Saisonstatistik, Teil 4: 2018 wie 2016 – Europa League macht dem FCZ Beine!

Die heutigen Messungsmöglichkeiten bringen eine Fussballweisheit nach der anderen auf welchen früher ganze Trainerkarrieren aufbauten und an welche Fans, Medien und auch die Spieler selbst ganz fest glaubten, ins Wanken oder gar zu Fall! Dass die Ballbesitzquote zwar viel über den Spielstil und allenfalls auch allgemeine Qualitätsunterschiede zwischen zwei Teams aussagt, aber wenig über den Erfolg, ist mittlerweile unbestritten. Dies bestätigt sich auch bei der Analyse der FCZ-Daten der letzten Saison. Der durchschnittliche Ballbesitz scheint im Verlauf der Saison eher etwas zufällig zu schwanken, war aber vor allem zu Beginn eher im negativen Bereich. Einen Zusammenhang zwischen der Schwankung des Ballbesitzes und der Expected Goals-Differenz kann man nicht herstellen. Der FCZ konnte mit viel Ballbesitz offensiv genauso zwingend oder auch weniger zwingend agieren, wie mit wenig Ballbesitz.

Zuletzt haben Daten aus Topligen nun aber sogar die Aussagekraft der Zweikampfwerte für den Mannschafts-Erfolg in Zweifel gezogen: vor allem im nördlichen Nachbarland der Schweiz über Jahrzehnte hinweg regelrecht eine «heilige Kuh»! Dazu gibt es allerdings noch zu wenig breit angelegte Untersuchungen und daher muss diese Erkenntnis nicht jederzeit und für jede Liga stimmen. Zudem wird man mit zunehmendem Detaillierungsgrad der Messungen sicherlich herausfiltern können, dass es durchaus wichtig ist, die sogenannt «entscheidenden Zweikämpfe» in bestimmten Situationen / Zonen zu gewinnen.

Wenn man sich die Saison 18/19 des FCZ anschaut, scheint zudem selbst bei den vergleichsweise banalen allgemeinen Zweikampfwerten ein Zusammenhang mit dem Erfolg zu bestehen. Im Vorfeld des Europa League-Startes auf Zypern begannen sich beim FCZ mit dem starken Heimspiel gegen Basel (1:1) die Zweikampfwerte positiv zu entwickeln. Vom 1:0-Auswärtssieg bei AEK Larnaca bis und mit dem 5:2-Auswärtssieg in Luzern waren diese gut und dementsprechend die Resultate: sieben Siege, drei Unentschieden und nur eine Niederlage (in St. Gallen).

Dann folgte die 0:1-Niederlage in Leverkusen, wo sich die Mannschaft anschliessend an die Partie von den zahlreich mitgereisten Fans trotzdem für die Sechzehntelfinalqualifikation feiern lassen konnte. Gleich anschliessend sank die Zweikampfquote zuerst auf ein durchschnittliches Niveau (unter anderem knapp negative Bilanz in den Heimspielen gegen Sion und GC) und ab dem Ludogorets-Auswärtsspiel wurde sie vor und nach der Winterpause sogar relativ schlecht.

Schon in der Aufstiegssaison 16/17 hatte die Freude auf die Europa League-Gruppenphase die Mannschaft auch in der Meisterschaft in der Vorrunde von Sieg zu Sieg getragen – und danach die Leistung merklich nachgelassen. Auch 18/19 spielte das Letzigrund-Team so lange auch national gut, wie man dem Ziel im Europacup zu überwintern nachjagte. Fast die ganze Rückrunde hindurch hatte der FCZ dann eine negative Zweikampfquote. Im entscheidenden Spiel in Neuenburg war diese gar die schlechteste der ganzen Saison mit nur 61 gewonnenen bei 97 verlorenen Zweikämpfen. Mit Michel Decastel bei Xamax am Ruder hatte der FCZ zuvor noch eine positive Zweikampfbilanz gegen die «Rouge et Noir» gehabt. Das sich im Verlauf der Saison immer besser findende ungleiche Duo Ceesay / Marchesano zusammen mit Bangura, Mirlind Kryeziu und «Doppelpacker» Kevin Rüegg vermochten die Partie aber trotzdem noch zu drehen.

