Ceesay und Marchesano: Gegensätze ziehen sich an / Xamax – FCZ 1:2 Analyse

Vor dem kapitalen Direktduell gegen den Barrageplatz zwischen Xamax und FCZ war viel vom Ausfall Raphael Nuzzolos die Rede. Weniger thematisiert wurden die ebenfalls wegen Sperre fehlenden Stephen Odey und Igor Djuric. Der Ausfall von den dreien, welcher letztenendes am stärksten ins Gewicht fiel, war derjenige des unauffälligen Tessiners Djuric. Beide Zürcher Tore wurden über die Seite von dessen Ersatz Arbenit Xhemajli (und Janick Kamber) kreiert, wobei es sich beim zweiten um einen schnellen Gegenstoss handelte, bei welchem Xhemajli noch nicht in seine Position zurückgeeilt war. Zwei Mal musste dieser zusehen, wie sein ehemaliger Teamkollege Kevin Rüegg aus dem 98-er Jahrgang im Zürcher Nachwuchs innerhalb von sieben Minuten seine ersten zwei Super League-Tore erzielte. Bereits anlässlich der analogen Wende vom 0:1 zum 2:1 zugunsten des FCZ im März im Letzigrund hatte Xhemajli bei beiden Zürcher Treffern keine gute Falle gemacht. «Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir besser verteidigen» meinte denn auch nach dem Spiel der langjährige Liverpool-Verteidiger und aktuelle Xamax-Coach Stéphane Henchoz.

Bei aller Euphorie über den Sieg in Neuenburg darf man daher nicht vergessen, dass der FCZ zur Zeit nur in der Lage ist, Tore zu erzielen, wenn es beim Gegner in der Verteidigung einen solchen Schwachpunkt gibt – wie zum Beispiel Quentin Maceiras’ schlechte Verteidigungsarbeit beim Eckball gegen Sion, wo der sich als einziger Zürcher im Strafraum überhaupt nicht vom Fleck bewegende Stephen Odey trotzdem freistehend einköpfen kann. Oder GC’s Aleksandar Cvetkovic, welcher mit schlechtem Stellungsspiel im Derby Assan Ceesay den 1:0-Führungstreffer ermöglicht. Als Regel gilt: verteidigen beim Gegner alle Abwehrspieler auf Super League-Niveau, gelingt dem FCZ aktuell kein Treffer. Für eine allfällige Barrage, die immer noch möglich ist, wäre immerhin der Vorteil für den FCZ oder einen anderen Super League-Klub, dass Aarau und Lausanne zwar ein Super League-reifes Mittelfeld und Angriff haben, in der Verteidigung hingegen eher Akteure vom Schlage Cvetkovic, Xhemajli oder Maceiras in der Aufstellung stehen.

Während man bedauern kann, dass die Offensivqualität des FCZ aktuell nicht zu mehr reicht, kann man gleichzeitig immerhin positiv vermerken, dass das Team zumindest solche Schwachpunkte beim Gegner auszunutzen vermag. Obwohl der erste Treffer Kevin Rüeggs aus einem Spielaufbau und der zweite nach einem schnellen Gegenstoss entstand, waren beide Male mit Rüegg, Ceesay, Marchesano und Schönbächler zu grossen Teilen die gleichen Akteure beteiligt. Speziell das ungleiche Duo Antonio Marchesano (1,68m) / Assan Ceesay (1,88m) ist hier hervorzuheben – Gegensätze ziehen sich an. Vor dem 1:1 waren beide je drei Mal am Ball, spielten sich im Mittelfeld auf der Seite gegenseitig den Ball zu, bis die Gegenspieler herausgelockt und der Raum für einen Steilpass offen war. Auch beim 2:1 war der Laufweg und die Schnelligkeit Ceesays und der gut geschlagene Ball Marchesanos in die Tiefe entscheidend, um die gegnerische Unorganisation in der Rückwärtsbewegung konsequent auszunutzen.

In der Ersten Halbzeit hatte der FCZ nur einen einzigen Abschluss durch Schönbächler zu verzeichnen gehabt. Nach dem 0:1-Rückstand wurde die Zurückhaltung dann aber abgelegt. „Es gibt Mannschaften, die hätten dieses Spiel in dieser Situation nicht mehr gedreht“ fand Zürichs René Van Eck nach der Partie neben einigen Kritikpunkten durchaus auch Lob für sein Team. Ab der 60. Minute kam der FCZ in einen Flow. Marchesano, der im Zentrum jeweils den ein oder anderen Ball verloren hatte, zog sich in Ballbesitz auf eine speziell auch dank des gegnerischen 3-5-2 geschütztere Position auf der Seite zurück und leitete so dank Raum und Zeit im Spielaufbau die erste Topchance von Kasai und beide Zürcher Treffer mit präzisen Zuspielen ein. Erstaunlich beim Ausgleich die präzise Rücklage Assan Ceesays mit seinem schwächeren Rechten Fuss, worauf Kevin Rüegg den Ball mit seinem schwächeren Linken Fuss direkt fast optimal traf und (wohl glücklicherweise) dank seiner Schnelligkeit vor dem ebenfalls Richtung Ball stürmenden Benjamin Kololli vor Ort war. Beim 2:1 leitete Ceesay mit Rechts den Ball gar in einer ausgezeichneten 135 Grad-Drehung direkt auf den eingewechselten Yann Kasai weiter, welcher überlegt und erfolgreich für Kevin Rüegg auf dessen starken Rechten Fuss ablegte.

