Viel Offensivgeist, Ladehemmung im Sturm / FCSG – FCZ in der Züri Live-Analyse

21 Abschlüsse: in der ganzen Meistersaison hatte der FCZ nur zwei Mal (jeweils gegen Luzern) das gegnerische Tor häufiger ins Visier genommen. Neun Abschlüsse aufs Tor: mehr gabs im ganzen Meisterjahr in der Liga nie – nur in der 1. Runde des Schweizer Cups in Solothurn, als zehn von 16 Bällen im Netz landeten. Von der 30. Minute bis zum Spielende befand sich der FCZ in St. Gallen zu 60-70% in Ballbesitz. St.Gallen-Keeper Zigi stellte einen neuen persönlichen Rekord an gehaltenen Schüssen auf. Erstaunlich ebenfalls: der FCZ machte mehr Pressing als St. Gallen. Das letzte Mal, als das Letzigrund-Team solche Pressingwerte erreicht hat, war im April beim 2:1-Heimsieg gegen YB. 17 Minuten plus Nachspielzeit war der FCZ in St. Gallen in Überzahl und in den letzten Jahren hat das Team kaum mal eine Überzahl spielerisch so gut ausnutzen können wie diesmal. Es war basierend auf den Züri Live-Noten insgesamt die beste Liga-Offensivleistung der noch jungen Saison und die 2. Halbzeit die beste Liga-Halbzeit.

Qualität und Schnelligkeit der Entscheidungen der Stürmer am Ball mangelhaft

Der in einem 4-2-3-1 auf der Zehnerposition eingesetzte Bledian Krasniqi erfreute die Fussballliebhaber sowohl mit viel Kampfgeist, als auch kunstvollen Pässen und schwindelerregenden Dribblings. Jonathan Okita klebte der Ball selbst in grosser Bedrängnis so am rechten Fuss, als sei er dort mit Sekundenkleber angebracht worden. Nikola Boranijasevics Flanken waren auch in der Vergangenheit gut, zur Zeit sind sie aber schlichtweg phänomenal – und das immer. Im fünften Wettbewerbsspiel der Saison war der FCZ zum vierten Mal nach „Expected Goals“ besser als der Gegner. Warum verliert man dann 0:2 in St. Gallen?

Die Gründe dafür sind sowohl ganz hinten, als auch ganz vorne zu suchen. Das in der Ostschweiz neu aufgestellte Innenverteidigerduo Omeragic / Mets spielte defensiv einen schlechten Match (Omeragic: Defensiv-Note 1, Mets: Defensiv-Note 2 – siehe Match Performance-Grafik). Nicht nur bei den beiden Gegentoren kamen sie einen Schritt zu spät. Omeragic hat ausserdem seine Schwäche in der Luft während seiner Verletzungspause natürlich nicht ausmerzen können – was es ihm in Zukunft erschweren wird, sich auf der Innenverteidigerposition in einer Top-Liga durchzusetzen. Mit Ball spielten Omeragic und Mets hingegen gut. Bei den Stürmern war es umgekehrt. Sie arbeiteten defensiv ordentlich mit, offensiv gelang hingegen gemessen an den vielen hervorragend aufgelegten Bällen von Krasniqi, Boranijasevic und Co. wenig (Gnonto, Okita) bis nichts (Tosin). An erster Stelle auf der Mängelliste steht bei allen Dreien die Qualität und Schnelligkeit der Entscheidungen am Ball. Die eingewechselten Santini und Gogia waren auch keine Hilfe, sondern sogar noch mehr enttäuschend, als die Starter.

St. Gallen gewinnt, obwohl Konzept nicht aufgegangen ist

Positiv zu vermerken ist hingegen, dass die eher wacklig in die Saison gestarteten Brecher und Marchesano wieder besser in Fahrt kommen. Zwei der drei „Captains“ sind damit wieder an Bord. Auch Routinier Aliti steigert sich von Spiel zu Spiel. Seiler hatte von letzter Saison gute Erinnerungen an St. Gallen und machte auch diesmal einen guten Match, eroberte mit seiner Explosivität in heiklen Situationen einige wichtige Bälle zurück. Aufgrund der taktischen Marschroute war die Aufgabe für Seiler nicht einfach. Im eigenen Platzdrittel staffelte bei gegnerischem Ballbesitz Mittelfeldspieler Marc Hornschuh zurück und machte aus der Vierer- eine Fünferabwehrreihe. Seiler und Krasniqi sahen sich so im Mittelfeldzentrum konstant einer St. Galler Überzahl gegenüber. Der eingewechselte Cheick Condé war offensiv der beste Zürcher, sogar noch knapp vor Krasniqi. Neben Condé und Krasniqi erzielten auch Marchesano und Boranijasevic die Offensiv-Note „10“.

