Ex-Chiassese Ceesay stürmt mit Kramer! Aufstellungen zum Cup-Duell Chiasso – FCZ

Baldo Raineri ist zum dritten Mal in den letzten vier Jahren beim FC Chiasso engagiert. Der Tessiner sprang ein, nachdem sich diesen Sommer der neue Sportdirektor Ezequiel Carboni mit dem ebenfalls neu verpflichteten Trainer Giovanni Zichella verkrachte und beide gehen mussten. In der Aufstellung heute findet sich mit Luka Stevic ein ehemaliger FCZ-Junior (bis U16). Fabio Dixon wird hingegen als verletzt gemeldet. Überraschend konnte Chiasso ihre Top-Offensivkraft Sofian Bahloul diesen Sommer halten und gar mit einem langfristigen Vertrag ausstatten. Der Holländer Mark Sifneos hat letzte Saison in der Zweiten Griechischen Liga bei Larissa sieben Tore erzielt. Der Simmentaler Stefan Andrist ist nach langen Jahren in Deutschland zurück in der Schweiz und in der Challenge League, wo er beim ersten Abstieg des FC Thun bereits einmal kurz gespielt hatte. Breston Malula ist ein physisch starker Zentraler Mittelfeldspieler aus dem YB-Nachwuchs. Junior Nzila kam vor einem Jahr aus Frankreich und wurde letzte Saison an Paradiso ausgeliehen. Die Aussenverteidiger Stabile und Conus stammen aus dem FCB-Nachwuchs, wobei Stabile eine Art „Massimo Ceccaroni“-Verschnitt ist – ein kleingewachsener Kämpfer, welcher die letzten beiden Saisons aber wenig gespielt hat. Loic Jacot ist ein Schweizer U21-Nationaltorhüter aus der Region Neuenburg und des FCZ-Trainers Namensvetter Mathis Magnin ist aus dem Servette-Nachwuchs ausgeliehen. In der Startaufstellung Chiassos ist selbst der drittälteste Spieler nur 22 Jahre alt.

Der FCZ startet offensiv mit einem nominellen Zweimannsturm, wobei Ceesay und Kramer dabei abwechslungsweise zurückhängend agieren könnten. Tobias Schättin kommt erstmals nach seiner Rückkehr in einem Wettbewerbsspiel zum Einsatz. Willie Britto beginnt rechts, Rohner ist nicht im Aufgebot, Domgjoni und Sobiech zusammen mit Bangura, Khelifi, Koide, Winter und Kostadinovic auf der Ersatzbank.

Im Riva IV braucht es einen „Alain Nef“ – Vorschau Chiasso – FCZ mit Frage zum Spiel

Der FCZ startet die Saison 20/21 mit der Zweitrundenpartie im Schweizer Cup. Bisher haben sich abgesehen vom 3:0-Sieg von Vevey gegen Köniz die Favoriten überall durchgesetzt, wenn auch durchweg mit Mühe. Lugano musste beispielsweise gegen Schaffhausen, das letzte Saison genauso wie Chiasso ganz unten in der Tabelle platziert war, in die Verlängerung. Chiasso selbst hat im Riva IV in den Cupbegegnungen mit Luzern (0:2), Basel (0:1) und YB (0:2) dem jeweiligen Favoriten alles abverlangt. Auf dem stumpfen Rasen an der Südspitze der Schweiz haben spielerisch starke Mannschaften Mühe. Das hat auch der FCZ in der Challenge League-Saison bei den zwei Auswärtssiegen (0:2, 1:2) erfahren dürfen.

Alain Nef hält bei den Desperados dagegen

Mit dem 2:0 Ende November (Artikel zum Spiel) konnte damals der FCZ den herausgespielten Vorsprung an der Tabellenspitze halten. Entscheidender Mann war in jener chancenarmen Partie gegen defensiv mit einer Fünferabwehr massierte Chiassesi Alain Nef gewesen, der wie eine Klette an Chiasso-Zielspieler Mujic hing. Züri Live kommentierte: „Alain Nef mit einer kämpferisch überragenden Leistung war überall auf dem Platz anzutreffen und zeigte vorbildmässig mit welcher Einstellung man gegen einen Gegner wie Chiasso spielen muss.“ In der zweiten Begegnung jener Saison im Riva IV (Artikel zum Spiel) sorgte der initiative Adrian Winter für die Entscheidung, nachdem aussergewöhnlicherweise eher Chiasso das Spiel bestimmt hatte: „In der Zweiten Halbzeit erzwang der initiative Adrian Winter nach einem Doppelpass mit Moussa Koné diagonal von halblinks im Strafraum das Game Winning Goal.“ Der aus Lothringen stammende damalige Chiasso-Torschütze Younes Bnou Marzouk (17 Tore in 28 Challenge League-Partien) ist seit letzter Saison in Chiasso wieder dabei – hat aber aufgrund eines Kreuzbandrisses seit Monaten kein Wettbewerbsspiel mehr bestritten.

