Alte Muster, gleiches Bild: FCZ – YB 0:5 in der Analyse

Der Eindruck vor leeren Rängen im Letzigrund war von Trostlosigkeit geprägt. Nach dem 0:2 durch Jean-Pierre Nsamé kurz vor der Pause nach einem Fehlpass des ansonsten mit seiner Antizipation einige gegnerische Torchancen vereitelnden Ilan Sauter schien die Partie gelaufen. Der Rest zog sich zäh wie Gummi. Auf dem Metallzaun an der Herdernstrasse unterstützte ein kleines Grüppchen Fans die Mannschaft unentwegt von ausserhalb des Stadions. Die Transparente in der Südkurve hoben das gefühlte Niveau auch nicht wirklich. Da wird die SFL bezichtigt, sie sei auf „Profit“ fixiert. Eine Organisation zweier bescheidener Schweizer Profiligen, deren Migliedsklubs schon in „normalen Zeiten“ fast immer Verluste schreiben, und die alles versuchen muss, zu verhindern, dass es zu Konkursen kommt und hunderte Menschen in der Schweizer Fussballwelt ihren Job verlieren. Neben einigen Experten und Journalisten scheint auch ein Teil der Fans selbst nach bald fünf Monaten noch nicht in der Corona-Realität angekommen zu sein.

In den folgenden Tagen reift im Videostudium dann aber die Erkenntnis: der FCZ hat nicht ganz so miserabel gespielt, wie sich das live angefühlt hatte – und YB war zwar schlussendlich klar und deutlich, aber trotzdem nicht im Liegestuhl zum Sieg gekommen. Die Berner agierten stattdessen im Letzigrund deutlich besser, als noch bei ihrem 3:2-Heimsieg im Juni im Wankdorf (Link: „Nsamé trifft erstmals per Kopf – FCZ kann gute 1. Halbzeit nicht materialisieren“) und kamen vor allem auch deshalb zu über 30 Abschlüssen. Jean-Pierre Nsamé toppte mit sechs Rückrundentoren gegen den FCZ sogar noch die bereits schon unglaubliche Marke Fabian Freis von fünf Rückrundentreffern (Link: „FCB nutzt Schwachpunkte Schönbächler und Baumann konsequent, Best Player Zumberi mit Zukunft? Basel – FCZ in der Analyse) gegen den Letzigrundclub. Gleichzeitig hatte der FCZ während der ganzen Partie immer wieder den einen oder anderen gelungenen Angriff. Man steckte zumindest fussballerisch nie ganz auf und hatte mit einem Doppelpass von Kramer mit Koide selbst in der letzten Minute der Nachspielzeit noch einen guten Angriff über rechts, bei welchem aber der Slowene seine Flanke vor den Fünfmeterraum wahlweise etwas zu früh oder scharf spielte, so dass diese vom mit einem langen Sprint im Höchsttempo heranpreschenden Britto nicht mehr erreicht werden konnte.

Die Szene war typisch für Blaz Kramer, der in der Regel nur etwa zehn gute Minuten pro Spiel hat und in diesen fehlt ihm zudem aufgrund seiner Torflaute in den entscheidenden Situationen die Ruhe am Ball. Man hätte sich auf Seiten des FCZ zudem beispielsweise einen Toni Domgjoni auf dem Platz gewünscht, der zusätzlich zum spielerischen Ansatz mit Zweikämpfen und verbal für so etwas wie ein Aufbäumen gesorgt hätte. Was fehlte, war ausserdem, dass wie unter der Woche in Basel bis in die Nachspielzeit der Anschlusstreffer und damit Spannung noch in der Luft lag. Die Anzahl Züri Live Top-Offensivaktionen war so klein wie zuletzt nie mehr seit dem Saisonstart gleichenorts gegen den FC Lugano (0:4) und die Anzahl Top-Defensivaktionen am zweithöchsten nach dem 2:0-Heimsieg gegen Servette vor gerade mal zwei Wochen.

Positiv: Michael Kempter und Henri Koide sind zur Zeit beim FCZ das, was man allgemein „eine Bank“ nennt – konstant auf gutem Niveau. Beide sind hungrig, lassen sich auch von einem (klaren) Rückstand kein bisschen runterziehen. Mit elf solchen Spielern auf dem Platz hätte man diese Saison nicht so viele klare Niederlagen kassiert. Das Mittelfeldzentrum war hingegen gegen YB ungenügend. Der ruhige Simon Sohm agierte über die ganze Partie hinweg zu passiv. Der emotionale Hekuran Kryeziu lief deutlich mehr und stopfte Löcher, welche Sohm offen liess. In Abwesenheit der Aggressivleader Domgjoni, Rüegg und Nathan sowie der verletzungsbedingten Abwesenheit Tosins müsste speziell der Schwyzer in die Bresche springen. Kryeziu gerät aber weiterhin zu schnell in ein Fahrwasser, in welchem er sein Engagement nicht richtig zu kanalisieren weiss.

33. Minute: Hekuran Kryeziu will den Ball per Dropkick zu Yanick Brecher zurückspielen, Ilan Sauter verhält sich ungeschickt und lenkt den Ball in den Lauf von Jean-Pierre Nsamé. Kryeziu steht auf gleicher Höhe mit dem späteren Torschützen Miralem Sulejmani, dreht aber im Anschluss an diese Szene ab, schaut in Richtung des gegnerischen Tores und hadert, anstatt mitzuhelfen, seinen Fehler auszubügeln.