Die positivste Zweikampfbilanz hatte der FCZ gegen die unterklassigen Teams (ausser Breitenrain). Die häufig von Amateur-Trainern im Cup gestellte Forderung an ihr Team, «über den Kampf ins Spiel» zu finden, muss nicht unbedingt die beste Strategie sein, denn bezüglich Cleverness im Zweikampfverhalten sind die Vollprofis stärker. Das Weiterkommen gegen AEK Larnaca sowie die positiven Saisonbilanzen gegen Luzern und Thun sind sicherlich auch dank der guten Zweikampfbilanz gegen diese Teams zustandegekommen. Gerade im Direktvergleich mit den physisch starken Luzernern erstaunt die Statistik auf den ersten Blick schon etwas. Am negativsten war die Zweikampfbilanz gegen Ludogorets mit den zweikampfstarken Nedyalkov, Terziev oder Moti in den Reihen. In der Super League war die Quote gegen YB und GC am schlechtesten. Im gleichen Bereich von etwa 10 mehr verlorenen als gewonnenen Zweikämpfen pro Spiel bewegten sich die Partien gegen Napoli und Leverkusen, was gegen solche Mannschaften keine schlechte Bilanz ist.

Gegen Ludogorets Razgrad führte die schlechteste FCZ-Zweikampfbilanz der Saison dazu, dass man von Zürcher Seite offensiv so gut wie nichts zustande brachte – mit einem durchschnittlichen Expected Goals-Wert von nur 0,37! Trotzdem holte man gegen diesen Gegner vier von sechs möglichen Punkten. Dies weil das Magnin-Team in den chancenarmen Partien gegen die Bulgaren je ein Mal deren defensive Schwachstelle (hohe Bälle) gezielt auszunutzen vermochte. Am meisten Expected Goals erspielte sich das Letzigrund-Team am anderen Ende der Skala in der Liga gegen den FC Thun und Xamax, sowie in den Cuppartien mit Red Star und Concordia. Lugano und YB waren diejenigen Teams, welche für den FCZ nach Ludogorets an zweitschwierigsten zu knacken waren – null Tore gegen die Tessiner und nur drei gegen YB in der ganzen Saison – sowie gegen beide ein durchschnittlicher Expected Goals-Wert pro Spiel von weniger als Eins. Etwas erstaunlich angesichts der schlechten Saison von GC ist, dass der Expected Goals-Wert des FCZ in den Derbies nur durchschnittlich war. Es zeigt, dass GC sich in den Stadtduellen jeweils noch am meisten zusammenreissen und eine ansprechende Leistung auf den Platz bringen konnte.

Die FCZ-Defensive liess ihrerseits gegen AEK Larnaca am wenigsten zu, gefolgt von den Partien gegen Red Star, sowie Leverkusen, Ludogorets, Xamax, GC und Concordia. All diese Gegner hatten gegen den FCZ einen Expected Goals-Wert pro Spiel von Eins und tiefer. Durchaus bemerkenswert also, dass man gegen die drei Europa League-Gruppenphasengegner defensiv weniger zuliess, als gegen die meisten Super League-Kontrahenten! Die Qualifikation für die Sechzehntelfinals hatte das Team von Ludo Magnin also wesentlich der defensiven Disziplin zu verdanken. In der Liga kassierte man im Herbst und Frühling etwa gleich viele Gegentore – das unterschiedliche Abschneiden (Vorrundenvierter vs. Rückrundenachter) lag an der veränderten offensiven Ausbeute. Die meisten und besten Torchancen musste man im Schnitt Basel zugestehen – vor YB und Napoli, wobei die fünf Begegnungen mit dem FCB in der Saison 18/19 defensiv sehr unterschiedlich verliefen.

Die durchschnittliche Anzahl Top-Offensivaktionen pro Spiel nahmen ab Anfang November laufend zu. Speziell im Dezember, Februar und April schaute verglichen mit dem von den Spielern geleisteten Effort in Sachen «Expected Goals» aber zu wenig raus. Auch andere Offensivstatistiken verbesserten sich im Verlauf der Rückrunde, die Basisarbeit wurde gemacht, aber die Gefährlichkeit im «letzten Drittel» liess nach. Man kam zu gleich vielen Abschlüssen, aber aus weniger guten Positionen.

