50% von Buffs Freistössen in Strafraumnähe führen zu einem Tor: Wil – FCZ Stats, Performance und Spielinfos

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Oliver Buff war in seinem 74 Minuten-Einsatz in Wil an allen drei in dieser Zeit erzielten Treffern als Torschütze oder Passgeber beteiligt. 50% seiner Freistösse in Strafraumnähe führten zu Toren. Dazu trug der Zürcher Offensivmann zur Vorbereitung von sieben der insgesamt 12 FCZ-Torchancen der Partie bei. Ebenfalls aussergewöhnlich für diese Saison ist, dass Buff diesmal alle Standards in Strafraumnähe trat: vier Freistösse und fünf Eckbälle. Kein Wunder also, dass Buff zum neunten Mal in dieser Saison und damit beinahe in einem Drittel der Spiele zum Züri Live-Most Valuable Player gewählt wurde.

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Weder die Torpremiere von Mirlind Kryeziu, noch diejenige durch Raphael Dwamena kam überraschend. Offensiv lässt Kryeziu für einen Innenverteidiger wenig Wünsche offen, defensiv ist er sicherlich noch verbesserungsfähig, wurde gegen Wil aber noch weniger geprüft, als gegen Xamax. Dwamena agierte weniger auffällig, als noch gegen Xamax. Gilles Yapi und Burim Kukeli sind wieder da! Und ein grosser Pluspunkt im Zürcher Spiel. Adrian Winter und Moussa Koné (diesmal in der Rolle als zweite Sturmspitze neben Cavusevic) brachten Schwung in der 2.Halbzeit. Über die Aussenspieler konnte sich der FCZ nicht wie gewünscht in Szene setzen – viele Aktionen waren im Ansatz gut, wurden aber nicht konsequent zu Ende gespielt.

 

Wil – FCZ 0:4 Highlights und Spielbericht

Mirlind Kryeziu und Raphael Dwamena erzielen in Wil ihre ersten Tore für die 1.Mannschaft des FCZ. Die Limmatstädter gewinnen auch dank einem Tor und zwei Assists von Oliver Buff. Die Spielminute, die Position des Freistosses und auch die Art und Weise des Schusses beim 1:0 ähnelten sich stark dem Führungstreffer Buffs an gleicher Stätte beim ersten Aufeinandertreffen im Juli. In den ersten 20-30 Minuten konnte Wil vor mehr als 3’000 Zuschauern im Bergholz gut mithalten, liess danach aber stark nach. Roberto Rodriguez bestätigte nach der Partie gegenüber Züri Live, dass man den Wiler Spielern die ungemütliche Situation im Verein auf dem Platz angemerkt habe. Der erste Rückrundensieg ist daher sicherlich erfreulich, aber der Gegner war an diesem Tag im Gegensatz zu den ersten beiden Rückrundengegnern nicht ein echter Gradmesser.

FC Wil – FC Zürich 0:4 (0:1)

Tore: 40. Dwamena (Buff) 0:1; 62. Buff (Winter) 0:2, 68. Kryeziu (Buff) 0:3, 84. Winter (Koné) 0:4.

Wil: Deana; Ozokwo (29. Stadelmann), Ajeti, Bühler, Huber; Vonlanthen (70. Fazli), Stillhart, Lombardi, Mlinar, Bottani (50. Maroufi); Roux.

FC Zürich: Vanins; Stettler, Nef, Kryeziu, Kempter; Schönbächler (46. Winter), Kukeli, Yapi, Rodriguez; Buff (74. Koné), Dwamena (66. Cavusevic).

