FCZ-Personalien des Weekends: Marchesano, Kryeziu, Djimsiti, Di Gregorio, Chiumiento, Chermiti

Wie seit gestern bekannt, plant der FCZ nicht mehr mit den beiden aus dem eigenen Nachwuchs stammenden Berat Djimsiti und Leandro Di Gregorio, sowie Amine Chermiti und Davide Chiumiento.

Aussenverteidiger Di Gregorio hatte sich nochmal eine Chance bei seinem Stammklub verdient, nachdem er mit Lugano aufgestiegen und dazu vor allem durch Standards 10 Assists  beigetragen hatte. In den letzten Monaten zeigte sich aber klar die für Super League-Verhältnisse mangelhafte Präsenz, Zweikampfstärke und Schnelligkeit beim Zürcher. Zudem wirkte er nicht wie einer, der um jeden Preis um seine Chance kämpfen will. Und selbst in seiner Spezialdisziplin „Standardsituationen“ wollte ihm nichts gelingen – auch bedingt durch eine gewisse Schlampigkeit. Im zweiten Saisonviertel hatte Di Gregorio bei Züri Live bei seinen wenigen Einsätzen eine Durchschnittsnote von 4 (Skala: 1 – 10).

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Freistossflanke Kukuruzovic, Kopfballverlängerung Raphael Koch, und Berat Djimsiti muss den Ball nur noch ins leere Tor schieben. Bei seinem Startelf-Début unter dem damaligen Interimstrainer Urs Meier erzielte Berat Djimsiti gleich das entscheidende Tor zum 1:0-Derbysieg im Mai 2012. Von diesem Moment an war der Stadtzürcher nun dreieinhalb Jahre ununterbrochen Stammspieler, und wurde durch Sami Hyypiä in diesem Herbst erstmals in Frage gestellt. Dies aber nur, weil Vorgänger Urs Meier mit dem Spieler aus der eigenen Academy zuvor jeweils sehr viel Geduld bewiesen hatte. Das erste Mal auf der Ersatzbank Platz genommen hatte der Verteidiger übrigens in der Allianz Arena von München 9 Monate vor seinem Startelfdébut bei der 0:2-Niederlage in der Champions League-Qualifikation.

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Nach einer guten ersten Saison wurde Djimsiti in der Folge tendenziell eher wieder schlechter. Mit zunehmender Körpermasse wurde er zu schwerfällig und die mittelmässige Technik fiel nun noch mehr ins Gewicht. Sein grösstes Problem war aber der häufig fehlende Fokus aufs wesentliche auf dem Platz, sei es im Spiel oder im Training. Spiele mit gleich drei bis fünf groben Schnitzern Djimsitis wurden immer häufiger. Der vielseitige Verteidiger kostete den FCZ gerade in der Saison 14/15 einige Punkte. An der generellen Abwärtstendenz änderte für den ehemaligen Schweizer U21-Nationalspieler auch die erfolgreiche EM-Qualifikation mit der Albanischen Auswahl nichts. Die Züri Live-Durchschnittsnote Djimsitis im zweiten Saisonviertel war 4.8, aufgewertet vor allem durch eine seltene „8“, die er sich dank eines starken Kurzeinsatzes in der Schlussphase beim Cuperfolg in Bern verdient hatte. Auf der anderen Seite der Skala stand eine „2“ bei der 1:5-Niederlage in Thun, wo Djimsitis Spielweise expemplarisch für die schlechte Teamleistung war. Schon am Tag der Bekanntgabe von Djimsitis Abgang hat sich übrigens Neuzugang Leonardo Sanchez dessen Nummer „5“ gekrallt.

Mit Amine Chermiti geht eine langjährige Offensivkraft, die sich trotzdem nie richtig zum Leistungsträger hat entwickeln können. Noch am ehesten einen Unterschied konnte der Tunesier im Europacup gegen Teams von qualitativ tieferer Qualität machen. Unvergessen sein schöner Dreierpack letzte Saison in Zlate Moravce bei Spartak Trnava. Und in der aktuellen Saison war er der einzige Zürcher, welcher im diesmal kurzen Europacupabenteuer den Ball über die Linie bugsieren konnte. Diese Spiele erinnerten Chermiti wohl immer auch an seinen grössten Erfolg, den Gewinn der Afrikanischen Champions League im November 2007 mit Etoile Sportive du Sahel, als der flinke Stürmer acht Tore in elf Partien erzielte, darunter das Game-Winning Goal im Final in der „Höhle des Löwen“ in Kairo gegen Favorit Al-Ahly – in der 93.Minute! Chermitis Züri Live-Note im zweiten Saisonviertel ist eine 4.5, und bewegt sich dabei zwischen einer „6“ (gegen Vaduz) und einer „3“ (in Thun).

