Per Aussenrist zum MVP / GC – FCZ in der Züri Live-Analyse

GC kann trotz Pausenführung auch im neunten Derby in Folge nicht gewinnen. Vor ziemlich genau vier Jahren erzielte Jeffren den einzigen Treffer beim letzten Derbysieg des Stadtrivalen. Drei Tage später schoss Cédric Brunner in der 92. Minute des Halbfinalderbys den FCZ in den Cupfinal. Es war der erste von sechs Siegen bei drei Unentschieden seither. Neu hat der FC Zürich nun gegen Lausanne-Sport historisch die zweittiefste Siegquote nach dem FCB, und nicht mehr gegen den Stadtrivalen.

FCZ und Pressing: Extreme Wandlung im Saisonverlauf

GC ging in der 1. Halbzeit ein relativ hohes Tempo, und konnte dieses dann nicht durchziehen, Speziell im mittleren Teil der 2. Halbzeit liessen die Hoppers nach, was der FCZ mit dem durch aggressives Pressing erzwungenen 2:1 nutzte. Bezüglich Pressing hat sich der FCZ im Verlauf der Saison stark verändert. Zu Beginn lag das Breitenreiter-Team bei einem PPDA-Wert zwischen 13 und 14, was dem aktuellen Saisondurchschnittswert des in dieser Wertung „letztplatzierten“ Sion entspricht. Der Wert sagt aus, dass die Walliser ihre Gegner im Durchschnitt in deren eigener Platzhälfte und in der Zone um die Mittellinie (insgesamt 60% des Spielfeldes) 13 bis 14 mal einen Pass spielen lassen, bevor Sion entweder einen Ball abfängt, zu einem Sliding Tackling ansetzt, einen Defensiv-Zweikampf gewinnt, oder ein Foul begeht. Interessant ist der Röstigraben und Risottograben in dieser Wertung. Die Welschen Teams und Lugano (und der FCZ Anfangs Saison) machen am wenigsten Pressing. Luzern, das über weite Strecken einen welschen Trainer hatte, ist im Saisonschnitt in der Mitte anzutreffen.

Die Deutschschweizer Teams machen hingegen viel Pressing. Von den rund 100 Klubs aus Topligen haben nur zwei einen noch tieferen PPDA-Wert als YB: Barcelona und Torino. Auch Basel, St. Gallen und GC sind im Vergleich mit Top-Liga Teams in den oberen 20%. Wolverhampton Wanderers hingegen macht sogar deutlich weniger Pressing als Sion. Die Spielweise des englischen Partnerklubs unterscheidet sich somit sehr stark von derjenigen von GC. Der gerade neu ausgeliehene Bruno Jordao wird sich da erst mal adaptieren müssen. Im Saisonschnitt liegt der FCZ noch zwischen Luzern und GC – bezogen auf die letzten fünf Partien hingegen mittlerweile auf der Höhe des in dieser Wertung Erstplatzierten YB. Und dabei ist der Ausreisser in Lausanne mit einem PPDA-Wert von 11,17 sogar mitgezählt, als sich die Zürcher in der 2. Halbzeit nach der 2:0-Führung zurückzogen. Gegen GC kam der FCZ auf einen Wert von 6,38, was in den Top-Ligen kein Team im Durchschnitt erreicht.

Die Wandlung im Saisonverlauf ist also dramatisch. Gegen Ende der Vorrunde schien es noch, als würde der FCZ den Trend zu mehr Pressing wieder etwas zurückfahren. Unter Berücksichtigung der Testspiele und der ersten zwei Rückrundenpartien muss man hingegen nun sagen: der FCZ ist zu einem distinktiven Pressingteam geworden – in dieser Hinsicht vergleichbar mit YB. Sowohl gegen Luzern und St. Gallen am Ende der Vorrunde wie auch nun gegen Servette und GC lag der PPDA-Wert des FCZ zwischen 6,3 und 7,5. Auch in den Testspielen wurde trotz Müdigkeit viel und schnell in der Angriffszone und im Mittelfeld Druck auf den Gegner gemacht. Speziell das konsequente Gegenpressing führt dazu, dass der Gegner zu langen Bällen gezwungen wird und so die FCZ-Mannschaft immer mehr auseinandergezogen wird und ihre Kompaktheit verliert. Trotzdem wirkt man defensiv auch mit dieser Spielweise auf einem guten Weg. Luzern entwickelt sich unter dem neuen Trainer Mario Frick in dieselbe Richtung wie der FCZ (PPDA-Wert beim Spiel in Lugano: 6,53), so dass alle Deutschschweizer Teams nun in dieser Hinsicht „beisammen“ sind.

Positionstausch Doumbia / Dzemaili – Lösungsansatz fürs Zentrum

Taktisch trat GC wie von Züri Live vermutet aufgrund ihrer Personalsituation gezwungenermassen in einem Rhombus-System mit Viererabwehr an. Adrian Guerrero und Nikola Boranijasevic mussten so im Pressing extra weite Wege gehen (Anlaufen der gegnerischen Aussenverteidiger). Der FCZ spielte dementsprechend als Antwort auf den GC-Rhombus wie schon häufig mit einem Sechser und zwei Achtern. Ousmane Doumbia sagt in vielerlei Hinsicht die Achter-Rolle besser zu, als die des Sechsers. Der Sechser im modernen Fussball muss ein Stratege mit einem optimalen Positionsspiel sein. Das ist ganz und gar nicht die Stärke von Doumbia. Er lebt (ähnlich wie Stephan Seiler) von Spontaneität, Beweglichkeit und Energieanfällen. Um so mehr wenn der FCZ wie oben beschrieben immer mehr zu einer Pressingmannschaft wird, dann braucht es Doumbia dort, wo in so einem Fall die Bälle erobert werden sollen: nämlich vorne. Wie vor dem 2:1-Führungstreffer gegen GC, als Doumbia weit vorne Kawabe so unter Stress versetzte, dass dieser einen zu kurzen Rückpass Richtung eigenen Torhüter spielte, von welchem Tosin profitieren konnte. Als Sechser wäre Doumbia auch nicht in die Position gekommen, wie beim 1:1-Ausgleichstreffer seine Top-Flanke aus dem Halbfeld in Gaël Clichy-Manier hinter die GC-Abwehr auf Assan Ceesay zu schlagen.

