Janjicics verpasste Chance / FCZ – Luzern 2:3 Analyse

Der FCZ startete nicht wirklich schlecht in die Rückrunde, aber sicherlich auch nicht gut – und gegen den «neuen» FC Luzern war das unter dem Strich zu wenig! Dies hatte stark mit der «Wiederauferstehung» des Luzerner Zentrums zu tun, mit welchem der FC Zürich schon in der Vergangenheit das eine oder andere Mal Probleme hatte. Die laufstarken Idriz Voca und Tsiy William Ndenge dominierten die Mitte, auch weil sie vom magistralen Lucas Alves von hinten sowie dem so lauffreudig wie selten auftretenden Francisco Margiotta von vorne sehr gut unterstützt wurden. Sie legten damit in den ersten 45 Minuten den grössten Zürcher Einzelschwachpunkt, Vasilije Janjicic, gnadenlos offen. Der 21-jährige vermochte die durch die Sperre von Simon Sohm sich ergebende Chance gleich zum Rückrundenauftakt in keinster Weise zu nutzen, verlor viele Zweikämpfe, und seine Fehlpässe brachten das Zürcher Spiel ins Stocken – sowie den FCL in einen «Flow». Zur Pause wurde «Vasi» beim Stand von 1:3 denn auch ausgewechselt. Es ist eines von mehreren Beispielen, die zeigen, dass sich das Letzigrund-Team auf dünnem Eis bewegt und sich schwer tut, wenn von der im Verlauf der Vorrunde etablierten Stammformation (Brecher; Rüegg, Nathan, Omeragic, Pa Modou; Domgjoni, Sohm; Tosin, Marchesano, Schönbächler; Kramer) ein oder gar mehrere Spieler ausfallen, beziehungsweise einen schlechten Tag erwischen.

Was dem FCZ zu denken geben muss: Luzern gewann auswärts im Letzigrund, obwohl bei den Innerschweizern nicht alles Gold war, was glänzte. Auf der Linksverteidigerposition débutierte der 18-jährige Ashvin Balaruban nach gerade mal acht Partien in der Zweiten Mannschaft und zahlte Lehrgeld. Simon Grether, welcher Balaruban in der 52. Minute ersetzte, machte die linke Seite aus Innerschweizer Sicht keineswegs sicherer – im Gegenteil. Gegen den unaufmerksamen 27-jährigen Basler vermochten Rüegg und Tosin im Verlauf der Zweiten Halbzeit über rechts offensiv aufzudrehen. Ein Treffer resultierte aus diesen Situationen aber nicht. Darian Males und Stefan Knezevic fanden nie richtig den Zugriff auf die Partie und wurden von ihren stark aufspielenden Teamkollegen (Müller, Lucas, Voca, Ndenge, Matos, Margiotta) eher «mitgeschleppt». Und Silvan Sidler unterlief vor dem 2:3 ausgerechnet in der fast einzigen Situation der Zweiten Halbzeit, in welcher Luzern hoch stand, als praktisch hinterster Mann gegen Mimoun Mahi ein verhängnisvoller Schnitzer.

In der Ersten Halbzeit hingegen stand Luzern höher und störte konsequenter als meist in der Vorrunde. Die Innerschweizer hatten sich zum Rückrundenstart gegen den FCZ einiges vorgenommen und versuchten es gezielt mit einer Salve an Distanzschüssen. Es ist bekannt, dass Yanick Brecher da einen Schwachpunkt hat, und beispielsweise wie vor dem 1:1-Ausgleich durch Idriz Voca solche Bälle in wenig vorteilhafter Weise nach vorne abprallen lässt. Die Szene zu diesem Gegentor war entstanden, nachdem Marco Schönbächler es verpasst hatte, bei einem Zürcher Konter Kramer gefährlich steil in die Tiefe zu schicken – und stattdessen das Spiel verschleppte. Mit seinem Rückpass brachte «Schönbi» die sich mehrheitlich immer noch in der Zürcher Hälfte befindlichen Luzerner unverhofft in eine gute Position zur Balleroberung. Davor hatten die Luzerner von einem Spielunterbruch durch Rauch aus der Südkurve profitiert, um den anfänglichen Spielfluss des FCZ zu brechen, sich vom Schock des frühen 0:1 zu erholen und sich neu zu formieren.

