FCZ und Lausanne-Sport sind nach Meistertiteln die Nummern fünf und sechs des Schweizer Fussballs. Die letzten drei Heimspiele schaffte man es im Letzigrund erstmals in diesem Jahrhundert gegen die Waadtländer jeweils über die 10’000 Zuschauer-Marke. Sonst waren es sowohl in Lausanne wie auch in Zürich jeweils vierstellige Zahlen gewesen. Von den letzten sieben Duellen gegen Lausanne-Sport hat der FC Zürich nur eines gewinnen können – beim 2:0 im August (Eigentor Fofana, Kontertor Sabobo). Lausanne-Coach Ludovic Magnin hat als Trainer gegen keinen anderen Super League-Klub eine so gute Bilanz wie gegen den FC Zürich (1,83 Punkte im Schnitt). Die Waadtländer haben zwar im zweitletzten Spiel in St. Gallen in Unterzahl mit 2:0 gewinnen können, im ersten Spiel nach der Verletzung von Alvyn Sanches setzte es hingegen eine 1:4-Heimpleite gegen den FC Luzern. Auch ohne Sanches hat Lausanne-Sport eine Reihe von guten Einzelspielern im Kader von denen sich diese Saison noch nicht alle voll entfalten konnten. Wie der FCZ agiert auch Lausanne-Sport in einem konstruktiven 4-3-3.
Beide Teams im 4-3-3 – Conceição erneut auf der Acht?
In den letzten zwei Partien war der Argentinier Fabricio Oviedo erstmals jeweils von Beginn weg dabei. Er ist ausgeliehen von Rosario Central, dem Stadtrivalen des Messi-Stammklubs Newell’s Old Boys. Der gegen Luzern gesperrte von Strasbourg ausgeliehene Marvin Senaya könnte wieder in die Startformation zurückkehren. Der vom ehemaligen Tramezzani-Klub NK Istra im Winter für zwei Millionen Schweizer Franken verpflichtete Mauretanier Beyatt Lekoueiry (19) soll mittelfristig die Nachfolge von Alvyn Sanches antreten – und ist erneut eine Option für die Startformation. Stark entwickelt haben sich in dieser Saison der schwedische “Abfangjäger“ Jamie Roche, Innenverteidiger Karim Sow oder Linksverteidiger Morgan Poaty. Abwehrchef Noë Dussenne scheint hingegen nicht so gut im Strumpf zu sein wie letzte Saison.
Taktisch und bezüglich Spielweise setzt das FCZ-Trainerteam aktuell auf Kontinuität, was der Mannschaft erlaubt, sich immer besser zu finden und an den Details zu arbeiten. Seit der Wintervorbereitung ist 4-3-3 das präferierte Spielsystem (ab und zu leicht umgestellt zu einem 4-2-4 wie gegen Luzern). Der neue Aspekt im Derby war, dass Ricardo Moniz Rodrigo Conceição auf der rechten Achterposition im Dreiermittelfeld eingesetzt hat – eine Rolle, die der Portugiese bisher beim FCZ noch nicht häufig gespielt hat. Es funktionierte aber ziemlich gut. Auf mehreren Positionen stehen mittlerweile valable Alternativen zur Verfügung. Die grosse Frage ist, wann der Zeitpunkt sein wird, wo Moniz einem der jungen Mittelstürmer wie Vincent Nvendo die Startformation zutraut. Moniz will bei einem Mittelstürmer in erster Linie, dass er die gegnerische Abwehr viel beschäftigt und die Tiefe attackiert, um so zwischen gegnerischer Abwehr- und Mittelfeldreihe Raum zu schaffen. Dies ist, was er von Steven Zuber aktuell weitgehend erhält. Mit Ball hat Zuber auf der Mittelstürmerposition aber wenig zwingende Aktionen. Uber die linke Seite ist der Tösstaler jeweils gefährlicher. Benjamin Mendy scheint das Vertrauen von Ricardo Moniz weiterhin zu geniessen und erste Option für die Linksverteidigerposition zu sein.
Frage zum Spiel: Wer soll für den FCZ gegen Lausanne-Sport im Zentrum stürmen?
Luzern hat sich mittlerweile auf dem dritten Platz hinter Servette und dem FC Basel etabliert und liegt fünf Punkte vor dem FC Zürich. Der FCZ hat in dieser Saison bisher eine negative Bilanz gegen den FC Luzern. Die letzte Direktbegegnung im Januar in der Swissporarena wird noch lange in Erinnerung bleiben – mit rekordhohen drei Penaltys und zwei Platzverweisen – alle (auf dem Platz oder nach VAR-Checks) ausgesprochen gegen den FC Zürich. Luzern erzielte beim 3:1 alle drei Tore aus den Penaltys, während der FCZ in Unterzahl mit einem von Kamberi verwerteten Krasniqi-Freistoss zum 1:3 kam. Tyron Owusu und Thibault Klidjé waren auf Luzerner Seite die beiden Spieler welche den klaren Auftrag hatten, möglichst viele Situationen zu kreieren in denen es zu diesen Penaltys und Platzverweisen kommen konnte – oder wie es FCL-Trainer Mario Frick nach der Partie im TV-Interview formulierte: „Dorthin zu gehen, wo es weh tut“.
