Offensive ist Trumpf im Abschiedsspiel von Barla Deplazes: FCZ Frauen – St. Pölten: Vorschau, Aufstellungen und Frage zum Spiel

Die FCZ Frauen haben in den letzten sieben Jahren drei Mal den Sechzehntelfinal und gar vier Mal den Achtelfinal der Champions League erreicht. Dank dieser Erfolge der Zürcherinnen hat die Schweiz in der UEFA-Wertung der Frauen Österreich und zwischendurch sogar Norwegen überholt und einen zweiten Champions League-Platz zugesprochen bekommen. Der FC Basel (Qualifikations-Aus), Lugano und Servette haben diesen zweiten Platz zuletzt leider nicht nutzen können, wobei die Genferinnen mit Atlético und Lugano mit Manchester City einfach auch sehr starke Gegnerinnen zugelost erhielten.

Diese Saison hat der FCZ in der nationalen Meisterschaft Servette Chênois nach einem Heimsieg und einer Auswärtsniederlage im Direktduell bereits etwas davonziehen lassen müssen und liegt aktuell etwa gleichauf mit den weiteren Konkurrenten YB und FCB. Fabienne Humm (bisher 13 Saisontore) trifft zwar so häufig wie selten zuvor, aber vor allem die defensive Stabilität geht dem Team von Trainer Ivan Dal Santo zur Zeit ab, während in der Offensive immer wieder attraktive Spielzüge zu sehen sind. Die Gegnerinnen nutzen vermehrt die Schnelligkeitsvorteile ihrer Stürmerinnen im Vergleich mit der FCZ-Verteidigung bei schnellen Kontergegenstössen.

Im Sechzehntelfinalduell mit dem Österreichischen Serienmeister St. Pölten geht es nicht nur um den Achtelfinaleinzug, sondern es ist auch ein wegweisendes Duell für die Zukunft. Unter anderem geht es um eine gute Ausgangslage für künftige Champions League-Austragungen, die ab kommenden Saison neu eine Gruppenphase vorsehen. St. Pölten war in diesem Alpen-Duell von Anfang an zumindest leicht favorisiert. Sind sie doch in einer etwa gleich guten Meisterschaft auch diese Saison wieder hoch überlegen und sie haben mehr aktuelle Nationalspielerinnen und Erfahrung in ihren Reihen. Speziell das Dreieck Eder (Captain, Zentrales Mittelfeld) mit den beiden Aussenangreiferinnen Enzinger und Zver bringt eine gewisse gehobene Qualität mit. Bei den Gästen gibt es im Vergleich zum Hinspiel nur eine Änderung: Jennifer Klein beginnt für Maria Mikajlova.

Beim FCZ wird es mitentscheidend sein, dass die erfahrenen Cracks Fabienne Humm und Martina Moser nach dem 0:2-Rückstand (klares Chancenplus St. Pölten) eine Top-Leistung abrufen können und vielleicht auch die lange angeschlagen / verletzt gewesenen Rahel Kiwic und Meriame Terchoun entscheidend eingreifen können. Für die langjährige Teamstützin Barla Deplazes ist es das letzte Spiel. Die künftige Full-time Medizinstudentin darf von Anfang an ran und bildet mit Humm, Dubs und Andrade ein Offensivquartett. Der FCZ wird somit heute mit einer offensiveren Ausrichtung, als im Hinspiel antreten. Auch die beiden Zentralen Mittelfeldspielerinnen Martina Moser und Annina Enz werden viel nach vorne machen. Rahel Moser rückt wohl an Stelle von Riana Fischer in die Innenverteidigung.

Schaffen die FCZ Frauen trotz 0:2-Rückstand noch die Überraschung und ziehen in den Achtelfinal ein?

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Kann Rizzo Celestini knacken? Aufstellungen Luzern – FCZ und Frage zum Spiel

Mit Luzern und dem FCZ treffen die beiden bisher offensiv produktivsten Mannschaften der Liga aufeinander. Luzern hat dabei in den letzten vier Partien drei Siege gegen Teams (Sion, Servette) eingefahren, gegen welche der FCZ nicht gewinnen konnte. Nur gegen YB reichte es trotz Aufholjagd nach einer unglücklich verlaufenen Halbzeit nicht zu Punkten. Speziell die Sommer-Neuverpflichtungen Yvan Alounga, Louis Schaub, Dejan Sorgic und Martin Frydek überzeugen bei den Innerschweizern. Schaub wird wohl auch heute das Spiel von einer der beiden Sechserpositionen aus lenken wie zuletzt in Sion, nachdem er zuvor jeweils weiter vorne von der Zehnerposition aus agiert hatte.

Der FCZ hat in einem chancenarmen Spiel in Lugano dank einem Treffer des für den angeschlagenen Benjamin Kololli eingewechselten Blaz Kramer einen knappen Sieg erkämpft. Becir Omeragic wurde im Vorfeld der Partie gegen den „anderen FCL“ nun erneut als fraglich gemeldet und ist tatsächlich nicht dabei. Silvan Wallner beginnt auf der rechten Seite. Da der die linke Seite präferierende Kololli fehlt, ergäbe sich die Gelegenheit, die beiden Teenager Wallner und Gnonto vorwiegend auf unterschiedlichen Seiten spielen zu lassen.

Frage zum Spiel: Massimo Rizzo spricht in den Interviews viel von "am Änd vom Tag". Was ist am Ende dieses Tages Tatsache?

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Gnonto und Wallner stehen in Lugano in der Startaufstellung

Seit dem 1:0-Heimsieg vor zwei Wochen gegen den FC Basel hat Lugano nicht mehr gespielt. Obwohl die Tessiner von allen Super League-Teams am wenigsten Partien (8) absolviert haben, liegen sie als einziges neben YB noch ungeschlagenes Team, auf dem hervorragenden 3. Rang. Die defensive Kompaktheit ist weiterhin auch statistisch gesehen eine Stärke mit weniger als einem Gegentor pro Partie. Gegen den FCZ muss der Berner Trainer Maurizio Jacobacci auf den gesperrten Alexander Gerndt, den verletzten Jonathan Sabbatini sowie die krank gemeldeten Covilo, Daprelà und Macek verzichten.

Abwehrchef Mijat Maric ist damit als einziger verbliebener Teamleader auf dem Platz noch mehr gefordert. Mickaël Facchinetti (bisher erst fünf Minuten in dieser Saison gespielt) ergänzt die Dreierabwehr mit Maric und Kecskés. Das Sturmduo bilden die beiden jungen Lungoyi und Odgaard. Beide haben 20/21 bisher noch kein Tor erzielt. Odgaard (21) ist von Sassuolo ausgeliehen, welches den Dänen vor zweieinhalb Jahren für über 5 Mio Euro von Inter gekauft hatte.