Der FC Chiasso hält sich nun schon zehn Jahre in Folge in der Challenge League – wenn auch immer wieder knapp. Vorletzte Spielzeit konnten sich die Chiassesi am letzten Spieltag im dramatischen Fernduell mit Rapperswil-Jona retten – und im abgelaufenen Spieljahr wurden die Südtessiner durch den Corona-Virus „gerettet“, zusammen mit der Entscheidung, dass es keinen Aufsteiger aus der Promotion League gäbe – was das dort mit grossem Vorsprung führende und grösseren Mitteln ausgestattete Yverdon-Sports natürlich verärgerte. Speziell am FCC ist Sommer für Sommer die enorm grosse Spielerfluktuation. Man positioniert sich quasi als Klub der jungen „Desperados“. Junge Spieler im Alter von 18-19 Jahren aus den Akademien von Super League- und Serie A-Klubs, die dort keinen Vertrag erhalten haben, versuchen ihre letzte Chance auf eine Profi-Karriere zu packen – häufig für eine Entschädigung, die nicht oder kaum zur Deckung der fundamentalen Lebenskosten wie Essen und Logis reicht.

Profitiert der FCZ von einem erneuten Chiasso-Fehlstart?

Einer der Desperados (Artikel: Izer Aliu bei den Desperados) ist Fabio Dixon. Der Zürcher gehört zu der Gruppe von Spielern, die mit der Erfahrung von letztem Jahr im Gepäck in ihre zweite Challenge League-Saison steigen. In seinen Europa League-Einsätzen gegen AEK Larnaca und Ludogorets Razgrad hatte er mit dem FCZ Lehrgeld bezahlt, dann aber auch in seinem ersten Super League-Einsatz in Neuenburg entscheidend zur Aufholjagd zu einem wichtigen 3:3 beigetragen. Für Chiasso hat er 19/20 sechs Assists beigesteuert, und war Stammspieler, konnte aber seine technischen und defensiven Schwachpunkte auch in der zweithöchsten Spielklasse nicht ganz verbergen.

Die letzten drei Saisons hat Chiasso von den jeweils ersten drei Spielen keines gewonnen – die letzten beiden Spielzeiten gar alle drei Spiele verloren. In jeder dieser Saions spielten die Südtessiner das vierte Spiel zu Hause und holten da jeweils den ersten Saisonsieg. Diese Bilanz ist sicherlich in erster Linie der Sommer-Fluktuation geschuldet und heute im ersten Saisonspiel neben dem nominellen Klassenunterschied ein zweiter Vorteil für den eingespielteren FCZ.

Wie startet der FCZ in die Saison?

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Rohner / Domgjoni / Koide machen Dampf, Kryeziu / Kramer sorgen für Ärger: Gewinner und Verlierer der Vorbereitung

Die Partie gegen den FC Winterthur im Letzigrund war nicht so, wie man sich eine Hauptprobe vor dem Meisterschaftsstart vorstellt. Aufgrund von Krankheit (gute Besserung Vasi!), Nationalteamaufgeboten (Gratulation Simon, Becir & Co.!) und dem gleichzeitigen Meisterschaftsauftritt der U21 gegen Brühl (2:3, zwei Sulejmani-Penalties), standen Trainer Ludovic Magnin mit Adrian Winter und Salim Khelifi gerade mal zwei Feldspieler als Reserve zur Verfügung. Und während das Spiel lief, wurde in den Sozialen Medien der neue Innenverteidiger Lasse Sobiech vorgestellt.

