Sommerbilanz: Eigene Talente und Hekuran Kryeziu verstärken das Zentrum

Bereits in der Saison 2017/18 gehörten die beiden Aussenspieler Kevin Rüegg (19) und Pa Modou (28) zusammen mit Victor Palsson und Michael Frey zu den vier Spielern mit den meisten Einsätzen in Wettbewerbspartien. An diesem Status hat sich nichts geändert. Nach der Sommervorbereitung sieht alles danach aus, als könne der FCZ auf den Aussenpositionen von Kontinuität profitieren. Speziell Rüegg hat die goldene Chance, in der kommenden Saison beim FCZ einen entscheidenden nächsten Schritt in seiner Entwicklung zu machen. Schon in den Testspielen hat der 19-jährige angedeutet, dass er in Zukunft seine Schnelligkeit noch konsequenter und effizienter einzusetzen gedenkt. Gleichzeitig besteht noch viel Verbesserungspotential, beispielsweise in der Rückwärtsbewegung.

Nicht ohne Grund ist Trainer Magnin noch häufig mit seinem Schützling unzufrieden. Fabian Rohner ist auf der rechten Seite die Alternative, die aber wohl aktuell in erster Linie bei Rückstand (allenfalls auch als Sturmspitze) zum Zuge kommt. Der neu verpflichtete Hakim Guenouche (18) ist nicht nur einer der jüngsten, sondern wohl auch der leichtgewichtigste Spieler der Liga. Trotz seiner guten Technik scheint er einem Pa Modou noch nicht das Wasser reichen zu können. Dem Gambier unterlaufen zwar auch Fehler, aber er kann diese häufig gleich selbst wieder ausbügeln, was Guenouche bisher noch nicht gelingt.

Körperlich das Gegenstück zu Guenouche ist Mirlind Kryeziu. Mehrmals in der Testphase mussten sich Gegenspieler von einem Aufprall an der Zürcher «Wand» erholen. Es wäre keine Überraschung, wenn der 1,97m-Mann zum Saisonauftakt zusammen mit Neuverpflichtung Andreas Maxsø die Innenverteidigung bilden würde. Dies obwohl der Däne auf dem Platz noch nicht hundertprozentig ins Zürcher Spiel integriert scheint. In Abwesenheit der angeschlagenen Umaru Bangura und Becir Omeragic ist die Alternative dazu natürlich Alain Nef. Zu Beginn der Vorbereitung machte der Routinier einen sehr guten Eindruck, musste dann aber mit der Zeit der Intensität der Sommervorbereitung scheinbar doch etwas Tribut zollen. Im Idealfall wird die konditionelle Basisarbeit für den x-ten Frühling des Zürchers sorgen. Wird er wie schon in den letzten Saisons alle, die ihn bereits abgeschrieben haben, erneut düpieren? Je nach Grad der zurückkehrenden Spritzigkeit im Verlauf der kommenden Trainingswoche wäre auch Nef an Stelle von Maxsø in der Startaufstellung gegen Thun denkbar.

Dies natürlich vorausgesetzt, Ludo Magnin entscheidet sich nicht für eine Dreierabwehr zum Saisonstart. Kein Thema wird wohl zur Zeit in der Verteidigung Ilan Sauter (17) sein, der in den Testpartien nahtlos an seinen unglücklichen Auftritt im U18-Meisterschaftsfinal in Basel anknüpfte. Die Anzahl Innenverteidiger hat auch einen Einfluss auf die Besetzung des Zentralen Mittelfeldes mit zwei oder drei Mann. Neuverpflichtung Hekuran Kryeziu hat sich bisher bewährt, und wird ziemlich sicher als Stammspieler in die Saison starten. Toni Domgjoni bleibt ein sicherer Wert, der sich obendrein immer noch laufend weiterentwickelt. Und Izer Aliu scheint stark aufgeholt zu haben. Wenn er sein Potential abrufen kann, ist der 18-jährige mit seinen spielerischen Qualitäten und ausgezeichneten Standards potentiell eine Schlüsselfigur fürs Zürcher Offensivspiel – zumal er zusätzlich auch selbst einen guten Abschluss hat. Aliu, der in der abgelaufenen Rückrunde in fast jeder Partie zum Einsatz gekommen ist, wird immer mehr zu einem echten Stammplatzkandidaten – auch weil er den aktuell angeschlagenen Antonio Marchesano in Bezug auf die Leistung in der Defensiven Phase langsam zu überholen scheint.

Im Zentralen Mittelfeld ist mit Abstand am meisten Talent aus dem eigenen Nachwuchs vorhanden. Da schlummert viel Qualität, welche die 1. Mannschaft insgesamt stärker machen kann. Die erfahreneren Spieler braucht es tendenziell eher auf anderen Positionen. Dies auch weil mit dem «Sechser» Simon Sohm und dem spielerisch starken Bledian Krasniqi zwei Spieler aus der U18 nachstossen, die fussballerisch bereits heute Super League-Reife haben – gerade im mentalen Bereich allerdings noch etwas mehr Widerstandskraft benötigen. Der Reichtum an vielversprechenden Talenten im Zentrum setzt sogar Captain Victor Palsson sportlich unter Druck. Der Isländer kann weiterhin in der Innenverteidigung nicht überzeugen, auch wenn er immer wieder mal dort (aushilfsweise) eingesetzt wird. Auf seiner angestammten Position im Mittelfeld agiert er solider. Die vorderen Aussenspieler nehmen eher eine spielerische Rolle ein, da die schnellsten Zürcher Akteure wie Rohner, Rüegg oder Schönbächler in der Regel auf anderen Positionen eingesetzt werden. In die Tiefe geschickt werden soll in erster Linie der Aussenverteidiger.

Adrian Winter (32) hatte schon letzte Saison zunehmend Mühe. Die für sein Spiel so wichtige Schnelligkeit nimmt altersbedingt ab – und die Prozentzahl der Duelle, in denen er einen Schritt zu spät kommt, zu. Salim Khelifi kann für den FCZ zu einem Gewinn werden, wenn er die Fortschritte im läuferischen Bereich, die er in der 2. Bundesliga gemacht hat, auch in der Super League zum Tragen bringen kann. Speed ist aber genauso wenig seine Paradedisziplin, wie die von Stephen Odey, welcher in der Saisonvorbereitung ebenfalls hauptsächlich auf dem offensiven Flügel eingesetzt wurde, um seine Stärken im Aufbauspiel zum Tragen zu bringen. Anders der schnelle Maren Haile-Selassie, der gegen Vaduz über den linken Flügel das einzige FCZ-Tor der letzten drei Testspiele vorbereitete, zuvor aber vorwiegend im Zentralen Mittelfeld eingesetzt worden war.