Beim FCZ fehlt der angeschlagene zuletzt gegen St. Gallen zur Pause ausgewechselte Becir Omeragic. Für ihn beginnt Silvan Wallner. Nicht dabei ist ebenfalls Marco Schönbächler. Für ihn kommt Wilfried Gnonto erstmals von Beginn. Der 17-jährige Italiener könnte genauso wie Benjamin Kololli in der Spitze spielen – vermutlich wird aber wieder Tosin zu Beginn diese Rolle übernehmen. Für die Ersatzbank sind neben Kostadinovic, Winter, Ceesay und Kramer auch Tobias Schättin, Fabian Rohner und Stephan Seiler mit ins Tessin gereist.

Der grosse Nachwuchsvergleich – Beinahe 1’000 Tage Magnin, die Analyse Teil 2

In Teil 1 dieser Artikel-Serie ging es letzte Woche um die drei fundamentalen Probleme, mit denen FCZ-Trainer Ludovic Magnin zu Beginn seiner zweieinhalbjährigen Ära konfrontiert war und die entscheidende Rolle des 98er-Jahrgangs beim Trainerwechsel von Forte zu Magnin: Hier gehts zu Teil 1. Der heutige Zweiten Teil liefert einen grossen Vergleich der Integration von Talenten in die 1. Mannschaft der sechs wichtigsten Schweizer Academies im letzten Jahrzehnt. Wie hat sich der FCZ im Vergleich entwickelt? Welchen Einfluss hatten Trainer, Sportchefs und Präsidenten in den einzelnen Klubs auf die Entwicklung?

Der Generationenwechsel wurde beim FCZ in der Saison 16/17 durch die Strategie des sofortigen Wiederaufstieges vertagt. Als dieser dann aber ein Jahr später aufgrund der Inkompatibilität der 98er-Generation mit Fortes Spielstil und Personalpolitik immer noch auf sich warten liess, wurde die Vereinsführung schnell ungeduldig. Diese Ungeduld übersetzte sich bei Ludovic Magnin nach dessen Berufung zum Cheftrainer in Hektik: der Waadtländer versuchte alles aufs Mal umzusetzen: Generationenwechsel, komplett andere Trainingsgestaltung und Umbau der Spielphilosophie der 1. Mannschaft, so dass diese wieder stärker in Einklang mit der Vereinsphilosophie und der Academy stand. 

Der Cupfinal 2018 als Sinnbild der unterschiedlichen Strategie von FCZ und YB

Dies alles bei laufendem Spielbetrieb und nebenbei dem dramatischen Sieg im unvergesslichen Cup-Halbfinal-Derby und einer grossen Willensleistung im Wankdorf-Final in Unterzahl. Direktbeteiligte erinnern sich heute noch daran, wie heiss und geladen das Team nach einer emotional berührenden Einstimmung in das Duell gegen Meister YB gestiegen war. Abgesehen vom übermotivierten Rotsünder Sangoné Sarr zeigte jeder Spieler seine Bestleistung im FCZ-Dress. Domgjoni beispielsweise gelang bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung eine Top-Leistung, Palsson wurde urplötzlich als Spezialbewacher von Hoarau zum Kopfballmonster, dem ansonsten eher unsicheren Thelander gelang die entscheidende Rettungsaktion auf der Linie und Marchesano erzielte ein Game Winning Goal, wie es ihm in dieser Art zuvor und danach nie gelungen ist.

Eine einprägsame TV-Szene aus diesem Final war der provokative Jubel des von seinem Stammverein YB «verschmähten» FCZ-Stürmer Michi Frey nach seinem 1:0-Führungstreffer vor seinem ehemaligen Trainer Adi Hütter. Was in diesem Zusammenhang kaum beachtet wurde: Hütter war eigentlich nicht der richtige Adressat für Freys Geste, sondern eher Sportchef Christoph Spycher. Frey ist ein Kind der Ära Fredy Bickel, welcher wie zuvor beim FCZ und zuletzt auch wieder bei GC ein grosses Augenmerk auf Verjüngung und den Einbau eigener Junioren legte. In den Bickel-Jahren schwang sich YB geradezu zu einem Ligavorbild in Sachen Juniorenförderung auf und bot der Spielergeneration rund um den 94er-Jahrgang mit Michi Frey, Leonardo Bertone, Florent Hadergjonaj, Yvon Mvogo und Grégory Wüthrich sehr viel Einsatzzeit.

Hütter, der von Bickel geholt worden war, führte diese Jugendförderung vorerst weiter. Erst mit dem Sportchefwechsel zu Christoph Spycher änderte sich die Berner Personalpolitik radikal. YB verlegte sich nun darauf, 20- bis 24-jährigen Profis mit Qualität, deren Karriere etwas ins Stocken geraten war, eine Plattform für einen zweiten Anlauf zu bieten. Der Erfolg der 1. Mannschaft gibt Spycher recht, aber für die eigenen Junioren war dies der Beginn einer regelrechten Eiszeit. Die grossen Sturmtalente Tushi und Touré sprangen, letzterer mit grossem Getöse, nach Basel und Newcastle ab. Auch ein Kronig, Kasongo oder Malula finden im Kader der Gelbschwarzen keinen Platz. Die Ansprüche sind heute enorm hoch – und der eigene Nachwuchs wird diesem nicht gerecht.

Sinkende Einsatzzeiten für eigene Junioren in den Saisons vor dem Abstieg

In die gleiche Richtung wie YB entwickelte sich in den letzten Jahren Servette. Seit dem Einstieg von Präsident Didier Fischer mit seiner «Fondation 1890» sind die Einsatzzeiten der eigenen Junioren in der 1. Mannschaft dramatisch gesunken. Trainer Alain Geiger hat diese Entwicklung noch akzentuiert. Zwar machte Servette genauso wie YB von den Resultaten her einen Sprung nach oben, aber gleichzeitig haben der Reihe nach Denis Zakaria, Kevin Bua, Dereck Kutesa, Jérémy Guillemenot, Lorenzo Gonzalez, Guillaume Furrer, Christopher Lungoyi, Alexandre Jankewitz und Becir Omeragic den Verein verlassen – unter anderem deshalb, weil sie anderswo bessere Einsatzchancen sahen. Zum Beispiel beim FCZ, der zusammen mit dem FCB, Lausanne-Sport und GC zu denjenigen vier aus den «Big Six» des Schweizer Fussballs gehört, die in den letzten Jahren wieder stärker auf den eigenen Nachwuchs setzen – und damit einen Gegenpol zu YB und Servette bilden. Luzern, St. Gallen, Aarau und andere Vereine haben in den letzten Jahren im Academy-Bereich stark aufgeholt, trotzdem macht langfristig der statistische Vergleich mit den anderen fünf Klubs aus den fünf grössten Schweizer Städten mit dem entsprechenden Einzugsgebiet und besten Palmarès sowohl bei Junioren wie Profis am meisten Sinn.

