Die Wiederholung des Penalties für YB im Spitzenspiel von heute zwischen den FC St. Gallen und dem amtierenden Meister gibt zu reden, und dies völlig zu Recht. Wirklich nur ein paar Zentimeterchen steht St. Gallen Torhüter Zigi mit seinem linken Fuss vor der Torlinie, als YB-Stürmer Guillaume Hoarau den Ball Richtung Ostschweizer Tor schiesst. Nach der Partie meinte Schiedsrichter Alain Bieri im TV-Interview, dass dies halt die Regeln seien. Die Klubs seien vor der Saison darauf hingewiesen worden. Das mag stimmen, aber was Bieri  verschwieg: diese Regeln werden so wie es scheint willkürlich umgesetzt. 

Wir haben im Archiv vier Penalties gefunden, die diese Saison definitiv (weder beim ersten Schuss, noch beim Nachschuss) nicht verwertet wurden und deshalb relevant sind für die Frage, ob der Torhüter mit einem Fuss die Linie berührt hat:

  • Lawrence Ati Zigi gegen Young Boys
  • Noam Baumann gegen St. Gallen
  • Kevin Fickentscher gegen den FC Zürich
  • Laurent Walthert gegen den FC Zürich

Und siehe da! Von den vier Torhütern schien nur einer (Walthert) seinen Fuss auf der Linie zu haben! Baumann (Lugano) gegen St. Gallens Cédric Itten und Fickentscher (Sion) gegen Benjamin Kololli (FCZ) standen ähnlich knapp wie Zigi VOR der Linie – ohne dass es der VAR für nötig befand, dies zu melden! Die berechtigte Frage stellt sich also: wenn man es schon so genau nehmen will, warum nur, wenn es YB betrifft?

Bei St. Gallen – YB war Sandro Schärer der Verantwortliche VAR wie schon vor zwei Wochen bei FCZ – Basel, als er ein klares Stürmerfoul von Cabral gegen Nathan vor dem wichtigen 0:1 schon nach 12 Sekunden übersah – siehe: FCZ – FCB Analyse

Wie in St. Gallen war Alain Bieri zudem zum Saisonauftakt FCZ – Lugano Schiedsrichter gewesen, als er die Schwalbe von Jonathan Sabbatini vor dem Penalty zum wegweisenden 0:1 als „Foul“ taxierte, und von VAR Stephan Klossner nicht auf diese Fehlentscheidung hingewiesen wurde – siehe: FCZ – Lugano Analyse

Auffallend ist zudem schon seit etwa zwei Jahren die gehäufte Besserbehandlung von YB in entscheidenden Szenen sowohl in Spielen gegen den FCZ wie auch gegen andere Gegner – siehe: YB – FCZ Analyse

Hier die vier relevanten Penalties:

Lawrence Ati Zigi steht gegen YB hauchdünn VOR der Linie:

Noam Baumann steht gegen St. Gallen hauchdünn VOR der Linie:

Kevin Fickentscher steht gegen den FCZ hauchdünn VOR der Linie:

Laurent Walthert steht gegen den FCZ als Einziger AUF der Linie:

(Standbilder: Teleclub / SRF) 

 

Die Direktbegegnungen gegen Xamax waren zuletzt immer heissumkämpft mit wechselnden im Mittelpunkt stehenden Protagonisten wie Veloso, Brecher, Dixon, Hekuran Kryeziu, Kololli, Rüegg, Ceesay, Mahi, Di Nardo, Karlen, Minder oder Kramer. Zu den heutigen Protagonisten gehören beim FCZ Nathan und Marco Schönbächler, die nach ihrer Sperre zurückkehren. Dafür fehlt der Zürcher MVP der Partie in Genf vor Wochenfrist, Toni Domgjoni gesperrt. Ausserdem steht auch Willie Britto wieder mal in der Startformation, Hekuran Kryeziu beginnt erneut auf der Bank. Es gibt mit dieser Startelf sowohl die Variante mit einer Viererabwehr oder mit einer Dreierabwehr zu beginnen.

Bei Neuchâtel Xamax fällt mit Musa Araz ebenfalls ein Zentraler Mittelfeldspieler (mit gebrochener Hand) aus. Die Neuenburger mussten in den letzten drei Monaten im Gegensatz zum FCZ nur sehr wenige Gegentore einstecken. Das 1:2 in Unterzahl zum Auftakt der Rückrunde gegen Servette war die einzige Partie, in welcher Torhüter Laurent Walthert zwei Mal hinter sich greifen musste. Der ehemalige FCZ-Junior Arbenit Xhemajli vermochte sich in den letzten Wochen nicht nur aufgrund seines Siegestores in Sion neben Igor Djuric und André Neitzke zu stabilisieren, so dass der bisherige Ausfall von Marcis Oss (Torschütze im Letzigrund in der Vorrunde) nicht so stark ins Gewicht fiel, wie auch schon. Winterneuverpflichtung Geoffroy Serey Dié ist innert kurzer Frist zu einer spielbestimmenden Figur bei den Xamaxiens geworden. FCZ-Leihspieler Maren Haile-Selassie ist in den letzten drei Spielen jeweils in den letzten zehn Minuten eingewechselt worden.

Für FCZ-Trainer Magnin fehlte es in den letzten Begegnungen an “Aggressivität in den Zweikämpfen, die Eins-gegen-Eins Duelle gingen zu oft an den Gegner“. Schaut man auf die Zweikampfstatistik der einzelnen Spieler, dann sieht man allerdings, dass Rüegg, Mirlind Kryeziu, Pa Modou, Domgjoni, Kololli, Tosin und Hekuran Kryeziu im Vergleich zu ihren eigenen Werten der letzten Jahre in Genf überdurchschnittlich viele Zweikämpfe gewonnen haben. Daraus resultierte schlussendlich unter anderem auch die Ballbesitz-Überlegenheit des FCZ im Stade de Genève. Unterdurchschnittlich bezüglich Zweikampfwerten waren mit Mahi, Kramer und Marchesano drei der vier Spieler aus der Offensivreihe, dazu Simon Sohm. Ausserdem verlor der eingewechselte Adi Winter seinen einzigen Zweikampf. Es waren also fast ausschliesslich die Offensivspieler, die sich in Genf in den Zweikämpfen zu wenig durchsetzen konnten.

Frage zum Spiel: Was braucht der FCZ am meisten, um gegen Xamax den ersten Rückrundensieg zu landen??

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Im klassischen Theater oder in Filmen tauchen immer wieder dieselben Figuren auf, einzig in Frisur und Kleidung an die aktuelle Mode angepasst – und manchmal nicht einmal das. So auch beim FCZ. Da gibt es die Figur des soliden Büezers, der Fussball als Arbeit versteht und es nur dank dieser Einstellung auch in die oberste Spielklasse geschafft hat. Er kommt über den Kampf ins Spiel und regt sich manchmal darüber auf, dass einige der Teamkollegen zu wenig laufen. Und da der Fussballgott manchmal gerecht ist, gelingt ausgerechnet dem Büezer die entscheidende Flanke in der letzten Sekunde einer 36 Runden dauernden Meisterschaft, die den ersten Titel seit 25 Jahren bringt. Oder er schiesst das einzige Tor seiner Karriere in seinem letzten Spiel. Oder er trifft in der Scala des Fussballs artistisch per finnischem Volkstanz-Schritt.

Mit dieser Figur kann sich der Fan identifizieren, der seit seinem 17. Lebensjahr jeden Werktag zwischen fünf und sechs Uhr aufsteht und zwei Mal wöchentlich mit viel Engagement und Herzblut eine Juniorenmannschaft trainiert. Sie taucht in jeder Spielergeneration wieder auf unter Namen wie Urs Fischer, Florian Stahel, Hannu Tihinen oder Alain Nef. Die zweite Figur ist diejenige des Künstlers, des erkannten, noch häufiger aber auch verkannten Genies. Sie liegt all denjenigen FCZ-Anhängern am Herzen, die wissen, dass es für echten Fortschritt und Innovation mehr braucht, als einzig an der Seitenlinie rauf- und runterzuhetzen. Die davon überzeugt sind, dass ein Pass von Zinedine Zidane oder ein Dribbling von Diego Armando Maradona die Welt verändern können, und die von der Schönheit der Ballbehandlung eines Roberto Baggio fasziniert sind. Die wissen, dass Künstler einen Leidensweg durchschreiten müssen, um überhaupt zu Künstlern zu werden – und es dazu Geduld und künstlerische Pausen braucht. Von Köbi Kuhn über Jure Jerkovic, Marcel Raducanu, Gocha Jamarauli und Raffael bis zu Yassine Chikhaoui durfte auch diese Figur nie fehlen.

Eine dritte Figur ist der Typ «durchgeknallter Stürmer». Wer emotional ist, instinktive Entscheidungen fällt, und in seiner Biographie schon manchen Bruch erlebt hat, der fühlt sich seelenverwandt mit einem John Linford, Fredy Chassot, Alhassane Keita, Eric Hassli oder Michi Frey. Die aufgezählten Interpreten der klassischen Figuren sind alles Fussballer aus der wilden Jugend-Ära des Fussballs. Die «Kindheitsära» war die Pionierzeit Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Es war die Zeit der «Unschuld», der improvisierten Fussballfelder und der Geldknappheit, in welcher Mäzenatentum bedeutete, den jungen Burschen einen Matchball zu spenden. In der «Jugend-Ära» (zweite Hälfte 20. Jahrhundert und noch ein paar Jahre darüber hinaus) geschah der grosse Aufbruch. Fussball wird globaler Volkssport, mit Live-Übertragungen zuerst im Radio, dann im TV, sowie eine drastische Zunahme der Anzahl Profispieler.

Mittlerweile ist der Fussball aber in eine neue Ära eingetreten. Er ist erwachsen geworden. Fertig lustig! In den Jugendjahren des Fussballs konnte ein Spieler mit viel Talent noch einen ungesunden Lebenswandel pflegen oder neben dem Fussball Vollzeit arbeiten und trotzdem international mithalten. Da wurden Nationalspieler ohne einen Schimmer von Didaktik Kraft ihres grossen Namens nach Beendigung ihrer Karriere automatisch Trainer in der höchsten Liga. Und auf dem Platz waren die Rollen klar verteilt: es gab die Wasserträger, Haudegen, Knipser und Regisseure mit dem Bewegungsradius eines imaginären Bierdeckels. Ganz unterschiedliche Typen, Charaktere, Figuren – wie im klassischen griechischen Theater.