Roberto Rodriguez’ Rolle war zuletzt hauptsächlich diejenige eines Offensiv-Jokers, der in der Schlussphase mit seinen spielerischen Mitteln bei Rückstand effektiv mithelfen kann, eine gegnerische Abwehrreihe zu knacken, oder bei Vorsprung den Ball in den eigenen Reihen weit weg vom eigenen Tor zu halten. In den Testspielen war erkennbar, dass dies eine vielversprechende Option für das Zürcher Trainerteam darstellen kann. In der Rangliste «Minuten pro Skorerpunkt» der Sommervorbereitung liegt Lavdim Zumberi (18) mit 45 Minuten pro Skorerpunkt an Erster Stelle. Bei seinem Teileinsatz gegen Rapperswil-Jona bewies der Offensive Mittelfeldspieler wie schon so häufig in der Vergangenheit mit einem präzisen Weitschuss seine Torgefährlichkeit. Da die Saison und der Trainingsbetrieb bei den Nachwuchsspielern im Frühling länger als bei den Profis dauert, konnte der erste Teil der Saisonvorbereitung mit der 1. Mannschaft für die Academy-Talente, welche zum erweiterten Kader des Fanionteams zählen, an ihre Saison 17/18  „angehängt“ werden. Schulische Verpflichtungen und Junioren-Nati kamen hinzu. Die (in der Regel kurzen) Ferien stehen darum jetzt an.

Michi Frey absolvierte eine solide Vorbereitung. In der Partie gegen den Ligakonkurrenten St. Gallen in Rüti, in welcher für die Mannschaft ganz offensichtlich das Resultat wichtiger war, als in anderen Tests, war der Sturmtank einer derjenigen Spieler, die ihr Team mitrissen. Überdurchschnittlich gut waren die Auftritte von Raphael Dwamena. Der Nationalstürmer, welcher mit Ghana nach Saisonende eine halbe Weltreise unternommen hatte, wirkt gereift. Testspieler Lassana N’Diayé, bei dem es noch offen ist, wo er nächste Saison spielen wird, wäre trotz seiner jugendlichen 17 Jahre eine Verstärkung, welche nur wenig Eingewöhnungszeit benötigen würde. Marco Schönbächler wurde analog Adi Winter (Cupfinal) in der Vorbereitung meist als laufstarker Stürmer im Duett mit Frey oder Dwamena eingesetzt. Erfreulich zu sehen waren sein Antritt und die Spielfreude. Bis aber Schönbi sein Selbstvertrauen im Abschluss wiederfindet, benötigt er wohl noch ein paar Spiele. Noch unklar ist, ob Yanick Brecher nach seinem Zusammenstoss mit dem Bochumer Pantovic auf den Saisonstart hin wieder bereit ist. Ersatz Andris Vanins hat beim Test in Vaduz zwei Tore kassiert und gegen Atromitos dann hinten «die Null» gehalten.

 

FCZ gewinnt die Finals, YB weiterhin nicht – Cupfinal Highlights & Bericht

Der FCZ gewinnt gegen den Saisondominator YB  (nur vier Niederlagen in 36 Meisterschaftspartien) in dessen Stadion den Cupfinal 2018 mit einer Willensleistung. Der Siegeshunger hatte das Letzigrund-Team gleichenorts bereits 2014 unter Trainer Urs Meier gegen den FC Basel zum Titel getragen. Als grosse Willensleistung kann auch der Titel 2016 mit dem Trainerduo Forte/Magnin bezeichnet werden – nicht wegen des Gegners, sondern aufgrund der psychologisch äusserst anspruchsvollen Situation wenige Tage nach dem feststehenden Abstieg.

https://soundcloud.com/fcz-radio/cupfinal-fcz-yb-21-highlights

Der FC Zürich hat mittlerweile mit 10 Titeln in 11 Finals eine ähnliche Cupfinalbilanz wie der FC Sion (13 Titel in 14 Versuchen). Sion und der FCZ unterscheiden sich von den meisten anderen Schweizer Klubs durch eine jahrzehntelang gleichbleibende Führung, die im Laufe der Zeit viel Erfahrung in der Vorbereitung von wichtigen Spielen angehäuft hat. Luisier und Constantin im Wallis, Hotz und Canepa in der Limmatstadt. Die Einheit im Klub ist für den Teamspirit der 1. Mannschaft in grossen Partien förderlich. Aussergewöhnliche Massnahmen wie die Vorbereitungswoche bei der FIFA auf dem Zürichberg sind schnell beschlossen und umgesetzt. Während in anderen Klubs jeder Verantwortliche darauf bedacht ist, in seinem Verantwortungsbereich einfach einen guten Job zu machen – aber häufig nicht darüber hinauszudenken und -handeln.

YB hat seit dem Cupsieg 1987 in den letzten 31 Jahren alle seine sechs Finalspiele in Cup und Meisterschaft verloren. Der FCZ hingegen ging im gleichen Zeitraum in allen seinen sieben Finals als siegreiches Team hervor! Dabei hat YB in dieser Zeitperiode in der obersten Schweizer Liga insgesamt rund 200 Punkte mehr auf sein Konto gebracht, als der FCZ.  Abgesehen von Einwechselspieler Sarr (trotz seiner Rolle in der Vorbereitung einer guten Torchance), spielte am Sonntag die ganze Mannschaft auf persönlich hohem Niveau. Speziell den beiden während der Spielzeit 17/18 durchzogene Leistungen zeigenden Skandinaviern Thelander und Palsson gelang ihr bestes Spiel im FCZ-Dress. Palsson beispielsweise gewann fast jedes Kopfballduell mit Guillaume Hoarau. Auch Cédric Brunner (unter anderem Vorbereiter des 1:0) gelang zu seinem Abschied eine gute Partie und ein perfekter Abschluss.