Gerade die Hereinnahme von Yann-Aimé Kasai erlaubte Ceesay häufiger über die Seite auszuscheren, wo sich der Gambier besser in Szene setzen kann. Auch schon in anderen Partien zuletzt, unter anderem dem 1:0-Heimsieg gegen Sion, ist Ceesay im Verlauf der Partie vermehrt über den Flügel gekommen. In seinem dritten Einsatz in der 1. Mannschaft des FCZ hatte der Neuenburger Kasai gegen seinen Stammklub Xamax zwei Mal gut vorbereitet von Assan Ceesay zuvor zwei Chancen auf den Ausgleich nicht nutzen können. Kevin Rüegg begann die Partie als Rechter Aussenläufer. In der Ersten Halbzeit brachte der Zürcher Captain so zehn seiner insgesamt 16 Top-Aktionen auf den Platz. Nach der Einwechslung Yann Kasais für Toni Domgjoni in der 55. Minute übernahm Rüegg Domgjonis Achter-Position neben Antonio Marchesano auf welcher er schon beim 0:1 in Sion von Beginn weg agiert hatte. Hier hatte Rüegg weniger Top-Aktionen, dafür die entscheidenden. Grégory Sertic blieb auf der Sechser-Position. Dies im Gegensatz zum 0:3 zuletzt in Basel, als Rüegg als „Sechser“ und Sertic zusammen mit Domgjoni auf den beiden Achter-Positionen aufgelaufen waren. Dieser Unterschied war entscheidend: hätte Rüegg wie im St. Jakob Park auf der Sechser-Position gespielt, hätte es die beiden Tore nicht gegeben. Sertic und Marchesano haben  nicht den Speed von Rüegg, welcher gegen den manchmal etwas unaufmerksamen einzigen Xamax-Sechser Serey Dié die Lücken zu nutzen vermochte. Züri Live-MVP Rüegg hatte allgemein einen grossen Aktionsradius und half in der Zweiten Halbzeit speziell auf der linken Seite Kolollis mehr als einmal in der Defensive aus, um weiteres Ungemach zu verhindern.

Der FCZ hatte Vorteile beim Passspiel, während Xamax mehr Zweikämpfe gewann. In der oberen Etage war die Neuenburger Überlegenheit mit 70% gewonnenen Luftduellen gar eklatant. Dementsprechend stellte sich der FCZ darauf ein und brachte im ganzen Spiel lediglich fünf Flanken in den Strafraum – man versuchte die Bälle tendenziell lieber halbhoch oder flach vor den Strafraum zu spielen. Umaru Bangura opferte sich für die Mannschaft und verletzte sich bei zwei Rettungsaktionen in der Ersten Halbzeit – die erste nach einer gedankenlosen Rückgabe von Grégory Sertic und die zweite im Anschluss an einen Ballverlust Alain Nefs in der Vorwärtsbewegung. Bei der zweiten Aktion rempelte er an der Seitenlinie den sich im vollen Lauf befindlichen Kemal Ademi um. Der Tages-Anzeiger, offenbar beeindruckt von Ademis bei Valentin Stocker abgeschauter Theatralik hätte in dieser Szene fälschlicherweise einen Platzverweis ausgesprochen – Gelb war korrekt. So lange der Schiedsrichter richtig entscheidet, ist es ja noch ganz amüsant, zuzuschauen, wie einem auf den Boden fallenden Spieler erst etwas spät noch in den Sinn kommt, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, einen Platzverweis für einen Gegenspieler herauszuschinden, und dann wie in einer Primarschulturnübung mit seitlichen Bodenrollen selbständig am Boden Tempo aufnimmt, sich das überhaupt nicht getroffene Knie hält, und eine schmerzverzerrte Grimasse reisst. Dafür hätte es einen Platzverweis gegen Walthert nach dessen Handspiel ausserhalb des Strafraums geben müssen. Für Bangura kam Maxsø – kein anderes Team hat so viele verletzungsbedingte Wechsel bereits in der Ersten Halbzeit zu verzeichnen – in den letzten sechs Super League-Partien waren es vier.

Benjamin Kololli unterliefen zwischen der 41. und der 58. Minute fünf kapitale Ballverluste, die alle zu exzellenten Gegenstossmöglichkeiten für Xamax führten – eine davon zum Neuenburger Führungstreffer in der 49. Minute. Schönbächler, Marchesano und Sertic gewinnen nach einem kurz gespielten Freistoss Serey Diés mit durchdachtem lokalem Mittelfeldpressing den Ball, über Kololli und Marchesano kommt dieser zu Ceesay, der das Leder gut auf Kololli weiterleitet und gleichzeitig von Oss „gecheckt“ wird. Schiedsrichter Schärer lässt zu Recht Vorteil laufen, denn Kololli ist in einer ausgezeichneten Position, hat mit dem sich noch nicht in Bewegung befindlichen Sejmenovic und Xhemajli nur noch zwei Gegenspieler vor sich und vier gute Optionen zur Verfügung: 1) selbst mit Ball und Tempo durch die Lücke zwischen Sejmenovic und Xhemajli durchzubrechen, 2) rechts Domgjoni ins Laufduell mit Xhemajli Richtung Tor zu schicken, 3) mit Domgjoni Doppelpass zu spielen, oder 4) auf der linken Seite den viel Raum vor sich findenden schnellen Schönbächler mitzunehmen. Stattdessen führt Kololli den Ball gemächlich vorwärts und läuft schlussendlich in einem Pulk von vier zurückgeeilten Xamaxiens auf, und verliert den Ball gegen Sejmenovic. Die Kugel landet bei Kamber auf der linken Xamax-Seite. Dieser spielt der Seitenlinie entlang einen langen hohen Ball mit viel Drall nach vorne. Pululu deckt den direkten Zugriff zum Ball gegenüber Maxsø geschickt ab. Durch den starken Drall nimmt das Leder beim Aufspringen auf dem Kunstrasen eine starke Richtungsänderung. Beim Versuch diese abrupte Richtungsänderung mitzuvollziehen, rutscht Maxsø aus und muss Pululu ziehen lassen – Ademi lenkt Pululus Hereingabe ins halbleere Tor. Es waren 17 Sekunden, welche im Normalfall den FCZ sehr stark in die Bredouille gebracht hätten. Es ging nochmal gut,  aber so eine Wende gelingt nicht häufig. Mit solch wiederholt vermeidbaren Fehlern schlussendlich das wichtige 0:1 zu kassieren ist nicht akzeptabel.