St. Gallen kehrt zum Start dieser Saison wieder zum alten Matchplan zurück: Energieeinsatz über dem Limit in den ersten 20-30 Minuten – und danach die aus grünweisser Sicht hoffentliche Führung mit defensiver Stabilität und schnellen Kontern über die Runden bringen. Das hat gleich aus zweifacher Sicht gegen den FCZ eigentlich nicht funktioniert. Erstens hatte das Team von Franco Foda mit guten Kontern in den ersten 15 Minuten ein Chancenplus, und zweitens kam der FCSG in der langen Druckphase der Zürcher von der 30. Minute bis zum Schlusspfiff zu deutlich weniger Konterchancen, als erhofft. Schon lange vor der Roten Karte gegen Isaac Schmidt in der 73. Minute waren die Energiereserven St. Gallens aufgebraucht und es spielte praktisch nur noch der FCZ. Trotzdem reichte es den Grünweissen zum Sieg.

Gegenspieler stossen, reissen, werfen – anything goes

Seit langer Zeit gibt es wieder einmal eine einseitige Spielleitung zu bemängeln. Die St. Galler konnten mit den Händen die Gegenspieler stossen, reissen oder gar wie Guindo den leichtgewichtigeren Gnonto mit beiden Händen am Trikot wortwörtlich vom Platz werfen, wie einen Kehrichtsack in die Tonne. Nichts davon wurde abgepfiffen. Und dies teilweise in wichtigen Umschaltsituationen. Auch Hohes Bein wurde von Ref Fähndrich nie geahndet. In der Platzverweisszene (Schmidt vs. Gnonto) musste erst der VAR eingreifen – Fähndrich hatte auch kein Gelb gegeben. Umgekehrt erhielten die Grünweissen Freistösse nach einwandfreien Laufduellen Körper an Körper.



„Mannschaft für die Liga“ trifft auf Team für den Europacup / FCZ – Qarabag in der Züri Live-Analyse

Man muss kein junger Spieler sein, um Anfängerfehler zu begehen. Ole Selnaes (28) und Ivan Santini (33) unterliefen die Malheurs, die zu den beiden Gegentreffern im Letzigrund führten. Beim ersten Gegentor spielte Qarabag einen perfekten Konter – bis zur Hereingabe des Rechten Flügels Sheydaev in den Strafraum, die bei Selnaes landete. Dieser hätte den Ball ins Seitenaus spedieren können, ja müssen! Stattdessen versuchte der Norweger den Ball in einer unübersichtlichen Situation im eigenen Strafraum gegen einen anstürmenden Gegner zu stoppen, als hätte er alle Zeit und Musse der Welt. Der Ball versprang ihm dann sogar noch an den Fuss von Condé und spickte von dort vor die Füsse Kadys, der sich nicht zwei Mal bitten liess. Selnaes ist das Sinnbild einer Mannschaft, die explizit für die Liga zusammengestellt wurde. Man nahm in Kauf, Spieler zu holen, von denen man wusste, dass sie zu Beginn Anlaufzeit brauchen.

Mehrere FCZ-Akteure weit von Bestverfassung entfernt

Selnaes hat drei Jahre in der Chinesischen Super League gespielt, die ein deutlich tieferes Niveau aufweist, als die Schweizer Super League. Seine Erste Halbzeit gegen Qarabag war ordentlich bis gut (Züri Live-Note: 6). Nach der Pause baute er dann aber relativ rasch ab und beging so den entscheidenden Fehler (Züri Live-Note Zweite Halbzeit: 2). Ausgewechselt wurde er erst in der 70. Minute. Schon im Auswärtsspiel in Baku wollte Trainer Foda zu Beginn mit Marc Hornschuh Routine ins Mittelfeld bringen: was schief ging – Schnelligkeit, Wendigkeit, Technik sind auf diesem Niveau wichtiger. Ivan Santini hatte gegen Luzern gute Ansätze gezeigt. Gegen Qarabag verlor er aber die Mehrzahl der Kopfballduelle und verursachte mit seinem Ballverlust im Mittelfeld hauptsächlich den zweiten Gegentreffer. Bei diesem verteidigte Mirlind Kryeziu in einer zwei gegen zwei-Situation wie in einer Dreierabwehr, obwohl sein Team mittlerweile auf Viererabwehr umgestellt hatte. Yanick Brecher verschob sich ausserdem zu langsam und liess die nahe Torecke für den Schützen Owusu weit offen.

