Grand Prix de la Vereinslieder 2021 – Schoedo fährt (virtuell) nach Wohlen!

Elijah – Nie usenand gah

Wie entstehen Kurvenlieder im Normalfall? Man nehme den Song eines bekannten Musikers, setze die Fanbrille auf und interpretiere einen Liebessong für eine schöne Frau Wort für Wort in einen Liebessong für den einzig wahren Fussballverein der Welt um. Dabei geht es auch einfacher: der Musiker sitzt selbst im Fanlokal, schrummt auf der Gitarre und gibt einige Textvorschläge zum Besten. Der Kurven-Capo braucht nur noch mit «Daumen rauf» anzuzeigen, welche Strophen genommen werden. Am Wochenende fährt man dann in die Stockhorn Arena nach Thun und dort singt die Kurve das neue Lied mit einer solchen Inbrunst, dass ein musikalischer Marder ins Stadion gelockt wird. Dieser muss gleich zwei Mal von einem FCZ-Spieler (erst Loris Benito, dann Piu Da Costa) eingefangen werden, weil das gesellige und zugleich freiheitsliebende Tier zwischendurch den Ordnern wieder aus dem Sack entwischt. Selbst ein Kind der Südkurve, hatte Elijah Salomon seinen ersten musikalischen Auftritt in der Flachpassbar im alten Letzigrundstadion. Von dort schaffte er es bis in die Bob Marley-Studios in Kingston, Jamaika, und zum Gewinner des europäischen Reggae Contest. Dies während sein Bruder auf der Geschäftsstelle des FC Zürich die administrativen und organisatorischen Belange zusammenhielt. «Nie usenand gah» orientiert sich an den italienischen Wurzeln der beiden. Mit entsprechendem Pathos und Melancholie. Es war bis zur Corona-Pause im Süden der roten Letzigrundschüssel immer wieder zu hören – und hoffentlich bald wieder!   

Radio 200’000 – D Kurve chläbt

Sommer, Sonne, Wind im Haar, eine Auswärtsfahrt ins Tessin und aus den Boxen dröhnt der Bass zu «D Kurve chläbt». Der Track würde an jedem Vereinslieder-Contest die Kategorie «ironische Songs über das Innenleben einer Fankurve» gewinnen –  denn er wäre fast immer der einzige Kandidat. Die Kurve ist schliesslich (fast) überall eine sehr… eeeernste Angelegenheit. Eine klebrige Südkurve haben die Jungs von Radio 200’000 als Mitglieder der Gruppierung «Hallygally» häufig erlebt. Angeblich sei Hallygally eigentlich ein BSC (Brettsportclub) – und damit ist nicht Schach gemeint. Als «Primitive Lyrics» gehörten Radio 200’000 MCs Anfang 90er-Jahre zu den Pionieren des Schweizer Hip Hop. Später dann vor allem auch graphisch tätig bei Quantensprüngen in der Entwicklung der Südkurven-Choreographien, der Graffiti-Bemalung der Mannschaftskabine unter Sportchef Fredy Bickel oder einer speziellen Kollektion an Fanutensilien. Aus Jux begannen sie unter neuem Namen wieder Musik zu machen. Ihr Titel «Eisprung» war in der Folge der Gassenhauer in Oberstufen-Skilagern von Flims bis  Obergoms mit einer genauen Anleitung für die Nachwuchshoffnungen unter den angehenden Vätern: «Am Tag X muesch eifach voll parat si wie i de 93. Minute de FC Züri!». Ausserdem tourten sie mit ihrem Züridütsch-Rap durch Costa Rica und traten am Open Air Frauenfeld auf. Mit dabei an Konzerten in der Schweiz häufig ein Grüppchen aus der Kurve und irgendein Typ, der aus dem Hintergrund «Hopp YB!» ruft. So wie früher, als es noch keine Sektorentrennung gab.

FCZ Frauen – Alli gmeinsam

Ebenfalls auf Initiative eines Protagonisten aus der Südkurve geht «Alli gmeinsam» zurück. In der Geschichte des Fussballs gab es vor allem im deutschsprachigen Raum zu viele Fussballer, die zum Singen gezwungen worden sind. Das war bei den FCZ Frauen ganz offensichtlich anders. Produzent Sterneis („Pate des Zürcher Mundart-Rap“, Tages-Anzeiger) war sehr angetan von den Mädels: «Sie haben einiges auf dem Kasten». Nicht nur fussballerisch. Barla Deplazes, Cinzia Zehnder, Riana Fischer, Barbara Beutler und Co. schrieben auch ihre Texte selbst. Eine echte Vereinshymne! Klarer Favorit in der Kategorie «Singende Fussballerinnen»!

Züri Projäkt – Mir wänd nur dä FCZ

Schon wieder ein klarer Kategoriensieger, denn: wie viele Hardcore Metal-Vereinslieder gibt es weltweit? Die Südkurvenband Züri Projäkt hat davon gleich eine ganze Handvoll produziert. «Mir wänd nur dä FCZ» erinnert daran, dass es mal eine Zeit vor Hip Hop gab. Als die Stehplätze in sich nahe der Abbruchreife befindenden Schweizer Stadien von Sticker sammelnden Kuttenträgern dominiert wurden. Aufgenommen wurde der Titel zu Zeiten der Auf-/Abstiegsrunde 1999/2000, in welche der FCZ aufgrund eines administrativen Formfehlers (zu viele ausländische Spieler auf dem Matchblatt) im letzten Vorrundenspiel gegen Neuchâtel Xamax gerutscht war. Der polyglotte Trainer Raimondo Ponte schien die Idee hinter „zu viele Ausländer“ grundsätzlich nicht verstanden zu haben. Trotzdem oder gerade deshalb hiess die Devise: «Tschäggsches jetzt – FCZ!» 

Schoedo – Züri ghört de Zürcher

Den Reigen beschliesst Schoedo. «Züri ghört de Zürcher» – singt der geborene Berner «Fussball-Troubadour» Schömi. Als er vor zwei Jahrzehnten in die Limmatstadt gezogen ist, hat er schnell begriffen: Fussball in Zürich heisst Rivalität. YB-Fans finden den FC Breitenrain sympathisch und der Mutterverein FC Bern spielt schon seit Urzeiten keine wesentliche Rolle mehr. In Zürich sowie den Kleinstädten und Dörfern rundum hingegen weiss jeder Jugendliche, wer zur gleichen und wer zur anderen Seite gehört. Der Graben geht durch Schulhäuser, Büros und Amateurvereine. Es herrscht seit Jahrzehnten ein «Graffiti- und Kleberkrieg» im öffentlichen Raum und manchmal geht es auch etwas darüber hinaus. Mit Band-Partner Dominik Sheta hat Schömi viele FCZ-Vereinslieder publiziert und nimmt dabei wie es sich für einen Troubadour gehört, jeweils kein Blatt vor den Mund. Tröstend und provozierend zugleich ist an «Züri ghört de Zürcher» typisch für ein Vereinslied, dass der Konsum von Bier eine grosse Rolle spielt. Untypisch ist die Qualität des Songs und der Produktion.  

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Bild: FC Thun

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