Eine typische Szene vor dem wegweisenden 0:1: zuerst kann „Heki“ gegen zwei attackierende Berner einen guten spielöffnenden Pass auf Simon Sohm spielen, dann erhohlt sich Kryeziu ein wenig. Der Ball kommt aber nach einer weiten Kopfballabwehr Camaras relativ rasch in die Nähe Kryezius an die Mittellinie zurück. Dieser reagiert deutlich schneller als Miralem Sulejmani und holt sich den Ball. Der Berner Offensivmann ist wenige Sekunden später aber trotzdem der lachende Torschütze, weil Kryeziu viel zu optimistisch den Ball per Dropkick zurück zu Yanick Brecher spielen will. Der Ball wird vom Rücken des sich ebenfalls nicht ideal verhaltenden Ilan Sauter so abgelenkt, dass Jean-Pierre Nsamé mit Ball Richtung Tor laufen kann. Entscheidend bei der ganzen Sache: Kryeziu ist im Moment des Fehlers auf gleicher Höhe mit Sulejmani und bestimmt nicht langsamer, als der 31-jährige Serbe. Anstatt aber sofort zurückzueilen, dreht sich der FCZ-Mittelfeldspieler hadernd ab. In einer anderen Szene reklamiert er heftig ein Handspiel von Nsamé im Zürcher Strafraum, anstatt sich auf den Ball zu fokussieren, der ihm direkt vor die Füsse fiel und einen schnellen Gegenstoss ermöglichte. Ein Freistoss im eigenen Strafraum hätte dem FCZ in dieser Situation rein gar nichts gebracht. Von zwei anderen „K’s“ im Team, Kempter und Koide, könnte Kryeziu noch einiges lernen.

Schönbächler zeigte sich im Vergleich zum insgesamt schlechten Auftritt in Basel verbessert und hatte deutlich mehr gute Defensivszenen, liess Kempter aber trotzdem noch zu häufig alleine gegen eine Berner Überzahl. Winter war sehr engagiert und es gelang ihm auch einiges, speziell in der gegnerischen Hälfte – in der eigenen Platzhälfte war er aber trotzdem immer wieder mal im Spiel ohne Ball etwas zu spät auf seinem Posten. Angefangen im Rechten Mittelfeld, spielte Winter nach der Pause und der Hereinnahme von Umaru Bangura als Rechter Aussenläufer im zuletzt immer häufiger gespielten und dem FCZ aktuell wohl am besten liegenden 3-4-1-2. Der zuletzt aussen vor gelassene Umaru Bangura erhielt nach der Pause wieder einmal 45 Minuten Einsatzzeit und machte seine Sache gut (Züri Live-Note „7“). Es war erst sein dritter Rückrundeneinsatz nach dem 1:1 in Sion (Note „10“, MVP, Link: „Umaru Bangura ist wieder da!“) und dem 0:4 gegen Basel (Note „8“, Link: „7% + 5% = 0:2! FCZ – FCB 0:4 in der ausführlichen Analyse.“).

58. Minute: Jean-Pierre Nsamé bringt Umaru Bangura im Zürcher Strafraum durch Beinstellen so zu Fall, dass dieser vornüberfällt, einen Salto schlägt und dann am Boden sitzend wiederum Nsamé zu Fall bringt.

Getrübt wurde das Spiel des Sierra Leone Nati-Captains von seinem Penaltyfoul gegen Jean-Pierre Nsamé, welchem ein glasklares Stürmerfoul seines Gegenspielers vorangegangen war. Die unglaubliche Serie der durch Stürmerfouls irregulären Treffer von YB gegen den FCZ setzt sich also fort. Auch wenn das 0:4 diesmal natürlich gar keinen Einfluss mehr auf die Punktevergabe hatte. Schon beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Teams Anfang Saison war Bangura in der Rückwärtsbewegung vor Nsamé am Ball gewesen. Dieser hatte seinen Gegenspieler daraufhin mit einem Stoss in den Rücken auf den Boden gestossen, den deshalb frei liegenden Ball geerbt und das 2:0 in der 59. Minute erzielt: Link „Schlechter FCZ-Start in die Partie – erneut irreguläre YB-Treffer“. Diesmal kam der Franzose zu einem Penaltytreffer, weil er dem FCZ-Verteidiger wie in einem Ringkampf das Bein stellte. Der mit einem Salto auf den Boden fallende Bangura erinnerte sich wohl unterbewusst an die Szene von Anfang Saison und wollte Nsamé diesmal nicht ziehen lassen, stellte ihm reflexartig das Bein.

48. Minute: Benjamin Kololli springt hoch, obwohl er den Eckball von Miralem Sulejmani nicht erreichen kann. Blaz Kramer hinter ihm zögert dadurch, Jean-Pierre Nsamé köpft völlig freistehend zum 0:3 ein. Drei Mal der gleiche Fehler im selben Spiel.

Ebenfalls eine negatives Déjà Vu in doppelter Hinsicht erlebte man als FCZ-Beobachter bei drei gegnerischen Eckbällen, wovon einer zum 0:3 durch Jean-Pierre Nsamé führte. Dieser hatte beim Restart im Wankdorf gegen den FCZ beim siegbringenden 3:2 seinen ersten Kopfballtreffer der Saison erzielt und traf nun erneut mit dem Schädel. Die Szenen erinnerten vor allem aber auch an die 3. Runde der Saison, als der FCZ wegen zu hektischem Gebaren in Überzahl 1:2 verlor. Das Game Winning Goal erzielte Pajtim Kasami, weil Benjamin Kololli bei einem Eckball von Anto Grgic als vorderster Mann hektisch und alibimässig zum Ball hochsprang, obwohl er diesen gar nicht erreichen konnte. Der hinter ihm postierte Kramer, welcher zuvor in dieser Partie am nahen Pfosten jeden Cornerball weggeköpfelt hatte, wurde dadurch irritiert und so konnte Kasami erben. Das 0:3 gegen YB war identisch – wieder Kololli, der als vorderer Mann beim Eckball von Sulejmani zu einem Ball hochspringt, den er gar nicht erreichen kann – wieder wird der hinter ihm für den Raum rund um Jean-Pierre Nsamé verantwortliche Blaz Kramer dadurch irritiert und der Berner Stürmer kann völlig frei einköpfen. Der Kreis in dieser Saison schliesst sich – im negativen Sinne.