Und diese Statistik zeigt: unter Trainer Magnin sind die Einsatzzeiten für die FCZ-Nachwuchskräfte stark gewachsen. Innerhalb der letzten drei Saisons ist der FCZ in diesem Bereich zurück auf die Erste Position gesprungen – wieder auf gleichem Niveau wie in der Saison 12/13, als in der Anfangszeit von Trainer Urs Meier Berat Djimsiti, Josip Drmic und Oli Buff Stammkräfte waren und Davide Mariani ebenfalls viel eingesetzt wurde. Meier hatte damals mit Chermiti, Gavranovic, Drmic und Schönbächler ein spielerisch starkes Offensivquartett in guter Verfassung zur Verfügung, von welchem Alle regelmässig Tore erzielten – dazu ein Adis Jahovic als Joker. Bis heute ist es nicht mehr vorgekommen, dass der FCZ wie damals deutlich über dem Ligaschnitt Tore produzierte. Drmic war dabei sicherlich das entscheidende Zünglein an der Waage, der das noch fehlende dynamische Element in diese Sturmreihe brachte. Dieses Offensivquartett nahm mit seiner Präsenz und Ballsicherheit so viel Druck von der Defensive, dass man es sich sogar leisten konnte, mit Gajic und Kukuruzovic (beziehungsweise Mariani) ausschliesslich spielerisch und offensiv starke Sechser einzusetzen. Auch die Aussenverteidiger Benito und Koch hatten ihre Qualitäten in erster Linie im Spiel nach vorne.

Für so ein Szenario war der FCZ seither vorne sowohl qualitativ wie quantitativ zu wenig gut besetzt. Vor allem hat die Nachwuchsabteilung im Sturm seither keinen Josip Drmic mehr hervorgebracht. Die aktuelle U15 und U16 zeigen, dass man das Problem erkannt hat und daran arbeitet. Aber auf die Früchte dieser Arbeit muss man auf jeden Fall noch zwei, drei Jahre warten. Marco Schönbächler hat das Niveau von 12/13 später nicht mehr konstant erreicht. Auch Gavranovics und Chermitis Performance liess zwischenzeitlich nach. In der Abstiegssaison 15/16 war Mittelfeldspieler Buff mit acht Treffern bester Zürcher Torschütze. Jene Spielzeit war auch gekennzeichnet durch sehr wenig Einsatzzeiten der eigenen Junioren. Fehlende Blutauffrischung ist meist kein gutes Zeichen und trägt bei Mittelfeldklubs immer wieder mit zum Absturz bei. Beim FCZ hatte dieser Abwärtstrend bereits unter dem ehemaligen Academy-Trainer Meier eingesetzt und sich unter Hyypiä (und danach Forte) weiter verstärkt. Noch extremere Beispiele dafür waren Lausanne-Sport 17/18 und Servette in der Saison 12/13, die fast gar keine eigenen Junioren mehr einsetzten – und abstiegen.

GC setzt die meisten externen jungen Spieler ein

Eine scheinbare Ausnahme dieser Regel bildet GC, das seinen Eigengewächsen in der Abstiegssaison eine immerhin durchschnittliche Spielzeit zugestand. Dort war aber der auf den ersten Blick erkennbare Zickzack-Kurs das Problem des gesamten Jahrzehnts. Zuerst eine klare Jugendpolitik gepusht unter Trainer Sforza und anschliessend weitergeführt durch Forte mit einem Fast-Abstieg gefolgt von einem Fast-Meistertitel mit der Generation Zuber / Izet Hajrovic / Toko. Dann kam Michael Skibbe – und die Juniorenförderung rasselte in den Keller. Anschliessend übernahm der ehemalige Nachwuchs-Nationaltrainer Pierluigi Tami und fuhr das Ganze wieder hoch. Als nächstes warf Murat Yakin das Steuer erneut um 180 Grad herum. Der ehemalige Nati-Verteidiger ist ein Coach, welcher traditionell wenig auf die Jungen setzt. Daraufhin wurde der massvolle Jugendförderer Thorsten Fink geholt, welcher praktisch vom Nullpunkt aus wieder mehr Academy-Spieler einzubauen begann. Allerdings brachten sowohl die Achse der Routiniers, auf die man setzte, genauso wie der junge Hoffnungsträger Nedim Bajrami ihre Leistung nicht – und GC stieg ab. In der Folge nutzte man anders als der FCZ die Challenge League-Saison, um mit Pusic, Morandi, Dickenmann, Mesonero oder Fehr viele Eigengewächse als Stammspieler zu pushen – und verpasste Ende Saison den Aufstieg.

Neben dem FCZ und GC haben auch Basel und Lausanne einen klaren Kurs in Richtung stärkerem Einbau von Academy-Spielern in die 1. Mannschaft aufgenommen. Bei Lausanne sieht man seit dem Einstieg des neuen Klubbesitzers INEOS beziehungsweise dem Start der Ära Contini ein moderates Wachstum in diesem Bereich. Beim FCB hat hingegen der neue Besitzer Bernhard Burgener den von ihm und seinem damaligen Team mit Marco Streller und Alex Frei bei der Übernahme ausgerufenen Plan in die Tat umgesetzt. Die Rotblauen als ehemalige wichtige Talentschmiede (Shaqiri, Granit Xhaka, Embolo) waren in den Jahren zuvor zum Klub mit den wenigsten Einsätzen von eigenen Junioren abgerutscht, was sich unter Burgener und dessen Trainern Wicky, Koller und nun Sforza radikal geändert hat.

Berücksichtigen muss man bei der Analyse der Statistik der eingesetzten eigenen Junioren, dass diese nicht nur von der Klubpolitik, sondern auch von Schwankungen in der Qualität der Jahrgänge und von Verletzungen beeinflusst wird. So würde die Kurve unter Urs Meier wohl nicht so stark nach unten zeigen, wenn Armin Alesevic und Mike Kleiber nicht chronisch verletzt ausgefallen wären. Insgesamt hat der FCZ über die letzten zehn Jahre seinen im U21-Alter befindlichen eigenen Junioren beinahe 6’000 Minuten Einsatzzeit pro Saison ermöglicht und liegt damit an der Spitze der sechs Vergleichsklubs – vor GC und Lausanne. Am wenigsten gefördert wurde der eigene Nachwuchs in der letzten Dekade bei Servette – und dies trotz grossem Talentreservoir und langen Aufenthalten in der zweithöchsten oder gar dritthöchsten Liga, wo es viel Gelegenheit zum vermehrten Einsatz der Jungen gegeben hätte. Am zweitschlechtesten schneidet YB ab. Die negative Bilanz der letzten Jahre fällt mehr ins Gewicht, als die Juniorenförderung unter Bickel. Der FCZ liegt auch beim Anteil der eigenen Junioren an den im Profiteam eingesetzten U21-Spielern vorne – es waren über zehn Jahre hinweg mehr als zwei Drittel (68%). An zweiter Position in dieser Wertung liegt Lausanne-Sport. GC’s Quote liegt mit 47% deutlich tiefer. Eine leichte Mehrheit der bei den Grasshoppers im letzten Jahrzehnt eingesetzten U21-Spieler stammten also nicht aus dem eigenen Nachwuchs.

