Steaua-Trainer Reghecampf: „Wie ein Final“

Das Interesse für die Pressekonferenz von Steaua vor dem Europa League-Heimspiel gegen den FCZ im Nationalstadion ist gross – von Seiten der Rumänischen Medien. Von Schweizer Seite ist nur Züri Live da. Häufig überbieten sich an solchen Veranstaltungen die Klubrepräsentanten in nichtssagenden Phrasen und versuchen wenn immer möglich schon nach zwei Minuten sich wieder aus dem Staub zu machen. Hier lässt man sich hingegen Zeit, auf die vielen, auch witzig formulierten Fragen zu antworten. Schliesslich nimmt Fussball in der Medienlandschaft Rumäniens einen sehr hohen Stellenwert ein.img_0748

So erfährt man von Trainer Laurentiu Reghecampf, dass er trotz zuletzt unbefriedigender Bilanz in den Liga-Heimspielen (1-2 gegen CFR Cluj, 0:1 gegen Gas Metan Medias) mit dem gleichen System weiterspielen will, auch wenn es einzelne personelle Änderungen geben wird. Der ebenfalls anwesende erfahrene Verteidiger Gabriel Tamas beklagt, dass die Gegner in der Liga gegen Leader Steaua sich vor dem eigenen Tor verbarrikadieren. In der Europa League werde hingegen ein anderer Fussball gespielt, da wollten alle Teams gewinnen. Tamas erwartet deshalb gegen den FCZ ein anderes Spiel: «Ein Punkt wäre okay, mit drei Punkten hingegen hätten wir eine grosse Chance, uns zu qualifizieren». Steaua kann trotz bisher nur einem Punkt in zwei Spielen optimistisch sein – bis zum Ausschluss von Verteidiger Enache kurz vor der Pause waren die Rumänen gegen Osmanlispor (0:2) das bessere Team, und gegen Villarreal (1:1) schrammte man unglücklich an einem Sieg vorbei.

Bei allen Klubs ausser Real oder Bayern gehört zu den nicht zu missenden Elementen jeder Pressekonferenz die Disziplin «Favoritenrolle dem Gegner zuschieben». Dafür scheint bei Amtsantritt jeder Trainer vom Medienchef eine Beige Antwortkarten zugesteckt zu erhalten, von der er dann situativ jeweils die richtige ziehen und ausspielen muss. Irgendeine davon passt immer. Sonst wäre es nicht möglich, in der Europa League einem Zweitligisten die Favoritenrolle zuzuschieben. Osmanlispor-Coach Mustafa Akcay sah den FCZ als Favoriten «weil man jeden Gegner respektieren muss», Reghecampf hingegen hat herausgefunden, dass «der FCZ mehr Punkte hat».

Der Rumänische Coach sieht das Heimspiel vom Donnerstag «wie einen Final», in welchem sein Team unbedingt drei Punkte holen muss, während der FCZ unbedingt mindestens einen Punkt aus Bukarest entführen will. Er hat vor allem Respekt vor den «grossen Jungs» beim FCZ und ist sich sicher, dass sein Team speziell bei Standardsituationen aufpassen muss. Verzichten muss Reghecampf voraussichtlich auf Verteidiger Enache, die Mittelfeldspieler Pintilii und Moke, sowie den nach dem Abgang von Stanciu im Sommer zu Anderlecht prominentesten Stürmer Florin Tanase.

Mittelfeldspieler Antonio Jakolis ist froh, dass Armando Sadiku verletzt ist und sieht diesen als den Schlüsselspieler beim FCZ an: «Gegen einen FCZ ohne Sadiku wird es für uns etwas leichter werden» meint Jakolis in einem ausserhalb der Pressekonferenz geführten Interview mit «Dolce Sport». Sadikus entscheidendes Tor zum 1:0-Sieg gegen Rumänien an der EM ist hier in Bukarest natürlich noch in frischer Erinnerung. Dafür, lässt sich aus Zürcher Sicht anfügen, reist der FCZ mit einem Dzengis Cavusevic an, der in den letzten drei Spielen gegen Osmanlispor, in Wohlen und gegen Le Mont insgesamt vier Mal getroffen hat. Denn mittlerweile wissen die Zürcher Mittelfeldspieler, wie sie den Slowenen einsetzen müssen, und wie nicht.

Der FCZ misst sich mit Teams aus dem Süden

Der FCZ trifft dank dem Cupsieg im letzten Mai in der UEFA Europa League auf interessante Gradmesser. Die angeflogenen Destinationen sind Ankara, Bukarest und Valencia. Gegen das Spanische Spitzenteam Villareal CF hat der FCZ vor zwei Jahren im gleichen Wettbewerb in einem der besten Spiele der jüngeren Vergangenheit einen 3:2-Heimsieg erreicht (Torschützen: Etoundi, Buff, Chikhaoui). Im Hinspiel hatte es in der Region Valencia nach gutem Beginn, aber vier magistralen Fehlern von Berat Djimsiti eine 1:4-Niederlage (Torschütze: Schönbächler) abgesetzt. Villareal ist ein kleiner Riese des Europäischen Fussballs und hat in den letzten 12 Jahren vier Mal einen Europacup-Halbfinal (davon ein Mal Champions League) erreicht.

Osmanlispor ist vor sieben Jahren damals noch unter dem Namen Ankaraspor aus der Süper Lig ausgeschlossen worden, ist dann vor Jahresfrist wie Phönix aus der Asche in die höchste Türkische Spielklasse zurückgekehrt und hat mit einem international kompetitiven Team in der Aufstiegssaison gleich den 5.Platz erreicht. Die Türken, deren Stadion sich etwas abgelegen rund 20 km westlich von Ankara befindet, haben sich in der Europa League-Qualifikation gegen Zimbru Chisinau aus Moldawien (2:2, 5:0), Nômme Kalju aus Estland (1:0, 2:0) und Midtjylland aus Dänemark (1:0, 2:0), welche letzte Saison in der Europa League gegen Spanische und Englische Teams brilliert hatten, souverän durchgesetzt.

Steaua, der ehemalige Rumänische Armeesportklub, ist Rekordmeister seines Landes und der Europacupsieger (Champions League) von 1986 und spielt im neuen, 55’000 Fans fassenden Nationalstadion in Bukarest. Nach drei Meistertiteln in Folge hat das Team von Trainer Laurentiu Reghecampf letzte Saison den 2.Platz erreicht. Steaua hat mit den EM-Teilnehmern Stanciu, Popa oder Pintilii mehrere Nationalspieler in seinen Reihen. In der Sommerpause musste das Team unter anderem die Abgänge von Chipciu zu Anderlecht oder von Papp zu Wil verkraften, konnte mit dem eingenommenen Geld aber  der nationalen Konkurrenz teilweise mit Millionensummen den einen oder anderen Topspieler der Rumänischen Liga 1 abkaufen.

Entscheidend für das Abschneiden des FCZ in dieser Gruppe wird aber nicht die Stärke der Gegner sein, sondern mit welcher Einstellung, mannschaftlicher Solidarität und Spielfreude das Team von Trainer Uli Forte in die Spiele steigen wird. Sind diese Elemente vorhanden, kann man gegen jeden dieser Gegner etwas holen. Falls nicht, hat man von vornherein keine Chance. Als Challenge League-Vertreter kann die Mannschaft unbelastet in die Spiele gehen und versuchen, dem einen oder anderen Favoriten ein Bein zu stellen – oder auch zwei ;-).

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