Der Wahnsinn schreibt sich mit drei Buchstaben: F-C-Z (Cup-Highlights & -Spielbericht)

Nicht, dass es noch ein Geheimnis gewesen wäre – es ist ja auch längst vom Eidgenössischen Amt für Geistiges Eigentum patentiert und bestätigt: Wahnsinn, Drama und Kuriositäten im Fussball sind im FCZ zu Hause. Sechs Minuten vor Schluss im Cup-Viertelfinal gegen den FC Thun noch mit 1:3 im Rückstand, dreht das Letzigrund-Team die Partie noch in der regulären Spielzeit mit drei Toren in Folge und zieht in den Halbfinal ein. Ausgerechnet der seine bisher schlechteste Leistung im FCZ-Dress abliefernde Rasmus Thelander erzielt mit seinem ersten Tor für den Stadtklub den 3:3-Ausgleich in der 90. Minute. Die in der Schlussphase aus dem Mittelfeldzentrum agierenden Rodriguez und Rüegg bringen die Angriffsmaschine in Gang, und Michi Frey bleibt zwei Mal im Abschluss eiskalt.

Der «Gameplan» war für den FC Thun derselbe wie schon in den drei vorherigen Cup-Partien gegen unterklassige Mannschaften: von Beginn weg Vollgas geben. Auch diesmal gelang es den Berner Oberländern schon früh, zwei Tore zu erzielen. Dazu kam in der Zweiten Halbzeit ein Kontertor zum 3:1. Bis dahin unterschied sich die Partie beim FCZ für den FC Thun kaum von den bei Stade Payerne (2:1), in Wil (3:0) und bei Stade Nyonnais (3:1) gespielten Runden. Der Unterschied kam erst in der Schlussphase zum Tragen. Der FCZ vermochte die unweigerliche Müdigkeit Thuns nach deren kräfteraubender Ersten Halbzeit besser ausnutzen, als die vorherigen Gegner. In der Anfangsphase des ersten Durchganges hatte das Forte-Team noch dagegenhalten und die Partie ausgeglichen gestalten können, aber vor allem Mitte der Halbzeit verschaffte sich Thun Vorteile in den Bereichen Zielstrebigkeit, Handlungsschnelligkeit, Aggressivität und Laufumfang.

Uli Forte hatte in der Startformation Moussa Koné für Roberto Rodriguez aufgestellt. In der Ersten Halbzeit ging dieser Wechsel überhaupt nicht auf: Koné half dem FC Thun mit seinen vielen Ballverlusten ins Spiel zu kommen. Alain Nef spielte an Stelle des noch leicht angeschlagen auf der Bank sitzenden Cédric Brunner eine durchschnittliche Partie. Yanick Brecher kassierte drei Tore, wobei er vor allem das dritte mit einem nach vorne abgewehrten Ball mit anschliessendem Stellungsfehler begünstigte. In der Szene davor hatte er gegen den gerade erst eingewechselten jungen Thuner Stürmer Dzonlagic bereits einmal zur Seite abgewehrt gehabt. Bei den Berner Oberländern wirkte Torhüter Francesco Ruberto nach seinen zwei Patzern in der Meisterschaft gegen den FC St. Gallen vor allem beim 1:2 von Moussa Koné etwas indisponiert. Dem FCZ kam ebenso entgegen, dass der 19-jährige Timo Righetti in seinem ersten Profieinsatz zwar sehr engagiert spielte, unter anderem aber ebenfalls beim ersten Zürcher Treffer bezüglich Zweikampfverhalten Lehrgeld bezahlen musste.

FCZ – Thun 4:3 (0:2)

Tore: 9. Sorgic (Kablan) 0:1, 24. Rapp (Hediger) 0:2; 51. Koné (Dwamena) 1:2, 77. Rapp (Dzonlagic) 1:3, 85. Frey (Rodriguez) 2:3, 90. Thelander (Koné) 3:3, 90.+4 Frey (Pa Modou) 4:3.

FC Zürich: Brecher; Nef, Bangura, Thelander; Rüegg, Palsson (81. Odey), Sarr (46. Winter), Pa Modou; Dwamena (69. Rodriguez), Frey, Koné.