Im Züri Live Videopodcast der 3. Runde 2019/20: der Ausschnitt zu den Gründen der Niederlage in Sion mit dem Game Winning Goal Kasamis mit dem identischen Fehler von Benjamin Kololli wie jetzt wieder gegen YB im Zentrum der Diskussion.

Zuvor war bereits in der 30. Minute dasselbe Problem aufgetreten. Da war es Simon Sohm gewesen, der bei einem gegnerischen Eckball alibimässig hochsprang und damit den hinter ihm stehenden Hekuran Kryeziu irritierte. Das hätte man allenfalls in der Pause ansprechen und somit wohl den Gegentreffer zum 0:3 kurz nach der Pause verhindern können. Der dritte Fall war ein Eckball in der 75. Minute, als wiederum Benjamin Kololli alibimässig hochsprang und erneut Kramer hinter ihm dadurch nicht eingriff – Marvin Spielmann kam völlig frei zum Kopfball, brachte diesen aber nicht im Tor unter. Drei Mal der gleiche Fehler im selben Spiel, nachdem man dieses Problem seit Anfang Saison eigentlich abgestellt hatte! Man war irgendwie halt doch nicht so fokussiert, wie sonst. Stephan Seiler kam gegen YB zu seinem Startelfdébut und dieses ging fast komplett schief. Neben vereinzelten Situationen, wo seine Qualität in der Balleroberung aufblitzte, wies der 19-jährige eine enorm hohe Fehlerquote auf und hatte null Zugriff auf Meschack Elia. Auch unter Berücksichtigung des guten Formstandes des Kongolesen war das klar zu wenig. Und es ist nicht so, dass die Rechtsverteidigerposition für Seiler völlig ungewohnt war. Gerade in Testpartien mit der Ersten Mannschaft hatte Seiler diese Rolle schon häufig bekleidet.

FC Zürich – Young Boys 0:5 (0:2)
Tore: 33. Sulejmani (Nsamé) 0:1, 42. Nsamé (Elia) 0:2; 48. Nsamé (Sulejmani) 0:3, 59. Nsamé (Penalty, Nsamé) 0:4, 73. Spielmann (Moumi) 0:5.
FCZ – Brecher; Seiler (46. Bangura), Omeragic, Sauter, Kempter (75. Britto); Winter, H. Kryeziu, Sohm, Schönbächler (46. Koide); Marchesano (18. Kramer), Kololli (85. N. Reichmuth).
YB – Von Ballmoos; Janko, Camara (67. Bürgy), Zesiger, Lefort (59. Lotomba); Sulejmani (59. Gaudino), Aebischer, Sierro, Fassnacht (59. Moumi); Nsamé, Elia (67. Spielmann).

(Standbilder: Teleclub)

FCZ ohne Nathan, Rüegg, Domgjoni – Ilan Sauter erneut in Startformation vs. YB

Saidy Janko und Michel Aebischer konnten beim ersten Saisonsieg gegen Servette (4:2) bei YB pausieren. Sie sind im Letzigrund wieder dabei. Dafür ist in Zürich Christopher Martins gesperrt. Gerardo Seoane hat in den letzten Partien je nach Gegner zwischen einem 4-2-3-1, 4-4-2 und 3-4-3 hin- und hergeswitcht. Heute sieht es wieder nach einem 4-4-2 aus. Personelle Gründe für Systemwechsel gibt es bei den Bernern aufgrund ihres breiten Kaders hingegen kaum mal.

Die Infizierten beim FCZ sind nach Adam Riese neben Mirlind Kryeziu offenbar Kevin Rüegg, Toni Domgjoni, Andris Vanins. Shpetim Sulejmani und Nathan. Daher wird der FCZ vor allem in der Hintermannschaft jung aufgestellt sein. Ilan Sauter ist erneut in der Startaufstellung dabei – dazu Nils Reichmuth auf der Bank. Denkbar sind sowohl eine Aufstellung mit Dreier- wie mit Viererabwehr.

Frage zum Spiel: Welche der in Basel eingesetzten U21 / U18-Spieler würdest Du gerne bis Ende Saison nochmal spielen sehen?

Gegen YB kommt der grössere Teil des Kaders der 1. Mannschaft direkt aus der Quarantäne wieder auf den Platz zurück. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass es auf dem Matchblatt den ein oder anderen Platz frei hat für Spieler, die sich in Basel empfehlen konnten.