Vorsicht vor Laufwegen von Owusu und Klidjé
Dies haben Owusu und Klidjé mittlerweile auch gegen andere Gegner praktiziert, aber bei weitem nicht mit so viel „Erfolg“. Zuletzt beim 1:1 gegen den FCB blieb Schiedsrichter Urs Schnyder nach dem Tackling von Adrian Barisic gegen Owusu im Strafraum auch nach VAR-Intervention von Nico Gianforte trotz Berührung bei seiner Entscheidung von „kein Foul“. Etwas, was man sich damals gegen den FCZ auch von Sven Wolfensberger gewünscht hätte, als bei der VAR-Intervention von Lionel Tschudi wegen eines angeblichen „Fouls“ von Daniel Denoon gegen Thibault Klidjé dieses Foul auf den Video-Bildern nicht erkennbar war. Wolfensberger wurde interessanterweise erneut mit der Leitung der Partie FCZ – Luzern betraut. Der FCZ sollte sich aber natürlich nicht auf den Schiedsrichter fokussieren, sondern vor allem vor Owusu und Klidjé gewarnt sein, die mit abrupten Richtungsänderungen immer wieder den Kontakt mit rückwärtslaufenden Verteidigern suchen.
Der FC Zürich war mit einem sehr mutigen und intensiven Fussball nach der Winterpause gestartet. Die Penaltys und Platzverweise in Luzern sowie der verschossene Elfmeter Chouiars gegen Basel waren die ersten aber noch lange nicht letzten teilweise externen, teilweise selbst verschuldeten Rückschläge in den folgenden Partien. Die Stossrichtung eines dominanteren Fussballs bleibt bestehen. Der FCZ schafft es aber noch nicht, dies gegen nominell gleich starke oder stärkere Gegner wie beispielsweise dem FC Luzern auch durchzusetzen. Nach den letzten Partien mit einer Serie von teilweise hanebüchenen VAR-Interventionen hätte man aber definitiv wieder mal etwas Wettkampfglück verdient.
FCZ weiterhin mit Baustelle „Linksverteidiger“
Die Baustelle „Linksverteidiger“ bleibt aber weiterhin bestehen. Da Junior Ligue gegen Luzern möglicherweise krankheitshalber fehlen könnte, wird wohl Daniel Denoon wie schon im Januar zentral neben Mariano Gomez verteidigen. Doron Leidner wird weiterhin nur noch in der U21 eingesetzt. Den in der Vorrunde gute Ansätze zeigenden und im Winter zu Deportivo La Coruña ausgeliehenen Nemanja Tosic könnte man aktuell gut gebrauchen. Dieser sah im Duell mit Junior Ligue, der mittlerweile Innenverteidiger spielt, aber zu wenig Einsatzchancen. In Spanien spielte der Serbe bisher aber auch erst 45 Minuten. Rodrigo Conceiçao hatte mit seiner Unvorsichtigkeit im Laufduell gegen Tyron Qwusu die 1:3-Niederlage in Luzern eingeleitet. Zuletzt beim 1:3 gegen Servette zeigte der Portugiese, dass er dem Team mit seiner wilden Spielweise als Einwechselspieler bei Rückstand am besten helfen kann. Seine Einsätze von Beginn weg waren zuletzt hingegen ungenügend. Benjamin Mendy wiederum hätte Coach Ricardo Moniz wohl gegen Luzern in der Startformation vorgesehen gehabt, aber der Franzose war zuletzt ebenfalls krank gemeldet.
Gegen Servette zeigte sich nach dem Seitenwechsel erneut, dass Steven Zuber von der Linken Seite aus effektiver agiert als im Zentrum, wo ihm als Fixspieler auf engem Raum die Reaktions-Schnelligkeit fehlt. Als weitere Alternative im Sturmzentrum neben Torschütze Damienus Reverson und Mohammad Mahmoud gab heute in Lugano Vincent Nvendo sein Début in der FCZ U21, wurde aber zur Pause ausgewechselt. Nicht mit dabei im Tessin sind unter anderem Joseph Sabobo, Neil Volken und Dylan Munroe. Möglich, dass einer von diesen drei im Letzigrund im Kader gegen Luzern steht. Janoah Markelo war unter der Woche ebenfalls krank, könnte es aber möglicherweise noch rechtzeitig auf die Partie gegen Luzern schaffen.
