit und Selbstüberschätzung eine Rolle spielen bei den vielen klaren Fehlschüssen.

Ebenso beginnt zu dem Zeitpunkt, wo Dzemaili nicht mehr mitzuhalten vermag, die Zeit, in welcher er gegenüber Mitspielern und Schiedsrichtern unleidig wird. Dzemaili ist im Vergleich der Zentralen Mittelfeldspieler führend bei der Anzahl Gelber Karten (0,62 pro 90 Minuten), wobei er bisher alle Verwarnungen wegen „Meckerns“ abgeholt hat. Aus Zweikämpfen heraus blieb er bisher von einer Gelben Karte verschont, wobei man in gewissen Szenen das Gefühl hatte, dass Dzemaili genauso wie andere Spieler der Super League, die einen gewissen Promi-Faktor mitbringen, diesbezüglich einen gewissen (unbewussten) Bonus bei den Schiedsrichtern geniesst.

Mit einem Züri Live-Defensivpunkt nur alle 15 Minuten trägt Dzemaili von den Zentralen Mittelfeldspielern des FCZ am wenigsten zur Defensiven Phase bei. Dazu passt unter anderem die geringe Anzahl Balleroberungen pro 90 Minuten. Dzemaili gehört hier zu den wenig effektiven Zentralen Mittelfeldspielern. Stephan Seiler ist in dieser Disziplin top und weist zudem den höchsten Anteil an Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte aus (beinahe 50%). Gefolgt wird Seiler von Ousmane Doumbia, der ebenfalls mehr als 10 Balleroberungen pro 90 Minuten bewerkstelligt. Toni Domgjoni hat nicht die Antrittsschnelligkeit und Beweglichkeit eines Seiler oder Doumbia, die in der Balleroberung eine grosse Rolle spielt: er ist der Typ Dauerläufer, welcher die Löcher stopft. Blerim Dzemaili, der von allen Vergleichsspielern den geringsten Anteil an Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte hat, würde in dieser und vielen anderen Statistiken sicherlich deutlich besser dastehen, wenn er zwei, drei Jahre früher zum FCZ zurückgekehrt wäre.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Interceptions – abgefangene gegnerische Pässe (ohne dass es zu einem Zweikampf kommt). Dzemaili und Domgjoni liegen hinter Seiler, Doumbia und auch Hekuran Kryeziu.

Auch Klärungen in brenzligen Situationen gelingen von den nominellen Zentralen Mittelfeldspielern beim FCZ vor allem Hekuran Kryeziu und Ousmane Doumbia. Dzemaili ist hier zusammen mit Seiler und dem ehemaligen FCZ-ler Kukuruzovic am Ende der Rangliste.

Dzemailis Problem ist, dass er häufig in entscheidenden Szenen gar nicht erst in die Zweikämpfe kommt. Kommt es aber zum Zweikampf, dann gehört er immer noch zu den besseren Zentralen Mittelfeldspielern der Liga in Bezug auf die Offensivzweikämpfe (in Ballbesitz). Da er den Ball relativ gut abschirmen kann, verliert der Gegenspieler häufig die Geduld, und bringt Dzemaili zu Fall. Wobei berücksichtigt werden muss, dass sich viele Offensivzweikämpfe mit letztlich auch bei Dzemaili unsicherem Ausgang vermeiden liessen, wenn er etwas schneller laufen oder handlungsschneller agieren und damit dem Gegenspieler nicht so viel Zeit geben würde, ihn zu stellen. Bei den Defensivzweikämpfen (Gegner in Ballbesitz) ist Dzemailis Erfolgsstatistik hingegen durchschnittlich.

Weit unterdurchschnittlich sieht die Bilanz bei den Luftduellen aus, wo Dzemaili gar hinter Kopfballmuffel wie Milan Gajic oder Luca Zuffi zurücksteht – er verliert trotz seiner mittleren Grösse von 1,80m drei Viertel aller Luftduelle und versucht wenn immer möglich vom Ball regelrecht zu flüchten, wenn dieser hoch in seine Richtung kommt. Ousmane Doumbia hingegen, obwohl mit 1,75m einer der kleinsten im FCZ-Team, ist in den Luftduellen einer der besten, und bekommt deshalb auch bei der Verteidigung von Eckbällen Manndeckungsaufgaben – häufig gegen ungefähr den viertbesten Gegenspieler. Bei dieser Statistik fällt allgemein die Korrelation der orangen Säulen (Erfolg in Luftduellen) mit der blauen Linie (Anzahl Luftduelle) auf, was wohl damit zusammenhängt, dass diejenigen Spieler, die schlecht in der Luft sind, solche Duelle auch im Mittelfeld wenn immer möglich vermeiden.

Von den Vergleichsspielern macht Dzemaili klar am meisten Vorstösse mit dem Ball am Fuss, wie die Statistik zeigt. Hekuran Kryeziu als Gegenpol lässt dies hingegen fast komplett bleiben.

Wie erfolgreich sind aber diese Vorstösse? Bei der folgenden Graphik bezüglich Dribblings müssten wie bei den Luftduellen die orangen Säulen und die blaue Linie wieder eine Parallele bilden, dies ist aber speziell in einem Fall ganz und gar nicht so: bei Blerim Dzemaili. Der Stadtzürcher geht von allen Vergleichsspielern am häufigsten ins Dribbling, obwohl er dabei mit grossem Abstand am häufigsten den Ball verliert. Zwei Drittel seiner Dribblings gehen schief. Genau umgekehrt ist die Quote beim technisch starken Toni Domgjoni, der aufgrund seiner Erfolgsquote wohl noch häufiger das Eins-gegen-eins suchen könnte. Dzemailis Selbstüberschätzung beziehungsweise Unterschätzung der Super League-Gegenspieler in diesen Situationen bewegte sogar den ansonsten sehr bedachten Massimo Rizzo im Spiel gegen YB dazu, unwirsch auf den Platz zu rufen: „Hör auf damit!“ – was Dzemaili dann auch tat, aber da war es schon zu spät.

Dzemaili hat pro 90 Minuten von allen FCZ-Mittelfeldspielern auch am meisten Ballverluste zu verzeichnen – mehr als alle 10 Minuten einen.

Bei der Passgenauigkeit schneidet Blerim Dzemaili von allen Vergleichsspielern im FCZ und bei der Konkurrenz ebenfalls am schlechtesten ab. Luca Zuffi (extern) und Toni Domgjoni (intern) sind in diesem Bereich vorne. Hervorzuheben die Anzahl Pässe pro 90 Minuten (53,44) von Lausannes „Drehscheibe“ Stjepan Kukuruzovic.

Bei der Genauigkeit von nach vorne gespielten Pässen (Anzahl: 15,82 pro 90 Minuten) ist Dzemaili im vorderen Mittelfeld der Vergleichsspieler – nicht ganz auf dem Niveau von Zuffi und Gajic, aber vor allen Teamkollegen.

Wenn man nun aber in diesem Zusammenhang den punktgenauen Pass Dzemailis auf Ceesay im ersten St. Gallen-Match, der zum Penalty zum 1:2 geführt hat, als exemplarisch betrachtet, ist dies irreführend. Denn bei Pässen in die Offensivzone hat Dzemaili nach Ousmane Doumbia die zweitschlechteste Passgenauigkeit. Die über dem Durchschnitt liegende Passgenauigkeit der nach vorne gespielten Pässe bezieht sich also auf Zuspiele, die typischerweise von hinten ins Mittelfeld gespielt werden. Die höchste Passgenauigkeit bei Zuspielen in die Zone 3 beim gegnerischen Tor haben von den „Mittelfelddinos“ der Liga erneut Milan Gajic und Luca Zuffi. Beim FCZ ist Stephan Seiler in dieser Hinsicht am besten. Schade, dass er solche Bälle am wenigsten häufig spielt! Seiler müsste sich mehr zutrauen und den Ball selbst in die Tiefe spielen, anstatt ihn nochmal auf die weniger präzisen Dzemaili oder Doumbia querzulegen.