Mirlind Kryeziu auch in Wil dabei

Der FC Zürich peilt morgen beim FC Wil den ersten Rückrundensieg an. In den Gesprächen mit Spielern oder Trainerstaff war in den letzten Monaten das 1:1-Unentschieden vom 30.Juli ein immer wiederkehrendes Thema. Es waren nach der 1:0-Führung durch einen herrlichen Buff-Freistoss diejenigen Punktverluste, welche die Mannschaft wohl am meisten gewurmt haben. Der Wille, beim zweiten Duell in der IGP Arena die drei Punkte zu holen, ist deshalb gross. Damals hatte der FCZ auf dem noch vor Spielbeginn gewässerten Kunstrasen in der 1.Halbzeit Mühe bekundet, sich an die Unterlage zu gewöhnen. Deshalb hat man diesmal im Vorfeld der Partie nicht nur ein, sondern gleich zwei Mal auf dem Juchhof-Kunstrasen trainiert – „und zum Glück hat es zuletzt geregnet“, wie Trainer Uli Forte heute an der Medienkonferenz meinte. Somit konnte man sich optimal an die Bedingungen herantasten. Das Verletztenkabinett in der Innenverteidigung lichtet sich nur sehr zögerlich. Forte stellt daher in Aussicht, dass Mirlind Kryeziu, dem er ein gutes Début gegen Xamax attestiert hat, auch in Wil mindestens auf dem Matchblatt stehen wird. Ivan Kecojevics körperlicher Zustand wird am Matchtag nochmal getestet. Für Alesevic und Bangura kommt ein Einsatz hingegen sicherlich nicht in Frage. Und Alain Nef? „Alain trainiert immer“, meint Forte mit leuchtenden Augen – „egal was passiert, Alain trainiert immer…“.

„Underachievers“ – grosse Halbzeitbilanz der Challenge League, 2.Teil

Die Rückrunde hat begonnen. Nach der Hälfte der absolvierten Meisterschaft in der Challenge League können die zehn beteiligten Clubs in folgende drei Kategorien eingeteilt werden, je nachdem ob sie über, unter oder den Erwartungen entsprechend klassiert sind:

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Im Ersten Teil haben wir auf die drei Teams geschaut, welche in der Vorrunde die Erwartungen übertroffen haben. Nun sind die „Underachievers“ dran.

FC Wil: Vom Hauptkonkurrenten zum Sanierungsfall

Die Fragestellung zum FC Wil bei der Vorrunden-Rückschau auf Züri Live am 12. Dezember war: „Neue Kontinuität unter Martin Rueda?“. Gleichentags wurde im Bergholz Rueda beurlaubt, und die Realität des Unstetigen hatte das Thema bereits wieder obsolet gemacht. Der Aargauer war ein Trainer gewesen, welcher die Liga bestens kennt. Er richtete kurz nach seiner Anstellung selbstbewusst kämpferische Worte nach Zürich. Der FC Wil könne noch aus eigener Kraft aufsteigen, da man noch dreimal gegen den FCZ spielen würde. Das galt schon nicht mehr nach der 0:3-Niederlage in Ruedas erstem Spiel in der 7. Runde beim FC Winterthur. Wieder wurde dort, wie schon in Neuenburg, in einem wichtigen Moment ein Penalty verschossen, diesmal beim Stand von 0:0 durch Samir Fazli, der zu Beginn der Zweiten Halbzeit innerhalb von 15 Minuten nach übermotivierten Fouls auch noch zweimal die Gelbe Karte sah – und so vom Platz gehen musste.

Drei Lattentreffer zeigen auf, dass Wil nicht schlechter, aber weniger effizient war. Danach holten die Ostschweizer aber aus 5 Spielen das bergholz-silhouette-hagelMaximum von 15 Punkten und verkleinerten den Rückstand auf den FCZ tatsächlich. In den folgenden sieben Spielen führten aber nur noch vier tor- und trostlose Unentschieden zu Punkten, am Schluss der Vorrunde daheim gegen Neuchâtel Xamax, und zu Beginn der Rückrunde auch zu Hause gege Le Mont. Der Punkt gegen Xamax kam glücklich zustande. Kein Wunder! Rueda liess gleich sechs regelmässig eingesetzte Spieler auf die Reservebank oder gar Tribüne setzen. Diese Aktion verdeutlichte bereits frühe Abnützungserscheinungen. Die sportlichen Verantwortlichen um Verwaltungsrat Abdullah Cila und Sportdirektor Roland Koch reagierten auf die mässige Phase und auf das letzte, ungenügende Spiel mit der erneuten Entlassung des Cheftrainers. Während unter Ugur Tütüneker 1,33 Punkte pro Spiel gewonnen wurden, kam Rueda auf einen knapp besseren Schnitt von 1,5.