Am Mittwoch kommt der FC Thun in den Letzigrund. Bei diesem bringen die vor kurzem auf den Platz zurückgekehrten Matteo Tosetti und Moreno Costanzo deutlich mehr Qualität in die Offensive als noch in den Wochen zuvor. Die Defensive verzeichnet vor allem im Zentrum und teilweise auch bei Standards aktuell aber gewisse Schwachstellen. Thun hat mit seinem 1:0-Heimsieg gegen Lugano den Klassenerhalt zu 98% in der Tasche, da Sion und Xamax Mittwochs parallel in der Direktbegegnung aufeinandertreffen. Selbst im für Thun schlimmsten Fall (Niederlage im Letzigrund, Xamax gewinnt in Sion) hätten die Berner Oberländer immer noch zwei Runden vor Schluss sechs Punkte Vorsprung auf den Barrageplatz und zusätzlich ein ziemlich beruhigendes Polster in Punkto Tordifferenz (ca. +10) – auch wenn Sion in der zweitletzten Runde noch bei GC spielen darf und zum Abschluss Thun zur Direktbegegnung empfängt. Gegen Thun hat der FCZ genauso wie im Vergleich mit dem anschliessenden Gegner Luzern in dieser Saison bisher eine positive Bilanz und vor allem ungewöhnlicherweise schon sechs Tore erzielt (gegen Luzern gar sieben). Ohne den gesperrten Bangura könnten bei einer Dreierkette die in Neuenburg am Ende des Spiels auf dem Platz stehenden Nef, Maxsø und Mirlind Kryeziu auflaufen. Eine zu bedenkende Alternative gegen die konterstarken Thuner ist der schnelle Becir Omeragic als Bangura-Ersatz an Stelle von einem dieser drei – oder auf der Rechten Seite.

Xamax – FCZ 1:2 (0:0)

Tore:  49. Ademi (Pululu) 1:0, 77. Rüegg (Ceesay) 1:1, 84. Rüegg (Kasai) 1:2.

Xamax: Walthert; Sejmenovic, Oss, Xhemajli (86. Karlen); Gomes, Serey Dié, Kamber; Doudin, Pickel (46. Di Nardo); Pululu (83. Ramizi), Ademi.

FCZ: Brecher; Nef, Bangura (38. Maxsø), M. Kryeziu; Rüegg, Sertic, Schönbächler (88. Omeragic); Domgjoni (55. Kasai), Marchesano; Ceesay, Kololli.

 

(Standbild: Teleclub)

So lässt der neue FCZ-Trainer Magnin spielen & Audio-Highlights GC – FCZ

Am Schluss steht schwarz auf weiss die zweite Niederlage im dritten Derby der Saison zum Auftakt der «Ära Magnin» im FC Zürich. Vor der Partie hatte der neue FCZ-Trainer angekündigt, in der kurzen Zeit seiner Spielvorbereitung (sechs Trainings) nur kleine Retouchen vornehmen zu wollen. Wenn dies nun die kleinen Retouchen waren, dann kann man sich für die nähere und mittlere Zukunft noch auf einiges gefasst machen. Immerhin bestimmte der Waadtländer mit Victor Palsson sofort einen neuen Captain. Solch weitreichende Entscheidungen mit gutem Gewissen so schnell zu treffen war vor allem auch deshalb möglich, weil Magnin als bisheriger U21-Trainer bereits eine gewisse Nähe zur 1. Mannschaft hatte, und beispielsweise regelmässig mit dem bisherigen Coach Uli Forte über sportliche Fragen und die Spieler beider Teams im Austausch war.

Als neuer Captain wird Palsson damit natürlich voraussichtlich im Mittelfeldzentrum gesetzt sein. Wohlgemerkt im Mittelfeldzentrum – in der Abwehrreihe hatte der Isländer aus Züri Live-Sicht zuletzt keine gute Falle abgegeben. Magnin will einen Captain, der auf dem Platz dirigiert und Emotionen reinbringt – «nur» Assistenztrainer René Van Eck und er selbst genügen dem  «angeblichen Hoffnungsträger» (Zitat: Thomas Schifferle im «Tages-Anzeiger») auf dem Zürcher Trainerstuhl dafür noch nicht. Am meisten zufrieden zeigt sich Magnin am Tag nach der Partie an der Pressekonferenz in der Saalsporthalle mit der Mentalität der Spieler und der Aggressivität im Zweikampf. Als er an letzteres denkt, huscht ein leicht schelmisches Lachen über sein Gesicht. Man erinnert sich in diesem Moment automatisch an Roberto Rodriguez, der sich nach der Partie im Interview mit Züri Live zufrieden zeigte, dass der FCZ in den Zweikämpfen die Oberhand behalten habe, was auch daran ersichtlich gewesen sei, dass die GC-Spieler viel am Boden gelegen seien.

Quasi als Antithese (und damit potentiell ideale Ergänzung) zum emotionalen Haudegen Palsson brachte Magnin den spielerisch starken knapp 18-jährigen Izer Aliu in der Startformation. Es war nach insgesamt vier Einwechslungen in Challenge League (Xamax), Super League (Lausanne) und im Cup (La Chaux-de-Fonds, Chippis) sein erster Startelfeinsatz in einem Wettbewerbsspiel der Profis. In Testspielen kam Aliu schon häufig zum Zuge. In der Saison 2016/2017 war Aliu sogar der Zentrale Mittelfeldspieler mit den meisten Testspiel-Einsatzminuten (495) – Yapi, Sarr, Rüegg, Janjicic, Grgic und Kukeli hatten weniger. In der aktuellen Saison hat Aliu in Freundschaftspartien bereits 523 Minuten im «Eins» gespielt. Wenn zuletzt von Seiten der Klubführung davon die Rede war, dass die eigenen Jungen noch mehr gepusht werden sollen und dass auch Fehler und mal eine Niederlage dafür in Kauf genommen würden, erschien vor dem inneren Auge des aufmerksamen Zuhörers unweigerlich das Bild von Izer Aliu – und die Gewissheit, dass dieser nun ziemlich sicher eine echte Chance erhalten wird. Alternativen im Zentrum bieten sich Trainer Magnin mit Sangoné Sarr und Toni Domgjoni.