Blerim Dzemaili seinerseits bringt in dieser Saison klar bessere Leistungen auf der „Sechs“, als auf der Achterposition. Er entspricht auch viel eher dem Profil des spielintelligenten Strategen und Ballverteilers mit langen Bällen. Daher wäre es sehr empfehlenswert, wenn Doumbia und Dzemaili für den Rest der Rückrunde permanent ihre Positionen tauschen würden. Auf die kommende Saison hin könnte der „Königstransfer“ des FCZ ein strategisch starker Sechser, der auch noch physische Qualitäten mitbringt, sein. Als Idealtyp einer wie der in der Vorrunde bei St. Gallen aktive Ousmane Diakité. Natürlich ist es alles andere als simpel, so einen Spieler fix zu verpflichten. Gute Perspektiven für die kommende Saison könnten das aber etwas vereinfachen. Becir Omeragic hat gegen GC auf der Sechs nicht überzeugt und in der Innenverteidigung verspricht das Trio Mets – Kryeziu – Aliti am meisten Stabilität. Unter anderem führte ein zu riskantes Zuspiel Omeragics zum 0:1-Rückstand. Auch Bledian Krasniqi konnte sich im Derby wie schon gegen Servette nicht empfehlen.

Mirlind Kryeziu, der gegen Servette noch defensiv wie offensiv stark gespielt hatte, war diesmal durchschnittlich. Der in der Vorrunde bestbenotete Tosin trotz seines Tores gar leicht ungenügend. Einige Male machte der Nigerianer aus guten Situationen am gegnerischen Strafraum oder in der Konterauslösung viel zu wenig. Wenn der Nigerianer mit Ball zu viel Zeit zum Nachdenken hat, geht es meist schief. Handelt er intuitiv und schnell, dann klappt es deutlich besser. Ante Coric hingegen bestätigte seine Vorrundenbilanz als FCZ-Kaderspieler mit der besten Plus-/Minusbilanz. Auch gegen GC kam er beim Stand von 1:1 rein und trug unter anderem mit seinem stark geschlagenen Corner zum 3:1 zu den drei Punkten bei. Das Team insgesamt hatte in diesem Derby den tiefsten Wert an Negativpunkten der ganzen Liga-Saison. Man kann also wohl konstatieren, dass es die fokussierteste Leistung der Saison war.

Nikola Boranijasevic: per Aussenrist zum MVP

Nikola Boranijasevic wurde von André Breitenreiter nicht ohne Grund bei der Auswechslung besonders innig geherzt. Dem Serben gelang in der Züri Live-Bewertung sein bisher bestes Spiel im FCZ-Trikot mit seiner ersten glatten „10“. Obwohl er diesmal kein Tor oder Assist verbuchen konnte. Sowohl bei den Offensivpunkten wie bei den Defensivpunkten und Negativpunkten schnitt Boranijasevic im Derby deutlich besser ab, als üblich. Fast schon penetrant spielte der 29-jährige einen Aussenristpass am anderen – und dies penetrant gut! Zum Beispiel das raumöffnende Zuspiel auf Doumbia vor dem 1:1-Ausgleich.

Afrika-Cup Karma an der Super League-Spitze

Er kam sah und traf! Auch direkt nach Siegen mit Gambia am Afrika-Cup hatte Assan Ceesay über Social Media Video- und Text-Nachrichten direkt aus der Kabine an die FCZ-Fangemeinde gerichtet. Er war dankbar, bei der ersten Teilnahme seines Heimatlandes an einem internationalen Turnier dabei zu sein – und freute sich gleichzeitig bereits auf die Rückkehr nach Zürich und die Rückrunde mit dem FCZ. Gambia zeichnete ähnlich wie sein Zürcher Team ein grossartiger Teamspirit aus. Der Belgische Trainer Tom Saintfiet stellte sehr variabel ein und auf – hervorragend auf die jeweiligen Gegner eingestellt. Es kamen Spieler von Dänischen Drittligisten, Englischen Viertligisten und sogar Schweizer Fünftligisten in Startformationen zum Einsatz – und kämpften sich sensationell bis in den Viertelfinal gegen Gastgeber Kamerun. Nach der Rückkehr in die Schweiz war Ceesay zwar müde, aber voller positiver Emotionen für Gambia und den FCZ – und trug ganz wesentlich zum Resultatumschwung in der 2. Halbzeit des 277. Zürcher Derbys bei.

Szenenwechsel: Basel, St. Jakob Park. In der 81. Minute des Heimspiels gegen Sion führt der FCB gemessen an den Torchancen etwas glücklich mit 3:2, als Nasser Djiga für Taulant Xhaka eingewechselt wird. Der 19-jährige ist gerade einmal neun Sekunden (!) auf dem Feld, als er im eigenen Strafraum ungeschickt von hinten bei Gaëtan Karlen aufläuft. Penalty! Der aus der FCZ Academy stammende Anto Grgic hatte den Steilpass in den Strafraum gespielt und verwandelte danach auch den Penalty zum 3:3-Ausgleich (Endstand). Anschliessend erhielt er von Schiedsrichter Piccolo Gelb wegen seiner Finger vor den Mund-Geste gegenüber der pfeifenden Muttenzerkurve. Schon zuvor hatte Grgic das Führungstor Itaitingas mit einem ideal ge-time-nten Zuspiel aufgelegt und den 2:2-Ausgleich mit einem magistralen Direkten Freistoss erzielt.

Djiga ist auch nach dieser Szene völlig von der Rolle und sorgt mit zwei unmotivierten Fehlpässen in der eigenen Platzhälfte beinahe noch im Alleingang für die Basler Niederlage – nur eine grandiose Parade Heinz Lindners gegen einen Wesley-Weitschuss verhindert dies. Die Führungsriege des FC Basel hatte Djiga die Freigabe für den Afrika-Cup verweigert, was in dessen Heimatland Burkina Faso grosse Wellen warf. Vom Rheinknie aus musste Djiga mitverfolgen, wie seine Mannschaft sich für die Achtelfinals qualifizierte und auch dort weiterkam. Einen Tag nach der Halbfinalqualifikation seines Teams durch einen 1:0-Sieg gegen den Favoriten Tunesien sass Djiga zum Auftakt der Super League-Rückrunde in Luzern 90 Minuten auf der Ersatzbank. An seiner Stelle spielte der gelernte Mittelfeldspieler Wouter Burger neben Andy Pelmard in der Innenverteidigung. Im Abwehrzentrum Burkina Fasos kamen an der Seite des gesetzten Tapsoba derweil Akteure wie Ouattara oder Dayo zum Einsatz, die in der Marokkanischen Liga engagiert sind. Den Halbfinal verlor Burkina Faso so mit 1:3 gegen den Senegal.