Der FCZ war nicht das erste Team, welches bei YB Kasim Nuhu als Schwachpunkt eruiert und ausgenutzt hat. YB seinerseits agierte vorwiegend über die rechte Seite, um von den Defiziten Pa Modous in der Rückwärtsbewegung zu profitieren. Da Mbabu-Ersatz Jordan Lotomba seine seit dem Last Minute-Tor gegen Dynamo Kyiv im letzten August wenig erbauliche Saison nahtlos fortsetzte, und mit einem Fehlpass gar das erste Zürcher Tor einleitete, konnte YB erst im zweiten Durchgang mit dem eingewechselten Thorsten Schick diese Taktik so richtig in die Tat umsetzen. Der 1:2-Anschlusstreffer entstand denn auch über diese Seite nach einer kurzen Flanke Ngamaleus von der Strafraumgrenze, nachdem Pa Modou einen Stellungsfehler Kryezius hatte ausbügeln müssen. Aber bei YB erreichten an diesem Tag insgesamt zu wenige Spieler ihr Rendement, um einen sehr gut eingestellten FCZ selbst in Überzahl noch bezwingen zu können.

https://soundcloud.com/fcz-radio/tempo-und-wille-cupfinal-fcz-yb-spielinfos

FCZ – YB 2:1 (1:0)

Tore: 11. Frey (Brunner) 1:0 ; 75. Marchesano (Pa Modou) 2:0, 80. Sulejmani (Ngamaleu) 2 :1.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Brunner, Kryeziu; Rüegg, Palsson, Pa Modou; Marchesano (78. Schönbächler), Domgjoni (46. Sarr); Frey (92. Rodriguez), Winter.

Young Boys: Wölfli; Lotomba (46. Schick), Nuhu, Von Bergen, Benito (76. Ngamaleu); Sulejmani, Sanogo, Bertone, Fassnacht; Assalé (59. Nsamé), Hoarau.

Alte Fehler, zu viel Selbstsicherheit – aber dank kluger Taktik trotzdem ein Punkt in Unterzahl / FCZ – Sion 3:3 Spielanalyse und Interviews

Nach dem 3:3 im Letzigrund ist die Konsternation bei Spielern, Trainerstaff und Journalisten aus Sion gross. Aufgrund der Überzahl, der verspielten 2:0-Führung, der Tabellensituation und vor allem auch dem Auftreten der Mannschaft. Es war wahrlich ein insgesamt schlechter Auftritt von beiden Teams, welcher am Ende auch keinen Sieger verdient hatte. Ganz anders, als noch bei der FCZ-Auswärtspartie vor Wochenfrist in Luzern, wo die Zuschauer ein packendes Spiel mit hohem Tempo, über weite Strecken kompakten Defensivleistungen und kreativen Offensivaktionen beider Mannschaften gesehen hatten. Im Letzigrund spielten der FCZ und Sion beide von Beginn weg pomadig. Es fehlte das Feuer. Bezüglich der sich im “Überlebenskampf“ befindlichen Walliser noch eine Spur erstaunlicher, als beim erneut mit vielen jungen Eigengewächsen antretenden FCZ.

Trainer Ludo Magnin stellte sein Team wieder mal mit einer Dreierabwehr auf (welche aber von Beginn weg eher wie eine Fünferkette agierte). Dies auch im Nachhinein gesehen zu Recht, weil er diesmal Sion aufgrund der Absenzen von Kasami und Carlitos  mit einer stark veränderten Spielanlage erwartete. Die Walliser griffen tatsächlich deutlich weniger über die Seiten an und spielten nicht mehr die noch beim 1:1 im Tourbillon praktizierten gefährlichen scharfen Diagonalbälle. Der wie immer agile Maceiras zog in der gegnerischen Hälfte meist Richtung Mitte und von Lenjani auf der anderen Seite war kaum etwas zu sehen. Ein weiterer Grund für die taktische Umstellung auf Zürcher Seite mag auch die Absenz der aktuell zwei besten Innenverteidiger Bangura und Nef gewesen sein.

Mit einem dritten Mann wurde hinten das Zentrum quantitativ gestärkt. Wichtiger als Quantität ist in der Regel aber die Qualität. Captain Victor Palsson konnte im Abwehrzentrum einmal mehr nicht verbergen, dass er auf dieser Position auf Niveau Super League nicht genügt. Cédric Brunner lieferte wenige Tage nach seiner Vertragsunterschrift in Bielefeld einen der schlechtesten Auftritte der aktuellen Saison ab, und der zuletzt wenig berücksichtigte Rasmus Thelander vermochte ebenfalls nicht Werbung in eigener Sache machen. In den Anfangsminuten war der FCZ klar die «weniger schlechte Mannschaft» auf dem Platz und hatte dadurch ein Übergewicht.

Es war dann aber Sion, welches mit seiner ersten «Halbchance» in der 7. Minute gleich in Front ging. Dies mit einem kleinen Cornertrick, der über die Jahre hinweg bei unterschiedlichstem Personal und unter den unterschiedlichsten Trainern gegen den FCZ immer wieder gut zu funktionieren scheint: dem Überkreuzen. Diesmal praktizierten dies Schneuwly (Gegenspieler: Brunner) und Bamert (Gegenspieler: Pa Modou) beim Eckball des ehemaligen FCZ-Juniors Anto Grgic wieder einmal erfolgreich. Pa Modou verlor seinen Gegenspieler komplett aus den Augen und der ehemalige GC-Junior konnte ziemlich freistehend einköpfen, weil Brunner in Unterzahl die Situation auch nicht mehr zu retten vermochte.

https://soundcloud.com/fcz-radio/rasmus-thelander-hatte-das-gefuhl-rot-war-ein-fehlentscheid

In der 29. Minute unterlief dann Aliu mit einem nach hinten losgehenden «Blindgänger» ein Missgeschick im Mittelfeld. Thelander hätte allerdings genug Zeit gehabt, die Situation zu klären, zögerte aber zu lange. Den Platzverweis nach dem Foul Thelanders am flinken Cunha mehr als 25 Meter vor dem Tor hätten die meisten Schiedsrichter in derselben Situation aber wohl nicht ausgesprochen, denn der ohne Ball im Normalfall schnellere Palsson stand auf gleicher Höhe und eine klare Torchance für Cunha damit eher nicht vorhanden. Die Positionen im Zürcher Spiel wurden nicht gross geändert. Ohne Thelander wurde aus der Fünferkette einfach eine Viererkette. Das im Schnitt 18,7 Jahre alte Mittelfeld mit Rüegg, Domgjoni und Aliu blieb intakt und vorne agierte mit Frey und Dwamena weiterhin ein Zweimannsturm.

