Ohne Etoundi – keine Tore

Nach sechs Niederlagen in Folge gab es für den FCZ erstmals wieder einen Punkt auf dem Konto. Von allen vier Direktbegegnungen dieser Saison war dies aber der schlechteste FC Aarau. Die Aarauer in der Verfassung vom Samstagabend hätte der FCZ besiegen müssen. Der FCZ hatte in Aarau mehr vom Spiel und ein Chancenplus, Ansätze zu erfolgreichem Angriffsspiel waren da, es fehlte aber der unbedingte Wille zum Sieg und vor allem in den Abschlusssituationen war einmal mehr die grosse Verunsicherung zu spüren. Auch in guter Schussposition wurde alibimässig noch ein Nebenmann gesucht, selbst dann, wenn weit und breit keiner da war. Ohne Etoundi – keine Tore? Zur Zeit scheint es so. Hoffen wir, dass sich die anderen Stürmer von einer solchen Schlussfolgerung im positiven Sinne provoziert fühlen.

Kriegserklärung des Konkordates

Die Maske ist ab. Die Karten liegen offen auf dem Tisch. Aarau am Samstag 25.April 2015 hat definitiv gezeigt, was von den immer wiederkehrenden Beteuerungen zu halten ist, die im Zuge des interkantonalen Hooligan-Konkordates verabschiedeten Gesetze würden „massvoll“ angewandt: Nichts! Ohne jede Rechtsgrundlage wurden Personen, von denen man vermutete, sie könnten FCZ-Fans sein, beim Aussteigen aus dem Zug in Aarau in Empfang genommen, gefesselt und in ein Wartehäuschen gesperrt. Es handelt sich hier um Personen, die keine einzige Gesetzesübertretung begangen haben. Auch ein Rayonverbot oder ähnliches liegt nicht vor. Diese Personen dürfen sich Kraft unserer Bundesverfassung in der ganzen Schweiz auf öffentlichem Grund frei bewegen.

Der FC Aarau hat wie jeder Veranstalter das Hausrecht, bestimmte Besucher seiner Veranstaltung abzuweisen, auch ohne Begründung. Mit den neu verabschiedeten Gesetzen ist auch die von der Kantonspolizei Aargau verfügte Blocksperre im Brügglifeld wenn auch nicht sehr klug, so doch rechtens. Hingegen eine Person. die sich nichts zu Schulden kommen lassen hat, festzunehmen, einfach nur weil sie Aarauer Boden betreten hat, ist schlichtweg ein Skandal, und eines demokratischen Rechtsstaates nicht würdig. Kommt noch dazu, dass viele der Festgenommenen nicht einmal FCZ-Fans waren. Kriterien wie Alter (14-30), Geschlecht (männlich) und Fahrtrichtung (mit dem Zug aus Richtung Zürich ankommend) waren offenbar für die örtliche Polizei völlig ausreichend, um unbescholtene Bürger kommentarlos zu fesseln und festzusetzen.

Auf unsere Nachfrage legitimierte einer der Gruppenleiter der Kantonspolizei Aargau vor Ort sein Vorgehen mit der Aufforderung der FCZ-Führung im Internet, nicht nach Aarau zu kommen, welchem sich die Fans „widersetzt“ hätten. Dass dies eigentlich keine Rechtsgrundlage darstellt, konnte er nicht verneinen und flüchtete sich in die doch ziemlich erhellende Phrase „das ist nicht so klar, das müsste dann halt im Streitfall ein Richter entscheiden“. Aha! Wäre es nicht die Pflicht der Polizei, einzig und allein Aktionen durchzuführen, von welchen sie sich sicher ist, dass sie legal und legitim sind? Na ja, immerhin war der sich offensichtlich in guter Stimmung befindliche Mann höflich und diskussionsbereit. Ist auch schon etwas.

IMG_0433

Es kam dann aber noch „besser“: auf die Nachfrage, warum es Festnahmen und Anzeigen wegen „Landfriedensbruch“ gegen auf dem Vorplatz vor dem Stadion und unterwegs angehaltene und eingekesselte mutmassliche FCZ-Fans gegeben habe, erläuterte der Gruppenleiter, dass die Polizei grundsätzlich das Recht habe, jedwelche Gruppe „mit gleicher Gesinnung“, die gemeinsam unterwegs sei, festzunehmen und wegen Landfriedensbruch anzuzeigen. – Aha? Also auch Menschen, die alle auf einem Trottoir gleichzeitig unterwegs zu einer Zirkusvorstellung oder einem Konzert sind? – Antwort: Ja, die Polizei könnte diese Menschen alle rein theoretisch festnehmen und wegen Landfriedensbruch anzeigen. Man mache das in solchen Fällen natürlich normalerweise nicht. Aber das Recht dazu hätte die Polizei jederzeit…. Buuumm!

Dann soll aber bitte ja nie mehr ein Bundesrat nach China oder Russland reisen und der dortigen Staatsführung Vorträge über Menschenrechte halten…. Sonst antwortet dann der Chinese: „Und was ist mit Ihlem Hooligan-Konkoldat?“.