Zu allen 9 Vorrundenheimspielen des FC Wil kamen zusammengezählt weniger Personen in die IGP-Arena als zum Startspiel des FCZ gegen den FC Winterthur an einem regenreichen Montagabend in den Letzigrund, 12’590 vs. 13’704. Realistisch gesehen hatte der FC Wil schon vor dem Rückrundenstart mit 22 Punkten Rückstand keine Chance mehr, in die Super League aufzusteigen. Im Wochentakt folgten daraufhin die wenig Hoffnung erweckenden Meldungen von den Abgängen von Captain Egemen Korkmaz, Murat Akin, Paul Papp und Gjelbrim Taipi, dann die ausstehenden Januarlöhne, und schliesslich die Meldung vom Rücktritt aller türkischen Verwaltungsräte und dem Verkauf der Mehrheit des Aktienpaketes an eine offenbar illiquide Türkische Gesellschaft. Die in diesem Zusammenhang erläuterten Zahlen von Wils verbliebenen Verwaltungsräten bestätigten die Vermutung, dass Wil in dieser Saison mehr Geld für die 1.Mannschaft ausgab, als der FCZ. Zu hoffen bleibt, dass die Ostschweizer die nächsten Wochen überleben und wie in der Vergangenheit als gut geführter Challenge League-Klub weiterexistieren werden. Jeder solche Klub ist wichtig als Stütze des Schweizer Fussballs.

FC Aarau: harte Spielweise als Bumerang

Schon der Start in die neue Saison im heimischen Brügglifeld gegen den FC Chiasso verlief für den FC Aarau harzig. So kann auch diese Vorrunde beurteilt werden. Zwei direkte Rote Karten gegen Olivier Jäckle und Geoffrey Tréand in der Schlussphase dieses Spiels zeigten ein grundsätzliches Problem, der von Trainer Marco Schällibaum eingestellten Mannschaft: überbordender, teilweise kurzzeitig unkontrollierter Einsatz über der Grenze von gesunder, aggressiver Härte. Sechsmal musste ein Aarauer Spieler das Feld vorzeitig verlassen, durchschnittlich in jedem dritten Spiel. Stephane Bèsle verursachte eine solche Situation gleich zwei Mal. Da einzelne Schlüsselspieler so wegen Sperren zusätzlich fehlten, mangelte es bei Aarau etwas an der Feinabstimmung.

aarau-bruegglifeld-gegentribuene-negativDabei holten die Aargauer aus den ersten 5 Spielen noch 11 Punkte. Der Bruch kam in der 9. Runde im heimischen Brügglifeld in der 94.Minute, als dem über weite Strecken überlegenen FCZ in letzter Sekunde in einem emotionalen Spiel doch noch der verdiente Ausgleich gelang, wobei ein Schuss von Kecojevic durch Sandro Burki entscheidend abgelenkt wurde. Danach folgten 5 Spiele mit nur einem erst noch etwas glücklich erkämpften Punkt daheim gegen den FC Winterthur. Wie schon in der Abstiegssaison vor zwei Jahren war das herbstliche Heimspiel gegen den FCZ der Aarauer Knackpunkt und Beginn einer Negativserie. Der Geist von Sandro Wieser scheint immer noch im Brügglifeld herumzuspuken. Das 3:6 gegen den gleichen Gegner im Letzigrund war immerhin ein Torspektakel, bei welchem Aarau einen guten Anteil am unterhaltsamen Spiel hatte. Die letzten kleinen Aufstiegshoffnungen gingen dann in der 16.Runde daheim gegen Neuchâtel Xamax verloren.

Der Gast wendete einmal mehr in der 2. Halbzeit ein Spiel und gewann nach vorherigem Rückstand durch ein Tor von Raphaël Nuzzolo in der 88. Minute mit 2:3. Der 4. Rang ist das weniger Schlechte in der bisherigen Saisonbilanz. Schlimmer ist der desillusionierende Rückstand von 22 Punkten auf den FC Zürich. Der FC Aarau wollte länger im Rennen um den Aufstieg dabei bleiben. Das Ziel für den restlichen Saisonverlauf muss vor allem sein, mehr Konstanz und mehr Disziplin ins Spiel zu bringen und so einen Boden zu legen für die kommende Saison. Immerhin kamen durchschnittlich 3’990 Zuschauer zu den Heimspielen.