Zur Pause konnte man aus FCZ-Sicht ganz und gar nicht zufrieden sein: Resultat und Auftritt waren nicht genügend und dazu war man noch in Unterzahl. Antonio Marchesano ersetzte Adrian Winter – Kevin Rüegg rückte auf die rechte Seite. Wie schon in Luzern wirkte die Mannschaft aber schon bald nach der Pause müde und liess sich auch unter Berücksichtigung der Unterzahlsituation zu stark einschnüren. Aus so einer Situation entstand dann auch das 0:2. Bei diesem Gegentreffer spazierte der unter dem Strich durchaus wieder eine gute Partie abliefernde Izer Aliu etwas gedankenverloren an der Strafraumgrenze herum, war zu wenig aufmerksam und liess so Bastien Toma frei zum Abschluss kommen. Davor hatte Kevin Rüegg Cunha nicht an der Hereingabe im Strafraum hindern können. Einerseits lag dies an der Qualität von Cunha im Eins-gegen-Eins, andererseits aber auch am jugendlichen Optimismus Rüeggs, der in vielen Szenen „zu viel“ will: auch noch den zweiten oder dritten Gegenspieler umdribbeln, statt den einfachen Querpass spielen – oder den Ball sofort zurückerobern wollen, statt einfach mitlaufen und die Flanke verhindern. Ob Rüeggs Risiko aufgeht, oder nicht, hängt jeweils in erster Linie von der Qualität des Gegenspielers ab. In der Defensive gegen einen Cunha in Form geht es meistens schief. Später vor dem 2:2-Ausgleichstreffer hingegen konnte Rüegg die Sion-Abwehr aus den Angeln heben, weil er sich gegen den wenig überzeugenden Lenjani trotz zu weitem Vorlegen des Balles seitlich des gegnerischen Strafraumes durchsetzen konnte. In der 78. Minute wiederum überschätzte Rüegg seine Kräfte und konnte nur noch schleppenden Schrittes zurücktraben, was Aimery Pinga die goldene Sion-Chance zum 3:4 alleine vor Yanick Brecher ermöglichte.

Der Zürcher Torhüter zeigt weiterhin aufsteigende Tendenz. Der Lapsus beim 3:3 war dann aber eine Aktion, wie sie von Brecher auch in der aktuellen Saison in Promotion League, Cup und Super League schon mehrmals zu sehen war. Ähnlich wie Rüegg überschätzte er sich – und bei einem Torhüter führt so etwas häufig gleich zu einem Gegentor. Selbstsicherheit ist gut, aber ein Quentchen mehr Vorsicht ist für die Mischung dieser Torhüter-Suppe vonnöten. Dies könnte sich Brecher bei seinem Torhüterkollegen Vanins oder auch einem seiner Vorgänger, Johnny Leoni (mittlerweile übrigens mit Tochigi von der Dritten in die Zweite Japanische Liga aufgestiegen) abschauen. Vanins spielte unter Trainer Forte sehr solide. Mit den Vorgaben des Trainerduos Magnin/Van Eck hätte der Lette aber sicherlich noch mehr Probleme als Brecher und würde wohl mehr Fehler begehen als dieser.

Genau fünf Monate nach seinem Doppelpack im Cup-Viertelfinal gegen Thun fand Stürmer Michael Frey endlich  wieder mal das Tornetz. Nach dem 0:2 durch Toma in der 56. Minute zeigte sich Sion etwas zu sorglos und der FCZ konnte sich endlich zu einer Reaktion aufraffen, was in der Summe zu zwei Treffern innert zwei Minuten zum 2:2-Ausgleich führte. Es dauerte noch etwa fünf weitere Minuten bis Trainer Magnin Stürmer Dwamena links ins Mittelfeld zurückbeorderte und aus einem 4-1-2-2 ein 4-4-1 wurde. Dem verbliebenen Stürmer Frey gab Magnin die Anweisung, seine Defensivarbeit zu reduzieren und seine Kräfte stattdessen für Konterangriffe aufzusparen, was dieser dann auch eindrücklich umsetzte, und mit einer Energieleistung im gerade noch tolerablen Zweikampf gegen den an diesem Nachmittag häufig indisponierten André Neitzke den 3:2-Führungstreffer und einen lupenreinen Hattrick realisierte.

https://soundcloud.com/fcz-radio/michi-frey-anweisung-von-magnin-krafte-fur-entscheidende-aktionen-zu-sparen

In der Schlussphase wurden weiter munter die Positionen rotiert. Als in der 79. Minute Mirlind Kryeziu für Raphael Dwamena eingewechselt wurde, stellte der FCZ wieder auf die anfängliche Fünferabwehr um und igelte sich weitgehend am eigenen Strafraum ein. Unter den Voraussetzungen des zuvor aufkommenden «Schlagabtausches» in welchem Sion Vorteile hatte, sicherlich eine vernünftige Massnahme. Fabian Rohner ersetzte dann in der 83. Minute Izer Aliu, wodurch Kevin Rüegg wieder zurück ins Zentrale Mittelfeld wechselte. Rohner war es dann auch, der sich von rechts von der Mittellinie startend mit seinem Antritt zwischen Succar und Neitzke hindurchzwängte und zu einer Topchance an der Strafraumgrenze kam – inklusive Nachsetzen von Frey direkt vor der Torlinie. Sion hatte aber mit Pinga und Bamert ebenfalls noch zwei sehr gute Möglichkeiten, das Spiel zu entscheiden.

https://soundcloud.com/fcz-radio/toni-domgjoni-kontertaktik-hat-in-2-halbzeit-geklappt

FCZ – Sion 3:3 (0:1)

Tore: 7. Bamert (Grgic) 0:1; 56. Toma 0:2, 59. Frey (Dwamena) 1:2, 61. Frey (Dwamena) 2:2, 72. Frey (Pa Modou) 3:2, 74. Grgic (Cunha) 3:3.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Palsson, Brunner; Winter (46. Marchesano), Rüegg, Pa Modou; Domgjoni, Aliu (83. Rohner); Frey, Dwamena (79. Kryeziu).

