FCB im Flow, FCZ im Umbruch / FC Zürich – FCB Vorschau mit möglichen taktischen Formationen
Eine Gemeinsamkeit haben der FC Zürich und der FC Basel in diesen Tagen: beide Teams hatten diesen Winter einige Abgänge zu verzeichnen. Während allerdings beim FCB der eingespielte Stamm zusammengehalten und für die Rückrunde gestrafft wurde, ist beim FCZ der Kern der Mannschaft im Umbruch. Dies bietet Akteuren wie Gomez, Mathew oder Krasniqi die Chance, in die Verantwortung hineinzuwachsen. Der FCZ ist immer noch in einer frühen Phase seines Umbruchprozesses. Der FC Basel scheint hingegen seinen grossen Umbruch der letzten Jahre unter David Degen langsam aber sicher hinter sich zu haben. Über längere Zeit wurden Spieler vor allem auch aufgrund ihres hohen Wiederverkaufswertes verpflichtet, um das für Schweizer Verhältnisse sehr hohe Budget des Klubs mit Transfergewinnen zu decken. Gutes Geschäften auf dem Transfermarkt mit Hilfe eines erfolgreichen früheren Spielerberaters wird angesichts der extrem tiefen Schweizer TV-Gelder für den FCB weiterhin essentiell bleiben, um wieder erfolgreich zu werden und das Szenario zu verhindern, dass der Klub in die Hände eines ausländischen Konglomerates gerät.
Offensiv der beste FCB seit einem Jahrzehnt
Die Winterabgänge des FC Basel bestehen aus sechs jungen Spielern, die ausgeliehen werden, und den erfahrenen Kololli (zu Sion) sowie Dräger (zu Braunschweig), welche keine Rolle mehr gespielt haben. Unter Ex FCZ-Verteidiger Daniel Stucki als neuem sportlichem Verantwortlichen werden Leihen in die Challenge League wieder forciert, nachdem der FCB dieses Mittel lange Zeit kaum mehr genutzt hatte. So wie Basel in den ersten beiden Partien in Lugano (2:2) und gegen Sion (4:1) aus der Winterpause gekommen ist, sind die Rotblauen der Favorit auf den Meistertitel – noch vor Lugano und YB. Offensiv ist es nicht nur klar die beste Mannschaft der Liga, sondern in dieser Hinsicht auch der beste FCB seit rund einem Jahrzehnt. Top-Offensivspieler hatte man in den letzten Jahren immer, aber nie einen Mann wie Xherdan Shaqiri – und auch nie eine so gute offensive Kohäsion und Variabilität. Ballsicherheit, Passsicherheit und Standardqualitäten des 125-fachen Nationalspielers geben auch dem Rest der Mannschaft viel Vertrauen. Es handelt sich dabei um das nach Transferausgaben mit Abstand teuerste Kader der Liga mit der klar grössten Erfahrung an Top-Liga-Partien in seinen Reihen (523 Spiele in Premier League, La Liga, Serie A, Bundesliga und Ligue 1). Bénie Traoré beispielsweise hat sowohl Premier League- wie auch Ligue 1-Erfahrung auf dem Buckel, Léo Leroy 72 Ligue 1- und Marwin Hitz 181 Bundesliga-Partien absolviert.

Dies bedeutet aber nicht, dass das Team keine Schwächen hat. Seit Anfang November hat der FC Basel kein Spiel mehr „zu Null“ beenden können und dies hat gute Gründe. Shaqiri und Kevin Carlos machen defensiv sehr wenig. Sieben von zehn Stamm-Feldspielern haben ihre Stärken vorwiegend in der Offensive. Wenn es einem Gegner gelingt, die gut nach vorne verteidigenden Leroy und Barisic grossräumig zu umspielen, kann man sich gute Chancen auf Tore erarbeiten. Im Herbst wich der FCZ im St. Jakob Park von seiner allgemeinen Ausrichtung ab und gewann mit einer konsequenten Kontertaktik 2:0. In den letzten Jahren hat dies gegen Rotblau immer wieder gut funktioniert. Dass Tosic wohl für den schnellen Denoon in der Innenverteidigung einspringen wird, wäre ein weiterer Grund für eine solche Ausrichtung. In diesem Falle könnte der zuletzt noch nicht überzeugende Emmanuel als explosiver Flügel doch wieder eine Chance von Beginn weg erhalten. Ansonsten beginnt wohl das in den Winter-Testspielen relativ gut harmonierende Duo Zuber / Chouiar auf Links / Halblinks.
Offensiv ausgerichtet, noch wenig Chancen aus dem Spiel heraus