Die Schlüsse aus den zwei Geschichten von Assan Ceesay und Nasser Djiga soll jeder selbst ziehen. Aber es gibt Menschen, die in solchen Fällen von Karma sprechen.

Telegramm

GC – FCZ 1:3 (1:0)
Tore: 43. Schmid (Bolla) 1:0; 47. Ceesay (Doumbia) 1:1, 67. Tosin 1:3, 83. Gnonto (Ceesay) 1:3.
GC – Moreira; Bolla, Arigoni, Ribeiro (77. Lei), Lenjani; Herc (84. de Carvalho); Da Silva (65. Jordao), Schmid; Kawabe (77. Kacuri); Bonatini (65. Demhasaj), Momoh.
FCZ – Brecher; Mets, Kryeziu, Aliti; Boranijasevic (89. Rohner), Omeragic (54. Coric), Guerrero; Doumbia, Krasniqi (46. Ceesay); Tosin (78. Gnonto), Marchesano (78. Hornschuh).

Torschütze Krasniqi könnte einiges von MVP Kryeziu abgucken / FCZ – Servette in der Züri Live-Analyse

Der FCZ ging zum Rückrundenauftakt gegen Servette von Anfang an relativ viel Risiko und spielte intensiv. Das Gegenpressing verhinderte dabei über weite Strecken, dass Servette so wie in früheren Jahren zu einfach zu Konterchancen kam. Der FCZ spielte ansatzweise wie St. Gallen und gegen diesen Gegner bekundete Servette in den letzten Saisons meist Mühe. Yanick Brecher hatte abgesehen von einer etwas verzögerten Parade bei einem Weitschuss Imeris, beim welchem man das Gefühl hatte, der Zürcher Torhüter hätte den Ball auch mit einem Seitwärtsschritt sicher halten können, in der 1. Halbzeit nichts zu tun.

Stevanovic überall und nirgends richtig

Servette reiste sowohl ohne den bisherigen (Grejohn Kyei) wie auch den neuen (Chris Bedia) nominellen Mittelstürmer Nummer 1 an. Und da sich Alex Schalk diese Saison bisher noch nicht von seiner formstarken Seite gezeigt hat, begann der vielseitige Ronny Rodelin im Sturm. Der Franzose war dann aber der klare Schwachpunkt im Genfer Spiel. Es wirkte, als wären die Gäste aus der Calvinstadt mit einem halben Spieler weniger auf dem Platz. Miroslav Stevanovic fühlte sich bemüssigt, überall auszuhelfen. Der Bosnier war mal im Offensivzentrum anzutreffen, dann auf dem Flügel und dann rannte er vor dem eigenen Strafraum einem Zürcher nach, den Boris Cespedes aus den Augen verloren hatte. Das Ergebnis: in „seiner“ Zone am und im gegnerischen Strafraum fehlte Stevanovic dann die Kraft und / oder der Fokus.

Blitzstart von Wilfried Gnonto

Die Zürcher Anfangsphase war personell geprägt durch einen sehr engagierten Wilfried Gnonto. Servette konnte von Glück sprechen, dass Schiedsrichter San das Klammern von Servette-Verteidiger Vouilloz gegen den wirbligen Italiener im Genfer Strafraum in der 3. Minute nicht als penaltywürdig taxierte. Am Ende verloren die Grenats trotzdem erstmals ein Spiel mit dem 20-jährigen Eigengewächs in der Startformation. Auch weil San auf der anderen Seite in der 81. Minute, als ein Befreiungsschlag Kryezius im Strafraum an Boranijasevics Arm prallte, dies ebenfalls nicht als ahndungswürdige Körperverbreiterung beurteilte.

Nicolas Vouilloz geht im eigenen Strafraum riskant gegen Wilfried Gnonto zu Werke.

Eines der besten Spiele von Mirlind Kryeziu

Beim FCZ scheint sich seit dem Ende der Vorrunde nichts Wesentliches verändert zu haben. Auch die Team-Gesamtnote von 6,3 ist sehr ähnlich wie zuletzt in Lausanne und gegen St. Gallen: keine brillante Leistung, aber gut. Auch der siebte Sieg in Folge kam mit viel Willen und etwas Wettkampfglück zustande. Es war wieder einmal ein Sieg trotz schlechterem Verhältnis bei den Erwarteten Toren. Die Torchancen des Heimteams summierten sich schlussendlich bloss auf einen Wert von 0,52 – der tiefste der Saison. Stark war das Zürcher Spiel hinten heraus. Mirlind Kryeziu gelang eines der besten Spiele seiner bisherigen Karriere! Der Zürcher Abwehrturm nimmt den Schwung aus der Vorrunde mit und scheint einen weiteren Schritt nach vorne zu machen. Wie schon in den Vorbereitungsspielen werden viele Angriffe mit Pässen Kryezius zwischen die gegnerischen Linien lanciert. Zusammen mit dem sich ständig in Bewegung befindlichen Guerrero und dem initiativen Gnonto bildet er den Roten Faden des Teams in vorläufiger Abwesenheit des noch etwas geschonten Antonio Marchesano in der Startformation.

Torschütze Krasniqi insgesamt ungenügend

Die Aussenläufer Guerrero und Boranijasevic machen dort weiter, wo sie vor der Winterpause aufgehört haben. Wie neu aufgezogene Duracell-Hasen. Derweil bleibt die Zürcher Problemzone weiterhin das Mittelfeldzentrum. In der Zusammensetzung der Startaufstellung gegen Servette war es dieser Mannschaftsteil, an dem es gehakt hat, wenn der Ball nicht wunschgemäss schnell und direkt nach vorne gespielt werden konnte. Beim einen (Dzemaili) liegts am Alter, beim zweiten (Doumbia) an der Technik, beim Dritten (Krasniqi) an der Verspieltheit. Doumbia und Dzemaili konnten sich zumindest in der 2. Halbzeit so steigern, dass sie noch auf eine genügende Note kamen – Krasniqi hingegen hat zwar das entscheidende Tor auf Vorarbeit von Boranijasevic (viertes Assist in den letzten fünf Spielen!) erzielt – aber ansonsten in vielen Aktionen zu zögerlich oder naiv und im Gegenpressing zu wenig konsequent für Super League-Niveau agiert. Beispielsweise von Teamkollege Kryeziu könnte er einiges hinsichtlich Klarheit und Zielstrebigkeit abgucken. Mehrmals stand bei Zürcher Pressing im Genfer Spielaufbau ein Gegenspieler völlig frei – und jedes Mal hatte einer der drei Zentralen Mittelfeldspieler nicht aufgepasst, am häufigsten Krasniqi.