Der FCZ hat in dieser Saison bisher eine negative Bilanz gegen Servette. In beiden Begegnungen setzten die Genfer auf Konterfussball und dabei wiederum vor allem auf Dereck Kutesa. Der FCZ trat beide Male mit Dreierabwehr an und liess Kutesa auf der Seite dabei zu viel Raum. Die rechte Zürcher Seite hatte jeweils grosse Probleme. Lindrit Kamberi hätte in der ersten Partie im Letzigrund (1:3, dritthöchste Zuschauerzahl der bisherigen Saison) eigentlich zur Pause ausgewechselt werden müssen. Im zweiten Spiel (1:1 im Stade de Genève) ging es Rodrigo Conceição nicht viel besser. Servettes Stärke im Umschaltspiel hat sich seither weiter akzentuiert. Die Schlüsselspieler Cognat und Stevanovic sind zusätzlich wieder besser in Form und vorne setzten sich zuletzt Neuverpflichtung Ndoye sowie die eigenen Junioren Varela und Ouattara als zusätzliche „Waffen“ in Szene. Servette liegt sowohl in der Formtabelle der letzten fünf Partien als auch in der Jahrestabelle 2025 vor dem 27. Spieltag auf dem 1. Platz der Liga. Gegen keinen anderen Gegner hat der FC Zürich in der Super League zudem so eine schlechte Heimbilanz. Ein leichter Aufwind ist auch beim FCZ zu verspüren, aber es wartet ein schwerer Brocken.
Wird Perea durch Ligue ersetzt?
Andeutungen von FCZ-Coach Moniz an der Pressekonferenz vor der wegweisenden Partie gegen Servette lassen vermuten, dass der verletzte Juan José Perea im Sturmzentrum durch Junior Ligue ersetzt werden könnte. Moniz sprach von zwei zusätzlichen Positionen auf denen dadurch Änderungen vorgenommen werden müssten. Dies wäre die Verschiebung des in Lugano als Linksverteidiger auflaufenden Denoon zurück in die Innenverteidigung und dessen Ersatz auf links durch möglicherweise Conceição.
Ob dies allerdings eine vielversprechende Lösung wäre, scheint zweifelhaft. Die Abwehrkette mit Ligue im Zentrum und Denoon links funktionierte in Lugano hervorragend. Auch Ballet hat sich zuletzt verbessert. Es wäre sicherlich interessant zu sehen, wie er sich gegen Kutesa macht. Conceição enttäuschte hingegen zuletzt ziemlich stark. Und Mendy ist wohl weiterhin noch nicht ready für die Startformation. Ausserdem gibt es im Sturmzentrum viele Alternativen. Mahmoud machte bei seinen Teileinsätzen einen sehr guten Eindruck. Und dann gäbe es da auch noch Emmanuel (In Lugano für Perea eingewechselt), Reverson, Oko-Flex oder sogar Greco. Zuber, Markelo, Chouiar, Gbemin, Ballet und Gomez sind zur Zeit ziemlich sicher gesetzt. Krasniqi scheint aktuell in ein kleines Loch gefallen zu sein. Für ihn könnte allenfalls wieder Tsawa beginnen.
Eine Gemeinsamkeit haben der FC Zürich und der FC Basel in diesen Tagen: beide Teams hatten diesen Winter einige Abgänge zu verzeichnen. Während allerdings beim FCB der eingespielte Stamm zusammengehalten und für die Rückrunde gestrafft wurde, ist beim FCZ der Kern der Mannschaft im Umbruch. Dies bietet Akteuren wie Gomez, Mathew oder Krasniqi die Chance, in die Verantwortung hineinzuwachsen. Der FCZ ist immer noch in einer frühen Phase seines Umbruchprozesses. Der FC Basel scheint hingegen seinen grossen Umbruch der letzten Jahre unter David Degen langsam aber sicher hinter sich zu haben. Über längere Zeit wurden Spieler vor allem auch aufgrund ihres hohen Wiederverkaufswertes verpflichtet, um das für Schweizer Verhältnisse sehr hohe Budget des Klubs mit Transfergewinnen zu decken. Gutes Geschäften auf dem Transfermarkt mit Hilfe eines erfolgreichen früheren Spielerberaters wird angesichts der extrem tiefen Schweizer TV-Gelder für den FCB weiterhin essentiell bleiben, um wieder erfolgreich zu werden und das Szenario zu verhindern, dass der Klub in die Hände eines ausländischen Konglomerates gerät.