Bledian Krasniqi (fünfter Skorerpunkt der Saison in Luzern) ist eine Startelf-Option sowohl auf der Marchesano- / Chouiar- als auch auf der Mathew-Position. Eine kleine Chance besteht, dass der bisher nicht überzeugende Isaiah Okafor gegen seinen Stammklub zum Zug kommt. Der FC Zürich ist mittlerweile sogar noch offensiver ausgerichtet als der offensiv ausgerichtete FCB. Man agiert in einem 4-2-4 und auf der Linksverteidigerposition spielt ein gelernter Stürmer. Junior Ligue hat sich allerdings auch defensiv zuletzt verbessert. Wichtig wird vor allem sein, dass Rodrigo Conceição gegen Bénie Traoré weniger naiv in den Zweikampf geht wie in Luzern. Die Team-Leistung auf der Allmend war sehr engagiert. Aber man ist erst wenige Schritte vorangekommen im Bestreben, sich mehr Torchancen aus dem Spiel heraus zu erarbeiten. Bei Standards ist der FCZ ähnlich gefährlich wie der FCB – wobei dafür mit Lindrit Kamberi ein wichtiger Spieler im Letzigrund fehlen wird.
Zuber an mehr als drei Viertel der Abschlüsse beteiligt / FCZ – Yverdon Sport 1:0 Analyse
Zuber? Reverson? Dani vo Glattbrugg? / FC Zürich – Yverdon Sport Vorschau mit möglichen taktischen Formationen (Züri Live)
Die Mängelliste im Spiel beider Teams lässt sich beliebig erweitern. Das Glück der Beteiligten liegt darin, dass es im Schweizer Fussball kein ähnliches Prüfungsorgan gibt wie die MFK bei den Motorfahrzeugen. Dieses Spiel wäre nämlich, sicherlich in der ersten Halbzeit, durchgefallen.
– Loris Brasser, Tages-Anzeiger
Der FC Zürich geht defensiv sehr fokussiert in die Rückrunde. Im Spiel gegen den Ball ist es gegen Yverdon die drittbeste bewertete Saisonleistung nach dem 2:0-Sieg in Basel und dem 3:0 gegen Shelbourne. Insgesamt war es sogar die zweitbeste FCZ-Leistung der Saison, nach dem Shelbourne-Heimspiel. Was Torchancen anbelangt hatte man klare Vorteile gegenüber Yverdon – dies allerdings lange Zeit nur aufgrund der gefährlichen Standards. Erst im letzten Spielviertel kam es auch aus dem Spiel heraus zu einem klaren FCZ-Chancenplus. Yverdon fokussierte sich wie erwartet von Beginn weg auf Umschaltmomente, hatte dabei dank dem starken Balleroberer Moussa Baradji in der 1. Halbzeit nicht nur Ballgewinne im eigenen Drittel, sondern auch im Mittelfeld.
Das glücklich zustande gekommene 1:0 reichte dem FCZ, um die Serie von zuvor 6 sieglosen Partien in der Meisterschaft zu beenden. Die Zürcher, bei denen Steven Zuber bei seinem 1. Auftritt in FCZ-Farben zu den Aktivposten zählte, zeigte offensiv zwar keine Glanzleistung, liess in der Defensive aber auch nicht allzu viel zu.
– SRF
HIghlights: Bernardoni segelt am Ball vorbei
Die Zürcher waren bemüht und steigerten sich im Verlauf der zweiten Halbzeit, auch weil Neuzugang Steven Zuber bereits in seinem ersten Pflichtspiel für den FCZ zeigte, dass er eine Verstärkung sein wird.
– Bluewin
Yverdon-Defensive: zu viele Köche verderben den Brei
Das späte Tor für den FCZ war die logische Folge des Druckes, den das Heimteam im letzten Spielviertel entwickeln konnte. Yverdon zog sich in der eigenen Platzhälfte auf eine Sechser-Abwehrkette zurück, mit der eng stehenden VIererabwehr im Zentrum und dem Duo Varol Tasar / Marley Aké, welches die Seiten zumachen sollte. Dieses Konzept ging aber nicht auf. Die Idee dahinter wäre ja folgende: man reduziert gegen den Ball den Widerstand in der gegnerischen Platzhälfte / im Mittelfeld und baut dafür eine äusserst breite und “wasserdichte“ hinterste Verteidigungslinie, so dass der Gegner in Schussdistanz nirgendwo mehr durchkommt. Die ganze Breite soll komplett abgedeckt werden. In der Praxis bedeutete dies aber, dass der FCZ aufgrund der geringen individuellen Defensivqualitäten von Tasar und Aké nun auf den Seiten einfacheres Spiel hatte und dort unter anderem Standards aus interessanten Positionen resultierten. Die zweikampfstärkeren Sauthier und Le Pogam nahm Yverdon für das Verteidigen der Seiten gleich selbst aus dem Spiel. Ein Fall von “zu viele Köche verderben den Brei“. Und bei Standards spielt die Taktik dann sowieso keine Rolle mehr.
Wenn spielerisch etwas geht, hat Neuzugang Zuber meist seine Füsse im Spiel.
– – Florian Raz und Carlo Steiner, Blick