FC Winterthur: Derbystimmung kontrastiert mit Alltagssorgen

Das erste und das letzte Spiel bildeten den Rahmen für den FC Winterthur in dieser ersten Saisonhälfte. Der gemeinsame Nenner waren jeweils besondere klimatische Bedingungen, der Gegner, das Resultat und die überragenden Saisonrekordzuschauerzahlen in den jeweiligen Stadien, verbunden mit der Stimmung auf den Rängen. Während der FC Winterthur im Letzigrund chancenlos war, und etwas zu wenig mutig agierte, hätte der Club daheim bei besserer Chancenauswertung einen Punkt erreichen können. Genau dieses letzte Spiel zeigte aber schuetzi-sulzer-christmas-tree-foliedie Gefahr auf, in der sich der FC Winterthur befindet. Der mittlerweile durch das interne Duo Romano/Zuffi ersetzte Trainer Sven Christ musste wohl keinen Spieler speziell dazu motivieren, in einem solchen Kantonsderby alles zu geben. Man bekam vom favorisierten Gegner grossen Respekt und Anerkennung für die umsichtige Durchführung des Anlasses, verlor am Ende das Spiel aber nach aufopferndem Kampf dennoch.

Anders sieht es aus, wenn der FC Winterthur beispielsweise in Baulmes antritt, wo die Spieler oft mangelhaft auftreten, ungenügende Leistungen und Resultate erbringen, auch wenn es in dieser Vorrunde bei einem Chancenplus in der Nachspielzeit durch Ex FCZ-Stürmer Silvio immerhin zu einem 1:1 reichte. Silvio erzielt einen grossen Teil der Tore der nach Le Mont zweitschlechtesten Offensive der Liga. Zu viele Spieler scheinen in der sogenannten „Wohlfühloase“ Winterthur zu stagnieren und der Sprung von der Juniorenabteilung mit gutem Ruf in die 1.Mannschaft funktioniert auch nicht mehr so reibungslos wie auch schon. Die Zeiten, als an den Olympischen Sommerspielen von London 2012 mehr als die Hälfte der Schweizer Stammformation ehemalige Winterthurer Junioren waren, sind vorläufig vorbei. Auswärts stehen die Eulachstädter immer noch bei nur einem Sieg und sind mitten im Abstiegskampf angelangt.

FC Schaffhausen: Neues Stadion, neues Glück? 

Schaffhausen geriet nach gutem Start in eine Ergebniskrise mit nur einem Punkt aus elf Spielen. Es ist aber möglich, dass sich Schaffhausen vom Tabellenende noch klar wird lösen können. Bisher war die schwache Defensive zu sehr von den Toren von Demhasaj abhängig. Neu neues-stadon-von-aussen-bwwerden nun die Heimspiele im neuen Stadion im Herblingertal auf Kunstrasen ausgetragen. Dort soll es dann im Gegensatz zur Vorrunde mehr als nur einen Heimsieg geben. Beim letzten Heimspiel auf der altehrwürdigen Schaffhauser Breite Anfang Dezember setzte es im Direktduell mit Chiasso vor 2‘000 Fans eine 1:2-Pleite ab. Der langjährige Schaffhausen-Mäzen und -Präsident Aniello Fontana konnte krankheitshalber nicht dabei sein.

Mit dem neuen Trainer Murat Yakin, der 2010 schon den FC Thun zum Aufstieg in die Super League geführt hat, soll es wieder aufwärts gehen. In jener Aufstiegssaison wie auch in den folgenden drei Super League-Jahren war Mittelfeldspieler Muhamed Demiri ein wichtiger Baustein der Berner Oberländer gewesen. Nun hat ihn Trainer Yakin in Basel bei den Old Boys in der Promotion League wieder ausgegraben. Dazu kamen sechs weitere Neuzugänge, davon vier von Super League-Klubs. In den Wintertestspielen konnten die Munotstädter YB und St.Gallen besiegen.