Einerseits hatte der Zürcher Stadtrivale speziell im Abstiegsjahr eine ganze Armee von jungen ausländischen Spielern im Einsatz, die sich die Klinke in die Hand gaben und schneller wieder weg waren, als sie überhaupt «Grasshoppers» buchstabieren konnten. Vor allem aber stammte lange Zeit ein Grossteil der in der 1. Mannschaft im Profibereich debütierenden jungen Spielern nicht aus dem eigenen Nachwuchs. Vor allem in der Nachwuchsabteilung des FC Winterthur bediente man sich gerne, aber auch Talente aus der Westschweiz oder zuletzt dem Tessin wurden immer wieder auf den Campus gelockt, wo ein Teil von ihnen auch wohnte. Die Gesamtzahl Spielminuten von U21-Spielern (inklusive externe) ist bei GC mit beinahe 10’000 Minuten deshalb pro Jahr am höchsten – mit dem FCZ an zweiter Position. 

UEFA-Standard: beispielsweise für die Saison 2020/21 höchstens Jahrgang 1999.

Definition „U21-Spieler“

Spieler im U21-Alter, die mindestens in der U18 desselben Klubs eingesetzt wurden. Dementsprechend gilt Fabian Frei als FCB-Junior, Valentin Stocker (SC Kriens) hingegen nicht.  Nassim Ben Khalifa (Lausanne-Sport) oder Moritz Bauer (Winterthur) gelten nicht als GC-Junioren und Philippe Koch (Solothurn) oder Francisco Rodriguez (Winterthur) nicht als solche des FCZ.

Definition „Eigene U21-Spieler“

Dieser Artikel ist in voller Länge im aktuellen „Daléo“ unter dem von der Redaktion gesetzten Titel „Bilanz eines Versagens“ zu lesen. Hier auf Züri Live wird der dritte von vier Teilen Ende Woche publiziert.

Statistiken: Züri Live basierend auf Daten von transfermarkt.ch

Beinahe 1’000 Tage Magnin – die Analyse, Teil 1

Nach nicht einmal 100 Tagen Ludo Magnin erschien im Daléo eine erste Analyse seines Wirkens als damals neuer Cheftrainer beim FC Zürich. Nach beinahe 1’000 Tagen Magnin schauen wir nun zurück auf die von ihm getätigten Aussagen und prüfen mit Beobachtungen und Statistiken, ob und wie er seine damaligen Ideen umgesetzt hat. Und warum die sportliche Bilanz seiner Trainer-Ära in der 1. Mannschaft durchzogen ausfällt.

Das Team unter Uli Forte – anfänglich eine Defensivwand

Wie kam Magnin überhaupt zu seinem ersten Trainerjob im Profibereich? Wie die meisten Super League-Aufsteiger war auch der FCZ unter Uli Forte mit der Aufstiegseuphorie im Rücken gut in die Saison 17/18 gestartet. Das Team begann aber ab November stark abzubauen. Dies war bereits in der Vorsaison in der Challenge League passiert. Nun wirkte es sich aber aufgrund der stärkeren Gegner sofort auf die Resultate aus. Die Zitrone wirkte ausgepresst. Trotzdem lag man aufgrund der in der Anfangsphase der Saison erkämpften Punkte immer noch auf dem Dritten Platz, als im Februar der Trainerwechsel stattfand.

Eine klar positive Tordifferenz hatte der FCZ in der Super League 05/06, 06/07, 07/08, 08/09, 10/11 und 12/13, eine klar negative 15/16 und 19/20. Tendenziell war man gemessen an Toren und Gegentoren im Vergleich mit dem Ligaschnitt in den letzten zwei Jahrzehnten defensiv besser unterwegs als offensiv. Selbst in den drei Meistersaisons lag der Vorteil gegenüber dem jeweiligen Zweitplatzierten (Basel, YB) bei den weniger erhaltenen Gegentoren. Uli Fortes Aufsteigermannschaft ging in der Saison 17/18 diesbezüglich noch einen Schritt weiter. Es lief ein auf Physis, Kampf und Laufbereitschaft ausgerichtetes Team auf. Taktisch und von der Spielanlage her gings in erster Linie darum, Tore zu verhindern. Spielerische Elemente musste man mit der Lupe suchen.

Im Tor stand mit Andris Vanins an Stelle von Eigengewächs Yanick Brecher ein erfahrener Keeper mit bescheidenen fussballerischen Attributen. Davor wurde eine «Wand» gestellt – mit fünf zentralen technisch eher limitierten Verteidigungshaudegen in Dreierabwehr und Doppelsechs: Nef, Palsson, Brunner (oder Thelander), Sarr und Rüegg, flankiert auf der Seite von den ebenfalls vor allem kämpferisch mit Defensivaufgaben beschäftigten Pa Modou und Winter. Dazu vorne die lauffreudigen Frey und Rodriguez, die ebenfalls viel gegen den Ball arbeiteten. Mit Dwamena (oder Koné) stand üblicherweise nur ein Spieler mit gewissen defensiven Defiziten auf dem Platz. Das Zwischenresultat: nach einem Saisonviertel nur fünf Gegentore! Das war sogar deutlich besser, als in den drei Meistersaisons! Die defensive Stabilität bröckelte dann aber mit zunehmendem Saisonverlauf exponentiell, ohne dass dies offensiv kompensiert werden konnte. Zu Beginn der Rückrunde kassierte man in vier Partien elf Gegentore.

Magnin kriegt die Aufgabe, drei fundamentale Probleme zu lösen

Abgesehen davon, dass die Mannschaft unter Forte ab November zum wiederholten Male stark nachliess (man sei «zu ausrechenbar» geworden, liess Präsident Ancillo Canepa verlauten), entsprach Fortes Spielweise, Personalpolitik und Ausrichtung nicht der Vereinsphilosophie. Und drittens gab es unter anderem aus diesem Grund Probleme mit der Integration der besten Talente in die 1. Mannschaft. Der Fokus von Junioren-Scouting und -Ausbildung war mit «Forte-Fussball» unvereinbar. Das heisst: man befürchtete, dass ein Grossteil der Ausbildungsarbeit «für die Katz» sein würde.