Sion: Fickentscher; Maceiras, Bamert, Neitzke, Lenjani (88. Angha); Toma, Kouassi, Grgic (85. Succar); Schneuwly, Cunha, Adryan (71. Pinga).

Toni Domgjoni ist angekommen / Sion – FCZ Spielinfos & Stats

Mittelfeldspieler Toni Domgjoni ist in seinem zweiten Spiel bereits zum ersten Mal Most Valuable Player. Inklusive der Szene, die zum Tor des 19-jährigen führte, hatte der FCZ im Wallis nur zehn Torchancen zu verzeichnen. Nur fünf Mal in dieser Saison waren es weniger gewesen: je 2x gegen Basel (0:1, 0:0) und Lugano (0:0, 3:0) und 1x gegen YB (0:0). Raphael Dwamena ist an zwei Drittel der Zürcher Tormöglichkeiten beteiligt. Adrian Winter bringt zur Pause offensiv etwas mehr Durchsetzungsvermögen.

Auch die anderen Einwechslungen Frey und Schättin (bei dessen Super League-Début) gestalten sich positiv. Der FCZ kam im Tourbillon zudem zu nur zwei Eckbällen – weniger hatte es nur beim 0:0 zu Hause gegen YB im August gegeben (null). Neben Domgjoni erhalten auch Rüegg, Brunner und die eingewechselten Winter, Frey und Schättin die Note 8. Izer Aliu, der im Spielbericht noch etwas kritischer gesehen wurde, kommt nach genauer Analyse auf die gute Note 7 und ist in seiner Entwicklung auf Kurs. Neben der einen oder anderen spielerisch guten Szene hatte der 17-jährige auch zwei Top-Defensivszenen.

Auffällig ebenfalls dass die schon seit vielen Jahren zusammenspielenden Domgjoni, Rohner und Aliu ihr gutes gegenseitiges Spielverständnis immer mehr auch in der Super League auszunutzen wissen. Die schlechtesten Noten des Teams erhalten Victor Palsson und Mirlind Kryeziu, denen zu viele Fehler unterlaufen waren und die das Zentrum in keiner Art und Weise zubetonieren vermochten. Brecher war offensiv wie üblich gut, zeigte defensiv aber in mehreren Szenen erhebliche Schwächen. Das Urteil von Alain Kunz vom „Blick“, dass sich Ref Erlachner zwei „Fehlpfiffe “ geleistet habe, kann nach der Visionierung der vorhandenen Bilder nicht bestätigt werden. Das Offside-Tor von Uçan ist eine Fifty-Fifty Entscheidung, wo es auf jede Zehntelssekunde ankommt, wann genau das TV-Bild angehalten wird (wann ist der Ball wirklich vom Fuss?).  Bei der Brunner / Mboyo – Szene müsste es durch das Trikotziehen natürlich Freistoss für Sion und Gelb gegen Brunner geben. Im Strafraum ist dann Brunner aber dank bravourösem Einsatz schlichtweg vor Mboyo am Ball und dieser trifft beim Versuch, zu schiessen, mit voller Wucht Brunners Fuss statt den Ball. Dieser musste anschliessend dann auch noch gepflegt werden.

 

So lässt der neue FCZ-Trainer Magnin spielen & Audio-Highlights GC – FCZ

Am Schluss steht schwarz auf weiss die zweite Niederlage im dritten Derby der Saison zum Auftakt der «Ära Magnin» im FC Zürich. Vor der Partie hatte der neue FCZ-Trainer angekündigt, in der kurzen Zeit seiner Spielvorbereitung (sechs Trainings) nur kleine Retouchen vornehmen zu wollen. Wenn dies nun die kleinen Retouchen waren, dann kann man sich für die nähere und mittlere Zukunft noch auf einiges gefasst machen. Immerhin bestimmte der Waadtländer mit Victor Palsson sofort einen neuen Captain. Solch weitreichende Entscheidungen mit gutem Gewissen so schnell zu treffen war vor allem auch deshalb möglich, weil Magnin als bisheriger U21-Trainer bereits eine gewisse Nähe zur 1. Mannschaft hatte, und beispielsweise regelmässig mit dem bisherigen Coach Uli Forte über sportliche Fragen und die Spieler beider Teams im Austausch war.

Als neuer Captain wird Palsson damit natürlich voraussichtlich im Mittelfeldzentrum gesetzt sein. Wohlgemerkt im Mittelfeldzentrum – in der Abwehrreihe hatte der Isländer aus Züri Live-Sicht zuletzt keine gute Falle abgegeben. Magnin will einen Captain, der auf dem Platz dirigiert und Emotionen reinbringt – «nur» Assistenztrainer René Van Eck und er selbst genügen dem  «angeblichen Hoffnungsträger» (Zitat: Thomas Schifferle im «Tages-Anzeiger») auf dem Zürcher Trainerstuhl dafür noch nicht. Am meisten zufrieden zeigt sich Magnin am Tag nach der Partie an der Pressekonferenz in der Saalsporthalle mit der Mentalität der Spieler und der Aggressivität im Zweikampf. Als er an letzteres denkt, huscht ein leicht schelmisches Lachen über sein Gesicht. Man erinnert sich in diesem Moment automatisch an Roberto Rodriguez, der sich nach der Partie im Interview mit Züri Live zufrieden zeigte, dass der FCZ in den Zweikämpfen die Oberhand behalten habe, was auch daran ersichtlich gewesen sei, dass die GC-Spieler viel am Boden gelegen seien.