Der Fussball hat sich professionalisiert und globalisiert. Das Niveau ist gestiegen. Die breit angelegte SFV-Ausbildungsphilosophie seit den 90-er Jahren bringt es mit sich, dass in Super League und Challenge League alle Gegenspieler taktisch und technisch gut ausgebildet sind. Weltweit bieten sich zehntausende Spieler und mindestens ebenso viele Spezialisten drumherum wie Trainer, Medizinisches Personal, Scouts, Analytiker, Ausbildner und so weiter den Klubs an, sorgen für Konkurrenz und können von diesem Sport zu 100% leben. Um nur schon auf dem Niveau einer Super League mithalten zu können, muss jeder Profispieler, vom Torhüter bis zum Mittelstürmer, heutzutage ein Mindestmass an Technik, Spielverständnis, Kraft, mentalen Qualitäten und Laufleistung mitbringen.

Bei dem Tempo, in welchem heute Fussball gespielt wird, geht es erstmal nicht darum, mit dem Ball irgendwelche Wunderdinge zu vollbringen – das können bei dieser Geschwindigkeit sowieso nur ganz wenige. Viel wichtiger ist eine solide erste Ballberührung bei hohem Tempo – und dies vor allem konstant in mindestens 90% der Fälle, dazu Beweglichkeit und Handlungsschnelligkeit. Der moderne Fussball ist besser, aber in vielen Dingen auch gleichförmiger geworden. Um mithalten zu können, darf man heute keine echten Schwachpunkte mehr haben. Gerade die Schwachpunkte waren es jeweils gewesen, die in der Vergangenheit eine Figur, einen Typen charakterisierten.

Der FCZ war immer ein Team der Typen und Charakterköpfe. Die meisten Fans, Journalisten und auch Vereinsverantwortlichen sind in der «Jugend-Ära des Fussballs» aufgewachsen und von dieser geprägt worden. Bis heute werden von allen Seiten in der 1. Mannschaft Figuren gerne gesehen, die etwas aus der Zeit gefallen scheinen. Auch gegnerische Spieler und Trainer haben die letzten Jahre wiederholt von den technischen Finessen von FCZ-Spielern geschwärmt, und gleichzeitig gerne die drei Punkte mit nach Hause genommen. Ein Mimoun Mahi beispielsweise oder ein Benjamin Kololli streicheln zwar den Ball so sanft wie einen Hundewelpen, verschleppen aber auch das Spiel wie ein Spielmacher aus den 80er-Jahren und verursachen gegen heutige laufstarke Gegner viele Ballverluste. Ein Denis Popovic ist so langsam, dass er nur in einem Team mit neun sehr laufstarken Mitspielern funktionieren kann, wie das bei seinem Ex-Klub Orenburg der Fall war. Ein Salim Khelifi oder Antonio Marchesano müssen hart kämpfen, um auf Super League-Niveau physisch und von der Reichweite her bestehen zu können.

YB beispielsweise hat im Jahr 2013 aufgehört, Spieler wie Silberbauer, Ojala oder Jemal zu verpflichten, die den Anforderungen des modernen Fussballs auf Super League-Niveau in einem oder mehreren Bereichen nicht gewachsen sind. Als einzige Ausnahme fand zwischendurch wegen der finanziellen Probleme des FC Biel Benjamin Kololli ein halbes Jahr per Leihe Unterschlupf, wurde dann aber wenig überraschend nicht weiter verpflichtet. Servette hat nach dem Aufstieg schnell gemerkt, dass ein «Bierdeckel-Fussballer» wie Sébastien Wüthrich zwar immer wieder für ein paar Skorerpunkte gut sein kann, aber die Entwicklung des Teams in Richtung modernen Super League-Fussballs behindert. Luzern hat sich aus ähnlichen Gründen von Valeriane Gvilia getrennt. Beim FCZ finden solche Spieler weiterhin Unterschlupf. Ein Grégory Sertic beispielsweise schlurfte jeweils über den Platz, als ob er am Sonntagmorgen in den Hausschuhen durchs Wohnzimmer watscheln würde. Yassin Maouche begriff nicht, dass man in der Super League keinen lockeren Plauschfussball wie mit den Copains in der Badi spielen kann.

Umso schwerer wiegt darum, dass viele dieser Künstler nicht nur ineffizient und wenig teamorientiert spielen, sondern obendrein auch noch teuer sind. Es fehlt dadurch das Geld für beispielsweise einen treffsicheren und gleichzeitig laufstarken Stürmer. Eines der Paradebeispiele ist Yassine Chikhaoui, der acht Jahre lang da und meist eben doch nicht da war, und wenn er zwischendurch wieder mal zurückkam, das Teamgefüge eher störte, als befruchtete. Es gab durchaus auch Künstler, die sich in ihrer Zürcher Zeit entwickelten, wie zum Beispiel Davide Chiumiento, der wieder lernte aufs Tor zu schiessen und sogar Kopfballduelle gegen Verteidiger wie Grégory Wüthrich zu gewinnen begann – für ein paar Monate. Es ist jedem Super League-Klub freigestellt, langsame Techniker wie Asmir Kajevic oder Andres Vasquez zu verpflichten, aber man darf dann nicht erwarten, dass man sicher in der Super League bleibt. Und selbst in der Challenge League ist es auch mit grossen Investitionen nicht einfach, mit Spielmachern alter Schule wie Markus Neumayr, die in der Defensiven Phase praktisch inexistent sind, aufzusteigen.

Wie man Wochenende für Wochenende sieht, reicht es nicht, nur acht Spieler aufs Feld zu schicken, die in allen wichtigen Bereichen auf Super League-Niveau bestehen können. Es müssen elf sein, die in allen Bereichen ein gewisses Mindestniveau mitbringen. Denn die anderen Mannschaften, auch die «Kleinen» der Liga, bringen mittlerweile meistens elf solche Spieler auf den Platz. Und, das ist mehr als nur eine Phrase: ein Team ist immer nur so gut wie ihr schwächstes Glied. Bisher war es häufig so, dass das pure Talent aus dem eigenen Nachwuchs und die Fähigkeit, sich häufig für wichtige Spiele speziell zu motivieren, immer wieder gewisse Schwachpunkte übertüncht haben. Aber der FCZ sollte sich nun langsam aber sicher von Spielern trennen, die an die gute, alte Jugend-Zeit des Fussballs erinnern –  und im modernen, erwachsenen Fussball ankommen – mit elf Spielern auf dem Platz, die als Einzelspieler und im Team in der Lage sind, läuferisch, technisch, mental, physisch sowie bezüglich Geschwindigkeit gegen jedes andere Super League-Team zu bestehen.

Die Analyse der Partie in Genf bringt Parallelen, aber auch Unterschiede zum Basel-Heimspiel vor einer Woche mit sich. Zu den Parallelen gehört neben den vier Gegentoren, dass das Chancenverhältnis nach Expected Goals bis nach der 70. Minute ausgeglichen war. Zu diesem Zeitpunkt hätte es ähnlich wie schon gegen die Rot-Blauen eine Woche davor dem Chancenverhältnis entsprechend Unentschieden stehen müssen. Und dies obwohl die grössten FCZ-Torchancen der Ersten Halbzeit in der Chancenstatistik gar nicht mitgezählt worden sind, weil es dabei zu keinem Abschluss kam (Doppelchance Mahi / Marchesano, sowie Kololli). Da der FCZ aber aus einer Chancengleichheit wieder ein Tor weniger erzielt hatte, ging er wie schon gegen den FCB mehr Risiken ein, und kassierte dadurch noch zwei weitere Treffer.

Was zu denken geben muss: dass eine Mannschaft, die ein höheres Risiko eingeht, Gefahr läuft, mehr Gegentore zu kassieren, ist logisch – aber das erhöhte Risiko müsste gleichzeitig auch zu mehr selbst erzielten Toren führen – und dies ist beim FCZ nicht der Fall. Offensichtlich ist das Team schlecht darin, im «offenen Schlagabtausch» zu spielen, und man würde wahrscheinlich zu mehr Torchancen kommen, wenn man die Taktik und Risikodosierung in der Schlussphase nicht verändern würde – sondern nur die Intensität.

Wenn man die Partie am Fusse des Salèves auf eine Szene reduzieren will, so ist es die Entstehung des 3:1 in der 79. Minute. Der FCZ steht hoch, Becir Omeragic spielt einen guten langen Ball nach rechts vorne auf Kevin Rüegg. Gelingt in dieser Situation Rüegg eine gute Ballan- und mitnahme, dann kann er mit seinem überlegenen Speed im Vergleich mit Gegenspieler Iapichino diagonal alleine mit Ball in den Strafraum ziehen und entweder selbst schiessen oder in der Mitte Tosin beziehungsweise Kramer bedienen: eine Topchance zum Zürcher Ausgleich!

Rüegg misslingt aber die Ballmitnahme, dadurch kann ihm Iapichino den Ball «abluchsen». Der FCZ steht jetzt mit sechs Mann am gegnerischen Strafraum, aber ohne Ball – schlimmer noch: ohne Zugriff zum Ball. Marchesano rückt sogar rechts auch noch mit an die Strafraumgrenze auf, ohne den sich in Ballbesitz befindlichen Vincent Sasso auch nur im Ansatz am Abspiel stören zu können. Dadurch steht Varol Tasar völlig blank, und hat angespielt von Sasso viel Platz und Zeit, den entscheidenden Pass in die Tiefe gegen eine hoch an der Mittelinie stehende Zürcher Abwehr zu spielen. Omeragic staffelt dabei ein paar Zentimeter zu weit zurück, so dass Koné wohl auf gleicher Höhe und knapp nicht im Offside steht. Wenn bei der konternden Mannschaft in so einer Situation das Timing stimmt, ist es für jede Abwehrreihe der Welt praktisch unmöglich, einen sich bereits an der Mittellinie in Höchsttempo befindlichen gegnerischen Angreifer wie Stevanovic noch einzuholen – weil die Verteidiger wegen der Offsidefalle erst dann loslaufen können, wenn der Pass gespielt ist – und dann noch 20-30 Meter benötigen, um auf ihr Höchsttempo zu kommen.