Beim 1:2-Führungstreffer Luzerns nach einem Eckball von rechts in der 24. Minute kamen einige Faktoren zusammen. Entscheidend war, dass Darian Males Marco Schönbächler in regelwidriger Weise festhielt, so dass dieser den vor dem Strafraum lauernden Francesco Margiotta nicht am Schuss in den Strafraum hindern konnte. Dazu kam, dass Rüegg das Offside aufhob – nicht das einzige Mal zuletzt, dass die Offside-Falle durch die Unaufmerksamkeit eines einzelnen Spielers ausgehebelt wurde. Ausserdem hob Torhüter Yanick Brecher schon früh die Hand und schien nicht mehr hundertprozentig fokussiert darauf, den Ablenker von Matos (zum Beispiel mit dem Fuss) noch zu parieren: ebenfalls ein Phänomen, welches beim FCZ häufiger zu beobachten ist. Die allfällige Abseitsstellung von Matos war nicht so klar, dass man von einem Fehlentscheid sprechen müsste – ausser falls Knezevic den Schuss von Margiotta noch leicht berührt hat. In diesem Fall stände Matos klar im Offside – aber das Vorhandensein der Ballberührung ist aufgrund der zur Verfügung stehenden TV-Bilder nicht schlüssig aufzulösen.

Das 1:3 war dann ein klassischer Konter, als der FCZ eine sechs gegen fünf-Situation am gegnerischen Strafraum nicht zum Erfolg bringen konnte und Lucas Alves mit einem Energieanfall das Luzerner Tor durch eine schöne Margiotta-Direktabnahme einleitete, nachdem er davor zuerst das Kopfballduell mit Tosin gewonnen und anschliessend seinem ehemaligen Bieler Teamkollegen Antonio Marchesano den Ball wegstibitzt hatte. Dieser war insgesamt bis zu seinem verletzungsbedingten Ausscheiden trotz dieses Ballverlustes der beste FCZ-ler gewesen und wie schon vor der Winterpause in St. Gallen damit der Züri Live-MVP. Auch die Noten der anderen eingesetzten Zürcher Spieler gestalteten sich ziemlich ähnlich zum letzten Spiel der Vorrunde in St. Gallen, wo beispielsweise Janjicic, Rüegg und Schönbächler ebenfalls schon ungenügend aufgetreten waren. Zürich war gegen Luzern mit zwei Toren bei einem Expected Goals-Wert von 1,68 durchaus effizient im Abschluss, aber Luzern mit drei Treffern bei 1,87 Expected Goals noch effizienter. Von den neun Zürcher Abschlüssen, die den Weg nicht ins Netz fanden, waren die Mehrzahl Kopfbälle der Innenverteidiger Mirlind Kryeziu und Nathan, die insgesamt drei Mal einem Torerfolg sehr nahe kamen.

Beide Zürcher Tore wurden wie schon die drei Treffer in St. Gallen vor der Winterpause als Folge eines Konterangriffes erzielt. Blaz Kramer war abgesehen von seinem 2:3 kaum zu sehen. Tosin agierte zwar erneut defensiv aufmerksam, aber hatte nach seiner guten Vorrunde im Letzigrund einen harzigen Start ins neue Jahr. Michael Kempter erlebte im zarten Alter von 25 Jahren sein erstes Super League-Heimspiel! Gegen den starken Ibrahima Ndiayé machte er seine Sache ordentlich, wurde dabei von Marco Schönbächler, dem erneut abgesehen von einzelnen Offensivszene kein guter Auftritt gelang, häufig zu wenig gut unterstützt.

Adrian Winter kam in der 83. Minute für Kempter zu seinem Comeback nach beinahe einem Jahr Verletzungsunterbrechung, konnte aber als zweite Spitze neben Blaz Kramer nicht mehr Entscheidendes bewirken. Der FCZ hatte zur Halbzeit mit der Hereinnahme des offensiv ausgerichteten Mahi für Janjicic auf ein 4-1-4-1 gewechselt und spielte am Ende im 4-4-2. Der in der 66. Minute bei Luzern eingewechselte Pascal Schürpf vermochte in den Luftduellen dem ansonsten in dieser Disziplin souveränen Nathan mit legalen und teilweise auch weniger legalen Mitteln einige Mühe zu bereiten. Dem Basler unterlief im Duell mit Tosin zudem in der 73. Minute ein klares Handspiel im eigenen Strafraum, welches weder von Ref Urs Schnyder geahndet, noch offenbar von VAR Sascha Kever in Volketswil gesehen worden war.

 

FCZ – Luzern 2:3 (1:3)

Tore:  5. Schönbächler (M. Kryeziu) 1:0, 13. Voca (Ndenge) 1:1, 25. Matos (Margiotta) 1:2, 27. Margiotta (Males) 1:3; 78. Kramer (Kololli) 2:3.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nathan, M. Kryeziu, Kempter (83. Winter); Domgjoni, Janjicic (46. Mahi); Tosin, Marchesano (57. Kololli), Schönbächler; Kramer.

