FCZ mit Rohner, Rüegg und Aliu in die Rückrunde

Der Startschuss zur 2.Etappe des Rennens um den Aufstieg in die Super League ist gefallen. Unter anderem mit Sprinttests in der Saalsporthalle. Dabei erhielten schnelle Sprinter wie Marco Schönbächler oder Cédric Brunner Konkurrenz. Offensivflügel Fabian Rohner (18), in Anlehnung an Ruedi Elsener von einigen Beobachtern «Turbo-Fabian» genannt, war in der U18 und auch in der Promotion League (5 Tore in 7 Spielen) mit Ball am Fuss meist schneller als die Gegenspieler ohne. Nach seiner Krankheit im Herbst ist er wieder fit und soll beim FCZ heute einen Profivertrag unterschreiben.

Ebenso beim Trainingsauftakt dabei waren Kevin Rüegg und Izer Aliu. Beide werden mit ins Trainingslager reisen und sollen in der Rückrunde ebenfalls zu Einsätzen kommen. Dies ein halbes Jahr nachdem die drei zusammen den U18-Schweizer Meistertitel errungen haben. Izer Aliu (17), welcher seine Lehre im FCZ-Fanshop absolviert, ist zentral offensiv vorgesehen, hat sich als Stammspieler der Zweiten Mannschaft im Zusammenspiel mit Captain Lulzim Salija gut verstanden, und einige Tore mit vorbereitet. Kevin Rüegg (18) wird für die Sechserposition oder als Rechtsverteidiger vorgesehen. Alle drei Jungen haben schon während der Vorrunde in regelmässigen Abständen mit der 1.Mannschaft trainiert. Rüegg spielte in der Sommervorbereitung im Defensiven Mittelfeld 45 Minuten gegen Galatasaray, Aliu kam gegen VfB Stuttgart II über die gesamte Spielzeit zum Einsatz – und kam zudem in La Chaux-de-Fonds sowie gegen Xamax bereits zu Kurzeinsätzen in Wettbewerbsspielen.

«Wir setzen grosse Hoffnungen in die drei», meint abseits des Trainingsgeschehens der Sportliche Leiter Thomas Bickel im Gespräch mit Züri Live und der NZZ. Auch aus Sicht von Züri Live heben alle drei Talente mit ihren Qualitäten grundsätzlich das sportliche Niveau im Kader. Entscheidend wird aber wie immer bei jungen Spielern sein, dass sie mit beiden Füssen auf dem Boden bleiben, ihre Stärken noch verschärfen, an ihren Schwächen feilen – und zudem braucht es auch immer etwas Glück mit dem Timing bei der Integration in die 1.Mannschaft. Die Mannschaft als Ganzes soll in der Rückrunde den nächsten Schritt machen und sich um ein weiteres Level verbessern – dies sieht Thomas Bickel als zweites Ziel neben dem Aufstieg. In allen Bereichen könne man sich noch steigern, vom Zusammenspiel über das Gegenpressing bis zur Intensität.

Aktuell laufen wie üblich parallel zum Trainingsbetrieb die individuellen Tests in der Schulthess-Klinik – heute waren Armin Alesevic, Alain Nef, Kay Voser, Adrian Winter und Moussa Koné dort an der Reihe. Der an der Schulter operierte Sangoné Sarr wird erst in etwa 10 Tagen zurückerwartet. Seine Teilnahme am Trainingslager in Spanien ist noch unsicher. Ebenso noch nicht schmerzfrei ist Oliver Buff, der sich früh Richtung Physio verabschiedete. Einen Besuch der anderen Art stattete Armando Sadiku im Training ab. Nach einem kurzen Herumalbern mit Davide Chiumiento verschwand der Stürmer wieder. Sein leihweiser Transfer zu Lugano ist nur noch eine Frage der Zeit.

Sadiku ist im Tessin stark verwurzelt, hat viele Freunde, spricht die Sprache fliessend, und nach der Luganeser Verpflichtung des ehemaligen Assistenzcoaches der Albanischen Nationalmannschaft Paolo Tramezzani hatte so eine Entwicklung beinahe schon erwartet werden können. «Es ist für alle Seiten eine gute Sache», meint Thomas Bickel zu diesem Leihtransfer. Sadikus Zukunft wird sich wohl im kommenden Sommer  entscheiden, sei es ob der FCZ dem bis 2018 gebundenen Stürmer einen neuen Vertrag gibt, sei es, dass der Albaner nachdem er sich ein weiteres halbes Jahr in der Super League präsentieren konnte, verkauft wird. Man könne nicht nur vom Klub aus denken, sondern müsse immer auch den Spieler und die langfristige Perspektive berücksichtigen – ausserdem habe die Vorrunde gezeigt, dass der FCZ auch ohne Sadiku in der Offensive zur Zeit gut genug aufgestellt ist, meint Bickel zu diesem Thema.