Ganz anders Qarabag: Qurban Qurbanovs’s Team spielt personell und von der taktischen Formation her praktisch immer gleich. So wie der FCZ letzte Saison. Bezüglich Spielweise war Qarabag in den vier Partien gegen Lech Poznan und den FCZ hingegen sehr variabel: mal mit Angriffen über die Seiten, dann wieder durch die Mitte, mal mit aggressivem Gegenpressing in Baku, dann wieder eher auf Konter lauernd wie im Rückspiel im Letzigrund. Die Stammformation von Qarabag ist qualitativ mit YB vergleichbar – auf einigen Positionen etwas besser besetzt, auf anderen etwas schlechter. Einen Spieler, der wie Kady in einem wichtigen Spiel einen Eckball von links mit dem linken Aussenrist äusserst scharf direkt aufs Tor ziehen kann, gibt es in der Super League nicht. Beim Vergleich der Ersatzbänke ist YB aber besser. Qarabag ist eine eingespielte Equipe mit mehrheitlich Fussballern im Zenit ihres Schaffens. Der Marktwert ist tiefer, als derjenige des FCZ. Dies ist aber eine Messgrösse des individuellen Zukunftspotentials der Spieler eines Kaders.

Qarabag mit weniger Energie und mehr Fehlern als im Hinspiel

Qarabag zeigte in den Begegnungen mit dem FCZ hingegen mehr „Gegenwartspotential“ als Team. Ein Grossteil der Marktwertdifferenz zwischen den beiden Mannschaften machen Becir Omeragic und Wilfried Gnonto aus, die beide in diesen Partien keine wesentliche Rolle spielen konnten. Der letztjährige Top-Joker Gnonto wird aktuell als Stammspieler in die Verantwortung genommen und hat es in den ersten Saisonpartien noch nicht geschafft, diese neue Rolle mit genügend Inhalt zu füllen. Speziell in den ersten 45 Minuten kommt von ihm jeweils zu wenig. Omeragic ist im Aufbau nach seiner Meniskusverletzung. Mehrere ältere Spieler sind noch auf der Suche nach dem Rhythmus oder ihrer Form. Der FCZ hatte im Vergleich mit Qarabag zu viele Spieler an Bord, die möglicherweise mal gut werden oder früher mal gut waren – anstatt solchen, die im Hier und Jetzt gut sind und performen.

Vieles sprach in diesem Spiel eigentlich für den FCZ. Qarabag trat deutlich weniger überzeugend auf, als in den Heimspielen. Der Auftritt erinnerte eher etwas an die 0:1-Niederlage bei Lech Poznan. Das frühe 1:0 des FCZ ähnelte dem damaligen Führungstreffer der Polen sehr stark: schnelles Umschaltspiel über rechts und in der Mitte ist der Captain der Aserbaidschanischen Nationalmannschaft Medvedev indisponiert. Man schien dem Gästeteam die Reisestrapazen anzumerken – auch wenn der Jet Lag bei einem Flug Richtung Westen weniger schlimm sein soll, als umgekehrt. Sie gingen nicht so intensiv ins Pressing wie zuhause, viele Bälle versprangen oder kamen nicht beim Mitspieler an – speziell Spielgestalter Almeida zog einen schwachen Tag ein. Und während der Partie musste Coach Qurban Qurbanov nach und nach seine ganze Defensivabteilung austauschen, so dass ab der Zweiten Halbzeit die Reserve-Defensive auf dem Platz stand. Qarabag setzte in Zürich zudem immerhin zehn Aserbeidschanische Spieler ein.