Zu Beginn der Saison spielte der FCZ gemessen an der Anzahl Flanken relativ viel über Flügel. Der Einluss der Anzahl Flanken und Steilpässe auf die Entwicklung der Expected Goals ist nur teilweise gegeben. Das vertikale Spiel (Anzahl Steilpässe) hatte aber einen etwas stärkeren Einfluss auf die Offensivpower des FCZ als das Flügelspiel.

Der klare Steilpass-Leader beim FCZ ist Antonio Marchesano, und dessen Gesundheits- sowie Formkurve der letzten Saison ist tatsächlich ziemlich deckungsgleich mit der allgemeinen Formkurve des Teams. Ebenso scheint sich ein ausgeglichenes Verhältnis von Steilpässen und Flanken (mit anderen Worten: ein variables Spiel) positiv auf die Expected Goals ausgewirkt zu haben.

Bei der Statistik der Differenz der Anzahl gespielten Pässe sowie dem Vergleich der Passgenauigkeit zwischen FCZ und den jeweiligen Gegnern ist durchaus ein Zusammenhang mit der resultierenden Expected Goals-Differenz festzustellen. Und zwar hatte dabei eine gute Passgenauigkeit einen noch höheren positiven Einfluss als die Anzahl gespielter Pässe. Konkret verliefen die Kurven der Passgenauigkeits-Differenz und der Expected Goals-Differenz 12 von 15 Mal in die gleiche Richtung.

Die Passgenauigkeit schwankte im Verlauf der abgelaufenen Saison beim FCZ im Durchschnitt zwischen 73% und 84%. Der Ballbesitz wird zwar von der Passgenauigkeit beeinflusst, aber nur teilweise. Wichtiger dafür ist wohl die Ballrückeroberungsgeschwindigkeit. In der Premier League haben West Ham, Wolverhampton Wanderers oder FCZ-Partnerklub Bournemouth eine ähnliche Passquote wie der FC Zürich und liegen dort diesbezüglich im Mittelfeld der Liga. In der Bundesliga wird weniger schnell und direkt gespielt, hier sind die Passquoten im Durchschnitt höher als in der Premier League – Teams im Bereich des FCZ gehören da zu den am wenigsten präzise (bzw. am risikovollsten) spielenden und zwar sind dies Eintracht, RB Leipzig und Augsburg.

Die durchschnittliche Differenz der Anzahl gespielten Pässe im Vergleich zu den Gegnern schwankte im Saisonverlauf relativ stark zwischen +100 und -100. Vergleicht man grobschlächtig einfach nur die Hinrunde mit der Rückrunde, so fiel die Expected Goals-Differenz auf den Frühling hin vom positiven in den negativen Bereich obwohl die Passzahl-Differenz etwa auf dem gleichen Niveau blieb und die Passgenauigkeit sogar zunahm. Die Expected Goals-Differenz reagierte auch in der Rückrunde auf kurzfristige Verbesserungen bei den Pass-Statistiken, aber der gleiche Effort hatte eine viel kleinere Wirkung, als noch im Herbst. In fünf von sieben Zeitperioden war die Passgenauigkeit im Vergleich zu den jeweiligen Gegnern im Durchschnitt 1 – 5% höher.

Differenziert man die Passgenauigkeits-Differenz anhand der Gegner ergibt sich eine hohe Übereinstimmung mit der entsprechenden Statistik bezüglich Passanzahl-Differenz. Diejenige Mannschaft, welche einen geordneten Spielaufbau betreibt, spielt mehr Pässe und diese kommen auch häufiger an. Gegen die Unterklassigen Red Star, Concordia und Kriens war die Passgenauigkeitsdifferenz zugunsten des FCZ 14 – 20%. Gegen Leverkusen und Napoli war sie 7 – 11% geringer. Im Europacup hatte der FCZ gegen alle Gegner eine negative Bilanz bezüglich Passgenauigkeit. In der Super League war sie gegen die Umschaltmannschaften Xamax und Luzern am positivsten und gegen Basel sowie YB in dieser Reihenfolge am negativsten.