Zu Beginn kam Pedersen-Ersatz Pa Modou gut in die Partie. Dies gab dem ganzen Team Vertrauen. Auch seine präzisen weiten Einwürfe von links waren zuletzt vermisst worden. In der 17. Minute gelang eine Traumkombination über Marchesano – Rüegg – Tosin – wieder Rüegg – Domgjoni (Aussenrist-Laserpass) – Kololli (Ablage mit der Hacke) bis zum Abschluss von Mahi. In der 36. Minute müsste Mahi am nahen Pfosten nur den Fuss hinhalten und es wäre nach guter Vorarbeit Tosins über rechts wohl ein Tor. Aber der Holländer will den Ball ins Netz «spielen», macht eine unnötige Ausholbewegung und verpasst dadurch den Ball genauso knapp wie am entfernten Pfosten Marchesano. In der 44. Minute zögert Kololli im Strafraum nach einer weiteren schönen Kombination über Marchesano – Mahi – Tosin – Domgjoni und wieder Marchesano mit dem Abschluss zu lange.

Davor war der FCZ wie es in der Rückrunde zur Normalität zu werden scheint, erneut in einer entscheidenden Szene von den Unparteiischen benachteiligt worden. Mahi will in bester Position im Strafraum schiessen. Gegenspieler Boris Cespedes sieht, dass er Mahi nur noch mit einem Foul am Abschluss hindern kann und zieht diesen am Arm so runter, dass der sich in der Ausholbewegung befindliche Zürcher Offensivmann am Ball vorbeihaut: ein klarer Penalty. Nicht gepfiffen von Schiedsrichter Dudic – was umso unverständlicher ist, als dass der Berner Referee kurz nach der Pause einen vielversprechenden Angriff des FC Zürich mit einem Foulpfiff unterband, als Kololli in einer sehr vergleichbaren Szene im Mittelfeld Cespedes am Arm zog. Dudic pfiff, obwohl das Foul von Kololli an Cespedes weniger schwerwiegend war, als dasjenige von Cespedes an Mahi im Strafraum – das Ziehen am Arm war weniger heftig und kürzer in der Dauer, zudem hatte der Gegenspieler (Cespedes) Kololli zuerst angegangen, was bei Mahi überhaupt nicht der Fall gewesen war – und dann fand die Aktion erst noch komplett abseits des Ballgeschehens statt. Da wurde mit unterschiedlichen Ellen gemessen.

Servette beging durchaus Fehler, welche der FCZ aber nicht zu nutzen wusste. Die Genfer hatten nicht einmal aus ihrem entscheidenden Fehler vor Wochenfrist in St. Gallen gelernt, als Park an der Seitenlinie gepflegt wurde und keiner der Stürmer (Tasar, Koné) dessen Position auf der linken Seite einnahm. So konnte damals St. Gallen über rechts in Überzahl gegen Iapichino angreifen und das einzige Tor jener Partie erzielen. Gegen den FCZ passierte Servette der gleiche Fehler gleich nochmal! Als Rouiller gepflegt wurde, rückte zwar Cognat für diesen in die Innenverteidigung, aber dadurch war erneut die linke Seite der Genfer entblösst – Tasar und Kyei schliefen. Rüegg hatte freie Bahn und bediente aus dem Halbfeld hinter die Genfer Abwehr Mahi, der allerdings unaufmerksam gewesen und zu früh losgerannt war. Statt einer Topchance alleine vor Jérémy Frick gabs einen Offsidepfiff.

Vor dem Spiel wurde hier Miroslav Stevanovic stark thematisiert. Der Bosnier hat tatsächlich erneut eine gute Leistung auf den Platz gebracht mit einzelnen starken Flanken und Zuspielen, und dabei gemäss «SofaScore» sogar einen internationalen Rekord der letzten fünf Jahre gebrochen, da er in sieben Grosschancen involviert gewesen sei. Trotz der drei Assists in Genf war sein Beitrag an den Servette-Toren beim 0:5 im Letzigrund vor der Winterpause noch grösser gewesen. Sein Gegenspieler Pa Modou begann in Genf gut mit einem Ballgewinn und gewonnenen Kopfballduell in den ersten vier Minuten. Man merkte, dass der Gambier der Mannschaft grundsätzlich gut tut, aber ebenso, dass er (noch) nicht in Vollbesitz seiner Kräfte ist. Wie immer, wenn er nicht ganz fit ist, war er vor allem in der Rückwärtsbewegung zu langsam. Im Dezember beim 0:5 gegen den gleichen Gegner im Letzigrund war das noch deutlich schlimmer gewesen. Dieses Spiel hatte die linke Zürcher Seite praktisch im Alleingang verloren. Trotzdem wäre in Genf die hier vor der Partie vorgeschlagene taktische Variante einer Dreier-/Fünferabwehr wie ab der 30. Minute gegen Basel wohl die bessere Lösung gewesen.

FCZ-Trainer Magnin erklärt Niederlagen gegenüber den Medienvertretern häufig mit individuellen Fehlern seiner Spieler, obwohl diese in vielen Fällen nicht in erster Linie mehr individuelle Fehler als die Gegner begehen, sondern diese einfach weniger gut auszunutzen wissen.  In Genf hingegen waren die vielen individuellen Fehler auf FCZ-Seite tatsächlich zentral für die Niederlage. Dies schlägt sich unter anderem auch in einem für diese Saison rekordtiefen Züri Live-Notenschnitt von 4,2 (sogar tiefer als bei der 0:5-Niederlage gegen Servette im Letzigrund) nieder, nachdem sich zuvor die Leistung der Mannschaft in der Rückrunde von Spiel zu Spiel verbessert hatte. Diesmal war die Fehlerhexe ominpräsent. Keiner hatte somit im Endeffekt eine höhere Note als «6», was ungewöhnlich ist.

Fangen wir mit dem Positiven an: Zu den Hoffnungsschimmern gehört der Einsatz des in der 55. Minute eingewechselten Hekuran Kryeziu, der besser spielte, als er dies im Durchschnittsfall vor seiner Verletzung getan hatte. Ganz im Gegensatz dazu steht Adrian Winter, welcher auch bei seiner dritten Einwechslung seit der doppeldeutigen «Winterpause» die Mannschaft faktisch in Unterzahl versetzte. Kramer, der andere eingewechselte Zürcher Offensivmann, erhält wie Winter von Züri Live ebenfalls eine Note «2», allerdings aus anderen Gründen. Der Slowene war nach seiner Einwechslung in der 68. Minute durchaus präsent und vergab innerhalb der ersten drei Minuten zwei Grosschancen, beide auf Zuspiel von Tosin. Die Gelegenheit in der 70. Minute vergab der Slowene, weil er trotz seiner Grösse schlecht im Kopfballspiel ist. Diejenige eine Minute später ebenfalls aus sechs Metern mit dem linken Fuss war aufgrund der aufsetzenden Flanke nicht ganz einfach zu verwerten.

Der FCZ hatte in Genf abgesehen von der Viertelstunde vor der Pause in der ganzen Partie zwischen 54% und 60% Ballbesitz. Dies ist aber nicht Kramers Fussball. Es gibt wohl keinen Stürmer der Liga, bei dem es für gegnerische Verteidiger so einfach ist, den Ball wegzunehmen, wenn er  zum Beispiel mit dem Rücken zum gegnerischen Tor einen Ball fixieren sollte. Kramer kann nur Tore erzielen, wenn er in Bewegung ist. Um in Bewegung zu sein, braucht es Räume. Um Räume vorzufinden, muss man schnell umschalten (mit dem Risiko von ebenso schnellen Ballverlusten) – und der Gegner darf nicht allzu tief stehen.

Auch die in der Startformation aufgelaufenen Forwards wie Tosin, Mahi und Kololli haben alle eine (knapp) ungenügende Note. Tosin war dabei der Barometer des Zürcher Spiels. Solange es dem Nigerianer lief, war das Chancenverhältnis ausgeglichen und der FCZ blieb im Spiel. Mit dem starken Leistungsabfall des aus Lettland nach Zürich gewechselten Offensivmannes in der Schlussviertelstunde ging dann auch die Partie verloren. Davor war die Mehrzahl der guten FCZ-Tormöglichkeiten aufgrund von Tosin-Aktionen über rechts zustandegekommen und auch den schön herausgespielten 1:1-Ausgleich in der 64. Minute hatte der 21-jährige erzielt – eine logische Folge der Zürcher Druckphase nach der Pause. Unter anderem zeigte sich in dieser Phase, warum Servette-Torhüter Jérémy Frick ligaweit statistisch zu den besten Torhütern gehört, als er beispielsweise in der 63. Minute bereits am Boden liegend das so gut wie sichere Zürcher Tor durch Pa Modou mit einem Weltklasse-Fussreflex verhinderte. Schon drei Minuten nach dem Ausgleich war Tosin dann entscheidend daran beteiligt, dass Servette schnell wieder in Führung gehen konnte. Er vergass für einen Moment, Rüegg zu unterstützen, der sich mit Cognat, Tasar und Iapichino gleich drei Servettiens gegenübersah – Tasar konnte so unbedrängt auf Koné flanken, welcher spektakulär zum 2:1 einköpfte. In der Schlussviertelstunde sah man dann  von Tosin nur noch Fehlpässe, Ballverluste und Unkonzentriertheiten – der FCZ konnte so nur noch aus dem Zentrum heraus ein, zwei Mal eine gute Aktion nach vorne kreieren.

Denn auf der linken Seite lief zu dem Zeitpunkt auch nichts mehr. Benjamin Kololli scheint zuletzt durchaus etwas gereift zu sein. Er ist etwas bescheidener geworden, verrichtet mehr Defensivarbeit, denkt etwas mehr fürs Team. Ähnliches lässt sich auch von Mimoun Mahi sagen. Die Stossrichtung stimmt, aber unter dem Strich ist es gegen die meisten Super League-Gegner immer noch zu wenig. Und es ist speziell bei Kololli immer noch auch eine Einstellungssache. Dies war gegen Servette beispielsweise bei Standards ersichtlich. Das Duo Mahi / Kololli zeigte dabei einerseits zwei Mal etwas, was man beim FCZ schon lange nicht mehr gesehen hat: überlegt durchgezogene Standardvarianten, bei denen Kololli zu zwei guten Abschlusschancen kam. Sobald Kololli dann aber Standardvarianten mit anderen Mitspielern durchführte, gingen sie schief.

Mit Rüegg versuchte er bei einem Freistoss einen Doppelpass zu spielen, aber sein erster Ball auf kurze Distanz war viel zu wenig scharf gespielt, so dass Rüegg unter Druck geriet und der Passweg zurück auf Kololli zugestellt war. Bei einem weiteren Freistoss war angedacht, dass Kololli hoch auf Pa Modou spielt, und dieser den Ball per Kopf weiterleitet. Beide Protagonisten schienen aber nicht ganz bei der Sache zu sein. Pa Modou stellte sich zuerst auf die falsche Position. Als er dies bemerkte, lief er auf schnellstem Weg hinter der Servette-Abwehrreihe an den richtigen Ort und gab Kololli ein Zeichen, dass er mit der Ausführung des Freistosses noch warten solle. Kololli begriff die Situation nicht und spielte den Ball umgehend in Richtung des winkenden Pa Modou, welcher hinter der Abwehrmauer durchlaufend aber natürlich im Offside stand, was die Unparteiischen folgerichtig auch so entschieden: eine peinliche Art und Weise, eine Freistosschance zu versemmeln.