Offensiv der beste FCB seit einem Jahrzehnt
Die Winterabgänge des FC Basel bestehen aus sechs jungen Spielern, die ausgeliehen werden, und den erfahrenen Kololli (zu Sion) sowie Dräger (zu Braunschweig), welche keine Rolle mehr gespielt haben. Unter Ex FCZ-Verteidiger Daniel Stucki als neuem sportlichem Verantwortlichen werden Leihen in die Challenge League wieder forciert, nachdem der FCB dieses Mittel lange Zeit kaum mehr genutzt hatte. So wie Basel in den ersten beiden Partien in Lugano (2:2) und gegen Sion (4:1) aus der Winterpause gekommen ist, sind die Rotblauen der Favorit auf den Meistertitel – noch vor Lugano und YB. Offensiv ist es nicht nur klar die beste Mannschaft der Liga, sondern in dieser Hinsicht auch der beste FCB seit rund einem Jahrzehnt. Top-Offensivspieler hatte man in den letzten Jahren immer, aber nie einen Mann wie Xherdan Shaqiri – und auch nie eine so gute offensive Kohäsion und Variabilität. Ballsicherheit, Passsicherheit und Standardqualitäten des 125-fachen Nationalspielers geben auch dem Rest der Mannschaft viel Vertrauen. Es handelt sich dabei um das nach Transferausgaben mit Abstand teuerste Kader der Liga mit der klar grössten Erfahrung an Top-Liga-Partien in seinen Reihen (523 Spiele in Premier League, La Liga, Serie A, Bundesliga und Ligue 1). Bénie Traoré beispielsweise hat sowohl Premier League- wie auch Ligue 1-Erfahrung auf dem Buckel, Léo Leroy 72 Ligue 1- und Marwin Hitz 181 Bundesliga-Partien absolviert.
Dies bedeutet aber nicht, dass das Team keine Schwächen hat. Seit Anfang November hat der FC Basel kein Spiel mehr „zu Null“ beenden können und dies hat gute Gründe. Shaqiri und Kevin Carlos machen defensiv sehr wenig. Sieben von zehn Stamm-Feldspielern haben ihre Stärken vorwiegend in der Offensive. Wenn es einem Gegner gelingt, die gut nach vorne verteidigenden Leroy und Barisic grossräumig zu umspielen, kann man sich gute Chancen auf Tore erarbeiten. Im Herbst wich der FCZ im St. Jakob Park von seiner allgemeinen Ausrichtung ab und gewann mit einer konsequenten Kontertaktik 2:0. In den letzten Jahren hat dies gegen Rotblau immer wieder gut funktioniert. Dass Tosic wohl für den schnellen Denoon in der Innenverteidigung einspringen wird, wäre ein weiterer Grund für eine solche Ausrichtung. In diesem Falle könnte der zuletzt noch nicht überzeugende Emmanuel als explosiver Flügel doch wieder eine Chance von Beginn weg erhalten. Ansonsten beginnt wohl das in den Winter-Testspielen relativ gut harmonierende Duo Zuber / Chouiar auf Links / Halblinks.
Offensiv ausgerichtet, noch wenig Chancen aus dem Spiel heraus
Bledian Krasniqi (fünfter Skorerpunkt der Saison in Luzern) ist eine Startelf-Option sowohl auf der Marchesano- / Chouiar- als auch auf der Mathew-Position. Eine kleine Chance besteht, dass der bisher nicht überzeugende Isaiah Okafor gegen seinen Stammklub zum Zug kommt. Der FC Zürich ist mittlerweile sogar noch offensiver ausgerichtet als der offensiv ausgerichtete FCB. Man agiert in einem 4-2-4 und auf der Linksverteidigerposition spielt ein gelernter Stürmer. Junior Ligue hat sich allerdings auch defensiv zuletzt verbessert. Wichtig wird vor allem sein, dass Rodrigo Conceição gegen Bénie Traoré weniger naiv in den Zweikampf geht wie in Luzern. Die Team-Leistung auf der Allmend war sehr engagiert. Aber man ist erst wenige Schritte vorangekommen im Bestreben, sich mehr Torchancen aus dem Spiel heraus zu erarbeiten. Bei Standards ist der FCZ ähnlich gefährlich wie der FCB – wobei dafür mit Lindrit Kamberi ein wichtiger Spieler im Letzigrund fehlen wird.
