Taktisch interessantes Spitzenspiel am Pilatus / Luzern – FCZ VORSCHAU

Direktbegegnungen im Überblick (dbfcz)

Luzern gegen FCZ ist das Spitzenspiel der 9. Runde: einer der beiden Kontrahenten könnte das erste Saisonviertel als Tabellenführer abschliessen (auch wenn 9 von 38 Runden nicht mehr exakt ein Viertel sind). Luzern hätte bei einem durchaus möglichen Auswärtssieg in Basel am Donnerstag bereits die Tabellenspitze übernehmen können. Der FCZ hat den Vorteil von zwei Tagen mehr Vorbereitung im Hinblick auf das Duell am Pilatus auf seiner Seite. Die Ergebnisse der Direktbegegnungen zwischen den zwei heutigen Kontrahenten sind in den letzten Jahren ausgeglichen. Die letzte Begegnung hat der FCZ in Luzern 1:4 verloren. Damals waren beide Teams besser, wenn sie tief standen und schnelle, erfolgreiche Konter fuhren. Luzern machte genau das, und konterte den mit der hintersten Reihe hoch an der Mittellinie stehenden FCZ aus, weil der mittelschnelle Sorgic mehr Speed hatte, als die nochmal deutlich langsameren Katic und Co..

Ex-Captain Jashari zwischen Genie und Wahnsinn

Beide Teams haben sich seither weiterentwickelt. Luzern hat mit Nicolas Haas einen Stammspieler im Mittelfeld hinzubekommen, so dass für Nicky Beloko mittlerweile nicht mehr in jedem Spiel ein Platz bleibt. Ungewöhnlicherweise hat Luzern-Coach Frick die taktische Formation und auch teilweise die Spielweise zuletzt überdurchschnittlich variiert. Beim 1:1 beim FCB hatte Luzern das Spiel weitgehend dominiert mit ihrer bewährten und durch Nicolas Haas verstärkten Raute, so dass auch Beloko in der Startformation dabei sein konnte. Vom klassischen Sturm-Dreizack Okou – Ademi – Spadanuda, in welchen vor der Saison grosse Hoffnungen gelegt wurden, ist Frick vorläufig abgekommen. Okou und noch mehr Spadanuda haben sich noch nicht etablieren können.

Eigengewächs Lars Villiger ist der Stürmer Nr. 1 – nicht nur im Klub, sondern auch in der U21-Nationalmannschaft. Kemal Ademi kommt in der Regel als Einwechselspieler herein und bringt ebenfalls Torgefährlichkeit mit. Ex-Captain Ardon Jashari irrlichtert zwischen Genie und Wahnsinn. Er ist in der Regel in die besten Offensivaktionen, aber auch in die haarsträubendsten Fehler direkt involviert. Seit etwa einem halben Jahr agiert der junge Mittelfeldspieler bei weitem nicht mehr so solide und konstant wie zuvor: für den jeweiligen Gegner eine Schwachstelle, die es auszunutzen gilt. Beim 3:2-Heimsieg gegen Lugano bildete Jashari mit Beloko die Doppel-6. Dorn und Kadak waren im 4-2-3-1 auf den Flügelpositionen aufgestellt, konzentrierten sich aber vor allem darauf, die Passwege durch die Mitte zuzustellen, so dass Lugano gegen einen zentralen Luzerner Mittelfeld-Fünferblock wohl oder übel aussenherum spielen musste.

Credo der Konstanz und sich verbessernde Personalsituation beim FCZ

Gegen das ebenfalls vorwiegend zentral durch die Mitte angreifende Servette wurde der kompakte Zentrumsblock Luzerns mit sowohl in Abwehr wie auch Mittelfeld je drei Mann in einer Reihe im Zentrum nach hinten verschoben: es resultierte ein etwas glücklicher 2:0-Heimsieg. Der Zentrale Innenverteidiger Simani agierte dabei situationsbedingt jeweils hybrid gleichzeitig auch als “Sechser“ zwischen den beiden dann auf die Achterposition switchenden Jashari und Haas. Dieses System hat sich zuletzt in Windeseile in der Schweiz etabliert und wird von SFV- und verschiedenen Klubteams immer häufiger angewendet.