Personalien – Duell Ligue vs. Tasar entscheidend

- Lindrit Kamberi: Scheint an seinen Einwürfen gearbeitet zu haben: deutlich verbessert.
- Junior Ligue: Baut defensiv im Verlauf der 2. Halbzeit etwas ab. Hat über weite Strecken mit Aké einen starken Gegenspieler. Als Tasar eingewechselt wird und zu Ligues Gegenspieler wird, wird dies zum Schlüsselduell für den Ausgang der Partie. Ein Foul Tasars an Ligue am Strafraum führt zum entscheidenden Freistoss.
- Cheveyo Tsawa: Mehrere starke Aktionen gleich zu Beginn: Balleroberungen und Offensivdrang, die meisten Abschlüsse, reisst das Spiel an sich. In der Rückwärtsbewegung schneller und konsequenter als Condé. Gleichzeitig aber auch mit mehr Fehlern als andere.
- Janoah Markelo: Flink am Ball, wird in der Anfangsphase mehrmals in Strafraumnähe gefoult. Führt den Ball meist mit Rechts, tritt gleichzeitig Standards mit Links.
- Steven Zuber: An mehr als drei Vierteln der Abschlüsse beteiligt. Variiert den Rhythmus – mal mit präzisen direkten Weiterleitungen, dann wieder mit Fokus auf Ballkontrolle. Mit ihm auf dem Platz wirkt der FCZ in Ballbesitz gefestigter. Seine Freistösse sind besser als die Eckbälle.
- Juan José Perea: Pressing nicht optimal. Steht weiterhin zu häufig im Offside. Mehrmals können Umschaltmomente oder gute Konstellationen am gegnerischen Strafraum wegen Pereas unpräzisem Passspiel nicht genutzt werden – und führten teilweise auch zu gefährlichen Yverdon-Konterangriffen.
- Antonio Marchesano: Eingewechselt, erste Ballberührung gelungen, bringt Schwung. Stark getretener Freistoss zum 1:0 in eine Zone, die den Torhüter dazu verlockt, die Linie zu verlassen.
Man of the Match: Cheveyo Tsawa (FC Zürich) – Der 18-Jährige erzielte sein erstes Super-League-Tor und wurde so zum umjubelten Matchwinner.
– Blue Sport
Der Beste: Daniel Denoon kommt zu seinem erst zweiten Einsatz in der Super League. Erst 45 Minuten ist er zuvor in der höchsten Liga auf dem Platz gestanden. Aber der 20-Jährige spielt in der Innenverteidigung des FCZ, als mache er das schon seit Jahren.
– Florian Raz und Carlo Steiner, Blick
Der Schlechteste: Ach, da könnten ganz viele Namen stehen. Die Wahl fällt auf Jahnoah Markelo, weil ihm nicht nur wenig gelingt. Er trifft auch noch in der 39. Minute das leere Tor nicht.
– Florian Raz und Carlo Steiner, Blick
Kommentare: Klare Botschaft an Steven Zuber
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Die Jungen sollen es beim FCZ richten – und der Jüngste macht dies dann auch (Tages-Anzeiger)
Luzern – FCZ 3:1
Zwei Teams, die gerne Druck über Links machen / Luzern – FC Zürich Vorschau mit möglichen taktischen Formationen
Luzern gegen FCZ ist das Duell zweier punktgleicher Tabellennachbarn. Der FC Luzern ist mit einem 0:0 beim aufstrebenden Lausanne-Sport ins 2025 gestartet. Luzern gehört zu den Teams, die statistisch relativ wenig Ballbesitz aufzuweisen haben. Dies weil sie im Durchschnitt ein weniger aggressives Pressing betreiben als andere Teams und andererseits weil sie speziell in der gegnerischen Platzhälfte schnell spielen. Vorzugsweise tun sie dies mit langen Bällen zentral hinter die gegnerische Abwehr. Falls dies aber nicht möglich ist, greift Luzern gern schnell über die Seiten an. Linksverteidiger Andrejs Ciganiks spielt im Offensivspiel der Innerschweizer eine wichtige Rolle – ähnlich wie beim FC Zürich Junior Ligue. Aus einem von mehreren gefährlichen Vorstössen Ligues entstand zum Auftakt gegen Yverdon der entscheidende Freistoss.
4-2-4 oder 4-3-3 beim FCZ?
Auf der rechten Seite ist beim FC Luzern normalerweise der gegen den FCZ gesperrte Severin Ottiger gesetzt. Erster Ersatz auf dieser Position ist Captain Pius Dorn, der aber erstens im Mittelfeld auf der rechten Achterposition mit seinem grossen Aktionsradius mehr gebraucht wird, und zweitens vom FCL als fraglich gemeldet wird. Alternativen sind die jungen Bung Meng Freimann (defensive Variante) und Ruben Dantas (offensive Variante), die allerdings beide Linksfüsser sind. Vorne ist der achtfache Ligatorschütze 24/25 und Togolesische Nationalspieler Thibault Klidjé wohl gesetzt.