Ebenfalls weit gediehen sind die Gespräche bezüglich einer Ausleihe von Michael Kempter zum FC Wohlen (dort bereits im Training) und Anthony Favre (noch im FCZ-Trainingsbetrieb) zum FC Le Mont. In der Saalsporthalle waren beim Trainingsauftakt mit Vanins, Baumann, Fillion, Brecher und Favre gleich fünf Torhüter mit dabei. Bei Yann-Alexandre Fillion und je nach Fitnessstand Yannik Brecher ist man ebenfalls noch auf der Suche nach einer Ausleihmöglichkeit. Die im Sommer zu Challenge League-Konkurrenten verliehenen Spieler werden bei ihren jetzigen Vereinen bleiben. Dies gilt auch für Kilian Pagliuca. Nach dessen vorzeitiger Auswechslung bei seinem Profidébut im Derby gegen Aarau hatte die dem neuen Wohlen-Trainer Gabriele nicht wohlgesinnte Aargauer Zeitung eine grosse Story aus der Sache gemacht. Bickel berichtet aber, dass sich Spieler und Trainer ausgesprochen haben, und alles in bester Ordnung sei. Auch Nils Von Niederhäusern wird bleiben. In der Vorrunde hatte der Rechte Aussenläufer gute Leistungen gezeigt und könnte mit Michael Kempter bei den Freiämtern in der Rückrunde eine auch offensiv druckvolle «Abwehrzange» bilden. Kempter hatte bei seinen Einsätzen vor der Winterpause gegen Wil (Züri Live-MVP mit Note 9!) und Winterthur überzeugt.

Artjom Simonyan, der kurz vor der Winterpause seine ersten Wettbewerbsspiele für Le Mont absolvierte, könnte zudem wie erwähnt Gesellschaft von Anthony Favre erhalten. Was allfällige Neuverpflichtungen betrifft, will Bickel nichts überstürzen. Es geht in diesem Bereich um langfristig ausgerichtete Verpflichtungen. Ob so ein Zuzug im Winter oder erst im Sommer getätigt wird, sei nicht der wichtigste Punkt. Man könnte auch mit der aktuellen Mannschaft in die Rückrunde gehen. Durchblicken lässt Bickel aber, dass unter Berücksichtigung der aktuellen Altersstruktur des Kaders wohl eher «kein 33-jähriger» geholt werde.

img_1359Trainingsauftakt mit Konditionstrainer Philippe Hasler

img_1362Armando Sadiku – schnell wieder weg durch die sprichwörtliche Hintertür

 

Ronny Bien: „Beim Thema Pyro fehlt Mut für konstruktive Lösung“

Der Jahreswechsel wurde im ganzen Land traditionsgemäss mit reichlich Feuerwerk begangen, ohne dass dies skandalträchtige Zeitungsartikel oder Petitionen in Kantonsparlamenten zur Folge gehabt hätte. Ganz anders sieht es aus, wenn dasselbe im Rahmen von Fussballspielen vonstatten geht. Ronny Bien, der unter anderem als Speaker des FC Schaffhausen jeweils die ominösen Durchsagen der Swiss Football League verlesen (muss), plädiert für eine konstruktive Lösung nach dem Vorbild Schwedens:

(Bild: Tamedia zündet im Kreis 4 unweit des Letzigrundstadions zu Werbezwecken eine Pyro. In der Sprachregelung der Sportredaktionen desselben Unternehmens handelt es sich hier um einen „Krawall“.) 