Über den FCZ gibt es diese Saison wie so häufig deutlich weniger zu schreiben, als über den Gegner, denn Coach Henriksen beherzigt das Credo der Konstanz . Noch unklar ist wohl, ob Daprelà wieder in der Startaufstellung steht. Ein Einsatz über rund 60 Minuten ist wohl wieder die wahrscheinlichste Variante. Luzern hat aktuell mehr Kadertiefe als der FCZ. Bei diesem hat sich aber trotz des Ausfalls Bledian Krasniqis die Situation zuletzt etwas verbessert. Beim Derby waren die eingewechselten Marchesano und Rohner für das Game Winning Goal verantwortlich. Oko-Flex und Conceição werden langsam, aber sicher solider. Das Gleiche lässt sich von Abwehralternative Wallner sagen.

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 4: Schlafender Riese, Facelift und Revival

Lausanne-Sport – Der schlafende Riese

Lausanne-Sport ist zwar Aufsteiger, aber kein gewöhnlicher. Beim Abstieg vor Jahresfrist konnte das Gerüst zusammengehalten werden. Und ein Jahr später nach dem Wiederaufstieg ist der Kader noch beeindruckender geworden. In Bezug auf die Qualität der Einzelspieler liegt Lausanne-Sport in den Top 5, wenn nicht sogar Top 3 der Liga! Die Frage ist, ob die Waadtländer dies dann auch als Team auf den Platz bringen. In der Challenge League-Saison haben sie in Sachen Mannschaftskohäsion nicht immer überzeugt. Speziell das Sturmbataillon macht Eindruck. Martinique-Nationalstürmer Brighton Labeau mit seinen 35 Toren in den letzten zwei Challenge League-Saisons wäre selbst für YB oder den FCB bei allfälligem Interesse schwierig zu finanzieren. Der von Feyenoord gekaufte senegalesische Flügel Aliou Baldé zeigte sich in der Rückrunde noch etwas zwingender und vielversprechender als der nun von Luzern verpflichtete Teddy Okou von Stade Lausanne-Ouchy. Kaly Sène hat schon bewiesen, dass er in der Super League ein 10+ Tore-Stürmer sein kann. Der physisch starke und gleichzeitig sehr spielintelligente Trae Coyle aus dem Arsenal-Nachwuchs war schon in seiner ersten Super League-Saison 21/22 einer der Besten seines Teams. Der rumänische U21-Nationalstürmer Rares Ilie ist mit einem 2,5 Mio-Marktwert von Nizza ausgeliehen. Und fürs Abwehrzentrum hat man mit Noë Dussene den Captain des belgischen Spitzenteams Standard de Liège verpflichtet! Im Mittelfeldzentrum konnte man den ehemaligen französischen U21-Nationalspieler Antoine Bernede fix an den Lac Léman transferieren. Er hat immerhin 66 Partien mit Europas Top-Talententwickler RB Salzburg auf dem Buckel. Die taktische Formation des Magnin-Teams tendiert mit den vielen guten Flügelstürmern im Kader auf ein 4-3-3 hin.

FC Lugano – Das Facelift

Mit Fabio Daprelà und Mickaël Facchinetti sind zwei weitere „Haudegen“ gegangen. Von diesem Typ Spieler sind jetzt nur noch der verletzte Lukas Mai und Kreshnik Hajrizi da. Lugano unterzieht seine Mannschaft einem kontinuierlichen Facelift. Sie wird Schritt für Schritt jünger, schneller und technisch sauberer. Die Tessiner sind nun nicht mehr das älteste Super League-Team, wie noch vor kurzem, sondern altersmässig mittlerweile im Mittelfeld der Liga anzusiedeln. Speziell die Hintermannschaft mit dem U23 Afrika Cup-Sieger Ayman El Wafi ist relativ jung. Im Mittelfeld hat Neo-Nationalspieler Uran Bislimi seinen Platz nicht auf sicher. Lugano-Coach Croci-Torti ist bekannt dafür, seine taktische Formation häufig zu wechseln, aber aufgrund der vielen guten Zentralen Mittelfeldspieler und Flügel bietet sich für ihn wie für einige andere Super League-Mannschaften ein 4-3-3 am meisten an, wobei sich „Freigeist“ Mattia Bottani, wenn er auf dem Platz ist, häufig nicht auf eine klare Position festlegen lässt.