Ohne den Ablenker von Cespedes wäre Krasniqis Schuss wohl an den Pfosten. Abhängig vom Drall des Balles von dort wieder ins Feld, oder via Innenpfosten ins Netz.

Telegramm

FCZ – Servette FC 1:0 (0:0)
Tore: 48. Krasniqi (Boranijasevic) 1:0.
FCZ – Brecher; Omeragic, Kryeziu, Aliti; Boranijasevic, Dzemaili (75. Mets), Doumbia, Guerrero (90. Gogia); Krasniqi (75. Seiler); Kramer, Gnonto (60. Marchesano).
Servette – Frick; Diallo, Vouilloz, Sasso, Clichy; Cespedes (56. Douline); Cognat (72. Antunes), Valls (82. Oberlin); Stevanovic, Rodelin (72. Schalk), Imeri.

Sie habens im Griff, les Welsches!

Mit welcher Frage beschäftigen sich Fussballcoaches am meisten? Viele Beobachter gehen ja davon aus, die Profi-Trainer würden sich den ganzen Tag mit Gedanken an die Taktik, die Verletztensituation und den nächsten Gegner den Kopf zerbrechen. Nur teilweise richtig. Wie das Institut für Sozialpsychologie der Universität Schwurblingen in ihrer neusten Studie herausgefunden hat, ist bei der Liste von Fragen, mit welcher Fussballcoaches tatsächlich die meiste Zeit verbringen an erster Stelle: „Was ziehe ich an: Trainerkombi oder Anzug?“. Wenn man es sich recht überlegt, ist es wahrscheinlich die komplizierteste Frage, die sich ihnen stellt, und manche kommen ihre ganze (meist allzu kurze) Karriere nie zu einer befriedigenden Antwort. „Bin ich auch ein Mitglied der Mannschaft – oder nicht? Und wie soll ich dies mit meiner Kleidung ausdrücken? Was gibt mir Autorität? Was Sympathie? Beim Team? Beim Publikum? Was davon ist wichtiger? Wie kann ich vermitteln, dass dieses Spiel entscheidend ist und wir den Gegner ernst nehmen müssen? Wie zeige ich Identifikation mit meinem Verein? Wie komme ich sowohl während dem Spiel wie auch danach beim TV-Interview adäquat rüber? Welche Kleidung gibt mir beim Herumfuchteln an der Seitenlinie genügend Bewegungsfreiheit? Welche verhindert in ihrer besänftigenden optischen Wirkung am ehesten, dass mich der Schiri auf die Tribüne schickt? Welche ist bei einem Wetterumschwung am polyvalentesten? Was macht in den Fussball-Chefetagen am meisten Eindruck? In welchem Outfit werde ich zum Trainer des Jahres?“ Alain Geiger hat die Lösung auf alle diese Fragen gefunden. Wir sehen ihn im Letzigrund während dem Spiel gegen den FC Zürich: Hemd, oberster Knopf offen, darüber ein sportliches Gilet mit Klub-Logo. Die Polsterung (zusammen mit einer gesunden Walliser Konstitution) erlaubt es, auch im Januar in einem Leichtathletikstadion einen offenen Business Casual-Mantel ohne Knöpfe zu tragen, welcher den Blick auf das Klub-Logo freigibt. Alles farblich gut aufeinander abgestimmt. Sie habens im Griff, les Welsches!

Trends der Vorrunde setzen sich fort – FCZ-Testspielbilanz Winter 21/22

Nur drei Testspiele hat der FCZ in der Wintervorbereitung 21/22 absolviert und dabei gegen den Wuppertaler SV und das polnische Spitzenteam Pogon Szczecin (Spitzname: „Hafenarbeiter“) in Belek unentschieden gespielt – und eine Woche vor Rückrundenstart den FC Wil im Heerenschürli 1:0 geschlagen. Erstmals konnte dabei die 1. Mannschaft direkt aus der frisch bezogenen Kabine im neuen „Home of FCZ“ direkt hinaus auf den Platz zum Testspiel laufen. Auch die Büro-Crew ist bereits weitgehend in Schwamendingen eingerichtet. DIe eigentlichen FCZ-Trainingsplätze sind allerdings immer noch im Umbau.

Viel Pressing in den ersten beiden Testspielen

Gegen Wuppertal liess Trainer Breitenreiter in den zwei Mal 60 Minuten jeweils mit Viererabwehr spielen – zuerst mit einem Rhombus im Mittelfeld, dann in einem 4-3-3 (präziser: 4-1-2-3) wie in den Cuppartien in Solothurn und Yverdon. In den anderen beiden Partien formierte sich die Mannschaft dann wieder im üblichen 3-4-1-2. Beim 3:3 gegen Wuppertal agierte der FCZ viel im Pressing – sowohl die eigenen wie auch die gegnerischen Tore entstanden aus FCZ-Pressingsituationen. Ähnlich agierte man 35 Minuten auch gegen Pogon und ging durch einen Marchesano-Ablenker am nahen Pfosten nach einem Dzemaili-Freistoss von der Seite zwischenzeitlich mit 1:0 in Führung.

Déjà Vu bei Standards

Dzemaili trat im letzten Testspiel gegen den FC Wil auch die Mehrzahl der Eckbälle. Aus einem solchen von der rechten Seite entstand das einzige Tor der Partie. Es war praktisch eine Kopie des 3:3-Ausgleichstreffers im August in St. Gallen mit einem schönen Aliti-Ablenker auf Höhe des nahen Pfostens und Gnonto, der den Ball am entfernten Pfosten auf oder vielleicht auch bereits etwas hinter der Torlinie ins Netz lenkte – nur wurde diesmal der Ball eher flach statt hoch gespielt. In einer weiteren Szene hätte Gnonto das Skore erhöhen können. Diese war sozusagen eine Kopie seines 2:0-Führungstreffers vor der Winterpause in Lausanne. Diesmal lenkte Kamberi nach einem Eckball den Ball an die Fünfergrenze, wo Gnonto mit seinem Abschluss aus einer 180 Grad-Drehung an Wils Torhüter Marvin Keller scheiterte. Viele Torchancen liess auch Blaz Kramer liegen, worüber sich der Slowene ärgerte. Gleichzeitig hat sich sein Engagement in der Defensive und im Spielaufbau seit seiner Rückkehr vor der Winterpause im Vergleich zu vorher stark verbessert.