Beim FC Winterthur fielen gleich beide Torhüter aus und es standen mit Marzino und Scheithauer zwei Testspieler in der Startformation. In der ersten Halbzeit kontrollierte der FCZ weitgehend das Spiel und ging 2:0 in Führung. Die zweite Halbzeit war ausgeglichener. Nach einer Serie von Zürcher Topchancen gelang Adi Winter das 3:0 in der 80. Minute nachdem der andere Einwechselspieler Khelifi zuvor noch an Marzino gescheitert war. Die letzten zehn Minuten liess der FCZ dann aber stark nach und Winterthur drehte nochmal auf, ohne aber zu einem Torerfolg zu kommen. Am augenfälligsten ersichtlich war dies bei Stephan Seiler, der in der letzten Viertelstunde auf dem Zahnfleich lief und dem gar nichts mehr gelang.

Insgesamt wirkte in allen vier Vorbereitungsspielen weder der FCZ noch die jeweiligen Gegner auch nur annähernd auf Meisterschaftsniveau spielend. Im Normalfall nähert man sich gegen Ende der Vorbereitung diesem Niveau an. Eine Steigerung von Spiel zu Spiel war durchaus ersichtlich, aber ob es reichen wird, bereits in einer Woche in Chiasso im Cup das notwendige Niveau auf den Platz zu bringen – darauf darf man gespannt sein. Es wurde in allen vier Vorbereitungsspielen mit demselben System gespielt. Von den verschiedenen Phasen der letzten Saison orientierte sich das Zürcher Trainerteam dabei personell und taktisch stark am zweiten Saisonviertel, in welchem man ohne wirklich zu glänzen eine gute Resultatserie hatte hinlegen können.

Einzelne gute Automatismen in der Überwindung der Mittelzone des Spielfeldes waren zu sehen, sowohl mit schnellem Direktspiel, als auch mit geduldigem Aufbau – allerdings ohne auch nur annähernd die gleiche Gegenwehr auf dem Platz zu haben, wie sie den FCZ zum Meisterschaftsstart erwarten wird. Auch gegen Top-Gegner wird allerdings sicherlich Fabian Rohner eine Offensivwaffe sein. Immer wenn nach vorne nichts läuft, dann sorgt der Rechte Aussenverteidiger mit vertikalen oder diagonalen Läufen für Unruhe und Unordnung im gegnerischen Abwehrdispositiv. Rohner ist nicht nur nochmal eine ganze Spur schneller als Kevin Rüegg, sondern hat auch eine solidere Grundtechnik, als der Richtung Italien ziehende Captain der U21-Nationalmannschaft.

Ebenfalls Stammspieler in der U21-Nationalmannschaft ist Toni Domgjoni, der beim 4:1-Heimsieg gegen die Slowakei als Schaltzentrale und Wasserträger in einem im Schweizer Mittelfeldzentrum genauso eine gute Partie machte, wie weitgehend auch in den Vorbereitungspartien mit dem FCZ. Der dritte Gewinner der Vorbereitung ist Henri Koide, welcher nahtlos an die guten Leistungen der letzten Saisonphase 19/20 anzuschliessen scheint. Nicht nur gegen Schaffhausen gelang dem 19-jährigen Zürcher mit einer Klasse-Einzelleistung ein Treffer, sondern er erzielte auch das einzige Tor beim 1:0-Sieg mit der U19-Nationalmannschaft gegen Neuchâtel Xamax (mit unter anderem dem ehemaligen FCZ U21-Stürmer Eric Tia im Test).

Gegen den FC Winterthur an allen drei Treffern beteiligt war Assan Ceesay. Der Gambier hatte allerdings schon letzten Sommer in den Testpartien sehr gute Skorerwerte, welche anschliessend in der Meisterschaft wieder in den Keller sanken, als der FCZ mit einem anderen Spielstil auftrat. Auch wenn es immer noch der gleiche Assan Ceesay ist: ein gewisser Reifeprozess durch seine Zeit in Osnabrück ist ersichtlich – der 26-jährige Nationalstürmer wirkt etwas fokussierter, gradliniger und effizienter, als noch vor Jahresfrist. Und gleichzeitig versteht er sich auf dem Platz weiterhin sehr gut mit Antonio Marchesano – ein nicht zu unterschätzender Faktor. Zivko Kostadinovic schliesslich hat angedeutet, dass er in Bezug auf die Sicherheit, eine solide Nummer Zwei hinter Yanick Brecher zur Verfügung zu haben, im Vergleich mit vielen anderen Kandidaten der letzten Jahre wohl ein Schritt nach vorne für den FCZ ist.