Frage zum Spiel: Welche der in Basel eingesetzten U21/U18-Spieler würdest Du gerne bis Ende Saison nochmal spielen sehen? (mehrere Antworten möglich)

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FCB nutzt Schwachpunkte Schönbächler und Baumann konsequent, Best Player Zumberi mit Zukunft? Basel – FCZ in der Analyse

Mit einem Mythos wollen wir gleich zu Beginn der Analyse aufräumen: am Durchschnittsalter der Mannschaft lag es nicht, dass der FCZ gegen den FCB zum dritten Mal diese Saison mit 0:4 verloren hat. Die Startelf war im Schnitt immerhin 24,4 Jahre alt und damit nur ein Jahr jünger als der Gegner. Mehr als das: der FC Zürich hat diese Saison schon fünf Mal eine jüngere Startformation aufs Feld geschickt – und alle diese Partien gewonnen (3:2 vs. Basel, 4:2 vs. Sion, 3:0 vs. Luzern, 1:0 bei Xamax, 1:0 vs. Lugano)! Bei all diesen siegreichen Partien standen Becir Omeragic (17), Kevin Rüegg (21), Aiyegun Tosin (22) und im Zentrum jeweils zwei aus dem Trio Simon Sohm (19), Toni Domgjoni (21) und Vasilije Janjicic (21) von Beginn weg auf dem Platz. Eine auch in zentralen Positionen junge Mannschaft scheint daher im Gegenteil fast schon ein Erfolgsrezept zu sein – nicht nur in St. Gallen, sondern auch in Zürich, selbst „ennet den Gleisen“. Seit GC in der Challenge League mit vielen jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs antritt, sind die Resultate deutlich besser geworden.

Vier Teenager in der Startaufstellung wie mit Silvan Wallner (18), Ilan Sauter (19), Nils Reichmuth (18) und Soheil Arghandewall (18) ist ebenfalls nicht einzigartig – und ein Débutalter von 18 Jahren nicht wirklich jung. Richtig talentierte Jungs wie Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Izer Aliu, Becir Omeragic, Blerim Dzemaili, Almen Abdi. Admir Mehmedi, Josip Drmic, Ricardo Rodriguez, Daniel Gygax, Marco Schönbächler, Dimitri Oberlin oder Köbi Kuhn hatten mit 17 oder teilweise 16 Jahren ihren ersten FCZ-Pflichtspieleinsatz. Kommt ein Spieler erst mit 18 Jahren erstmals in der Super League zum Zuge, kann man in aller Regel davon ausgehen, dass es sich nicht um ein Top-Talent handelt. Ein gewisses Super League-Potential bringen sowohl Wallner wie auch Reichmuth und Arghandewall immerhin mit. Für sie werden mit 18 aber nicht die nächsten Jahre, sondern schon die nächsten Monate weichenstellend für die Zukunft sein. Durchaus möglich, dass der unverhoffte Einsatz im St. Jakob Park dem Einen oder Anderen kurzfristig nochmal einen wichtigen Motivationsschub gibt. Dies nachdem beispielsweise der vielversprechende Allrounder Arghandewall in den letzten drei Jahren in seiner Entwicklung eher stagniert hat.

Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren.

Kommentar zu Marco Schönbächler

Den Umständen entsprechend (direkt aus den Ferien auf einen Super League-Platz) „metzgete“ sich der Teil der Zürcher Reservemannschaft, der für die Partie aufgeboten werden konnte, gut. Am Einsatz und Willen fehlte es nicht. Die Mannschaft mit insgesamt neun Super League-Débutanten gewann gar die Mehrheit der Zweikämpfe. Einzelne Schwachpunkte verhinderten aber, dass es gegen einen aktuell mit schwankenden Leistungen aufwartenden Gegner zu einer spannungsgeladenen Begegnung mit offenem Ausgang reichte. An erster Stelle muss hier mit Marco Schönbächler ein Routinier genannt werden. Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren: „katastrophal“ triffts am besten. Fast alle guten Torchancen des FC Basel der 1. Halbzeit entstanden in erster Linie aufgrund schlechter Defensivarbeit Schönbächlers, darunter auch die beiden Gegentore – und liess dabei jeweils den im Verlaufe der Partie sich steigernden Pa Modou im Stich. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Gegenspieler Silvan Widmer diese Saison zu den besten Akteuren der Liga gehört, zu viel. Basel schien wie schon in der Vergangenheit ihr Spiel an den Zürcher Schwachpunkten auszurichten. Als Schönbächler mit Nils Reichmuth die Seiten getauscht hatte, wechselten die Rotblauen den Fokus ihres Aufbauspiels ebenfalls stärker auf die andere Seite, um weiterhin von Schönbächlers Defensivschwäche maximal profitieren zu können. Nils Reichmuth hatte dort in der 1. Halbzeit gegen Alderete besser verteidigt gehabt, als später Schönbächler, der von Trainer Jurendic schlussendlich dann in den Sturm beordert wurde. Gegen Widmer bekam Reichmuth dann aber auch seine Probleme. Daher war für den FCZ die Viertelstunde nach der Pause am schlimmsten – trotz Systemumstellung vom 4-2-3-1 auf ein 4-1-4-1. Dass man in dieser Zeit um den dritten Gegentreffer herumkam, war zu grossen Teilen dem Basler Unvermögen im Abschluss geschuldet.