Von Toni Gassmann und Lukas Stocker

 

Lehren aus dem Fall „Wil“: Nachfolgeregelung ist die Königsdisziplin des Klubverantwortlichen

Der Fall „FC Wil“ wirft für die Schweizer Fussballgemeinde wieder einmal die Frage nach Besitzverhältnissen und Nachhaltigkeit auf. Wieder hat es nicht geklappt mit einem auswärtigen Mäzen! Es darf dabei aber nicht ausser Acht gelassen werden: jeder dieser Personen und Fälle der letzten Jahre hat seine eigene Geschichte – keiner ist wirklich mit dem anderen vergleichbar. Trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten und wiederkehrende Muster.

Bei Mehmet Nazif Günal gab es nicht wie bei einem Bulat Chagaev, Igor Belanov oder auch Carlo Häfeli die in solchen Fällen häufig auftretende Unprofessionalität, und auch nicht das verzweifelte Streben nach dem (Wieder-)Einstieg in das Rampenlicht des Profifussballs für eine Person mit wenig Kredit. Keine skurrile Suche nach Einfluss im fernen Tschetschenien durch einen gefallenen (Schwieger-)Sohn der alten Nomenklatura, keine Partnerschaften mit halbseidenen Figuren als Verzweiflungstat, keine unrealistischen Visionen vom schnellen Aufstieg im Fussball-Business durch schwungvollen Spielerhandel.

Beim Einstieg Günals hiess es von einzelnen Kommentatoren, „Fussballbegeisterung“ als Begründung für dessen Motivation klinge verdächtig. Das ist Unsinn. Verdächtig wäre viel mehr, wenn Günal als einziger von über 40 Millionen Türkischen Männern keine Fussballbegeisterung mitbringen würde. Sein Unternehmen MNG realisiert weltweit parallel Dutzende grosser Bauprojekte. Der Ausbau des Bergholz-Stadions und der Bau eines Trainingszentrums für insgesamt 70 Millionen Franken wäre in diesem Kontext ein eher kleines Projekt gewesen, welches für Günals Unternehmen aber durchaus als Pilotvorhaben in der Schweiz und im Stadionbau einen Vorzeigeeffekt hätte haben können.

Trotz Professionalität, viel Geld und Fussballbegeisterung: es reichte nicht für ein nachhaltiges Engagement. Neuste Entwicklungen in der politisch instabilen Türkei mögen vielleicht eine Rolle gespielt haben. Jeder kann jederzeit die Gunst der Machthaber verlieren, auch ein gut vernetzter Milliardär wie Günal. Er hätte es sich auch niemals ohne schwerwiegende Folgen leisten können, nach dem Haftbefehl gegen den damaligen Wil-Trainer Ugur Tütüneker wegen dessen angeblicher Beteiligung am „Putschversuch“ diesen nicht sofort freizustellen.

Aus Sicht der Schweizer Fussballfreunde entscheidend ist aber eine andere Erkenntnis. Durchs Band schnell verschwunden sind jeweils diejenigen Klubbesitzer, die auch schnell aufgetaucht sind. Easy come, easy go. Nachhaltig engagiert bleiben hingegen diejenigen, die schon vorher da waren – bevor sie die volle Verantwortung als Präsident und/oder Eigentümer übernahmen.

Markus Lüthi kam wegen seines fussballspielenden Sohnes Benjamin zum FC Thun und war erst jahrelang Vizepräsident, bevor er die Hauptverantwortung übernahm. Dölf Früh (FCSG) war schon vor der Übernahme des Präsidiums 2010 sechs Jahre lang einer der wichtigsten Sponsoren des Klubs gewesen – Ancillo Canepa schon immer FCZ-Supporter und immerhin ein Jahr im Verwaltungsrat vor der Wahl zum Präsidenten. Bernhard Heusler (FCB) wurde ebenfalls vom Vizepräsidenten zum Präsidenten und Eigentümer. Stephan Anliker (GC) war drei Jahre im Verwaltungsrat bevor er Präsident wurde. Und in Lausanne haben vor dreieinhalb Jahren der bisherige Präsident Jean-François Collet und Vizepräsident Alain Joseph gar die Rollen getauscht. Kaufangebote aus dem Ausland, auch von einem Grossklub, der Lausanne als Farmteam etablieren wollte, wurden wegen der fehlenden Nachhaltigkeit abgelehnt.