Quasi als Antithese (und damit potentiell ideale Ergänzung) zum emotionalen Haudegen Palsson brachte Magnin den spielerisch starken knapp 18-jährigen Izer Aliu in der Startformation. Es war nach insgesamt vier Einwechslungen in Challenge League (Xamax), Super League (Lausanne) und im Cup (La Chaux-de-Fonds, Chippis) sein erster Startelfeinsatz in einem Wettbewerbsspiel der Profis. In Testspielen kam Aliu schon häufig zum Zuge. In der Saison 2016/2017 war Aliu sogar der Zentrale Mittelfeldspieler mit den meisten Testspiel-Einsatzminuten (495) – Yapi, Sarr, Rüegg, Janjicic, Grgic und Kukeli hatten weniger. In der aktuellen Saison hat Aliu in Freundschaftspartien bereits 523 Minuten im «Eins» gespielt. Wenn zuletzt von Seiten der Klubführung davon die Rede war, dass die eigenen Jungen noch mehr gepusht werden sollen und dass auch Fehler und mal eine Niederlage dafür in Kauf genommen würden, erschien vor dem inneren Auge des aufmerksamen Zuhörers unweigerlich das Bild von Izer Aliu – und die Gewissheit, dass dieser nun ziemlich sicher eine echte Chance erhalten wird. Alternativen im Zentrum bieten sich Trainer Magnin mit Sangoné Sarr und Toni Domgjoni.

Der im FCZ-Fanshop beim Stauffacher seine Lehre absolvierende Aliu gilt schon seit Jahren als eines der grössten Talente des Zürcher Nachwuchses. Ein Spielertyp, der von einem Lucien Favre wohl früh in die 1. Mannschaft integriert worden wäre, bei welchem aber gleichzeitig die meisten anderen Profitrainer vor einer Forcierung zurückschrecken, weil er noch nicht ausgereift ist. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Alius Lernkurve relativ steil sein wird, wenn er mehrere Einsätze in Folge das Vertrauen bekommt. Schon gegen GC zeigte der Adliswiler nach Anfangsschwierigkeiten einige gute Ansätze und kam auf fünf Top-Aktionen (vier Offensiv, eine Defensiv). Wenn nicht jetzt, wann dann? «Vasi» Janjicic und Djibril Sow waren im gleichen Alter zwar schon kompletter und ausgereifter gewesen, Aliu hat aber in einzelnen Bereichen noch etwas mehr Talent. Vor 15 Monaten führte Züri Live am Rande der Direktübertragung des UEFA Youth League-Heimspieles gegen den Gheorghe Hagi-Klub Viitorul Constanta im Utogrund ein Interview mit U18-Nationalcoach Reto Gertschen, in welchem dieser sich ebenfalls sehr lobend über Aliu äusserte («Selten einen Spieler in diesem Alter mit so guter Technik unter Druck gesehen»):

Kevin Rüegg hat Ludovic Magnin wieder auf dessen Lieblingsposition auf der rechten Seite aufgestellt, auf welcher dieser bereits in der Academy vorwiegend eingesetzt worden war. Magnins Ansichten dazu decken sich dabei Eins zu Eins mit der von Züri Live schon häufig geäusserten Meinung: «Rüegg kann sich im Zentralen Mittelfeld auf Super League-Niveau durchsetzen, aber wir wollen ihn zu einem Spieler entwickeln, der höhere Ziele avisieren kann. Das Potential dazu hat er aber nur auf der rechten Seite». Magnin will bezüglich der Gründe öffentlich nicht ins Detail gehen, aber diese sind ja im Grossen und Ganzen offensichtlich. Seinen herausragenden Speed auf mittlere Distanzen kann Rüegg nur auf der Seite richtig ausspielen. Der 19-jährige Kumpel von Nico Elvedi schlägt dazu meist gute Flanken und kann auch torgefährlich werden. Für das Mittelfeldzentrum fehlen ihm hingegen etwas die Qualitäten seines Teamkollegen Aliu – technische Vielseitigkeit (nur rechter Innenrist sehr gut), Wendigkeit auf engem Raum, Körpergrösse. Der zweite Mann auf der rechten Seite ist Adrian Winter, auf links sollte Michael Kempter hoffentlich bald zurückkehren und Pa Modou Konkurrenz machen.

Gegen GC am Sonntag hatte Ludo Magnin keinen Verteidiger auf der Ersatzbank. Das heisst, Mirlind Kryeziu war trotz Verletzung von Alain Nef nicht im Matchkader. Cédric Brunner durfte zum ersten Mal nach seiner Verletzungsunterbrechung wieder mittun, konnte dabei aber noch nicht an seine über weite Strecken starke Vorrundenform anknüpfen. Im Tor gibt Magnin Yanick Brecher eine Chance, noch während der Rückrunde die Nummer 1 zu werden. Darüber entscheiden sollen die beiden Derbies. Da bei der aktuellen Spielweise von GC nicht davon auszugehen ist, dass Brecher im Cup-Halbfinal sehr viel mehr geprüft werden wird, als am Sonntag, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Brecher bei einem Weiterkommen im Cup (egal wie) auch in der Meisterschaft die neue Nummer 1 wird. Bei seinen zwei bisher einzigen Einsätzen gegen Super League-Teams 2017/2018 liess der Männedorfer gegen Thun drei Tore zu, und musste gegen GC von zwei Schüssen aufs Tor einen passieren lassen. Bei Stade Lausanne-Ouchy unterlief ihm im Cup zudem wohl so etwas wie der bisherige «Torwart-Patzer der Saison».

In der Promotion League hat sich Brecher unter Ludo Magnin mit Yassin Smach und Bojan Milosavljevic die bisherigen Promotion League-Spiele aufgeteilt. Magnin stärkt in der Rolle als Trainer richtigerweise seine Schlussmänner, so auch Brecher. So hat er bei diesem in der Promotion League hervorragende Leistungen gesehen. Züri Live war bei zwei der sechs Brecher-Einsätze mit vor Ort und teilt die Lobeshymnen nicht. Brecher ist fussballerisch sicherlich gut genug – Timing, Konzentration über 90 Minuten und Strafraumbeherrschung bleiben aber Schwachpunkte. Der 17-jährige Calvin Heim, der neuerdings auch online als Kaderspieler der 1. Mannschaft geführt wird, bringt mehr Talent mit. Er wird sich wohl nach dem Abgang von Milosavljevic nach Winterthur zusammen mit Smach und Yann-Alexandre Fillion in der Rückrunde die Spielzeit in der U21 teilen, für welche offiziell noch kein neuer Cheftrainer bestimmt wurde.