Servette FC – Das Revival

„Oh Mama, Mama, Mama, weisst du warum mein Herz granatrot ist? Ich habe Servette spielen sehen, und Mama, ich habe mich verliebt!“. Diese Story aus einem Servette Fan-Chant muss letzte Saison in Genf einigen Menschen passiert sein, denn der Zuschauerschnitt in La Praille war in der vierten Saison nach dem Wiederaufstieg mit 8’400 so hoch wie seit der Saison 11/12 nicht mehr. Trotzdem bräuchte es noch einige weitere Euphorie-Schübe, damit ein Titel des Servette FC auf den Strassen von Genf solche Emotionen freisetzen könnte wie der portugiesische Meistertitel von Benfica am 27. Mai dieses Jahres. Alain Geiger wurde nach fünf Jahren und 199 Partien durch den 13 Jahre jüngeren René Weiler ersetzt. Der in der Rolle als Fussballtrainer weitgereiste Winterthurer (Deutschland, Belgien, Ägypten, Japan) bringt ebenfalls eine Servette-Vergangenheit als Spieler mit. Weiler soll unter anderem den eigenen Nachwuchs mehr forcieren, als Geiger dies getan hatte. Zur Ehrenrettung Geigers muss gesagt werden, dass er das phasenweise durchaus ausgesprochene Vertrauen an junge Spieler häufig nicht zurückbezahlt erhalten hat. Im Genfer Nachwuchs gibt es zwar viel Talent, die Bodenhaftung fehlt aber vielen dieser Jungs. Der FCZ hat im letzten Jahrzehnt mit Talenten aus Genf diesbezüglich auch eher negative Erfahrungen gemacht. Die Transfers sind gute Ergänzungen des bereits bestehenden Kaders – ausgefallene oder spektakuläre Zuzüge wie bei Sion oder Lausanne-Sport sucht man in der Calvinstadt vergebens. Der 18-jährige dänische Flügel Alexander Lyng könnte ein interessanter „Fang“ sein. Ansonsten spielt in Genf wie am anderen Ende der Intercity 1-Linie in St. Gallen der Nostalgiefaktor diesen Sommer eine nicht unwesentliche Rolle – mit der Rückkehr von gleich zwei Ehemaligen: Jérémy Guillemenot und Gaël Ondoua. René Weiler hat sich als Verfechter des 4-4-2 oder 4-2-3-1 erwiesen und es sieht danach aus, dass er dies auch in Genf umsetzen wird. Unter Alain Geiger stand Servette wie kein anderes Schweizer Team konstant für den konstruktiven Fussball im 4-3-3. Dieses System war optimal auf den langjährigen offensiven Leistungsträger Miroslav Stevanovic zugeschnitten. Nicht nur fussballtaktisch, sondern auch von der Mentalität her ist fraglich, ob Stevanovic und Weiler zusammenpassen. Der bosnische Rechte Flügel könnte somit neben Alain Geiger zum grössten Verlierer des Trainerwechsels werden. Der aktuell wohl beste Super League-Stürmer Chris Bédia könnte hingegen eher davon profitieren.

LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 1: ABENDSCHULE, DREIFELDERWIRTSCHAFT UND KRÖSUS
LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 2: MUSTERSCHÜLER, ÜBERRASCHUNGSGAST UND NOUVEAU RICHE
LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 3: ALTERNDER ROCKSTAR, SANDMÄNNCHEN UND JUNGBRUNNEN

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 3: Alternder Rockstar, Sandmännchen und Jungbrunnen

Grasshopper Club – Der alternde Rockstar

Leben von Nostalgie. Das aktuelle GC gleicht in vielerlei Beziehungen einem alternden Rockstar. Er profitiert immer noch etwas vom Namen, kann den ein oder anderen Gig in der Provinz spielen. Historische Rückblenden rücken ns Zentrum der Diskussionen. Und es findet sich immer wieder mal ein ehemaliges Bandmitglied, das einem unter die Arme greift. Sportchef Bernt Haas und Trainer Bruno Berner waren jung, als GC noch top war in der Schweiz – und ansatzweise sogar in Europa. Mit viel Enthusiasmus wollen sie ihren Beitrag leisten, dass GC wieder den Weg an die nationale Spitze findet. Der Enthusiasmus ist auch bitter nötig, denn mit dem aktuell kurz vor Meisterschaftsstart zur Verfügung stehenden Rumpfkader und geringen finanziellen Mitteln gehören die Hoppers ohne Zweifel zusammen mit Yverdon-Sport zu den ersten Abstiegskandidaten. Und sollten die chinesischen Besitzer auf die Idee kommen, den Klub zu verkaufen, ist es unwahrscheinlich, dass die nächsten Besitzer sich im gleichen Umfang engagieren werden. Letzte Saison hat bei den Zürchern im Team ganz offensichtlich alles gepasst. Der Teamgeist war gut und ebenso die Effizienz. Trainerfuchs Giorgio Contini wusste genau, auf welche Art und Weise man keine Gelegenheit auslässt, wie ein Eichhörnchen Punkte zu sammeln, die einem vom Gegner auf dem Serviertablett präsentiert werden. GC war stark bei Standards und Konterangriffen. Und man hatte mit Hayao Kawabe, Bendeguz Bolla, André Moreira und Dominik Schmid ein Quartett mit gehobener Qualität, welches aus einem Abstiegskandidaten sogar fast einen Europacupteilnehmer gemacht hat. Diese Leistungsträger sind nun alle weg. Dafür sind zwei Leihspieler von Wolverhampton Wanderers und die verletzungsanfälligen Pascal Schürpf und Michael Kempter gekommen. Mit welcher Formation Bruno Berner zum Auftakt gegen Servette beginnen wird, ist schwierig vorauszusagen. Es wird sicherlich der ein oder andere U21-Spieler auf dem Matchblatt aufgeführt sein. Mit Müh und Not wird Berner eine Viererabwehr zusammenbekommen, im Zentrum ist das Duo Abrashi / Ndenge wohl gesetzt und auf den restlichen Positionen gruppieren sich die anderen verfügbaren Spieler.

FC St. Gallen – Das Sandmännchen

Warum ist St. Gallen das Sandmännchen? Ist die Spielweise zum Einschlafen? Nein, im Gegenteil. Das Sandmännchen gilt als die weltweit längste TV-Serie. Die FCSG-Saga hat ebenfalls einen hohen Wiedererkennungswert. Sie startet Saison für Saison immer wieder mit denselben Figuren und der (fast) gleichen Story. Peter Zeidler beispielsweise darf nicht fehlen – er ist der mit Abstand dienstälteste Super League-Coach. Selbst bei den Akteuren auf dem Rasen gibt es Wiedervereinigungen wie in einer Soap Opera – so die Heimkehr Betim Fazlijis, der nach einem Jahr unter Seemännern und Piraten am Hamburger Hafen wieder zurück in der Ostschweiz ist. Jahrelang hatte St. Gallen die wohl kleinste Abwehr der Liga. Nun hat man trotz dem Abgang von Matej Maglica in die Bundesliga (Darmstadt) sich in der Abwehrreihe mit Körpergrösse und Physis verstärkt. Bei Standards wird dies dem FCSG vermutlich zugute kommen. Die Frage ist, ob mit den grossgewachsenen Verteidigern die Antrittsschnelligkeit noch gross genug ist, um die durch das St. Galler Pressing provozierten langen Bälle der Gegner frühzeitig abzulaufen. Aufgrund der grösseren Breite in der Hintermannschaft könnte Rückkehrer Fazliji im Mittelfeld zum Zug kommen. Vorne ist das Schicksal von Leihspieler Latte Lath noch nicht definitiv geklärt, tendenziell wird seine Zukunft aber eher nicht in der Ostschweiz liegen. Fabian Schubert konnte wieder die Vorbereitung mitmachen und kann nach seinem letztjährigen Schien- und Wadenbeinbruch wie ein Neuzugang gesehen werden. Peter Zeidler ist ständig dran, an Details der St. Galler Spielweise zu feilen – speziell in der letzten Saison war dies der Fall – und die Transfers deuten auf weitere Anpassungen hin. Die taktische Formation wird aber weiterhin vorwiegend der St. Galler Rhombus sein. In den Testspielen hat St. Gallen von allen Super League-isten mit einem 6:1-Sieg gegen Villarreal im Kybunpark für das herausragendste Resultat gesorgt.