Luzern: Müller; Sidler, Lucas, Knezevic, Balaruban (52, Grether); Voca, Ndenge; Ndiayé, Males (66. Schürpf), Matos (71. Mistrafovic); Margiotta.

Audio-Abstract zum Spiel: „Spielunterbruch Vorteil für Luzern“: FCZ – Luzern 2:3 Abstract

(Standbilder: Teleclub)

Sion – FCZ Vorschau: kommt neue Spielweise der Walliser dem FCZ entgegen?

Im Tourbillon treffen mit dem FC Sion und dem FCZ zwei Verlierer des ersten Rückrunden-Spieltages aufeinander. Und nach Luzern trifft Zürich eine Woche später gleich nochmal auf eine Mannschaft mit einem neuen Trainer. Ricardo Dionisio hatte in der Vorrunde für die grösste Überraschung des Schweizer Fussballherbstes gesorgt, als er sich mit Stade Nyonnais im November auf Rang Drei in die Winterpause verabschiedete. Durch den neuen Fokus von Besitzer Vartan Sirmakes auf Stade Lausanne-Ouchy verliessen viele etablierte Kräfte wie Tall, Delley, Yartey, Kok oder Zambrella das Team. Das nun jüngste Nicht-U21-Team der Liga schlug sich aber trotzdem sehr gut. Was zumindest nicht gegen den Trainer spricht.

Zum Auftakt in Thun trat Sion im Vergleich zur Vorrunde komplett verwandelt auf. Die «Handschrift» des neuen Trainers war klar erkennbar, aber das Team hatte mit der Umsetzung noch etwas Mühe. Dionisio musste während der Partie seine Aussenverteidiger immer wieder weit nach vorne winken. Individuelle Unzulänglichkeiten wie diejenigen von Jan Bamert, welche in den Startminuten zu zwei Gegentoren durch Castroman und Tosetti führten, mag es in der Innenverteidigung speziell bei dieser Spielweise nicht vertragen.

Sion ist in der Innenverteidigung für einen Klub mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht optimal besetzt. Möglich, dass gegen den FCZ daher neu Johan Djourou im gesetzten Alter von 33 Jahren zu seinem Super League-Début kommt. Eine weitere Alternative wäre zudem der sowohl links wie im Zentrum einsetzbare Ayoub Abdellaoui. In der Sturmspitze stehen Dionisio eine ganze Reihe von qualitativ guten Stürmern zur Verfügung, von denen zuletzt aber keiner auf Super League-Stufe regelmässig Stammspieler war. Mal wurde ein paar Spiele in Folge Uldrikis von Beginn weg gebracht, dann wieder Luan, Doumbia, Fortune oder Itaitinga. Neu dazugestossen sind zudem der Japaner Wakatsuki und Filip Stojilkovic, welcher vor rund 20 Monaten noch unter anderem mit Simon Sohm im U18-Schweizermeisterschaftsfinal im St. Jakob Park gestanden hatte.

Dieser Simon Sohm sollte nach seiner Sperre beim FCZ wieder in die Mannschaft zurückkehren können. Gegen Luzern wurde seine Präsenz im Mittelfeld vermisst. Sein Ersatz Vasilije Janjicic könnte vielleicht trotzdem zum Einsatz kommen, auf der 10er-Position, falls Antonio Marchesano angeschlagen ausfällt. Auf der Linksverteidigerposition wird wohl schon nach wenigen Trainingseinheiten bereits Neuverpflichtung Mads Pedersen zum Einsatz kommen. Schon bisher hat das Letzigrund-Team unter Trainer Magnin gegen Sion am meisten Tore erzielt. Die neue Spielweise der höher als zuvor stehenden Walliser eröffnet dem konterstarken FCZ weitere Chancen, offensiv zu reüssieren.

Wird sich die Reise ins Wallis gelohnt haben?

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Ein Königreich für ein Tor gegen Celestini / FCZ – Luzern Vorschau

Der FCZ empfängt zum Auftakt des neuen Jahrzehnts im Letzigrund als erstes den FC Luzern. Die Innerschweizer haben nach einem Heimsieg gegen den FC Basel im Dezember den Trainer gewechselt, während beim FC Zürich der Vertrag mit Trainer Magnin verlängert wurde. Gegen den neuen FCL-Trainer Celestini hat Zürich bisher mit nur einem Sieg in acht Partien eine negative Bilanz. Auf der anderen Seite hat sich die Bilanz in den Duellen mit dem FC Luzern zuletzt stark verbessert.