Defensive Steigerung von Spiel zu Spiel beim FCZ

Wie im Hinspiel war die Schiedsrichterleistung grundsätzlich gut, aber trotzdem mit einzelnen fragwürdigen Entscheiden in heiklen, unübersichtlichen Szenen auf beiden Seiten. Und es waren die gleichen Themen wie in Baku. Der FCZ profitierte dort von einem Offsidetor Kamberis bei Freistoss Guerrero – diesmal stand Santini beim 2:1 in der Nachspielzeit der Zweiten Halbzeit mit einem Fuss wohl ganz knapp im Offside, auch wenn es mit den vorhandenen Kameraperspektiven nicht hundertprozentig auflösbar ist. Wie in Baku hätte es auch in Zürich eine Rote Karte wegen Notbremse gegen einen Qarabag-Verteidiger geben müssen – beide Male wurde der schnelle Rohner von hinten umgestossen, diesmal von Badavi Hüseynov. Ausserdem profitierte Qarabag davon, dass die Fouls von Bajramov gegen Kamberi sowie Wadji gegen Rohner in der Entstehung des 1:1-Ausgleichs von den Unparteiischen übersehen wurden.

Insgesamt kann nach eingehender Analyse der Partie die Leistung des FCZ aber positiver beurteilt werden, als dies in der Schlussanalyse der Radio-Übertragung direkt nach dem Spiel noch der Fall gewesen war. Die Durschnittsnote der Mannschaft ist 6,5, die höchste bisher in dieser Saison, knapp vor dem Auswärtsspiel in Baku (6,3) – wobei es in der Verlängerung einen Leistungsabfall gab (5,5). Neun Spieler kamen gegen Qarabag zu Abschlüssen. Es gab sehr viele gute Offensivaktionen, der FCZ kam vor allem häufig erfolgsversprechend über die Seiten. „Uhrwerk“ Nikola Boranijasevic (MVP) spielte sich mit insgesamt zehn qualitativ hochstehenden Flanken fast schon in einen Rausch. Und die Defensivnoten der Mannschaft haben sich bisher von Spiel zu Spiel gesteigert. Auch Stürmer wie Tosin, Okita oder Gnonto erledigen ihre Defensivaufgaben diszipliniert. Die Qualifikation Qarabags für die nächste Runde war zwar nicht gestohlen, aber nach Expected Goals und Offensivszenen hätte der FCZ eher weiterkommen müssen. Im Rückspiel gehörte die erste halbe Stunde beider Halbzeiten und auch die Zweite Halbzeit der Verlängerung fast komplett dem Heimteam. Im Hinspiel in Baku spielte in der Zweiten Halbzeit ebenfalls praktisch nur der FCZ. Vor allem haben die Zürcher für die kommenden Wochen und Monate noch einiges an Potential nach oben bei Neuzugängen, letztjährigen Schlüsselspielern und auch jüngeren Akteuren, die einen Schritt nach vorne gemacht haben.



Weiter Probleme mit gegnerischem Pressing / FCZ – Luzern in der Züri Live-Analyse

Nur für den FCZ ändert Luzern-Trainer Mario Frick bisher sein bewährtes Rhombus-System. Erstmals in der letzten Runde der abgelaufenen Saison im Letzigrund – und nun erneut. Luzern-Innenverteidiger Simani sprach nach dem Spiel davon, dass man zu Beginn zu viel Respekt vor dem Meister gehabt habe. Hätte Frick das System auch geändert, wenn er gewusst hätte, dass der FCZ nicht im üblichen 3-4-1-2 spielt? Dass beide Mannschaften in einem klassischen 4-4-2 antraten, trug auf jeden Fall seinen Teil dazu bei, dass die Partie letztendlich torlos blieb. Gemessen an den Züri Live-Durchschnittsnoten hat sich die Mannschaft von Franco Foda defensiv von Spiel zu Spiel gesteigert. Allerdings war gegen dieses Luzern zu verteidigen deutlich einfacher, als zuvor gegen Qarabag. Mit Andy Gogia war im Letzigrund nur ein einziger eingesetzter Akteur defensiv ungenügend. Der MVP des Qarabag-Auswärtsspiels, Cheick Condé, war diesmal hingegen vor allem offensiv stark.

Grund für Probleme mit gegnerischem Pressing wirklich nur vermeidbare individuelle Fehler?