Der im FCZ-Fanshop beim Stauffacher seine Lehre absolvierende Aliu gilt schon seit Jahren als eines der grössten Talente des Zürcher Nachwuchses. Ein Spielertyp, der von einem Lucien Favre wohl früh in die 1. Mannschaft integriert worden wäre, bei welchem aber gleichzeitig die meisten anderen Profitrainer vor einer Forcierung zurückschrecken, weil er noch nicht ausgereift ist. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Alius Lernkurve relativ steil sein wird, wenn er mehrere Einsätze in Folge das Vertrauen bekommt. Schon gegen GC zeigte der Adliswiler nach Anfangsschwierigkeiten einige gute Ansätze und kam auf fünf Top-Aktionen (vier Offensiv, eine Defensiv). Wenn nicht jetzt, wann dann? «Vasi» Janjicic und Djibril Sow waren im gleichen Alter zwar schon kompletter und ausgereifter gewesen, Aliu hat aber in einzelnen Bereichen noch etwas mehr Talent. Vor 15 Monaten führte Züri Live am Rande der Direktübertragung des UEFA Youth League-Heimspieles gegen den Gheorghe Hagi-Klub Viitorul Constanta im Utogrund ein Interview mit U18-Nationalcoach Reto Gertschen, in welchem dieser sich ebenfalls sehr lobend über Aliu äusserte («Selten einen Spieler in diesem Alter mit so guter Technik unter Druck gesehen»):

Kevin Rüegg hat Ludovic Magnin wieder auf dessen Lieblingsposition auf der rechten Seite aufgestellt, auf welcher dieser bereits in der Academy vorwiegend eingesetzt worden war. Magnins Ansichten dazu decken sich dabei Eins zu Eins mit der von Züri Live schon häufig geäusserten Meinung: «Rüegg kann sich im Zentralen Mittelfeld auf Super League-Niveau durchsetzen, aber wir wollen ihn zu einem Spieler entwickeln, der höhere Ziele avisieren kann. Das Potential dazu hat er aber nur auf der rechten Seite». Magnin will bezüglich der Gründe öffentlich nicht ins Detail gehen, aber diese sind ja im Grossen und Ganzen offensichtlich. Seinen herausragenden Speed auf mittlere Distanzen kann Rüegg nur auf der Seite richtig ausspielen. Der 19-jährige Kumpel von Nico Elvedi schlägt dazu meist gute Flanken und kann auch torgefährlich werden. Für das Mittelfeldzentrum fehlen ihm hingegen etwas die Qualitäten seines Teamkollegen Aliu – technische Vielseitigkeit (nur rechter Innenrist sehr gut), Wendigkeit auf engem Raum, Körpergrösse. Der zweite Mann auf der rechten Seite ist Adrian Winter, auf links sollte Michael Kempter hoffentlich bald zurückkehren und Pa Modou Konkurrenz machen.

Gegen GC am Sonntag hatte Ludo Magnin keinen Verteidiger auf der Ersatzbank. Das heisst, Mirlind Kryeziu war trotz Verletzung von Alain Nef nicht im Matchkader. Cédric Brunner durfte zum ersten Mal nach seiner Verletzungsunterbrechung wieder mittun, konnte dabei aber noch nicht an seine über weite Strecken starke Vorrundenform anknüpfen. Im Tor gibt Magnin Yanick Brecher eine Chance, noch während der Rückrunde die Nummer 1 zu werden. Darüber entscheiden sollen die beiden Derbies. Da bei der aktuellen Spielweise von GC nicht davon auszugehen ist, dass Brecher im Cup-Halbfinal sehr viel mehr geprüft werden wird, als am Sonntag, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Brecher bei einem Weiterkommen im Cup (egal wie) auch in der Meisterschaft die neue Nummer 1 wird. Bei seinen zwei bisher einzigen Einsätzen gegen Super League-Teams 2017/2018 liess der Männedorfer gegen Thun drei Tore zu, und musste gegen GC von zwei Schüssen aufs Tor einen passieren lassen. Bei Stade Lausanne-Ouchy unterlief ihm im Cup zudem wohl so etwas wie der bisherige «Torwart-Patzer der Saison».

In der Promotion League hat sich Brecher unter Ludo Magnin mit Yassin Smach und Bojan Milosavljevic die bisherigen Promotion League-Spiele aufgeteilt. Magnin stärkt in der Rolle als Trainer richtigerweise seine Schlussmänner, so auch Brecher. So hat er bei diesem in der Promotion League hervorragende Leistungen gesehen. Züri Live war bei zwei der sechs Brecher-Einsätze mit vor Ort und teilt die Lobeshymnen nicht. Brecher ist fussballerisch sicherlich gut genug – Timing, Konzentration über 90 Minuten und Strafraumbeherrschung bleiben aber Schwachpunkte. Der 17-jährige Calvin Heim, der neuerdings auch online als Kaderspieler der 1. Mannschaft geführt wird, bringt mehr Talent mit. Er wird sich wohl nach dem Abgang von Milosavljevic nach Winterthur zusammen mit Smach und Yann-Alexandre Fillion in der Rückrunde die Spielzeit in der U21 teilen, für welche offiziell noch kein neuer Cheftrainer bestimmt wurde.