Auf der Verliererseite der Saisonvorbereitung steht sicherlich an erster Stelle Mirlind Kryeziu: nach einem zu unkonzentrierten Auftritt mit zwei groben Schnitzern im ersten Testspiel gegen Schaffhausen vom Präsidentenehepaar ins Gebet genommen und seither im Kader der weiteren Testspiele nicht mehr aufgetaucht. Ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes wachgerüttelt wurde in der Pause des Testspieles gegen den FC Luzern Stürmer Blaz Kramer von Captain Yanick Brecher, nachdem der Slowene schon gegen Schaffhausen nicht mit dem Kopf bei der Sache zu sein schien.

Obwohl nicht eingesetzt als Verlierer vorkommen muss sich Michael Kempter, mit dem sich der FCZ nicht auf einen neuen Vertrag hat einigen können. Der Rudolfstetter war auf der linken Zürcher Seite nach der Coronapause endlich wieder einmal ein Spieler, der nicht nur im Spiel nach vorne eine der wichtigsten Zürcher Waffen in dieser Phase war, sondern obendrein auch noch so konsequent verteidigte, wie dies (mit Ausnahme phasenweise Pa Modou) schon seit vielen Jahren keinem FCZ-Linksverteidiger mehr gelungen war. Mit Tobias Schättin hingegen kommt von Winterthur ein Ersatz, der deutlich mehr Mängel im Spiel ohne Ball mitbringt und das Zürcher Defensivproblem auf links wohl kaum lösen wird. Auch das Testspiel gegen Winterthur bestätigte diesen Eindruck.

Lavdim Zumberi hatte in Basel mit der „U21 verstärkt“ einen zwar nicht fehlerfreien, aber trotzdem ziemlich guten Auftritt hingelegt gehabt. Mittlerweile findet er aber beim FCZ weder auf dem Matchblatt noch auf der Team-Seite (Webpage) noch Erwähnung. Mit seinen 20 Jahren muss er unbedingt im Profibereich zu mehr Spielzeit kommen – Vertrag hätte er noch zwei Jahre. Der FC Wil wäre für den Ostschweizer eine naheliegende Variante, aber auch ein Transfer zum FC St. Gallen oder FC Vaduz ist alles andere als undenkbar. Mit seiner direkten Spielweise und Stärke bei langen Bällen würde er ins Team von Peter Zeidler passen. Geschenkt wurde dem guten Distanzschützen beim FCZ in der 1. Mansnchaft in den letzten Jahren nichts – obwohl oder vielleicht gerade weil er zu Juniorenzeiten zu den Lieblingsspielern Ludovic Magnins gehörte.

Salim Khelifi schliesslich zeigte in der Vorbereitung dasselbe, was man schon von ihm kannte, als er vor einem Jahr nach Deutschland ausgeliehen wurde. Einzelne Highlights wie der Freistoss zu Nathans Kopfballtor, aber daneben auch (zu) viel Leerlauf, vergebene Top-Möglichkeiten und fehlende Defensivqualität. Mit Marco Schönbächler hat der FC Zürich bereits einen ähnlichen (aber insgesamt etwas besseren) Spieler im Kader. Ein zweiter solcher Mann ist tendenziell zu viel. Dann gibt es durch die Verpflichtung von Lasse Sobiech noch ein kleines Fragezeichen bezüglich der Rolle von Nathan. Sobiech ist ein ähnlicher Spielertyp, der aber mit mehr Ruhe und Souveränität agiert und die immer wieder von Magnin auf den Platz gerufene Vorgabe „ohne Foul“ wohl besser umsetzen kann, als der emotionale Brasilianer.

FC Zürich – Winterthur 3:0 (2:0)
Tore: 17. Ceesay (Marchesano) 1:0, 44. Ceesay (Marchesano) 2:0; 80. Winter (Khelifi) 3:0.
FCZ: Brecher; Rohner, Nathan, Bangura, Schättin; Schönbächler (64. Khelifi), Britto, Seiler, Gnonto (46. Winter); Marchesano; Ceesay.
Winterthur: Marzino; Gantenbein, Isik (46. Lekaj), Scheithauer, Schüpbach (64. Pauli); Arnold (46. Hamdiu), Pepsi (46. Doumbia); Callà (46. Ltaief), Ramizi (64. Rama), Mahamid (46. Alves); Buess.

