Wieder ein November-Knick? 3 Fragen vor FCZ – Lausanne-Sport

1. Erleidet der FCZ wieder einen November-Knick?

Letzte Saison kam der FCZ Mitte Juli stark aus den Startlöchern und hielt die Pace bis Mitte November durch. Diese Saison sieht es bisher ähnlich aus. Als Aufsteiger mit dem sechsthöchsten Budget der Liga ist man erstaunlich gut gestartet. Kommt erneut der November-Knick? Wäre dies der Fall, könnte es der FCZ sicherlich weniger gut überspielen wie noch vor Jahresfrist. Damals spielte man noch eine Liga tiefer und vermochte gewisse Spiele auch mit einer mässigen Leistung für sich zu entscheiden. Ausserdem war in jener Phase Alain Nef enorm wichtig, in dem er mit unbändigem Kampfgeist das ein oder andere Spiel für seine Nebenleute noch aus dem Feuer riss. Nun ist man wieder in der Super League, und Alain Nef war zuletzt angeschlagen. Wie schon vor Jahresfrist steht Adrian Winter symbolisch sowohl für den starken Start, wie auch für das Nachlassen Richtung Winterpause. Kevin Rüegg hat zuletzt auch im Training öfter mal auf dessen Position als Rechter Aussenläufer agiert und es ist durchaus möglich, dass er gegen Lausanne da auf dem rechten Couloir in die Startformation rückt. Zumal Victor Palsson sich im Zentrum zuletzt etwas besser etabliert hat.

2. Gibt es vor der Winterpause noch Verstärkung aus den eigenen Reihen?

Nicht zum ersten Mal stellt sich hier die Frage: Können die Fans für den Schlussspurt vor der Winterpause auf Verstärkung der Mannschaft aus den eigenen Reihen hoffen? Kann der ein oder andere zuletzt verletzt gewesene Spieler bereits eingreifen? Armin Alesevic, Michael Kempter, Yassin Maouche, Antonio Marchesano und Marco Schönbächler sind aktuell verletzt, rekonvaleszent oder im Aufbau begriffen. Aus den Äusserungen von Trainer UIi Forte in den letzten Wochen lässt sich herauslesen, dass es auf keinen Fall eine Feuerwehrübung geben soll. Erste Priorität ist, dass die betroffenen Spieler auf den Rückrundenstart hin in Bestverfassung kommen. Mirlind Kryeziu und Antonio Marchesano sind schon seit längerer Zeit (wenn auch bei Marchesano noch reduziert) im Mannschaftstraining mit dabei und beide machen dabei auf den Betrachter von Züri Live den Eindruck, dass sie bei ihrer Rückkehr die Mannschaft verstärken können. Kryeziu werden zur Zeit in der Promotion League von Spiel zu Spiel immer mehr Spielminuten zugestanden. Zuletzt bei der 1:5-Klatsche in Köniz waren es 65 Minuten.

3. Wer schiesst die Tore….und wie viele?

Bei Spielen mit Lausanne-Beteiligung gibt es die meisten Tore in der Super League: 53 an der Zahl bisher in 15 Begegnungen. Ganz anders beim FCZ – dieser hat mit 30 und genau zwei im Schnitt pro Partie den tiefsten Wert der Liga. Die erste Direktbegegnung der Saison auf der Pontaise (1:1 nach den Toren von Roberto Rodriguez und Francesco Margiotta) entsprach genau diesem FCZ-Schnitt. Auf der Pontaise im September hatte das Forte-Team eine starke erste halbe Stunde zu verzeichnen, in welcher Roberto Rodriguez das Spiel in die Hand nahm. Auch wettbewerbsübergreifend haben bisher in dieser Saison erst acht FCZ-ler ins Schwarze getroffen. Adi Winter hatte in dieser Saison bisher acht Abschlüsse, ohne ein Tor zu erzielen, Sangoné Sarr gar neun. Die beste Chancenverwertung hat mit 33% bisher Dzengis Cavusevic – allerdings war der grösste Teil seiner Spielzeit im Cup gegen unterklassige Gegner. Speziell Raphael Dwamena und Roberto Rodriguez müssen ihr Visier besser einstellen, denn sie kommen auch immer wieder im Strafraum zum Abschluss, und haben trotzdem eine Chancenverwertung von nicht über 15%. Schon 19 Spieler kamen in dieser Saison bei einem Wettbewerbsspiel zum Abschluss – Raphael Dwamena hatte mit 47 Schüssen auf oder neben das Tor die meisten Torchancen zu verzeichnen.

