Interviews mit Raphael Dwamena und Uli Forte nach dem letzten Testspiel vor dem Rückrundenstart
Zwei Mal unterwegs vom Fussballplatz zur Garderobe – erst mit Raphael Dwamena, dann mit Uli Forte:
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Zwei Mal unterwegs vom Fussballplatz zur Garderobe – erst mit Raphael Dwamena, dann mit Uli Forte:
Im dritten Testspiel der Wintervorbereitung gegen den FC St.Pauli kam der FCZ zum zweiten Sieg (2:0) und war weitgehend die überlegene Mannschaft, welche sich auch eine Vielzahl von Torchancen erarbeiten konnte.
St.Pauli trat mit einer Mischung aus Stammspielern und Ergänzungsspielern an – alle mindestens 20 Jahre alt und mit Ausnahme des Südkoreaners Park auch allesamt diese Saison in der 2.Bundesliga eingesetzt. Dort liegen die Hamburger zur Zeit allerdings auf dem letzten Platz. Auf jeden Fall war es für den FCZ ein deutlich schwächerer Gegner, als Dynamo Dresden. Die Begegnung gegen den FCZ war für St.Pauli der 1.Teil des letzten Trainingslagertages in Sotogrande, welches der mit seinem Aussenseiterimage viel Merchandising verkaufende Klub ausgerechnet im mondänen Ayala Polo Club absolvierte.
Klare Unterschiede gab es natürlich im Coaching während dem Spiel. Da Uli Forte und Sandro Chieffo mit konkreten Anweisungen/Korrekturen, aber auch Lob für gelungene Aktionen – dort Ewald Lienen scheinbar ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die eingeübten Automatismen offensiv und im Spiel gegen den Ball waren beim FCZ ersichtlich – seit den letzten Wochen der Vorrunde hat die zuvor sehr gute Effizienz vor dem gegnerischen Tor aber nachgelassen, und ist noch nicht zurückgekommen.
In der Einzelbewertung bestätigten sich die Tendenzen aus dem Dresden-Spiel. Fabian Rohner und Kevin Rüegg finden sich nahtlos ins Team ein, und sind nicht nur «junges Beigemüse», sondern ernsthafte Konkurrenten um die Stammplätze. Der ein Jahr jüngere Izer Aliu hingegen muss sich erst noch an den höheren Rhythmus gewöhnen. Für Miro Muheim ist die Probe als Linksverteidiger eine Chance, denn auf seinen angestammten Offensivpositionen hätte es der Zürcher aufgrund seiner im Vergleich beispielsweise zum gleichaltrigen Fabian Rohner immer noch ziemlich reduzierten Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit nicht einfach, sich als Profi durchzusetzen. Dank seinem starken linken Fuss und dem taktisch guten Zweikampfverhalten hat Muheim als Linksverteidiger hingegen eine Chance.
Beim Thema Handlungsschnelligkeit noch grössere Sorgen macht aber Davide Chiumiento. Das reicht so auch für die Challenge League nicht mehr! Bis sich der Ostschweizer überlegt hat, was er mit dem Ball tun will, ist der Gegenspieler schon längst da. Der letzte Strohhalm in solchen Situationen ist dann jeweils der Versuch, einen Freistoss herauszuholen, was ab und zu gelingt – meist aber im Ballverlust endet. Nicht gross diskutiert werden muss die grosse Wirkung auf die Mannschaft und den Spielverlauf, wenn im Tor ein Andris Vanins steht. Bei seinem ersten Testspieleinsatz des Winters strahlte der Lette die gewohnte Ruhe und Sicherheit aus.
Im Vergleich zum Sommer, wo Uli Forte die jungen Spieler wie Baumann, Sadrijaj, Stettler, Janjicic und Koné stark forcierte, erhalten nun alle fitten Spieler gleich viel Spielzeit. Weiterhin ohne Einsatz bleiben die beiden angeschlagenen zentralen Mittelfeldspieler Burim Kukeli und Sangoné Sarr, welche gegen Dresden während des Spiels am Rande des Spielfelds ihr Programm absolvierten. Antonio Marchesano wurde deshalb auch gegen St.Pauli wieder auf deren Position eingesetzt – diesmal als einziger Spieler gar mehr als eine Halbzeit. Der Tessiner fiel positiv auf, weil er diese Rolle wie schon gegen Dresden sichtlich ernst nahm, und auch in die Zweikämpfe ging. Trotzdem ist der 26-jährige nach der Rückkehr von Kukeli und Sarr und angesichts der Schwäche von Chiumiento sicherlich auch in der Rückrunde in der Regel wieder eher in der vordersten Reihe zu erwarten, zumal er im Forechecking Fortschritte gemacht hat.