Dies zeigte sich damals akut an der Situation des hoffnungsvollen 98er-Jahrganges. Vasilije Janjicic hatte schon zu Beginn der Forte-Zeit das Weite gesucht. Der grossgewachsene, aber eher schlanke Innenverteidiger Arbenit Xhemajli und der leicht ältere spielstarke André Ribeiro wechselten zu Xamax und Braga, als sie nicht in die 1. Mannschaft hochgezogen wurden. Maren Haile-Selassie blieb aussen vor und auch mit Toni Domgjoni konnte Forte gar nichts anfangen – für seine Vorstellungen eines Zentralen Mittelfeldspielers wohl zu schmächtig. Izer Aliu testete Forte eher alibimässig mal als linker Aussenläufer. Und Kevin Rüegg stellte er aufgrund dessen Physis ins Zentrale Mittelfeld, wo der später als Rechtsverteidiger zum U21-Nati Captain aufsteigende Jungspund wegen seiner beschränkten Technik auf engem Raum spielerisch wenig beitragen konnte – was für Forte ein sekundärer Aspekt war.

Für alle drei fundamentalen Probleme – die Ausrechenbarkeit, die abweichende Spielphilosophie und den ungenügenden Einbau der eigenen Talente versprach Magnin die richtige Trainerwahl zu sein. Und dies obwohl er damals im April 2018 gegenüber Daléo unter anderem äusserte:

«Ich habe überhaupt kein Problem, eine Mannschaft mit lauter Routiniers aufzustellen.»

Ludovic Magnin im April 2018

Letzteres ist schlussendlich nie passiert. Der von vielen befürchtete «Jugendwahn» allerdings auch nicht. Die jüngste von Magnin aufs Feld geschickte Mannschaft war in der Anfangszeit bei einem 1:1-Auswärtsunentschieden in Sion im Schnitt genau 23 Jahre alt. Mit Rüegg, Rohner, Domgjoni und dem trotz 99-er Jahrgang ebenfalls zu dieser Spielergeneration gehörenden Aliu setzte er gleich vier «98er» in der Startformation ein und äusserte sich nach der Partie dahingehend, dass dies wohl zu viele aufs Mal gewesen seien und der Punktgewinn nur mit Glück erspielt worden war. Zum Vergleich: Sowohl Lucien Favre wie auch Bernard Challandes, Urs Fischer, Urs Meier und Rolf Fringer schickten beim FCZ jüngere Startformationen auf den Platz. Im Vergleich zu Uli Forte hingegen, dessen Mannschaftsaltersschnitt sich häufig in Gilbert Gress-Sphären der Saison 00/01 bewegte, war die Verjüngung der Mannschaft eklatant. 

Entscheidende Rolle des 98er-Jahrganges

Dies bedeutet aber nicht, dass Forte grundsätzlich nicht mit jungen Spielern arbeiten kann. Der Brüttiseller gehört zu der Sorte Trainer, die sich den Prioritäten und Anforderungen eines Vereins anpassen können. Verlangt die Klubführung eine Jugendstrategie, dann arbeitet er mit Jungen – wie er dies bei GC und YB gemacht hat. Soll hingegen mit einer erfahrenen Equipe der sofortige Wiederaufstieg angestrebt werden wie beim FCZ, dann macht Forte auch das. Das Projekt Forte war beim FCZ aber von vornherein auf das kurzfristige Ziel Super League ausgelegt. Dies manifestierte sich spätestens, als man wieder zurück im Oberhaus war. Just zu diesem Zeitpunkt klopfte mit dem 98er-Jahrgang die stärkste FCZ-Juniorengeneration seit sechs Jahren (92er um Rodriguez, Buff, Drmic) vehement an die Türe zur 1. Mannschaft und Forte machte diese nur einen kleinen Spalt weit auf – weil er für seine Art von Fussball andere Spielertypen benötigt.

Ein Klub, der sich so stark in der Academy engagiert, kann sich sportlich, finanziell und ideell aber schlichtweg nicht leisten, eine solche Generation zu verlieren. Aus dieser Warte war es im Februar 2018 höchste Eisenbahn für einen Trainerwechsel. Denn schon wenige Monate später hätte es passieren können, dass auch noch der Rest der vielversprechenden Spielergeneration einen Wechsel anstrebt. Es ging im Frühling 2018 darum, einem Domgjoni, Aliu, Rohner oder Rüegg zu zeigen, dass man auf sie setzt – und dies vor allem auch auf denjenigen Positionen, auf welchen sie ihr grösstes Potential haben.

Die Aufgabe für Magnin gestaltete sich knifflig. Denn normalerweise nutzen Absteiger im Unterhaus die Gelegenheit für eine grosse Blutauffrischung. Servette, Lausanne, GC und selbst St. Gallen verjüngten ihr Kader stark und gaben in der Challenge League auch denjenigen Junioren eine Chance, die im Oberhaus nicht zum Zug gekommen wären. Sie nahmen dabei in Kauf, den Wiederaufstieg nicht im ersten Anlauf zu schaffen. Nicht so der FCZ! Der sofortige Wiederaufstieg hatte beim Stadtclub oberste Priorität. Das war die Vorgabe aus der Chefetage. Der Generationenwechsel wurde so vertagt. Als dieser dann aber ein Jahr später aufgrund der Inkompatibilität der 98er-Generation mit Fortes Spielstil und Personalpolitik immer noch auf sich warten liess, wurde die Vereinsführung schnell ungeduldig.

Dieser Artikel ist in voller Länge im aktuellen „Daléo“ unter dem von der Redaktion gesetzten Titel „Bilanz eines Versagens“ zu lesen. Hier auf Züri Live wird der zweite von vier Teilen kommende Woche publiziert.

Vorschau FCZ – FCB mit Massimo Rizzo: mit viel Kommunikation den Pontaise-Unfall überwinden

Seit dem Rücktritt von Hermann Burgermeister gehört Massimo Rizzo zu den langjährigsten FCZ-lern. Inklusive eigener Juniorenzeit ist der Zürcher in verschiedenen Funktionen mehr als drei Jahrzehnte im Klub. Häufig hatte er mehrere Funktionen gleichzeitig inne – beispielsweise Co-Trainer und Team Manager der 1. Mannschaft. Oder Co-Trainer der U21, Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle und gleichzeitig auch noch Spielertrainer bei einem Stadtzürcher Amateurklub. Aktuell war Rizzo neben seiner umsichtigen Tätigkeit als Talententwickler und Cheftrainer der U18 auch noch Co-Trainer der U18-Nationalmannschaft des Schweizerischen Fussballverbandes.

Massimo Rizzo: D Schpiller wänd

Ob er den nächsten SFV-Termin im November wahrnehmen kann, hängt davon ab, wie lange seine zweite Amtszeit als Cheftrainer der 1. Mannschaft andauern wird. Im Gegensatz zu vor ziemlich genau fünf Jahren, als Rizzo als Co-Trainer unter Urs Meier und später Sami Hyypiä und Zwischenlösung auf dem Chefposten schon einmal ad interim die 1. Mannschaft übernahm, hätte er nun sowohl die nötigen Diplome als auch viel zusätzliche Erfahrung, um grundsätzlich in Zukunft auch einmal ein Profiteam ganz übernehmen zu können und zu wollen.