FC Luzern – Der Jungbrunnen

Der FC Luzern hat mittlerweile ähnlich viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der 1. Mannschaft wie der FC Zürich. Mario Frick ist ein Trainer, der den Jungbrunnen der Innerschweiz nutzt und integriert. Ebenso positiv zu werten ist die klare Haltung in der Causa Ardon Jashari. Die Attraktivität des FCL für junge Talente wird durch Beispiele von Transfers direkt aus Luzern in eine Topliga stark gesteigert. Ganz abgesehen davon, dass auf diese Weise zusätzlich grössere Transfereinnahmen generiert werden können. Der Transfer von Ruben Vargas vor vier Jahren nach Augsburg war dafür ein Beispiel. Darian Males hingegen nicht, denn er spielte bei Inter im Serie A-Team keine Rolle. Es tut auch der Liga insgesamt sehr gut, wenn Klubs wie Luzern, Servette, Lugano, Lausanne-Sport, St. Gallen oder der FCZ ihre besten Spieler so lange wie möglich halten können und diese dann in eine Topliga wechseln – nicht liga-intern. Beim FCZ beispielsweise sind die positiven Auswirkungen des Gnonto-Wechsels direkt zu Leeds United im Juniorenbereich schnell zu spüren gewesen. Der FCL gilt zudem als Transfer-Sieger des Sommers. Auch wenn der Fokus dieser Einschätzung dabei auf den Stürmern liegt, ist das Team von Mario Frick vor allem in Mittelfeld und Viererabwehr breiter aufgestellt. Auf den Aussenverteidigerpositionen gibt es einen so harten Konkurrenzkampf, dass der vielversprechende Ruben Dantas nach Wil ausgeliehen werden musste. Im Mittelfeld wird Pius Dorn eine noch wichtigere Rolle einnehmen, Max Meyer könnte die Captain-Binde beflügeln und der während der letzten Saison verletzt gewesene technisch starke Jakub Kadak ist faktisch ein weiterer Neuzugang. Der spielintelligente Noah Rupp weckt zudem Hoffnungen. Der Jungbrunnen wird auf jeden Fall nicht so schnell austrocknen – auch die letztjährige Ausgabe der U16-Junioren hat den Schweizer Meistertitel geholt.

LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 1: ABENDSCHULE, DREIFELDERWIRTSCHAFT UND KRÖSUS
LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 2: MUSTERSCHÜLER, ÜBERRASCHUNGSGAST UND NOUVEAU RICHE

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 2: Musterschüler, Überraschungsgast und Nouveau Riche