Dem FC Zürich gelingt 24/25 zum dritten Mal in den letzten vier Saisons ein hervorragender Saisonstart. Mit 18 Punkten aus den ersten neun Runden hat das Team einen Punkt weniger auf dem Konto als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr. Gleichzeitig ist es ein Punkt mehr als 21/22, als man den Meistertitel vor allem durch Topleistungen im zweiten und dritten Saisonviertel, also im Winterhalbjahr, nach Zürich holen konnte. Letzte Saison hatte man den Eindruck, dass die Mannschaft in den ersten Monaten (keine Niederlage bis Anfang November) am oberen Rand ihrer Möglichkeiten performte:
viele Standardtore
treffsichere Offensivspieler Marchesano und Okita
ein Fabio Daprelà, der in dieser Phase so lange es gesundheitlich ging der Mannschaft mit seiner italienisch geprägten Verteidigungsleidenschaft helfen konnte
Daniel Afriyie traf doppelt gegen Lugano, überzeugte als Stammspieler aber vor allem mit seiner Defensivarbeit als Manndecker des gegnerischen Sechsers
Trotz dünner Personaldecke lag vor einem Jahr sogar eine makellose Bilanz in den ersten neun Spielen im Bereich des Möglichen – fragwürdige Schiedsrichter- / VAR-Entscheide gegen St. Gallen und in Genf, sowie ein Last Minute-Gegentreffer in Basel und -Big Save von Letica gegen Wallner in Lausanne führten zu Unentschieden in den vier Partien, die man gut und gerne ebenfalls hätte gewinnen können. Und vor der Winterpause war man mit nur einem Punkt aus den erfreulichen Auftritten gegen Luzern, in Winterthur und in St. Gallen schlecht bedient. Letztendlich wäre es aber mit dem letztjährigen Kader eine riesige Sensation gewesen, über eine ganze Saison hinweg vorne in der Tabelle mitreden zu können.
Gomez überzeugt als Rechtsverteidiger mehr denn als Abwehrchef
Diese Saison sind die personellen Voraussetzungen vorteilhafter. Mit Juan José Perea hat man den ersten echten Mittelstürmer seit Assan Ceesay, der regelmässig trifft. Fernand Gouré und Labinot Bajrami wären zudem gute Alternativen, kommen zur Zeit aber wegen Verletzung / Leihe nicht in Betracht. Die Verteidigungsreihe wurde ebenfalls gestärkt. Mirlind Kryeziu bringt konstant gute Leistungen und der Fitnessstand und damit auch die Auftritte von Nikola Katic haben sich im Vergleich zur letzten Saison deutlich verbessert. Eine Viererreihe zusammen mit den beiden Neuverpflichtungen Mariano Gomez und Nemanja Tosic auf den Aussenpositionen wie beim Startspiel in Yverdon wäre ein Abwehrblock, der den Mittelfeldspielern und Stürmern mehr offensive Entfaltung ermöglichen und gleichzeitig bei Standards im gegnerischen Strafraum eine grosse Gefahr für den Gegner darstellen würde.
Tosic musste allerdings schon im ersten Saisonspiel verletzungsbedingt ausgewechselt werden und ist bis heute noch nicht richtig in der Saison angekommen. Gomez hat als Rechtsverteidiger gute bis sehr gute Leistungen erbracht. Aufgrund seiner Schnelligkeit stellte ihn Ricardo Moniz zuletzt auf die zentrale Position in der Dreierabwehr. Diese Rolle liegt ihm bisher aber weniger gut. Gomez scheint zumindest auf den ersten Blick dann am stärksten zu sein, wenn er sich voll auf seine Zweikämpfe, Laufduelle und Zuspiele fokussieren kann, und nicht noch zusätzlich die Abwehr als Ganzes im Blick halten und ordnen muss. Silvan Wallner ist für die eigentlich auf der LInksverteidiger-Position vorgesehenen Tosic und Leidner eingesprungen und entwickelte dabei erstmals im Dress der 1. Mannschaft eine gewisse Konstanz. Damit verdiente er sich seinen Wechsel zu Blau-Weiss Linz, wo er zuletzt bei der Partie bei WSG Tirol bereits erstmals in der Startformation stand. Lindrit Kamberi hingegen kommt bisher weniger zum Zug als letzte Saison und überzeugt dabei jeweils auch nicht in einer Weise, dass ihn Ricardo Moniz zwingend häufiger einsetzen müsste.