Im 4-1-2-3 über die Seiten anfällig

Im 4-1-2-3 hatte der FCZ defensiv Probleme. Die Aussenverteidiger hatten bei einem so hoch stehenden Flügel zu wenig Unterstützung, wurden über beide Seiten überspielt und im eigenen Strafraum stand nach der Flanke gleichzeitig immer wieder ein Gegenspieler frei. Das erinnerte an eine Reihe von Gegentoren in den letzten Saisons. Die Kombination von äusserem Innenverteidiger plus weit nach hinten arbeitendem Aussenläufer zusammen mit den aussen helfenden Mittelfeldspielern im 3-4-1-2 hat sich zur Abdeckung der Seiten in der Vorrunde und auch der Wintervorbereitung deutlich besser bewährt.

Mets trotz „Wacklern“ ein Startelfkandidat

Auch personell hat sich über den Wintermonat wenig geändert. Die Hierarchie im Tor ist klar. Mirlind Kryeziu wird weiterhin die zentrale Position in der Dreierabwehr einnehmen. Gerade gegen Wil wurde der FCZ in erster Linie über Spieleröffnungen Kryezius nach vorne gefährlich. Neben den Standards. Auf diesen Erfolgsfaktor baut man auch in der Rückrunde. Und diesbezüglich hat man eine hohe Variabilität im Kader. Guerrero, Marchesano, Coric nicht dabei? Dann tritt halt Dzemaili oder Khelifi an – die können das auch sehr gut. Und die Automatismen bei den Standards werden mit zunehmendem Saisonverlauf eher noch besser.

In der Sommervorbereitung war Becir Omeragic am letzten Testspieltag gegen Kriens und Xamax im Heerenschürli zumindest noch zwei Mal zu einem Teileinsatz gekommen. Diesmal reichte es nicht mal dafür. In allen Testpartien dieser Saison zusammengezählt lief der Genfer ganze 74 Minuten auf. Auf der einen Seite hat Trainer Breitenreiter sicherlich das Vertrauen in ihn, auch ohne Testspielminuten in den Beinen. Falls er aber in einer Woche gegen seinen Stammklub noch nicht bereit wäre, dann könnte es zu einer Dreierabwehr mit drei Linksfüssern Mets, Kryeziu und Aliti kommen – mit Mets auf der rechten Seite. Der Este hat wohl einen leichten Vorteil gegenüber Kamberi, auch wenn er gegen Pogon das Gegentor verursacht und einen identischen Fehler (diesmal ohne Folgen) gleich nochmal gegen Wil begangen hat.

Gogia in Zukunft vermehrt auf der linken Aussenbahn?

Auf den Aussenbahnen ist die Situation ebenfalls klar. Bornijasevic und Guerrero sind eine Bank und haben sich ihren erspielten und vor allem erlaufenen Status verdient. Rohner ist der Ersatz auf rechts. Links hat Fidan Aliti gute Ansätze gezeigt, auch wenn er speziell gegen Wil auch etwas unglücklich agiert hat. Andy Gogia gibt sich Mühe, sich defensiv zu verbessern, wenn er als Aussenläufer eingesetzt wird. Ob er mittlerweile wirklich über 90 Minuten auf Super League-Niveau auf dieser Position solide genug auftreten könnte, ist noch eine offene Frage. Aber eine solche Variante scheint zumindest die deutlich bessere Option zu sein, als das System auf zwei offensive Flügel zu ändern. In einer solchen Formation hat Gogia in Wettbewerbsspielen und Tests jeweils enttäuscht. Defensiv gefordert zu werden, tut Gogia und seinem Spiel besser, als wenn er zu viel (vermeintliche) Pausen und Zeit zum Nachdenken hat.

Gnonto und Dzemaili im Aufschwung, Khelifi eine Alternative im Sturm

Im Zentrum scheint alles auf ein Duo Doumbia / Dzemaili herauszulaufen. Dzemaili versucht noch einmal auf ein höheres Niveau zu kommen, was natürlich ein Wettkampf gegen die Zeit ist. Man hat es bei Servette’s ehemaligem Weltklassemann Gaël Clichy gesehen, der zuletzt altersbedingt nicht mehr so dominant aufgetreten ist, wie noch zu Beginn seiner Servette-Zeit. Oder Christian Gentner – der Musterprofi hat nach Manuel Neuer von allen Aktiven am zweitmeisten Bundesligaeinsätze und konnte in der Vorrunde bei Luzern zwar noch mithalten, aber keine wesentlichen Impulse setzen. Auf jeden Fall scheint die Formkurve Dzemailis aktuell nach oben zu zeigen. Wie weit und lange dies in der Super League noch reicht, wird sich zeigen. Bledian Krasniqi zeigte ein paar gute Ansätze, aber von ihm muss sicherlich noch mehr kommen, wenn er einen Stammplatz erobern will. Antonio Marchesano stand gegen Wil nicht im Einsatz. Im letzten Sommer schafften er und andere Zürcher Akteure es genau auf den Saisonstart in Lugano in die beste Verfassung zu kommen. Auch aktuell wieder gegen Servette in einer Woche?

Ante Coric und Moritz Leitner sind zur Zeit etwas aussen vor. Stephan Seiler scheint einen kleinen Schritt nach vorne gemacht haben und wirkte etwas reifer. Von den beiden aus der U21 ins Trainingslager mitgenommenen Jungs wurde Rechtsverteidiger Selmin Hodza auf verschiedenen Positionen eingesetzt, vorwiegend als „Achter“ im Zentralen Mittelfeld. Er bekundete sowohl mit dem Niveau bei den Profis wie auch mit der Position Mühe. Anders der flinke Techniker Miguel Reichmuth, welcher als Alternative für die 10-er oder 8-er Position durchaus einen gewissen Eindruck beim Trainerteam hinterlassen haben dürfte. Auch Henri Koide ist definitiv wieder zurück von seiner Verletzung und hätte dem FCZ als Alternative im Sturm durchaus helfen können. Der Fokus liegt aber auf seiner Entwicklung und Spielpraxis – und die holt er sich in der Rückrunde in der Challenge League bei Xamax auf einem höheren Niveau als der Promotion League. Kramer hat in der Vorbereitung ein Mal getroffen – trotzdem scheinen ihm noch etwas weitere Erfolgserlebnisse zu fehlen. Ob Tosin zum Rückrundenstart fit ist, ist noch unsicher. Eine Bank ist hingegen seit der Schlussphase der Vorrunde Wilfried Gnonto. Der Italiener scheint seine gute Form über den Winter konserviert zu haben. Salim Khelifi ist am ehesten eine Alternative im Sturm und hat da mehr überzeugt, als auf der Achterposition. Khelifi steht da in Konkurrenz zu Rodrigo Pollero. Einer von beiden könnte aufgrund der möglichen Abwesenden zum Auftakt die Chance auf einen Teileinsatz haben.

