Gesichter und Geschichten zum Start: Voser, Cavusevic, Domgjoni, Rexhepi, Aliu, Fillion, Rodriguez, Winter, Forte
Trainingsauftakt 2018. Die ganze Bande ist wieder da und macht die Allmend unsicher. Ganze Bande? Nein, der Vertrag mit Dzengis Cavusevic war aufgelöst worden. Der Slowene hatte 2017 nicht mehr an seine gute Phase im Herbst 2016 anknüpfen können. Er wird wohl zurück zum FC Wil wechseln, eine Mannschaft, die im Herbst häufig einen guten Allgemeineindruck hinterlassen hat, aber im gegnerischen Strafraum zu ungefährlich war. Ausserdem wurde an Kay Vosers 31. Geburtstag bekanntgegeben, dass dieser in der Rückrunde nicht mehr zum Kader der Ersten Mannschaft gehören wird. Sein letztes Spiel war die 0:4-Derbyniederlage gegen GC gewesen, bei welcher Voser den Gegner mit seinen Fehlern aufbaute. Sowohl in dieser Partie, wie auch beim vorangehenden 3:1-Sieg in Thun war er mit jeweils Züri Live-Note 2 schlechtester Mann auf dem Platz gewesen. Die besten Auftritte Vosers im FCZ-Dress datieren wie bei Cavusevic vom Herbst 2016. Dies waren die Europa League-Partie in Bukarest sowie der wichtige 3:1-Sieg auf der Maladière gegen Xamax gewesen.
Die beiden Abgänge haben nichts mit einem Überangebot auf den jeweiligen Positionen zu tun. Ganz im Gegenteil. In der Sturmspitze beispielsweise wurde in der Vorrunde auch mal Moussa Koné getestet, aber dieser konnte die Rolle als Zielspieler nicht zufriedenstellend ausfüllen. Mit Schwung aus dem Raum und von der Seite kommend fühlt sich der Senegalese deutlich wohler. Cavusevic war vom Spielertyp her der einzige echte Ersatz für Michael Frey. Voser seinerseits wurde in seiner FCZ-Zeit häufig auf der linken Seite eingesetzt, sass aber im letzten Spiel vor der Winterpause in Lausanne auf der Bank, obwohl Pa Modou und Kempter verletzt und Brunner krank waren. Coach Uli Forte traute zu diesem Zeitpunkt Offensivmann Roberto Rodriguez in dieser Rolle mehr zu, als Voser oder Haile-Selassie. Während eine solche Entscheidung für einen 18-jährigen noch nicht das «Ende der Fahnenstange» bedeuten muss, ist dies bei einem damals 30-jährigen sehr wohl der Fall.
Cavusevic und Voser sind beliebt in der Mannschaft und im Verein, sie können Rollen auf dem Platz einnehmen, die aktuell durchaus gefragt wären, und sie waren phasenweise wichtig in der Aufstiegssaison. Das alles ist schlussendlich aber sekundär. Der entscheidende Punkt ist, dass es beiden von der Qualität her für das vom FCZ jetzt in der Super League angestrebte Spielniveau nicht mehr reicht. Uli Forte und sein Trainerteam basieren den Aufbau der Mannschaft nicht auf einem starren taktischen Schema, in welches dann jede Position (zum Teil auch mit «Lückenbüssern») «doppelt besetzt» wird. Ausgangspunkt sind stattdessen die zur Verfügung stehenden Spieler. Das System soll so gestaltet werden, dass die besten Spieler des Kaders sich optimal entfalten, und ihre Stärken einbringen können. Auf dieser Basis hat sich Forte zu Saisonbeginn für das 3-4-3 als aktuelle Grundformation entschieden.