Nef und Forte führen FCZ über Ziellinie der 1.Saisonetappe: FCW – FCZ Tore, Stats & Spielinfos

1612-fcw-fcz-match-performanceDer FC Winterthur lieferte wie bisher viele andere Ligagegner auch gegen den FCZ die bisher beste Heimspielleistung der Saison ab. Es brauchte ein beherztes Eingreifen von Trainer Uli Forte von der Seitenlinie mit einer taktischen Umstellung auf die zuletzt meist praktizierte Dreierabwehrkette bereits nach 10 Minuten, damit  der Gast aus Zürich im Nebelmeer zwischen den sieben Winterthurer Hügeln die Partie besser in den Griff bekam. Die Limmatstädter kämpften mit der negativen Formkurve einiger seiner Akteure. Gegensteuer konnten dabei vor allem die kampfstarken Adrian Winter und Alain Nef geben.

1612-fcw-fcz-match-statsFCZ-Toptorschütze Winter war wie schon bei der Saisoneröffnung gegen WINTERthur im Letzigrund an beiden Treffern zum 2:0 entscheidend beteiligt. Sein gut ge-time-ter Ball aus dem Mittelfeld heraus für Rodriguez hinter die Abwehr beim 2:0 verdient dabei spezielle Erwähnung. Vor allem Vize-Captain Nef aber war es, der in den letzten Wochen vor der WINTERpause den abbauenden FCZ über die Ziellinie der Ersten Saisonetappe rettete. In drei der vier letzten Partien war der  Zürcher der Züri Live-Most Valuable Player. Gegen Winterthur übernahm Nef mit seinem typischen Durchsetzungswillen nach einiger Zeit im 1.Durchgang vom überforderten Bangura die Bewachung des zuvor gefährlichsten Winterthurers und Ex-FCZ-ler Silvio. Der Brasilianer hatte ab diesem Zeitpunkt so gut wie keine Bewegungsfreiheit mehr.

Der dritte im Bunde mit Note „9“ war gegen Winterthur (nach dem Heimspiel gegen Villarreal zum zweiten Mal diese Saison) Andris Vanins, von dem unter anderem beim Stande von 1:0 gegen den aus kurzer Distanz abschliessenden Luka Sliskovic eine starke Doppelparade notwendig war. Einiges an Licht, aber noch mehr Schatten war bei Marco Schönbächler zu sehen, über den viel lief. Wie so häufig in den letzten Partien schwankte Schönbi zwischen Nonchalance und aggressiver Übermotiviertheit, und fand die richtige Mischung in Bezug auf den mentalen Fokus nicht, auch wenn auf der positiven Seite die Gelb-Rote Karte gegen Guillaume Katz im wesentlichen durch die Antrittsschnelligkeit der Zürcher Nummer 27 zustande kam.

Armando Sadiku ist immer noch relativ weit von seiner besten Verfassung entfernt, konnte sich aber diesmal im Vergleich mit seinen zuletzt wenig erbaulichen Einsätzen steigern, weil er sich viel mehr in den Dienst der Mannschaft stellte, und war vor allem in der Chancenvorbereitung so produktiv wie bisher noch nie seit dem Saisonauftakt gegen denselben Gegner. Ebenfalls eine Steigerung war zum Vorrundenabschluss bei Sangoné Sarr zu konstatieren. Der Senegalese war diesmal viel stärker aufs Wesentliche und die einfachen Dinge fokussiert, als zuletzt üblich.

 

„Cürüksu köpft alles weg“: Osmanlispor – FCZ Stats & Spielinfos

1612-osmanlispor-fcz-match-statsDer FCZ versucht es auf dem harten Untergrund in Ankara vorwiegend über die Flügel und stellt mit 27 Flanken einen neuen Saisonrekord auf. Davon stammte ein Drittel von Adrian Winter. Die Osmanlispor-Innenverteidiger Prochazka und vor allem Captain Cürüksu lassen aber praktisch nichts anbrennen. Dies vor allem weil dem Team von Uli Forte ein Spieler wie Franck Etoundi fehlt, welcher in der Luft immer sehr durchsetzungsfähig und auch präzis agieren konnte. Der aktuell beste offensive Kopfballspieler ist Alain Nef. Dieser kann aber als Verteidiger nur bei Standards in den Strafraum kommen. Osmanlispor gestand dem FCZ aber nur zwei Freistösse in Strafraumnähe und keinen einzigen Eckball zu! Sicherlich kein Zufall… So hatte der FCZ eine seiner wenigen guten Chancen in der Anfangsphase, als Nef einen Brunner-Einwurf Richtung Sangoné Sarr verlängern konnte. Der Senegalese vermochte den Kopfball aus sechs Metern aber nicht zu drücken.

