Hype-iä am 1.Trainingstag

Der erste Trainingstag unter dem neuen Cheftrainer Sami Hyypiä auf der Allmend Brunau ist durch. Die in Basel in der Startformation eingesetzten Spieler machten sich nach einer halben Stunde auf zu einem Footing ins Sihltal, sofern sie nicht bereits vorher Richtung Nationalteam abgereist waren. Auf dem Platz absolvierte dann ein relativ kleines Grüppchen bestehend aus Bua, Chiumiento, Yapi, Vinicius, Di Gregorio, Sarr, Brunner und Favre unter Anleitung von Hyypiä ein reguläres Training.

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Aufmerksam beobachtet am Ende auch noch von Zaungast Etoundi und einem natürlich überdurchschnittlichen Medienaufgebot. In Sachen Medienpräsenz konte auf jeden Fall von einem Hype-iä gesprochen werden. Fans waren nicht allzu viele zugegen – ein rundes Dutzend wollte sich den FCZ-Start des grossen, blonden Finnen nicht entgehen lassen. Zwei davon hatten den Hag mit einem Liverpool- und einem FCZ-Fan geschmückt, damit sich Sami auf der Allmend Brunau gleich wohl fühlt.

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Beim Schusstraining mussten sich die Verlierer Chiumiento und Vinicius am Ende von den Mitspielern auf den Allerwertesten ballern lassen, was diese allerdings nicht wirklich ernsthaft taten. Diese etwas kindische Seite der Fussballkultur ist bei uns halt nicht so stark verankert. Aber falls es tatsächlich dem Teamgeist zuträglich sein sollte – warum nicht… Bemerkenswert: Yapi gelang es trotz fehlender Schussstärke dank Präzisionsarbeit, nicht zu den Verlierern des Schusswettbewerbs zu gehören. Anschliessend ans Training sah man in der Saalsporthalle Yapi und Gavranovic barfuss in einer Fussballtennis-Competition, angeleitet von Tobias Powalla.

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An der anschliessenden Medienkonferenz betonte Hyypiä einmal mehr, dass er auf die Defensive grossen Wert legen wird, und dass diese auch die Basis für eine gute Offensive darstellt. In den Spielen, die er sich vom Team auf DVD angeschaut hat und von seinen ersten Eindrücken im Training sah er eine Mannschaft, die viel Qualität mitbringt und im Pass-Spiel stark ist. Die aktuelle Resultat-Baisse sieht er vor allem im mangelnden Selbstvertrauen, welches natürlich nach den teilweise unglücklichen Niederlagen und Unentschieden zu Saisonbeginn nicht auf dem höchsten Stand sein kann, und welches erst wieder erarbeitet werden muss.

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Besseres Verteidigen soll auch wieder zu mehr Selbstvertrauen in der Offensive führen. Als Beispiel, wo der Hebel angesetzt werden muss, nennt Hyypiä das zweite Gegentor in Basel, welches viel zu einfach gefallen sei. Ausserdem sei Ballbesitz kein Ziel – Ziel sei alleine, Tore zu erzielen – in Ballbesitz wolle man es dem Gegner so schwer wie möglich machen und diesen zu Fehlern zwingen. Dazu brauche es sowohl im Spiel mit, wie auch ohne Ball eine „Mannschaft mit grossem M“, die zusammen attackiert und zusammen verteidigt.

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Um dies zu erreichen, ist für Hyypiä die Arbeit auf dem Trainingsplatz zentral. Als Spieler hat er sich jeweils auch im Training das Selbstvertrauen und die Automatismen für das Spiel geholt. Jeder Spieler müsse im Spiel zu 100% seine Aufgabe kennen, und immer die richtige Entscheidung fällen. Persönlich sieht er die Aufgabe beim FCZ als bisher grösste Herausforderung seiner Trainerkarriere. Mit den Spielern will er per Du sein, was zumindest zu Beginn sicherlich für eine lockere Atmosphäre sorgen wird – und dies war im ersten Training auch spürbar. Hyypiä führte viele kurze Einzelgespräche, in denen er das richtige Verhalten in bestimmten Situationen und andere Dinge ansprach – am meisten mit Davide Chiumiento, der vorläufig weiterhin Captain bleiben soll, bis Hyypiä das Team besser kennengelernt hat.

Schon vor dem Trainingsstart mit dem neuen Trainer hatten sich letzte Woche Schneuwly, Nef, Di Gregorio und Grgic gegenüber Züri Live zum neuen Trainer geäussert gehabt:

 

Michael Ballack wollte nicht zum FCZ

Wer waren die anderen Kandidaten in der engeren Auswahl um die Trainerposition beim FCZ? Diese Frage steht aktuell sicherlich nicht im Zentrum des Interesses, ist aber am Rande durchaus interessant und aufschlussreich. Bei der Vorstellung von Sami Hyypiä als neuer Trainer des FCZ sagte Präsident Ancillo Canepa, dass es mehrere Kandidaten gegeben habe, und dass sich Sami Hyypiä aber sehr schnell als erste Wahl herauskristallisiert habe. Dies klingt im ersten Moment danach, als dass der Finne die Verantwortlichen beim FCZ viel mehr überzeugt hätte, als die anderen Kandidaten.