Ab der 62. Minute änderte sich dies mit der Einwechslung des Duos Diego Corvalan / Lenny Janko komplett. Plötzlich hatte der FCZ auf den beiden Flügelpositionen konsequent verteidigende und die Seiten zumachende Akteure auf dem Platz. Etwas, was man jahrelang vermisst hatte. Es war eine reine Wohltat! Kein Dauerstress mehr aufgrund des offenen Einfallstors. Nun kam der FC Zürich wieder besser in die Partie und auch selbst zu Torchancen. Mehrmals war man am 1:2-Anschlusstreffer nahe dran. Silvan Widmer kam auf der Seite nicht mehr durch. Basel musste daraufhin über die Seiten mehr Risiken eingehen, und spielte Bälle ins Seitenaus oder zu steil – oder man bremste den Angriff ab und versuchte es durch die Mitte mit erfolglosen Abschlüssen aus der Distanz. Dies änderte sich erst wieder teilweise, als in der 77. Minute Basil Erne reinkam und Janko in den Sturm wechselte. Der fleissige Erne agierte zwar defensiv nicht so schlecht wie Schönbächler, war aber weit von Jankos Präsenz entfernt. Zusammengefasst ist die Erkenntnis nicht neu, dass der FCZ in Zukunft gegen Teams wie den FCB nur eine Chance auf Punkte haben wird, wenn der langjährige (defensive) FCZ-Schwachpunkt auf dem Flügel gelöst werden kann. Ansonsten werden offensiv starke gegnerische Aussenspieler wie Widmer, Stevanovic, Kasami, Ngamaleu, Sulejmani, die beiden Hefti-Brüder, Lavanchy und Co. weiterhin Spiele für die Gegner (hoch) gewinnen.

83. Minute: Im Eins-gegen-Eins sollte sich ein Torhüter breit machen und möglichst viel Fläche abdecken – Baumann dreht sich aber im Duell mit Van Wolfswinkel ab und macht sich klein.

In den Lobeshymnen auf Torhüter Novem Baumann von Seiten mehrerer Journalisten während und nach der Partie schwang viel Ignoranz gegenüber dem Rest der Zürcher Mannschaft mit – ähnlich wie im Eishockey, wo die mehrheitlich einheimischen Juroren bei der gegnerischen Mannschaft meist den Torhüter zum „Best Player“ wählen. Dabei hatte der 24-jährige Zürcher Keeper am Ende der Partie nach Expected Goals-Statistik keine höhere Niederlage verhindert. Aufgrund der Torchancen konnten vier Basler Tore erwartet werden und es wurden auch vier erzielt. Und bei drei der vier Gegentore hätte er deutlich mehr Gegenwehr leisten – und damit eines oder zwei davon verhindern können. Baumann offenbarte in Basel, was schon lange von ihm bekannt ist: fussballerisch auch für die Challenge League deutlich ungenügend, mit enormen Problemen im Eins-gegen-Eins und in der Strafraumbeherrschung. Fabian Frei (fünf Tore gegen den FCZ in der Rückrunde!) nutzte zwei Mal den Fakt aus, dass Baumann die Breite des Tores bei weitem nicht abzudecken vermag. Einmal hatte Baumann am Pfosten „festklebend“ Glück, dass er von Tician Tushi ungeachtet eines mehr als halbleeren Tores aus kurzer Distanz angeschossen wurde – genauso wie später auch von Widmer.

90.+2 3:0 FC Basel – wieder dreht sich Baumann beim Abschluss von Van Wolfswinkel ab und schützt sich selbst, anstatt das Zürcher Tor.

Nur bei einem Abschluss des omnipräsenten Basler Aussenverteidigers antizipierte Baumann gut die richtige Ecke. Ansonsten profitierte er vor allem von unplatzierten Basler Abschlüssen. Die Journalisten liessen sich von ein paar wenigen spektakulär aussehenden Reflexen, die man im gleichen Stil in Cup-Matches mit Beteiligung FCB auch von manchem gegnerischen Amateurgoalie zu sehen bekommt, etwas gar einfach die Sinne vernebeln. Vor drei Jahren hatte Baumann bei einer 0:2-Niederlage gegen den FC Wil das bisher einzige Mal einen Wettbewerbseinsatz für die 1. Mannschaft des FCZ bestritten. Beim FC Rapperswil-Jona konnte er sich unter Ex FCZ-Trainer Urs Meier nicht für die Challenge League empfehlen. Und in der Promotion League gehört Baumann nicht nur optisch, sondern auch auch statistisch zu den schlechtesten Torhütern der Liga. Die Schwächen, die Baumann zeigt, sind nicht untypisch für beim FCZ ausgebildete Torhüter im Allgemeinen. Selbst Yanick Brecher brauchte im Profialter sehr lange, um sich diese zumindest teilweise wieder abzugewöhnen. Aktuell ist der FC Basel U21-Torwart Niklas Steffen in der Promotion League-Mannschaft des FCZ im Test. Dazu kommt der schon im Winter aus Italien geholte Tessiner Thomas Candeloro. Die aufgrund der ungenügenden eigenen Torwartentwicklung und zum Teil auch -auswahl entstehenden Löcher mussten in den letzten Jahren durch von extern verpflichtete Keeper wie Hadzikic, Milosavljevic, Fillion, Vanins oder Favre immer wieder gestopft werden.