Chouiar: viele Torbeteiligungen und effektive Defensivaktionen
Im Mittelfeldzentrum sieht die personelle Situation ebenfalls gut aus, wobei mit dem 27-jährigen Ifeanyi Mathew und dem 17-jährigen Cheveyo Tsawa der Älteste und der Jüngste die grösste Konstanz aufweisen. Tsawa ist nach seiner Gesichtsverletzung auf dem Weg zurück. Der Sohn des ehemaligen FCZ-Spielers, erfolgreichen FCZ Frauen-Coaches und heutigen Athletiktrainers Dorjee Tsawa spielt einen erstaunlich reifen Fussball, ist zweikampfstark, spielintelligent, hat zudem eine gute Technik und ist mit Distanzschüssen auch offensiv gefährlich. Er wirkt wie ein Spieler auf den man sofort bauen könnte. Mathew und Bledian Krasniqi waren in den letzten Wochen die Optionen des Trainers für die Position neben dem gesetzten Cheick Condé. Krasniqi hatte in St. Gallen, wo er normalerweise seine besten Leistungen abzurufen pflegt, Ende September einen völlig verpatzten Einsatz in der 2. Halbzeit. Condé wiederum schien lange nicht 100% fokussiert in die Partien zu gehen. Zwei Tage nach Schliessung des internationalen Transferfensters stand gegen den FC Luzern dann aber plötzlich wieder der Cheick Condé seiner besten Tage auf dem Platz. Seit diesem Spiel ist er wieder zu einem wichtigen Stabilitätsfaktor geworden – und war auch beim 2:0-Sieg in Basel der beste Mann im FCZ-Trikot. Noch nicht zu einem Wettbewerbseinsatz mit der 1. Mannschaft kam bisher der wie Condé aus Conakry (Guinea) stammende Mohamed Bangoura (18), der zudem ein ähnlicher Spielertyp ist, und im Frühling am Blue Stars / FIFA Youth Cup im FCZ U19-Team für gut befunden worden war. Bei seinem Promotion League-Début flog er Mitte September gegen den FC Baden nach 38 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz. Seither folgten vier weitere Einsätze in der U21.
In der Meistersaison waren Antonio Marchesano und Assan Ceesay die Offensivtrümpfe des FC Zürich, bei der starken ersten Saisonhälfte vor einem Jahr das Duo Marchesano / Okita – nun sind es Marchesano und Perea. Das Muster ist erkennbar: Marchesano gut – FCZ gut. Dazu kommt mit Mounir Chouiar nun aber noch ein dritter Mann. Die elf Torbeteiligungen des Franzosen sind aktuell der Spitzenwert im Kader. Unter mehreren Standardspezialisten ist Chouiar im Moment die Nr. 1. Seine Eckbälle und Freistösse sind häufig hervorragend geschlagen. Der von Ludogorets Razgrad ausgeliehene 25-jährige ist spielerisch stark, darüber hinaus aber auch handlungsschnell und mit einem soliden Support in der Defensivphase. Beides im Gegensatz zu manchem früher vom FCZ verpflichteten Spieler vom Typus “Techniker‘ wie Ole Selnaes, Mimoun Mahi, Moritz Leitner, Ante Coric, Denis Popovic, Gregory Sertic oder Benjamin Kololli. Während Marchesano zu Beginn der Saison teilweise auch in einer Doppelspitze eingesetzt worden war, spielt der FCZ aktuell mit Marchesano / Chouiar als Doppel-10 auf den Halbpositionen und Perea als einzige Spitze, die sich flexibel in der ganzen gegnerischen Platzhälfte bewegt.
Ligue als Linker Aussenläufer? Keine neue Idee
Durch die Verletzung von Gouré und die Leihe Bajramis nach Winterthur sind aktuell Daniel Afriyie und Umeh Emmanuel die Alternativen für Perea. Der 23-jährige Ghanaer Afriyie schiesst aber bisher keine Tore und der 20-jährige Nigerianer Emmanuel ist ein anderer Stürmertyp. Marchesano sprüht vor Tatendrang. Sein Notenschnitt bewegt sich konstant auf hohem Niveau zwischen 7 und 9. Die Alternativen für Marchesano und Chouiar auf den Halbpositionen (Doppel-10) sind neben Bledian Krasniqi Nevio Di Giusto, Joseph Sabobo, Jonathan Okita und Armstrong Oko-Flex. Di Giusto hatte bisher durchwegs vielversprechende Teileinsätze, sich aber gegen Sion scheinbar ohne Fremdeinwirkung wieder verletzt. Okita fiel nach anfänglich ansprechenden Leistungen zuletzt wieder ins gleiche Fahrwasser wie bei den wenig erbaulichen Auftritten der vergangenen Rückrunde. Der 18-jährige Sambier Joseph Sabobo wiederum scheint noch nicht bereit für die Liga zu sein. Eine baldige Leihe in die Challenge League oder eine vergleichbare Liga wäre bei ihm sicherlich angebracht.