Automatismen beginnen zu greifen gegen einen FC Wil im Umbruch

Kontinuität ist bisher das Motto des FCZ-Trainerteams in dieser Saisonvorbereitung: zum dritten Mal dieselbe taktische Formation und eine Aufstellung wie bei einem Wettbewerbsspiel. Das Team soll sich in der Testphase ganz offensichtlich einspielen, und erste Elemente davon sind gegen den FC Wil auch zu sehen. Mal für Mal gelingt die immer gleiche Angriffsauslösung über die rechte Seite mit dem diagonalen Steilpass von Toni Domgjoni auf seinen zurückgekehrten alten Weggefährten Fabian Rohner. Mit der Einwechslung von Koide sowie etwas später Britto und Gnonto wird dann nach einer Stunde sofort die linke Seite belebt. Simon Sohm macht am Tag seines ersten Aufgebotes für die A-Nati weitere Fortschritte auf der Innenverteidigerposition. Nathan krönt seine erneut solide Leistung mit einem Kopfballtor nach Freistossflanke Salim Khelifis kurz vor Schluss. Der FCZ ist die klar überlegene Mannschaft – es fehlt aber ein handlungsschneller Strafraumstürmer, welcher die „Dinger reinmacht“ – diesen Typus vertreten weder Kramer, noch der in der Pause eingewechselte Ceesay.

Die Sportlichen Verantwortlichen der Gäste wie Verwaltungsratspräsident Maurice Weber und Geschäftsleiter Benjamin Fust sind am Rande des (laufenden) Spiels bei den Medien im Fokus: wie geht es weiter nach dem abrupten Abgang von Ciriaco Sforza und Daniel Hasler (der Assistenztrainer aus Liechtenstein scheint in seiner bisherigen Karriere den Erfolg geradezu gepachtet zu haben)? Mittlerweile hat sich der Kreis von 20 „seriösen Bewerbungen“ auf eine „Shortlist“ verkürzt. Ob auf dieser auch Urs Meier drauf ist, welcher im Heerenschürli auf der Tribüne anwesend war? Die Mannschaft zeigt sich mit den beiden aus Leipzig in die Äbtestadt gewechselten Talabidi und Jones physisch verstärkt. Vor allem aber glänzt U21-Nati Keeper Philipp Köhn zwischen den Pfosten und häufig auch mit erfolgreichen Rettungsausflügen vor seinen Strafraum. Nur in der 10. Minute ging so eine Aktion beinahe schief, als Köhn vor dem Sechzehner den Steilpass von Kololli auf Schönbächler abfing. Der Ball kam wieder zu Kololli, der aus der Distanz das verlassene Gehäuse ins Visier nahm, aber der solide agierende Izmirlioglu rettete vor der Linie. Von den beiden FCZ-Leihspielern vermochte Bledian Krasniqi nicht zu überzeugen und Ilan Sauter stand noch nicht im Aufgebot.

FC Zürich – Wil 1:0 (0:0)
Tore: 88. Nathan (Khelifi) 1:0.
FCZ: Brecher (46. Kostadinovic): Rohner, Sohm, Omeragic (46. Nathan), Winter (60. Britto); Domgjoni (68. Seiler), H. Kryeziu; Schönbächler (60. Khelifi), Marchesano (60. Gnonto), Kololli (46. Koide); Kramer (46. Ceesay).
Wil: Köhn; Talabidi (74. Mettler), Izmirlioglu, Kronig, Blasucci (66. Mätzler); Muntwiler, Ndau (46. Sarcevic); Brahimi (66. Mayer), Fazliu, Krasniqi (56. Schäppi); Jones (66. Paunescu).

Zwei Auftaktniederlagen und Feuer unterm Dach

Der FC Aarau gehört zu denjenigen Teams, die in den ersten 10 Tagen nach Trainingsstart ganz auf Testspiele verzichten, weil der Trainer und ehemalige FCZ-Verteidiger Stephan Keller sein Team erst dann gegen einen Gegner auf den Platz schicken will, wenn er vom Trainingsstand her von seinen Spielern das Umsetzen der Vorgaben auch wirklich erwarten kann. Aufgrund der Beobachtungen in und rund um die ersten beiden Tests gegen Schaffhausen (2:5) und Luzern (0:2) wäre das eventuell für den FC Zürich auch eine zu bedenkende Variante gewesen.