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Neben der „2“ (Di Gregorio), der „5“ (Djimsiti) und der „9“ (Chermiti), trägt auch der vierte aussortierte Spieler eine Startelf-Nummer – mit Davide Chiumiento geht die Nummer „10“ des FCZ. Chiumiento war sicherlich ein Spieler, an dem sich die Geister schieden. Er kam vor dreieinhalb Jahren gleichzeitig mit Djimsiti, Da Costa, Gavranovic und Kukeli in die Mannschaft. Zusammen mit Oliver Buff war er der beste Techniker im Team, sorgte aber auch lange Zeit für ein Verschleppen und Verlangsamen des Zürcher Spiels. Zu Beginn der Saison 14/15 schien sich alles doch noch zum Guten zu wenden. Der Appenzeller hatte mehr Selbstvertrauen getankt, war fit wie schon lange nicht mehr, und fing plötzlich auch noch an, regelmässig zu treffen. Das Aarau-Spiel mit der Verletzung von Yapi, und den häufigen Ausfällen von Kukeli, war dann für Chiumiento genauso wie fürs ganze Team die entscheidende Zäsur, welche diesen Aufschwung wieder bremste. Es fehlte in der Folge die spielintelligente und technisch starke Absicherung im Rücken von Chiumiento und Co. – die Balance im Zürcher Spiel ging verloren, des Gegners Bälle konnten nicht mehr so schnell zurückerobert werden. Dazu kam in der Rückrunde eine ganze Serie von unglücklichen Schiedsrichterentscheiden gegen den FCZ, zu welchen auch die zu harte Rote Karte (inkl. 2 Spielsperren) gegen Chiumiento (Tackling mit angewinkelten Beinen, viel Theatralik bei Delgado) in Basel gehörte.

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Interessant zu beobachten im Hinblick auf die kommende Saison war gestern zudem eines der ersten Freundschaftsspiele nach der Winterpause zwischen Basel und Biel (3:2) auf dem zum grössten Teil von FCB-Ehrenpräsidentin Gigi Oeri gesponserten Nachwuchs-Campus in Münchenstein, nahe des St.Jakob Parks. FCZ-Verpflichtung Antonio Marchesano spielte in der defensiven Phase als hängende Spitze hinter Gaëtan Karlen, wich bei Ballbesitz aber häufig auf die Seiten aus und fütterte seine Mitspieler mit vielen langen präzisen Bällen. Der Tessiner bringt in gewissen Bereichen ähnliche Qualitäten wie Buff oder Chiumiento mit. Ebenfalls gut sichtbar war allerdings, dass der Tessiner Offensivmann in Laufduellen mit den Basler Verteidigern keinen Stich hatte. Der aus der FCZ Academy nach Biel ausgeliehene Mirlind Kryeziu spielte nach der Rückkehr von Beg Ferati zum FC Sion ebenfalls von Beginn weg in der Innenverteidigung. Der 18-jährige hatte den einen oder anderen technischen Fehler und Stellungsfehler in seinem Spiel, und benötigt sicherlich noch viel Erfahrung auf Niveau Challenge League, bevor er einmal für die Super League zum Thema werden könnte. Mit höchster Wahrscheinlichkeit in Zukunft nicht mehr zum FCZ zurückkehren wird Maurice Brunner, der bei einer Topchance alleine vor dem Basler Tor den Ball wie so häufig (erfolglos) querlegte, anstatt den Abschluss selbst zu suchen.

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Marchesano: „Am liebsten hängende Spitze“

Antonio Marchesano vom FC Biel wurde bereits Anfang September vom FCZ als Neuzugang für die Saison 2016/17 vorgestellt, und gleichzeitig nochmal für eine Saison an die Seeländer verliehen. Der neue Mehrheitseigner des FC Biel, Carlo Häfeli, und dessen Vorstand haben das Budget des Klubs signifikant erhöht. Mit Transferaktivitäten sollen in der aktuellen Spielzeit CHF 700’000.- erwirtschaftet werden. Mit dem Marchesano-Transfer zum FCZ wurden CHF 230’000.- an Transfereinnahmen früh in der Saison ein Drittel davon realisiert.

Der Tessiner ist zweifellos schon seit Jahren einer der technisch und spielerisch besten Spieler der Challenge League, welchem aber in Sachen Laufvermögen, Qualitäten im Spiel ohne Ball und selbst bezüglich Torgefährlichkeit auch für Verhältnisse der zweithöchsten Liga einiges an Qualität fehlte. Im Sommer vom FC Winterthur zu einem runderneuerten FC Biel gewechselt, wirkte Marchesano nun aber fitter, als die Jahre zuvor. Vor allem wurde er von Trainer Patrick Rahmen auf seiner Lieblingsposition als hängende Sturmspitze eingesetzt, und hatte so einen kürzeren Weg zum Tor. Die Folge waren 10 Tore in den ersten sieben Runden.

Kaum aber hatte der 1.67 m grosse Offensivmann den Vertrag beim FCZ unterschrieben, zeigte seine Leistungskurve stark nach unten – und es folgte nur noch ein einziges Tor bis zur Winterpause, was parallel den ganzen FC Biel in eine sportliche Krise stürzte – auch wenn in diese Phase wegen muskulären Problemen im linken Oberschenkel drei verletzungsbedingt verpasste Spiele fielen. Wegen seiner nachlassenden Torgefährlichkeit und der Rückkehr der zweiten Sturmspitze Gaëtan Karlen wurde Marchesano von Trainer Patrick Rahmen zudem häufiger wieder zurück ins Mittelfeld beordert, wo der aus Bellinzona stammende Offensivmann aber noch schlechter agierte.