Thun: Ruberto; Glarner, Bürgy, Gelmi, Kablan; Righetti, Hediger, Lauper, Spielmann (72. Dzonlagic); Rapp, Sorgic.

Drei Fragen vor dem Cup-Viertelfinal gegen Thun

1. Zufall oder Schicksal?

Schlecht stehende Sterne sehen wahrlich anders aus. Der Cupfinal findet 2018 statt und in graden Jahren hat der FCZ zuletzt jeweils den Cup gewonnen. Gleich drei Gegner der Cupsiegersaison 2013/14 (Bassersdorf, Stade Lausanne-Ouchy, Thun) wurden dem FC Zürich erneut zugelost – eine unglaublich unwahrscheinliche Fügung. Die Amateur-Mathematiker von Züri Live haben für das Eintreffen eines solchen Falles eine Wahrscheinlichkeit von 0,000007% errechnet. Ausserdem hat man den ersten Super League-Gegner erst im Viertelfinal zugelost erhalten und dann erst noch zu Hause im Letzigrund – wo die Zürcher Equipe den gleichen Gegner im März 2014 in ebenjener Cupsiegersaison in einem engen Halbfinal bezwungen hatte. Auch auf dem Weg zum Cuptitel 2016 wurde der FC Thun im Viertelfinal bezwungen. Bei so vielen schicksalshaften Vorzeichen ist es nicht verwunderlich, dass Züri Live-Experte Thomas Renggli in seiner bekannt provokativ-optimistischen Art davon spricht, dass an der Werdstrasse in der Vitrine schon mal Platz geschaffen werden müsse.

2. Wie schlägt sich Yanick Brecher?

Der FCZ hat Yanick Brecher zum Cupgoalie dieser Saison bestimmt. Vor seinem Kreuzbandriss hatte der 24-jährige am 7. Mai 2016 bei der 2:3-Heimniederlage gegen den FC Basel sein letztes Spiel gegen ein Super League-Team bestritten. Ein nicht unwesentlicher Faktor für den Abstieg in die Challenge League in der Saison 2015/16 war das Torhüterduo Brecher / Favre gewesen – neben GC mit Vasic / Mall das schlechteste Torhüterduo der Liga. Wirklich viele Punkte verlor der FCZ mit Brecher im Tor (Punkteschnitt: 0,82 pro Spiel, nur drei Siege in 22 Partien), während man mit dem Punkteschnitt des bescheiden talentierten, aber einigermassen soliden Favre (1,14 Punkte pro Spiel) im Mittelfeld der Tabelle (6. Platz) gelandet wäre. Seit der Rückkehr von seiner Verletzung wirkt Brecher im Vergleich zu vor zwei Jahren etwas stabiler. Trotzdem sind Raumgefühl und Timing, das absolute A und O eines Torhüters, im Vergleich zu anderen Super League-Torhütern immer noch weit unterdurchschnittlich. Ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit: Brecher lässt sich in einem Testspiel gegen den FC Dietikon durch einen von der Mittellinie getretenen direkten Freistoss von Marjan Jelec erwischen, im Promotion League-Spiel beim SC Brühl verzichtet Brecher bei einem Freistoss aus 25 Metern auf eine Mauer und lässt den alles andere als platziert getretenen Schuss von Alessandro Riedle passieren, bei Stade Lausanne-Ouchy trifft Bradley Bavueza zur eigenen Überraschung in die nahe Ecke, weil Brecher denkt, der Ball fliege neben das Tor, und den Arm zurückzieht. In insgesamt 36 Promotion League-Partien schaffte es Brecher nur fünf Mal seinen Kasten reinzuhalten – eine «Weisse Weste»-Quote von 14%. Zum Vergleich: Andris Vanins hat in der zwei Stufen höheren Super League eine «Weisse Weste»-Quote von 33%. Immerhin besteht die in dieser Saison bisher erfolgreiche Zürcher Defensive nicht nur aus dem Torhüter. Die ganze Mannschaft arbeitet meist so gut, dass man den Gegnern nur wenig echte Torchancen zugesteht.