Die Trainings unter Ludo Magnin sind generell so intensiv, abwechslungsreich und sehen optisch so gut aus wie unter keinem seiner Vorgänger in den letzten 10 Jahren. Dieser Eindruck wird durch verschiedene Experten bestätigt. Wenn überhaupt, dann sind die Trainings insgesamt eher zu hart und gehen gemäss einzelnen Stimmen zu stark an die Substanz, so dass die Mannschaft kräftemässig in gewissen Phasen der Saison möglicherweise nicht ihr volles Potential ausschöpfen kann. Auch wenn aufgrund des Corona-Regimes Trainingsbesuche nicht mehr ohne weiteres möglich und eine aktuelle Einschätzung darum schwierig ist, kann man davon ausgehen, dass auch in dieser Vorbereitung aktuell die Mannschaft sehr intensiv trainiert.

Gegen Schaffhausen begann man gut, das Tempo war von beiden Seiten in der Startviertelstunde relativ hoch. Dann musste man dem Gegner aber relativ schnell das Szepter überlassen. Ungewöhnlich für von Murat Yakin trainierte Teams haben die Schaffhauser nach den Sommertransfers eine ganze Reihe von gelernten Stürmern im Kader und traten in beiden Halbzeiten mit Prtajin / Pollero sowie Barry / Djoulou mit jeweils zwei „waschechten“ Mittelstürmern an, so dass Hélios Sessolo rechts ins Mittelfeld ausweichen musste. Die Munotstädter vermochten im Gegensatz zu ihrem Gegner über die ganzen 90 Minuten die für ein Testspiel relativ hohe Intensität zu halten. Auch wenn das 4:2 und das 5:2 während einer Pflege von Nathan gegen einen FC Zürich in Unterzahl fielen, war das Ergebnis insgesamt auch in dieser Höhe nicht unverdient.  

Bei regnerischen Bedingungen: Testspielauftakt FCZ – Schaffhausen

Beim FCZ gab der 16-jährige Wilfried Gnonto sein Début im Profiteam – ein ganz ordentliches, auch wenn er speziell gegen den ehemaligen FCZ-Mittelfeldspieler Sangoné Sarr das ein oder andere Mal noch Probleme hatte, sich physisch zu behaupten. Im Goaliedress bei den Gelb-Schwarzen lief in der 1. Halbzeit Piu Da Costa auf. Der Goalie-Routinier hält sich im Team der Yakin-Brüder fit. In einem Team, das mit dem ehemaligen GC-Junior Amir Saipi und den beiden ehemaligen FCZ-Junioren Calvin Heim und Luka Deronjic auf dieser Position sehr talentiert bestückt ist. Ein Transfer in den Lipo Park scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht wahrscheinlich.

Die Erste Halbzeit endete 1:2 – Kololli hatte nach Treffern der beiden neuen Schaffhausen-Stürmer Pollero und Prtajin eine gute Schönbächler-Flanke mit links aus dem rechten Halbfeld noch leicht per Kopf abgefälscht. Derselbe Schönbächler hatte bereits in der 5. Minute mit einer Doppelchance (Lattenkopfball, Da Costa-Parade) die erste gute Einschussgelegenheit der Partie vergeben. Später traf Pollero neben seinem Treffer mit einem schönen Abschluss aus der Drehung auf der anderen Seite auch noch den Pfosten. In der Zweiten Halbzeit erhöhten Sessolo per Penalty, Barry und Kastrati das Skore der Schaffhauser drei Mal. Den Penalty hatte Mirlind Kryeziu verschuldet – und es war nicht sein einziger Schnitzer gewesen.