Zusammenfassend zur Zürcher Offensivreihe: Tosin baute ab der 75. Minute ab, Mahi ist im Abschluss im FCZ-Dress bisher zu schwach (in Groningen war seine Abschlusseffizienz höher), Kramers eingeschränkter Bereich an Stärken konnte in Genf aufgrund des Gegners und der Spielentwicklung zu wenig genutzt werden – und Kololli fehlt für bessere Abschlüsse wohl auch etwas die Spielpraxis. Der zur Zeit im Abschluss effizienteste Zürcher, Marco Schönbächler, fehlte im Stade de Genève gesperrt. So gelang trotz vieler Torchancen (so viele wie noch nie in dieser Rückrunde und ein Expected Goals-Wert von 1,79) nur ein Treffer.

Erfreulich war der Auftritt von Toni Domgjoni, der bemüht war, das Spiel an sich zu reissen. Der Mittelfeldspieler aus dem eigenen Nachwuchs ist drauf und dran, in die Rolle eines künftigen Captains hineinzuwachsen. Marchesano spielte viele direkte Bälle in die Tiefe, aber nur einer seiner acht langen Bälle kam bei einem Mitspieler an: normalerweise ist seine Quote deutlich besser. Schlussendlich müssen wir dann natürlich noch zu Simon Sohm kommen. Sein grober Schnitzer vor dem 0:1 in der 23. Minute (allerdings von Cognat auch hervorragend antizipiert) war der Nackenschlag, welcher dem FCZ in Genf sehr weh tat. Die ersten 20 Minuten hatten die Zürcher gut begonnen. Dann verseuchte von einem Moment auf den anderen eine Fehlerserie das eigene Spiel: erst Marchesano, dann Mirlind Kryeziu und schliesslich der entscheidende Fehler durch Sohm. Der 18-jährige war in Genf von der Rolle, denn bis zu seiner Auswechslung in der 55. Minute unterliefen ihm noch eine ganze Reihe weiterer Schnitzer – so viele wie vorher noch nie im Dress der 1. Mannschaft. Die Mehrzahl der Servette-Grosschancen vor der Pause hatten einen Sohm-Ballverlust am Ursprung. Es war nicht alles an Sohms Einsatz in Genf schlecht, wie noch eine Woche zuvor bei Pedersen – aber für die Note «1» reichte es trotzdem allemal.

Servette – FCZ 4:1 (1:0)

Tore:  23. Kyei (Stevanovic) 1:0; 64. Tosin (Marchesano) 1:1, 67. Koné (Tasar) 2:1, 79. Koné (Stevanovic) 3:1, 90.+4 Koné (Stevanovic) 4:1.

Servette: Frick; Sauthier, Rouiller, Sasso, Iapichino; Stevanovic, Cespedes, Ondoua, Cognat (81. Imeri); Tasar (90. Alves), Kyei (65. Koné).

FCZ: Brecher; Rüegg, Omeragic, M. Kryeziu, Pa Modou; Domgjoni, Sohm (55. H. Kryeziu); Tosin, Marchesano, Kololli (81. Winter); Mahi (68. Kramer).

(Standbilder: Teleclub)

Die zuletzt angeschlagenen Becir Omeragic und Pa Modou kehren im Stade de Genève am Fusse des Salève beim FCZ wieder in die Startformation zurück. Pa Modou soll also in erster Linie das „Schlüsselproblem“ Stevanovic lösen – und für Omeragic ist es natürlich gegen seinen Jugendklub ein spezielles Spiel. Sind beide in Bestverfassung, sind sie eine wichtige Verstärkung. Ob die Bestverfassung wirklich schon wieder da ist, wird man während der Partie sehen. Die Aussagen von Coach Magnin vor der Partie („im Normalfall wären sie in Genf noch nicht dabei“) lassen keinen Raum für verfrühte Euphorie. Wie vermutet, ist zudem Stephan Seiler auf dem Matchblatt mit dabei. Blaz Kramer beginnt auf der Bank. Somit wird wohl Aiyegun Tosin als Spitze auflaufen. Pedersen ist nicht im Aufgebot mit dabei.Servette-Coach Alain Geiger löst das Problem des Ausfalls von zwei flinken Offensivspielern (Park, Schalk) leicht anders, als von Züri Live vermutet. Er bleibt dabei, Kyei und Koné nicht von Beginn an in der Startformation zu bringen, was der Walliser diese Saison noch nie gemacht hat. Diesmal erhält Grejohn Kyei den Vortritt vor seinem Stürmerkollegen. Varol Tasar wird voraussichtlich erneut im Offensivzentrum auflaufen und der Franzose Timothé Cognat als ebenfalls wirbliger Akteur die vakante Position auf der linken Seite übernehmen. Dafür bilden heute Boris Cespedes und Gaël Ondoua das Mittelfeldzentrum. Wie vermutet sitzen die jungen Imeri und Alves nur auf der Bank.

Vorschau-Artikel hier: „Der FCZ und sein Problem Stevanovic“

Wofür steht der FCZ? Der FCZ ist eine Cupmannschaft. In entscheidenden Spielen gegen starke Gegner war man in den letzten Jahren im Vergleich zu den Resultaten in der Meisterschaft überdurchschnittlich erfolgreich – national und international. Der FCZ steht für konsequente Juniorenförderung – nur ganz wenige Teams in Europa geben aktuell Spielern aus dem eigenen Nachwuchs so viel Spielzeit. Der FCZ hat die grösste und kreativste Fankurve des Landes – und die erfolgreichste Frauenmannschaft. Der FCZ bringt in der Juniorenentwicklung im Vergleich zum Lokalrivalen eher die spielerisch, technisch und taktisch filigranen Spieler heraus – und weniger die physisch starken «Brechertypen». Der FCZ hat seit Daniel Jeandupeux und später Lucien Favre und Bernard Challandes, sowie heute Ludovic Magnin ein starkes «welsches» und damit teilweise verbunden auch «afrikanisches» Element.

Und wie sieht es mit der Spielweise aus? Was in dieser Hinsicht den FCZ ausmacht und was er an seiner Spielweise anpassen (oder beibehalten) muss, um wieder in die Erfolgsspur zu finden, lässt sich durchaus unter anderem aus Statistiken herauslesen. Erst mal zu den Stärken: Antonio Marchesano ist der König der intelligenten / kreativen Zuspiele («Smart Passes»). Pro 90 Minuten kommt der Tessiner auf 2,84 solcher Zuspiele und liegt damit klar vor Valentin Stocker (2,17) und Roger Assalé (1,98) ligaweit an der Spitze. Die grösste Genauigkeit bei «Smart Passes» hat hingegen mit grossem Abstand Marco Schönbächler. Seine 64.29% Passgenauigkeit bei kreativen Zuspielen sind bemerkenswert, liegen doch alle anderen Spieler der Liga unter 50%, auch Fabian Frei und Valentin Stocker, die in dieser Wertung an zweiter und dritter Position liegen. Tatsächlich ist das räumliche Vorstellungsvermögen wohl die grösste Stärke von «Schönbi» – noch vor seiner Technik und Schnelligkeit, welche sich im Ligavergleich ebenfalls auf hohem Niveau bewegen.

Bei der Anzahl Schnittstellenpässe liegt wiederum Antonio Marchesano mit 2,51 pro 90 Minuten an zweiter Stelle hinter Jonathan Sabbatini. Bei den «Key Passes» (entscheidende Zuspiele) liegen Mahi, Schönbächler und Marchesano in den Top 15 – das Spitzentrio bilden hier Tosetti, Zhegrova und Bua, die alle etwa einen solchen Pass pro 90 Minuten zustande bringen. Bei den Smart Passes ist der FCZ als Team die Nummer Zwei der Liga, bei den Key Passes die Nummer Drei (hinter YB und Basel). Zählt man hingegen einfach nur die Anzahl Pässe insgesamt pro 90 Minuten, ohne Rücksicht auf Wirkung und Präzision, dann liegt der mittlerweile zurück nach Russland gewechselte Denis Popovic mit 59 an der Spitze vor Eray Cömert, Fabian Frei, Mirlind Kryeziu und Fabian Lustenberger.

Dementsprechend ist das FCZ-Spiel auf Kreativität und das Spiel durch die Mitte ausgerichtet. Zürich kommt nur zu 14,64 Flanken pro Spiel (nr. 7 der Liga). Dass man wenig über die Seiten spielt, macht auch darum Sinn, weil die Flanken selten ankommen – nach Thun ist man mit 29,1% Präzision am zweitschlechtesten in diesem Bereich – wobei man bei dieser Statistik anmerken muss, dass sie nicht nur von den Flankengebern, sondern auch den potentiellen Flankenempfängern abhängt.

Der FC Zürich ist zudem die Nummer Eins der Liga in der Metrik «Expected Goals pro Schuss». Dies lässt darauf schliessen, dass die Zürcher Spieler im Durchschnitt für ihre Abschlüsse von allen Mannschaften am besten postiert sind. Auch bringt das Team von Trainer Ludovic Magnin nach Basel und St. Gallen den dritthöchsten Anteil seiner Abschlüsse (36,9%) aufs gegnerische Gehäuse – wohl unter anderem wegen der guten Positionierung. Das Problem ist die Anzahl der Abschlüsse insgesamt. Nur Sion kommt in dieser Saison bisher aus dem Spiel heraus weniger zum Abschluss als der FCZ. Bei der Anzahl Weitschüsse liegt der FCZ zusammen mit Sion und Xamax am Schluss der Rangliste.