Personelle Überlegungen werden auf Seiten von FCZ-Coach Foda ihren Teil dazu beigetragen haben, sich für ein 4-4-2 zu entscheiden. In dieser Formation konnte er Andy Gogia und Jonathan Okita von Anfang an eine Chance geben und dadurch andere Akteure schonen. Man sah in dieser Partie aber auch plastisch die Nachteile dieses Systems für die Mannschaft. Im 3-4-1-2 mit lauffreudigen Aussenläufern Guerrero und Boranijasevic hat der FCZ sowohl viel Breite wie auch viel Tiefe im Spiel. Breite: hinterste Reihe fünf, im Mittelfeld vier und vorne ebenfalls vier. Die Tiefe wird dadurch hergestellt, dass vier Reihen auf dem Platz stehen und nicht nur drei, was sowohl offensiv als auch defensiv Vorteile hat. Im 4-4-2 hingegen werden die beiden Schlüsselspieler Guerrero und Boranijasevic zurückgebunden und können ihre Qualitäten nicht voll einbringen. Für die Gegner eröffnet sich zudem die zusätzliche Option einen langen hohen Ball über die drei Reihen hinweg hinter die Abwehr zu spielen.

Den Spielaufbau hinten heraus bestritt der FCZ erneut vorwiegend flach und hatte wie in Bern mit dem Pressing des Gegners phasenweise grosse Probleme. Dies obwohl Luzern in diesen Situationen den Zürcher Sechser nicht in Manndeckung nahm und daher immer wenn Condé zurückkam und sich ausserhalb des Deckungsschattens der Stürmer anbieten konnte, das Frick-Team gezwungen war, zurückzuweichen. Captain Yanick Brecher sah nach der Partie im Interview mit Züri Live allein einfach vermeidbare individuelle Fehler als Ursache der Probleme. Schon vor der Breitenreiter-Zeit hatte die Mannschaft immer wieder etwas die Tendenz, die eigenen kollektiven und individuellen Fähigkeiten zu überschätzen und Niederlagen mit unerklärlichen Fehlern von einzelnen Spielern zu erklären – anstatt die Spielweise des Teams an die Realitäten und echten Kräfteverhältnisse anzupassen. Gegen Luzern war es viel eher so, dass sich der FCZ nur dank dem ungewöhnlich unpräzisen Passspiel Luzerns schadlos halten konnte.

Bessere Bank als in Bern – letztjährige Effizienz fehlt offensiv und defensiv

Der FCZ spielte wie sich das schon in der Vorbereitung angedeutet hatte, mehr über die Seiten. Man sieht mehr Flanken und Kopfbälle. Die letzte Viertelstunde vor der Pause war der FC Zürich aber völlig von der Rolle und gewann praktisch keine Zweiten Bälle im Mittelfeld mehr. Luzern kam zu Chancen beinahe im Minutentakt. Eine positive Veränderung zum YB-Spiel war, dass diesmal beim FCZ Einwechselspieler (namentlich Dzemaili, Rohner und Santini) einiges bewegen konnten und ihre Mannschaft nochmal in die Nähe des möglichen Siegtreffers brachten. Insgesamt hatte der FCZ mehr Ballbesitz und in der 1. Halbzeit ein Plus an Grosschancen. Ganz generell hätte das Spiel nach „Expected Goals“ tatsächlich ebenfalls Unentschieden enden müssen – allerdings 1:1. In Bern wäre nach diesem Kriterium ein 2:2-Unentschieden anstatt der 0:4-Niederlage korrekt gewesen und in Baku hätte man gar 2:1 gewinnen müssen. Dies vor allem auch, weil die Tore Qarabags aus Positionen erzielt wurden, die häufig nicht einen Torerfolg zur Folge haben. Torhüter Brecher konnte die wuchtigen Abschlüsse von Wadji und Kady aber jeweils nicht parieren.



Wer stürmt heute beim Heimstart im Letzigrund? / FCZ – Luzern Vorschau

In Bern war der FCZ gegen einen sehr motivierten Alt-Meister bis zu den Wechseln in der 72. Minute ebenbürtig. In Baku steigerten sich Schlüsselspieler wie Marchesano, Guerrero oder Kryeziu. Eine weitere Leistungssteigerung ist das Ziel im ersten Heimspiel gegen Luzern. Mehrere Spieler (Krasniqi, Kryeziu, Tosin,…) können vor der Partie ihre persönlich guten Erinnerungen an Spiele gegen diesen Gegner visualisieren. Auch wenn das letzte Spiel der Meistersaison im Letzigrund vor einer historischen Rekordkulisse im Duell dieser beiden Klubs mit 2:3 verloren ging.

Kann sich Krasniqi etablieren?