Seilers Stärke sind die kurzen Pässe vorne zwischen die Linien. Lange Bälle sind hingegen überhaupt nicht sein Ding. Dies in Kombination mit seiner hohen Balleroberungsquote in der gegnerischen Hälfte macht ihn prädestiniert für die Rolle als 10er (speziell bei Hohem Pressing) oder allenfalls 8er – und deutlich weniger als 6er. Dzemaili ist grundsätzlich ein ähnlicher Spielertyp, unter anderem als zweitschlechtester Spieler nach Seiler bei Langen Bällen – und hat auch deshalb in der Nationalmannschaft häufig als 10er gespielt. Zusammen mit Seiler und dem vorsichtigen Zuffi spielt Dzemaili auch am wenigsten Lange Bälle. Die höchste Passgenauigkeit bei weiten Pässen haben aus den Vergleichsspielern Milan Gajic vor Stjepan Kukuruzovic und Hekuran Kryeziu. Toni Domgjoni ist bei den FCZ-lern an Zweiter Position.

Geradezu als unterirdisch muss man schlussendlich Blerim Dzemailis Bilanz bei Rückpässen bezeichnen. Nur gerade 77,8% der von ihm nach hinten gespielten Bälle kommen beim Mitspieler an. Keiner der Vergleichsspieler ist auch nur annähernd so schlecht. Es ist eine weitere entscheidende Fehlerquelle in Dzemailis Spiel. Glücklicherweise spielt Dzemaili nicht so häufig zurück wie Teamkollege Seiler, der als zweitschlechtester Rückpassspieler am häufigsten (8,42 mal pro 90 Minuten) rückwärts spielt. Deutlich sicherer ist an erster Stelle diesbezüglich Hekuran Kryeziu, bei welchem 98,6% der Rückpässe beim Mitspieler ankommen – vor Toni Domgjoni mit 97%.

Basiert man zusammenfassend die Entscheidung auf den Statistiken der bisherigen Spiele, hat Blerim Dzemaili keinen Platz im Zürcher Mittelfeld verdient. Zwar kann er den Ball relativ gut abschirmen und ist leicht über dem Durchschnitt in der Passgenauigkeit nach vorne bei Zuspielen in der eigenen Platzhälfte, hat aber sowohl für die 6er- als auch die 8er- sowie die 10er-Position das deutlich schlechtere Leistungsprofil, als seine Teamkollegen.

Es kristallisiert sich auch aus den Statistiken heraus, dass sich der sowohl technisch wie im Zweikampf starke Dauerläufer Domgjoni im Mittelfeld gut mit einem aggressiven, beweglichen Balleroberer (Doumbia oder Seiler) ergänzt. Bei Pressingsituationen sollte Doumbia / Seiler vorne den Ball (zurückzu)erobern versuchen, um mit einem kurzen Pass in die Schnittstelle sofort Richtung gegnerisches Tor umzuschalten – Domgjoni sichert hinten ab. Baut der FCZ hingegen von hinten auf, sollte sich eher der spielerisch und im Dribbling starke Domgjoni nach vorne verschieben mit Doumbia / Seiler als Absicherung dahinter. Hat der FCZ in einer Partie vor, viel hoch zu pressen, ist Stephan Seiler eine gute Option für die 10er-Position als weitere Alternative zu Marchesano, Schönbächler und Nils Reichmuth. Somit könnten Domgjoni, Doumbia und Seiler auch alle drei gleichzeitig spielen. Stephan Seiler sollte sich zudem unbedingt noch mehr zutrauen und häufiger seine guten kurzen Bälle in die Schnittstelle nach vorne spielen – und gleichzeitig Rückpässe tunlichst vermeiden.

Hekuran Kryeziu ist aufgrund seiner Statistiken auf der Position des Innenverteidigers grundsätzlich gut aufgehoben. Ein Problem ist seine Schwäche in der Manndeckung bei stehenden Bällen. Dieses Problem könnte im aktuellen Kader aber nur Lasse Sobiech wirklich lösen und dieser steht bis Ende Saison nicht zur Verfügung. Was Blerim Dzemaili betrifft, hängt sehr viel am Prinzip Hoffnung, dass ihm wie bei seinen zwei bisherigen Assists (ein Standard, eines aus dem Spiel heraus) wieder einmal eine spezielle Aktion nach vorne gelingen möge. Gleichzeitig bringen aber seine für Super League-Verhältnisse eklatanten Schwächen im Passspiel, im Laufspiel und in der Verteidigung von gegnerischen Angriffen die ganze Mannschaft aus der Balance und den Gegner ins Spiel.

(Daten: Wyscout)

Einzig Schönbi gut in Mittelfeld und Sturm / FCSG – FCZ 1:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

St. Gallen-Trainer Peter Zeidler erinnerte sich vor der Partie ganz offensichtlich daran, dass sein Team zuletzt gegen den FCZ immer verloren hat, wenn es von Beginn weg Vollgas vorne drauf ging, und andererseits mit einer abwartenden Spielweise und wenig Ballbesitz im Dezember im Letzigrund 2:1 gewinnen konnte. So sprang er nach zehn Gegentoren in den drei Spielen davor über seinen Schatten, und liess die Grünweissen auch diesmal wieder sehr zurückhaltend spielen. Die Pressinglinie lag in der Regel nicht allzu weit von der Mittellinie entfernt, und bei Angriffen wurde auf die nachrückenden Mitspieler gewartet. Auch fehlte beim Umschalten mit Kwadwo Duah (Ersatzbank) der schnelle Zielspieler, welcher handlungsschnell aggressiv die Tiefe attackiert, in der Startformation. Lukas Görtler war nach dem wegen einer Knöchelverletzung verpassten Spiel in Lausanne (3:4) sichtlich noch nicht ganz im Vollbesitz seiner Kräfte. Zeidlers Strategie, auf alle in der EM-Gruppenphase in Slowenien beanspruchten U21-Nationalspieler (Guillemenot, Muheim, Stergiou) in der Startaufstellung zu setzen, ging zudem nicht auf. Es war ein ungewohntes Bild: man hatte von der Spielart her das Gefühl, einen FC St. Gallen aus den 90er-Jahren vor sich zu haben – einfach ohne die damalige kämpferische Intensität.

Man hatte als Beobachter nie den Eindruck, dass hier mit Haken und Ösen um den Klassenerhalt und auch noch ein bisschen um Europacupplätze gekämpft würde. Das von Blue-Kommentator Michael Fritschi herbeigeredete „Kampfspiel“ fand nicht statt. Der FCZ beispielsweise beging total nur gerade 10 Fouls. Dass es auf beiden Seiten trotzdem je vier Gelbe Karten plus eine Gelb-Rote setzte, lag an der erratischen Spielleitung durch Alessandro Dudic, die eher einem Zufallsprinzip als einer Logik zu folgen schien. Bei den mit Gelb-Rot vom Platz gestellten Jordi Quintilla sowie Ousmane Doumbia muss man je eine der beiden Verwarnungen (die erste bei Quintilla, die zweite bei Doumbia) als äusserst fragwürdig bezeichnen. Schon Mitte der Ersten Halbzeit wurde es offensichtlich, dass Dudic in einem weder allzu schnellen noch gehässigen Spiel zielstrebig auf ein bis zwei Gelb-Rote Karten zusteuerte. Tatsächlich musste dann der 27-jährige Jordi Quintilla zum ersten Mal in seinem Profileben vom Platz – und Ousmane Doumbia wird nun schon wieder gegen seinen Ex-Klub Servette gesperrt fehlen.