Nach seinem Fehler vor dem 5:2 Kastratis konnte Präsident Ancillo Canepa seinen Ärger auf der Tribüne nicht zurückhalten. Im Anschluss der Partie führte dieser dann zusammen mit Heliane unverzüglich ein intensives Einzelgespräch mit dem 23-jährigen Verteidiger. Wie zwei wohlgesinnte Lehrer, die einem Schüler klarmachen, dass die nächste Prüfung für seinen Werdegang entscheidend sein wird. In Luzern fehlte Mirlind dann – wohl kaum verletzungsbedingt. Ähnlich einzuordnen eine Szene in der Pause des Luzern-Spiels, als Captain Yanick Brecher Stürmer Blaz Kramer packte und ruppig wegstiess, nachdem dieser etwas salopp und frech auf Brechers Einzelkritik reagiert hatte. Kramer hatte unter anderem kurz vor der Pause nach einer guten Flanke Rüeggs eine hervorragende Kopfballchance ungenutzt gelassen – allerdings weniger wegen fehlender Konzentration, sondern mehr weil es dem Slowenen in solchen Szenen schlicht an Qualität fehlt. Will man die beiden hitzigen Diskussionen am Rande des Spielfelds positiv interpretieren, so dahingehend, dass man einen gewissen Schlendrian von einzelnen Spielern nicht mehr zu tolerieren gewillt ist – selbst in Testspielen nicht.

Gedenkminute für die überraschend verstorbene Luzerner Klublegende Paul Wolfisberg vor dem zweiten Zürcher Testauftritt in der Zentralschweiz

Nicht zielführend war hingegen sicherlich das Reklamieren bei Schiedsrichter San im Luzern-Spiel. Toni Domgjoni hätte den Eckball, der zum 1:0 Luzerns führte, verhindern können, wenn er sich nicht darauf fokussiert hätte, ausgiebig ein Handspiel Ugrinics zu beanstanden. Trainer Magnin nervte sich darüber, dass in der Zweiten Halbzeit bei einem Laufduell mit David Mistrafovic kein Penalty zugunsten von Assan Ceesay gepfiffen worden war. Und Assistenztrainer Alfons Higl ging nach dem Schlusspfiff ziemlich heftig bei Schiedsrichter Fedayi San reklamieren. Pluspunkte bei den Unparteiischen sammeln die Zürcher so schon vor Saisonstart sicherlich nicht.

Einzelne Spieler wussten in den beiden Partien durchaus zu gefallen. Henri Koide macht nahtlos weiter, wo er letzte Saison aufgehört hatte, unter anderem mit einer starken Einzelleistung zum zwischenzeitlichen 2:3 gegen Schaffhausen. Fabian Rohner deutet an, was für einen Wert er mit seinem Speed für die Mannschaft haben kann. Kevin Rüegg und Nathan wirken mental gut drauf und haben sich gegen Luzern im Vergleich zum Schaffhausen-Spiel bereits gesteigert, Hekuran Kryeziu zeigte sich in Luzern ebenfalls verbessert, zumindest in der offensiven Phase.

Gegen Schaffhausen machte das Zentrum hingegen fast durchs Band Fehler im Aufbauspiel: Omeragic, Sohm, Seiler, Heki Kryeziu, Mirlind Kryeziu, Domgjoni, Rüegg. Auch in Luzern liess man Lang, Zivkovic, Arques, Ugrinic, Voca und Co. viel zu viele Freiheiten. Und die Zone vor dem eigenen Strafraum hat man weiterhin nicht im Griff. Von den Flügeln kommt weiterhin zu wenig defensive Unterstützung (Ausnahme: Koide). In beiden Partien tritt der FCZ im 4-2-3-1 an, welches letzte Saison lange Zeit die Stammformation war. Schon in den letzten Meisterschaftspartien der alten Saison war Magnin wieder zu diesem System zurückgekehrt – mit Kololli als linker Flügel, wo dieser weniger effektiv agiert, als in der Sturmspitze. Wilfried Gnonto wird bisher jeweils auf der 10er-Position eingesetzt, wo er als Hängende Spitze auch bei Inter häufig gespielt hat.

Simon Sohm wird zur Zeit (nicht zum ersten Mal) als Innenverteidiger eingesetzt. In Luzern machte er seine Sache bereits etwas besser, als gegen Schaffhausen. Auf dieser Position hat er das Spiel vor sich und kann mit seinen Rushes und langen Bällen möglicherweise mehr bewirken als von weiter vorne aus. Und es besteht die Hoffnung, dass Sohm durch die klarere Rolle seine Schwächen im Positionsspiel und der Rückwärtsbewegung überwinden kann und reifer wird. Denn ohne diesen Prozess wird er es trotz hervorragender Anlagen nicht zu einem Top-Spieler schaffen. Im Zweikampf hat er am Boden Qualität, muss sich in der Luft aber noch stark verbessern.