In der Berichterstattung über das Derby vom Sonntag wurde viel über die junge GC-Mannschaft gesprochen, die dem FCZ gegenüber gestanden sei. Das ist sicherlich nicht falsch, aber gleichzeitig etwas einseitig. Immerhin wurden auf beiden Seiten gleich viele Teenager eingesetzt (Aliu, Rüegg & Rohner vs. Pusic, Bajrami & Arigoni). Mit Aliu und Rüegg in der Startaufstellung sowie dem relativ früh für Dwamena eingewechselten und schnellen Rohner, der dann aber schlussendlich wegen dem Platzverweis gegen Cédric Brunner auf der linken Seite statt im Sturm spielte, setzte Magnin ein klares Zeichen, in welche Richtung es in Sachen Mut zur Jugend in Zukunft gehen soll. Vorne liess der neue FCZ-Trainer mit einem «Zehner» hinter zwei Spitzen spielen: eine Variante, die Ex-Trainer Forte diesen Winter in Freundschaftsspielen auch schon getestet hatte.

Für die Zehnerposition sieht Magnin zur Zeit drei Spieler vor: Roberto Rodriguez, Antonio Marchesano und Lavdrim Rexhepi. Vor seiner Auftaktpartie als Trainer habe er zwischen Rodriguez und Marchesano geschwankt. Die Trainingseindrücke hätten dann knapp zugunsten von Rodriguez den Ausschlag gegeben. Eine von dessen Stärken sieht Magnin in der Laufarbeit bei gegnerischem Ballbesitz. Auch gegen GC hatte der FCZ wieder eine Topchance durch Frey nach einem Rodriguez-Eckball, während Marchesano wie schon im Luzern-Spiel eher enttäuschte. Regelrecht begeistert ist Magnin von Rexhepis linkem Fuss. Auch der der zweite Zürcher auf dieser Position scheint also Startelfchancen zu haben. Für die beiden Sturmpositionen in dieser Taktik sind zur Zeit wohl Michael Frey, Raphael Dwamena, Fabian Rohner und Stephen Odey vorgesehen. Dwamena kam neu wieder vorwiegend über links, wo sein starker Fuss ist. Der Ghanaer ist zusammen mit Rohner wohl aktuell der Torgefährlichste der vier, während der sich im Vergleich zum Luzern-Spiel wieder etwas steigernde Frey seit seinem Doppelpack im Cup-Viertelfinal nicht mehr getroffen hat, und Odey seit dem 1:5 in Lausanne nicht mehr in der Startformation stand.

Zu berücksichtigen bei allen personellen Überlegungen bleiben folgende Punkte: 1. Magnin will unberechenbar sein, 2. Die Trainingsleistungen sollen bei der Nominierung eine wesentliche Rolle spielen, 3. In der aktuellen «Englischen» Woche spielt auch die Frische eine Rolle. Zudem gibt es angeschlagene, rekonvaleszente und am Sonntag in Basel mit Brunner auch einen gesperrten Spieler. Im Hinblick auf den Cup-Halbfinal geht der FCZ-Coach zur Zeit öffentlich von zwei personellen Wechseln aus. Auch taktische Anpassungen sind nie auszuschliessen. Magnin macht zudem kein Geheimnis daraus, woran in dieser und den kommenden Trainingswochen, und dann vor allem auch in der Sommervorbereitung gearbeitet werden soll. Die Ballzirkulation muss schneller werden, seine Spieler sollen noch höher stehen, und den Ball mutiger und offensiv-orientierter verarbeiten. Im Training lässt Magnin die Spieler auch schon mal «blind» Flanken schlagen – Tempo ist alles. Die Sonntagspartie wurde gemeinsam in einer 40 Minuten langen Videoanalyse seziert. Die Spieler seien dabei äusserst aufmerksam gewesen und sehr wissbegierig, fast schon übereifrig, vermeldet der gelernte Primarlehrer Magnin.

GC – FCZ 1:0 (1:0)

Tor: 16. Jeffrén (Kapic) 1:0.

Grasshopper-Club Zürich: Lindner; Arigoni (46. Lavanchy), Bergström, Rhyner, Doumbia; Lika, Bajrami (10. Sukacev, 81. Taipi); Kapic, Jeffrén, Pusic; Djuricin.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Bangura, Brunner; Rüegg (86. Winter), Palsson, Aliu, Pa Modou; Rodriguez (61. Marchesano); Frey, Dwamena (68. Rohner).

Mehr Quantität als Qualität im Zentrum / FCZ – Luzern Stats & Spielinfos

Obwohl der FCZ gegen Luzern nicht verloren hat, resultiert mit 4,5 in der Züri Live-Leistungsbewertung der tiefste Notenschnitt der Saison. Dies vor allem, weil gleich sechs Spieler eine ungenügende Note (unter 5) erhalten und die Maximalnote 8 beträgt, welche nur von zwei Spielern (Pa Modou, Dwamena) erreicht wird. Auffallend dabei vor allem das gegen die Innerschweizer individuell schwache Zentrum, obwohl es im 3-5-2 im Vergleich zum üblichen 3-4-3 quantitativ verstärkt worden war. Vielleicht gerade deswegen? Führte die zahlenmässige Verstärkung zu einem falschen Sicherheitsgefühl / weniger Biss? Marchesano produzierte vor allem in der Ersten Halbzeit so viele Fehlpässe wie noch selten zuvor in seiner Karriere, Rodriguez fand nicht ins Spiel, Sarr hatte einen seiner schlechten Tage, und Palsson fehlen für das Abwehrzentrum die notwendigen Qualitäten.