BSC Young Boys – Der Musterschüler

Meister YB ist ganz klar der Musterschüler der Liga. Glaubt man dem Medienecho, macht die Berner Vereinsführung alles richtig – was sicherlich nicht stimmt. YB hat in den letzten Jahren beispielsweise durchaus auch seine Fehltransfers gehabt: Marvin Spielmann, Frederik Sörensen, Jordan Lefort, Quentin Maceiras, Guillaume Faivre, Kevin Varga, Kevin Rüegg oder bisher auch Donat Rrudhani. Aber die Gelb-Schwarzen machen weniger falsch als Andere. Dass die Region Bern ein sehr sportbegeistertes Publikum hat, beweist seit vielen Jahrzehnten der in der Nachbarschaft im Norden der Bundesstadt beheimatete SC Bern mit seinen auch im internationalen Vergleich beachtlichen Zuschauerzahlen im Eishockey. Und dies trotz grosser Konkurrenz in unmittelbarer Nähe durch drei weitere NLA-Klubs: Gottéron, Biel und Langnau. Obwohl Zürich, Genf und Lausanne grösser als Bern sind, schaffen es diese Städte selbst im Erfolgsfall nicht, solche Zuschauermassen in die Stadien zu locken. Dieses deutlich grössere Einnahmenpotential ist der Hauptgrund, warum YB aktuell nur besser als der FCB arbeiten muss, um regelmässig Meister zu werden. In der Öffentlichkeitsarbeit steht der YB-Sportchef und ehemalige FCZ-Meisterspieler Steve Von Bergen mittlerweile stärker im Zentrum, als der vor Jahresfrist in den Verwaltungsrat aufgestiegene Christoph Spycher. Basierend auf der Vorbereitung wird Trainer Raphaël Wicky seinem Rhombus-System (4-1-2-1-2) wohl treu bleiben, wobei auf den 8er-Positionen wie schon letzte Saison häufig verkappte Stürmer wie Elia, Monteiro, Fassnacht oder Neuverpflichtung Males zum Einsatz kommen werden.

Yverdon-Sport – Der Überraschungsgast

Stade Lausanne-Ouchys Aufstieg war eine grosse Überraschung. Klubs wie Aarau oder Thun waren neben Lausanne-Sport die Aufstiegsfavoriten gewesen. Daneben hätte man sicherlich auch den letztjährigen Barrage-Teilnehmer Schaffhausen und Vaduz weiter oben erwartet. Trotzdem hatte „SLO“ viele Spieler mit Talent in seinen Reihen, bei denen im Optimalfall immer eine Leistungsexplosion möglich scheint. Akteure wie Okou, Ajdini, Bamba, Da Silva, Hadji, Abdallah, Danho, Mulaj oder Tsoungui. Der Aufstieg von Yverdon-Sport – und dies auch noch als Challenge League-Meister – war hingegen sensationell: im Tor der als „zu klein für Profi-Fussball“ abgestempelte Kevin Martin, Routinier Anthony Sauthier schien speziell in der Rückrunde konditionell nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein und kämpfte sich durch, Sturmtank Brian Beyer (26) schnürte vor vier Jahren noch für den FC Bassecourt in der vierthöchsten Liga die Schuhe, genauso wie Néhemie Lusuena vor sechs bis acht Jahren – und zwar für Yverdon-Sport! Der mittlerweile 25-jährige Mittelfeldspieler hat in den letzten Saisons den ganzen Weg mit den drei Aufstiegen in die Promotion League, Challenge League und Super League erfolgreich mitgestaltet und gehört immer noch zum erweiterten Stammpersonal. Auch der durch den Corona-Virus „gestohlene“ sportlich eigentlich schon so gut wie sichere Challenge League-Aufstieg der Saison 19/20 konnten ihn und seine Teamkollegen nicht stoppen. Dabei hatten die Nord-Waadtländer die Konkurrenz mit dem Cup-Halbfinaleinzug 21/22 gegen den späteren Meister FCZ und Kantonskrösus Lausanne-Sport in Sachen Super League-Reife bereits etwas vorgewarnt gehabt. Es war für den FCZ eine von fünf Niederlagen bis zum Titel am 1. Mai 2022 gewesen. Der Seebacher Marco Schällibaum übernahm vom nach Bielefeld abgewanderten Brüttiseller Uli Forte Anfangs Saison und liess YS im 4-2-3-1 antreten. Zentrale Aufstiegshelden wie Hajrovic (zu Xamax), Kabacalman (Sion) oder Koné (Thun) sind mittlerweile aber nicht mehr dabei, Silva verletzt. Über die Testspiele Yverdons ist wenig bekannt, ausser dass sie mit einem Rumpfteam absolviert wurden. Die Neuverpflichtungen kamen erst spät am Neuenburgersee an. Die Hauptprobe gegen Sochaux wurde wegen des Zwangsabstiegs des Gegners kurzfristig abgesagt.