Wie wichtig ein guter Start in eine Runde ist, muss man beim FCZ nach dem 0:4 zu Hause gegen Celestinis Lugano und vier sieglosen Spielen im Sommer niemandem erklären. Für den Steigerungslauf im Verlauf der Vorrunde waren mehrere Faktoren wichtig: bessere Automatismen zwischen bisherigen Kaderspielern und den Neuverpflichtungen Kramer, Tosin und Nathan, ein starkes Zentrum in der Formation Domgjoni – Sohm – Marchesano und die Anpassung der Spielweise an die Stärken der Spieler. Vermutlich wird es keine grossen Überraschungen in der Startformation geben. Vasilije Janjicic ist in der Pole-Position um den gesperrten Simon Sohm zu ersetzen. Willie Britto könnte links für den möglicherweise angeschlagenen Pa Modou verteidigen. 

Mit Fabio Celestini und Ludovic Magnin stehen sich zwei Waadtländer Trainer im Letzigrund gegenüber. Obwohl Celestini vier Jahre älter ist, haben die beiden ihre Profikarriere praktisch gleichzeitig begonnen, dann im Sommer 2010 gleichzeitig das Waadtland verlassen, und sind ebenfalls im selben Jahr (2010) in die Schweiz zurückgekehrt. Ein weiteres Jahrzehnt ist vergangen und nun stehen sie sich 2020 zum sechsten Mal als Trainer gegenüber. Magnin hat in den bisherigen fünf Duellen mit Celestini’s Lugano nicht nur noch nie gewinnen, sondern sogar noch nie ein Tor bejubeln können! 

Celestini zählt in der Kantonshauptstadt Lausanne bei Lausanne-Sport zu den legendären Spielern. Magnin hingegen startete klein von Echallens über Yverdon und Lugano. Trotzdem genoss „Ludo“ in seiner Spielerkarriere eine höhere Popularität in der Schweiz. Vor allem weil er einer der Hauptprotagonisten der erfolgreichen Ära das populären Köbi Kuhn war. Aber auch weil er in der in der Deutschschweiz im Vergleich zu Frankreich und Spanien stärker verfolgten Bundesliga gespielt und dort erst noch mit zwei verschiedenen Vereinen, die nicht Bayern München hiessen, Deutscher Meister geworden ist. Die Popularität Magnins kühlte in der restlichen Schweiz erst merklich ab, als er zum FCZ wechselte.

Celestini hingegen nahm in seiner Zeit in der Nationalmannschaft nur an einem grossen Turnier teil (EM 2004) und wurde danach von den „Kuhn Boys“ wie Yakin, Wicky oder Cabanas verdrängt. Gerade in der Deutschschweiz vermisste der Italo-Schweizer und ehemalige Captain von Olympique de Marseille häufig etwas die Anerkennung. Die Übernahme des Trainerpostens beim FC Luzern hat für ihn daher eine spezielle Bedeutung, eine Art späte Versöhnung. Celestini scheint mittlerweile bereit zu sein, sich auf die Deutschschweiz einzulassen – etwas, womit der extravertierte Magnin von Anfang an nie Probleme gehabt hatte. 

Schon in Lugano hat Celestini die Spielweise seiner Mannschaft im Vergleich zur Lausanne-Zeit flexibler gestaltet, angepasst und weiterentwickelt. In Luzern wird man mit Sicherheit ebenfalls wieder etwas Anderes sehen. Auf den ersten Blick nach den Testspieleindrücken scheint Celestini in der Innerschweiz im Vergleich zu Lugano wieder mehr zum „spanischen“ „Ball flachhalten“ zurückkehren zu wollen. Allerdings zieht Luzern sein Direktspiel bisher vorwiegend über die Seiten auf, mit vielen Flanken in den Strafraum, was ein eher „deutsches“ Element ist. Dies könnte speziell gegen den FCZ wieder erfolgsversprechend sein, denn das Letzigrundteam hat weiterhin tendenziell auf den Seiten defensive Defizite aufzuweisen – speziell wenn auf Links Pa Modou fehlt oder einen schlechten Tag erwischt.