Beim FC Zürich hat sich das gegen Yverdon aufgelaufene Team was Torhüter, Hintermannschaft und Mittelfeld betrifft, bewährt. Im Viermannsturm ergeben sich noch einige Fragezeichen. So gibt es für die Flügelpositionen viele Kandidaten. Auf der linken Seite ist es die Position, auf der sowohl Zuber wie auch Chouiar bisher am meisten überzeugt haben. Emmanuel wäre die Variante “Speed“. Er hat als Teil der Startformation der ersten Partie genauso wie Perea sowohl im Pressing wie auch spielerisch aber nicht überzeugt. Marchesano bringt der Mannschaft aktuell wohl am meisten, wenn er als Joker Vollgas geben kann. Sein Freistoss zum 1:0 gegen Yverdon Sport war top. Fürs Sturmzentrum scheint Reverson mittlerweile eine echte Alternative zu sein. Nicht zuletzt beim Tor gegen Yverdon hat er YS-Verteidiger Marques entscheidend unter Druck gesetzt. Auf der rechten Seite sind Conceição und Sabobo ebenfalls valable Alternativen. Taktisch könnte sich Ricardo Moniz als Alternative zum 4-2-4 für ein 4-3-3 entscheiden, wie es im Trainingslager vorwiegend eingeübt wurde. Dies unter anderem aufgrund der relativ grossen Präsenz des FC Luzern im Mittelfeldzentrum.