Massimo Rizzo: es isch ä Chopfsach

An der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen den FC Basel legt Rizzo den Fokus aber auf den kommenden Match gegen den FCB und die bisher in dieser Saison noch sieglose Mannschaft. Ab heute Freitag sind nach Länderspielaufgeboten alle gesunden Spieler dem FCZ-Trainer zur Verfügung gestanden. Allerdings wurden Spieler, die bis zu drei Einsätze und / oder lange Reisen hatten wie Assan Ceesay, Fidan Aliti oder Benjamin Kololli nach dem Trainingsstart am Morgen vorerst mal direkt in die Regeneration beordert. Alle zusammen werden einzig beim Abschlusstraining am Samstag trainieren.

Massimo Rizzo: Gueti Laufleischtig gäg Rappi

Fehlen werden dabei die angeschlagenen Rechtsverteidiger Britto und Rohner, was für den 18-jährigen Silvan Wallner beinahe schon eine Einsatzgarantie bedeutet. Schättin, Tosin und Hekuran Kryeziu sind fraglich. Dies könnte auch für die linke Seite bedeuten, dass Fidan Aliti nach nur einem Training gleich gegen seinen Stammklub in der Startformation stehen wird. Der für den Test gegen Rapperswil-Jona krank gemeldete Lasse Sobiech scheint hingegen wieder auf dem Damm zu sein.

Massimo Rizzo: Jammere nützt nüt

Rizzo erwartet einen Auftritt mit Leidenschaft von seinem Team – das Resultat wird sich dann daraus ergeben. Allerdings habe die Equipe bereits bei YB und gegen Lugano eine gute Mentalität gezeigt, habe sich resultatmässig dafür dann aber nicht belohnt. Dies (vor allem der späte Ausgleich der Tessiner im Letzigrund) gemeinsam mit dem Auftritt in Lausanne habe das eigentlich vorhandene Selbstvertrauen der Mannschaft schon etwas beschädigt. Er habe mit den anwesenden Spielern sowohl einzeln wie in der Gruppe in dieser Nati-Pause viel gesprochen. Es ginge darum, nach vorne zu schauen und auf den Stärken aufzubauen. Dann liegt gegen Basel etwas drin. Der Wille, Einsatz und die Einsicht der Spieler sei da gewesen. Beispielsweise im Test gegen Rapperswil-Jona (4:0). Entscheidend sei aber, was die Mannschaft ab 16 Uhr am Sonntag auf den Platz bringe.

Massimo Rizzo: mir mönd oise Teil uf de Platz bringe

Letzte Saison hat der FCZ neben drei 0:4-Niederlagen das erste der zwei Heimspiele gegen die Rotblauen nach deren siegreichen Europacupauftritt in Spanien mit 3:2 gewinnen können. Am Sonntag werden beim ersten Heimspiel mit reduzierter Beschränkung rund 5’000 Fans im Letzigrund erwartet. Die Nationalmannschaftsauftritte der FCZ-Spieler waren in den letzten zwei Wochen sehr unterschiedlich. Der formstarke Assan Ceesay hat getroffen – während im anderen Extrem der schon in Lausanne schwach auftretende Benjamin Kololli ein Eigentor und eine Rote Karte verursachte.

Frage zum Spiel: Was für einen FCZ sehen wir am Sonntag gegen den FCB?

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Magnin verzichtet diesmal auf Systemumstellung zur Lösung des Pressingproblems / Chiasso – FCZ 3:2 in der Analyse

Für eine ausgesprochene Cupmannschaft wie den FC Zürich ist so eine Niederlage wie in Chiasso gleich zum Auftakt der Saison 20/21 kolossal. Nicht nur ist der FCZ seit neun Jahren (damals gegen den Challenge League-isten St. Gallen: Link zum Spiel) nicht mehr gegen einen Unterklassigen ausgeschieden, sondern auch gegen gleichklassige Mannschaften gab es im Schnitt deutlich bessere Resultate als in der Meisterschaft – selbst gegen Spitzenteams. Dabei hat man jeweils in den Cup-Partien nicht besser gespielt, man geriet nicht selten in Rückstand und es wurde selbst gegen Underdogs immer wieder eng. Aber im Cup zeigte der FCZ unter verschiedenen Trainern immer wieder die Winner-Mentalität, auch schwierige Spiele noch zu gewinnen.

Breston Malula: bester Mann in seinem ersten Profieinsatz

Cup-Spiele gegen Unterklassige wie in Chiasso, die ausgeglichen verliefen, oder sogar mit leichten Vorteilen für den Aussenseiter, gab es immer wieder. Dann erzwangen die Zürcher ihr Glück jeweils beispielsweise mit einem Standard. Diesmal entschieden zwei Standards und ein Konter zugunsten der Südtessiner. Chiasso hatte gegen den FCZ mehr Ballbesitz, mehr Abschlüsse und einen höheren Wert an erwartbaren Toren – wenn auch letzteres nur aufgrund des Penaltys. Dieser Penalty war durchaus gerechtfertigt. Koide hatte einen Bahloul-Freistoss mit gutem Timing eigentlich optimal per Kopf geklärt. Domgjonis Arm vergrösserte dessen Körperfläche und machte im eigenen Strafraum eine leichte Bewegung zum Ball. Der Stammspieler der letzten Saison war diesmal erst in der 77. Minute für Hekuran Kryeziu eingewechselt worden und fand nicht richtig ins Spiel.

Der Wechsel stand im Zusammenhang mit einem taktischen Problem, das der FCZ im Riva IV seit Beginn des Spiels mehr schlecht als recht zu bewältigen versuchte. Dieses erinnerte stark an die Anfangsphase des Auswärtsspiels in Thun am 1. Juli (2:3 nach frühem 0:3-Rückstand: Link zum Spiel). Damals fokussierte man das Pressing der zwei Stürmer gegen den Thuner Spielaufbau mit dem zentralen Dreizack (zwei Innenverteidiger, ein Sechser) vor allem darauf, Leonardo Bertone aus dem Spiel zu nehmen – was auch gelang. Aber die Innenverteidiger Havenaar und vor allem Stillhart nutzten ihre dadurch gewonnenen Freiheiten, um ungeahnte Spielmacherqualitäten von hinten heraus an den Tag zu legen und die frühe hohe Führung der Berner Oberländer entscheidend einzuleiten. Diesmal versuchte der FCZ zu Beginn eher die Innenverteidiger an der Entfaltung zu hindern und liess den Sechser Breston Malula gewähren. Dieser wurde so zum besten Mann auf dem Platz – und dies in seinem allerersten Spiel im Profibereich. Die langen Bälle des 19-jährigen hinter die aufgerückte Zürcher Viererkette taten dem FCZ weh – zum Beispiel beim 2:0 Chiassos in der 35. Minute.