3. Gibt’s Gänsehaut nicht nur wegen dem Wetter?

So wie im März 2014. Unvergessen: das Penaltyschiessen des Cup-Halbfinals im Letzigrund…

 

Frey ist Mister 100%, Voser mit Mühe / Thun – FCZ Stats & Spielinfos

Der FCZ agiert im Berner Oberland effizient einhergend mit einer wiedergewonnenen Zielstrebigkeit und Sicherheit bei Standards – aus elf Abschlüssen resultieren drei Tore, wobei beim ersten eigentlich eine Offsideposition des Assistgebers Thelander vorlag. Die drei Stürmer Rodriguez, Frey und Dwamena sowie Verteidiger Nef waren alle an je zwei Toren beteiligt. Dwamena (Torquote: 20%) konnte die Hälfte der zusätzlichen acht Team-Abschlusschancen nicht nutzen, während die Abschlussquote von Frey 100% war.

Nach seinem Super-Weitschusstor gegen Lugano trifft Michael Frey diesmal gar doppelt – und streckt nach dem 3:1 die Trinkflasche von Thun-Goalie Ruberto wie einen WM-Pokal den Zürcher Fans entgegen. Der zweite Sieg in Folge gegen ein Team, gegen welches der FCZ zuvor in sieben Meisterschaftsbegegnungen in Folge nicht gewinnen konnte hat auch grossen Wert. Alles war aber nicht gut. Im Mittelfeld gibt es sowohl defensiv wie auch offensiv Verbesserungspotential. Wäre die Partie in Thun nur in der «Zone 2» gespielt worden, der FCZ hätte nicht gewonnen.

Am meisten negativ fiel der leistungsmässige «Abschiffer» von Kay Voser ins Gewicht. Der Aargauer hatte zwar letzte Saison in den Auswärtspartien bei Villarreal und Steaua gezeigt, dass er in seiner besten physischen und mentalen Verfassung auch gegen starke Gegner auf seiner Seite dem FCZ ein Übergewicht verschaffen kann – national hat Voser hingegen regelmässig gegen gute und in den Zweikämpfen aggressiv auftretende Gegner wie Xamax, St. Gallen, Le Mont, Basel, GC oder eben Thun Probleme. Es ist nicht so, dass Voser wenig läuft, aber ohne den Sondereffort an Fokus und Laufbereitschaft, den er in den Europa League-Spielen geleistet hat, fällt er auch national ab.

 

Stephen Odey für Thun-Match spielberechtigt

Der vom FCZ neu verpflichtete Stürmer Stephen Odey hat die Spielberechtigung erhalten und FCZ-Trainer Uli Forte überlegt sich, den Nigerianer vielleicht bereits für den Auswärtsmatch in Thun am Sonntag 16 Uhr aufzubieten. Beim zuletzt angeschlagenen Moussa Koné ist ein Aufgebot fürs 18 Mann-Kader ebenfalls noch offen. Bei der Vorschau-Pressekonferenz vor der Saalsporthalle gibt Trainer Uli Forte Einblick auf seine Sicht auf sein Team. Angesprochen auf die guten Zweikampfwerte gegen Lugano meint er: „Zweikämpfe sind die Basis des Spiels. Wir müssen in diesem  Bereich etwas Spezielles leisten, den Gegner in Stress bringen. Bringen wir unsere Zweikampfqualitäten nicht auf den Platz, sind wir nur eine durchschnittliche Mannschaft“.

Beim Gegner streicht der FCZ-Trainer die Aufsässigkeit heraus, sowie das schnelle Umschalten, die Qualitäten bei Standards (neun von 17 Saisontoren) und die Heimstärke auf Kunstrasen. Im Juli konnte der FCZ nach zuletzt sieben sieglosen Meisterschafts-Direktduellen gegen die Berner Oberländer erstmals wieder gewinnen. Im Letzigrund wurde dabei ein 0:1-Rückstand dank Kopfballtoren von Michi Frey und Alain Nef in einen Sieg gedreht. Gemäss dem Wiener Mathematik-Professor Rudolf Taschner gewinnt ein Team, das auswärts mit 1:0 in Führung geht, eine Partie zu 78% – zu Hause sogar zu 93%. Der FCZ hat aber gegen Thun gezeigt, dass er auch nach Rückstand sogar noch gewinnen kann. „Das liegt auch daran, dass wir bei den Transfers viel Wert auf den Faktor Mentalität gelegt haben“, meint Forte dazu. Thun – FCZ ist wie immer live zu hören auf Züri Live – Sendebeginn: 15:50 aus der Stockhorn Arena.