FC Zürich – St.Pauli 2:0 (1:0)
Tore: 32. Buff (Penalty, Koné) 1:0, 92. Rodriguez (Winter) 2:0.
FCZ: Vanins; Stettler (46. Brunner), Nef (46. Kecojevic), Bangura (46. Alesevic), Voser (46. Muheim); Rohner (46. Winter), Marchesano (72. Rüegg), Yapi (46. Aliu), Schönbächler (46. Rodriguez); Koné (46. Cavusevic), Buff (46. Chiumiento).
Der FC Winterthur lieferte wie bisher viele andere Ligagegner auch gegen den FCZ die bisher beste Heimspielleistung der Saison ab. Es brauchte ein beherztes Eingreifen von Trainer Uli Forte von der Seitenlinie mit einer taktischen Umstellung auf die zuletzt meist praktizierte Dreierabwehrkette bereits nach 10 Minuten, damit der Gast aus Zürich im Nebelmeer zwischen den sieben Winterthurer Hügeln die Partie besser in den Griff bekam. Die Limmatstädter kämpften mit der negativen Formkurve einiger seiner Akteure. Gegensteuer konnten dabei vor allem die kampfstarken Adrian Winter und Alain Nef geben.
FCZ-Toptorschütze Winter war wie schon bei der Saisoneröffnung gegen WINTERthur im Letzigrund an beiden Treffern zum 2:0 entscheidend beteiligt. Sein gut ge-time-ter Ball aus dem Mittelfeld heraus für Rodriguez hinter die Abwehr beim 2:0 verdient dabei spezielle Erwähnung. Vor allem Vize-Captain Nef aber war es, der in den letzten Wochen vor der WINTERpause den abbauenden FCZ über die Ziellinie der Ersten Saisonetappe rettete. In drei der vier letzten Partien war der Zürcher der Züri Live-Most Valuable Player. Gegen Winterthur übernahm Nef mit seinem typischen Durchsetzungswillen nach einiger Zeit im 1.Durchgang vom überforderten Bangura die Bewachung des zuvor gefährlichsten Winterthurers und Ex-FCZ-ler Silvio. Der Brasilianer hatte ab diesem Zeitpunkt so gut wie keine Bewegungsfreiheit mehr.
Der dritte im Bunde mit Note „9“ war gegen Winterthur (nach dem Heimspiel gegen Villarreal zum zweiten Mal diese Saison) Andris Vanins, von dem unter anderem beim Stande von 1:0 gegen den aus kurzer Distanz abschliessenden Luka Sliskovic eine starke Doppelparade notwendig war. Einiges an Licht, aber noch mehr Schatten war bei Marco Schönbächler zu sehen, über den viel lief. Wie so häufig in den letzten Partien schwankte Schönbi zwischen Nonchalance und aggressiver Übermotiviertheit, und fand die richtige Mischung in Bezug auf den mentalen Fokus nicht, auch wenn auf der positiven Seite die Gelb-Rote Karte gegen Guillaume Katz im wesentlichen durch die Antrittsschnelligkeit der Zürcher Nummer 27 zustande kam.
Armando Sadiku ist immer noch relativ weit von seiner besten Verfassung entfernt, konnte sich aber diesmal im Vergleich mit seinen zuletzt wenig erbaulichen Einsätzen steigern, weil er sich viel mehr in den Dienst der Mannschaft stellte, und war vor allem in der Chancenvorbereitung so produktiv wie bisher noch nie seit dem Saisonauftakt gegen denselben Gegner. Ebenfalls eine Steigerung war zum Vorrundenabschluss bei Sangoné Sarr zu konstatieren. Der Senegalese war diesmal viel stärker aufs Wesentliche und die einfachen Dinge fokussiert, als zuletzt üblich.