1612-osmanlispor-fcz-match-performanceDer FCZ versucht es vorwiegend über die besser zu bespielende Gegentribünenseite, in der 1.Halbzeit über links mit Roberto Rodriguez und in der 2.Halbzeit über rechts mit Adrian Winter. Der auffälligste Akteur ist der agile Rodriguez mit vielen starken Offensivaktionen. Fehlpässe gibt es auf diesem Untergrund relativ häufig von praktisch allen Spielern auf beiden Seiten. Selbst dem sonst überragenden Cürüksu unterläuft mal eine Bogenlampe. Zwei Mal spielt auch Rodriguez einen Pass etwas übermotiviert zu früh – eines dieser Fehlzuspiele führt zum vorentscheidenden Konter Osmanlispors zum 0:1. Cavusevic bleibt vorne im Zentrum praktisch wirkungslos, so wie später auch Sadiku. Die eingewechselten Schönbächler und Koné versuchen das Ding zwar noch zu drehen, aber Schönbi will in der einen oder anderen Szene etwas zu viel erzwingen, und Koné scheint sich trotz Pfostenschuss im aktuellen System auf der Halbposition weniger wohl zu fühlen, als in der Sturmspitze oder auf dem Flügel – da er da seine Schnelligkeit nicht gleichermassen ausspielen kann.

 

 

 

 

 

 

 

Bei den „Osmanen“ in Ankara: Reisebericht aus einer skurrilen Welt

Das Journalisten-Leben kann schön sein! Zumindest bei Reisen in bestimmte Länder. Erstmal: der Preis! Zuvor immer individuell angereist, war Züri Live diesmal erstmals im Europacup bei der offiziellen Journalistenreise im Charter mit der Mannschaft dabei. Denn es wäre selbst in einer günstigen Absteige individuell nicht wirklich billiger gekommen. Aber hier handelte es sich um ein Viersternhotel! Mit Direktflug! Mit allen Transfers!

Ging es in Länder wie Spanien oder Tschechien waren die Preise der Journalistenreise jeweils gigantisch und individuell locker für weniger als die Hälfte organisierbar. Die Reise nach Ankara war so günstig, dass selbst ein Journalist einer grösseren Schweizer Zeitung bereit war, das Ganze aus dem eigenen Sack zu bezahlen, bevor er im letzten Moment seine Redaktion doch noch überzeugen konnte, dass die mögliche Qualifikation für die Sechzehntelfinals durch einen einheimischen Zweitligisten vielleicht doch die Spesen wert ist.

fcz-abreiseIn den Tagen vor dem Abflug wurde es dann aber richtig kurios. Zuerst kam die Meldung von einem Upgrade. Die paar wenigen Journalisten wurden in ein 200 Meter entferntes nobles Fünfsterne-Hotel umquartiert. Einfach so. Ohne Begründung. Ohne Aufpreis. Mit der Mannschaft hatte das Ganze nichts zu tun, denn die war in einem dritten Hotel untergebracht. Etwas später leitete das Schweizer Reisebüro ein weiteres Gratisangebot vom Türkischen Tour Operator weiter: eine zuvor im Programm nicht eingeschlossene «City Tour» .

Der «lokale Guide» hiess Fatih und wurde extra aus Izmir eingeflogen. Teilweise in Holland aufgewachsen sprach und verstand er im Gegensatz zu 95% der Angestellten des Fünfsternehotels Englisch. Gleich von der ersten Minute im Bus kam Fatih zur Sache. Probleme und Korruption gäbe es ja überall auf der Welt. Ein Parlamentarier, der die Beerdigung eines «Terroristen» besucht, würde doch überall auf der Welt vor Gericht gestellt. Eine Journalistin, die einen Gerichtstermin versäumt, würde doch überall auf der Welt ins Untersuchungsgefängnis gesteckt. Später kam Fatih dann nochmal auf die «City Tour» zurück, die offenbar bei den Schweizer Journalisten keinen grossen Ansturm ausgelöst hatte und versuchte es diesmal über die persönliche Schiene. Er selber sei auch zum ersten Mal in Ankara und würde unbedingt gerne morgen die Atatürk-Monumente besuchen. Wer will mitkommen? Das Interesse blieb aber lau – schliesslich war man ja auf einer Arbeitsreise mit dem Auftrag, über sportliche Dinge zu berichten.

ankaraWas auf dem Anflug als erstes auffiel: in den Bergen um Ankara (auf rund 1’000 Meter über Meer gelegen) hat es mehr Schnee, als in den Österreichischen Alpen. Die Topographie der Grossstadt ist speziell, in ein sehr hügeliges Gelände gebaut, auf einem vielerorts nicht wirklich stabilen Untergrund. Es wird trotzdem viel gebaut. Grosse finanzielle Mittel aus dem nationalen Staatsetat fliessen direkt in die Landeshauptstadt. Eine grosse Anzahl an Gebäuden sieht aber leer oder unfertig aus. Die vielen Moscheen sind zum grössten Teil neueren Datums. Und überall sind grossflächige Türkische Flaggen aufgehängt.