Stark ist der FCZ zudem unter dem Strich bezüglich Prozentsatz der gewonnenen Luftduelle, wo das Letzigrund-Team die Nummer zwei hinter YB ist. Allerdings ist diese Statistik stark geprägt von den in der Luft ligaweit zu den besten Spielern gehörenden Nathan und Mirlind Kryeziu. Man gewinnt sehr viele defensive Kopfballduelle und hat zusammen mit dem FCB bisher am wenigsten Kopfballgegentore erhalten. Wenn es hingegen um erfolgreiche Offensivkopfbälle geht, die eine noch deutlich höhere Anforderung an Timing und Präzision stellen, sieht es ganz anders aus – bei der Anzahl erzielter Kopfballtore liegt der FCZ auf dem letzten Platz der Liga. Marchesano, Mahi und Kramer haben bisher je einen Treffer per Kopf erzielt – und dabei scheint Marchesano dank seinem Timing und Präzision der offensiv stärkste Kopfballspieler beim FCZ zu sein. Hohe Bälle auf den kleinsten Spieler zu spielen, erscheint zwar vordergründig unlogisch zu sein, würde aber für den FCZ zumindest als Variante absolut Sinn machen, nicht zuletzt auch weil Marchesano in der Regel vom Gegner in solchen Situationen eher etwas ausser Acht gelassen wird.

In Bezug auf die Effektivität des Pressings liegt der FCZ hinter St. Gallen, YB, Servette und Basel zur Zeit an fünfter Position. Noch eine Position besser klassiert ist man in der Wertung «PPDA against», was bedeutet, dass der FCZ relativ gut darin ist, gegen eine pressende Mannschaft hinten heraus Lösungen zu finden und den Ball zu behaupten. Dies ist ein wichtiger Erklärungsansatz für die guten Resultate bisher in dieser Saison gegen den FC St. Gallen.

Zürich hat nach Thun und Sion am drittmeisten Gegentore erhalten, weil man am zweitmeisten Schüsse der Gegner zulässt. Zwar ist man die Nummer drei bei der Anzahl blockierter Schüsse, kassiert aber trotzdem am meisten Weitschussgegentore. Auch Direkte Freistösse und Penalties lässt man mehr rein als der Rest der Liga. Die Anzahl der erhaltenen Tore ist zudem höher, als die erwarteten Gegentore, was auf einen eher etwas unterdurchschnittlichen Torhüter schliessen lässt.

Die beste Mannschaft der ganzen Liga ist der FCZ in den Eins-gegen-Eins Dribblings mit einer Erfolgsquote von 56,2%, was den Ruf als technisch starke Mannschaft weiter untermauert. Gleichzeitig liegt man bei der Häufigkeit dieser Eins-gegen-Eins Situationen nur auf dem fünften Platz. Dies bedeutet, dass man wohl noch häufiger ins Eins-gegen-Eins gehen sollte – vorausgesetzt die Absicherung bei Ballverlust ist vorhanden.

Zusammenfassend kann man zu folgenden (vorläufigen) Schlussfolgerungen kommen:

  • Der FCZ erhält zu viele Gegentore vor allem weil er zu viele Abschlüsse zulässt – aufgrund des Studiums der Aufstellungen scheinen ein gesunder Pa Modou und ein gesunder Omeragic Schlüsselfaktoren zu sein, um die verletzliche linke Seite zuzumachen und die Anzahl Abschlüsse des Gegners stark zu reduzieren – ausserdem ist es wichtig, dass die „Offensivreihe“ defensiv stärker wird, damit die Gegner weniger häufig in Ballbesitz im Zürcher Verteidigungsdrittel auftauchen
  • Kreatives und intelligentes Passspiel durch die Mitte, speziell auch bei Kontersituationen, ist die grosse Stärke dieses FC Zürich – daher sollte diese Spielweise noch weiter verstärkt werden, damit man selbst noch häufiger zum Abschluss kommt
  • Es ist wieder einmal Zeit für einen Meisterschafts-Sieg gegen YB: dass der FCZ gegen hoch pressende Mannschaften durchaus eine gute Falle machen kann, sieht man gegen St. Gallen
  • Falls die defensive Absicherung vorhanden ist, sollte der FCZ die Eins-gegen-Eins Duelle noch häufiger suchen
  • Antonio Marchesano sollte bei hohen Bällen in den Strafraum häufiger als Anspielstation gesucht werden, man sollte den Tessiner ganz allgemein häufiger in gute Abschlussposition bringen

(Daten: Züri Live, SFL, Wyscout)

Nach dem ernüchternden 0:4 vom letzten Samstag ist der FC Basel für den FCZ vorläufig etwas ausser Reichweite geraten – trotz gestriger Niederlage gegen Thun. Servette könnte der FCZ hingegen mit einem Auswärtssieg in der Calvinstadt am Sonntag in der Tabelle überholen! SFC-Trainer Alain Geiger meint vor dem Aufeinandertreffen im Stade de Genève, dass seine Mannschaft «nicht der Favorit» sei. Nach dem fast schon historischen Resultat von 0:5 vor zweieinhalb Monaten im Letzigrund und dem Lauf der Genfer zuletzt, ist dies sicherlich eine Untertreibung. Geiger argumentiert mit der «guten 1. Halbzeit» des FCZ in Sion und einer generellen Auswärtsstärke der Zürcher. Tatsächlich hat sich die Heimstärke und Auswärtsschwäche zu Beginn der Saison ins Gegenteil gekehrt. Seit dem 29. September und dem 1:0-Sieg in Genf (damals der erste Auswärtssieg Zürichs und gleichzeitig die erste Heimniederlage Servettes) hat der FCZ auswärts vier Mal gewonnen, zwei Mal Unentschieden gespielt und kein einziges Mal verloren. Und dabei hat man insgesamt nur zwei Gegentreffer hinnehmen müssen – durch Jordi Quintilla (Penalty) und Patrick Luan. Beide Treffer waren zudem auch noch zweifelhaft zustande gekommen – der Penalty in St. Gallen hätte wegen vorangegangenem Offside von Silvan Hefti nicht gegeben werden dürfen und der Treffer von Luan wegen vorangegangenem Foul von Xavier Kouassi nicht.

Am Tag vor der Affiche Partie testete die Reservemannschaft des FCZ im Heerenschürli gegen die Pendants des FC St. Gallen und YBs. Zu den Testspielern in den Reihen des FC Zürich gehörte dabei auch der 21-jährige Stürmer Nedim Omeragic, Cousin von Becir, vom Spielertyp her dynamisch, mit gutem Abschluss mit Links. Vor anderthalb Jahren gelang diesem in der Challenge League in den Farben Servettes ein Doppelpack gegen den FC Winterthur. Diese Saison hat er bisher erst 15 Minuten für Stade Nyonnais gespielt und wäre wohl vorerst mal ein Thema für die Zweite Mannschaft, natürlich mit einem Auge auf die Super League schielend. Aus dem Kader der 1. Mannschaft kam zudem Ilan Sauter zum Einsatz. Das Tor gegen YB (1:1 bei 2×30 Minuten) erzielte Shpetim Sulemani per Kopf nach Flanke von Matteo Di Giusto (die Begegnung mit St. Gallen hat der FCZ 2:0 gewonnen). Bei den Bernern wirbelte dabei vorne der Kongolesische Stürmer Meschack Elia, welcher dann gleichentags auch noch eine provisorische Spielberechtigung für Wettbewerbsspiele erhielt.

Nicht mit dabei im FCZ-Trainingszentrum war Stephan Seiler. Ein Zeichen, dass der 19-jährige Sonntag im Matchkader stehen wird? Davor waren bereits die aus einer Langzeitverletzung zurückgekommenen Adrian Winter und Hekuran Kryeziu in einem Testspiel mit der FCZ Reserve gegen den FC Tuggen zum Einsatz gekommen und hatten dem Vernehmen nach auch in dieser Partie noch viel vermissen lassen – was nach so langer Verletzungsunterbrechung normal ist. Aber was heisst schon normal? Trainer Ludo Magnin räumte gegenüber Züri Live an der Pressekonferenz am Freitag in der Saalsporthalle freimütig ein, dass Winter und Kryeziu genauso wie auch die zuletzt angeschlagenen Pa Modou und Omeragic «unter normalen Umständen» für die Partie in Genf eigentlich noch nicht in Frage kommen würden.

Aber aufgrund von Sperren, Verletzungen sowie teilweise nicht zufriedenstellender Leistungen anderer Spieler sind sie trotzdem ein Thema. In Genf werden beispielsweise Marco Schönbächler (nach der von ihm mit Edon Zhegrova ausgelösten Rudelbildung) und der ehemalige Servettien Nathan gesperrt sein. Dass es aber nach dem Basel-Spiel bei den Spielern keine zusätzlichen «Bébéli» zu behandeln gab, sieht Magnin eher als ein schlechtes Zeichen. Auch darum wurde zumindest zu Beginn der Trainingswoche die Intensität nochmal erhöht: «Das Pressing hat mir zuletzt nicht mehr so gut gefallen, wie zeitweise in der Vorrunde. Wir müssen das im Training mit 100% Intensität machen, wenn wir es auch im Spiel bei 100% haben wollen.»

Anfang Woche war in der Soccer Lounge auf Sportal HD mit Ersatztorhüter und U17-Weltmeister Joel Kiassumbua, Züri Live und Raphael Gutzwiller (CH Media) Servette das grosse Thema gewesen. Die Genfer zeichnen sich wie schon in ihrer glorreichen Vergangenheit auch in dieser Saison speziell durch gutes Passspiel aus, und dies nicht nur auf kurze Distanzen oder im Mittelfeld, sondern auch bei langen Bällen und Pässen in die Angriffszone rund um den und im gegnerischen Strafraum. Schlüsselspieler in der Offensive ist eindeutig der Rechte Flügel Miroslav Stevanovic, welcher zu den besten Akteuren der Liga zählt. Seine erste Ballberührung (auch mit der Brust, per Kopf, mit Links,….) ist für Super League-Verhältnisse aussergewöhnlich.

Servette hat zudem ligaweit bisher am wenigsten Gegentore erhalten (20). Warum? Erstens, weil die Genfer nach St. Gallen und YB das drittbeste Team im Pressing sind. Vor allem aber verteidigen die Grenats sehr solidarisch. In der Abwehrreihe und im Zentrum haben sie keine individuell herausragenden Spieler, aber ihre Akteure antizipieren die möglichen Fehler und verlorenen Zweikämpfe des Nebenmannes jeweils schon im vornherein und unterstützen sich gegenseitig hervorragend und schnell. So hat das Team von Trainer Alain Geiger (auf dessen 17. Trainerstation) als einzige Mannschaft der Super League bisher in der ganzen Saison noch kein Weitschusstor erhalten und ist bei der Anzahl blockierter Schüsse ganz vorne in der Rangliste anzutreffen. Im Gegensatz beispielsweise zum FCZ vermögen sie vor dem eigenen Strafraum konsequent «aufzuräumen». Dazu hat sich ihr Nummer 1-Torhüter Jérémy Frick im Vergleich zur letzten Challenge League-Saison noch einmal klar gesteigert, wirkt mittlerweile sicherer als beispielsweise der Zürcher Schlussmann Brecher und hält auch statistisch gesehen besser.