Die Qualitäten der Spieler werden dabei immer wieder neu evaluiert. Einen Profi für immer und ewig auf eine Position festzunageln, auf der er seit Juniorenzeiten schon immer gespielt hat, macht wenig Sinn. Hat ein junger Spieler körperlich zugelegt, ein älterer Spieler etwas an Geschwindigkeit verloren oder ein Mittelfeldspieler zeigt plötzlich ungeahnte Skorerqualitäten, wird dies berücksichtigt. Die aktuellen Qualitäten der Spieler optimal fürs Team zu nutzen, kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Izer Aliu beispielsweise hat aufgrund seiner spielerischen Qualitäten in der Academy im Zentralen Mittelfeld gespielt. Aber reicht seine Handlungsschnelligkeit auf dieser Position auch für gehobenes Super League-Niveau? Und wie wirkt sich sein Wachstumsschub auf sein Spiel aus? Bei seinem ersten Einsatz auf dieser Stufe in Lausanne zeigte Aliu ganz gute Ansätze – allerdings in einer Spielphase, in welcher der Gegner nicht mehr volle Gegenwehr an den Tag legte. Am ersten Trainingstag des neuen Jahres wurde der 18-jährige im Trainingsspielchen mit verkürztem Spielfeld auf der linken Seite eingesetzt, und machte da seine Sache ganz gut, während der offenbar noch nicht hundertprozentig fitte Pa Modou zusammen mit Torhüter Yann-Alexandre Fillion und Physio Zivorad Filic seine Runden um den Platz drehte.
Das schönste Tor des Trainingsspiels erzielte Aliu nach schönem Doppelpass mit seinem langjährigen Kompagnon Toni Domgjoni, der die Wintervorbereitung mitbestreiten darf. Ohne die beiden auf die gleiche Stufe mit den FCZ-Koryphäen stellen zu wollen, repräsentiert Aliu eher den «Spielertyp Margairaz», während man Domgjoni als «Typ Dzemaili» bezeichnen kann. Ein Zentraler Mittelfeldspieler, der Verantwortung übernimmt, zweikampfstark agiert und jede sich öffnende Lücke zu schliessen versucht. Wie Dzemaili stürmt er bei Gelegenheit aber auch gerne nach vorne und geht in den Abschluss. Domgjoni war Captain des Teams mit unter anderem Rüegg, Rohner , Aliu (und als Ersatz Haile-Selassie), welches 2016 in einem dramatischen Derby auf dem GC Campus den U18 Schweizer Meistertitel holte.
Flashback – Antoniazzi und Domgjoni mit U18-Nati 1:1 gegen Deutschland: https://www.zuerilive.ch/2016/04/u18-jungs-antoniazzi-und-domgjoni-11-gegen-deutschland/
Flashback 2 – FCZ U18 – mit viel Grinta zum Titel: https://www.zuerilive.ch/2016/06/fcz-u18-mit-viel-grinta-zum-titel/
Flashback 3 – Izer Aliu im Interview: „Die neue U21 hat viel Qualität“: https://www.zuerilive.ch/2017/08/izer-aliu-die-neue-u21-hat-viel-qualitaet/
Ebenso mit dabei bei diesem U18-Titel und der anschliessenden UEFA Youth League-Kampagne war Offensivmann Lavdrim Rexhepi. Dieser wird im Februar 20 und ist damit beinahe zwei Jahre älter als Aliu. In der Academy hat er auch davon profitiert, dass auf der Stürmerposition in vielen Jahrgängen wirklich gute Konkurrenz fehlt. Rexhepi bringt spielerische Qualitäten mit und spielt am liebsten als zurückhängende Spitze. Zuletzt ist ihm in der Promotion League vor dem gegnerischen Tor etwas der «Knopf aufgegangen». Zusammen mit Sions Aiméry Pinga ist er mit sieben Treffern der beste Teenager im Torschützenklassement der Liga.