Zufallsgenerator, wie Dudic die Karten verteilt – FCSG-FCZ Highlights

Dafür pfiff Dudic je eine penaltyreife Szene auf beiden Seiten nicht, und gab schon früh bei einem harten Foul von Muheim gegen Schönbächler dem Gefoulten (!) die Gelbe Karte – Muheim hatte von unten in Schönbis Wade gehauen und sich dabei weh getan. Unter der fast schon endlosen Liste an Fehlentscheidungen war natürlich auch wieder eine klassische Guillemenot-Schwalbe. Der U21-Nationalspieler checkt Rohner im Laufduell um. Guillemenot steht dann dem auf dem Bauch liegenden Rohner aufs Bein und lässt sich wie immer mit ausgebreiteten Armen fallen. Skurril, dass Dudic selbst auf so etwas hereinfiel. Glücklicherweise war es „nur“ eine Freistosssituation an der Eckfahne. Dies nachdem derselbe Guillemenot eine Runde davor in Lausanne zwei weitere klare Schwalben im gegnerischen Strafraum produziert – und einmal davon den Penalty sogar zugesprochen erhalten hatte. Es ist erstaunlich, dass ein Spieler mit solch kontinuierlichen Unsportlichkeiten Woche für Woche während nun mehr als zwei Jahren ohne Disziplinarstrafe davonkommt.

13. Minute: Fliegen schön – mit Air Guillemenot. Gegenspieler foulen und wenn dieser bäuchlings auf dem Boden liegt dessen Bein als Absprungrampe nutzen – Arme ausbreiten – fliegen – Freistoss zugesprochen erhalten. „Schade“ wars nicht im Strafraum.

In den ersten 30 Minuten gelangen dem FCZ verschiedenste gute Offensivszenen, unter anderem ein „Luzerner Kreisel“ auf der rechten Seite mit Rohner, Kololli und Dzemaili. Danach war aber Ende Feuer und das FCZ-Spiel vor allem geprägt vom Unvermögen der zurückgekehrten Dzemaili, Tosin (beide mit Comeback) sowie Kololli – bei Kololli und Dzemaili kam viel Passivität hinzu. Speziell ab der 30. Minute stellte Blerim Dzemaili seine Laufarbeit weitgehend ein, und begann stattdessen ausgiebig mit Mitspielern und dem Schiedsrichter zu lamentieren. Der FCZ war ab da zwar nicht faktisch aber effektiv mit einem Mann weniger auf dem Platz – und wirkte auch so. In Mittelfeld und Sturm spielten alle Starter ausser MVP Marco Schönbächler ungenügend bis schlecht. Dieser hatte nach dem 1:0-Sieg in Lugano einen zweiten sehr guten Einsatz als Marchesano-Ersatz auf der 10er-Position. Schönbächlers Hauptverdienst in dieser Partie war seine fleissige Defensivarbeit, mit der er immer wieder Lücken schloss, welche die fehlende Präsenz von Dzemaili (und teilweise Doumbia) auf der Sechserposition immer wieder gerissen hatte. Auch die Flügelspieler mussten zur Unterstützung des Zentrums häufig einrücken. So wurde man, speziell in der 2. Halbzeit, immer mehr hintenrein gedrückt und konnte sich selten lösen – selbst in Überzahl. Und eine leichte Tempoerhöhung des FCSG um die 70. Minute genügte bereits, um den FCZ richtig vor Probleme zu stellen.

76. Minute – St. Gallen gleicht in Unterzahl aus: Symbolbild für den Auftritt der Zürcher Mittelfeldspieler und Stürmer.. Beim St. Galler Angriff ruhen sich Dzemaili (als vorderster Zürcher), Kramer und Kololli in der gegnerischen Hälfte aus. Tosin und Seiler traben nur halbherzig zurück und St. Gallen stürmt mit fünf Mann auf die Zürcher Viererabwehr zu – Nathan verschätzt sich für einmal im Sprint um den Ball, Doumbia kann ebenfalls nicht mehr eingreifen.

Personalien

Fabian Rohner (5) – Mit abwechselnd Tosin und Kololli vor ihm fokussiert sich Rohner auf solide Defensivarbeit. Dies geht so lange gut, wie von St. Gallen wenig kommt. In der Druckphase der Ostschweizer in der 2. Halbzeit erinnerte die rechte Zürcher Seite phasenweise wieder etwas an die 1. Halbzeit gegen Luzern. Hat Glück, dass sein Foul an Duah im eigenen Strafraum nicht mit einem Penalty bestraft wird. Rohner haut dabei am Ball vorbei und trifft des gegnerischen Angreifers Bein. Die Szene ging im Trubel der (tendenziell unberechtigten) Reklamationen der St. Galler um ein vermeintliches Penaltyfoul von Hekuran Kryeziu an Miro Muheim wenige Momente davor unter. Bei seinem einzigen Vorstoss nach vorne legt sich Rohner den Ball zu weit vor.

Ousmane Doumbia (3) – Beginnt das Spiel mit gutem direktem Spielaufbau, fängt dann aber im Verlauf der 1. Halbzeit parallel mit Nebenmann Dzemaili an, stark abzubauen – und auch im zweiten Durchgang wurde es nicht mehr besser. Hilft in eigener Strafraumnähe zu wenig den Kollegen auf der Seite gegen eine St. Galler Überzahl aus. Nach drei guten Spielen in Folge wieder mal ein ungenügender Auftritt. Macht das Zentrum somit noch etwas vulnerabler.

Blerim Dzemaili (1) – Profitiert zu Beginn davon, dass St. Gallen deutlich vorsichtiger als normal auftritt. So fällt seine Langsamkeit weniger schwer ins Gewicht. Spätestens nach 30 Minuten fällt sein Spiel aber wieder komplett auseinander: Ballverluste am Laufmeter, selten auf seiner Position, überfordert selbst mit dem in dieser Partie eher tiefen Super League-Tempo, läuft immer wieder „wie ein Schuljunge“ ins Leere und bleibt viel stehen, statt umzuschalten. Gleichzeitig beginnt sein kontinuierliches Lamento bei Schiedsrichter und Mitspieler. Nach der Einwechslung von Seiler wechselt Dzemaili auf Schönbächlers 10er-Position, holt dabei gleich die Gelb-Rote Karte gegen Jordi Quintilla heraus, vergibt aber gleichzeitig zwei, drei ausgezeichnete Situationen zum Ausbau der Führung durch ungenügende Handlungsschnelligkeit. Schlägt seinen ersten Corner seit der Rückkehr nach Zürich (bisher nur Freistösse) – es ist auch gleich der Einzige für den FCZ in dieser Partie. Fidan Aliti mutet er mit seinem halbhohen Ball an den nahen Pfosten dabei etwas gar viel Akrobatik zu.

„Tosin sollte man in die Tiefe schicken“ – FCSG-FCZ Kommentare

Aiyegun Tosin (1) – Erstaunlich spritzig bei seinem ersten Einsatz nach der Verletzungspause. In einer Szene in der 15. Minute dribbelt er sich im Stile eines Weltklasse Alpin-Slalomfahrers der Mittellinie entlang quer durchs Mittelfeld – spielt dann aber einen viel zu gefährlichen Querpass, der von Ruiz abgefangen und zum schnellen Gegenstoss wird. Tosins beste Aktion ist die gute Flanke aus dem Halbfeld auf Ceesay, die kurz vor der Pause zum Penalty führt. Der Nigerianer präsentiert sich grundsätzlich durchaus bemüht, auch defensiv, verursacht aber über die ganze Partie hinweg viel zu viele Ballverluste und unnötige Foulspiele. Im Gegensatz zu Dzemaili und Kololli ist die Note „1“ von Tosin eine „knappe 1“, beziehungsweise „beinahe 2“.