Ein Spiel, in welchem Alain Geiger mit seiner Aufstellung überrascht hätte, ist in seiner Servette-Zeit nicht zu eruieren. Grundsätzlich will er unter den vier Vorderleuten drei wendige Spieler dabei haben und hat deshalb bisher in dieser Saison noch nie mit Koné und Kyei gemeinsam in der Startformation begonnen. Aufgrund des Ausfalls von Park und Schalk wäre dies daher der Moment, wo der 59-jährige endlich wieder einmal einen Jungen aus dem eigenen Nachwuchs wie Azevedo oder Imeri in der Startformation bringen könnte. Nur hat Geiger die zwei Jungspunde in St. Gallen erst nach Kyei eingewechselt. Dort hat nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Park (während dessen Pflege die linke Genfer Seite verwaist war und St. Gallen über diese Seite das entscheidende Tor erzielte) von der 40. bis zur 70. Minute tatsächlich das Duo Koné / Kyei gemeinsam auf dem Platz gestanden. Die unter wenig Spielpraxis leidenden erst später eingewechselten Azevedo und Imeri vermochten dann in der Schlussphase im Kybunpark nicht zu überzeugen. Eines ist sicher: hätte die sportliche Leitung des FCZ in Genf das Sagen, dann wäre mindestens einer der beiden Jungen Stammspieler. Aktuell setzt Servette trotz einer starken Jugendabteilung weiterhin auf ein komplett routiniertes Gefüge. Aus diesem Grund hat ja auch Becir Omeragic und vor ihm schon andere Genfer Junioren den Weg zum FCZ gefunden.

Dass Servette mit Stevanovic speziell über rechts stark ist, und der FCZ auf dieser Seite defensiv schwach, ist natürlich ein Schlüsselproblem im Hinblick auf die Partie in Genf. Schon beim 0:5 im Letzigrund im Dezember entstanden alle fünf Genfer Treffer durch Unzulänglichkeiten auf der linken Zürcher Seite. Wie im damaligen Züri Live-Podcast gezeigt, hatte in jenem Match Alex Schalk die Rolle, das Zürcher Spiel gezielt auf diese Seite zu lenken, wo Servette dann mit Ondoua, Stevanovic, Koné und Rouiller konzertiert und erfolgreich den Ballgewinn und das anschliessende schnelle Umschalten anstrebte.

Wie kann der FC Zürich dieses Problem lösen? In der Spieleröffnung geht’s natürlich vor allem darum, nicht noch ein zweites Mal in die gleiche Pressingfalle zu laufen, wie im Letzigrund, und hinten heraus den Ball schneller, höher und mehr nach Rechts zu spielen. Wie kann Stevanovic defensiv beigekommen werden? Eine Variante wäre, den bissigen Kevin Rüegg auf die linke Seite zu stellen. Rüegg hat sowohl in der U21 bei einem Match in Sion wie auch einmal in der 1. Mannschaft unter Ludo Magnin sogar schon im Linken Mittelfeld gespielt. Allerdings zeigt der sich zur Zeit in der Rekrutenschule befindliche Rüegg auch auf seiner angestammten Position rechts hinten eher durchschnittliche Leistungen und auf links wäre die Gefahr von Ballverlusten seinerseits wesentlich höher. Gegen Basel gut geklappt hat die Umstellung auf eine Dreierabwehr. Vor allem in der konservativen Variante mit tief stehenden Aussenläufern und einer Quasi-Fünferabwehr kann so der äussere Innenverteidiger den Aussenläufer auf der Seite ideal unterstützen, die Innenverteidiger können ihre Stärken in der Vorwärtsbewegung und der FCZ insgesamt seine Konterqualitäten nutzen.

Vorne könnte man sich unter den aktuellen Umständen sehr gut ein Offensivtrio Marchesano / Mahi / Kololli vorstellen. Es ist einerseits eine konterstarke Formation, die aber auch den Ball halten kann. Kololli ist besser als Kramer dafür geeignet, sowohl hohe wie auch flache Bälle mit dem Rücken zum Tor zu halten, bis die Mitspieler aufgerückt sind. Ein Element, welches im FCZ-Spiel zuletzt zu häufig schmerzlich gefehlt hat. Ausserdem hat der Waadtländer im Abschluss im Strafraum eine Stärke, auch wenn er in dieser Saison bisher noch nicht getroffen hat. Ebenfalls zu den abschlusstärksten Spielern beim FCZ gehört Antonio Marchesano, der dank seinem sehr guten Timing sogar per Kopf gefährlich sein kann. Mimoun Mahi wiederum ist häufig zu wenig zielstrebig, kann aber mit seiner Technik und ständigen Bewegungen mit Ball den Ballbesitz in der Angriffszone fixieren. Mahi und Kololli sind zudem beide annähernd beidfüssig und können dementsprechend aus jeder Situation heraus in den Abschluss gehen. Blaz Kramer und speziell Aiyegun Tosin könnten von der Bank kommend möglicherweise mehr Wirkung erzielen, als zuletzt in der Startformation.

Eine allgemeine Analyse der Stärken und Schwächen des FCZ findet sich in folgendem Zusatzartikel: Wie spielt der FCZ? Stärken und Schwächen des Zürcher Spiels 2019/2020.

Der «Letzi» war die im Mittelalter errichtete Talsperre und «äussere Stadtmauer» von Zürich gegen Nordwesten hin. Diese Mauer hat heute ein Loch. Unglaubliche 20 der letzten 22 Gegentore seit September hat der FCZ zu Hause kassiert. Gegen den FCB erlitt man die dritte Heimniederlage in Folge mit durchschnittlich vier Gegentoren pro Partie. Drei Liga-Heimniederlagen in Folge gab es zuletzt ab März 2015. Damals waren es gar fünf Heim-Nuller hintereinander gewesen – alle allerdings nur mit einem Tor Differenz.

Seit mehr als einem Jahr ist hier auf Züri Live die Defensivschwäche des FCZ auf der Linken Seite ein Dauerthema und am Samstag wurde dieser Schwachpunkt vom FCB wie schon von vielen Gegnern zuvor dankbar ausgenutzt. Bei den letzten drei Kanterniederlagen zu Hause gegen Basel, Servette und YB entstand die Mehrzahl der Gegentreffer immer durch Unzulänglichkeiten auf der linken Zürcher Seite. Pa Modou vermochte dieses Dauerproblem zeitweise zu mindern. Seit der Captain der Gambischen Nationalmannschaft aber wieder angeschlagen aufläuft beziehungsweise ganz ausfällt, ist die linke FCZ-Flanke wieder die Schwachstelle, über welche die Gegner ihre Schlachten mal für mal gewinnen können.

Um dies einmal mehr zu demonstrieren, brauchte es am Samstag gegen den FCB gerade einmal 12 Sekunden. Dass Mads Pedersen kein von Haus aus defensiv solider Mann für die linke Seite ist, war schon vorher bekannt. Der Däne hat auch bei seinen früheren Stationen jeweils sehr ‘’optimistisch’’ agiert. Dieser unverhältnismässige Vorwärtsdrang im falschen Moment liess ihn schon vor dem frühen 0:1 in Sion zu hoch stehen und Kasami unbedrängt die Flanke zur Mitte schlagen. Diesmal liess er schon nach wenigen Sekunden die Hereingabe von Widmer in den Strafraum zu. Im Unterschied zum Spiel im Wallis, wo sich bei Pedersen die guten und die weniger guten Szenen in etwa die Waage hielten, misslang ihm in seinem etwas mehr als 30-minütigen Einsatz gegen den FCB alles – und dies wortwörtlich. Dass ein Spieler vom Platz muss, ohne dass ihm auch nur eine gute oder zumindest ordentliche Szene gelungen war, ist einzigartig.

Basel agierte nach der Rückkehr von Stocker, Cabral und Alderete weitgehend auf Bundesliga-Niveau. Bei der 2:3-Niederlage des Teams von Trainer Marcel Koller im Letzigrund im Oktober hatten Cabral, Alderete und dazu Torhüter Omlin noch gefehlt. Im Gegensatz zum Sion-Spiel konnte der FCZ gegen Basel mit hohen Bällen in den Strafraum kaum mal für Gefahr sorgen, ausser in der Schlussphase bei einer Massflanke aus dem Halbfeld von Antonio Marchesano, die Marco Schönbächler per Direktabnahme Richtung Basler Tor jagte – auch weil sein Gegenspieler Zhegrova ihn einfach laufen gelassen hatte und sich nicht um seine Defensivaufgaben scherte.

Mit dem im Letzigrund gezeigten Level des FCB war Pedersen schlichtweg überfordert, obwohl er nun schon ein halbes Jahr in einer Bundesligamannschaft trainiert und drei Wettbewerbseinsätze gehabt hatte. Wie schon bei der ersten Direktbegegnung der beiden Teams im September im St. Jakob Park gewinnt Rot-Blau erneut mit 4:0 und erneut ist Fabian Frei der überragende Mann der Partie – diesmal gar mit drei eigenen Treffern. Einmal mehr kam der FCZ für Basel genau zum richtigen Zeitpunkt. Dass der FCB gegen Zürich jeweils stärker motiviert scheint, als umgekehrt, wurde an dieser Stelle bereits im Herbst einmal erläutert: FCZ – FCB Vorschau: Warum ist die Bilanz gegen Basel so schlecht?

Aufgrund des deftigen Resultates mag es vielleicht auf den ersten Blick erstaunen, dass die Züri Live-Durchschnittsnote der eingesetzten FCZ-Spieler im Steigen begriffen ist. Beim Rückrundenauftakt gegen Luzern war die Team-Note mit 4,5 noch ungenügend, in Sion mit 5,2 knapp genügend und nun gegen Basel mit 5,6 weiter verbessert auf einer Skala von 1-10. Schaut man sich die Statistiken des Spiels genauer an, sieht man warum. Das Verhältnis der Erwarteten Tore lautet 1,19 : 1,91, was zwar aus Zürcher Sicht eine negative Quote ist, aber deutlich weniger negativ, als es das Resultat suggeriert – und auch besser, als noch in Sion.