Der Tessiner war im Sommer neben dem höheren Jahreslohn (inklusive Zusatzleistungen im tiefen sechsstelligen Bereich) vor allem auch deshalb von Winterthur zu Biel gewechselt, weil ihm dort Einsätze auf seiner Lieblingsposition versprochen wurden. Im Gespräch mit Züri Live äusserte sich Antonio Marchesano Ende Oktober über seine Lieblingsposition, den FCZ und die Möglichkeit eines vorgezogenen Wechsels im Winter:

Unter dem Strich konnte Marchesano seine Super League-tauglichkeit in der Vorrunde nicht unter Beweis stellen. Sami Hyypiäs taktisches Konzept kommt Marchesano entgegen, da der Finne mit einem torgefährlichen Techniker als hängende Spitze hinter Franck Etoundi spielen will. Allerdings gibt es für diese Position aktuell mehr als genug Alternativen. Es ist bereits die Idealposition von solch wichtigen Spielern wie Oliver Buff, Mario Gavranovic und Davide Chiumiento. Hinzu kommen Christian Schneuwly und Artjom Simonyan, die ebenfalls am liebsten und besten in dieser Rolle agieren. Den Sprung von der U20- in die U21-Nationalmannschaft hat Antonio Marchesano in Jugendzeiten nicht geschafft – ob ihm der Sprung in die Super League doch noch gelingt, ist offen. Er wird aber aus athletischen und taktischen Gründen eher noch etwas mehr Anpassungsschwierigkeiten zeigen, als beispielsweise sein Tessiner Offensivkollege Patrick Rossini.

Chi è Antonio Marchesano?

Heute hat der FCZ die Verpflichtung des 24-jährigen Tessiner Offensivmannes Antonio Marchesano bekanntgegeben. Wer ist Marchesano? Aus Bellinzona stammend, war er bereits vor vier bis fünf Jahren nach Oliver Buff der technisch stärkste Schweizer Junioren-Nationalspieler gewesen. Allerdings konnte sich Marchesano damals nur in der Schweizer U20, welche quasi als B-Team der U21 fungiert, so richtig festsetzen. Dies nicht ohne Grund, denn es fehlte Marchesano immer an der Konstanz, am Laufvermögen und an der Disziplin im Spiel ohne Ball. Deshalb schaffte er es bisher nie in die Super League.

Seit seinem Wechsel zu Biel diesen Sommer, wo er deutlich mehr verdienen soll, als zuvor in Winterthur, wirkt Marchesano deutlich fitter und durchtrainierter. Ausserdem wird er von Trainer Patrick Rahmen als zweiter (hängender) Stürmer neben dem Nordkoreaner Kwang-Ryong Pak eingesetzt, nachdem er zuvor auf der Schützenwiese immer im zentralen Mittelfeld gespielt hatte. Hier gibt es eine klare Parallele zum FCZ, wo Oliver Buff zuletzt als ähnlicher Spielertyp und in der gleichen Rolle wie Marchesano als Stürmer bei den Partien in St.Gallen (mit Gavranovic) und gegen Luzern (mit Etoundi) am meisten überzeugt hat. Bleibt die taktische Ausrichtung auch nach dem Trainerwechsel zu Hyypiä gleich, dann wäre Marchesano in Zukunft auf jeden Fall der ideale Ersatz und Konkurrent von Buff.

In seiner Torproduktion ist Marchesano nach der Sommerpause bei Biel mit 10 Toren in 7 Spielen regelrecht explodier!. Neben seinen physischen Fortschritten und der offensiveren Position tragen auch die risikovolle Spielanlage Biels, und die für Challenge League-Verhältnisse hohe Qualität der Mitspieler ihren Teil zu diesem Zwischenresultat bei. Neben den erfolgreich verwandelten Elfmetern entstehen viele Marchesano-Tore aktuell aus Kontersituationen. Beim FCZ wird er hingegen zeigen müssen, dass er auch in einem Team, welches gegen die deutlich stärkeren Super League-Defensiven häufig das Spiel machen muss und will. im Abschluss erfolgreich sein kann. Marchesanos „Klassiker“ zur Zeit ist der schnelle Drehschuss im Strafraum mit dem Rücken zum Tor. Dieser Move ist für die Challenge League-Verteidiger, so scheint es, kaum zu verteidigen. Wird es den Super League-Verteidigern ab nächster Saison gleich ergehen?

SFL-Zusammenschnitt von Marchesano-Toren: 

Carlo Häfeli (FC Biel Allein-Owner, GC Handball Präsident und Spieleragent) spendiert Antonio Marchesano von der Ablösesumme ein gutes Buch: 

haefeli marchesano fcz

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