Weniger Ballbesitz in Überzahl / Lausanne-Sport – FCZ in der Züri Live-Analyse

Wie gegen den FC Luzern kann der FCZ in der Dezember-Kühlbox der Tuilières früh gegen Lausanne-Sport in Führung gehen – wieder mal durch ein Tor nach einem Einwurf. Es ist der dritte solche Treffer in dieser Saison und der zweite gegen Lausanne. In dieser Vorrunde hat der FCZ eine klare Stammformation von neun Spielern. Dazu kommen je eine Position im Mittelfeld und im Sturm, die nicht fix vergeben sind. Diese beiden Positionen wurden in Lausanne durch die beiden Jungen Gnonto und Krasniqi besetzt, welche sich mit den beiden Toren zum 0:2 dafür bedankten. Mit dem ersten Sieg in Lausanne seit Mai 2014 ist somit eine weitere Negativserie gebrochen. Hohe Niederlagen in Lausanne (1:5, 0:4) waren in der Zwischenzeit jeweils nicht ganz unschuldig an den Trainer-Freistellungen von Uli Forte und Ludovic Magnin gewesen.

Mehr Bewegung Lausannes macht Unterzahl mehr als wett

Anders als im Luzern-Spiel, als der FCZ von Anfang an hoch presste, stand er diesmal tiefer. Insgesamt war es ein Spiel mit wenig Torszenen, welches der FCZ von Beginn weg im Griff hatte. Genau 600 gespielte Pässe (FCZ-Saisondurchschnitt: 357) zeigen wie kontrolliert die Gäste aus der Limmatstadt den Spielaufbau betrieben (Quote angekommene Pässe: 89% (hoch), Anteil Lange Bälle: 7% (tief), Match Tempo: 19,1 (hoch)). Speziell die Innenverteidiger schoben den Ball flüssig von einer Seite zur anderen, bis eine Lücke im Abwehrverbund des meist ebenfalls relativ tief stehenden Gegners aufging. Nach etwas mehr als einer halben Stunde konnte man nach der Gelb-Roten Karte gegen Trazié Thomas (Grobes Foulspiel an Assan Ceesay) in Überzahl spielen, konnte dies aber mit zunehmender Spieldauer zu seinen Gunsten nutzen. Im Gegenteil: FCZ-Ballbesitz war in der Phase vor dem Platzverweis bei 74% gelegen und ging danach kontinuierlich runter bis auf 29% in der Schlussviertelstunde der Partie. Dies weil Lausanne die Unterzahl durch mehr Bewegung mehr als wett machte und der zu Beginn geschonte Cameron Puertas sich zum spielbestimmenden Mann aufschwang. Zudem wurde das Zürcher Zentrum nach der Einwechslung von Moritz Leitner defensiv zu anfällig.

FCZ profitiert von Waadtländer Unordnung direkt nach dem Platzverweis

Telegramm

Lausanne-Sport – FCZ 1:3 (0:2)
Tore: 12. Gnonto (Krasniqi) 0:1, 33. Gnonto (Krasniqi) 0:2; 56. Marchesano (Handspenalty) 0:3, 77. Coyle (Mahou) 1:3.
Lausanne-Sport – Diaw; Chafik (59. Zohouri), Koné, Grippo, Husic; Ouattara (34. Puertas), Thomas, Kukuruzovic (79. N’Guessan), Suzuki (59. Coyle); Mahou (79. Sanches), Amdouni.
FCZ – Brecher; Omeragic, Kryeziu, Aliti; Boranijasevic (68. Rohner), Krasniqi (88. Hornschuh), Doumbia, Guerrero; Marchesano (68. Leitner); Gnonto (68. Tosin), Ceesay (82. Kramer).

Gnonto und Krasniqi scharren mit den Hufen / Vorschau und Aufstellungen Lausanne-Sport – FCZ

Im Gegensatz zu Gastgeber Lausanne-Sport tritt der FCZ am Lac Léman mit einem ähnlichen Team wie in der ersten Direktbegegnung der beiden Teams an. Blerim Dzemaili war schon damals nicht in der Startformation mit dabei. Heute wird er aufgrund des Lausanner Kunstrasens geschont und beginnt auf der Ersatzbank. Er wird erwartungsgemäss von Bledian Krasniqi ersetzt, der sich mit seiner Technik und Konstitution auf dem Kunstrasen gut zurechtfinden sollte. Vorne darf Wolfried Gnonto heute von Beginn an neben Assan Ceesay stürmen!

Aufgrund der Sperren der zentralen Mittelfeldspieler Cameron Puertas und Trazié Thomas trat Lausanne-Coach Ilja Borenovic zuletzt in Basel (1:1) in einem 4-4-2 an und wich vom zuletzt üblichen 4-1-4-1 ab. Der 6-er und Captain Stjepan Kukuruzovic ist Dreh- und Angelpunkt einer sowohl technisch wie auch physisch guten Mannschaft, die zuletzt im Verlauf des Herbstes durch die Abwehrspieler Koné, Grippo und Chafik verstärkt worden ist. Lausanne spielt im Gegensatz zum FCZ wenn immer möglich flach hinten heraus und verlässt sich defensiv weitgehend auf gutes Positionsspiel mit möglichst wenigen Zweikämpfen. Auch gegen den FCZ beginnen die Waadtländer wohl im 4-4-2.

Mut, Effizienz und des Gegners Ungeduld / Servette – FCZ in der Züri Live-Analyse

Im Stade de Genève präsentierte sich der FCZ von seiner effizienten Seite und holte aus einem relativ chancenarmen, ausgeglichenen Spiel einen 2:1-Auswärtssieg. Mit Mirlind Kryeziu gelang bereits dem dritten FCZ-Akteur in dieser immer noch relativ jungen Saison ein direktes Freistoss-Tor – das sechste insgesamt.