Das Zauberwort lautet „Nachfolgeregelung“. Vor allem in Familienunternehmen immer wieder ein grosses Thema, aber grundsätzlich für jede Organisation von eminenter Wichtigkeit – gerade auch für Profifussball-Klubs. Sven Hotz, Gigi Oeri und Co. haben es vorgemacht. „Nachwuchsförderung“ ist nicht nur auf dem Platz wichtig, sondern auch daneben. Früh genug müssen potentielle Kandidaten für die zukünftige Übernahme des Klubs eingebunden und aufgebaut werden. Nicht die Liga ist dafür verantwortlich. Es ist die ureigene Verantwortung jedes einzelnen Klubs – und wohl die wichtigste und nobelste Aufgabe eines Klubverantwortlichen.

Die Frage des Timings kann aber delikat sein. Sven Hotz hat erst relativ spät, aber gerade noch rechtzeitig seine Nachfolge zu regeln begonnen. Bernhard Heusler behielt das ihm von Gigi Oeri übertragene Mehrheitspaket der FCB Holding so lange komplett für sich, bis der Klub auf finanziell stabilen Füssen stand – mit Dutzenden von Millionen an Reserven. Um in einer allfälligen finanziellen Schieflage in der Lage zu sein, das Mehrheitspaket an einen potenten Mäzen verkaufen zu können. Nun da dies nicht mehr nötig scheint, hat Heusler angefangen, einen Teil seines Mehrheitspaketes an andere Verwaltungsratsmitglieder zu verteilen.

Als Nachhaltigkeitskriterium entscheidend ist nicht die Nationalität der Übernahmeinteressenten, sondern die Dauer und Intensität des Engagements für den Klub VOR der Übernahme. Plötzlich aus dem „Nichts“ auftauchende Mäzene haben Schweizer Fussballklubs noch kein einziges Mal etwas gebracht. Das sollte der erneute Fall „Wil“ definitiv bewiesen haben. Es gibt daher nur zwei sinnvolle Varianten: entweder kann aus den eigenen Reihen heraus eine gute Nachfolgeregelung aufgebaut und entwickelt werden – oder der Klub muss deutlich kleinere Brötchen backen. Ganz entscheidend dabei ist, zu verhindern, in Bezug auf die Nachfolge unter Zeitdruck zu geraten, wie dies beim FC Wil vor der Übernahme Günals aufgrund der neuen UEFA-Regelung bezüglich „Third Party Ownership“ von Spielern offenbar der Fall gewesen war.

Grosse Halbzeitbilanz der Challenge League, 1.Teil

Nach der Hälfte der absolvierten Meisterschaft in der Challenge League können die zehn beteiligten Clubs in folgende drei Kategorien eingeteilt werden, je nachdem ob sie über, unter oder den Erwartungen entsprechend klassiert sind:

challenge-league-top-flop-teams-tabelle-1612Im Ersten Teil schauen wir auf die drei Teams, welche in der Vorrunde die Erwartungen übertroffen haben.

Neuchâtel Xamax FCS: Weiterhin Aufstiegskandidat

Der Club profitierte in den letzten beiden Transferperioden vom zuerst mutmasslichen, danach eingetroffenen Konkurs des FC Biel, verlor nach Beginn der Saison mit Mickaël Facchinetti (Thun) und Cédric Zesiger (GC) jedoch zwei wichtige Spieler wegen Transfers in die Super League. Trainer Michel Decastel hatte für viele Aufgaben die richtige Lösung. Und Raphael Nuzzolo präsentierte sich sofort als wirkungsvoller Leader der Mannschaft. Mit Pedro Teixeira und Dilan Qela entwickelten sich dazu zwei Nachwuchsspieler aus der eigenen U18 zu hoffnungsvollen Kräften. maladiere-photokopie

Auf dem Kunstrasen in der heimischen Maladière gewann Xamax sieben Spiele und holte alleine schon so 21 Punkte. Einzig der FC Zürich und der FC Wohlen vermochten dort zu gewinnen. Besonders denkwürdig war der 3:2-Sieg gegen den FC Wil. Die Ostschweizer verloren kurz vor Schluss Jocelyn Roux nach einer Roten Karte und trafen danach durch Gjelbrim Taipi mit einem Penalty den Pfosten. Sie vergaben so das mögliche 1:3. In der Nachspielzeit erzielten die erwähnten Teixeira und Qela für Xamax noch zwei Tore zum vielumjubelten Sieg.