In der Berichterstattung über das Derby vom Sonntag wurde viel über die junge GC-Mannschaft gesprochen, die dem FCZ gegenüber gestanden sei. Das ist sicherlich nicht falsch, aber gleichzeitig etwas einseitig. Immerhin wurden auf beiden Seiten gleich viele Teenager eingesetzt (Aliu, Rüegg & Rohner vs. Pusic, Bajrami & Arigoni). Mit Aliu und Rüegg in der Startaufstellung sowie dem relativ früh für Dwamena eingewechselten und schnellen Rohner, der dann aber schlussendlich wegen dem Platzverweis gegen Cédric Brunner auf der linken Seite statt im Sturm spielte, setzte Magnin ein klares Zeichen, in welche Richtung es in Sachen Mut zur Jugend in Zukunft gehen soll. Vorne liess der neue FCZ-Trainer mit einem «Zehner» hinter zwei Spitzen spielen: eine Variante, die Ex-Trainer Forte diesen Winter in Freundschaftsspielen auch schon getestet hatte.

Für die Zehnerposition sieht Magnin zur Zeit drei Spieler vor: Roberto Rodriguez, Antonio Marchesano und Lavdrim Rexhepi. Vor seiner Auftaktpartie als Trainer habe er zwischen Rodriguez und Marchesano geschwankt. Die Trainingseindrücke hätten dann knapp zugunsten von Rodriguez den Ausschlag gegeben. Eine von dessen Stärken sieht Magnin in der Laufarbeit bei gegnerischem Ballbesitz. Auch gegen GC hatte der FCZ wieder eine Topchance durch Frey nach einem Rodriguez-Eckball, während Marchesano wie schon im Luzern-Spiel eher enttäuschte. Regelrecht begeistert ist Magnin von Rexhepis linkem Fuss. Auch der der zweite Zürcher auf dieser Position scheint also Startelfchancen zu haben. Für die beiden Sturmpositionen in dieser Taktik sind zur Zeit wohl Michael Frey, Raphael Dwamena, Fabian Rohner und Stephen Odey vorgesehen. Dwamena kam neu wieder vorwiegend über links, wo sein starker Fuss ist. Der Ghanaer ist zusammen mit Rohner wohl aktuell der Torgefährlichste der vier, während der sich im Vergleich zum Luzern-Spiel wieder etwas steigernde Frey seit seinem Doppelpack im Cup-Viertelfinal nicht mehr getroffen hat, und Odey seit dem 1:5 in Lausanne nicht mehr in der Startformation stand.

Zu berücksichtigen bei allen personellen Überlegungen bleiben folgende Punkte: 1. Magnin will unberechenbar sein, 2. Die Trainingsleistungen sollen bei der Nominierung eine wesentliche Rolle spielen, 3. In der aktuellen «Englischen» Woche spielt auch die Frische eine Rolle. Zudem gibt es angeschlagene, rekonvaleszente und am Sonntag in Basel mit Brunner auch einen gesperrten Spieler. Im Hinblick auf den Cup-Halbfinal geht der FCZ-Coach zur Zeit öffentlich von zwei personellen Wechseln aus. Auch taktische Anpassungen sind nie auszuschliessen. Magnin macht zudem kein Geheimnis daraus, woran in dieser und den kommenden Trainingswochen, und dann vor allem auch in der Sommervorbereitung gearbeitet werden soll. Die Ballzirkulation muss schneller werden, seine Spieler sollen noch höher stehen, und den Ball mutiger und offensiv-orientierter verarbeiten. Im Training lässt Magnin die Spieler auch schon mal «blind» Flanken schlagen – Tempo ist alles. Die Sonntagspartie wurde gemeinsam in einer 40 Minuten langen Videoanalyse seziert. Die Spieler seien dabei äusserst aufmerksam gewesen und sehr wissbegierig, fast schon übereifrig, vermeldet der gelernte Primarlehrer Magnin.

GC – FCZ 1:0 (1:0)

Tor: 16. Jeffrén (Kapic) 1:0.

Grasshopper-Club Zürich: Lindner; Arigoni (46. Lavanchy), Bergström, Rhyner, Doumbia; Lika, Bajrami (10. Sukacev, 81. Taipi); Kapic, Jeffrén, Pusic; Djuricin.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Bangura, Brunner; Rüegg (86. Winter), Palsson, Aliu, Pa Modou; Rodriguez (61. Marchesano); Frey, Dwamena (68. Rohner).

Mehr Quantität als Qualität im Zentrum / FCZ – Luzern Stats & Spielinfos

Obwohl der FCZ gegen Luzern nicht verloren hat, resultiert mit 4,5 in der Züri Live-Leistungsbewertung der tiefste Notenschnitt der Saison. Dies vor allem, weil gleich sechs Spieler eine ungenügende Note (unter 5) erhalten und die Maximalnote 8 beträgt, welche nur von zwei Spielern (Pa Modou, Dwamena) erreicht wird. Auffallend dabei vor allem das gegen die Innerschweizer individuell schwache Zentrum, obwohl es im 3-5-2 im Vergleich zum üblichen 3-4-3 quantitativ verstärkt worden war. Vielleicht gerade deswegen? Führte die zahlenmässige Verstärkung zu einem falschen Sicherheitsgefühl / weniger Biss? Marchesano produzierte vor allem in der Ersten Halbzeit so viele Fehlpässe wie noch selten zuvor in seiner Karriere, Rodriguez fand nicht ins Spiel, Sarr hatte einen seiner schlechten Tage, und Palsson fehlen für das Abwehrzentrum die notwendigen Qualitäten.

Nach dem Sieg in St. Gallen war die Schlussfolgerung: «Frey gut, alle gut». Dies gilt weiterhin. Denn gegen Luzern war Frey deutlich weniger gut, als noch in St. Gallen – ein gemischter Auftritt – unter dem Strich durchschnittlich. Pa Modou ist zum zweiten Mal nach dem 2:0-Heimsieg gegen Lausanne Most Valuable Player, und verhält sich damit zur Zeit «antizyklisch», hatte er doch in St. Gallen, wo die Durchschnittsnote des Teams um 1,1 höher war, eine ungenügende «4». Raphael Dwamena hingegen zeigt bisher im 2018 konstant Aufwärtstendenz. Andris Vanins musste und konnte mehr Topchancen abwehren als im Durchschnitt dieser Saison und war an der Erarbeitung von zwei der 12 Torchancen beteiligt, gleichzeitig aber auch am Gegentor mitschuldig. Débutant Lavdrim Rexhepi kam als erster Einwechselspieler rein, musste sich zu Beginn bezüglich Handlungsschnelligkeit und physischem Dagegenhalten erst orientieren, konnte dann aber den Ball ein, zwei Mal gut direkt weiterleiten / zirkulieren lassen.