Der FCZ zeigt vor allem in der 1.Halbzeit eine Top-Leistung gegen diszipliniert verteidigende und auf Konter lauernde Türken mit einem überragenden Captain Numan Cürüksu (bester Mann auf dem Platz) in der Innenverteidigung. Es gab eine Phase, wo der FCZ den Gegner an dessen Strafraum mit Ballgewinn um Ballgewinn richtiggehend einschnüren konnte. Es fehlte in diesen Situationen aber im Strafraum ein kopfballstarker Spieler wie Franck Etoundi oder auch Alain Nef, der ja jeweils nur bei Standardsituationen in den Strafraum mitkommen kann.
Die Haupttribünen-Platzseite war vereist und schwer zu bespielen. Sicherlich ein kleiner Vorteil für diejenigen Mannschaft, die nicht gewinnen und daher nicht konstruktiv agieren muss. Burim Kukeli hatte am meisten Mühe mit der Standfestigkeit. Spieler beider Teams verfehlten mehrmals den unberechenbar aufspringenden Ball in einer Schuss- oder Passbewegung. Bei Osmanlispor musste Dzon Delarge mitten in der 1.Halbzeit mit einem «Boxenstopp» an der Spielerbank gar einen Schuhwechsel vornehmen.
Der Kongolese hätte in der 72. Minute ausgewechselt werden sollen, schoss dann aber zuvor noch bei einem Konter mit seiner letzten Aktion das vorentscheidende 1:0. Der FCZ hatte nach dem Geschmack von Trainer Uli Forte etwas zu früh aufgemacht, was Osmanlispor sofort gnadenlos ausnutzte. Der vor allem in der 1.Halbzeit zusammen mit Alain Nef beste Zürcher Roberto Rodriguez spielte den Fehlpass Richtung Kay Voser in der Vorwärtsbewegung.
In der 89.Minute bewegte sich bei einem Osmanlispor-Abstoss dann auch noch Innenverteidiger Ivan Kecojevic nach vorne in die Sturmspitze, und diese Lücke in der Verteidigung nutzten die eingewechselten Umar und Kilicaslan innert Sekundenfrist zur endgültigen Entscheidung.
Im Pauseninterview bei Züri Live hatte Michel Wettstein (Blick) die Einwechslung von Armando Sadiku in der 60.Minute vorgeschlagen und exakt in dieser Minute brachte ihn Trainer Uli Forte auch. Der Albaner ist aber immer noch relativ weit von seiner besten Verfassung entfernt, und konnte dem Team in der letzten halben Stunde nicht mehr helfen. Im Gegenteil: es wurden die Bälle vorne schneller verloren ohne sofortiges Gegenpressing, was Osmanlispor immer wieder zu schnellen Konterangriffen nutzte. Der teilweise etwas übermotivierte Marco Schönbächler und Moussa Koné zeigten als Einwechselspieler etwas mehr Wirkung – so traf der Senegalese in der Nachspielzeit aus 18 Metern noch den linken Pfosten.
Weil Steaua in Villarreal ebenfalls verliert, beendet der FCZ die Gruppe L auf dem 3.Platz – aufgrund des Auswärtstores in der Direktbegegnung mit den Rumänen.
Osmanlispor – FC Zürich 2:0 (0:0)
Tore: 73. Delarge (Maher) 1:0, 89. Kilicaslan (Umar) 2:0.
Osmanlispor: Karcemarskas; Vrsajevic, Cürüksu, Prochazka, Pinto; Güven, Ndiayé; Delarge (74. Umar), Maher, Regattin (87. Kilicaslan); Wébo (78. Rusescu).
FC Zürich: Vanins; Nef, Bangura, Kecojevic; Brunner (60. Sadiku), Sarr, Kukeli, Voser (77. Koné); Winter, Cavusevic (67. Schönbächler), Rodriguez.
FCZ-Trainer Uli Forte äusssert sich vor der „Finalissima“, wie er es nennt, gegen Osmanlispor über die Distanz vom Hotel zum Stadion, das Abschlusstraining und worauf sich der FCZ im entscheidenden Match der Gruppenphase fokussieren wird.