Gegen Red Star spielte der FCZ deutlich über 300 Pässe mehr als der Gegner – gegen Kriens bekundete man im Letzigrund erhebliche Probleme, obwohl mehr als 200 Pässe zusätzlich gespielt wurden. Auch in den Duellen mit Xamax verzeichnete der FCZ jeweils ein deutliches «Pass-Plus» – gefolgt von St. Gallen, Lugano und Breitenrain. Das mit Abstand grösste Pass-Minus war gegen Napoli und Leverkusen zu konstatieren. Der Vergleich mit den Super League-Gegnern zeigt, dass die höhere Anzahl gespielter Pässe kein Vorteil, tendenziell sogar eher ein leichter Nachteil darzustellen scheint. Gegen St. Gallen und Lugano hatte der FCZ in dieser Saison eine klar negative Punktebilanz bei durchschnittlich 100 mehr gespielten Pässen. Auf der anderen Seite spielte der FCZ gegen Thun und GC weniger Pässe als der Gegner, holte aber mehr Punkte. Auch in den Duellen mit YB und Basel spielte das Magnin-Team weniger Pässe, aber die negative Punktebilanz gegen diese Teams ist offensichtlich nicht in der Passstatistik begründet.

Die Ballbesitzstatistik zeigt teilweise ein ähnliches Bild wie die Statistiken bezüglich Anzahl Pässen und Passgenauigkeit: gegen die unterklassigen Teams (abgesehen von Breitenrain) lag der Ballbesitz des FCZ jeweils bei rund 70% – gegen Napoli und Leverkusen eher in der Region von 40%. Gegen Super League-Gegner reichte der FCZ-Ballbesitz im Schnitt von rund 45% (YB, Basel, Thun, GC) bis zu rund 60% (Xamax). Am zweitmeisten Super League-Ballbesitz notierte der FCZ gegen St. Gallen gefolgt von Lugano. Gewisse Differenzen sind trotzdem interessant: in den Partien mit Luzern war der Ballbesitz beinahe ausgeglichen und auch bei den Anzahl Pässen hat der FCZ keinen grossen Vorteil gegenüber den Innerschweizern, bei der Passgenauigkeit hingegen schon. Ebenfalls interessant, dass der FCZ gegen St. Gallen ausser in der ersten Begegnung im Letzigrund immer gegen die 60% Ballbesitz hatte, obwohl die Ostschweizer gegen alle anderen Super League-Gegner abgesehen von YB, Basel und teilweise GC praktisch immer einen höheren Ballbesitz aufwiesen. Vermutlich hat St. Gallen-Trainer Peter Zeidler sich nach den Erkenntnissen der ersten Partie entschieden, gegen den FCZ in der Folge anders als normal aufzutreten.

Zu viele Schüsse nebens Tor in der Rückrunde – Saisonstatistik, Teil 3
Wieder die Nr. 1 in der Stadt und im Letzigrund – grosse Saisonstatistik 18/19, Teil 2
Gesucht: defensiv starker Linksverteidiger – grosse Saisonstatistik 18/19, Teil 1

(Daten: Züri Live, Wyscout)

 

 

Zu viele Schüsse nebens Tor in der Rückrunde – Saisonstatistik, Teil 3

Nach der Leistungsentwicklung der Mannschaftsteile und der Performance des FCZ in den verschiedenen Wettbewerben, schauen wir uns im 3. Teil der grossen FCZ-Saisonstatistik die Abschlusseffizienz näher an.

Vergleicht man die Erwarteten Tore mit den real erzielten Treffern, sieht man, dass der FCZ im Oktober und November effizient im Abschluss war. Als klarste Beispiele für die Zürcher Abschlusseffizienz in dieser Zeitperiode können der 1:0-Heimsieg gegen Ludogorets nach einem ausgeglichenen Spiel und das deutliche 5:2 in Luzern gelten. In den letzten Partien vor der Winterpause ging dem FCZ dann sichtlich der Saft aus, und man kam in Basel (0:2), Razgrad (1:1) und gegen Lugano (0:0) kaum noch zu (guten) Torchancen – der „Expected Goals“-Wert sank in den Keller, und mit ihm die Anzahl erzielter Treffer. Einzig Stephen Odey traf in Bulgarien „wie aus dem Nichts“ (wobei der Treffer sogar offiziell als Eigentor gewertet wurde).