Das Verhalten der Polizeikräfte in Aarau kommt einer Kriegserklärung gleich. Die Einsatzkräfte vor Ort gaben offen zu, dass das Ziel war, friedliche Fans zu „bearbeiten“, um über diese an die gewaltbereiten Fans heranzukommen. Wir reden hier also von Methoden, wie sie vielleicht zwischen verfeindeten Mafia-Clans oder Geheimdiensten im Bürgerkrieg praktiziert werden. Die Kriegserklärung ist bei den Betroffenen angekommen: am Tag darauf solidarisierte sich die Basler Muttenzerkurve mit ihren Zürcher Kollegen, mit denen sie sich zwei Wochen davor noch Scharmützel geliefert hatte, und richtete eine klare Message an die Hardliner unter den Politikern und in den Polizeikorps: „Massnahmen wie Sektorsperren führen zu mehr als friedlichem Protest“.

IMG_0425

Dass diese unrechtmässige Polizeigewalt in Aarau völlig ohne Gegenwehr der Opfer ablief ist eine schier unglaubliche Leistung an Selbstdisziplin von hunderten von jungenMenschen. Ähnlich repressive Polizei-Massnahmen an einem Open Air-Festival, an der Fasnacht oder an einer Aktionärsversammlung würden garantiert in einen Krawall münden. Die KaPo klopft sich nun sogar teilweise selbst auf die Schulter für einen „erfolgreichen“ Einsatz. Inwiefern erfolgreich? Es wurde erneut an der Gewaltspirale gedreht, indem junge Fussballanhänger unrechtmässig festgesetzt wurden. Das Radikalisierungsrisiko ist bei diesen Jugendlichen nun sehr hoch. Dass es „ruhig“ geblieben ist, liegt einzig und alleine daran, dass Gewalt einseitig ausgeübt wurde (von der Polizei), und die andere Seite sich davon nicht provozieren liess.

Warum nicht? Ganz einfach: weil die gewaltbereiten Fans gar nicht erst nach Aarau gekommen waren. Diese haben sich schon immer hauptsächlich auf die „Rosinen“ im Kalender (Derbies, Spiele gegen FCB, Cupfinal) fokussiert. Von den gewaltbereiten Fans hat wenn überhaupt meist nur ein kleines Kontingent Lust, nach Aarau zu reisen. Und für so ein kleines Kontingent war das riesige Polizeiaufgebot diesmal dann wohl doch auch abschreckend genug.

Vergleicht man die verschiedenen Ereignisse miteinander, kommt man nun zu einem ziemlich verstörenden Ergebnis: immer wenn gewaltbereite Fans vor Ort sind, gibt es praktisch keine Festnahmen. Die Polizei beschränkt sich darauf, die Fans so schnell wie möglich (zurück) in den Extrazug zu drängen und schickt sie ab nach Hause. Sind hingegen keine gewaltbereiten Fans vor Ort, dann kommt es zu Einkesselungen und massenhaften Festnahmen von friedlichen Fussballfans wie im Februar in Zürich oder jetzt im April in Aarau. Die Adler fasst man mit Handschuhen an, auf die Spatzen schiesst man mit Kanonen. Und ist danach auch noch Stolz auf die grosse Anzahl an Festnahmen. Jeder kann und wird da seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Wäre es nicht eigentlich die verdammte Aufgabe der Polizei, echte Straftäter zu identifizieren und einem Strafverfahren zuzuführen? Wofür bezahlen wir sie denn sonst? Die hochbezahlten, hochgerüsteten und straff organisierten Ordnungskräfte kuschen vor den gewaltbereiten Fans in der Kurve, gleichzeitig werden 14-jährige friedliche Fans zur Verantwortung gezogen mit der Begründung, sie seien selbst Schuld, da sie nichts gegen die gewaltbereiten Gruppen in der Kurve unternähmen. Eine Bankrotterklärung! Und dafür dann auch noch die Frechheit haben, für diese „Leistung“ den populären lokalen Fussballklub eigenmächtig finanziell zu ruinieren?

In den Schweizer Fankurven gibt es sehr wohl Selbstregulierung. Da gibt es viele junge Leute, die haben viel mehr Zivilcourage, als all die grossmauligen Politiker, Journalisten und Leserbriefschreiber zusammengenommen. Selbstregulierung ist gut und wichtig, von aussen dies aber quasi im Befehlston (subito!) von jungen Menschen zu verlangen, die weder die Verantwortung dafür tragen, noch dafür bezahlt werden oder ausgerüstet sind, ist völlig absurd. Die Fankurven sind im Gegensatz zur Polizei keine straffe Organisation, sondern eine bunte Mischung aus Einzelpersonen und kleinen Grüppchen von Kollegen und verschiedenen Fanklubs, die völlig unabhängig voneinander Tickets für den günstigsten Bereich des Stadions kaufen und als einzigen gemeinsamen Nenner haben, dass sie ihr Team unterstützen wollen.