In den Vorbereitungspartien hat Luzern einen Steigerungslauf absolviert mit zuletzt einem klaren 3:0-Sieg gegen Gaz Metan Medias, dem Fünftplatzierten der Rumänischen Meisterschaft. Neuer Captain ist Routinier Christian Schwegler, welcher allerdings für die Partie beim FCZ noch fraglich ist. Im Zentralen Mittelfeld streiten sich Voca, Ndenge und Mistrafovic um zwei Positionen. Schlüsselspieler N’Diayé und Margiotta sind vorne wohl gesetzt. Der Brasilianer Matos ist nahe dran, entweder Darian Males oder Blessing Eleke auf die Bank zu verdrängen. Ausserdem zeigte in der Vorbereitung Eric Tia, den Ludovic Magnin bei Chur 97 entdeckt und dann zum FCZ in die U21 geholt hat, gute bis sehr gute Ansätze. Der Ivorer wäre gegen den FCZ natürlich speziell motiviert.

Frage zum Spiel: Gelingt dem Magnin's FCZ endlich das erste Tor gegen Celestini?

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Izer Aliu bei den Desperados – wer wird der neue Almen Abdi?

Mittelfeldspieler Izer Aliu wechselt für die Rückrunde zum FC Chiasso und erweitert das Kontingent der vom FCZ in die Challenge League und Super League ausgeliehenen jungen Spieler. Wie Lindrit Kamberi, Fabian Rohner, Bledian Krasniqi oder Maren Haile-Selassie wird auch Aliu der Schritt in den künftigen 18er-Matchkader beim FCZ zugetraut. Auf der Position des „10-ers“ beziehungsweise je nach Spielsystem „spielmachenden 8-ers“ hat der FC Zürich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Talenten mit viel Perspektive in der eigenen Academy entwickelt. Auf der Suche nach Verstärkungen von aussen sollte diese Position daher in den nächsten Jahren im Normalfall nicht im Fokus stehen. Antonio Marchesano hat sich in dieser Rolle in einem über Jahre dauernden Prozess unter anderem dank verbesserter Fitness zu einem Super League-Leistungsträger entwickelt und seinen Vertrag kürzlich bis 2023 verlängert. Der Tessiner gehört schon seit langem zu den technisch und spielerisch stärksten Spielern der Schweiz.

Nach der Leihe von Aliu und dem möglichen Abgang Popovics ist der mit Aliu gleichaltrige Lavdim Zumberi (beide November ’99) der zweite „Offensive Mittelfeldspieler“ im Kader der 1. Mannschaft. Sowohl Aliu wie auch Zumberi wurden von Trainer Ludovic Magnin schon in der Academy stark gefördert, nahmen aber einen unterschiedlichen Weg. Aliu hatte seinen ersten Profieinsatz bereits mit 16 Jahren. Der damalige Trainer Uli Forte konnte für seinen Fussballstil mit einem solchen Spielertypen allerdings wenig anfangen, testete ihn unter anderem zwischendurch mal wohl eher halbherzig auf der Position des Linken Aussenläufers. Mit dem Trainerwechsel zu Magnin war Aliu dann vor zwei Jahren von einem Moment auf den anderen zeitweise Stammspieler. In diese Phase fiel sein bisheriges Highlight im Trikot der 1. Mannschaft, als er im Heimspiel gegen Lugano innerhalb der ersten 19 Minuten zwei Assists und ein Pre-Assist zur bereits vorentscheidenden 3:0-Führung lieferte:

https://www.youtube.com/watch?v=BW46IzC4ajQ

In die darauffolgende Saison startete Aliu gleich mit einem Assist nach 16 Minuten gegen den FC Thun zum Führungstreffer von Marco Schönbächler, musste dann aber in der Pause angeschlagen ausgewechselt werden. Als die Bänderverletzung dann verheilt schien, kam der Hammer: Kreuzbandriss im Training des Europa League-Auswärtstrips nach Zypern. Nach langer Genesungszeit meldete sich Aliu beinahe ein Jahr später zum Saisonstart diesen Sommer wieder gesund. Gesund heisst aber noch lange nicht in Form. Wie üblich dauert es nach einem Kreuzbandriss ein halbes bis ein ganzes Jahr, um allenfalls wieder auf das alte Level zu kommen. Daher spielte Aliu in der Vorrunde vorwiegend in der Promotion League und ist jetzt bereit für den nächsten Schritt auf dem Weg zurück – die Challenge League.