Best Player für den FCZ in Basel war Lavdim Zumberi. Dieser bildete zusammen mit Antonio Marchesano das Zentrale Mittelfeld und agierte als umsichtiger Ballverteiler und konsequenter Abräumer. In der 1. Halbzeit vor allem defensiv ausgelastet, vermochte er im Verlauf der Partie auch immer mehr offensive Akzente setzen. Schon seit einiger Zeit versucht man beim FCZ den schussstarken 20-jährigen vom 10-er zum 6-er umzufunktionieren, weil seine Stärke im Bereich der langen Bälle liegt und weniger im Antritt, der Beweglichkeit und Kurzpassspiel, das weiter vorne gefragt ist. Die Partie in Basel war in dieser Rolle wohl seine bisher beste Performance. Allerdings ist da die Konkurrenzsituation beim FC Zürich auch am stärksten. Simon Sohm ist mit Becir Omeragic das grösste Talent im aktuellen FCZ-Kader und im Normalfall gesetzt. Dazu kommen die beiden Leadertypen Toni Domgjoni und Hekuran Kryeziu. Diese drei haben für die je nach Spielsystem 1-2 verfügbaren Sechserpositionen die Nase klar vorne. Dann folgt Vasilije Janjicic, welcher vom Spielertyp her Zumberi am ähnlichsten ist und somit der direkte Konkurrent. Balleroberer Stephan Seiler, der auf verschiedenen Positionen eingesetzt werden kann, kommt ebenfalls noch dazu. Kevin Rüegg ist eine zusätzliche Option. Nils Reichmuth hingegen mit seinen auch in Basel gezeigten Schnittstellenpässen und dem räumlichen Vorstellungsvermögen ist eher ein Pendant zu Antonio Marchesano weiter vorne. Würde der gebürtige Ostschweizer Zumberi zum Beispiel zum FC St. Gallen wechseln, hätte er mit seinem Direktspiel und langen Bällen gute Chancen, sich zu etablieren. Er würde zum Spielstil der Grünweissen passen, wo Trainer Peter Zeidler mit Betim Fazliji bereits einen ähnlichen und keineswegs talentierteren jungen Spieler Super League-tauglich gekriegt hat.

Die Viererabwehrkette um José Gonçalves schien besser koordiniert zu sein, als zuletzt in anderer Besetzung, als man des öfteren nicht auf einer Linie stand. Ilan Sauter hat eine gute Antizipation und Spieleröffnung, kriegt aber auf kleinem Raum auf Super League-Niveau Probleme mit Antritt und Beweglichkeit, wie beispielsweise vor dem 0:3 Ricky Van Wolfswinkels gut ersichtlich. Silvan Wallner hingegen bringt in allen wichtigen Bereichen die notwendigen Basisqualitäten mit. Verglichen aber beispielsweise mit Basels Innenverteidiger Elis Isufi fehlen ihm etwas die überdurchschnittlichen Qualitäten für eine bestimmte Position. Lenny Janko und Diego Corvalan brachten wichtige Impulse und schlossen als Flügel die Seiten, wobei Corvalan wie in der Academy mit seinem etwas chaotischen Spielstil auch eine Reihe Fehler unterliefen. Potential ist aber vorhanden. Vielleicht dürfen die zwei gegen YB noch einmal ran? Lavdrim Rexhepi hat seit der Unterzeichnung seines längerfristigen Vertrages von allem Anfang an die Erwartungen nicht erfüllen können. Auch bei einer Leihe zu Rapperswil-Jona in die Challenge League konnte er sich nicht durchsetzen. Auch sein vierter Super League-Einsatz in den letzten zwei Jahren gibt wenig Hoffnung und stellt die knifflige Frage, wie die zwei kommenden Vertragsjahre bestritten werden sollen. Begnadeter Linksfuss, Aussenristpässe, ein Abschluss aus der Distanz: all das gabs im Joggeli wie immer von Rexhepi zu sehen – aber auch ungenügende taktische Disziplin und Laufleistung. Bei Eckbällen, welche die U21 im Gegensatz zur 1. Mannschaft in Manndeckung spielte, war Rexhepi (gegen Van der Werff) zudem der Einzige, welcher seinen Gegenspieler nicht ganz in den Griff bekam, obwohl er sich Mühe gab. Für Becirs Bruder Nedim Omeragic war der Kurzauftritt in Basel nach zwei Toren in fünf Challenge League-Partien mit Servette ebenfalls das erste Super League-Spiel. Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein – zumal auf dieser Position Bedarf herrscht. Dem ebenfalls kurz vor Schluss eingewechselten Enit Sadiku ist hingegen eher der Schritt in die Challenge League zuzutrauen.

Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein.

Kommentar zu Nedim Omeragic

Basel – FC Zürich 4:0 (2:0)
Tore: 14. Frei (Campo) 1:0, 37. Stocker (Tushi) 2:0; 90.+2 Van Wolfswinkel (Ademi) 3:0, 90.+4 Frei (Alderete) 4:0.
Basel – Omlin; Widmer, Cömert (46. Isufi), Van der Werff, Alderete; Xhaka (46. Marchand), Frei; Tushi (75. Oberlin), Campo, Stocker (64. Van Wolfswinkel); Cabral (46. Ademi).
FCZ – Baumann; Wallner, Sauter, Gonçalves (86. Sadiku), Pa Modou; Zumberi, Marchesano; N. Reichmuth (62. Corvalan), Rexhepi (77. Erne), Schönbächler (86. N. Omeragic); Arghandewall (62. Janko).

(Standbilder: Teleclub)

Pa Modou führt FCZ-Jungs in Basel in den Kampf – Aufstellungen im Detail

Beim FCB fehlt neben dem verletzten Luca Zuffi einzig der gesperrete Afimico Pululu, beim FCZ das ganze Aufgebot vom Xamax-Auswärtsspiel. Bei den Rotblauen haben zuletzt Leistungsträger wie Taulant Xhaka oder Omar Alderete etwas geschwächelt und wurden durch Ramires und Jasper Van der Werff verdrängt. Gegen den FCZ fehlen aber die beiden Linksverteidiger Riveros und Petretta, so dass Van der Werff auf dieser Position spielen könnte und Xhaka sowie Alderete wieder ins Team rücken. Der gelernte Stürmer Tician Tushi hat unter anderem in einem U18-Final gegen Simon Sohm, Bledian Krasniqi und Ilan Sauter hier im St. Jakob Park vor einer grösseren Zuschauerzahl als heute schon mal gegen den FCZ getroffen. Gut möglich dass er heute mit Valentin Stocker die Flügelzange bilden wird.