Nef, Sarr und Koné mit am meisten Wirkung nach vorne / Lausanne – FCZ Stats und Spielinfos

Alain Nef und Sangoné Sarr sind an der Mehrzahl der Zürcher Torchancen beteiligt. Es gibt kaum einen Spieler im Team mit konstant guten Leistungen. Der seit Vorbereitungsbeginn mit Abstand konstanteste Mann, Maren Haile-Selassie, kommt noch nicht zu längeren Einsatzzeiten in der Super League. Die meisten anderen Akteure agieren unkonstant entweder im Verlauf der Spieldauer oder in verschiedenen Phasen der noch jungen Saison. Das Letzigrund-Team ist immer noch das Defensiv klar stärkste der Liga. Andris Vanins konnte erst vier Mal bezwungen werden: mit Margiotta und Aleksic waren zwei der besten Scharfschützen der Liga mit Hammerabschlüssen erfolgreich, Tomi Juric traf per Penalty, und nur der Treffer von Matteo Tosetti war für den Lettischen Keeper etwas unglücklich zustande gekommen. Die Defensivleistung ist aber in erster Linie ein Verdienst der ganzen Mannschaft – gerade die vorne und auf den Seiten viel arbeitenden Frey. Winter und mit Abstrichen Pa Modou haben viel dazu beigetragen.

Moussa Koné hätte den Ball bei seiner Grosschance gegen Ende der Partie sicherlich mit dem linken Innenrist spielen sollen. Trotzdem fehlte nicht viel zum 2:1 in dieser Szene. Der junge Senegalese ist zur Zeit in guter Form und bei einem Spieler mit der Kombination Hoher Speed/wenig berauschende (Schuss-)Technik ist völlig normal, dass ein gewisser Prozentsatz an Grosschancen nicht reingeht. Die Frage stellt sich aber, ob Sangoné Sarr seine Distanzschussversuche nicht besser einstellen sollte? Seit Jahren versucht sich der Mittelfeldspieler regelmässig in dieser Disziplin, und seit Jahren fliegen die Bälle weit am Tor vorbei. Mit deutlich mehr Erfolgsaussichten beteiligt sich Sarr jeweils an der Torschussvorbereitung.

Zuversicht überwiegt: Lausanne – FCZ 1:1 Spielbericht & Highlights

Auch wenn es Beobachter gibt, die noch mehr erwartet hatten: nach der  Partie in Lausanne gibt es für den FCZ Grund zur Zuversicht. Moussa Koné bestätigte seine gute Form und seine Fortschritte im spielerischen Bereich. Mit seiner Schnelligkeit ist der Senegalese in die Tiefe kaum zu stoppen – aber auch als Vorbereiter wird er immer mehr zu einem wichtigen Puzzlestück des Dreimannsturmes. Dazu kam Raphael Dwamena in der 2. Halbzeit zu seinem Comeback. Am Ende wirkte der Ghanaer trotz nur 22 Minuten Einsatzzeit ausgepumpt – in der kurzen Zeit hatte aber praktisch jede seiner Aktionen Hand und Fuss gehabt. Der Auftritt erinnerte wieder deutlich mehr ans Derby zum Auftakt der Saison, als an die darauffolgenden eher mässigen Einsätze gegen Thun, Lugano und Sion. Dwamena brachte dem FCZ in der Schlussphase noch einmal Aufwind, und beinahe noch den Sieg, nachdem zwischenzeitlich Lausanne vom Nachlassen des Gastes aus der Limmatstadt profitiert hatte.