Chiasso profitiert von YBs fast inexistenter Integration des eigenen Nachwuchses

Malula, aus dem YB-Nachwuchs als Mittelfeldpuncher bekannt, ist wie Stillhart ein Spieler, der im Duell mit dem FCZ erstmals zusätzliche Facetten seines Könnens auf den Platz bringen und ausleben konnte. Der 1,94m-Mann gehört zu denjenigen Talenten, die man sich durchaus bei YB in der 1. Mannschaft hätte vorstellen können und in einem Klub wie Luzern, FCZ, St. Gallen und möglicherweise selbst Basel diesen Schritt wohl auch geschafft hätte. Beim dreifachen Schweizer Meister hingegen sind die Ansprüche hoch, und der eigene Nachwuchs hat es sehr schwer. In den letzten sechs Jahren ist Mittelfeldspieler Michel Aebischer der einzige (!) eigene Nachwuchsmann, welcher bei YB den Durchbruch in der 1. Mannschaft geschafft hat. Selbst beim nicht als die grösste Nachwuchshochburg der Schweiz bekannten FC Sion waren es in der gleichen Zeitperiode je nach Zählweise sechs bis acht (Maceiras, Toma, Grégory Karlen, Sierro, Akolo und Edimilson – plus Morgado und Follonier, die beide eine halbe Saison Stammspieler waren) – zwei davon spielen heute notabene bei YB.

In der aktuellen Saison wurden gerade mal zwei Spieler aus dem Nachwuchs offiziell nach SFL-Seite in die 1. Mannschaft transferiert – aber einer (Schüpbach) wurde gleich weiter an Winterthur verliehen, der andere (Maier) spielt weiterhin in der U21. Und selbst das absolute Top-Talent Mambimbi hat es schwer, sich einen ähnlichen Status wie beim FCZ sein Juniorennati-Kollege Simon Sohm zu erkämpfen, der mittlerweile für die A-Nationalmannschaft aufgeboten worden ist. Trotzdem war es im Sommer erstaunlich, dass Chiasso nicht nur Sofian Bahloul halten und mit einem längerfristigen Vertrag ausstatten, sondern auch einen Breston Malula ins Mendrisiotto holen konnte. Auch das dritte Chiasso-Tor bereitete dieser mit einem erfolgreichen Zweikampf mit seinem Konterpart Simon Sohm an der Seitenlinie vor. Der daraus resultierende Freistoss führte zum Elfmeter. Dem um ein halbes Jahr jüngeren Sohm gelang abgesehen von zwei, drei entscheidenden Fouls weitgehend eine gute Partie. Es war erfrischend zu sehen, wie selbstverständlich er die Spielmacherrolle übernahm. Das, was bei ihm letzte Saison ansatzweise zu sehen war, will er jetzt konstant auf den Platz bringen.

Ludovic Magnin verzichtet auf Systemumstellung während der 1. Halbzeit wie in Thun

Sohms Mittelfeldkollege Hekuran Kryeziu wurde etwa nach einer halben Stunde dazu verknurrt, die Lücke im Pressing behelfsmässig zu schliessen, in dem er ständig zwischen vorderster und mittlerer Pressinglinie hin- und herrannte und so manchmal den Sechser Malula stören konnte und manchmal auch nicht – eine ermüdende Aufgabe: daher wohl die Auswechslung für Domgjoni, welcher danach dieselbe Rolle übernahm. In Thun hatte Magnin das Problem noch anders gelöst: mit einer Systemumstellung auf ein 3-4-1-2. Eine solche wäre in Chiasso mit dem vorhandenen Personal ebenfalls sehr gut möglich gewesen: Brecher – Britto, Bangura, Nathan – Schönbächler, H. Kryeziu, Sohm, Schättin – Kololli – Kramer, Ceesay.

24. Minute, Riva IV: Die ganze Mannschaft des FCZ ist im Hohen Pressing, aber Benjamin Kololli macht nicht mit. Er ruht sich auf der pressingfernen linken Flügelseite aus. Kololli steht zwar bei einem Gegenspieler (Rechtsverteidgier Alessandro Stabile), aber das ist genau derjenige Spieler, den die pressende Mannschaft in dieser Situation vernachlässigen kann und muss. Sehr relevant ist hingegen der dadurch frei stehende Sechser Breston Malula, über den sich Chiasso dann auch aus der Umklammerung lösen kann. Es ist Kololli, der hier einrücken und Malula decken müsste. Den Rüffel von Trainer Ludo Magnin für den freistehenden Malula erhält im Anschluss aber Assan Ceesay. Dieser könnte theoretisch Malula übernehmen, aber dann stünden sowohl Mathis Magnin wie auch Loïc Jacot frei.

Dass man bei einem Gegner mit einer komplett neuen Mannschaft und neuem Trainer vorgängig nur schwer erahnen kann, wie dieser im ersten Wettbewerbsspiel agieren wird (4-1-4-1 System, möglichst flach im Aufbau), ist verständlich – die fehlende Systemumstellung während der 1. Halbzeit bleibt hingegen vorderhand ein Rätsel. Chiasso seinerseits, welches schon seit vielen Jahren unter verschiedenen Trainern zu den taktisch ausgereiftesten Teams der ganzen Swiss Football League gehört, war sogar in der Lage, bei Pressing-Vorstössen Kryezius den Spielaufbau kurzfristig von einem Dreieck auf einen Rhombus umzustellen. Zumindest teilweise hätte man aus Zürcher Sicht das Problem lösen können, wenn Kramer und Ceesay eine etwas geschicktere Staffelung hingekriegt, oder Benjamin Kololli mehr mitgeholfen hätte, anstatt sich beispielsweise während eines Hohen Pressings der Teamkollegen auf der anderen Platzseite auszuruhen.

34. Minute, Riva IV: In der Entstehung zum 2:0 Chiassos rächt es sich, dass der FCZ nicht wie gegen Thun im Verlauf der Ersten Halbzeit eine Systemumstellung auf 3-4-1-2 vorgenommen hat. Hekuran Kryeziu mag in dieser Situation nicht nach vorne sprinten, um zu helfen. Kramer ist nach einem kleinen Sprint etwas passiv und deckt weder den Passweg zu Gamarra noch denjenigen zu Malula zu. Malula kann mit weitem Ball auf Andrist den schnellen Gegenstoss lancieren. Britto steht etwas zu weit von Andrist weg.

Beim zweiten Gegentor war zudem einmal mehr die mangelhafte Defensivarbeit Marco Schönbächlers ein entscheidender Faktor. Weil der von Schönbächler nicht unterstützte Britto gegen Andrist und den ebenfalls nach vorne Richtung nahen Pfosten stürmenden Linksverteidiger Conus auf sich alleine gestellt war, musste Nathan rauskommen, um zu helfen. Damit musste der leichtgewichtige Bangura die Deckungsarbeit gegen den grossgewachsenen Stürmer Sifneos übernehmen und vermochte diesem beim hohen Ball prompt nicht standzuhalten. Weil Yanick Brecher zudem spekulativ einen Schritt in die falsche Richtung machte, konnte er bei Sifneos‘ Kopfball ebenfalls nicht mehr eingreifen.