Nach dem Sieg in St. Gallen war die Schlussfolgerung: «Frey gut, alle gut». Dies gilt weiterhin. Denn gegen Luzern war Frey deutlich weniger gut, als noch in St. Gallen – ein gemischter Auftritt – unter dem Strich durchschnittlich. Pa Modou ist zum zweiten Mal nach dem 2:0-Heimsieg gegen Lausanne Most Valuable Player, und verhält sich damit zur Zeit «antizyklisch», hatte er doch in St. Gallen, wo die Durchschnittsnote des Teams um 1,1 höher war, eine ungenügende «4». Raphael Dwamena hingegen zeigt bisher im 2018 konstant Aufwärtstendenz. Andris Vanins musste und konnte mehr Topchancen abwehren als im Durchschnitt dieser Saison und war an der Erarbeitung von zwei der 12 Torchancen beteiligt, gleichzeitig aber auch am Gegentor mitschuldig. Débutant Lavdrim Rexhepi kam als erster Einwechselspieler rein, musste sich zu Beginn bezüglich Handlungsschnelligkeit und physischem Dagegenhalten erst orientieren, konnte dann aber den Ball ein, zwei Mal gut direkt weiterleiten / zirkulieren lassen.

 

Frey mit Rekord bei zweitem FCZ-Comeback der Saison / FCSG – FCZ Spielinfos und Stats

Der 2:1-Auswärtssieg vom Wochenende in der Ostschweiz kann als aussergewöhnlich bezeichnet werden. Zum ersten Mal in dieser Saison verliert St. Gallen eine Super League-Partie nach einer Führung, und dem FCZ gelingt erst zum zweiten Mal die Wende (Comeback) von einem Rückstand zu einem Sieg. Das erste Mal war ebenfalls das zweite Meisterschaftsspiel nach der (Sommer-)Vorbereitung gewesen, welches im Letzigrund gegen den FC Thun ebenfalls mit 2:1 endete (die Tore fielen zudem damals zu ähnlichen Zeitpunkten). Michael Frey kommt in St. Gallen gut ins Spiel und hat nach 24 Minuten bereits 14 Ballkontakte. Der Stürmer erzielt zwar keinen Treffer, agiert aber wieder so stark wie in seinen besten Vorrundenpartien und stellt gar einen neuen Rekord an Top-Offensivaktionen (16) auf. Zum achten Mal in dieser Saison ist der Münsinger Züri Live-MVP, letztmals war er dies vor zwei Monaten beim 3:1-Sieg an gleicher Stätte geworden, ebenfalls ohne dafür ein Tor zu benötigen. Dafür hatte Frey diesmal nur eine statt wie normalerweise zwei bis drei Top-Defensivaktionen zu verzeichnen, was wohl auch eine Folge des 3-5-2 Systems ist, in welchem im Spiel ohne Ball etwas weniger Last auf seinen Schultern liegt.

Auch im Kybunpark unterlaufen der Zürcher Defensive einzelne Schnitzer durch Pa Modou und Palsson, aber nicht mehr ganz so viele wie noch gegen Thun und in Lausanne. Eine bessere individuelle Qualität im Spiel ohne Ball ist auf Seiten des FCZ aber nicht auszumachen. Dass man dem Gegner diesmal nicht mehr als ein Gegentor zugesteht, hängt einerseits mit der kompakteren Formation und zurückhaltenderen Spielweise, andererseits aber auch mit Unzulänglichkeiten und Abschlussschwächen des Gegners zusammen. Ebenfalls zur defensiven Kompaktheit trägt der vor dem Spiel in einer Choreo des FCZ-Gästeblocks geehrte Alain Nef bei, welcher mit 10 Top-Aktionen am zweitbesten abschneidet. Bemerkenswert allerdings, dass die Mehrheit seiner Top-Aktionen offensiver Natur sind. In der 83. Minute wurde Nef angeschlagen durch Umaru Bangura ersetzt, der seine übliche zentrale Position in der Dreierkette einnahm – Palsson verschob sich auf halbrechts.

Raphael Dwamena zeigt aufsteigende Tendenz und ist genauso wie Michael Frey und Antonio Marchesano an jeweils neun der 16 Torchancen, welche nicht zu einem Tor führen, beteiligt. Marchesano kommt auf insgesamt neun Top-Aktionen und tritt zudem neun von zehn Zürcher Standards in der Offensivzone. Allerdings führt ausgerechnet der einzige nicht von Marchesano ausgeführte Standard zum Game Winning Goal (Eckball Rodriguez – Palsson am entfernten Pfosten mit einer Finte im Stile eines Wide Receivers im American Football – Abstauber Dwamena). Roberto Rodriguez brachte nach seiner Einwechslung in der 60. Minute wichtige Impulse und war an beiden Zürcher Treffern entscheidend beteiligt. Mit seiner Hereinnahme wechselte der FCZ zurück auf das übliche 3-4-3 und konnte so die Partie drehen. Nach der 2:1-Führung wechselte Uli Forte zurück auf 3-5-2 mit Rodriguez neben Marchesano auf einer der beiden Achterpositionen.

Adrian Winter ist mit drei Toren aus den letzten vier Spielen vor dem St. Gallen-Match der in den letzten Monaten treffsicherste Schütze im FCZ-Dress. Im Kybunpark, wo er noch vor zwei Monaten ein herrliches Weitschusstor erzielt hatte, gelang ihm diesmal gegen seinen Ex-Klub aber praktisch nichts. Bezeichnend dafür auch, dass Winter keine einzige Flanke schlug, wo er doch sonst jeweils der Flankengeber vom Dienst beim FCZ ist (bisher 67 Hereingaben in den Strafraum oder an die Strafraumgrenze in der laufenden Saison). Der für Winter eingewechselte Fabian Rohner ist zur Zeit besser drauf, auch wenn er in St. Gallen nur eine echte offensive Top-Aktion (beim 1:5 in Lausanne vor der Winterpause beispielsweise hatte er nach seiner Einwechslung noch sieben gehabt!) erspielen konnte – aber diese war das wichtige Tor zum 1:1.