Marco Schönbächler (9) – Schönbächler hat schon weit in der Vergangenheit auf der Zehnerposition oder als hängende Spitze gut gespielt, beispielsweise bei einem 4:0-Heimsieg gegen YB im Jahr 2013 oder einem 1:1 gegen Villarreal drei Jahre später. Nach dem Auswärtssieg in Lugano spielt Schönbi erneut als Ersatz für Antonio Marchesano auf dieser Position und ist auch diesmal der beste Zürcher. Bei seinen Einsätzen auf dem Flügel Schnitt er hingegen seit der Winterpause jeweils mit einer Züri Live-Note zwischen 1 und 5 ab. Vor allem defensiv verrichtete Schönbi in St. Gallen enorm viel Arbeit und stopfte die vor allem durch Blerim Dzemaili verursachten Lücken bis zurück an den eigenen Strafraum. Schönbächler hat dadurch wenig Szenen nach vorne, aber wenn, haben sie Hand und Fuss. Von Tosin und Rohner wurde er mehrmals zu steil angespielt. In der 62. Minute macht Schönbächler vor einer St. Galler Eckballvariante Fabian Rohner darauf aufmerksam, den zusätzlich sich in den Strafraum schleichenden Jordi Quintilla am nahen Pfosten in Manndeckung zu nehmen, was ein entscheidender Hinweis ist – Quintilla wird tatsächlich angespielt und hätte mit weniger Bedrängnis das Tor erzielen können. Mit 1:0 in Führung liegend wurde Schönbächler ausgewechselt.

Benjamin Kololli (1) – Vom Anpfiff weg erneut ein viel zu passiver Auftritt. Einer seiner zahlreichen Fehlzuspiele und Unaufmerksamkeiten führt zur ersten guten St. Galler Chance durch Jérémy Guillemenot. Ein Grund für seine vielen Ballverluste: beschäftigt sich in den Zweikämpfen viel zu sehr mit dem Gegenspieler und viel zu wenig mit dem Ball – eine schlechte Angewohnheit, die Kololli schon seine ganze Karriere mit sich herumschleppt – und einer der Gründe, warum der Waadtländer trotz seinen Anlagen nie den Sprung in eine Top-Liga geschafft hat. Zum dritten Mal in Folge eine deutliche Note „1“ – trotz des verwandelten Penaltys.

Nicht bei der Sache: 73. Minute – Offsideposition des FCZ in der gegnerischen Hälfte. Anstatt wie Profis mental sofort auf Defensive umzuschalten, lupft Benjamin Kololli den Ball dem seit kurzem ebenfalls zur Kosovarischen Nationalmannschaft gehörenden Betim Fazliji wie einem Kollegen am Strand gedankenverloren in die Hände. Dieser bedankt sich, führt sofort den Freistoss aus und fünf Zürcher sind ohne Gegenwehr überspielt. St. Gallen fährt einen potentiell gefährlichen Konter. Erst als der Ball schon in der Zürcher Hälfte ist, klinkt sich Kololli mental wieder ins Spiel ein und fängt an, zurückzulaufen. Auch Dzemaili, Tosin, Kramer und Seiler stehen passiv in der gegnerischen Hälfte und orientieren sich nicht auf ihre Defensivposition.

Assan Ceesay (4) – Ist auf der Mittelstürmerposition nicht so extrem auf verlorenem Posten wie zuletzt in Genf, weil er von St. Gallen mehr Freiheiten erhält. Zu Beginn nach seinem Erfolgserlebnis in der Nationalmannschaft etwas übermotiviert in seinen Aktionen. Wieder holt der Gambier in St. Gallen einen Penalty heraus, bleibt aber nach drei Saisonvierteln bei ganzen zwei selbst erzielten Treffern.

Blaz Kramer (1) – Wie bei Tosin eine „knappe 1“. War mit Slowenien in der Startaufstellung bei der 0:1-Niederlage auf Zypern und wurde beim 1:0-Sieg gegen Vizeweltmeister Kroatien eingewechselt. Verliert weiter fast alle Bälle, wenn Brecher diese hoch spielt. Mit einer starken Aktion (allerdings begünstigt durch ein Stürmerfoul) bereitet Kramer die Top-Chance des FCZ durch Benjamin Kololli (freie Schussbahn aus 15m) in der 75. Minute vor.

Stephan Seiler (4) – Zwei Balleroberungen gleich zu Beginn und ein wichtiger Block im Strafraum gegen Stillhart – hat aber insgesamt mehr schlechte als gute Phasen in seinem Teileinsatz. Mit Elan auf den Platz gekommen, lässt er sich schon nach 10 Minuten von der Passivität Dzemailis und Kolollis zu stark anstecken.

Wilfried Gnonto (8) – Einer der wenigen im Team mit klar aufsteigender Tendenz. Scheint seine Schwächephase überwunden zu haben – seit dem Luzern-Heimspiel vor einem Monat immer zufriedenstellende bis gute Leistungen. In der 87. Minute legt er den Ball an Stillhart vorbei in den gegnerischen Strafraum. Der St. Galler geht nur auf den Mann – der fällige Foulpfiff (Penalty oder Freistoss) bleibt aber unverständlicherweise aus.

Telegramm

St. Gallen – FC Zürich 1:1 (0:1)
Tore: 45.+3 Kololli (Foulpenalty, Ceesay) 0:1; 76. Duah (Ruiz) 1:1.
St. Gallen – Zigi; Lüchinger (46. Youan), Stergiou, Fazliji, Muheim; Quintilla; Görtler, Ruiz (81. Cabral); Stillhart; Adamu, Guillemenot (46 Duah).
FCZ – Brecher; Rohner, H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Doumbia, Dzemaili; Tosin, Schönbächler (65. Seiler), Kololli (81. Gnonto); Ceesay (65. Kramer).

(Standbilder: Blue)

Kolollis Passivität bringt FCZ auf Verliererstrasse / YB – FCZ 4:0 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Eine gewisse Müdigkeit nach dem Ausscheiden aus der Europa League gegen Ajax drei Tage davor merkte man bei YB in der 2. Halbzeit durchaus. Der Berner Druck liess nach dem Pausentee stark nach. Der FCZ kam dadurch aus dem „Überlebensmodus“ raus und konnte das Spiel offensiv wie defensiv selbst gestalten. Speziell in der Phase zwischen der 75. und 85. Minute hätte der Stadtclub mit guten Torchancen im Zweiminuten-Takt den 1:2-Anschlusstreffer erzielen müssen. Dies hätte ins Bild eines FCZ gepasst, der in der Schlussviertelstunde ligaweit in dieser Saison bisher am meisten Tore erzielt hat. Trotz einem höheren Wert an „erwarteten Toren“ als noch in den Partien gegen Lausanne-Sport, Lugano und Servette musste der FC Zürich dann aber schlussendlich erstmals seit zehn Partien ohne Torerfolg ein Spiel beenden.

In der 87. Minute schalten dann aber die zwei eingewechselten Ceesay und Schönbächler nacheinander zu wenig schnell auf Gegenpressing (Ceesay) beziehungsweise Pressing (Schönbächler) um, was YB den Konter zum entscheidenden 3:0 ermöglicht. Der FCZ konnte im Wankdorf weder die Europacup-Müdigkeit des Gegners nutzen, noch deren relative Unerfahrenheit mit zwei jungen Eigengewächsen (19 und 20 Jahre) in der Startformation, noch deren Serie von sechs Spielen hintereinander ohne Sieg, noch die für YB-Verhältnisse klar unterdurchschnittlich getretenen Standards eines Michel Aebischer oder Vincent Sierros. Die Berner warteten gegen den FCZ allerdings auch mit dem einen oder anderen Trumpf auf: der zuletzt schwächelnde Nicolas Moumi und Felix Mambimbi (beide gegen Ajax zwei Mal auf der Bank) wirkten bis in die Haarspitzen motiviert und zeigten ihre wohl beste Saisonleistung. Und Fabian Lustenberger war hinten in der gefährlichsten FCZ-Spielphase ein „Fels in der Brandung“.

Der FCZ wollte verständlicherweise jeweils so schnell wie möglich in die Tiefe spielen. Dies wurde durch YB’s für den Spielausgang entscheidendes hervorragendes Gegenpressing unterbunden, welches in erster Priorität immer sofort die Passwege in die Tiefe zustellte. Dies zeigt sich auch statistisch unter anderem an der nur halb so grossen Zahl an FCZ-Steilpässen (6) im Vergleich zu den letzten Partien. Der FCZ war dabei im Vergleich zu beispielsweise St. Gallen bei deren 2:2 zuletzt gegen YB im Kybunpark zu wenig flexibel, um bei Bedarf immer wieder mal schnell quer zu laufen oder quer zu spielen, um die Lücke in die Tiefe zu finden – Anspielstationen dafür wären häufig vorhanden gewesen.