Super League-Check zum Rückrundenstart 2025: Klubs und Kader
Die Super League präsentiert sich zum Rückrundenstart so spannend wie vermutlich noch nie. Woher kommt diese aktuelle Ausgeglichenheit? Schaut man sich die Budgets / Ausgaben der Super League-Klubs an dürfte es eigentlich niemals so eng in den Top Sechs der Tabelle sein. Der FC Basel und YB bewegen sich von den finanziellen Möglichkeiten her um die 100 Millionen Schweizer Franken-Grenze und damit auf Bundesliga-Niveau. Der Rest der Liga arbeitet mit einem Drittel dieser Mittel oder weniger. Dies auf der Basis der letzten von der Swiss Football League publizierten Zahlen aus dem Jahr 2024, die sich mehrheitlich auf 2023 beziehen. Da gab der FCB insgesamt etwas mehr Geld aus als YB (Operationelle Ausgaben + Transferausgaben + Sonstige Aufwendungen).
St. Gallen als Vorbild für den Rest des (finanziellen) Liga-Mittelfeldes
Ob bei den bald zu erwartenden Zahlen für 2024 die Champions League-Qualifikation der Berner oder die grossen Erfolge auf dem Transfermarkt der Basler stärker ins Gewicht gefallen sind, wird sich bald weisen. YB hatte zuletzt sicherlich mehr finanzielle Reserven auf der Seite, wird diese aber weitgehend für ein Infrastrukturprojekt (Trainingszentrum) einsetzen. Diese Reserven haben daher auf die Finanzkraft YB’s im Tagesgeschäft wenig Einfluss. Das Budget der FCB-Organisation müsste eigentlich sogar noch etwas höher als bei 103 Millionen Schweizer Franken angesetzt werden, wenn man den FCB Campus und den Verein FC Basel 1893 dazurechnet. Der Bau des Campus vor 14 Jahren (20 Millionen) und die Betriebskosten (jährlich mind. 3 Millionen) wurden in einer separaten Rechnung über Jahre von Gönnern (in erster Linie Ex-Präsidentin Gigi Oeri) getragen. Die anderen Klubs der Liga liegen finanziell nahe beieinander. Winterthur und vermutlich auch Yverdon (für 2023 noch ohne vergleichbare Zahlen) sind dabei etwas hinter dem Rest anzusiedeln. Allerdings erarbeitet sich der FC St. Gallen sein Budget von 35 Millionen Schweizer Franken selbst. Die anderen Mittelfeldklubs benötigen Zuschüsse von Mäzenen, um mit den Ostschweizern finanziell mithalten zu können. Lugano hat trotz Joe Mansueto das vierttiefste Budget der Liga und setzt dieses sehr effizient ein. Ohne Mäzen wären die Tessiner in der Budgettabelle noch hinter Winterthur. Dabei profitieren sie allerdings auch etwas von vermutlich tieferen Kosten für Stadionbetrieb, Trainingsgelände, Nachwuchs und Frauen-Abteilung als bei manchen Konkurrenten.

In den letzten drei Jahren hat der FC Basel im Durchschnitt 21 Millionen Schweizer Franken pro Jahr für Transfers ausgegeben. Dies ist eine Dimension, die es im Schweizer Fussball nie zuvor gegeben hat. Die Hälfte der Bundesliga-Klubs tätigt geringere Transferausgaben. Für den FCB geht die Rechnung aber auf. Einzelne der für mehrere Millionen geholten Spieler können deutlich teurer verkauft werden und benötigen dafür keine Europacupeinsätze – und nicht einmal überzeugende Leistungen in der Super League. Voraussetzung dafür, dass eine solche Strategie funktionieren kann, sind neben Risikobereitschaft exzellente Kenntnisse des internationalen Spieler- und Transfermarktes. YB gibt für seine Zugänge weniger als die Hälfte aus – der FCZ, St.Gallen oder GC nur rund 10%.

103 Millionen Budget, 21 Millionen Transferausgaben, 523 Partien in Top 5-Ligen im Kader: FC Basel mischt auf dem Spielermarkt auf Bundesliga-Niveau mit
Mit Mohamed Salah (Liverpool), Riccardo Calafiori (Arsenal) und Renato Veiga (Chelsea) spielen drei Ex FCB-Transfers bei Englischen Spitzenklubs. Thierno Barry (Villarreal) ist aktuell mit sieben Treffern zusammen mit Jude Bellingham oder Antoine Griezmann auf dem 10. Platz der La Liga-Torschützenliste. Mit Xherdan Shaqiri kann man sich den wohl prominentesten und erfolgreichsten Schweizer Liga-Rückkehrer aller Zeiten leisten. Ansonsten wird vor allem in Spieler mit viel Potential investiert. Das FCB-Kader hat aber auch mit Abstand am meisten Topligen-Erfahrung aufzuweisen. Xherdan Shaqiri, Marwin Hitz, Kevin Rüegg, Mohamed Dräger, Léo Leroy, Bénie Traoré, Anton Kade und Albian Ajeti bringen es zusammen auf 523 Partien in der Premier League, La Liga, Serie A, Bundesliga und Ligue 1. Das YB-Kader hat 354 Topliga-Partien auf dem Buckel. Dahinter folgen Sion und GC. Die Walliser haben zwar die Aufstiegsmannschaft im Sommer weitgehend zusammengehalten, mittlerweile inklusive Winterzuzug Federico Barba aber doch wieder eine für Super League-Verhältnisse ziemlich prominent besetzte Mannschaft beisammen. Yverdon ist hingegen hauptsächlich aufgrund eines einzigen Spielers so hoch in der Wertung – Torhüter Paul Bernardoni mit seinen 181 Partien in der Ligue 1. Auch beim FCZ macht Steven Zuber mit seinen 129 Bundesliga-Partien allein mehr als zwei Drittel des Wertes aus.