Zu Beginn der Saison trat der FCZ vorwiegend mit Viererabwehr an. Mariano Gomez (rechts) und Silvan Wallner (links) zeigten dabei gute Leistungen. Lindrit Kamberi ist hingegen ausser Form und Daniel Denoon wurde nach einer längeren Verletzungspause und ohne echte Promotion League-Spielpraxis in der Super League gegen Luzern ins kalte Wasser geworfen, was schief ging. Die dedizierten Linksverteidiger Nemanja Tosic und Dorin Leidner hatten ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Mittlerweile wurde das System auf Dreierabwehr umgestellt. Das Stammduo auf der Aussenläufer-Position sind innert kurzer Zeit Neuverpflichtung Samuel Ballet (rechts) und Eigengewächs Junior LIgue (links) geworden. Ballet füllt diese Rolle bisher dank seiner mittlerweile gewonnenen Reife zufriedenstellend aus. Der gelernte Stürmer Ligue macht sich als LInker Aussenläufer ebenfalls gut. Er hat auf dieser Position in der Vergangenheit bereits bei den Junioren (unter anderem am Blue Stars / FIFA Youth Cup 2022) und bei Testspielen mit der 1. Mannschaft unter Bo Henriksen Erfahrungen gesammelt. Die Idee, dass die Zukunft von Ligue möglicherweise auf dieser Position liegen könnte, existiert beim FCZ also schon seit mehreren Jahren. Ein Beispiel für einen solchen Prozess aus der Vergangenheit ist der FCZ-Junior Miro Muheim, der ursprünglich im Offensiven Mittelfeld spielte. Als er von Chelsea zum FCZ zurück wechselte und zum Linksverteidiger umfunktioniert werden sollte, sträubte sich Muheim erst dagegen. Als dann aber sein nächster Verein FC St. Gallen ihm diesen Positionswechsel ebenfalls nahelegte, willigte er ein.
Brecher noch unter dem Leistungsniveau von 23/24
Doron Leidner als Alternative auf der Linken Seite war zu Beginn der Saison überfordert. Der 22-jährige Israeli hat sich zuletzt zwar etwas verbessert präsentiert, strahlt aber weniger Ballsicherheit aus als der drei Jahre jüngere Ligue, welcher zudem physische Vorteile mitbringt. Nemanja Tosic ist eher ein Linksverteidiger in einer Vierer- oder Innenverteidiger in einer Dreierabwehr als ein Aussenläufer. Rodrigo Conceição wirkt in seinen Auftritten nicht solide und verlässlich. Der jeweilige Gegner bekommt sofort Aufwind auf seiner Seite, wenn der Portugiese eingewechselt wird. Selmin Hodza hat schon bewiesen, dass er mithelfen kann, Druck zu machen, wenn in einer Schlussphase ein Rückstand aufgeholt werden soll. Um ein Kandidat für die Startaufstellung zu werden, müsste er aber mehr Konstanz an den Tag legen – nicht zuletzt bei seinen Einsätzen in der Promotion League. Im Tor zeigte sich Zivko Kostadinovic im Vergleich zu seinen Cup-Auftritten der letzten Jahre verbessert – fokussiert und sicher. So machte er in Le Locle unter anderem eine Topchance Christophe Mokranis zunichte. Yanick Brecher wiederum gehört zu den wenigen Spielern beim FCZ, die in der laufenden Saison bisher unter der letztjährigen Form spielen. Allerdings gab es bei ihm in den letzten Partien eine Aufwärtstendenz und zuletzt gegen den FC Lugano war Brecher erstmals diese Saison Züri Live-MVP.
Der FC Zürich gewinnt dank einer klaren Leistungssteigerung im Vergleich zu den letzten Spielen verdient gegen Servette, welches somit nach einer Serie von keineswegs schlechten, aber unglücklichen Auftritten seine Meisterambitionen begraben muss. Der FCZ startet gut in die Partie, hat aber mit Cheick Condé einen jungen Spieler auf dem Platz, der auch im ersten Spiel nach seiner Sperre in einzelnen Szenen zu ungestüm und unkonzentriert agiert. So entsteht der Führungstreffer Servettes durch David Douline nach einem Baron-Freistoss von der linken Seite. Der Es FC Zürich kassiert erneut aus einem gegnerischen Standard ein Gegentor – das vierte in den letzten vier Partien, davon drei Freistösse. David Douline ist dafür dann auch an den beiden Zürcher Toren beteiligt. Der FC Zürich ist etwas weniger Ballbesitz orientiert als in den Partien in welchen Murat Ural das Sagen hatte, überzeugt mit viel Bewegung und Positionswechseln, und sucht im Angriffsdrittel den Weg ins Zentrum. In der Schlussphase werden die Versuche Servettes mit viel Kampfgeist und Einsatz im Ansatz geblockt.
Ricardo Moniz reagierte auf die schwache 1. Halbzeit mit einem Doppelwechsel zur Pause. Unter anderem verhalf er dem 18-jährigen Joseph Sabobo zu seinem Super-League-Debüt. Der FCZ zeigte auch auf dem Platz ein anderes, entschlosseneres Gesicht.