Ein weiterer Grund für die fehlende Tiefe im Zürcher Spiel und die zu geringe Entlastung der Hintermannschaft in der 1. Halbzeit war in den Defiziten der Stürmer zu suchen: Kololli zu langsam, verspielt und unprofessionell – Kramer in manchen Situationen zu wenig gedankenschnell. Sie machten es der Berner Hintermannschaft viel zu einfach, ermöglichten ihnen, gefahrlos aufrücken zu können und den FCZ einzuschnüren. Die St. Galler Stürmer verstehen es im Vergleich zu den Zürchern besser, im richtigen Moment entgegenzukommen, nach aussen auszuweichen oder in die Tiefe zu gehen. Zu Spielbeginn trat der FCZ im „St. Galler-System“ mit Mittelfeldraute in Bern an, was von der Raumaufteilung her zumindest im Ansatz gut funktionierte. Trotzdem erzielte YB aufgrund von Kolollis Passivität und Seilers Naivität das 1:0 durch die Mitte, was bei einem System mit so vielen zentralen Spielern eigentlich nicht passieren sollte. Die Umstellung auf ein „Tannenbaumsystem“ (4-3-2-1) im Verlauf der 1. Halbzeit stürzte den FCZ in eine passive Haltung, er verlor den Zugriff aufs Spiel – allerdings kam YB auch nicht mehr zu vielen Torchancen.

YB erzielte alle vier Tore im schnellen Umschaltspiel aus unterschiedlichen Positionen und profitierte dabei vom deutlich schlechteren und phasenweise inexistenten Zürcher Gegenpressing. Der in der Zürcher Hierarchie hoch angesiedelte Benjamin Kololli entpuppte sich in seinem ersten Startelfeinsatz seit drei Monaten einmal mehr als schlechtes Vorbild und ungeeigneter Leader. Er wurde von den Mitspielern viel gesucht und selten gefunden. Wie Tag und Nacht wirkt der Unterschied zwischen einem FC Vaduz, der beim 1:1 in Bern zwei Wochen zuvor gegen den Tabellenleader sowohl defensiv wie auch offensiv mit letzter Konsequenz spielte, und aus jeder Situation das Maximum herausholte, zur von Kololli angeführten eher lockeren Zürcher Truppe. Kolollis Physis und Torgefährlichkeit könnte der FCZ im Sturm grundsätzlich zwar gut gebrauchen, aber mit Auftritten wie im Wankdorf schadet er seinem Team deutlich mehr, als dass er nützt. Der in den letzen Wochen so konstant stark spielende Antonio Marchesano war lange Zeit kaum zu sehen, und blühte erst auf, als Kololli nicht mehr auf dem Platz stand. Auch die Standards von Marchesano und Schönbächler in der Schlussphase der Partie waren deutlich besser, als diejenigen von Kololli davor. In einer Phase der Meisterschaft, wo man selbst von einem FC Sion nach des Präsidenten Weckruf („wir sind Abstiegskandidat Nummer Eins„) keine Nonchalance mehr erwarten kann, sind dies gefährliche Entwicklungen.

Personalien

Yanick Brecher (6) – Eine Reihe guter Spieleröffnungen, verhindert vor allem beim Beinahe-Eigentor von Hekuran Kryeziu eine frühere Berner Führung. Gleichzeitig haben sich in letzter Zeit (in den Trainings?) wieder schlechte Angewohnheiten beim Zürcher Keeper eingeschlichen. So dreht er sich in Bern zum wiederholten Mal bei einem (aus Brecher-Sicht glücklicherweise von einem Vordermann geblockten) Abschluss Moumi Ngamaleus unnötigerweise um die eigene Achse, dreht dabei dem Ball den Rücken zu und verliert unnötig Zeit. Auch beim 4:0 durch den unplatzierten Schuss Elias, macht Brecher eine sinnlose und aktivistische Armbewegung mit rechts, die ihm die ansonsten durchaus mögliche Abwehr von Elias Schuss wesentlich erschwert.

Becir Omeragic (1) – Das vierte Spiel in Folge mit einer klar ungenügenden Züri Live-Note. Steht auf seiner rechten Seite neben den Schuhen, bis er angeschlagen ausgewechselt werden muss. Alles andere, als ein ungewohntes Bild. In 22% der Super League-Partien, in denen Omeragic in der Startformation stand, musste er vorzeitig verletzungsbedingt raus. Und 20/21 hat er die vier (!) Verletzungspausen der Saison 19/20 bereits Mitte März erreicht.

Hekuran Kryeziu (1) – Spielt zwei Mal einen guten langen Ball hinter die gegnerische Abwehr auf Blaz Kramer, wirkt aber ansonsten eher wie ein Fremdkörper im Team, oder besser gesagt: ein König ohne Königreich. Wie so häufig vor Länderspieleinsätzen mit dem Kosovo. Versucht viel zu dirigieren, reagiert emotional, aber keiner hört auf ihn. Auch wenn Wallner von „Heki“ einen lautstarken Rüffel bekommt, weil er nicht zusammen mit ihm aufgerückt ist, orientiert sich der 19-jährige weiterhin an Nathan und Aliti. Kryeziu schwankt konstant zwischen Lethargie und Übermotivation hin und her. Ein Beispiel für Übermotivation ist die Szene, wo ihm bereits in der 5. Minute um ein Haar ein Eigentor unterläuft. Ein Beispiel für Lethargie die Situation sechs Minuten später, als Kryeziu sich an der Strafraumgrenze vom Spielgeschehen abdreht, anstatt zu verteidigen, und YB’s Maceiras so die frühe „hundertprozentige“ Torchance offeriert.

Nathan (7) – Es ist bezeichnend für den Auftritt des FCZ in Bern, dass mit Nathan ein Spieler, der vor allem defensiv zur Zeit eher eine Abwärtstendenz aufweist, (knapp vor Doumbia) bester Mann der Weissen ist. Offensiv macht der Brasilianer laufend Fortschritte und nimmt Woche für Woche mehr Einfluss.

Fidan Aliti (6) – Wenn er mal mit nach vorne und der Ball verloren geht, geht der Linksverteidiger ohne zu zögern sofort ins Gegenpressing gegen den ballführenden Spieler über – etwas, was den meisten Teamkollegen abgeht. Mit mehr Mühe als normal, seine Seite dicht zu halten, und einmal bei einem YB-Eckball nicht nahe genug an Gegenspieler Camara dran. Hat aber wieder einige starke Offensivaktionen und steigert sich im Verlauf der Zweiten Halbzeit. Das verlorene Laufduell vor dem 4:0 gegen den an diesem Nachmittag wie aufgedrehten Moumi Ngamaleu war dann auch dem eingegangenen Risiko geschuldet.

Ousmane Doumbia (7) – Wäre nach dem Lausanne-Heimspiel zum zweiten Mal in Folge Züri Live-MVP geworden, wenn er nicht zum Ende der Partie noch etwas abgebaut hätte. Bügelt Mankos der Vorderleute aus und schaltet in der Regel gut in die Offensive um. Sein Defensivverhalten im eigenen Strafraum ist aber aus dem Spiel heraus weiterhin verbesserungswürdig. Dem Ivorer fehlt in diesen Situationen häufig etwas die Orientierung.

Stephan Seiler (3) – Kommt schlecht ins Spiel gegen von Beginn weg hellwache Berner. Im dritten Viertel des Matches trägt Seiler seinen Teil dazu bei, dass der FC Zürich in dieser Phase mehr vom Spiel und die besseren Torchancen hat. Im letzten Viertel baut er dann aber mit Stock- und Stellungsfehlern sowie falschen Entscheidungen wieder ab.