Beim FCZ sind Mimoun Mahi, Aiyegun Tosin und Vasilije Janjicic verletzt gemeldet, 17 Spieler sind in Quarantäne. Im Tor steht Novem Baumann. Nicht dabei ist Niklas Steffen. Für ihn wäre ein Auftritt im St. Jakob Park noch einmal etwas spezieller gewesen, nachdem er bis vor zwei Wochen jahrelang das Gehäuse von FCB-Juniorenteams gehütet hatte und aktuell in der FCZ U21 im Test ist. Über eine Verpflichtung des Solothurners wurde noch nicht entschieden. Pa Modou hat die Mannschaft zum Einlaufen auf den Platz geführt. Wird er auch Captain sein? Auf der Basis des Matchblattes könnte die Formation unterschiedlich aussehen. Dreier- oder Viererabwehr? Die Innenverteidiger Sauter und Wallner können auch auf der Seite spielen, Sauter dabei eher links, Wallner eher rechts. Soheil Arghandewall ist ein Allrounder, der viel im Zentralen Mittelfeld eingesetzt wird, zuletzt aber auch wieder auf seiner angestammteren Position im Sturm spielte. Nils Reichmuth ist ein ähnlicher Spielertyp wie Antonio Marchesano – ein abschlussstarker „Zehner“. Auf der Ersatzbank sitzen unter anderem Lenny Janko (Bruder von Saidy) und Nedim Omeragic (Bruder von Becir).

Schlacht bei St. Jakob an der Birs (aus Wikipedia)

Die Schlacht bei St. Jakob an der Birs wurde am 26. August 1444 im Verlaufe des Alten Zürichkriegs bei St. Jakob an der Birs geschlagen, knapp ausserhalb der Stadt Basel, wo damals das Konzil von Basel tagte. Gegner waren auf der einen Seite rund 20.000 Armagnaken und auf der anderen 1500 Eidgenossen der Acht Alten Orte ohne die Zürcher. Die Armagnaken sollten Richtung Zürich vorstossen, um die Belagerung der Stadt durch die Eidgenossen zu beenden. Im Grenzgebiet der heutigen Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, an dem Fluss Birs, stiessen sie aufeinander. Auf die Nachricht vom Ausschwärmen der Armagnaken bis in die Dörfer Muttenz und Pratteln beschlossen die Hauptleute der eidgenössischen Streitmacht, die vor der Farnsburg lagerten, mit einem Teil ihres Heeres einen Streifzug zu unternehmen. 1300 ausgewählte, meist junge Krieger rückten in der Nacht vom 25. auf den 26. August über Liestal, wo sich ihnen 200 Baselbieter Zuzüger anschlossen, in die Rheinebene hinab und überrannten dort am frühen Morgen die armagnakische Vorhut. Trotz strengem Gegenbefehl überschritten die übermütigen Eidgenossen die Birs und stiessen auf dem Gundeldinger Feld auf die 20.000 Mann starke und auf den Kampf vorbereitete Armee der Franzosen. Es folgte ein zehnstündiger Zusammenprall, bei dem die Eidgenossen in ihrer geringen Zahl mit derartiger Wucht auf den Gegner eindrangen, dass Zeitzeugen und Kampfbeobachtende noch lange davon berichten sollten. Allmählich aber – der grossen Übermacht wegen – wurden die zahlenmäßig Unterlegenen von allen Seiten her eingeschlossen. Da die Eidgenossen, die ja den Kampf jenseits der Birs gesucht hatten, eine Kapitulation wiederholt kategorisch ablehnten, unterlagen sie – bis auf 16 Flüchtige –, zuletzt zusammengedrängt im Garten des Siechenhauses, unter verheerendem Einsatz gegnerischer Artillerie.

Frage zum Spiel: wie schlägt sich die „U21 verstärkt“ in Basel?

Es kommt im vierten Aufeinandertreffen des FCB und FCZ der Saison wieder mal zu einer Begegnung, die aufgrund der speziellen Situation so oder so in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Frage zum Spiel: Wie schlägt sich die "U21 verstärkt" in Basel?

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Koide und Seiler mit gelungenem Einsatz: Xamax – FCZ Analyse

Wofür wird das Duell mit Xamax am 7.7.2020 in der Maladière aus FCZ-Sicht in Erinnerung bleiben? Womöglich mit dem ersten richtig gelungenen Auftritt von Henri Koide und Stephan Seiler (beide 19) in einem Wettbewerbsspiel. Von Koide sah man in 30 Minuten das, was man in der Zürcher Angriffsreihe schon lange vermisst. Ein Stürmer mit Biss, Zielstrebigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, ordentlicher Technik, Übersicht und konsequenter defensiver Mitarbeit. Einer, der die gegnerische Abwehrreihe so richtig beunruhigt. Natürlich hat ein Einwechselspieler den Vorteil dank der kürzeren Einsatzzeit mehr Energie in jede einzelne Aktion stecken zu können, aber wie schnell Koide nach seinem Eintritt voll im Spiel angekommen war, war erfreulich. Er war zwei Mal nahe dran, die Partie zugunsten des FCZ mitzuentscheiden.