Vieles deutet aber darauf hin, dass dies nur die halbe Wahrheit ist. Es gab selbst bei den Kandidaten in der engeren Auswahl solche, die nicht zum FCZ kommen wollten, oder sogar noch gar nicht bereit für eine Trainerkarriere sind. Beim ominösen Kandidaten aus Deutschland handelt es sich wohl um Michael Ballack, der eine Trainerkarriere nicht ausschliesst, zur Zeit aber mit seiner Tätigkeit als TV-Experte, Markenbotschafter und in verschiedenen anderen Projekten ganz zufrieden ist. Aufgrund von relativ klaren Umschreibungen des Deutschen TV-Mannes Waldemar Hartmann im Bündner Tagblatt kommt eigentlich nur Ballack als Deutscher Trainerkandidat beim FCZ in Frage.

Was den „Österreicher“ unter den Kandidaten betrifft, deutet vieles auf Andreas Herzog hin, der sich allerdings als Hauptverantwortlicher der U23-Auswahl der USA für Rio 2016 qualifizieren will, und zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch eher kein Interesse an einem Engagement bei einem Klub wie dem FCZ hat. Der „Tagi“ ist sich sicher, dass Fabio Cannavaro ein weiterer Kandidat war, obwohl Ancillo Canepa keinen Italiener zum engeren Kandidatenkreis zählte. Fehlt noch der „Schweizer“. Ausgerechnet der naheliegendste Kandidat ist am schwierigsten zu erraten, aber aufgrund des Profils, weiterer Aussagen Ancillo Canepas und dem Kreis der anderen Kandidaten tippt Züri Live auf Raphaël Wicky.

Für Hyypiä wäre FCZ letzte Chance

Laut „Blick“ soll der Finne Sami Hyypiä Favorit auf die Nachfolge von Urs Meier beim FC Zürich sein. Häufig, wenn auch bei weitem nicht immer, führen die Hinweise, die an der Dufourstrasse eintreffen, auf die richtige Fährte. Was man sicherlich schon jetzt sagen kann: die Personalie Hyypiä wäre für den FCZ, sollte sie denn zutreffend sein, ein Risiko. Die Erfolglosigkeit der bisherigen Trainerkarriere des Finnen ist beinahe so gross, wie seine Beliebtheit in der internationalen Fussball-Familie. Bei beiden Vereinen, wo er bisher als Cheftrainer gearbeitet hat, Bayer Leverkusen und Brighton & Hove Albion, hat man ihn mitten in der Saison mit salbungsvollen Worten in die Wüste geschickt. Man hat betont, wie hart Hyypiä arbeite und was für ein flotter Mensch er sei. Und dies sind im Fall von Hyypiä sicherlich nicht nur Floskeln. Nur reicht „hart arbeiten“ und „flotter Mensch sein“ bei weitem noch nicht aus, um ein erfolgreicher Profi-Trainer zu werden. Auch die langjährige Erfahrung als Spieler nicht.

Im Zuge der Professionalisierung des Fussballs sind gerade in den Topligen immer mehr Trainer am Ruder, die selber keine (bekannten) Fussballprofis waren, weil nur wenige ehemalige Fussballprofis in den entscheidenden Bereichen wie Analytik oder Menschenführung gut genug sind, um bei den heutigen Ansprüchen in einer obersten Liga auf Augenhöhe mit den besten Trainern mithalten zu können. Viele fangen heutzutage darum zurecht erstmal im Juniorenbereich oder bei einem ambitionierten Amateurteam an, denn auch den Trainerberuf muss man auf dem heutigen professionellen Niveau von der Pike auf lernen. Es ist möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, dass Hyypiä bisher einfach nur Pech hatte. Bei Leverkusen lief es zuerst im Duo mit dem erfahrenen Jugendtrainer Sascha Lewandowski, der nicht nur die Lizenz hatte, sondern auch einen Grossteil der Verantwortung übernahm, zuerst ja ganz gut. Und als Lewandowski dann aufhörte, konnte Hyypiä noch ein halbes Jahr von diesen Grundlagen profitieren. Danach stürzte das Team nach der Winterpause 2014 aber richtiggehend ab – nur ein Sieg in zwölf Pflichtspielen – und das bei einem Klub, der in der Bundesliga sonst immer vorne mitspielt. Lewandowski musste im April für Hyypiä übernehmen und konnte dann die Saison erfolgreich noch retten. Seither ist Lewandowski bei praktisch jeder Trainersuche in der Bundesliga als aussichtsreicher Kandidat im Gespräch, an Hyypiä hat hingegen niemand Interesse.

Diese Situation ist natürlich nicht besser geworden, nachdem der Finne auf seiner zweiten Station als Cheftrainer das davor und danach ganz vorne um die Aufstiegsplätze spielende Brighton & Hove Albion in der Englischen Championship auf den 23. und zweitletzten Platz „geführt“ hatte. Hyypiä hatte bei zwei Teams, die in ihren jeweiligen Ligen zuvor zu den Topteams gehörten, nur einen Punkteschnitt von 1,63 (Leverkusen) und 1,08 (Brighton & Hove Albion) erreicht. Der von seinem Amt enthobene Urs Meier hatte hingegen beim FCZ in den letzten drei Jahrzehnten den zweitbesten Punkteschnitt nach Weltklassetrainer Lucien Favre. Das Trainerbusiness ist hart, auf eine Position in einer obersten Liga gibt es in der Regel Dutzende Kandidaten. Daher wäre eine Chance wie die beim FCZ für einen Mann wie Sami Hyypiä trotz seiner grossen Beliebtheit als ehemaliger Musterprofi wohl seine letzte.

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