Das Spielfeld der Maladière liegt über dem Feuerwehrdepot der Stadt Neuchâtel. Lief einmal ein Spiel in der ersten Halbzeit noch nicht so gut, so stürmen die Einheimischen nach der Pause wie die Feuerwehr los und wendeten das Spielgeschehen. Der gegenwärtige Challenge League Rekordspieler Mustafa Sejmenovic (295 Einsätze für Yverdon, Baulmes, Biel und Xamax) schoss in der ersten Saisonhälfte drei Tore nach Eckbällen und ist damit der treffsicherste Verteidiger der Liga. Das belegt die Gefährlichkeit der Neuenburger bei Standardsituationen, die meistens von Nuzzolo ausgeführt wurden. Xamax darf im Rennen um den Aufstieg noch nicht ganz abgeschrieben werden. Hätten die Welschen beide Spiele gegen den FCZ gewonnen statt verloren, so wären sie punktgleich mit den Zürchern.

FC Wohlen: Von Niederhäusern mit guten Leistungen

Ausgerechnet nach der 1:3-Niederlage in der 6. Runde gegen den FC Wil verliess Trainer Martin Rueda die Freiämter und wechselte zu den Ostschweizern. Der FC Wohlen stand zu diesem Zeitpunkt nach vier Niederlagen in Serie mit 4 Punkten auf dem zweitletzten Rang. In die Saison startete Rueda mit einem Sieg in Baulmes gegen den FC Le Mont. Wohlen war dadurch vor dem FCZ gar erster Leader in der neuen Saison. Nach der 2. Runde und einem 0:0 daheim gegen Xamax standen die Aargauer noch auf dem 2. Rang, hinter dem FC Schaffhausen. Es folgten sechs Niederlagen in Serie. Und der neue Trainer Francesco Gabriele wurde von den Aargauer Medien schon zu Beginn seiner Amtszeit abgeschrieben, besonders nachdem man in Genf bei Servette 6:1 verlor und auch das Kantonsderby gegen den FC Aarau mit 1:4 zu einem Desaster wurde. Wohlen stand nun auf dem letzten Rang der Tabelle.

niedermatten-fcz-fans-farbigIn Schaffhausen gelang danach ein überraschender 0:1-Sieg, ehe auf der Niedermatten der FCZ trotz des Europa League-Spiels drei Tage zuvor gegen Osmanlispor überzeugend mit 0:5 auftrumpfte. Danach aber liessen die Aargauer richtig aufhorchen. Das sehr heimstarke Xamax wurde in Neuenburg mit 1:4 ausgekontert. Janko Pacar liess sich als dreifacher Torschütze feiern. Mit 18 Punkten aus den letzten 10 Spielen kletterte der FC Wohlen auf den überraschenden 6. Rang. Auswärts waren die Freiämter besonders stark, stehen sie doch mit 15 Punkten auf dem 3. Platz dieser Wertung. Während der alte Trainer mit 0,667 Punkten eine eher schlechte Bilanz aufweist, und am neuen Wirkungsort bereits wieder entlassen wurde, arbeitet der neue mit einer Bilanz von 1,5 Punkten pro Spiel deutlich erfolgreicher.