Die erste halbe Stunde hatte das Team von Trainer Uli Forte nämlich so souverän gespielt wie bisher noch nie in dieser Saison – speziell Torschütze Roberto Rodriguez fühlte sich in dieser Phase in der viele Lücken aufweisenden gegnerischen Spielhälfte wohl. Die Hereinnahme der lange Zeit für Startelfeinsätze auf diesem Niveau noch nicht ganz bereit gewesenen Skandinavier Rasmus Thelander und Victor Palsson schien sich auszuzahlen. Für Thelander war es das Meisterschaftsdébut. Palsson wurde bisher abgesehen vom Derby in jeder Partie eingesetzt, enttäuschte aber meist. Dies war in Lausanne anders – der Isländer wirkte wacher und handlungsschneller als zuletzt und wurde zum zweiten Mal nach dem Sion-Heimspiel mit einer guten Züri Live-Note bedacht.

Eine Mini-Krise durchlebt zur Zeit hingegen Michi Frey. Haben ihm die Schmähgesänge in Luzern auf den Magen geschlagen? Denn im Anschluss daran gegen St. Gallen, in Bassersdorf und nun in Lausanne wirkte der Berner nicht mehr so fokussiert wie noch in den ersten Saisonwochen. Nicht zufällig war es Frey, der mit einer falschen Entscheidung den 1:1-Ausgleichstreffer Lausannes kurz vor der Pause einleitete. Der in den letzten Wochen stark spielende Cédric Brunner wurde durch die Hereinnahme Thelanders zunächst auf die Bank verwiesen, konnte dann aber nach seiner Einwechslung auf der rechten Seite für den müde gelaufenen Adi Winter hereingekommen Akzente setzen. Der FCZ ist weiterhin besser auf Kurs, als erwartet.

Lausanne – FCZ 1:1 (1:1)

Tore: 13. Rodriguez (Sarr) 0:1, 45. Margiotta (Campo) 1:1.

Lausanne: Castella; Monteiro (73. Marin), Manière, Rochat; Kololli, Tejeda (81. Pasche), Maccoppi, Asllani; Campo (86. Zarate), Geissmann; Margiotta.

FC Zürich: Vanins; Nef, Bangura, Thelander; Winter (79. Brunner), Palsson, Sarr, Pa Modou; Koné, Frey, Rodriguez (68. Dwamena).

 

Die Karriere des anderen Favre aus St.Barthélemy (Le Mont-Serie, Teil 3)

Der dritte und letzte Teil der kleinen Le Mont-Serie ist Anthony Favre gewidmet. Nach der Verletzung von Stammtorhüter Kostadinovic teilt sich bei Le Mont mit Anthony Favre ein weiterer Ex FCZ-ler die Spielzeit zwischen den Pfosten mit dem jungen Namensvetter Anthony Mossi. Ebenfalls Namensvetter, aber bezüglich dem Familiennamen, ist Favre mit dem früheren FCZ-Trainer. Die beiden waren Nachbarn in ihrem Heimatdorf Saint-Barthélemy, wo fast jeder zweite Einwohner «Favre» heisst, und aus welchem auch die ATP Nummer 4 Stan Wawrinka stammt.

Anthony Favre steht im modernen Fussball, der immer stärker von Karriereplanung und Nachwuchsakademien dominiert wird, für eine etwas andere Kategorie von Fussballprofis – für die es notabene auch heute noch Platz gibt. Mit einem Bein im Fussball-Business, mit dem anderen lange Zeit Teilzeit im Büro arbeitend und ständig parallel in der Weiterbildung – immer bereit für den Fall, dass es im Fussball nicht mehr weiter geht. Nun schliesst sich für Favre im Stadion Sous-Ville ein Kreis. Nach dem Début im Profibereich bereits im Oktober 2002 bei Servette (in der 16.Minute nach Notbremse-Rot für Ex FCZ-Keeper Marco Pascolo eingewechselt und in Luzern gleich vier Gegentore kassiert) konnte sich der heute 32-jährige zwei Jahre später mit dem FC Baulmes als Stammtorhüter in der Challenge League beweisen. Vor ihm verteidigte auch damals schon François Marque.

In Erinnerung bleiben wird Favre als Cup-Goalie. Obwohl die ganze Karriere zwischen Challenge League und Super League pendelnd, stand der Waadtländer zwei Mal im Cupfinal!