Noch interessanter wird es, wenn wir uns das Expected Goals-Verhältnis bis zum Wechsel Marchesano für Domgjoni in der 62. Minute anschauen. In diesen ersten zwei Dritteln der Partie hatte der FCZ mit xG von 0,69 : 0,5 statistisch gar die besseren Torchancen. Das erwartete Resultat zu diesem Zeitpunkt wäre also 1:0 oder 1:1 gewesen – es war aber tatsächlich 0:2. In dieser Zeitperiode gab es im Spiel vier Torchancen mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 10% oder höher – drei davon durch den FCZ (2x Kramer, Domgjoni; Widmer). Die beiden Basler Tore gehören dabei nicht dazu – dem Abschluss von Frei zum 0:1 wird von «Wyscout» eine Trefferwahrscheinlichkeit von nur 7% zugewiesen, demjenigen von Stocker zum 0:2 gar nur 5%. Der FCB führte also alleine aufgrund der hervorragenden Abschlüsse der beiden Routiniers in diesen beiden Szenen. Beim FCZ waren die Abschlüsse hingegen deutlich weniger gut.

Von der 31. Minute an bis zum Ende der Partie hatte der FCZ zudem mehr Ballbesitz, als Basel. Das war der Zeitpunkt der Auswechslung von Mads Pedersen und der Umstellung von einem 4-2-3-1 auf ein 3-4-1-2. Die taktische und personelle Umstellung veränderte das Bild der Partie tatsächlich stark. Der FCZ bekam das Spiel in den Griff und Basel auf der anderen Seite hatte plötzlich Mühe, die richtige Positionierung und den Zugriff auf die FCZ-Aktionen zu finden. Wie dramatisch sich die Partie mit der taktischen Umstellung veränderte, kann man statistisch unter anderem am PPDA-Wert (Passes allowed Per Defensive Action) des FCZ ablesen, welcher die Pressing-Effektivität misst (je kleiner der Wert, desto besser). Zwischen der 16. und 30. Minute lag dieser bei 23,5 und katapultierte sich dann im Kontrast dazu mit 6,3 zwischen der 31. und 45. Minute und sogar 5,3 zwischen der 46. und 60. Minute auf ein komplett anderes Level.

Der FCB positionierte sich gegen den Ball weiterhin häufig mit grossen Abständen zwischen den Linien à la St. Gallen – aber nicht so gut wie Grün-Weissen. Speziell die Flügel Zhegrova und Stocker wussten nun jeweils nicht recht, ob sie vorne drauf gehen, oder sich eher zurückfallenlassen sollen und machten schlussendlich weder das eine noch das andere richtig. Dies gab dem FCZ trotz numerischer Unterzahl auf den Seiten immer wieder auch dort erstaunlich häufig freie Anspielstationen. Im Spiel ohne Ball agierte das Heimteam seinerseits anders als der Gegner zunächst deutlich konservativer mit einer Fünferkette hinten, was gut funktionierte, und dem FCZ ein Chancenplus einbrachte.

Speziell Marco Schönbächler machte seit langer Zeit endlich wieder mal eine richtig gute Partie! Wie schon zu Zeiten von Trainer Urs Meier scheint «Schönbi» in der Rolle als Linker Aussenläufer bei einer Fünferabwehr richtiggehend aufzublühen. Gerade weil diese Rolle grössere und umfassendere Anforderungen stellt, scheint dies den FCZ-Flügel zu besseren Leistungen zu treiben. Seine Defensivarbeit wirkt deutlich verbessert, und auch nach vorne sind seine Aktionen konkreter und zielstrebiger. Zusammen mit Mirlind Kryeziu machte der 30-jährige die linke Seite gut zu, solange er relativ tief stand. Kryeziu konnte zudem Mal für Mal mit seinen langen Diagonalbällen nach rechts vorne auf Rüegg, Tosin oder Mahi vielversprechende Angriffe einleiten.

Trotzdem kam der FCZ gleichzeitig zu den besseren Torchancen und hätte mindestens eine dieser Möglichkeiten nutzen müssen. Da dies aber nicht passierte, ging man mit der Einwechslung von Marchesano für Domgjoni erhöhte Risiken ein. Die Aussenläufer Rüegg und Schönbächler standen danach deutlich höher. Erst in diesem letzten Drittel der Partie hatte Basel dank den sich öffnenden Räumen dann ein Chancenplus. Auch weil der FCZ zusätzlich zum eingegangenen Risiko Fehler in der Rückwärtsbewegung machte. Beim 0:3 in der 80. Minute hatte Antonio Marchesano fünf Anspielstationen am gegnerischen Strafraum, eine Überzahlsituation, schoss aber wenig inspiriert den gegnerischen Innenverteidiger Alderete an. Schon beim Heimspiel gegen Luzern hatte der Tessiner mit einem ähnlichen Ballverlust gegen Lucas am gegnerischen Strafraum ein entscheidendes Gegentor eingeleitet. ‘’Tonino’’ lief zwar mit zurück, fokussierte sich dabei genauso wie Simon Sohm aber zu stark auf den ballführenden Edon Zhegrova, anstatt das Zentrum zuzumachen. Ähnliches passierte dann beim 0:4 auch den beiden Innenverteidigern Bangura und Nathan.

Speziell Marco Schönbächler und Kevin Rüegg reagierten emotional auf das 0:3 und versuchten mit energischem Forechecking, Vorstössen und Konfrontationen mit Gegenspielern das Ruder noch einmal herumzureissen – allerdings vergebens. Eher lamentierend sah man die Offensivakteure Blaz Kramer und Aiyegun Tosin, die beide ihrer Form von Ende der Vorrunde hinterherlaufen. Kramer agiert in manchen Aktionen zu unaufmerksam und hat das gegenseitige Spielverständnis bisher noch nicht mit allen Teamkollegen gut genug entwickeln können. Der Slowene schafft es zudem zu selten, als Zielspieler Bälle zu halten, bis Mitspieler aufrücken können, was eine enorm wichtige Rolle von ihm im Zürcher Spiel wäre.

Tosin ist bemüht, aber aktuell unglücklich, überhastet und teilweise etwas desorientiert agierend. Nach der Systemumstellung agierte Tosin als zweite Sturmspitze neben Kramer, stand aber speziell vor der Pause mehrmals taktisch schlecht. Eine solche zu tiefe Positionierung Tosins führte in der Folge zum Freistoss, der das 2:0 des FCB kurz vor der Pause brachte, weil davor Bangura an der Mittellinie ins Kopfballduell mit Stocker gezwungen worden war. Ausserdem ging Tosin jeweils viel zu früh und überhastet in den Abschluss. Seine drei Versuche hatten alle einen Expected Goals-Wert von jeweils weniger als 1%.

Zusammenfassend: der FCZ hat gegen Basel verloren, weil er seine Torchancen nicht genutzt und Mads Pedersen einen rabenschwarzen Tag erwischt hat, weil Tosin und Kramer ihrer Form hinterherlaufen und weil beim FCB die Leistungsträger wie immer gegen den FCZ bis in die Haarspitzen motiviert nach Sperren ins Team zurückgekehrt sind. Ausser in Bezug auf das Resultat ging der FCZ aber nicht „unter“. Er hatte bis zur 60. Minute ein Chancenplus und über weite Strecken der Partie mehr Ballbesitz. Auch rüttelten Schönbächler und Rüegg ihre Teamkollegen speziell nach dem 0:3 durchaus mit ihrem energischen Auftreten auf. Nur war es da schon zu spät.

Taktisch verfestigt die Partie die Erkenntnis, dass das 3-4-1-2 grundsätzlich den individuellen Qualitäten der FCZ-Kaderspieler entspricht: die offensiv-orientierten Aussenverteidiger, die Stärken der Innenverteidiger in der Vorwärtsbewegung, die gerne rotierenden und sich überkreuzenden Offensivspieler, sowie der Bedarf an Unterstützung der Aussenverteidiger durch jeweils einen Innenverteidiger als Nebenmann sprechen alle für dieses Spielsystem.

Dem wegweisenden 0:1 für den FC Basel haftete einmal mehr ein Makel an. FCB-Stürmer Cabral stiess im Zürcher Strafraum seinen Landsmann Nathan in den Rücken und verschaffte erst dadurch seinem Team den entscheidenden Vorteil. Auch schon das schnelle 1:0 von Sion vor einer Woche war nur durch ein ungeahndetes Foul von Xavier Kouassi zustande gekommen: Umaru Bangura ist wieder da! Sion – FCZ 1:1 Analyse.

In der Dritten Minute traf zudem Basel-Débutant Orges Bunjaku den zum Schuss ausholenden Mimoun Mahi von hinten. Für ein analoges Foul im Mittelfeld bei einem FCZ-Konter war in der Nachspielzeit eine Woche zuvor der Sittener Xavier Kouassi mit Gelb-Rot vom Platz geflogen. Mahi fiel im Basler Strafraum, die Berührung hatte aber noch knapp ausserhalb der Basler ‘’Box’’ stattgefunden – es hätte also einen frühen Freistoss für den FCZ aus gefährlicher Distanz geben müssen.

Schiedsrichter Athanasios Tzilos aus Griechenland war unter dem Strich trotzdem ein gutes Stück unparteiischer, als Schweizer Super League-Referees. So pfiff er zwei, drei Mal ein unfaires Einsteigen von Cabral im Luftkampf ab, welches Schweizer Schiedsrichter so gut wie nie gegen einen Favoriten pfeifen. Die Szene beim 0:1 mit Cabrals Foul ging schnell und war live sicherlich nicht einfach zu sehen. Man sollte sich aber die Frage stellen dürfen, warum nun im dritten FCZ-Rückrundenspiel in Folge (Foul Kouassi beim 0:1 in Sion, klares Handspiel von Schürpf im eigenen Strafraum gegen Luzern, Foul von Cabral beim 0:1 gegen Basel) der VAR (diesmal Sandro Schärer) bei einer entscheidenden Szene nicht eingriff. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass er in der Person von Adrien Jaccottet dies bei einer analogen Situation bei einem Stürmerfoul von Jérémy Guillemenot gegen Taulant Xhaka im Spiel FCB – St. Gallen zugunsten von Basel sehr wohl tat, und den Treffer der Grün-Weissen (zu Recht) aberkannte.

FCZ – Basel 0:4 (0:2)

Tore:  1. Frei (Cabral) 0:1, 45.+1. Stocker (Bunjaku) 0:2; 80. Frei (Cabral) 0:3, 84. Frei (Zhegrova) 0:4.

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Nathan, Pedersen (31. M. Kryeziu); Domgjoni (62. Marchesano), Sohm; Tosin, Mahi (73. Kololli), Schönbächler; Kramer.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Alderete, Riveros; Xhaka, Bunjaku (63. Zuffi); Stocker, Frei, Bua (31. Zhegrova); Cabral (80. Van Wolfswinkel).