Dass Domgjoni und Rexhepi diese Wintervorbereitung mit der 1. Mannschaft bestreiten dürfen, bedeutet nicht, dass sie aktuell die grössten Talente aus der Academy sind. Sie sind sicherlich überdurchschnittlich, aber Top-Talente schaffen den Sprung in die 1. Mannschaft mit 16, 17 oder spätestens 18 Jahren. Domgjoni und Rexhepi sind bereits 19. Es sind Grenzfälle, die man diesen Winter im Umfeld der 1. Mannschaft nochmal auf Herz und Nieren prüfen will, bevor man dann möglicherweise im Frühling eine Entscheidung fällt, wie es weitergeht. Domgjoni scheint für eine Profikarriere gerüstet zu sein – die Frage ist, ob er den Sprung beim FCZ schafft oder beispielsweise über die Challenge League. Rexhepi müsste nochmal einen grossen Entwicklungsschritt machen und es wäre eher eine Überraschung, wenn er den Sprung schaffen würde. Gegenüber Züri Live äusserte sich dieser nach dem Trainingsstart folgendermassen: «Mit der 1. Mannschaft trainieren zu dürfen, war ein sehr schönes Neujahrsgeschenk. Mein Ziel für das Neue Jahr ist: gesund bleiben und alles geben. Durch das Aufgebot für die 1. Mannschaft begann das Training früher, als mit der U21, aber…lieber früher als später.»
Armin Alesevic ist nach seiner Operation noch rekonvaleszent, während Marco Schönbächler sowie Michael Kempter zusammen mit dem Langzeitverletzten Marvin Graf in der Saalsporthalle im Rehabilitationsprozess sind. Schönbächler und Kempter sollen wenn möglich schon während der Wintervorbereitung wieder zum Team stossen. Wieder fit ist Antonio Marchesano, der am Auftakttag mit Frey, Vanins, Nef, Dwamena, Odey zur Gruppe gehörte, die den Leistungstest absolvierte. Roberto Rodriguez war entschuldigt – er wurde am Tag des Trainingsauftaktes Vater von Zwillingsschwestern. Gratulation! Mirlind Kryeziu war schon vor der Winterpause ins Training zurückgekehrt, spielte in der U21 und sass in Lausanne auf der Bank. So ganz 100% wieder da scheint er aber noch nicht zu sein, denn beim Trainingsauftakt hatte er mit zunehmender Dauer auf dem tiefen Boden Konditions- und Konzentrationsprobleme. Ähnlich wirkte, ohne verletzt gewesen zu sein, Yassin Maouche – auf eine gelungene Aktion folgten meist zwei bis drei Ballverluste.
Meist im Schlepptau der Jungen, vor allem von Izer Aliu, unterwegs war zum Trainingsauftakt der 21-jährige Kanadische Keeper Yann-Alexandre Fillion. Fillion ist in Ottawa aufgewachsen und wechselte vor anderthalb Jahren vom Major League Soccer-Klub Montreal Impact zum FCZ – und unterschrieb einen Fünfjahresvertrag. Im ersten Testspiel unter Trainer Uli Forte kam er im Juni 2016 in St. Margrethen gegen Austria Lustenau eine Halbzeit zum Einsatz und machte einen soliden Eindruck. Dieser Eindruck bestätigte sich ein halbes Jahr später in der Wintervorbereitung, als Fillion immerhin bereits insgesamt drei Halbzeiten Einsatzzeit erhielt. Dazwischen hatte er sich im Herbst wegen einer Armverletzung operieren lassen müssen. Das Kalenderjahr 2017 spielte Fillion dann beim Nordschwedischen Drittligisten Umea. Dort wurde er zur Nummer 1, bis er sich im Oktober in der Partie gegen den ehemaligen Erstligisten Assyriska am Ellbogen verletzte. Die Leihe nach Umea ist per Ende Jahr ausgelaufen. Geplant war, dass Fillion seine Verletzung in Kanada noch fertig auskuriert. Nun ist er aber bereits wieder zurück in Zürich und im Trainingsbetrieb dabei, auch wenn er sich bei vielen Übungen noch etwas zurückhalten muss.