Offensiv ähnlich wenig zustande brachte das Team zudem in der Zweiten Hälfte des Februars bei Young Boys (0:2), Napoli (0:2) und gegen Luzern (1:1, einziger Torschütze Khelifi) – diesmal allerdings in erster Linie wegen den Gegnern. In der Schlussphase der Saison ab Mitte März wurde die Abschlusseffizienz für den FCZ im Gegensatz zur Vorrunde dann insgesamt zu einem Handicap. Schaut man sich allerdings die Spiele im Einzelnen an, hätte der FCZ zwar in der Schlussrunde gegen St. Gallen nach Expected Goals gewinnen müssen, andererseits aber beim 2:1-Sieg in Neuenburg oder dem 1:0-Heimerfolg gegen Sion auch schlechtere Resultate erzielen können. Der Cup-Halbfinal gegen Basel hätte gemessen an den Erwarteten Toren mit 2:2 in die Verlängerung gehen müssen (statt 1:3).

Interessanterweise ist die Toreffizienz-Statistik (Tore pro Schüsse) mit der Statistik der erzielten Tore im Saisonverlauf ziemlich  deckungsgleich und ein grösserer Indikator für die Anzahl erzielter Treffer als die Expected Goals. Dies aufgrund dessen, dass die Anzahl der Abschlüsse insgesamt pro Spiel relativ konstant blieb. Was sich veränderte, war die Klarheit der Torchancen. In der Rückrunde führten phasenweise nur gerade 2% der Abschlüsse zu Toren, während dieser Wert im Verlauf der Vorrunde meist über 10% lag. 

Eine Korrelation scheint es zudem zwischen den Expected Goals und der durchschnittlichen Anzahl „Schüssen aufs Tor“ zu geben.  Dies macht Sinn, denn Abschlüsse, bei welchen der Angreifer den Ball aufs gegnerische Tor bringt, sind in der Regel grössere Torchancen, als solche, bei denen der Ball nebens Torgehäuse fliegt.

In der Rückrunde brachten die Zürcher in der Hälfte der Zeitperioden im Schnitt weniger als 30% der Abschlüsse aufs Tor. Was somit bedeutet, dass dies im Schnitt auch weniger grosse Torchancen waren. Der grosse Anteil an Schüssen neben das Gehäuse war ein wichtiger Grund, warum in dieser Saisonphase weitgehend Ladehemmung herrschte.

Ein wichtiger Aspekt bei der FCZ-Toreffizienz sind natürlich auch die gegnerischen Torhüter. Dieser kommt ins Spiel, wenn man die „Shots on Target“, bei welchen ein Torhüter eingreifen muss, mit der Anzahl erzielter Tore vergleicht und nach Gegnern ausdifferenziert. Lugano war das einzige Team, Europacup und Schweizer Cup inklusive, gegen welches kein einziger Treffer gelang. Einerseits hatte dies sicherlich mit dem in allen vier Direktbegegnungen eingesetzten ehemaligen U21-Nationaltorhüter Noam Baumann zu tun, der zu den statistisch besten Goalies der abgelaufenen Saison gehörte. Andererseits brachte der FCZ gegen Lugano in vier Partien insgesamt auch nur 11 „Shots on Target“ zustande, was für die Defensivleistung der Luganesi von vorne (Gerndt, Carlinhos,…) bis hinten (Daprelà, Matic, Sulmoni,…) spricht. Eine tiefe Effizienz hatte der FCZ vor allem gegen den FC Basel, St. Gallen und AEK Larnaca. Gegen Basels Jonas Omlin gelang in vier Partien und 14 Shots on Target nur ein Treffer durch Stephen Odey im Cup-Halbfinal kurz vor Schluss zum 1:3 – zu Beginn der Saison hatte im Letzigrund Pa Modou im einzigen Spiel gegen Martin Hansen ebenfalls per Kopf einen Treffer erzielt (bei fünf Shots on Target).