 

Frey gut, alle gut / FCSG – FCZ 1:2 Highlights und Analyse

Der Beginn der Partie in St. Gallen verlief umgekehrt wie vor Wochenfrist gegen Thun. Im Duell mit den Berner Oberländern hatte der FCZ in den Startminuten Druck gemacht, war im Abschluss aber wenig überzeugend gewesen. Der Gegner kam im Anschluss daran etwas «aus dem Nichts» seinerseits plötzlich zu besseren Chancen (und Toren). Diesmal war es der Gegner (St. Gallen), welcher zu Beginn Druck machte, aber im Abschluss wenig überzeugend auftrat, bis dann plötzlich nach etwas mehr als fünf Minuten der FCZ zu einer Serie von deutlich besseren Torchancen kam – unter anderem mit einem Pfostenschuss von Michael Frey. Der Unterschied: im Gegensatz zu Thun vor einer Woche konnte der FCZ aus dieser Chancenserie vorläufig nicht Profit schlagen.

Nach ein paar wenig inspirierten Auftritten zeigte sich Frey in St. Gallen wieder klar im Aufwind. Seine Entschlossenheit war bereits beim Einlaufen und Einspielen vor der Partie ersichtlich gewesen. Und in dieser Saison gilt: wenn es Frey gut läuft, läuft es der ganzen Mannschaft gut. Der Mittelstürmer ist und bleibt zur Zeit der wohl wichtigste Spieler des Teams. Vor allem aber traten die Zürcher im Vergleich zum Startspiel 2018 defensiv wieder deutlich stabiler auf. Man überliess dem Gegner den Ball, erspielte sich selbst dadurch dann aber die besseren Torchancen. Auch wenn der FCZ schlussendlich mit einem etwas unglücklichen 0:1-Rückstand in die Kabine ging, liess man in der Ersten Halbzeit wenig zu und konnte mit gutem Gefühl die Zweite Halbzeit in Angriff nehmen. In dieser steigerte sich das Team von Trainer Uli Forte noch mehr. Zusätzlich zur verbesserten defensiven Stabilität wurde nun auch intelligenter und gleichzeitig schnörkelloser gespielt, als noch beim 2:4 gegen Thun. Es gab zudem deutlich weniger grobe Schnitzer, auch wenn diese auch in St. Gallen (noch) nicht komplett abgestellt werden konnten.

Speziell der seit dem 2:0-Heimsieg gegen Lausanne-Sport in der 16. Runde erstmals wieder in der Liga von Beginn weg in der Startaufstellung stehende Sangoné Sarr konnte sich nach Anlaufschwierigkeiten im zweiten Durchgang steigern. Der Senegalese hat von allen regelmässig eingesetzten Spielern mit 1,65 den zweitbesten Liga-Punkteschnitt nach dem ebenfalls wieder in der Startaufstellung stehenden Alain Nef (1,67). Der Routinier tat dem Spiel, dem Fokus und der Stabilität des Letzigrund-Teams ebenso gut, wie das 3-5-2 System. Der FCZ hatte in der Vorrunde in Bern (1:2) mit diesem System genauso gespielt, wie in der Schlussphase des ersten Auswärtssieges im Kybunpark im Dezember (3:1). Umaru Bangura sass nach seinen wiederholten Patzern diesmal vorerst auf der Ersatzbank und wurde durch Victor Palsson ersetzt.

Der Isländer ist auf dieser Position aber wie schon in der Vergangenheit öfters beobachtet auch nicht die Idealbesetzung und agierte in mehreren Szenen zu zögerlich, so beispielsweise vor dem Foul von Roman Buess an Andris Vanins, als der St. Galler Stürmer den Ball beim Abpraller schliesslich auf irreguläre Art und Weise über die Linie drückte. Der Lettische Nationalkeeper war der gewohnt sichere Schlussmann auf Seiten des FCZ, während man im Kybunpark gleichzeitig von der auf der anderen Seite nicht immer souverän agierenden neuen Nummer 1 Dejan Stojanovic profitierte, der unter anderem Michael Frey beinahe einen «Empty Netter» ermöglichte. Die Partie drehen konnte man schlussendlich durch das Premièrentor Fabian Rohners mit links von der Strafraumgrenze und dem Abstauber Raphael Dwamenas (welches an sein Tor in Thun erinnerte), der erneut im Kybunpark unweit seiner ehemaligen Heimat Lustenau traf. Der eingewechselte Roberto Rodriguez hatte dabei bei beiden Toren seine Füsse im Spiel.

St. Gallen – FCZ 1:2 (1:0)

Tore:43. Aratore (Lüchinger) 1:0; 66. Rohner (Dwamena) 1:1, 77. Dwamena (Palsson) 1:2.

St. Gallen: Stojanovic; Hefti, Wiss, Gönitzer; Lüchinger (82. Tafer), Toko (82. Sigurjonsson), Tschernegg, Aratore; Aleksic; Buess, Itten (83. Babic).

FC Zürich: Vanins; Nef (83. Bangura), Palsson, Thelander; Winter (58. Rohner), Sarr, Pa Modou; Marchesano, Rüegg (60. Rodriguez); Dwamena, Frey.

Trotz „Pa Modou-Sperren“ mit Einwürfen erfolgreich / St. Gallen – FCZ Analysen und Spielinfos

Die Erste Halbzeit gestaltet der FCZ zuletzt abwechslungsweise gut und schlecht. In St. Gallen war wieder ein guter Start in die Partie zu sehen, sogar ein sehr guter. Victor Palsson mit seinem ersten Meisterschaftstor und Adrian Winter mit einer schönen Direktabnahme nach Rodriguez-Vorarbeit konnten mit zwei der ersten Strafraumszenen die Limmatstädter früh 2:0 in Führung bringen. Kurz vor der Pause lässt der FCZ dann wie häufig in dieser Vorrunde unerklärlicherweise zu früh nach, und kassiert nach der zweiten gefährlichen Hereingabe von rechts in Folge prompt noch den Anschlusstreffer.