Die Auswärtsspiele in Villarreal und Bukarest waren mit Züri Live-Durchschnittnoten von 7,3 und 7,4 die bisher besten Auftritte des FCZ in einer auch ansonsten guten Vorrunde. Vor dem dritten Europa League-Auswärtsspiel in Ankara ist der FCZ in einer psychologisch vorteilhaften Lage. «Bis Ende Jahr kann nicht mehr wirklich etwas schiefgehen», meint Trainer Uli Forte an der Vorschau-Pressekonferenz auf der FCZ-Geschäftsstelle vor einer Saisonrekordkulisse an Journalisten. Egal, was in Ankara und Winterthur passiert – der Aufstiegskampf und der Kampf um die Titelverteidigung im Cup wird im Frühling entschieden.
Das Motto der Mannschaft für den Türkei-Trip lautet «I want it all», «frei nach Freddy Mercury selig..», wie Forte ergänzt. Auch für ihn persönlich wäre der Vorstoss unter die besten 32 der Europa League ein grosser Erfolg, vergleichbar mit den bisher als Trainer gewonnenen Titeln. Dies soll aber nicht mit Vollgas von der 1.Minute an realisiert werden, sondern aus einer kontrollierten Defensive heraus. Osmanlispor erwartet Forte aufgrund der bisherigen Heimspiele der Türken mit viel Power zu Beginn der Partie. Ob die Taktik des FCZ dann schlussendlich wirklich so aussehen wird, wie vom Coach vorher öffentlich verbreitet, bleibt offen. Es wäre nicht das erste Mal in dieser Saison, dass von Seiten des FCZ vor einem Spiel Nebelpetarden gestreut würden. Der Gegner liest mit.
Für das Kader hat Forte mittlerweile die Qual der Wahl, was für diesen Zeitpunkt am Ende der Vorrunde eher aussergewöhnlich ist. Antonio Marchesano ist wieder im Training, Cédric Brunner erholt, und auch Ivan Kecojevic geht es besser. Und Gilles Yapi ist wieder im Training dabei. Davide Chiumiento sei zudem von der Fitness her nach seiner Verletzung mittlerweile wieder auf dem Niveau der Mitspieler. 20 Spieler (17 Feldspieler, 3 Torhüter) werden im Flieger in die Türkei sitzen und die Auswahl des Matchkaders wird auch von taktischen Überlegungen abhängen.
Beim anschliessenden Fan-Talk im FCZ Museum spricht Captain Gilles Yapi Klartext, sowohl im positiven, wie auch im negativen. Letzte Saison habe die Einstellung nicht immer gestimmt. Die Mannschaft habe den Fans versprochen, den Abstieg zu verhindern, dies aber nicht halten können. In den höchsten Tönen schwärmt der Ivorer hingegen über Trainer Uli Forte, so klar und deutlich, wie es der Schreibende noch nie von einem Profi gehört hat, auch nicht, wie in diesem Fall, in Anwesenheit des Trainers: «Uli Forte ist der beste Trainer, den ich in meiner Karriere hatte». Die anderen Trainer seien nicht schlecht gewesen, aber keiner habe bisher so detailliert nützliche taktische Details erklären können, wie Forte.
Auch Ancillo Canepa ist («mit kleinen Ausnahmen, aber das ist Jammern auf hohem Niveau») angetan von den Leistungen der Mannschaft und des Trainerstaffs. Vor allem freut den Präsidenten die Einstellung der Mannschaft: es sei «0,0% Arroganz» zu spüren, auch gegen sogenannt «kleine Gegner». Auf Fragen aus dem Publikum informiert Canepa zudem über das eine oder andere langfristige Projekt wie das geplante Stadion auf dem Hardturm-Areal «vergleichbar mit demjenigen von Sparta Prag», «wegen dem Zonenplan wird es wohl noch eine Volksabstimmung geben», und dem Traum der Zusammenführung des Nachwuchses mit der 1.Mannschaft in einem gemeinsamen Campus im Heerenschürli: «Im Optimalfall in zwei Jahren, ist aber auch eine finanzielle Frage».