St. Gallens Dejan Stojanovic und AEK’s Toño vermochten überdurchschnittlich viele FCZ-Abschlüsse aufs Tor zu stoppen. Eine sehr hohe Effizienz bei Abschlüssen aufs Tor hatte der FCZ hingegen gegen die drei Amateurklubs Concordia, Breitenrain und Red Star. In solchen Duellen macht häufiger als man meint schlicht der bessere Torhüter die Differenz, wie beim FC Breitenrain als die Stadtberner mit 1,6 einen höheren Expected Goals-Wert hatten, als der FCZ (1,49). Die höchste Abschlusseffizienz verzeichnete der FCZ aber gegen die beiden sich abwechselnden Ludogorets-Torhüter Renan und Jorge Broun. In den Duellen mit den defensiv starken Bulgaren brachte der FCZ gerade einmal drei Abschlüsse aufs gegnerische Gehäuse zustande und erzielte damit zwei Treffer!

Vergleicht man nicht nur die eigenen, sondern gleichzeitig auch die gegnerischen erzielten Tore mit den jeweiligen Expected Goals im Saisonverlauf, ergibt sich für die Vorrunde, dass der FCZ im Schnitt mehr und die besseren Torchancen als die Gegner hatte. Die Abweichungen in Bezug auf die erzielten und erhaltenen Tore glichen sich im Verlauf des Herbstes ungefähr aus. Kurz vor und nach der Winterpause fiel die Expected Goals-Differenz stark ins Minus und dies drückte sich Eins-zu-Eins in der Tordifferenz aus. Im letzten Teil der Saison ab Mitte März ergibt sich das bekannte Bild: die Expected Goals-Bilanz ist mehrheitlich im Minus, die Torbilanz aber, vor allem wegen eigener fehlender Abschlusseffizienz, präsentiert sich noch schlechter.

 

Marathonmann Stephen Odey in Europa League-Form / Ludogorets – FCZ 1:1 Analyse & Highlights

Wie beim 3:3-Unentschieden in Neuenburg liegt die Züri Live-Durchschnittsnote der Mannschaft nach den 93 Minuten von Razgrad bei 4,9 im ungenügenden Bereich. Im Unterschied zu damals, als der 19-jährige Fabio Dixon bei seinem Profidébut nach seiner Einwechslung für den Umschwung sorgte, wurde dieser diesmal zur Pause gelb/rot-gefährdet ausgewechselt. Alle vier FCZ-Abschlüsse der Partie stammten von Stürmer Stephen Odey – einen davon verwandelte dieser per Kopf nach Freistoss von Benjamin Kololli zum zwischenzeitlichen 1:0 in der 21. Minute. Obwohl der FCZ mit der Viererabwehr je zwei Spieler auf beiden Seiten platziert hatte, und der Gegner mit einer Dreierabwehr antrat, kam der FCZ trotzdem nie richtig erfolgsversprechend über die Seiten an die Grundlinie durch. Dies vor allem weil auf rechts von Dixon und auf links von Kololli zu wenig kam. Die beiden fanden aus unterschiedlichen Gründen nicht zu ihrem Spiel.

Erfolgsversprechende Angriffe durch die Mitte gab es noch weniger. Ludogorets hingegen vermochte einige Male durch die Schnittstelle vor den FCZ-Strafraum zu kommen, wo dann aber Bangura und Mirlind Kryeziu meist aufmerksam genug waren, um die Situation zu klären. Wie üblich versuchte der FCZ von hinten heraus flach zu spielen, hatte dabei aber mit unter anderem Palsson, Dixon oder Mirlind Kryeziu zu viele Spieler auf dem Platz, denen ein solcher Spielstil nicht sonderlich entgegenkommt. Ludogorets musste bloss hoch stehen und brauchte nicht einmal sonderlich konsequent zu pressen, um trotzdem immer wieder zu einfachen Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte zu kommen. Umaru Bangura versuchte es daher mehrmals mit langen Bällen in die Tiefe, aber diese konnten von seinen Mitspielern nicht erlaufen werden. Fast die einzige Aktion, in welcher sich der FCZ mal nach Lehrbuch von hinten heraus hatte lösen können, führte dann auch gleich zum Freistoss, der das 1:0 brachte.