Der FC Wohlen ist so die Wundertüte der Liga, unberechenbar und zunehmend stabiler in der Abwehr und sehr konterstark. Florian Stahel ist angekommen in der Challenge League und Sead Hajrovic hat sich in der Mannschaft doch noch zu einem stabilen Verteidiger entwickelt. Was ein treffsicherer Stürmer ausmacht, verdeutlicht Janko Pacar mit 6 Toren und 3 Assists aus 15 Spielen. Das ehemalige Talent des FC Luzern hatte in den letzten 7 Jahren 9 Mal den Club gewechselt, ehe der FC Wohlen Pacar im Sommer von Petrolul Ploiesti aus Rumänien ablösefrei verpflichtete. Die vom FCZ ausgeliehenen Spieler kamen folgendermassen zum Einsatz: Nils Von Niederhäusern, 7 Einsätze/630 Minuten (Stammspieler mit viel Offensivwirkung), Marvin Graf, 0/0 (verletzt), Kilian Pagliuca 2/36 (einmal davon eingewechselt und 29 Minuten später wieder ausgewechselt).

Der Saudi Monquez al-Yousef machte den FC Wohlen schuldenfrei, zieht sich nach 196 Tagen als Mäzen zurück und übergibt das Aktienpaket grösstenteils wieder in heimische Hände. Es würde mehr als überraschen, würde der FC Wohlen nicht auch nächste Saison in der zweithöchsten Liga spielen.

FC Le Mont: Umstellung auf Dreierabwehr könnte Klassenerhalt sichern

Die Waadtländer entwickelten sich im Laufe der bisherigen Spielzeit zu einem sehr unbequemen Gegner, der mit nur 12 erzielten Toren 21 Punkte gewann, weil die Defensive auch nur 19 Tore zuliess. Die zusammen mit Xamax drittbeste Abwehr war so die Basis für das Gelingen, das trotz der schwächsten Offensive zustande kam. Der spezielle defensive Erfolg begann in der 9. Runde gegen Neuchâtel Xamax mit der Umstellung von Trainer John Dragani auf eine Dreierabwehr, die von den gelernten Innenverteidigern Francois Marque, Ibrahim Tall und Lucas gebildet wurden. Daraus erwuchs eine Serie von sieben Spielen mit 13 Punkten, mit nur einem Gegentor bis zur 15. Runde. Im heimischen Stade Sous-Ville in Baulmes wurde so Xamax 1:0 bezwungen. Beachtenswert war zudem das 1:1 im Letzigrund gegen den FCZ vor 8’489 Zuschauern, der neuen Rekordkulisse für die Fussballer von Le Mont.

sous-ville-farbstift-zeichnungWie immer mit dabei war dort auch ihr grösster und treuester Fan, der 14-jährige Emmanuel Masmejan. Züri Live war schon lange begeistert von ihm und er wurde in den vergangenen Jahren auf dem Sender auch mehrmals lobend erwähnt. Beim Match gegen den FCZ im für einmal auch von Medienvertretern gut besuchten „Sous-Ville“ erzählte der Züri Live-Kommentator daher Michel Wettstein (BLICK) von Emmanuel. Dieser machte daraufhin beim Rückspiel im Letzigrund eine Story daraus, die sogar über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Seither hiessen die Platzspeaker Emmanuel in vielen Challenge League-Stadien vor der Partie speziell willkommen und es wird jeweils auf Kosten des Gastgebers für sein leibliches Wohl gesorgt.

Francois Marque jedoch missbrauchte im Letzigrund das Gastrecht auf üble Weise. Er provozierte dort mit hinterhältigen und vordergründigen Aktionen seine Gegenspieler und die Betreuer und wurde zusammen mit Alain Nef nach dem Spiel mit einer Roten Karte bestraft, für die der Franzose nur vier Spielsperren bekam. Wegen der zuvor erhaltenen vierten gelben Karte verpasste Marque aber noch einen weiteren Einsatz. Mit Alain Nef, der zu schlichten versuchte, erwischte Schiedsrichter Lionel Tschudi übrigens den falschen Spieler des FCZ.

Bei den Waadtländern fiel im Mittelfeld besonders der ehemalige Lausannois Helios Sessolo als wirbliger, laufstarker und unberechenbarer Spieler auf. Ein Grund für die Misère in der Offensive war auch das verletzungsbedingte Fehlen von Stürmer Luis Pimenta während der acht Spiele, in denen Le Mont nur zwei Tore schoss. Sollte die Defensive so stabil bleiben, wird in Baulmes auch nächste Saison Challenge League-Fussball zu sehen sein.

Von Toni Gassmann, Mitarbeit: Lukas Stocker

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