Europäische Studie: Qualität in Offensivzone macht in Super League die Differenz

Das Internationale Zentrum für Sportstudien CIES in Neuchâtel hat in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen InStat ein weiteres Mal 35 Europäische Ligen (darunter die Super League) in einer Langzeitstudie über zwei Jahre vom 1. September 2015 bis 31. August 2017 in Bezug auf verschiedene spielbezogene Faktoren untersucht, und ist auf interessante Ergebnisse gekommen. Bereits bekannt ist die die hohe Torquote der Schweizer Liga. Von allen 35 untersuchten Ligen fallen in der Schweizer Liga mit durchschnittlich 3,16 pro Spiel mit Abstand am meisten Treffer. Auf den Plätzen 2-5 folgen die Niederlande, Schweden, Belgien und Spanien. Am wenigsten Tore fallen in der LaLiga2 in Spanien, sowie in den obersten Ligen Russlands, Griechenlands und Israels. Heruntergebrochen auf die effektive Spielzeit fällt in der Super League alle 16:17 Minuten ein Tor. Der Unterhaltungswert in Form von Toren ist also hoch – die Zuschauer sehen viel fürs Geld. Die Super League ist damit die offenste Liga Europas – die Mannschaften sind generell in der Offensiven Phase deutlich stärker als Defensiv. Der FCZ setzt allerdings aktuell mit 12:5 Toren in 10 Spielen in diesem Bereich einen Gegentrend und hat damit bisher Erfolg.

Es gibt nicht nur sehr viele Tore, das Spiel in der Super League ist zusätzlich relativ schnell. Mit 17,67 angekommenen Pässen pro Minute Ballbesitz liegt die Schweizer Liga in dieser Kategorie auf Platz 12 der untersuchten 35 Ligen, beispielsweise deutlich vor den Niederlanden, Belgien oder Portugal. Die Top 5-Ligen belegen bei diesem Kriterium geschlossen die ersten fünf Plätze, was ein Zeichen dafür ist, dass es sich um ein echtes Qualitätskriterium handelt. Polen (6.) und Österreich (8.) sind noch besser klassiert, als die Schweiz. Auf dem 16.Platz nur knapp in der oberen Tabellenhälfte liegt die Super League bei der Prozentzahl angekommener Pässe (79,9%). Das Spieltempo ist also in der Schweiz im europäischen Vergleich etwas besser als die Präzision.

Am interessantesten ist aber die Untersuchung des Kräfteverhältnisses der Teams. Hier wurden zwei Faktoren gemessen: die Abschlüsse im Strafraum und die Anzahl Pässe. Die Klassierung der Super League ist dabei bei den beiden Messgrössen diametral unterschiedlich. In Bezug auf Ballbesitz (Anzahl Pässe) sind die Unterschiede zwischen den Super League-Teams im internationalen Vergleich mit durchschnittlich 119 Pässen sehr klein – zusammen mit der Tschechischen Liga und den Zweiten Ligen Deutschlands, Spaniens, Englands, Italiens und Frankreichs herrscht in der Schweiz in Bezug auf Spielanteile die grösste Ausgeglichenheit. Ganz anders sieht es bei den Abschlüssen im Strafraum aus. Hier liegt die Super League mit einer durchschnittlichen Differenz von 4,54 Abschlüssen auf Rang 7 der unausgeglichensten Ligen Europas – hinter den obersten Ligen Kroatiens, der Ukraine, der Niederlande, Schwedens, Englands und der Slowakei.