 

Im «Reaktionsmodus» kommt man nicht weit / FCZ – Luzern 1:1 Audio-Highlights und Analyse

Der FCZ bricht die Serie von sieben Niederlagen in Folge zu Hause gegen den FC Luzern, bleibt aber weiterhin sieglos. Die Erste Halbzeit ist eine voraussehbare Enttäuschung. Schon während dem Einlaufen ist der Unterschied zwischen den auf den Super League-Match fokussierten Luzernern und den im Vergleich dazu eher wie in der Vorbereitung auf ein Testspiel wirkenden Zürchern allzu offensichtlich. Das Letzigrund-Team ist zur Zeit immer in der Lage, nach einem Rückschlag eine Reaktion zu zeigen. So auch in der Zweiten Halbzeit gegen Luzern. Das ist mehr als Nichts – und gelingt dies bis zum Ende der Saison, dann ist der Abstieg kein Thema. Für einen Europacupplatz oder einen Erfolg im Schweizer Cup genügt dieser Modus aber nicht. In den ersten 45 Minuten war der FCZ wie schon gegen Thun gegen hoch stehende Luzerner permanent unter Druck und teilweise gar überfordert. Torhüter Vanins sprach nach der Partie richtigerweise von «Chaos».

Das Team von Trainer Uli Forte begann die Partie taktisch so, wie sie das siegreiche Spiel in St. Gallen aufgehört hatte. In einem 3-5-2 mit den beiden eher offensiv geprägten «Achtern» Marchesano und Rodriguez vor Sangoné Sarr. Die eher abwartende Taktik war aber nicht wirklich das Problem. Ist dies doch wohl der beste Weg zum Erfolg für die aktuelle Mannschaft. Das Problem war die gleichzeitig zu zögerliche individuelle Verhaltensweise sowohl im Spiel mit wie auch ohne Ball. Denn grundsätzlich hätte der FCZ auf jeden Fall die Mittel, sich aus einer Umklammerung wie derjenigen Luzerns zu lösen und erfolgreich zu kontern, auch wenn der für einmal nicht optimale Letzigrund-Rasen dies zusätzlich erschwert hat. Dem nach seiner längeren Verletzungspause noch nicht wirklich eingespielten Antonio Marchesano unterliefen zudem in der Ersten Halbzeit so viele Fehlpässe wie wohl noch selten in seiner Karriere. So schafft man es erneut nicht, gegen Luzern zu einer genügenden Anzahl von Abschlüssen zu kommen. Auf der Basis der nach SFL-Methoden erhobenen Daten kommt der FCZ in der aktuellen Saison gegen Luzern zu am zweitwenigsten Abschlüssen aufs Tor (siehe Graphik).

Zudem wurden so die individuellen Schwächen in der Zürcher Hintermannschaft wieder schonungslos aufgedeckt. Wie schon in St. Gallen und bei allen früheren Gelegenheiten zeigte sich «Grobmotoriker» Victor Palsson in Bezug auf Technik und Handlungsschnelligkeit auf Super League-Niveau als ungeeignet für die Rolle in der zentralen Hintermannschaft. Das 0:1 durch Christian Schneuwly entstand aus einem der mittlerweile unzähligen fatalen Fehlpässe Palssons vor dem eigenen Strafraum. Dem Gegner einen schnellen Umschaltmoment in der Nähe des eigenen Tores zu schenken, wird in der Super League sehr häufig sofort bestraft. Man erinnerte sich in diesem Moment unter anderem mit Grauen an die Aktionen des Isländers vor der Winterpause in Lausanne zurück. Auch bei den anderen beiden Grosschancen Luzerns war Palsson im negativen Sinne beteiligt. Nach dem ebenso katastrophalen Fehlpass von Sangoné Sarr hätte die Situation noch bereinigt werden können, aber Palsson agierte im Zweikampf mit Gvilia viel zu pomadig, so dass der FCZ nur dank einer starken Intervention von Andris Vanins gegen Tomi Juric um ein weiteres Gegentor herumkam.

Und als bei einem Luzerner Konter in der Zweiten Halbzeit Thelander mit seinem Gegenspieler Schneuwly mitging, hätte der Zentrale Abwehrmann Palsson sofort das offene Zentrum zumachen müssen, anstatt ebenfalls noch und viel zu halbherzig Schneuwly anzugreifen. Sarr, der noch hätte eingreifen können, entging dieser Lapsus von Palsson und somit war das Zürcher «Duo Infernale» erneut in Aktion, um Francisco Rodriguez auf für den FCZ beinahe schon peinliche Art und Weise zentral vors Tor ziehen und zu einer ‘’Hundertprozentigen’’ kommen zu lassen. Positiv zu erwähnen sind die aufsteigende Form Raphael Dwamenas, Pa Modou, dem wieder eines seiner etwas besseren Spiele gelang, und Débutant Lavdrim Rexhepi, welcher nach kurzen Anfangsschwierigkeiten relativ schnell ins Spiel fand. Einfacher wird es für den FCZ in den kommenden Partien nicht. YB, Basel, das aufstrebende Lugano und am kommenden Wochenende das Derby warten alle noch in dieser dritten von vier Saisonphasen.

FCZ – Luzern 1:1 (0:1)

Tore: 28. Schneuwly (Juric) 0:1; 60. Dwamena (Marchesano) 1:1.

FC Zürich: Vanins; Nef (80. Bangura), Palsson, Thelander; Winter, Sarr, Pa Modou; Marchesano (69. Rexhepi), Rodriguez; Dwamena (84. Odey), Frey..

Luzern: Omlin; Grether, Knezevic, Schulz, Lustenberger; Kryeziu, Voca; Schneuwly (87. Custodio), Gvilia (67. Cirkovic), Rodriguez (78. Demhasaj); Juric.

 

1 2 3 4 6