SRF
FCZ beendet mit Leistungssteigerung Servettes Meisterträume
Der FCZ beendet somit auch die Saisonduelle mit Servette mit einer positiven Bilanz (2 Siege / 1 Unentschieden / 1 Niederlage). Positiv fällt in der 1. Halbzeit die vor allem offensiv starke Rechte Seite mit Rodrigo Conceição und Nils Reichmuth auf. In der 2. Halbzeit hilft dann der eingewechselte Cheveyo Tsawa erneut entscheidend, den Vorsprung über die Runden zu bringen. Der Pausenrückstand wurde durch Tore in der 54. und 70. Minute gedreht. An beiden Toren sind mehrheitlich die gleichen Spieler beteiligt. Der ansonsten durchschnittlich auftretende Antonio Marchesano ist mit einem Tor und einem Assist sehr effizient. Armstrong Oko-Flex hat ebenfalls bei beiden Treffern seine Füsse im Spiel. Ivan Santini sorgt in beiden Fällen für Betrieb und Ablenkung in der Genfer Viererabwehrreihe. Und Rodrigo Conceição ist mit einem Assist beim ersten und entscheidenden Ballgewinn vor dem eigenen Strafraum beim zweiten Tor beteiligt. Ausgleichende Gerechtigkeit wurde in diesem Spiel dadurch hergestellt, dass auf beiden Seiten eine 50/50-Penaltyszene nicht gepfiffen wurde. Und dank VAR-Intervention kam der FC Zürich in der Schlussphase zu Recht um einen angeblichen Handspenalty herum.
Die Genfer schliesslich haben ihren Teil dazu beigetragen, um nach 70 Minuten plötzlich doch hinten zu liegen. Nach Doulines 1:0 in der Startviertelstunde brauchen sie ganze 50 Minuten, um wieder einmal auf das Tor von Yanick Brecher zu schiessen. Insgesamt kommen sie auf drei Torschüsse.
Marcel Rohner, Tages-Anzeiger
Highlights: Hochverdient für den FCZ
Personalien – Cheick Condé von Sperre zurück, verursacht Gegentor, zur Pause wieder raus
Amadou Dante: Benötigt Defensiv immer wieder Unterstützung aus dem Zentrum. Hat seine Gegenspieler nicht im Griff.
Cheveyo Tsawa: Nach Winterthur zum zweiten Mal in Folge Defensiv Bester beim FC Zürich.
Cheick Condé: Startet zurück von seiner Sperre schlecht in die Partie. Ist am Genfer Führungstor mit seinem unnötigen Foul und der unaufmerksamen Deckungsarbeit beim Freistoss gleich doppelt beteiligt. Zur Pause ausgewechselt.
Ifeanyi Mathew: Wenig am Spiel beteiligt. Spult sein Pensum wie ein „Buchhalter“ ab.
Rodrigo Conceição: Wie in Winterthur bester FCZ-Spieler der 2. Halbzeit und erstmals Offensiv Bester. Beinahe die gleiche Punktzahl wie MVP Nils Reichmuth und ebenfalls ausgewechselt.
Nikola Katic: Gehörte in der 1. Halbzeit zu den Besten beim FCZ. In dieser Phase an vier der fünf Torchancen beteiligt.
Nils Reichmuth: Spielt eigentlich eine starke 1. Halbzeit – offensiv sowieso, aber auch defensiv mit einem guten Auftritt. Es geht aber trotzdem mit einem 0:1-Rückstand in die Pause und Reichmuth wird ausgewechselt.
Antonio Marchesano: Lange geht ihm vieles zu schnell in dieser Partie. Ist letztendlich dann trotzdem an den beiden Toren entscheidend beteiligt.
Armstrong Oko-Flex: Taucht nach aktivem Start etwas ab. Wechselt zur Pause von Links auf Rechts.
Ivan Santini: Ist mit seiner Störarbeit an beiden Toren beteiligt. Ansonsten aber häufig zu langsam und mit mehreren Ballverlusten.
Joseph Sabobo: Leicht ungenügende Note bei seinem Début.
Yanick Brecher: Nicht sein Tag: hat kaum etwas zu tun und wenn doch mal, gelingt es ihm nicht optimal.
Es sind solch enge und verknorzte Spiele, in denen die Klasse und Routine von Altmeister Antonio Marchesano besonders wertvoll sind: Der Altmeister sorgt für das schnelle 1:1 nach der Pause und bereitet Krasniqis 2:1 mustergültig vor.
Sebastian Wendel, Matteo Bonomo (Blick)
Randnotiz, 43. Minute: alle 20 Feldspieler auf engem Raum in der Servette-Platzhälfte
Kommentare: Kein Joga Bonito von Dante – Santini holt alles nach