In der Fähigkeit, Abschlussmöglichkeiten im gegnerischen Strafraum zu kreieren, gibt es in der Super League vergleichsweise grosse Unterschiede zwischen den Teams. In Anbetracht dessen, dass je nach Studie zwischen 80 und 90% aller Tore im Strafraum erzielt werden, ist dies natürlich von höchster Relevanz. Verantwortlich dafür ist vermutlich in erster Linie die Differenz in der Qualität speziell der zentralen Stürmer (und der zentralen Verteidiger als Gegenpart), aber natürlich auch der Qualität als Mannschaft in der Offensivzone Torchancen im Strafraum herausspielen zu können. Der FCZ hat mit seiner Dreierabwehr im Zentrum und defensiv engagiert arbeitenden Spielern auch in den Zonen der möglichen Entstehung von Strafraum-Torchancen offensichtlich bewirkt, dass es nur zu ganz wenigen solchen Abschlusschancen für die Gegner kommt. Auf der anderen Seite haben bisher aber nur Lugano und Sion weniger Tore erzielt, als der FCZ. Die Stürmer gehen wohl noch zu wenig konsequent in den gegnerischen Strafraum. Frey und Dwamena verrichten viel wertvolle Arbeit in anderen Zonen des Feldes, Rodriguez fehlt es etwas am Speed und Koné an Technik, um sich häufig im Strafraum in Abschlussposition zu bringen.

In weiteren kürzlichen Analysen des CIES wurden in den 35 europäischen Ligen Ballbesitz sowie das Durchschnittsalter der Startelfs in der aktuell angelaufenen Saison 2017/2018 untersucht. Am meisten Ballbesitz in der Super League hat bisher der FC Luzern. Mit 56,8% schaffen es die Innerschweizer (Rang 63) als einziges Super League-Team in die Top 100, was unterstreicht, dass die Unterschiede zwischen den Teams bezüglich Ballbesitz in der Schweiz eher klein sind. In der Rangliste der durchschnittlich jüngsten Startformationen liegt GC als zur Zeit jüngstes Super League-Team (24,47 Jahre) europäisch auf Platz 36 – es folgen Thun auf Rang 54 und Luzern auf 64. Mehrfach bei den jüngsten Teams Europas vertreten sind Slowakei, Slowenien, Kroatien und Serbien. Aus den Top 5-Ligen haben nur Lille (6), Leipzig (12) und Rennes (30) bisher in dieser Saison durchschnittlich jüngere Startformationen als die Grasshoppers.

Quelle: CIES Football Observatory Monthly Report n°28 – October 2017, Performance and playing styles in 35 European football leagues

Dr Summer isch vrbii – die grosse Super League-Transferbilanz

Die Internationale Transferperiode ist zu Ende. Auch wenn national noch der eine oder andere kleinere Transfer getätigt werden könnte, ein guter Zeitpunkt, über diese „Saison vor der Saison“ Bilanz zu ziehen mit ein paar Stichworten zu jedem Super League-Klub.

Basel – Stürmerwechsel

Der FCB hat im Sturm Marc Janko, Seydou Doumbia und Andraz Sporar durch Ricky Van Wolfswinkel und den ehemaligen FCZ-Junior Dimitri Oberlin ersetzt. Matias Delgado ist zurückgetreten. Die neue Offensive ist etwas weniger namhaft und erfahren als zuvor und hat ihre Stärken vor allem in anderen Bereichen. Die ganze Mannschaft muss sich im Spielaufbau daher stärker auf Van Wolfswinkel und Oberlin ausrichten. Gerade in der Offensive werden talentierte Spieler, die bisher auf der Tribüne sassen, endlich eine Chance erhalten. Dazu gehören auch solche aus dem eigenen Nachwuchs wie Manzambi, Pululu oder Schmid. Taktisch hat die Mannschaft weiter Fortschritte gemacht, die Identität und lokale Verwurzelung hat aber tendenziell weiter abgenommen.

YB – Transfersieger

Die Zuzüge von YB diesen Sommer lesen sich wie eine Hitparade der begehrtesten Talente aus der Schweiz und näheren Umgebung: Christian Fassnacht, Jordan Lotomba, Nicolas Moumi, Jean-Pierre Nsamé, Djibril Sow, Pedro Teixeira. Jedes Toptalent, das nicht bei „drei“ auf den Bäumen war, landete bei YB. Das Ergebnis liest sich zusammen mit der bereits bestehenden prominent besetzten Equipe wie eine Mannschaft, die in zwei, drei Jahren Meister werden kann, wenn sie zusammenbleibt. YB ist der klare Transfersieger und profitiert dabei von einer gewissen Passivität des FCB auf dem diesjährigen Transfermarkt und den Millionen aus den Transfers von Zakaria, Mvogo und Ravet.