Lavdim Zumberi brauchte länger auf seinem Weg in die 1. Mannschaft. Während sich Aliu als Vorlagengeber par excellence hervortut (sowohl aus dem Spiel heraus wie auf Standards), geht „Zumbi“ dank Schussqualitäten, wie sie im FCZ in dieser Form ansonsten eher dünn gesät sind, häufig selbst in den Abschluss. Sowohl Aliu wie auch Zumberi wurden immer wieder mal auch auf der „Doppelsechs“ eingesetzt, vermochten ihre Defizite in dieser Rolle aber bisher nicht zu verbergen. Und beide müssen vor allem an der Konstanz ihrer Leistungen sowohl innerhalb eines Spiels wie auch über mehrere Spiele hinweg arbeiten: eine Grundvoraussetzung, um sich langfristig als Profifussballer etablieren zu können. Mit dem zwei Jahre jüngeren Bledian Krasniqi (Jahrgang ’01) ist ein weiterer potentieller künftiger „Almen Abdi“ aktuell an den FC Wil ausgeliehen. Er ist dasjenige aktuelle FCZ-Talent, welches vom Stil her als beweglicher und technisch starker Instinktfussballer dem früheren FCZ-Meisterspieler am nächsten kommt. Wie Abdi in einer ersten Phase unter Lucien Favre spielt Krasniqi aktuell sowohl bei Wil wie auch zuvor in einzelnen Testpartien mit dem FCZ auch auf dem offensiven Flügel. Seine Paradeposition ist aber auf der „Zehn“.

Es ist nicht so, dass es seit Almen Abdi keine ernsthaften Kandidaten aus dem Nachwuchs auf dessen Nachfolge gegeben hätte. In erster Linie wäre da sicherlich U17-Weltmeister Oliver Buff zu nennen,  der immerhin als Stammspieler mit dem FCZ zwei Mal Cupsieger wurde, für eine noch bessere Entwicklung aber in entscheidenden Phasen etwas zu unkonstant agierte und dem von den jeweiligen Trainern wohl etwas zu spät das Vertrauen auf der 10er-Position geschenkt wurde – auch weil er lange im Schatten eines Davide Chiumiento oder Yassine Chikhaoui stand. Davide Mariani ist das zweite Beispiel – ein ähnlicher Spielertyp wie Lavdim Zumberi, welcher es gegen die sehr grosse damalige Konkurrenz im Zentralen und Offensiven Mittelfeld des FCZ schwer hatte.

Mit Aliu, Zumberi und Krasniqi ist die Kandidatenliste auf den „neuen Abdi“ aber noch längst nicht abgeschlossen. Mit Vasilije Janjicic (Jahrgang ’98) ist eines der grössten FCZ-Talente der letzten Jahre ebenfalls ein Kreativspieler und in der Offensivreihe wohl am effektivsten. Janjicic ist aber etwas vielseitiger als Aliu oder Zumberi veranlagt, und kann auch weiter hinten eingesetzt werden. Ebenfalls ein ’98er-Jahrgang wie Janjicic ist der aktuell zum U21-Kader gehörende Lavdrim Rexhepi – ebenfalls ein 10-er und ein junger Mann für offensive Glanzpunkte mit einem aussergewöhnlichen Linken Fuss, welchem aber die defensive Diszplin und notwendige Stabilität für den Profifussball bisher abgeht. Im ’02-er Jahrgang und jünger gibt es weitere interessante 10-er Kandidaten in der Academy.

Das Team des FC Chiasso, in welches sich Aliu innerhalb von wenigen Tagen integrieren will, kann man als die „Desperados“ des Schweizer Profifussballs bezeichnen. Seit mehreren Jahren wird jeden Sommer die Mannschaft der Südtessiner fast komplett ausgetauscht. Diese Saison sind es mittlerweile insgesamt schon 30 neue Spieler, von denen ein Teil nach einem halben Jahr auch schon wieder weg ist. Chiasso besteht jeweils zum grössten Teil aus jungen Spielern, die den Sprung zum Profi noch nicht geschafft haben und sich an der Italienischen Grenze entschädigt meist deutlich unter dem Minimallohn-Niveau ein (häufig letztes oder vorletztes) Jahr Zeit geben wollen, um auf diesem Weg ihre Chance noch zu packen. Nach dem einen Jahr strömen die Spieler dann in alle Windrichtungen wieder auseinander. Viele wechseln in den Spitzenamateurfussball zu Mendrisio, Bellinzona, Brühl, Black Stars oder Köniz und bauen gleichzeitig an ihrer Zukunft neben dem Fussball. Andere schaffen hingegen den Schritt zu einem etwas besser situierten Challenge League-Klub wie Wil, Schaffhausen oder Vaduz. Glücklich schätzen kann sich, wer es zu einem Bulgarischen oder Rumänischen Mittelfeldklub wie Beroe Stara Zagora oder Gaz Metan Medias schafft – oder gar zum FC Thun!