Toni Domgjoni (4) – Ist ganz generell eher der Typ „Stiller Schaffer“, aber gegen YB taucht er über längere Spielphasen regelrecht ab. Nicht nur aufgrund des Gegners, aber auch wegen der Konstellation in der eigenen Equipe und vielleicht auch der anstehenden U21-EM läuft das Spiel weitgehend an Domgjoni vorbei.

Antonio Marchesano (5) – Lange Zeit gelingt dem ansonsten so konstanten Tessiner erschreckend wenig, bis er im Verlauf der Zweiten Halbzeit vor allem nach den Auswechslungen von Kololli und Kramer regelrecht aufdreht und mehrmals nahe dran ist, ein Tor oder ein Assist zum 1:2-Anschlusstreffer zu realisieren. Seit der Winterpause hat „Tonino“ in fast jeder Partie mindestens einen Skorerpunkt beigesteuert.

10. Minute: Beim Umschalten in die Offensive schleppt sich Benjamin Kololli so langsam nach vorne, dass er (1,84m, ohne Ball) auf Teamkollege Marchesano (1,68m, mit Ball) auf eine Distanz von etwa 25 Metern bis zur Mittellinie volle 8 Meter einbüsst. Marchesano hat so mit Kramer nur eine Anspielstation in die Tiefe. Dieser ist gegen eine Berner Überzahl in guten Händen. Marchesanos diagonaler Rückpass auf Kololli wird durch den mit grossem Rückstand gestarteten Aebischer abgefangen.

Benjamin Kololli (1) – Von den 32 Monaten beim FCZ konnte der Waadtländer bisher gerade mal während einem Monat überzeugen: von Mitte Juni bis Mitte Juli 2020. In Bern kam Kololli nach seinem Teileinsatz vor Wochenfrist im Spiel mit Lausanne-Sport gegen einen weiteren Ex-Klub zu seinem ersten Startelfeinsatz nach dreimonatiger Verletzungspause und deutete in einzelnen Situationen seine durchaus vorhandenen Qualitäten an. Der grösste Teil seines Auftrittes grenzte aber an Arbeitsverweigerung – wie dies speziell vor einer Länderspielwoche leider regelmässig bei ihm vorkommt. Beim Betrachten seines Spiels fühlt man sich an Bilder einer Gruppe gut gebauter modisch gekleideter Jungs am Strand erinnert, die sich mit minimalem Aufwand und maximaler Lässigkeit den Ball jonglierend gegenseitig zuspielen. Fällt der Ball runter oder spickt weg, wird mit einer grossen Portion Dramatik über Körperhaltung, Ausrufe, Gestik und Mimik zu suggerieren versucht, dem verkappten Weltstar sei so etwas zum allerersten Mal im Leben passiert – und dem Ball hinterherzulaufen und wieder aufzulesen sei eigentlich unter seiner Würde. Kololli macht gegen YB seinen Gegenspielern regelmässig wie einer noblen Dame den Weg frei und hält dabei auch noch die Tür auf: seine Mitspieler pressen dann jeweils vergebens.  In der 33. Minute schaut der Waadtländer interessiert zu, wie ein für ihn bestimmter Ball von Seiler über seinen Kopf hinwegfliegt und lässt Fabian Lustenberger völlig unbedrängt direkt zurück Richtung Zürcher Tor auf Quentin Maceiras passen, der logischerweise vor dem eilig nachrückenden Seiler an den Ball kommt und freie Bahn zum Strafraum, zum Doppelpass und dem wegweisenden 1:0 hat. Die Standards Kolollis sind in Bern alle schlecht getreten. Der Offensivspieler fällt mehrmals bei kleinster Berührung theatralisch hin und kann gleichzeitig froh sein, dass er nach einem Schlag mit der Handfläche ins Gesicht von Lustenberger und später identisch gleich noch ein zweites Mal gegen Maceiras noch ausgewechselt werden kann, bevor er anderweitig vom Platz muss. Resultat: Note 1 mit einer rekordhohen Minuspunktzahl.

34. Minute: Schein und Sein. Wiederanstoss nach dem 1:0 YB’s, an dessen Ursprung Benjamin Kolollis lähmende Passivität im Duell mit Lustenberger stand. Der Waadtländer richtet sich gestenreich an seine Mitspieler: „Aufwachen!“. Er selbst ist aber erneut nicht bereit auf einen langen Ball Yanick Brechers – Maceiras kommt vor ihm an den Ball und klärt. Kololli schaut dem „Leder“ resignativ hinterher. Von Doumbia kommt der Ball wieder in die Nähe der beiden. Maceiras ist erneut parat und geht entgegen, Kololli reagiert erneut erst mit viel Verspätung, will dann aber nach aussen sein Engagement zeigen, hetzt Maceiras in einer demonstrativen Weise hinterher und versucht diesen zu bedrängen – kommt aber natürlich wieder zu spät, Maceiras spielt den halbhohen Ball nach vorne in die Tiefe für Moumi, Silvan Wallner, der sich auf ein Laufduell mit Moumi einstellend bereits Richtung eigenes Tor gedreht und den Sprint angezogen hat, kann den von Maceiras nicht ganz präzis gespielten Aussenristpass mit einer artistischen 180 Grad-Drehung in der Luft entschärfen und nach vorne abwehren. Kololli steht näher zum Ball als Maceiras, bleibt aber zum dritten Mal hintereinander passiv stehen, und regt sich stattdessen in einer missmutigen Körperhaltung darüber auf, dass Wallners auf höchst anspruchsvolle Weise abgewehrter Ball ihm nicht direkt auf dem Fuss gelandet ist. Ganz anders Maceiras, der in voller Bereitschaft sofort Richtung Ball sprintet und sich in der Folge mit Moumi über links nach vorne spielt. Schlussendlich können Seiler, Wallner und Marchesano gemeinsam Kolollis mehrfache Aussetzer mit der Ballrückeroberung ausbügeln.

Blaz Kramer (1) – Das noch grössere Problem als seine für Super League-Verhältnisse beschränkte Technik ist die fehlende Gedankenschnelligkeit. Bis Kramer eine Situation erfasst und einen Entschluss gefasst hat, ist das Zeitfenster meist auch schon wieder geschlossen. Der Slowene steht selbst bei Freistössen und Abstössen von Yanick Brecher vom eigenen Strafraum aus regelmässig im Offside. Vor diesem Hintergrund kann man ihm nur gratulieren, dass er mit einem Ilicic, Matavz und Sporar zusammen weiter ins Slowenische Nationalteam einrücken darf.

Silvan Wallner (3) – In dieser Partie ein klares „Upgrade“ für den FCZ im Vergleich zum gleichaltrigen Omeragic. Scheint sich grundsätzlich auf dem Kunstrasen im Wankdorf wohl zu fühlen, denn hier hat er zum Saisonstart sein bisher bestes Spiel in der 1. Mannschaft gemacht. Es ist im Vergleich zu seinen Startelfeinsätzen in Genf und gegen Luzern eine Steigerung, allerdings von sehr tiefem Niveau aus – die prägnante Formbaisse kann der Uitiker nicht verbergen.

„YB geht sehr gut ins Gegenpressing“ – YB-FCZ Kommentare

Telegramm

BSC Young Boys – FC Zürich 4:0 (1:0)
Tore: 33. Maceiras (Siebatcheu) 1:0; 62. Mambimbi (Moumi) 2:0, 87. Siebatcheu (Garcia) 3:0, 90.+1 Elia (Moumi) 4:0.
Young Boys – Von Ballmoos; Hefti (76. Garcia), Camara (76. Lauper), Lustenberger, Maceiras; Spielmann (67. Fassnacht), Aebischer, Rieder (67. Sierro), Moumi; Siebatcheu, Mambimbi (67. Elia).
FCZ – Brecher; Omeragic (29. Wallner), H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Doumbia; Seiler, Domgjoni; Marchesano (85. Gnonto); Kololli (70. Schönbächler), Kramer (70. Ceesay).