In der Folge profitiert das Forte-Team davon, dass St. Gallen nicht mehr richtig ins Spiel zurückfindet und dazu auch noch in entscheidenden Momenten gute Torchancen vergibt. Ex-Nationalspieler Tranquillo Barnetta kann bei den Grün-Weissen weiterhin nicht die erhoffte Leaderrolle übernehmen. Als 17-/18-jähriges Talent hatte er mehr Einfluss auf das St. Galler Spiel gehabt. Auf Zürcher Seite ist längst nicht alles Gold was glänzt. Hervorragend spielt keiner – Frey, Winter und Rodriguez sind mit Züri Live-Note „7“ die besten ihrer Mannschaft. Die Durchschnittsnote des Teams ist mit 5,0 im Vorrundenvergleich tief. Es werden insgesamt ähnlich wenig Torchancen wie bei der 1:2-Niederlage in Bern erarbeitet. Die sehr gute Effizienz (abgesehen von Startelfdébutant Stephen Odey, der zwei «hundertprozentige» vergibt) überdeckt die vielen unproduktiven Phasen im Spiel. In der Zweiten Halbzeit kommt so gut wie kein Steilpass mehr beim Adressaten an.

Schon ab der 30. Minute geht nur noch wenig nach vorne, und das Umschalten auf Defensive funktioniert in vielen Szenen schlecht. Das Mittelfeld (vor allem Torschütze Palsson) ist an diesem Tag defensiv nicht stabil genug und vorne arbeitet Odey zu wenig mit, und lässt damit unnötige Lücken im Defensivverbund entstehen. Trotz «Pa Modou – Sperren» (O-Ton Züri Live-Experte Michael Lütscher) in Form von mobilen Plastikbanden in einem Teil der Einwurfzonen kann der FCZ nach Einwürfen von Alain Nef gleich zwei Tore zum 1:0 und 3:1 erzielen. Dies nachdem man selbst zuletzt zu viele Gegentore nach Einwürfen kassiert hatte.

In der 82. Minute kommt Sangoné Sarr für Roberto Rodriguez in die Partie. Der FCZ wechselt analog der Startformation in Bern auf ein 3-5-2 mit Palsson als «Sechser» und Rüegg sowie Sarr auf den Achterpositionen. Wenige Sekunden später erzielt Raphael Dwamena mit einer feinen Einzelleistung die Vorentscheidung zum 3:1 und salutiert anschliessend vor der Südkurve. Der aus dem FCZ-Nachwuchs stammende Silvan Gönitzer und Karim Haggui liessen sich in der Szene aber auch etwas gar einfach düpieren. Als dritter Mann nach Dwamena und Sarr wurde am Schluss noch Dzengis Cavusevic gegen seinen Ex-Klub St. Gallen, für den er die meisten Spiele seiner Profikarriere bestritten hat, eingewechselt, blieb in diesen wenigen Minuten aber ein Fremdkörper im Zürcher Spiel. Es sollte der letzte von nur fünf Meisterschaftseinsätzen des Slowenen in der Vorrunde 17/18 bleiben.

Umaru Bangura als Feuerwehrmann gefragt / YB – FCZ Spielinfos & Stats

Gegen den zu Hause offensivstarken Leader aus Bern kommt der FCZ so stark unter Druck, wie noch nie in dieser Saison. 99% Form und 99% Aufmerksamkeit genügt im Wankdorf nicht. Der Zentrale Verteidiger Umaru Bangura ist deutlich häufiger als Feuerwehrmann gefordert, als normal. Dies vor allem auch weil der sich zuletzt in guter Verfassung präsentierende Cédric Brunner gegen den zur Zeit giftigsten Offensivmann der Liga, Roger Assalé, genauso wie Pa Modou Jagne an seine Grenzen stösst. Dank der Umstellung auf ein defensiver ausgerichtetes 3-5-2 hat der FCZ in Bern bis zum Schluss reelle Chancen auf zumindest einen Punkt.

Kevin Rüegg ist nach dem 1:1 gegen St. Gallen in der 7. Runde zum zweiten Mal MVP. Auf seiner halbrechten Achterposition erstickt er viele Berner Angriffe über diese Seite bereits im Keim und sorgt zusammen mit Adrian Winter und Raphael Dwamena selbst für den ein oder anderen gefährlichen Angriff. Der Ghanaische Stürmer zeigt eine ansprechende Leistung. Er hat sich bezüglich Torerfolgen bei bisher 3 Toren und 2 Assists in der Meisterschaft sicherlich mehr erhofft. Die aktuell fehlende Effizienz des Ghanaers ist einer der Hauptgründe für die geringe Anzahl Tore beim FCZ. Abschlusschancen hat der 22-jährige genug. Und es scheint nicht viel zu fehlen, damit es «Klick» macht. Dwamena muss lernen, dem Gegner mehr weh zu tun, als «nur» jeweils eine Gelbe Karte für taktische Fouls zu provozieren.

Im auf zwei Mann reduzierten Sturm mit deutlich weniger Pressing wurde Michi Frey bei seinem Stammklub etwas seiner Stärken beraubt, aber insgesamt war auch sein Auftritt ordentlich, wenn auch in gewissen Szenen etwas übermotiviert. In der 81. Minute kam Stephen Odey zu seinem Meisterschaftsdébut, zeigte bei seinem Kurzeinsatz aber wie schon im Cup bei Stade Lausanne-Ouchy erst mal grosse Probleme mit dem Rhythmus, der Zweikampfhärte und seinen taktischen Aufgaben. Anders Moussa Koné, der innert kürzester Zeit fast ein Maximum herausholen konnte. Seine besten Leistungen im FCZ-Dress hat Koné fast ausschliesslich als Joker gebracht, und in Bern demonstrierte er einmal mehr, warum er für diese wichtige Rolle so prädestiniert ist.  

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