(Standbilder: Teleclub)

Unentschieden im Tourbillon: im August hatte der FCZ in Sion verloren, obwohl er insgesamt die etwas besseren Torchancen auf seiner Seite gehabt hatte, diesmal gab es einen Punkt, obwohl der Gegner dem Sieg näher war. Sion war mit einer äusserst offensiven Aufstellung und sehr risikoreichen Spielweise in die Partie gestartet. Beim FCZ débutierte der Dänische Leihspieler Mads Pedersen und der lange rekonvaleszente Adrian Winter hatte seinen zweiten Teileinsatz. Aber der wirkliche Neuanfang im Zürcher Team war in der Innenverteidigung zu beobachten. Umaru Bangura ist wieder da! Dem Innenverteidiger aus Sierra Leones gelingt bei seiner Rückkehr in die Startelf im Tourbillon eine Topleistung – ohne ihn hätte der FCZ kaum einen Punkt aus dem Wallis entführt. “Uma“ hatte die Saison ordentlich bis gut begonnen, Anfang September dann das Drama: im WM-Qualifikationsheimspiel gegen Liberia verschiesst der Captain seiner Nationalmannschaft in den letzten Sekunden der Partie einen Penalty. Wegen der Auswärtstorregel wäre Sierra Leone bei einem Treffer eine Runde weiter gewesen – so schied man früh aus. Banguras Haus in Freetown wurde von Fans angegriffen, die Leistungen Banguras litten, in der zweiten Hälfte der Vorrunde verlor er seinen Stammplatz beim FCZ. Nach einem mässigen Auftritt von Mirlind Kryeziu gegen Luzern rückte Bangura im Duell mit den schnellen Walliser Offensivkräften wieder ins Team und zeigte sich so fokussiert wie wohl noch nie bisher im FCZ-Dress.

Durch das 1:1 bleibt der FCZ im sechsten Auswärtsspiel in Folge ungeschlagen. Zum dritten Mal in Folge (St. Gallen. Luzern, Sion) hat der FCZ einen schlechteren Expected Goals-Wert als der Gegner, und gewinnt in diesen drei Partien trotzdem vier Punkte. Die Abschlusseffizienz ist im Gegensatz zum Anfang der Saison mittlerweile im Vergleich mit den Gegnern gut. Speziell auch dank Marco Schönbächler, welcher im dritten Spiel in Folge trifft – und in allen drei Partien war es das wichtige erste FCZ-Tor. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Partien zeigte “Schönbi“ zudem im Wallis nicht nur in einzelnen Offensivszenen, sondern über seine ganze Einsatzzeit hinweg eine gute Leistung. Der Flügelmann hatte ein paar wichtige Defensivszenen und spielte allgemein solider und mit weniger Fehlern als in den vorangegangenen Partien. Das Gleiche lässt sich auch von Kevin Rüegg sagen. Bei Mads Pedersens Début hielten sich die “Ups“ und “Downs“ die Waage. Ein Problem ist aber die wie erwartet ziemlich offensive Ausrichtung des Dänen, wohingegen der FCZ auf der linken Seite dringend mehr defensive Stabilität bräuchte. Adi Winter wirkte bei seinem Kurzeinsatz, als hätte er sich aus Versehen auf den Platz verirrt. Er hätte mit seiner Laufleistung in der vordersten Reihe als zweiter Stürmer unter anderem die Schlussoffensive der Walliser im Keim ersticken sollen, kam aber jeweils deutlich zu spät und erst gar nicht in die Zweikämpfe. Der Weg zurück zu alter Form scheint wenig überraschend noch relativ lang zu sein.

Benjamin Kololli, dem diese Saison in Wettbewerbsspielen noch kein Torerfolg gelang, zeigte bei seinem Ex-Klub nach seiner Einwechslung in der 78. Minute erst mal den einen oder anderen verheissungsvollen Ansatz, nur um zu Beginn der neunminütigen Nachspielzeit von einem Moment auf den anderen wieder komplett abzustürzen und in alte ungute Muster zu verfallen. Diese neun Minuten waren ein Graus. Dazu gehörten unnötige Ballverluste, völlig ungenügende und lustlose Abwehrarbeit, welche die linke Zürcher Seite zu einer regelrechten Autobahn für stürmische Sion-Angriffe im Minutentakt machte, inklusive einer deplatzierten Kopfballrückgabe zum Gegner zentral vor den eigenen Strafraum und einer nicht geahndeten Tätlichkeit / Groben Foulspiels gegen Pajtim Kasami.

Mimoun Mahi spielte im Zentrum, wich aber auch häufig auf die Seiten aus und schlug mehr Flanken, als wenn er offiziell auf dem Flügel spielt. Der im Sommer neuverpflichtete Offensivspieler strahlt weiterhin zu wenig Zielstrebigkeit aus. Es gibt zu viele Aktionen, die wegen seiner Nonchalance versanden, potentielle Chancen, die sich nicht materialisieren, Bälle, die zu wenig scharf oder präzis gespielt werden. Der marrokanisch-stämmige Holländer dirigiert die Mitspieler, kommuniziert gestenreich über grosse Distanzen, hat während der ganzen Partie Spass mit Sions Algerier Abdellaoui – und vergisst dabei häufig seinen eigenen Job, speziell beim Umschalten in die Defensive. Beteiligt war Mahi immerhin an der Entstehung des frühen FCZ-Ausgleichs in der 10. Minute nach einem Einwurf und anschliessender Flanke von Rüegg. In der 19. Minute machten es Rüegg und Mahi nach einem weiteren Einwurf noch einmal genau gleich, aber der sich zum Rückrundenbeginn etwas ausser Form befindliche Tosin vermochte seine Torchance im Gegensatz zu Schönbächler nicht zu nutzen. Aus seiner leichten Winterlethargie wurde Tosin nur kurzzeitig ab der 68. Minute aufgeweckt, als ihn Ludo Magnin von der Seitenlinie aus laut rüffelte, und dem Nigerianer darauf in den nächsten fünf Minuten ein paar gute Aktionen gelangen. Mahi hatte seine beste Aktion, als ihm in der 73. Minute an der Mittellinie ein ähnlicher Ballgewinn gelang, wie vor dem 2:3-Anschlusstreffer Kramers gegen Luzern. Der daraus resultierende gefährliche FCZ-Konter wurde aber vom erstaunlicherweise kürzlich in den Status eines FIFA-Refs aufgestiegenen Lukas Fähndrich zu Unrecht abgepfiffen.

Drei Minuten später gibt es nach einer starken Befreiung aus dem eigenen Strafraum von Nathan eine weitere gute Kontersituation, aber Mahi spielt den Ball für Kramer wieder etwas zu spät und etwas zu steil, so dass der Slowenische Stürmer, der seinen Lauf so zwischenzeitlich abbremsen musste, bei Torhüter Mitryushkin aufläuft. Es ist bereits das zweite Mal in dieser Partie, dass ein Sion-Goalie nach einem Zusammenprall mit einem FCZ-Angreifer gepflegt werden muss. Kevin Fickentscher hatte nach einer Top-Chance von Toni Domgjoni zuvor ausgewechselt werden müssen. Bereits in der 1. Halbzeit hatte zudem der stark in die Partie startende Jean Ruiz angeschlagen ersetzt werden müssen, wurde aber durch einen in der Super League débutierenden Johan Djourou ersetzt, welcher den Wallisern noch mehr Sicherheit in der Defensive brachte und unter anderem vor der Torchance von Domgjoni, bei welcher sich Fickentscher verletzte, eine grosse Rettungstat realisierte. Lukas Fähndrich war nach Sandro Schärer bereits der zweite Schiedsrichter diese Saison, der Blaz Kramer eine Gelbe Karte wegen “Schwalbe“ verpasste – beide Male wars zu Unrecht. In Neuenburg wurde Kramer von Neitzke knapp vor dem Strafraum deutlich das Bein gestellt, in Sion rutschte der Slowene im Strafraum bei einer Richtungsänderung auf dem morastigen Untergrund aus und traf Mitryushkin. Ein Foul des Russen wars ebenfalls nicht. Anders sieht es mit der Szene im Sion-Strafraum in der 26. Minute aus, wo man das Foul von Ruiz an Kramer von hinten durchaus als penaltywürdig hätte taxieren können.

Bereits der Führungstreffer des FC Sion in der 3. Minute entstand aufgrund eines Fouls von Xavier Kouassi an Blaz Kramer. Pedersen hatte zusammen mit Sohm links hinten den Ball gegen den aufsässigen Kasami gewonnen, Sohm spielte sofort nach vorne Richtung Mittellinie auf Kramer, der FCZ rückte auf. Kramer wurde aber von Kouassi sowohl am Arm zurückgerissen und gleichzeitig auch am Fuss getroffen und fiel um. Dadurch vermochte Ruiz herbeizustürmen und den Ball sofort direkt wieder in die Gegenrichtung zu spielen. Pedersen war in diesem Moment links bereits etwas zu weit aufgerückt und Nathan in der Mitte etwas zu wenig, so dass Kasami ganz frei, aber trotzdem nicht im Offside stand, und den Ball hinter die Abwehr ins Zentrum spielen konnte. Dort wehrte Brecher den ersten Abschluss Stojilkovics nach vorne ab und Luan traf im Nachschuss.

Torhüter Yanick Brecher hatte je eine gute Parade gegen ehemalige FCZ-Junioren: ein Freistoss von Anto Grgic und eine Grosschance von Filip Stojilkovic kurz vor Schluss. Daneben verursachte der Zürcher Keeper aber auch unnötigerweise einen Eckball bei einem Sion-Abschluss, der weit danebengegangen wäre, hatte teilweise Mühe bei hohen Bällen und liess die Bälle bei flachen Abschlüssen zu häufig zentral vor sich abprallen.

Sion – FCZ 1:1 (1:1)

Tore:  3. Luan (Stojilkovic) 1:0, 10. Schönbächler (Rüegg) 1:1.

Sion: Fickentscher (58. Mitryushkin); Maceiras, Ruiz (39. Djourou), Kouassi, Abdellaoui; Kasami, Grgic, Toma, Lenjani; Stojilkovic, Luan (83. Doumbia).

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Nathan, Pedersen; Domgjoni, Sohm; Tosin, Mahi, Schönbächler (78. Kololli); Kramer (90.+1 Winter).

(Standbilder: Teleclub)