Die fussballerische Qualität, die im Kader des FC Chiasso steckt, ist dabei vergleichsweise hoch. Die meisten Spieler sind gut ausgebildet, Konkurrenten auf der Position von Aliu wie Bahloul, Antunes, Doldur, Wolf oder Huser gehören zu den talentiertesten Mittelfeldspielern der Challenge League. Liga-Konkurrenten wie Stade Lausanne-Ouchy oder Kriens bringen aber den Vorteil mit, dass sie ein über Jahre gewachsenes Mannschaftsgefüge zur Verfügung haben. In den letzten Saisons haben die wild zusammengewürfelten „Desperados“ aus Chiasso im Abstiegskampf trotzdem immer wieder einen erstaunlichen Teamgeist und Überlebenswillen entwickelt und sich schlussendlich (teils dramatisch) retten können. Diese Qualitäten werden sie nach nur drei Siegen in der Vorrunde (gegen Lausanne, Aarau und Wil!) diesmal speziell benötigen. Wie viel Aliu angesichts des grossen Kaders zum Einsatz kommen wird, ist noch nicht klar. Wenn er aber die Ansätze, welche er zuletzt in den Testspielen mit der 1. Mannschaft des FCZ gezeigt hat, zu einer Reihe von reifen Leistungen ausbauen kann, dann könnte der 20-jährige Adliswiler zu einem wichtigen Baustein einer weiteren wundersamen Geschichte der Desperados aus Chiasso werden.

Mehr zu Izer Aliu auf Züri Live: zum Lesen…

…und zum Hören (Interviews mit und über Izer Aliu aus den letzten drei Jahren):

Chiasso schafft in extremis den Klassenerhalt (26.05.2019):

Ein mässiger und ein guter Auftritt gegen den HFC

Der FC Zürich gewinnt seine beiden Testspiele gegen den Halleschen FC (3. Liga in der Spitzengruppe) mit 4:3 und 2:1. Die beiden heutigen Kontrahenten haben sich erstmals zu einem Test getroffen, hatten aber schon letzte Saison miteinander zu tun, als Kilian Pagliuca vom FCZ nach Sachsen-Anhalt ausgeliehen wurde. Mittlerweile ist der Genfer Stürmer Stammspieler beim stark abstiegsgefährdeten Ligakonkurrenten Carl Zeiss Jena.

Die erste der beiden Partien (4:3) gewinnt der FCZ eher glücklich. Halle hatte in einer eher niveauarmen Partie ein klares Chancenplus zu verzeichnen – beide Teams verteidigten nachlässig. Der FCZ ist nur zu Beginn der Partie und in den Schlussminuten die bessere Mannschaft. Benjamin Kololli gelingen drei Abstaubertreffer im Strafraum und profitiert dabei auch von Fehlern gegnerischer Verteidiger oder des Ersatzkeepers Müller. Dies ändert nichts daran, dass diese Partie einmal mehr gezeigt hat, dass Kololli eine echte Alternative auf der Mittelstürmerposition wäre. Erstens gibt es im Kader kaum einen Spieler, der im Strafraum so abschlussstark ist. Zweitens liegt dem Waadtländer die Rolle des Ballhaltens in zentraler Position besser, als die fleissige offensive und defensive Beackerung der Seite.

In der Testspielstatistik hat er mit jetzt insgesamt sechs Treffern zu Assan Ceesay aufgeschlossen, welcher erst in der Schlussphase der zweiten Partie zu ein paar Einsatzminuten kam. Ganz gefehlt hat in den beiden Partien Pa Modou Jagne (nicht im Aufgebot). In Abwesenheit des immer noch rekonvaleszenten Levan Kharabadze verteidigt auf dessen Seite zuerst Willie Britto, dann wird der vorgestern 25 Jahre alt gewordene Reservespieler Michael Kempter in der Pause des ersten Spieles eingewechselt. Kempter vermochte sich aber nicht nachhaltig zu empfehlen. Im zweiten Spiel agierten auf der Linksverteidigerposition erst Stephan Seiler und später Ilan Sauter.

Der FCZ hat in beiden Partien mit den Angriffen Halles über beide Seiten Mühe. Dies ist schon seit einiger Zeit die wohl grösste Schwachstelle des FC Zürich und die insgesamt schwächer einzustufenden Sachsen-Anhalter zeigten dies mit ihrem Spielstil brutal auf. Gefordert, sich defensiv zu verbessern, sind beim FCZ nicht nur die Aussenverteidiger, sondern vor allem auch die Flügelspieler. In der Zweiten Partie hinterliess der FCZ einen besseren Eindruck und gewann verdient, obwohl beim Gegner da eher die etwas stärkere Elf angetreten war. Das Zentrum mit Janjicic (wie Winter mit seinem ersten Testspiel der Saison) und Hekuran Kryeziu vermochte zeitweise das Spiel an sich zu reissen. Adi Winter feierte ein zufriedenstellendes Comeback. Marco Schönbächler (vor drei Tagen 30 geworden) vermochte zwei Treffer zu erzielen.