Lugano – Europa-Offensive

Die Tessiner haben im Hinblick auf die Europa League-Gruppenphase aufgerüstet wie noch selten zuvor in den letzten Jahren. Alexander Gerndt ist für Schweizer Verhältnisse ein Topstürmer, Bnou Marzouk, Bottani, Manicone, Yao oder Daprelà bringen einiges an Potential mit. Mit Pierluigi Tami und diesem Personal tritt Lugano spielbestimmender auf, als letzte Saison mit den Konterfussballern Alioski und Sadiku. Die hinteren Reihen (Verteidiger, Torhüter) sind personell etwas dünn besetzt. Aber im allgemeinen hat Lugano den letztjährigen dritten Platz genutzt, um nachhaltig einen Sprung nach vorn zu machen.

Sion – Ab durch die Mitte

Qualitativ haben FCB und YB die noch etwas besseren Spieler geholt, und quantitativ waren die Transferaktivitäten von Lugano vergleichbar. Multipliziert man aber Quantität mal Qualität, dann ist Sion ganz oben zu finden. Präsident Christian Constantin wechselte die Cupfinal-Verlierermannschaft praktisch komplett aus und verpflichtete dabei Top-Shots wie Kasami, Adryan, Di Marco, Uçan, Schneuwly oder Lenjani. Der Schwachpunkt: abgesehen davon, dass sich das neue Team erst finden muss, ist es nicht wirklich ausgewogen besetzt. Gerade aus der prominent besetzten Mittelfeldzentrale werden immer wieder Spieler auf der Bank oder gar Tribüne Platz nehmen müssen. Auf den Seiten ist die Mannschaft hingegen quantitativ eher dünn besetzt, und im Abwehrzentrum qualitativ eher Super League-Durchschnitt.

Lausanne-Sport – Waadtländer Identität weg

Falls in Lausanne die Strategie gewesen wäre, durch eine identitätsstiftende Waadtländer Achse ein Team für die Zukunft aufzubauen und die Zuschauer wieder zurück ins Stadion zu locken, hätte man Jordan Lotomba (zu YB), Olivier Custodio (zu Luzern) und Nassim Ben Khalifa (zu St. Gallen) unbedingt halten müssen. Mit Zeqiri kam zwar eines der besten Sturmtalente der Schweiz von Juventus zurück und Joël Geissmann ist ein interessanter Mittelfeldspieler, aber der Schwachpunkt, die fehlende individuelle Defensive Qualität wurde nicht behoben. Bei Lausanne denken auch Innenverteidiger bereits an den Spielaufbau bevor überhaupt der Ball erobert worden ist.

Luzern – Jugendpolitik

Auch wenn das Kader insgesamt nicht jünger geworden ist, kommen die Nachwuchsleute noch mehr als zuvor konsequent zum Einsatz. Kein anderes Team hat eine so junge zentrale Achse mit Knezevic, Schulz, Custodio oder Ugrinic, dazu Torhüter Omlin. Zur Zeit gibt es noch etwas viele Fehler im Spiel, die der FCZ zuletzt in der Swissporarena nur teilweise hat ausnutzen können. Die Verantwortung liegt noch stärker als zuvor auf erfahreneren Spielern wie Claudio Lustenberger, Christian Schwegler oder Tomi Juric.

Thun – Fragezeichen

Nicht jede Thuner Transferkampagne ist erfolgreich. So zum Beispiel der Sommer vor drei Jahren, als Andres Gerber Spieler wie Lotem Zino, Andrija Kaludjerovic, Christian Leite, Alexander Gonzalez, Gianluca Frontino oder Marco Mangold verpfichtete. Ist es diese Saison wieder ähnlich? Zwar wurden für die Lücke im Abwehrzentrum richtigerweise mit Gelmi, Rodrigues und Alessandrini gleich drei Alternativen geholt. Aus unterschiedlichen Gründen brauchen diese aber noch Zeit, um auf die volle Leistungsfähigkeit zu kommen. Nicolas Hunziker enttäuschte bisher ebenso wie zuvor bei GC. Am ehesten positiv aufgefallen ist bisher Nuno Da Silva (Breitenrain) als Joker. Eine Wundertüte wird Moreno Costanzo sein. Grundsätzlich wird das Spiel der Berner Oberländer aber von früheren Verpflichtungen wie Spielmann, Tosetti oder Rapp und den langjährigen Stützen wie Hediger getragen.