Bei der Anzahl Champions League-Partien (ab Gruppenphase / Ligaphase) liegt hingegen wenig überraschend YB klar vorne. Dies zu grossen Teilen dank den langjährigen Kadermitgliedern, die im YB-Dress in der Champions League antraten. Dass der FC Basel letztmals in der Saison 17/18 in der Champions League-Gruppenphase antrat, drückt sich aus FCB-Sicht schmerzlich in dieser Statistik aus. Immerhin sind vom damaligen Kader mit Mirko Salvi, Dominik Schmid, Taulant Xhaka und Albian Ajeti immer noch (oder wieder) vier Spieler dabei. Es zeigt sich damit aber auch eindrücklich, dass die Theorie unzutreffend ist, dass es für einen lukrativen Transfer in eine gute Liga das “Schaufenster Champions League“ brauche. Die sportlichen Abteilungen von Profiklubs sind mittlerweile kompetent genug, das Potential eines Talentes adäquat einschätzen zu können lange bevor dieses in einem Wettbewerb wie der Champions League auftaucht. Ein Beispiel: Napoli zahlte 2022 für Kvicha Khvaratskhelia vom georgischen Erstligisten Dinamo Batumi 13 Millionen Euro. Entscheidend ist das Potential eines Spielers, nicht in welchem Wettbewerb er spielt. So ist es möglich, dass der FC Basel auf dem Transfermarkt deutlich erfolgreicher ist als YB. Die Berner haben in den letzten Jahren vor allem “fertige“ Spieler gekauft mit denen man die Meisterschaft gewinnen kann – Basel hingegen eher Talente mit Topliga-Potential, die noch den letzten Schliff benötigen. Am drittmeisten Champions League-Erfahrung im Kader weist übrigens der FC Winterthur auf! Vor allem natürlich dank seinen Rückkehrern Fabian Frei und Luca Zuffi. Aber auch Torhüter Stefanos Kapino hatte schon mal einen Champions League-Einsatz.

Sion und GC heben sich bezüglich internationaler Erfahrung vom Mittelfeld ab
Bei Länderspiel-Erfahrung im Kader liegen YB und der FCB praktisch gleichauf an der Spitze. Wie bei der Anzahl Topliga-Spiele liegen auch in dieser Wertung Sion und GC an dritter und vierter Position. Es sind nach FCB und YB die Klubs mit der meisten Auslanderfahrung auf hohem Niveau im Kader. Das sich in starker Form befindliche Lausanne-Sport hat so gut wie keine Länderspielerfahrung. Die Leistungsträger der Waadtländer stammen vorwiegend aus Ländern mit einem guten Nationalteam und sind in diesen etwas unter dem Niveau ihrer Landesauswahl anzusiedeln. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass Coach Ludovic Magnin in Länderspielpausen jeweils fast mit dem ganzen Kader arbeiten kann.

Die Spieler des aktuellen Young Boys-Kaders haben zusammengezählt 63 Nationale Meistertitel im In- und Ausland gewonnen. Unter anderem dank sechs YB-Meisterschaften in den letzten sieben Saisons. Die Gesamtzahl der Meistertitel des FCB-Kaders sind mit 27 aber ebenfalls beachtlich. Der FC Winterthur liegt auch in dieser Wertung an dritter Stelle. Luzern- und Servette-Spieler haben so gut wie keine Erfahrung darin Meistertitel zu gewinnen. Sie sind deshalb aber auch vielleicht umso hungriger. Speziell bei Servette ist das Ziel Meisterschaft ein offenes Geheimnis.