FC Zürich – Schaffhausen 2:5 (1:2)
Tore: 13. Pollero 0:1, 28. Prtajin 0:2, 40. Kololli (Schönbächler) 1:2; 64. Sessolo (Penalty, Djoulou) 1:3, 71. Koide (Marchesano) 2:3, 81. Barry 2:4, 83. Kastrati 2:5.
FCZ 1.Hz.: Brecher: Britto, Sohm, Omeragic, Winter; H. Kryeziu, Seiler; Schönbächler, Gnonto, Kololli; Ceesay.
FCZ 2. Hz.: Brecher; Rohner, Nathan, M. Kryeziu, Britto; Rüegg, Domgjoni; Koide, Marchesano, Khelifi; Kramer.
Schaffhausen 1. Hz.: Da Costa; J. Krasniqi, I. Bunjaku, Mujic, Alvarez; Lika, Bislimi, Sarr, Del Toro; Prtajin, Pollero.
Schaffhausen 2. Hz.: Saipi; Qollaku, Müller, Padula, Del Toro; Sessolo, Talic, Kastrati, M. Bajrami; Barry, Djoulou.

Luzern – FCZ Zürich 2:0 (1:0)
Tore: 3. Ugrinic 1:0: 89. Hermann (Jashari) 2:0.
Luzern 1. Hz.: Müller; Sidler, Lucas, Knezevic, Bürki; Arques; Emini, Ugrinic; Kakabadze, Schürpf, Lang.
Luzern 2. Hz.: Zibung; Grether, Schulz, Mistrafovic, Sidler (61. Balaruban); Kakabadze (80. Hermann), Arques, Voca, Jashari; Lang, Zivkovic.
FCZ 1.Hz.: Brecher; Rohner, Nathan, Omeragic (37. Sohm), Winter; Rüegg, Domgjoni; Schönbächler, Marchesano, Kololli; Kramer.
FCZ 2. Hz.: Kostadinovic; Rohner (61. Britto), Nathan (61. Wallner), Sohm, Erne; H. Kryeziu, Domgjoni (69. Seiler); Khelifi, Marchesano (69. Gnonto), Kololli (61. Koide); Kramer (61. Ceesay).

Andris Vanins erhält letzten Einsatz / Aufstellungen FCZ – Thun

Der FCZ gibt Andris Vanins die Chance, sich mit einem Super League-Einsatz gegen das noch gegen den Abstieg kämpfende Thun von der 1. Mannschaft zu verabschieden. Der 40-jährige ist gemäss dbfcz.ch der erste 40+-Spieler seit Karl Grob mit einem Wettbewerbseinsatz für den FCZ. Der ebenfalls keinen Vertrag mehr erhaltende Pa Modou sitzt auf der Reservebank. Ansonsten spielt der FCZ mit der aktuellen Stammformation der nicht verletzten oder gesperrten Akteure. Die Aufstellung deutet auf ein 4-2-3-1 hin. Bei der letzten Niederlage in Thun hatte der FCZ zu Beginn grosse Mühe mit dem Thuner Spielaufbau, da die zwei zentralen Offensivspieler (Winter und Kololli) gegen Havenaar, Stillhart und Bertone ständig in Unterzahl waren (die Analyse: hier). Die Zürcher hatten die Partie erst in den Griff bekommen, als man auf ein 3-4-1-2 umgestellt hatte. Funktioniert es diesmal trotzdem?

Der FC Thun will den Klassenerhalt unter anderem mit dem 20-jährigen Hiran Ahmed in der Offensive neben Ridge Munsy erreichen. Der junge Deutsche aus der Wattenscheid-Jugend war bereits beim für die Meisterschaft wegweisenden 2:1-Heimsieg gegen St. Gallen in der Startelf gestanden. Da mit Munsy nur ein „gelernter Stürmer“ in der Startaufstellung steht, ist noch nicht hundertprozentig sicher, dass Trainer Marc Schneider von seinem üblichen 4-4-2 mit Raute abweicht – es ist aber unwahrscheinlich bei dem massiven Aufgebot an gelernten Zentralen Mittelfeldspielern (mit Ahmed und Stillhart sechs!) in der Startformation.

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