FC Winterthur – Der Nouveau Rîche

In der Challenge League hatte der FC Winterthur jahrelang immer eines der höchsten Budgets gehabt. Nach dem Aufstieg mussten die Eulachstädter dann aber erstmal den Kopf in den Nacken werfen, und mit einer weitgehend auf überdurchschnittlichen Challenge League-Spielern aufgebauten Mannschaft den Gegnern den Ball und das Spiel überlassen. Vor allem in den Direktduellen mit Sion, wo man auch etwas Wettkampfglück hatte, machte Winti mit Coach Bruno Berner den Klassenerhalt klar. Auf dem Transfermarkt machten Sportchef Oliver Kaiser und Co. diesen Sommer nun aber einen grossen Schritt. Aus einem Top-Challenge League-Team, das in der Super League mithalten konnte, wurde in wenigen Wochen ein solides Super League-Kader. Es ist aktuell das zweitälteste Kader der Liga. Eines mit zusammengezählt bereits 1’802 Super League-Partien auf dem Buckel. Das ist mehr als doppelt so viel, als dies beim GC-Kader, dem aktuell jüngsten der Liga, der Fall ist. Dort kommen nur Amir Abrashi (in jungen Jahren mit Zuffi und Sandro Lombardi Stammspieler im talentierten Winterthurer Dreiermittelfeld) und Pascal Schürpf auf mehr als 50 Super League-Partien. Bei Winterthur trifft dies mit Silvan Sidler, Roy Gelmi, Yannick Schmid, Basil Stillhart, Roman Buess, Cico Rodriguez, Matteo Di Giusto, Samir Ramizi, Luca Zuffi, Musa Araz und Thibault Corbaz auf elf Spieler zu! Finanziell ist Winterthur mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Rekordmeister. Nur dank Zuschüssen der chinesischen Besitzer lag GC letzte Saison bezüglich Budget überhaupt noch im unteren Mittelfeld, und nicht am Scnwanz der Liga. Bei den Einnahmen (GC: ca. 8 Mio) hat Winterthur den Kantonsrivalen mittlerweile wohl bereits überholt. Und da die GC-Besitzer ihre Beiträge allem Anschein nach in der neuen Saison deutlich reduzieren, ist die Differenz auch beim Gesamtbudget nicht mehr gross. Man beginnt beim FCW nun auch wieder Ablösesummen zu bezahlen. Eine wesentliche finanzielle Differenz zwischen GC und Winterthur existiert heute wohl nur noch bei den Frauen-Teams, wo sich GC dank lokalen Sponsoren wie Heinz Spross die Verpflichtung von Spitzenspielerinnen noch leisten kann. Die sechstgrösste Stadt der Schweiz ist nach dem Klassenerhalt von letzter Saison endlich richtig in der Super League angekommen. Auch neben dem Platz herrscht ein neureiches Flair. Die Schützenwiese wird ausgebaut und ist zum Promi-Treffpunkt geworden. Der neue Trainer Patrick Rahmen ist ein Freund der Viererkette und speziell des „Basler“ 4-2-3-1. Allerdings würde auch ein Rhombus-System gut zur aktuellen Winterthurer Mannschaft passen. Vor allem die Rückkehr Luca Zuffis ist eine emotionale Geschichte. Vater Assistenztrainer, Sohn Spieler: im Normalfall eine schwierige Konstellation für ein Team – ausser es handelt sich um die äusserst bescheiden und zurückhaltend auftretenden Dario und Luca Zuffi.

LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 1: ABENDSCHULE, DREIFELDERWIRTSCHAFT UND KRÖSUS
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