In der 66. Minute erobert Stephan Seiler den Ball auf der linken Seite, Kololli behauptet diesen und legt ihn zurück auf Michael Kempter, welcher direkt in die Tiefe spielt. Koide setzt sich dann trotz schlechterer Ausgangsposition im Duell mit André Neitzke klar durch, bedient in der Mitte den heranstürmenden Adrian Winter – Spekulationsgoalie Laurent Walthert spekuliert richtig und pariert den Abschluss Winters sensationell mit dem rechten Bein. In der 81. Minute hetzt Koide wieder in schlechterer Ausgangsposition einem abgefälschten langen Ball von Yanick Brecher nach und holt sich diesen von Djuric und Kamber, wird beim Lauf in den Strafraum von Kamber zurückgerissen, bleibt aber auf den Beinen, worauf er dann aber im Strafraum vom den Ball verfehlenden Neitzke gerammt wird. Eine Penaltyentscheidung wäre nicht falsch gewesen.

Koide ist genauso wie Seiler in den letzten Jahren behutsam mit dem richtigen Timing an die Erste Mannschaft herangeführt worden. Beide vermochten auch in den Corona-Testpartien ihren potentiellen Wert für das Team aufzuzeigen. Die Gefahr, dass Koide aufgrund seines guten Auftrittes in Neuenburg abhebt, ist beim Fussballarbeiter klein. Eine echte Alternative für Blaz Kramer, der seit der Winterpause ausschliesslich ungenügende Leistungen gezeigt hat (und auch in der Vorrunde nie wirklich Top war) scheint er mittlerweile zu sein. Und dies tut der Mannschaft gut. Seiler seinerseits hat als mobilere Variante von Simon Sohm ebenfalls einen unter dem Strich guten Eindruck hinterlassen. Er vermochte entstehende Löcher schneller zu stopfen und warf seine Balleroberungsqualitäten in mehr als einer Szene in die Waagschale. Im Vergleich zu Sohm stellt Seiler aber keine beeindruckende „Wand“ ohne Ball oder eine „Dampfwalze“ mit Ball dar.

Xamax hatte mit Taulant Seferi ebenfalls seinen Schwachpunkt auf der Position der Sturmspitze. Eine Top-Leistung bot hingegen der linke Aussenläufer Janick Kamber, der beim 1:0 Nuzzolos in der 23. Minute mit einem beeindruckenden Sprint die Vorarbeit leistete. Kevin Rüegg, welcher ansonsten häufig Schwächen in der Rückwärtsbewegung hat, konnte man in dieser Szene wenig vorwerfen. Eine gewisse Kritik trifft Benjamin Kololli, der nach Ballverlust Zürich für einen Moment abschaltete und erst dann Igor Djuric angriff. Es war der Moment, den der Xamax-Verteidiger benötigte, bevor Samir Ramizi beim Xamax-Gegenstoss in Position gelaufen war. Auch vor der grössten Chance des ganzen Spiels durch Seferi in der 54. Minute war Kololli verantwortlich für den Ballverlust im Mittelfeld, weil er einem Zuspiel Omeragics zu wenig entgegen ging. Übers ganze Spiel gesehen agierte Kololli im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit aber auch in Neuenburg erneut deutlich engagierter, disziplinierter, verlässlicher und wertvoller für die Mannschaft. Auch war er erneut an fast allen Abschlüssen des eigenen Teams beteiligt.

Nicht zuletzt leistete Kololli die Vorarbeit zu einem weiteren Eckballtor des FC Zürich beim 1:1 durch Nathan in der 27. Minute. Wieder hatte sich der FCZ eine neue Variante ausgedacht. Man arbeitet zur Zeit quasi Schritt für Schritt das ganze Repertoire an Varianten durch, durch welche der FCZ in der Vergangenheit schon ärgerliche Eckballgegentore erhalten hat, und zahlt mit gleicher Münze zurück. Als man selbst noch Manndeckung bei Eckbällen praktizierte, haben FCZ-Gegner mehrmals Tore erzielt oder Grosschancen erarbeitet, indem der entscheidende FCZ-Verteidiger von einem oder zwei Gegenspielern regelwidrig geblockt wurde und der Zielspieler damit völlig frei zum Abschluss kam. Nun wandten die Zürcher dies erstmals selbst an. Adi Winter (wer sonst?) hinderte Igor Djuric daran, seinen Gegenspieler Nathan zu verfolgen und dieser kam somit völlig frei zum Flugkopfball am entfernten Pfosten. Alain Bieri sah wie alle Super League-Schiedsrichter vor ihm diese Art von Regelwidrigkeit nicht.

Defensiv lief der FCZ nicht mehr so ins offene Messer, wie noch in Thun und stand mit der Abwehrreihe in der Regel tiefer. Die Unterstützung des Mittelfeldes war durch immer wieder vorstossende Innenverteidiger trotzdem da. Offensiv bemerkenswert war ein Angriff über 25 Stationen in der 75. bis 76. Minute, an welchem alle elf Mann beteiligt waren und durch einen gefährlichen Flachschuss Toni Domgjonis abgeschlossen wurde. Weiterhin negativ bleibt das Chancenverhältnis. Bei Xamax waren die Expected Goals im Vergleich mit dem Gegner bei 0,98:1,78. Dementsprechend lebt der FCZ in der Nach-Corona-Zeit weiterhin von einer besseren Effizienz im Vergleich mit den gegnerischen Mannschaften. Man hatte am Ende trotzdem nicht das Gefühl, dass der Punkt „gestohlen“ war. Dies auch weil Raphael Nuzzolo die gute Freistosschance nach vermeintlichem Handspiel Toni Domgjonis vor dem Zürcher Strafraum in der Nachspielzeit nicht nutzen konnte. Der Ball zischte dabei unter der hochspringenden Mauer durch, aber dahinter hatte sich Domgjoni wie geplant auf den Bauch gelegt und auf diese Weise das flache Geschoss geblockt, Winter befreite dann endgültig.

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