GC – Goalieproblem gelöst

Neuverpflichtung Heinz Lindner hat sich bisher noch nicht als einer der Toptorhüter der Liga etabliert, aber aus GC-Sicht ist die Torhüterposition dank dessen Verpflichtung zumindest nicht mehr die grosse Schwachstelle der Mannschaft. Auch wenn Jeffren seine Qualitäten angedeutet hat, sind bei den Grasshoppers aber in erster Linie die vor dem Sommer verpflichteten oder aus dem eigenen Nachwuchs stammenden Spieler tonangebend. Dass Sportchef Mathias Walther keinen echten Ersatz für Munas Dabbur verpflichten konnte, ist mit einem Trainer Murat Yakin nicht mehr so schlimm, denn dieser lässt sowieso häufig ohne gelernten Stürmer spielen.

St.Gallen – stabileres Mittelfeld

Das grosse Thema des St.Galler Transfersommers war, dass mit Albian Ajeti eines der grössten Schweizer Sturmtalente gehalten werden konnte. Dafür machte kurz darauf Sportchef Christian Stübi selbst einen Abgang. Eine Verstärkung hat sicherlich das Mittelfeld erfahren. Gegen den FCZ bildeten aussergewöhnlicherweise mit Stjepan Kukuruzovic und Gjelbrim Taipi zwei Linksfüsser das Zentrum, dazu hat der Österreicher Peter Tschernegg gute Ansätze gezeigt. Im Vergleich mit den ungenügenden Gaudino, Cueto oder Gouaida stellt das neue Mittelfeld eine Verbesserung dar.

FCZ – Zentimeter und Mentalität

Die Transferkampagne des FCZ unterscheidet sich fundamental vor allem von derjenigen YBs. Während die Berner mit viel Geld Talent im Überfluss einkauften, setzt der Letzigrund-Club auf günstige Transfers mit Fokus auf Mentalität und „Zentimeter“, wie sich Trainer Uli Forte gerne ausdrückt – Zentimeter in der Höhe und in der Breite wohlgemerkt. Vor 14 Jahren hatte Lucien Favre als neuer „Daniel Jeandupeux“ den FCZ auf westschweizerische spielerische Qualitäten, Technik und Ästhetik gepolt. Mit Ernst Graf im Nachwuchs und Fredy Bickel als langjährigem Sportchef wurde diese Spielweise im ganzen Klub mitgetragen, auch von den wichtigsten Nachfolgern auf der Trainerposition – Challandes, Fischer und Meier. Der alte Haudegen Sami Hyypiä hatte keinen Einfluss auf die Transferpolitik, aber mit Uli Forte weht nun ein anderer Wind. Der FCZ wird deutlich physischer, wie dies Forte-Teams schon immer waren. So sind denn auch langjährige Weggefährten wie Winter und Pa Modou sowie weitere ehemalige Spieler wie Frey und Nef tragende Säulen der aktuellen Mannschaft, welches teilweise dem Forte-Team in St.Gallen ähnelt, mit welchem dieser ebenfalls aufgestiegen war. Zu jener Zeit hatten die Grünweissen auch schon einmal mit Sandro Calabro und Tim Bakens fussballerisch völlig untaugliche „Zentimeter“ aus Holland geholt – und wieder abgestossen. Beim FCZ verpflichtet wurden nun grösstenteils Spieler, die zuvor in Sion, St. Gallen, Bern oder Luzern verschmäht worden waren. Das zur Ergänzung dringend notwendige Talent soll dabei der eigene Nachwuchs (Rüegg, Haile-Selassie, Rohner, Kryeziu,…) und der Afrikanische Kontinent (Sarr, Dwamena, Koné, Odey,…) liefern.

1 3 4 5 6 7 9