Auch das Europa League-Spiel von Osmanlispor gegen den FC Zürich wurde in der ganzen Stadt mit Plakaten und Bannern auf den Hauptverkehrsachsen und Bushaltestellen beworben. Trotzdem kamen aus der Fünfmillionenstadt nur schätzungsweise 8’500 Zuschauer ins abgelegene Osmanli Stadi am Rande der Berge. Etwa gleich viele wie zuletzt in der Meisterschaft gegen Besiktas. Zu normalen Ligaspielen gegen Teams wie Eskisehir sind es rund 2’000 bis 3’000.

fcz-im-osmanli-stadiBereits zwei Stunden vor Spielbeginn waren hunderte von Ordnern und Sicherheitskräften in und ums Stadion bereit auf ihren Plätzen. FCZ-Fans waren zu Spielbeginn erst etwa 25 anwesend. Stück für Stück erhöhte sich die Zahl bis zur Pause auf etwas mehr als 200.  Dies machte sich akkustisch bemerkbar. Waren die Zürcher am Anfang gegen die grosse Überzahl der einheimischen Zuschauer kaum zu hören, konnten sie den Wettbewerb neben dem Feld mit der Zeit immer ausgeglichener gestalten.

Optisch war der Anblick des Gästesektors allerdings gewöhnungsbedürftig. Keine Fahnen, keine Banner. Dem Vernehmen nach wurde dies von Osmanlispor untersagt und dabei unter anderem mit von der UEFA verbotenen politischen Statements argumentiert. Ein Hohn! Das Stadion, die Fahnen, die Lieder der einheimischen Fans waren nichts anderes als ein einziges grosses politisches Statement. Mit mehreren Ausrufezeichen!!! Übergrosse Osmanische Kriegerfiguren am Stadioneingang und sogar am Spielfeldrand. Die immer gleiche martialische Musik, zu welcher die Zuschauer jeweils Fähnchen schwenken mussten. Eine Reihe von Flaggen auf der Gegentribünenseite, welche die glorreiche Geschichte nachzeichnen soll, von den Seldschuken über die Osmanen bis zur Türkischen Republik. Man kann es auch so formulieren: nimmt die UEFA ihr Verbot bezüglich politischer Statements wirklich ernst, dann dürfte in diesem Stadion ohne ein paar gröbere Modifikationen eigentlich gar nicht gespielt werden.

osmanenEinen eigentlichen einheimischen Fansektor als solchen gab es nicht. Vielmehr waren die einheimischen Zuschauer auf allen Tribünen in corpore aktiv in den Support der Mannschaft involviert. Dieser war zugegebenermassen ziemlich abwechslungreich. Über Echogesänge, Schalparaden und spezielle Parolen je nach Spielsituation war alles dabei. Vor dem Erreichen der Sechsminutenmarke wurde im ganzen Stadion der Countdown runtergezählt und dann an verschiedenen Orten im Stadionrund Konfetti in die Luft geworfen. Etwas skurril war, dass just mit Spielbeginn in einer Ecke des Stadions eine Blaskappelle zu spielen begann. Neben Osmanlispor-Fähnchen wurden an die Zuschauer auch Türkei-Fahnen verteilt, und als dann nach dem 2:0 der Sieg von Osmanlispor perfekt war, wurde dieser mit «Türkiye! Türkiye!»-Rufen aus dem weiten Stadionrund gefeiert. Dies war ja bereits vom Hinspiel in Zürich bekannt, als von den den Gästeklub mit Türkei-Fahnen bewaffnet unterstützenden Zuschauern die meisten aus politischen Motiven im Stadion waren, nicht weil sie wirklich Osmanlispor-Fans sind.