In den ersten beiden Partien der Saison hat der FCZ zwei Mal mit der „Breitenreiterschen“ Manndeckung begonnen und dann während der Partie auf Raumdeckung umgestellt. Die grosse Frage lautet nun: bleibt Franco Foda bei der Manndeckung als Grundprinzip, oder deutet sich ein schrittweiser Übergang zurück zur Raumdeckung an? Eine ähnliche Frage stellt sich bei der Grundformation. Bei der taktischen Analyse der ersten beiden Partien muss dabei aber auch die personelle Situation und der Auftritt der Gegner berücksichtigt werden. So haben sich Veränderungen im Spielverlauf in den jeweiligen 2. Halbzeiten nicht in erster Linie wegen Änderungen der taktischen Formation ergeben, sondern wegen verändertem Energie-Level des Gegners (Qarabag) und einer deutlich stärkeren Ersatzbank (YB). Gegen Luzern herrschen wieder andere Voraussetzungen und es braucht andere Qualitäten. Auch Spieler, die in Baku in der 1. Halbzeit oberflächlich schlecht ausgesehen haben mögen, könnten gegen Luzern wichtig fürs Team sein.

Bledian Krasniqi hatte einen guten Saisonstart. Schon letzte Saison war eine Partie in Luzern das Paradebeispiel dafür, dass der Techniker Krasniqi immer dann offensiv eine gute Leistung bringt, wenn er in der Anfangsphase der Partie über den Kampf ins Spiel kommt. Dies scheint er aktuell zu beherzigen. In Baku war er beim Doppelpass mit Boranijasevic bereits zum zweiten Mal hintereinander an der Entstehung eines Penaltys entscheidend beteiligt. Auf der Achterposition steht Krasniqi in Konkurrenz mit Dzemaili und Selnaes. Er ist aber auch eine Alternative für Marchesano auf der 10er-Position. Eine Entwicklung wie Rieder bei YB oder Jashari bei Luzern ist Krasniqi zuzutrauen.

Wer soll für den FCZ stürmen?

Im Sturm ist zur Zeit alles offen. Rohner ist zuletzt in Baku für seine in der 1. Halbzeit gute Arbeit schlecht belohnt worden. Gnonto startete schlecht in beide Partien, soll sich aber diese Saison als Stammspieler etablieren. Auch Tosin sollte bereit für diesen Schritt sein, ist aber häufig weiterhin als Joker effektiver. Auch der Einsatz von Okita in der Startformation ist nicht undenkbar. Franco Foda könnte versucht sein, die bisherige kleine „Torflaute“ der Zürcher Stürmer mit einem neuen Mann zu beheben.

Wer soll heute im Letzigrund gegen Luzern stürmen?

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Luzern: Kein Platz für Schürpf und Ndiayé?

Der noch eine Woche lang 19 Jahre alte Ardon Jashari wird den FC Luzern wohl als Captain aufs Feld führen, nachdem dies letzte Saison häufig der nicht viel ältere Marco Burch getan hatte. Der eigentliche Captain Christian Gentner hatte schon im Verlauf der letzten Saison seinen Stammplatz verloren (ohne den Routinier lief es den Innerschweizern deutlich besser) und diese Entwicklung wird er in der aktuellen Saison kaum noch rückgängig machen können. Im Mittelfeld hatte Luzern diesen Sommer am meisten Abgänge, was für den wiedergenesenen Alabi sowie die Neuzugänge Beloko und Dorn (in der Vergangenheit vorwiegend als Rechtsverteidiger eingesetzt) eine Chance bedeutet.

Samuele Campo hat mit dem Slowaken Jakub Kadak starke Konkurrenz erhalten. Weil Kadak aber erst vor einer Woche zum Team stiess und vielleicht auch etwas weil Campo gegen den FCZ oft seine besten Spiele macht, wird Kadak wohl erstmal auf der Reservebank beginnen. Challenge League-Topskorer Joaquin Ardaiz hat im letzten Vorbereitungsspiel gegen Genoa getroffen und wird wohl im Letzigrund in der Startformation stehen. Knifflige Fälle für Trainer Mario Frick sind Publikumsliebling Pascal Schürpf und Ibrahima Ndiayé. Sie sind beide etwas Opfer der Systemänderung im letzten Winter. Beide können sich auf der offensiven Flügelposition am besten entfalten, die es aktuell beim FC Luzern nicht mehr gibt – ausser es wird ausnahmsweise wie in der 36. Runde der letzten Saison im Letzigrund auf das alte 4-2-3-1 zurückgegriffen.

Auch das Corporate Identity-Gefährt mit den Ligasponsoren wird nach der Sommerpause heute im Letzigrund wieder aus der Ecke geholt.
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