Dzemaili erneut besser auf der 6-er Position

Da Servette im Zentrum standardmässig mit zwei „Achtern“ spielt, agierte beim FCZ Blerim Dzemaili weiter hinten als zuletzt üblich auf einer Doppel-Sechs mit Ousmane Doumbia. Und nicht zum ersten Mal war seine Leistung auf dieser Position deutlich besser, als wenn er weiter vorne agiert. Dies gilt auch für seine zwar selteneren, aber dafür konkreteren Offensivaktionen.

Mutig hohes Pressing des FCZ wird belohnt

Der FCZ ging von Beginn weg ins Pressing mit den beiden Aussenläufern Guerrero und Boranijasevic, welche in sehr hoher Position die gegnerischen Aussenverteidiger anliefen. Die drei Verteidiger hinten spielten somit alle Eins-gegen-Eins und rückten bei einer Rückfallbewegung ihres Gegenspielers zudem weit ins Mittelfeld vor. Die mutige Spielweise wurde mit einer 2:0-Pausenführung belohnt, wobei das Breitenreiter-Team beim 1:0-Führungstreffer das für einmal hoch stehende Servette mit einem exzellent gespielten Aufbau von hinten heraus überwinden konnte. Entscheidend war dabei die hervorragende direkte Ablage Blaz Kramers aus vollem Lauf auf Adrian Guerrero, als der Slowene sich noch zwischen Ball und den verdutzten Anthony Sauthier zu stellen vermochte.

Servette nutzt kleine Pressingpausen beinahe aus

Die wenigen gefährlichen Offensivaktionen Servettes entstanden jeweils in Phasen, in welchen der FCZ eine kurze „Pressing-Verschnaufpause“ einlegte. Imeri und Clichy nutzten dies zu Vorstössen im Halbfeld in die gegnerische Hälfte, um von dort ihre gefährlichen weiten Flanken hinter die Abwehr zu spielen.

Exzellentes Comeback Tosins

Abgesehen von der einen, allerdings mitentscheidenden Aktion, war das Comeback Kramers nicht überzeugend verlaufen und er wurde wie schon vor der Partie abgemacht zur Pause für Wilfried Gnonto ausgewechselt. Dieser musste im Verlauf der Zweiten Halbzeit wegen Gelb-Rot-Gefährdung dem zweiten Comebacker Aiyegun Tosin Platz machen, welchem sowohl defensiv wie offensiv einige exzellente Aktionen gelangen. Exemplarisch in der 90. Minute, als der Nigerianer im eigenen Strafraum eine gefährliche Cornerflanke per Kopf vor dem einen Kopf grösseren Rodelin klärte und dann höchstselbst den darauffolgenden Pass hintenheraus von Ousmane Doumbia mit einem Sprint im Höchsttempo an der Mittellinie erlief und mit einer Ballberührung Aussenrist mit dem schwächeren linken Fuss ideal in die Mitte weiterleitete, wo Assan Ceesay dadurch alleine auf Torhüter Frick zulaufen konnte.

Servettes taktische Vorteile durch eigene Ungeduld zunichte gemacht

Im letzten Spielviertel stellte Servette-Coach Alain Geiger auf ein 4-1-2-1-2 (Rhombus-System) um. Diese Umstellung funktionierte zu Beginn ausgezeichnet. Der FCZ kam im Mittelfeld ins „Schwimmen“, weil der Gegner im Zentrum nun häufig in Überzahl war und sich sowohl horizontal wie vertikal nun vorwiegend in Zwischenräumen bewegte. Zum Glück für den FCZ verlor ein Teil der Genfer Mannschaft dann aber viel zu früh die Geduld. Anstatt weiterhin die Zwischenräume im Mittelfeld zu besetzen und den FCZ vor Probleme zu stellen, rannten die offensiv orientierten Spieler bereits ab einer Viertelstunde vor Schluss vermehrt alle nach vorne und warteten auf Hohe Bälle, während gleichzeitig die Aufbauer hintenheraus händeringend immer noch Anspielstationen fürs Kombinationsspiel suchten. Die individuelle Qualität des sich in der bisherigen Form seines Lebens befindlichen Kastriot Imeri reichte so zu nicht mehr als dem Anschlusstreffer.

Telegramm

Servette – FCZ 1:2 (0:2)
Tor: 28. Ceesay (Marchesano) 0:1, 44. Kryeziu (Freistoss, Ceesay) 0:2; 66. Imeri (Rodelin) 1:2.
Servette – Frick; Sauthier (59. Diallo), Rouiller, Severin, Clichy; Douline (90. Mendes); Imeri, Valls (59. Rodelin); Stevanovic, Kyei, Schalk (79.Antunes).
FCZ – Brecher; Omeragic, Kryeziu, Aliti; Boranijasevic (90.+2 Kamberi), Dzemaili (72. Hornschuh) Doumbia, Guerrero; Marchesano (72. Krasniqi); Ceesay, Kramer (46. Gnonto, 83. Tosin).

Mittelfeld-Chaos in 2. Halbzeit / Sion – FCZ in der Züri Live-Analyse

Sion hat im letzten Monat unter dem neuen (alten) Trainer Paolo Tramezzani die Defensive gestärkt. Taktisch wurde dies erreicht, indem der Italiener seine Formation jeweils dem Gegner angepasst hat, zumindest in den entscheidenden Zonen. So wurden gegen Gegner mit drei Zentralen Mittelfeldspielern ebenfalls drei aufgestellt, bei Gegnern mit zwei ebenfalls zwei. Gegen den FCZ trieb Tramezzani das Spiegeln der gegnerischen Formation auf die Spitze und liess seine Mannschaft gar erstmals in dieser Saison mit einer Dreierabwehr auflaufen. Die Intention dahinter: durch das Spiegeln des Gegners ergeben sich überall auf dem Platz Eins-gegen-Eins Duelle, weniger Zwischenräume, die ausgenutzt werden können und somit weniger Gegentore (allerdings gleichzeitig tendenziell auch weniger eigene Treffer).