35. Minute, Riva IV: In der zweiten Phase der Entstehung des 2:0 Chiassos sieht man, dass Schönbächler zu spät reagiert hat. Im ersten Bild war er noch auf gleicher Höhe mit Gegenspieler Conus, nun hat er einen grossen Rückstand. Somit ist Britto alleine gegen zwei, weshalb Nathan auf die Seite ausschert, um zu helfen. Dies lässt den bei hohen Bällen wenig widerstandsfähigen Bangura mit der Aufgabe, den grösseren Sifneos zu decken, was schief geht. Der defensiv wie so häufig zu wenig disziplinierte Flügelspieler Schönbächler löst in der Verteidigung einen ganzen Rattenschwanz von Problemen aus. Auf solche Art und Weise sind auch letzte Saison viele Gegentreffer entstanden.

Auch Kololli liess seinen Hintermann Schättin in der Verteidigungsarbeit auf der linken Seite viel zu häufig alleine, machte es im Gegensatz zu Schönbächler dann aber zumindest im Spiel mit Ball besser, als er beispielsweise vor dem 1:2-Anschlusstor mit einem guten Laufweg seinen Gegenspieler Stabile so lange in der MItte „festnagelte“, dass dieser schlussendlich zu spät Richtung Schättin rausstürmte und von diesem vor der erfolgreichen Flanke auf Ceesay einfach ausgetanzt werden konnte. Zugute kam dem FCZ in dieser Situation auch, dass Bahloul ebenfalls zu spät in der Defensive mithalf und so die linke Zürcher Seite komplett „leergeräumt“ war.

40. Minute, Riva IV: Offensiv-taktisch gutes Verhalten von Benjamin Kololli in der Entstehung des 1:2-Anschlusstreffers. Er zieht Aussenverteidiger Stabile nach innen und „nagelt“ ihn dort fest. Der Rechte Innenverteidiger Magnin wird so funktionslos. Da zusätzlich Bahloul nicht diszipliniert genug verteidigt, hat Schättin über links völlig freie Bahn. Schättin wird präzise und mit dem richtigen Timing von Regisseur Sohm angespielt. Kololli macht den Lauf in die Tiefe und zieht Stabile so noch etwas mit, so dass dieser erst sehr spät Kololli Magnin überlässt und nach aussen rennt, um Schättin zu stoppen. Aufgrunddessen ist er zu schnell und ungestüm, so dass ihn Schättin einfach austanzen kann und genug Zeit und Platz für eine präzise Flanke auf Ceesay hat.

Umaru Bangura ist MVP – irregulärer Eckball-Treffer zum 1:0

Wie in den Testspielen angedeutet, hat Assan Ceesay die Zeit bei Osnabrück gut getan. Der Gambische Stürmer wirkt schnörkelloser und vielseitiger in seinem Spiel, hat unter anderem im Kopfballspiel und bei eigenen Flanken Fortschritte gemacht. Tobias Schättins grösste Stärke, häufig präzise Flanken schlagen zu können, konnte man ebenfalls bereits in den Tests und zuvor bei Winterthur beobachten – ebenso wie sein defensives Steigerungspotential. Salim Khelifis Auftritt war hingegen völlig missraten: da ändert auch sein eher zufälliges Assist zum zufälligen 2:2 Assan Ceesays (bewirkt immerhin durch ein Forechecking des in dieser Szene engagierten Kololli) nichts. Der Waadtländer verlor ansonsten sowohl Offensiv- wie Defensivzweikämpfe zum Teil auf klägliche Art und Weise. Der für den schlecht in die Partie startenden und sich dann auch noch verletzenden Becir Omeragic früh eingewechselte Umaru Bangura war hingegen trotz der Nicht-Verhinderung des 0:2 mit seinen starken Spieleröffnungen und Rettungsaktionen vorne wie hinten (manchmal nur wenige Sekunden nacheinander an völlig verschiedenen Orten auf dem Feld) zusammen mit Henri Koide der beste Zürcher in einer Mannschaft, die mit einem ungenügenden Züri Live-Notenschnitt von 4,7 in die Saison startet.

Einen Fehlentscheid von Schiedsrichter Fedayi San gilt es noch anzufügen: beim 1:0 Chiassos durch einen direkt verwandelten Corner Sofian Bahlouls wurde Torhüter Yanick Brecher im Fünfmeterraum von Stephan Andrist unterlaufen und verfehlte deshalb den Ball. Andrist kümmerte sich dabei überhaupt nicht um den Ball, sondern hatte alleine das Ziel, Brecher in dessen eigenes Tornetz zu stossen – eine schon vorher so einstudierte Variante, weil Chiasso wusste, dass auf diese Art und Weise ein direkt verwandelter Eckball möglich ist. Mit VAR wäre der Treffer ziemlich sicher aberkannt worden. Bei einem ähnlichen, aber viel geringeren Vergehen des ehemaligen FCZ-Juniors Luka Stevic an Marco Schönbächler im Mittelfeld hat Schiedsrichter Fedayi San kurz darauf auf Foul entschieden – und der Torhüter müsste im eigenen Fünfmeterraum eigentlich zusätzlichen Schutz geniessen.

17. Minute, Riva IV: In einer einstudierten Eckballvariante räumt Stephan Andrist den Zürcher Torhüter Yanick Brecher im Fünfmeterraum richtiggehend aus dem Weg, damit dieser den direkt getretenen Corner von Sofian Bahloul am nahen Pfosten nicht wegfausten kann…
…Zwei Minuten später entscheidet Schiedsrichter Fedayi San in einer bei weitem nicht so klaren Situation mit Körperkontakt im Kampf um den Ball im Mittelfeld zwischen Luka Stevic und Marco Schönbächler auf Foul.

Chiasso – FC Zürich 3:2 (2:1)
Tore: 17. Bahloul 1:0, 35. Sifneos (Andrist) 2:0, 40. Ceesay (Schättin) 2:1; 76. Ceesay (Khelifi) 2:2, 88. Bahloul (Handspenalty) 3:2.
Chiasso: Jacot; Stabile, Magnin, Gamarra, Conus (77. Zunic); Malula; Bahloul, Nzila (63. Strechie), Stevic (51. Pasquarelli), Andrist; Sifneos.
FCZ – Brecher; Britto, Nathan, Omeragic (30. Bangura), Schättin; Schönbächler (61. Koide), H. Kryeziu (77. Domgjoni), Sohm, Kololli; Kramer (61. Khelifi), Ceesay.

(Standbilder: SRF)

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