Wie im «Hinspiel» im Letzigrund konnte der ansonsten bei Standards in dieser Saison noch nicht sehr erfolgreiche FCZ die Vorgabe von Trainer Magnin umsetzen, den Schwachpunkt der Bulgaren in der Luft konsequent auszunutzen.  Der in der 1. Halbzeit sehr viel arbeitende Odey ist trotz seines Nachlassens nach dem Pausentee wie bereits bei der Europa League-Auswärtspartie in Leverkusen der Most Valuable Player. Der 20-jährige Nigerianer hat als aktuell klare Nr. 1 im Zürcher Sturm mit 1’992 Minuten in dieser Vorrunde von allen Kaderspielern am meisten Spielzeit in Wettbewerbspartien vorzuweisen. Dies ist gleich aus drei Perspektiven aussergewöhnlich: aufgrund seines Alters, seiner Position und aufgrund der Tatsache, dass er vor Jahresfrist in seiner ersten Saison in der Schweiz mit 407 Minuten bezüglich Einsatzzeit nur an 22. Stelle im FCZ-Kader gelegen hatte – zwischen Kay Voser und Maren Haile-Selassie.

Am meisten Top-Aktionen (7), welche sich zudem gleichmässig auf beide Halbzeiten verteilten, hatte Innenverteidiger Mirlind Kryeziu – aber zwei grobe Schnitzer (einer davon zum Gegentor führend) reduzierten seine Note auf eine durchschnittliche «5». Das 1:1 im Nordosten Bulgariens bedeutete am Ende, dass der FCZ gegen Bulgarische Teams weiterhin ungeschlagen bleibt und Ludogorets Razgrad nicht nur erstmals in einer Europa League-Gruppenphase die Qualifikation für die Sechzehntelfinals verpasst, sondern als ursprünglicher Favorit auf den Zweiten Platz die Gruppe sogar auf dem letzten Rang noch hinter AEK Larnaca abschliesst. Der FCZ seinerseits überwintert erstmals seit 11 Jahren im Europacup. Am Montag um 13 Uhr findet in Nyon die Auslosung statt.

Ludogorets – FCZ 1:1 (1:1)

Tore: 21. Odey (Kololli) 0:1, 45.+1 Swierczok 1:1.

Ludogorets: Broun; Terziev, Forster, Nedyalkov; Cicinho, Dyakov (82. Sasha), Goralski, Natanael; Marcelinho, Swierczok (72. Keserü), Wanderson (88. Bakalov).

FCZ: Vanins; Dixon (46. Krasniqi), Bangura, M. Kryeziu, Guenouche; Khelifi, Palsson, Domgjoni, Kololli (76. Rodriguez); Winter, Odey (89. Nef).

 

Ludovic Magnin im Interview vor dem letzten Gruppenspiel in Razgrad

Der FCZ hat sich mehr als 24 Stunden vor dem abschliessenden Europa League-Gruppenspiel in Razgrad zum Offiziellen Training eingefunden. Die Beobachter konstatierten dabei eine gute Trainingssession des Magnin-Teams, bei welcher unter anderem Uma Bangura per Fallrückzieher und Heki Kryeziu per Direktabnahme „à la Maladière“ ins Tor trafen. Erstmals mit dabei als dritter Torhüter ist U18-Keeper Serkan Polat (U21-Torhüter Calvin Heim ist zur Zeit an Rapperswil-Jona ausgeliehen). Morgen Vormittag wird der FCZ in der Ludogorets Arena noch ein weiteres Training durchführen. Man bleibt so auch im Hinblick auf das Spiel am Sonntag gegen Lugano im normalen Trainings-Rhythmus. Den Europa League-Match werden morgen abend um 22 Uhr Lokalzeit bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt in der Kleinstadt im Nordosten Bulgarien wohl nur wenige tausend Zuschauer verfolgen, darunter rund 350 mitgereiste FCZ-Fans. Nach der offiziellen Pressekonferenz im intimen Rahmen zusammen mit Flügelläufer Adi Winter stellte sich FCZ-Trainer Ludovic Magnin den Fragen von Züri Live:

Elan schlägt Erfahrung / Analyse & Highlights FCZ – Ludogorets 1:0

Der FCZ fügt dank dem 1:0-Siegtreffer von Captain Victor Palsson in der Schlussphase der zweiten Europa League-Partie Ludogorets Razgrad nach sechs ungeschlagenen Partien deren erste Auswärtsniederlage in der Europa League-Gruppenphase zu – und baut gleichzeitig die eigene Ungeschlagenheits-Serie von mittlerweile neun Europacupheimspielen aus. Wiederum zeigte das Letzigrund-Team eine solidarische Leistung, auch wenn die Intensität nicht ganz an diejenige beim Auswärtsspiel in Zypern gegen Larnaka heranreichte und kein FCZ-ler eine herausragende Leistung zeigte. Dass es trotzdem zum 1:0-Heimsieg reichte, lag unter anderem auch am Gegner, dem vor allem in der Zweiten Halbzeit neben provozierten auch viele «unforced Errors» unterliefen.

Aus FCZ-Sicht gab es Parallelen zum Heimspiel (0:0) gegen Xamax vor vier Tagen, aber auch einige Unterschiede. Zu den Ähnlichkeiten gehörte, dass man in der Defensiven Phase fast nichts zuliess und dass der Gegner in der Innenverteidigung und auf der Torhüterposition Schwachpunkte hatte, die man (lange Zeit) nicht auszunutzen vermochte. Zu den Unterschieden gehörte vor allem die Anzahl der selbst herausgespielten Torchancen, die gegen Xamax im bisherigen Saisonvergleich sehr hoch und gegen Ludogorets sehr tief war. Somit konnte man mit der ominösen «Effizienz» im Abschluss nun wieder zufrieden sein, nachdem diese am Sonntag noch als Hauptursache für zwei verlorene Punkte hatte herhalten müssen.Eine Mannschaft ist so gut wie ihr schwächstes Glied. Und gegen Ludogorets war kein einziger der eingesetzten Spieler ungenügend – was selten vorkommt. Es war auf der anderen Seite auch keiner überragend. Die Wahl zum MVP geht im Vergleich mit Umaru Bangura knapp an Benjamin Kololli, der an praktisch allen gefährlichen Offensivaktionen beteiligt war. Für beide war es wohl die beste oder zumindest eine der besten Leistungen der bisherigen Saison, auch wenn der Abend sowohl für den Innenverteidiger wie auch den linken Aussenspieler nicht ohne Patzer verlief. Auch die eingewechselten Rodriguez und Ceesay waren wichtig, damit es am Ende noch zum Dreier reichte.Toni Domgjoni provozierte mit seinem Nachsetzen an der Mittellinie Innenverteidiger Cosmin Moti zu einem verunglückten Rückpass Richtung Torhüter Renan, aus welchem der entscheidende Corner von Kololli und Rodriguez resultierte. Der 33-jährige Moti (ausgesprochen: «Mozzi») steht sinnbildlich für die an diesem Abend gegen die jugendliche Frische und dem Willen der vielen Europacup-Newcomer im Team des FCZ sich nicht durchsetzende Routine der Gäste aus dem Balkan. Vor mehr als 10 Jahren sass er bereits im damals neuen Letzigrund an der EM 2008 im Rumänien-Dress gegen Frankreich (0:0) und Italien (1:1) auf der Ersatzbank und konnte seither unter anderem 90 Europacupspiele für Dinamo Bukarest und Ludogorets Razgrad bestreiten. Davon war am Donnerstagabend letztendlich nicht viel zu sehen.

FCZ – Ludogorets 1:0 (0:0)

Tor: 84. Palsson (Kololli) 1:0.

FCZ: Brecher; Nef, Bangura, Maxsø; Rüegg, Palsson, H. Kryeziu, Kololli; Domgjoni; Odey (81. Ceesay), Schönbächler (70. Rodriguez).

Ludogorets: Renan; Cicinho, Moti, Nedyalkov, Nathanael; Marcelinho (79. Mahiangu), Dyakov (70. Goralski), Campanharo; Lukoki, Brandao (70. Swierczok), Wanderson.