(Standbilder: Blue)

FCZ unter der Lupe: Vorsprung auf Barrage-Platz so klein wie seit fünf Jahren nicht mehr

Vor der Nationalmannschaftspause tritt der FCZ zu seinem zweiten Saison-Auswärtsspiel gegen den klaren Tabellenführer YB an, der seit dem 2:0-Auswärtssieg in Leverkusen in der Meisterschaft vier Mal Unentschieden gespielt und im Europacup zwei Mal verloren hat. Auf tieferem Niveau ganz ähnlich zuletzt der Verlauf beim FC Zürich. Nach dem 2:0-Heimsieg gegen den FC Basel scheint der Hunger auf Siege wieder etwas nachgelassen zu haben – mit fünf Punkten in ebenso vielen Partien hatten die Zürcher zuletzt einen unterdurchschnittlichen Punkteschnitt und waren damit sogar noch gut bedient, wenn man bedenkt, dass der jeweilige Gegner in jeder dieser Partien ein (teilweise klares, teilweise knappes) Chancenplus aufzuweisen hatte.

Beide Teams treten im Wankdorf also nicht gerade in der Blüte ihres diesjährigen Schaffens an. Die Frage ist: wer schafft es, sich aus dem Sumpf zu ziehen? Nach der eher unverdienten 1:2-Niederlage zum Saisonauftakt in Bern war man im Heimspiel Anfang Februar (1:4) gegen ein YB in Topform praktisch chancenlos gewesen – auch wegen eines völlig missratenen Auftrittes von Blerim Dzemaili. Der Zürcher Torschütze aus dem Auftaktspiel, Benjamin Kololli, ist nach genau dreimonatiger Absenz mittlerweile gegen Lausanne zu seinem ersten Teileinsatz gekommen.

Wegen Personalmangels auf der Innenverteidigerposition hat man Lindrit Kamberi vom FC Winterthur zurückgeholt. Den Eulachstädtern haben Kamberis regelmässige spielentscheidende Konzentrationsmängel in der Meisterschaft viele Punkte gekostet. Nur schon ohne die Hälfte von diesen Schnitzern wäre Winterthur im Aufstiegsrennen noch voll mit dabei. Neu ist dieses Phänomen beim Volketswiler nicht – es hat ihn auch schon durch seine Juniorenkarriere begleitet. Dazu kommt seine für einen Innenverteidiger eher geringe Grösse und Antrittsschnelligkeit. Die gute Ausbildung, die Sprungkraft und die von allen Seiten gelobte sympathische Ausstrahlung alleine reichen langfristig betrachtet wahrscheinlich nicht für eine Super League-Karriere. Auch für eine langfristige Etablierung in der Challenge League muss er noch konstanter werden.

In der Innenverteidigung ist Nathan der verbliebene sichere Wert. Becir Omeragic, auch wenn er mit zunehmendem Saisonverlauf immer aktiver im Spiel nach vorne wird, war in den letzten drei Partien gegen die drei „L“ (Luzern, Lugano, Lausanne) insgesamt ungenügend. Wallner ist komplett in ein Loch gefallen. Aliti verkörpert den so lange gesuchten sicheren Wert als Linksverteidiger – der beste beim FCZ seit Loris Benito. Symbolhaft für seine Qualitäten die Art und Weise wie er und Nathan sich beim enorm wichtigen „Dreier“ in Lugano bei einer „hundertprozentigen“ Lugano-Doppelchance in die Abschlüsse aus kurzer Distanz warfen. Mit Ceesay versteht sich Aliti auf der linken Seite offensiv sehr gut und der Gambier hat defensiv grosse Fortschritte gemacht – allerdings mangelte es ihm zuletzt an Konstanz.

Die rechte Seite war beim FCZ zuletzt eindeutig schwächer als die linke und wurde von Gegnern wie Luzern oder Lugano dementsprechend auch deutlich mehr bespielt – nicht von Servette allerdings, denn die Genfer spielen so oder so immer über rechts, egal wie der Gegner aufgestellt ist. Ein möglicherweise sehr gut harmonierendes Duo für die rechte Seite wären Rohner und Winter. Beide haben sich nach der Winterpause stark verbessert gezeigt, und würden sich als Spielertypen gut ergänzen, da Winter mittlerweile nicht mehr der schnelle Flügelflitzer ist, sondern eher durch Umsichtigkeit positiv auffällt. Vor allem könnten sich die beiden in Bezug auf das Positionsspiel sehr gut komplementieren und je nach Spielsituation flexibel die Rollen tauschen.

Am wenigsten Fragezeichen ergeben sich im Zentrum. Ousmane Doumbia hatte zwar zwischenzeitlich Leistungsschwankungen, ist mittlerweile aber wieder auf dem aufsteigenden Ast. Antonio Marchesano ist mit seiner Laufbereitschaft ein Vorbild, organisiert die Mannschaft und macht mit seinen Direktpässen das Spiel schnell. Toni Domgjoni ist zusammen mit Marchesano der konstanteste Spieler auf gutem Niveau. Und Stephan Seiler hat seine Chancen gegen Servette, Luzern und Lugano alle genutzt. Domgjoni, Stammspieler im Zentralen Mittelfeld der U21-Nati, wird den FCZ mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Sommer genauso verlassen wie Hekuran Kryeziu, welcher zuletzt zwar den ein oder anderen Schnitzer in seinem Spiel hatte, dem man aber sein Bemühen, sich für Interessenten in einem möglichst guten Licht zu zeigen, nicht absprechen kann.

Ganz anders sieht es mit der Position der Sturmspitze aus, wo Blaz Kramer technisch und von der Spielintelligenz her die Mindestanforderungen für ordentliches Super League-Niveau weiterhin nicht erfüllt. In der Challenge League hingegen würde Kramer mit seinen physischen und Speed-Vorteilen, und dem was er in den letzten anderthalb Jahren beim FCZ gelernt hat, wohl einer der Topstürmer sein. Sollte Benjamin Kololli es nochmal schaffen, seine Form, die er unmittelbar nach dem Lockdown von MItte Juni bis Mittel Juli 2020 einen Monat lang gezeigt hatte, wieder abzurufen, wäre er auf dieser Position eine Lösung.

Nach 25 Runden hat der FCZ gleich viele Punkte wie vor zwei Jahren auf seinem Konto und zwei Punkte weniger als vor Jahresfrist – trotz bester Tordifferenz in der Super League zu diesem Zeitpunkt der Saison seit 14/15. Der Vorsprung auf den zweitletzten Platz ist vor der 26. Runde in Bern bei acht Punkten – dem geringsten Abstand seit der Abstiegssaison 15/16. Von 19 Punkten Reserve auf den Zweitletzten und 22 Punkte auf den (direkten) Abstiegsplatz wie letztmals in der Saison 14/15 konnte man in den letzten Jahren nur träumen. Auffällig ist, dass in sieben der aufgelisteten zehn Saisons der FCZ zu diesem Zeitpunkt zwischen 32 und 36 Toren erzielt hat. Dank der zu Beginn von Massimo Rizzos Amtszeit und dann wieder zum Restart nach der Winterpause ziemlich zahlreich erzielten Tore liegt man trotz aktuell unterdurchschnittlicher Performance mit Ball Richtung gegnerisches Tor im Saisonschnitt hier etwas über dem Schnitt der letzten Jahre. Dies bei gleichzeitig starker Verbesserung der Defensive im Vergleich zu letzter Saison.

Der Kurzauftritt von Benjamin Kololli gegen Lausanne bietet trotz vieler Fehler und Unzulänglichkeiten auch dank dessen Top-Offensivaktionen beinahe alle drei Minuten Hoffnung. Auch weil beim 28-jährigen nach seinem dreimonatigen verletzungsbedingten Ausfall eine rasche Steigerung der Gesamtleistung realistischer ist, als beim 34-jährigen Blerim Dzemaili nach einem Jahr ohne Spiel. Antonio Marchesano ist nicht nur in der Offensive der Leistungsträger schlechthin beim FCZ. Wilfried Gnonto scheint langsam, aber sicher erlickt zu haben, dass man in der Super League beim Dribbeln den Ball immer abgeschirmt in einer gewissen Distanz zum Gegenspieler halten muss – sonst ist das „Leder“ sofort weg. Auch defensiv macht der junge Italiener Fortschritte, was man von Marco Schönbächler eher weniger behaupten kann. Der Ur-FCZ-ler ist der Mann für einzelne Spiele und Aktionen. Wann diese Spiele aber dann mal stattfinden, ist schwierig vorauszusagen. Mit Schönbi holte der FCZ diese Saison nur 1,11 Punkte im Schnitt – mit Gnonto hingegen 1,42. Für einen Mittelstürmer natürlich viel zu wenig ist die eine Top-Aktion nur alle rund 19 Minuten wie bei Blaz Kramer.