Erfolgreiches Gegenpressing in 1. Halbzeit

Das Duell im Tourbillon zwischen Sion und dem FCZ gestaltete sich in der Ersten Halbzeit dann auch tatsächlich chancenarm. Die Zürcher verteidigten wie in letzter Zeit üblich hoch ohne den gegnerischen Torhüter anzugreifen, Sion auf der anderen Seite stand tief. Entscheidend für die Zürcher Führung bei Halbzeit war das meist erfolgreiche Gegenpressing, so auch in der Entstehung des 0:1 durch Adrian Guerrero. Der FCZ setzte den Gegner dabei jeweils so unter Druck, dass Unzulänglichkeiten bezüglich Technik (Itaitinga) oder Druckresistenz (Bamert, Baltazar) offen zu Tage traten und ausgenutzt werden konnten. Man knüpfte dabei an den Saisonstart an, wo der Stadtclub gegen Lausanne, in Solothurn und in St. Gallen jeweils auch Tore aus Gegenpressing-Situationen erzielt hatte. Ausserdem versuchte der FCZ die defensiv schwächere linke Sion Seite durch Angriffe über rechts mit Flanken von Boranijasevic und Marchesano zu knacken.

Taktische Umstellung Tramezzanis kehrt die Partie

Wie es zur Zeit seine flexible Art ist, stellte Tramezzani aufgrund des Pausenrückstandes seine Mannschaft auf ein 4-2-3-1 um. Und dies zeigte sofort seine Wirkung. Nun wollten die Walliser nicht mehr in erster Linie Tore verhindern, sondern Tore erzielen. Sie gaben die Spiegelung des Gegners auf und suchten stattdessen die freien Zwischenräume. Von hinten heraus wurde konsequent über die Aussenverteidiger aufgebaut und der Ball schnell laufen gelassen. Die Zürcher Aussenläufer Boranijasevic und Guerrero wurden durch die Sion-Flügel Itaitinga und Wesley, der auf die linke Seite gewechselt war, zurückgebunden. Vorne waren somit Ceesay und Marchesano nun zu zweit gegen vier Aufbauer (mit Torhüter fünf) und somit mussten die Achter Dzemaili und Krasniqi im Pressing jeweils die Aussenverteidiger anlaufen und kamen dabei aufgrund der weiten Wege (und im Falle Dzemailis fehlender Antrittsstärke) meist zu spät. Die Kontrolle über das Spiel war futsch. In der 2. Halbzeit konnte Züri Live fast keine Top-Offensivaktionen auf Seiten des FCZ mehr notieren.

Breitenreiter reagiert nicht

Der logische Schritt für den FCZ wäre nun auch aufgrund des Vorsprunges gewesen, sein System ebenfalls umzustellen, zum Beispiel auf ein 4-4-2. Trainer André Breitenreiter, der in der Sommervorbereitung noch mit einer Vielzahl an Systemen experimentiert hatte, verzichtete darauf. Auch wenn taktische Kontinuität natürlich auch Vorteile mit sich bringt, muss man dies in diesem Fall im Nachhinein gesehen sicherlich als Fehler bezeichnen. Unter anderem war die Gelb-Rote Karte gegen Bledian Krasniqi eine direkte Folge dieser taktisch konservativen Haltung. Mittelstürmer Stojilkovic und später Karlen banden alle drei Zürcher Innenverteidiger, und da der Zugriff im Pressing nicht mehr gelang, wurde der FCZ an den eigenen Strafraum zurückgedrängt. Im Mittelfeld spielte Sion mit den Zürchern in dieser Phase Katz und Maus – mit dem FCZ in der Rolle von Tom, und Sion in derjenigen von Jerry.

Mittelfeld-Chaos bewirkt Unterzahl

Die Szene, die zur Gelb-Roten Karte führte, war typisch für das Chaos im Zürcher Mittelfeld. Sion kreiert eine Überzahl auf der rechten Zürcher Seite, Dzemaili (halbrechts) wird von Cipriano absorbiert und verhält sich entsprechend passiv, Doumbia im Zentrum verwirft die Arme, der junge Krasniqi hetzt derweil im Feuerwehrmodus von seiner halblinken Position einem freistehenden Sion-Spieler nach dem anderen hinterher, bis er schlussendlich ganz rechts aussen gegen Flügelspieler Wesley zu spät kommt und diesen umgrätscht. Die Überzahl ermöglichte Sion eine Schlussphase mit zehn Minuten plus Nachspielzeit Torchancen im Minutentakt und einem FCZ, dem kein Gegenangriff mehr gelang. Zumal der FCZ im 5-3-1 (anstatt eines möglichen 4-4-1) nur noch am eigenen Strafraum Zugriff auf den Gegner hatte.

Adrian Guerrero nicht nur offensiv entscheidend

Der Sieg im Wallis war unter anderem Einzelspielern wie Antonio Marchesano oder Adrian Guerrero zu verdanken. Letzterer erzielte nicht nur den entscheidenden Treffer (als linker Aussenläufer am rechten Pfosten!) sondern verhinderte durch seinen sehr hohen Grad an Aufmerksamkeit und Willen in der 83. Minute ein ansonsten fast sicheres Gegentor durch Matteo Tosetti. Ausserdem darf sich der FCZ bei Jan Bamert bedanken. Abgesehen von zwei Aussetzern in der Nähe des eigenen Tores, die das Letzigrund-Team nicht auszunutzen vermochte, stiess er als einer von vier Zürchern in der Walliser Startformation in der 42. Minute im FCZ-Strafraum abseits des Ballgeschehens Blerim Dzemaili direkt vor der Nase von Schiedsrichter Luca Piccolo um, wodurch der Kopfballtreffer von Birama Ndoye zum 1:1 nicht zählte.

Von den Einwechselspielern nur Tosin ein Gewinn

Blerim Dzemaili am Tor mit einer guten Kopfballweiterleitung nach starker Chip-Flanke Boranijasevics beteiligt, bleibt anonsten im Zürcher Zentrum ein Handicap. Bledian Krasniqi genügte trotz defensiv ein, zwei guten Szenen unter dem Strich ebenfalls nicht. Und von den Einwechselspielern hatte nur der in Unterzahl auf der Krasniqi-Position halblinks im Mittelfeld agierende Tosin einen positiven Einfluss aufs Zürcher Spiel.

Telegramm

Sion – FCZ 0:1 (0:1)
Tor: 32. Guerrero (Dzemaili) 0:1.
Sion – Fickentscher; Cavaré, Bamert, Ndoye; Wesley, Zuffi (69. Tosetti), Grgic, Cipriano (75. Bua); Baltazar; Itaitinga (64. Adryan), Stojilkovic (64. Karlen).
FCZ – Brecher; Kamberi, Kryeziu, Aliti; Boranijasevic, Doumbia, Guerrero (85. Omeragic); Dzemaili (75. Hornschuh), Krasniqi; Ceesay (66. Kramer), Marchesano (66. Tosin).

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