FCZ-Trainer Uli Forte wurde an der Pressekonferenz nach der Partie von einem einheimischen Journalisten nach den Chancen von Osmanlispor im weiteren Verlauf der Europa League befragt. Im für Forte aussergewöhnlichen Widerwillen auf diese Frage zu antworten, steckte eine ganze Menge Ärger, der ganz offensichtlich nichts mit der Niederlage zu tun hatte. Forte hielt sich aber an die an Spieler und Umfeld im Vorfeld herausgegebene Vorgabe, fokussiert aufs Sportliche zu bleiben, und sich von Schikanen nicht zu einer Reaktion provozieren zu lassen.

Laut Türkischen Journalisten wird Osmanlispor direkt aus den Steuereinnahmen Ankaras finanziert. Für Spieler wie Badou Ndiayé gab es Interesse aus der Bundesliga und von Topklubs in Frankreich. Dieser verlängerte stattdessen seinen Vertrag bei Osmanlispor bis 2020. Wohl eher nicht wegen dem interessanten und wechselhaften Wetter in der Hochebene von Ankara. In einer VIP-Loge im Stadion anwesend war der Oberbürgermeister von Ankara und Osmanlispor-Gründer, Melih Gökcek mit seiner Familie – ein AKP-Mitglied und enger Vertrauter von Staatspräsident Erdogan.

goekcek-akcayGökcek und seine Söhne Osman und Ahmet propagieren die Türkei als Weltmacht, welche über die anderen Völker herrschen soll. Gökcek war stolz darauf, dass einige Spieler, deren Konterfei in der Form eines mittelalterlichen Kriegsbanners an der Haupttribüne hängt, ihn nach der Partie mit Winkzeichen aufforderten, in die Kabine zu kommen. Anschliessend stellte er sich vor dem Spielereingang des Stadions gerne den Türkischen TV- und Radiostationen – ständig bewacht von sieben bis acht wachsamen Bodyguards, die sich eng um ihn gruppierten.

Als Gökcek danach in die kalte Ankara-Nacht hinaus gefahren wurde, versendete er gleich 10 Tweets als Ausdruck der Freude an seine 3,5 Millionen Follower, darunter eines mit dem Bild von Osmanlispor-Trainer Mustafa Akcay als Sultan Fatih Mehmed, dem Eroberer von Konstantinopel 1453 und dem Spruch «Entweder werde ich die UEFA (Europa League) erobern oder die UEFA mich». Der angesprochene Akcay hatte verstanden, und liess sich am folgenden Tag denn auch in der regierungstreuen Zeitung «Sabah» zitieren, dass der Europa League-Final in Stockholm das Ziel von Osmanlispor sei.

Kempter und Winter machen Druck über die Flügel: FCZ – Wil Stats & Spielinfos

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Die Durchschnittsnote aller 14 eingesetzten Spieler war gegen Wil im Vergleich zum Chiasso-Spiel mit 5,5 um 0,1 tiefer, und damit ebenfalls eine der tiefsten Notenschnitte dieses Herbstes. Armando Sadiku brachte kaum einen Schuh vor den anderen und liess Handlungsschnelligkeit selbst auf elementarstem Niveau vermissen. Mit so einer Leistung würde er dem Team in der Türkei mehr schaden als nützen. Der Albaner benötigt eine gute Wintervorbereitung, um wieder in die Gänge zu kommen. Alain Nef lieferte nur wenige Tage nach seinem besten Spiel der Vorrunde in Chiasso sein bisher schlechtestes ab. Zwar war nicht alles an seiner Leistung negativ, aber es passierten ihm so viele Flüchtigkeitsfehler wie kaum jemals zuvor im FCZ-Dress. Die Bestnoten verdienten sich die beiden Aussenläufer Michael Kempter (MVP) und Adrian Winter.  

 

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Moussa Koné zeigte wie immer grosses Kämpferherz, aber es gelang ihm nicht alles. Adrian Winter schlug sieben der 11 Zürcher Flanken. Ganz allgemein scheinen beim FCZ von rechts deutlich mehr Flanken in den Strafraum zu fliegen. Über links wird eher die spielerische Lösung oder der dynamische Einzelvorstoss gesucht, wie gegen Wil exemplarisch immer wieder mit Michael Kempter. Roberto Rodriguez war fleissig wie immer und an der Mehrzahl (8 von 15) der FCZ-Chancen beteiligt, die nicht zu einem Tor führten.

 

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