Bei den Top-Defensivaktionen pro 90 Minuten steht Schönbächler sogar an der Spitze der mehrheitlich auf dem Flügel eingesetzten Spieler. Dem gegenüber stehen dann aber eben auch viele Aktionen, wo er nicht auf seiner Position ist, oder die Zweikämpfe verliert. Das Bemühen ist wie bei allen im Sommer noch ohne Vertrag dastehenden Zürcher Akteuren vorhanden. Der von vielen hoch eingeschätzte Lasse Sobiech hat hingegen einen eher tiefen Wert von einer Top-Defensivaktion nur alle 15 Minuten. Fabian Rohner kommt dank seiner Schnelligkeit und seinem Einsatz auf fast doppelt so viele Top-Defensivaktionen, verteidigt aber rechts hinten trotzdem nicht in jedem Spiel souverän – auch etwas in Abhängigkeit seines Neben- und Vordermannes.

Kololli-Comeback bei unverdientem Punkt für beide Teams / FCZ – Lausanne-Sport 1:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Als Yannick Brecher nach dem Lugano-Spiel in einem Interview davon sprach, nun „eine Serie starten zu wollen“, überkam uns bei Züri Live bereits ein mulmiges Gefühl. Solche Sprüche lassen bei ihm und seinem Team nie etwas Gutes erahnen. Es fehlt dann jeweils der hundertprozentige Fokus und Hunger einzig und alleine aufs nächste Spiel, ohne den man in dieser ausgeglichenen Liga keine Partie gewinnen kann – und so wirkte insgesamt der Auftritt gegen Lausanne-Sport dann auch. Vor allem gibt es nun wirklich überhaupt keinen Grund für übertriebenen Optimismus: gegen die Waadtländer hat der FCZ im fünften Spiel in Folge die schlechteren Torchancen als der Gegner gehabt – vor diesem Hintergrund sind die in dieser Zeitperiode errungenen fünf Punkte durchaus noch positiv zu werten.

„Das Umsverreckä hätt hütt gfählt“ – FCZ-LS 1:1 Kommentare

Der FCZ beginnt die Partie matt. Lausanne-Sport zieht aber seinerseits ebenfalls keinen guten Tag ein. Und so endet eine Partie, die keinen Sieger verdient hatte, am Ende mit einem unverdienten Punkt für beide Teams. Zu Beginn hatte der FCZ speziell in der Person von Marco Schönbächler enorme Probleme mit dem Lausanner Aufbauspiel über die linke Waadtländer Seite. Da liess sich Aussenläufer Toichi Suzuki jeweils zurück fallen und vermochte in Verbindung mit Flo die rechte Zürcher Seite immer wieder einfach zu überspielen. Auf Lausanner Seite war lange Zeit Gabriel Barès ein grosser Schwachpunkt und auch Cameron Puertas zeigte sich im Letzigrund weit von seiner Bestform von vor ein paar Wochen entfernt. Barès war es denn auch, der bei einer weiteren klasse Vorarbeit von FCZ-Leistungsträger Antonio Marchesano zum 1:0 in der 12. Minute durch Blaz Kramer wenig mehr als staunender Zuschauer gewesen war.

Personalien

Toni Domgjoni (7) – Ist erneut der Spieler, welcher nach einem Erfolgserlebnis (diesmal das Führungstor) sofort aufdreht und versucht, nachzusetzen. Hält das Zentrum zusammen mit Doumbia gut zusammen.

Ousmane Doumbia (10) – Ist während 90 Minuten defensiv und offensiv omnipräsent, hat sich in den letzten Spielen wieder gesteigert und bringt erstmals in diesem Kalenderjahr eine Top-Leistung wenn der Gegner nicht FCB heisst.

Marco Schönbächler (3) – Schönbi im Hoch nach dem Highlight in Lugano? Davon ist speziell in der 1. Halbzeit nichts zu sehen, die auf seiner Seite geprägt ist von falschem Timing, schlechtem taktischen Verhalten und einem viel zu zögerlichen Herangehen gegen den Ball. Nach der Pause gibt er sich defensiv mehr Mühe, möglicherweise auch im Hinblick auf seine wohl zum Voraus schon festgelegten Auswechslung nach einer Viertelstunde.

„Kramer für än Momänt wie in Trance“ – FCZ-LS 1:1 Highlights

Blaz Kramer (3) – Auch wenn er auf Vorarbeit von Antonio Marchesano sein fünftes Ligator erzielt: vom Slowenen kommt viel zu wenig, um selbst ein an diesem Tag nicht allzu sattelfestes Lausanne an den Rand einer Niederlage zu bringen, zu wenig zielstrebig und aufmerksam. Eine typische Szene in der 48. Minute, als er bei einem vielversprechenden Gegenstoss mit seinem gedankenlosen Laufweg die Einkreisung des ballführenden Doumbia durch die Lausanner Verteidiger geradezu herbeiführt, anstatt die gegnerische Abwehr auseinanderzuziehen und direkt die Tiefe zu suchen.

Benjamin Kololli (1) – Am 13. Dezember in Lugano hat sich Benjamin Kololli einen Muskelfaserriss zugezogen und gibt genau drei Monate später am 13. März gegen seinen Ex-Klub Lausanne sein Comeback. Der Waadtländer hat dabei trotz zwischenzeitlicher einmonatiger Winterpause 13 Ligaspiele verpasst. Positiv ist, dass er vergleichbar mit Evann Guessand beim Gegner vorne ins Spiel des FCZ Physis reinbringt. Einmal kann er sich an der Seitenlinie gut gegen Loosli durchsetzen. Ausserdem ist sein erster von zwei Eckbällen ganz ordentlich. Der Rest seines Auftrittes genügt aber bei weitem noch nicht. Der Ausgleich der Lausanner fällt unter anderem als Folge der Einwechslung Kolollis, der auf seiner Seite mehrmals hintereinander nicht konsequent genug zum Ball geht, diesen verliert und einen Freistoss verursacht, aus welchem der Treffer Guessands entsteht. Kololli lässt zudem in dieser Aktion seinen Gegenspieler Loosli völlig frei in den Zürcher Strafraum laufen. Überlegt sich bei der Mehrheit seiner Aktionen wenig, lenkt den Ball alibimässig ins Niemandsland oder stellt wichtige Passwege nicht zu.

Salim Khelifi (1) – Wie schon in den Heimspielen gegen Vaduz und Sion mit einer schlechten Benotung – somit auch ein wenig ein Symbolbild der negativen Heimbilanz. Obwohl er nur einen Kurzeinsatz leistet, ist seine Defensivarbeit nicht so konsequent wie noch in einigen seiner letzten Auftritte und auch nach vorne gelingt ihm nichts.

Telegramm

FC Zürich – Lausanne-Sport 1:1 (1:0)
Tore: 12. Kramer (Marchesano) 1:0; 66. Guessand (Bolingi) 1:1.
FCZ – Brecher; Omeragic, H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Domgjoni, Doumbia; Schönbächler (61. Gnonto), Marchesano (79. Khelifi), Ceesay (61. Kololli); Kramer.
Lausanne-Sport – Diaw; Loosli, Jenz, Flo; Boranijasevic (69. Thomas), Barès (56. Da Cunha), Kukuruzovic, Suzuki (46. Tsoungui); Puertas; Bolingi, Guessand.

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