Lugano holt aus seinen durchschnittlichen Mitteln viel heraus
Die Verteilung der gewonnenen Cup-Titel ist zwischen den Super League-Kadern ausgewogener verteilt. Servette als Schweizer Cupsieger 2024 liegt nach YB an zweiter Position. Der FC Sion hat seinen letzten Cup vor einem Jahrzehnt (2015) gewonnen, scheint aber bei der Rekrutierung von neuen Spielern speziell auf ihr Cup-Palmarès zu achten.

Im neuesten Marktwert-Update auf transfermarkt.ch haben diesen Winter der FC Basel und noch mehr Lugano einen grossen Sprung nach oben in die Nähe von YB gemacht. Der FCZ liegt gemäss Einschätzung der Transfermarkt-Community auf der Höhe von SIon, GC und Yverdon bezüglich Marktwerte in der “Abstiegsregion“. Lugano gibt zwar etwas mehr Geld für Transfers aus als die sich diesbezüglich im mittleren Bereich befindlichen Teams wie Luzern oder FCZ, die eingesetzten Mittel der Tessiner sind aber weniger als die Hälfte dessen was YB und weniger als 20% dessen was der FC Basel ausgibt. Trotzdem wird der Marktwert des Teams praktisch gleich hoch eingeschätzt wie derjenige des FC Basel. Die Tessiner holen also mit sehr viel weniger Mitteln fast gleich viel heraus, was für die Qualität der Arbeit im Transferbereich und auch in der kontinuierlichen und strukturierten Entwicklung ihrer Spieler spricht. Lugano hat das Durchschnittsalter seines Kaders zuletzt signifikant gesenkt, liegt aber diesbezüglich immer noch eher im mittleren Bereich, profitiert bezüglich Marktwerte also nicht vom Jugendfaktor. Die jüngsten Kader der Liga sind Luzern, FCZ und FCB.

Beispiel Winterthur: viel Super League-Erfahrung ist nicht zwingend ein Erfolgsrezept
Der FC Winterthur hat den ältesten Kader vor Sion und Servette – und auch denjenigen mit der meisten Super League-Erfahrung! Diesbezüglich liegt Winterthur vor YB und Servette. Der FCW ist das einzige Team bei welchem die Schweizer Spieler in der Mehrheit sind. Schon seit Jahren spielen bei Winterthur fast ausschliesslich Einheimische, ähnlich wie beim FC Thun. Es ist ein Kader mit vielen langjährigen Super League-Spielern wie Fabian Frei, Luca Zuffi, Roman Buess, Musa Araz, Basil Stillhart, Silvan Sidler oder Matteo Di Giusto. Bei Lausanne-Sport beispielsweise stellt Captain Olivier Custodio als langjähriger Super League-Spieler eine Ausnahme dar. Die lokalen Spieler sind entweder Junge aus dem eigenen Nachwuchs oder wurden aus der Challenge League heraufgeholt. Die Beispiele zeigen, dass Super League-Erfahrung kein Erfolgsrezept in der Super League darstellt. Die Leistungen vieler Mannschaften werden stark von aufstrebenden Spielern getragen, die “von unten“ kommen.

290 Super League-Tore haben die Akteure im YB-Kader zusammengezählt bisher erzielt. Dahinter folgen Winterthur, Sion und Lugano. Der FC Basel liegt diesbezüglich im Mittelfeld obwohl er mit Albian Ajeti und Kevin Carlos gleich zwei frühere Super League-Topskorer in seinen Reihen hat.

Der FC Zürich siedelt sich bei den in diesem Artikel untersuchten Messgrössen mehrheitlich im unteren Mittelfeld, bei einzelnen im oberen Mittelfeld an. Er ist bei keinem Kriterium an der Spitze mit dabei. Der Marktwert des Kaders ist praktisch gleich tief wie derjenige des diesbezüglich Zweitletzten Yverdon. Die Verpflichtung von Steven Zuber hat nichts daran geändert, dass der FCZ bezüglich Anzahl Topliga-, Champions League- und Länderspiele im Vergleich mit den Ligakonkurrenten insgesamt im mittleren Bereich liegt. Zusammenfassend ist die aktuelle Ausgeglichenheit an der Ligaspitze überraschend. YB und FCB müssten der Konkurrenz eigentlich weit voraus sein. Lugano und Servette arbeiten mit ihren durchschnittlichen Mitteln sehr effizient und konnten mittelfristig ihre Erfolge im Schweizer Cup und Europacup nutzen, um auch in der Meisterschaft noch kompetitiver zu werden.