Und beide Male war er anschliessend mit einem Zweitligisten in der Europa League-Gruppenphase unterwegs. Eine europaweit einmalige Geschichte! Auch auf dem Weg in den Cupfinal 2010 gelang Favre und seinem Team ein erinnerungswürdiger Auswärtssieg im Stade de Suisse. Nachdem auf der Lausanner Pontaise witterungsbedingt nicht gespielt werden konnte, bestimmte der Verband, dass der Viertelfinal gegen YB auf dem Kunstrasen in Bern ausgetragen werden soll. Der Unterklassige gab die Antwort auf dem Platz und siegte gleich mit 4:1.

Sechs Jahre später musste Favre, diesmal mit dem FCZ, nach einer hervorragenden Leistung beim 3:1-Auswärtssieg im Achtelfinal im Stade de Suisse beim Stand von 1:1 in der 74.Minute verletzt ausgewechselt werden.

Favre bestreitet in der Saison 15/16 nicht nur alle Cuppartien, sondern ersetzt den wenig überzeugend agierenden Yanick Brecher gleich zwei Mal für mehrere Wochen als Stammkraft in der Liga. Zwar sieht Favre beim mit 0:5 verlorenen Derby Ende November nicht gut aus, agiert ansonsten aber deutlich sicherer und solider, als sein junger Torhüterkollege. Mit dem Punkteschnitt von Favre (1,14 pro Spiel, hochgerechnet 41, gleich viel wie Thun) wäre der FCZ nicht abgestiegen. Über alle Wettbewerbe hinweg hat Favre mit 1,7 Punkten pro Spiel abgesehen von den beiden nur sporadisch eingesetzten Alesevic und Di Gregorio den besten Punkteschnitt in der Abstiegs- und Cupsiegersaison. 

https://youtu.be/27s90kfR8t4

Neben dem «Cupsieg dihei» 2016 im Letzigrund, an welchem Torhüter Favre wie zwei Jahre zuvor Piu Da Costa grossen Anteil hatte, wird aber sicherlich noch eine weitere Knockout-Partie unvergesslich bleiben. Auch in dieser musste der Waadtländer nach einer guten Leistung verletzt ausgewechselt werden. Es war im August 2010 im Nordosten Moskaus. Favre hatte sich unter anderem zusammen mit den heutigen Winterthurern Silvio, Katz und Avanzini sowie dem aktuellen GC-Stürmer Munsy als Challenge League-ist überraschend ohne Niederlage gegen die Erstligisten Banja Luka und Randers durchgesetzt und stand in der 3.Qualifikationsrunde dem Russischen Spitzenteam Lokomotive Moskau gegenüber. Hinspiel: 1:1 auf der Pontaise.

Im Rückspiel bringt Silvio Lausanne bereits in der 17.Minute in Front. In der 83.Minute nimmt der Ukrainische Supertechniker Aliev Anlauf – der Freistoss wird abgefälscht und landet hinter Favre im Netz. Mehr noch: weil der Schuss abgefälscht wurde, macht Favre eine unglückliche Bewegung und muss ausgewechselt werden. Obwohl Ersatzmann Castejon hypernervös wirkt, schaffen es die Russen weder in der Verlängerung, noch im Penaltyschiessen (einmal Aluminium, einmal darüber), die Oberhand zu gewinnen. Die Sensation ist perfekt! Lausanne, der Schweizer Zweitligist, hat sich für die Europa League-Gruppenphase qualifiziert.

Anthony Favres Vertrag beim FCZ läuft Ende Saison aus, und er überlegt sich, die Goaliehandschuhe möglicherweise an den Nagel zu hängen. Mit 32 Jahren für einen Goalie wäre es relativ früh – sein erster Profi-Einsatz war allerdings bereits vor mehr als 14 Jahren!  Annähernd 300 Wettbewerbsspiele hat Favre in dieser Zeitperiode bestritten, wovon 26 mit dem FC Zürich (15 Siege, 5 Unentschieden, 6 Niederlagen) und sechs gegen den FCZ (0 Siege, 1 Unentschieden, 5 Niederlagen).  So oder so: Bonne Chance, Antho!

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