Das erste bereits nach anderthalb Minuten, aufgelegt von Lavdim Zumberi, welcher später angeschlagen ausgewechselt werden musste. Der zweite Schönbi-Treffer war ein souverän verwandelter Penalty, nachdem Popovic Seiler in die Gasse geschickt und dieser durch Washausen zu Fall gebracht worden war. Der Halle-Defensivmann tat sich bei seinem Foul selber weh, wollte aber wie ein Teil seiner Teamkollegen in der Aktion trotzdem keine Berührung gesehen haben. Spieler und die zahlreich mitgereisten Fans des ambitionierten HFC hatten sich schon zuvor während 180 Minuten über viele Schiedsrichterentscheidungen zum grössten Teil zu Unrecht aufgeregt, so dass es sogar, für ein Testspiel ungewöhnlich, Verwarnungen wegen Reklamierens absetzte.

FCZ – Halle 4:3 (2:1) – 1. Partie

FCZ: Vanins; Rüegg, Omeragic (46. Kempter), M. Kryeziu, Britto; S. Sohm, Domgjoni; Tosin, Marchesano, Kololli; Mahi.

HFC: Müller; Lindenhahn, Mai, Hansch, Galle; Papadopoulos, Syhre, Jopek, Drinkuth; P. Sohm, Nietfeld.

Tore: 6. Kololli (Tosin) 1:0, 14. Nietfeld 1:1, 18. Kololli (Mahi) 2:1; 48. P. Sohm (Jopek) 2:2, 59. Mahi (Kempter) 3:2, 62. P. Sohm 3:3, 74. Kololli (Mahi) 4:3.

FCZ – Halle 2:1 (1:1) – 2. Partie

FCZ: Brecher; Winter (61. Sauter), Nathan, Bangura, Seiler; H. Kryeziu (61. Ceesay), Janjicic; Aliu, Zumberi (42. Popovic), Schönbächler; Kramer.

HFC: Eisele; Landgraf, Kastenhofer, Vollert, Mast; Göbel, Bahn Baxter, Washausen, Guttau; Fetsch, Boyd.

Tore: 2. Schönbächler (Zumberi) 1:0, 26. Fetsch (Mast) 1:1; 84. Schönbächler (Penalty, Seiler) 2:1.

Taktikwundertüte Seoane im Letzigrund: FCZ – YB Vorschau und Frage zum Spiel

Zum vierten aber nicht letzten Mal in diesem Kalenderjahr trifft der FCZ auf YB. Bisher ist dem Letzigrund-Team noch kein Tor und auch kein Punktgewinn gegen den amtierenden Schweizer Meister gelungen. Durchaus möglich, dass Zürich mit der gleichen Equipe antritt wie beim 1:0-Sieg in Genf, wo eine für einmal auch defensiv befriedigende Erste Halbzeit gelang. In Genf war Adi Winter wohl in erster Linie zur moralischen Unterstützung im Kader mit dabei. Vor der Partie gegen YB wird er als rekonvaleszent gemeldet, und wird sicherlich noch Zeit brauchen, um sich wieder auf sein Niveau zurückzukämpfen. Die bei Servette eingewechselten Vasilije Janjicic (als Alternative wohl in erster Linie für Marchesano), Umaru Bangura (Nathan) und Blaz Kramer (Ceesay) sind wohl auch für heute die wahrscheinlichsten Alternativen für die Startformation.

YB hat aktuell eine Verletztenliste, welche derjenigen des FCZ bis vor wenigen Wochen gleicht. Eine der interessantesten Fragen stellt sich bezüglich Guillaume Hoarau. Von Startformation über Jokerrolle bis zu Schonung ist vor der Nationalmannschaftspause bezüglich des grossgewachsenen Franzosen alles möglich. Und: bilden die beiden FCZ Nachwuchsspieler Janko und Fassnacht wieder die Rechte Seite? Taktisch hat YB-Trainer Gerardo Seoane von allen Super League-Trainern in letzter Zeit wohl die meisten Wechsel vorgenommen. Vom 4-4-2 über ein 4-1-4-1 über ein 5-3-2 sowie 4-3-3 bis zu 3-4-3 war in den letzten Wochen alles dabei.$

 

Hat der FCZ eine Chance gegen YB?

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