Blick ins FCZ-Leistungszentrum. Grosses Interview mit dem Leiter Academy, Heinz Russheim – TEIL 1 von 4

Wer ist das Herz eines Vereins? Einige würden sagen: die 1. Mannschaft. Für andere ist es die Vereinsführung. Die Dritten meinen: natürlich die Fans! Es gibt aber auch noch eine vierte Sichtweise: die Nachwuchsabteilung! In ihr entwickeln sich die zukünftigen Identifikationsfiguren und Botschafter des Klubs. Sie tragen schon seit früher Jugend das Vereinswappen auf der Brust und in jeder Altersstufe heisse Derbys aus. Sie sprechen die Sprache der Fans und können auswärtige Zuzüge in den Klub einführen. Die Juniorenabteilung bildet ausserdem die handfeste Verbindung zur aktiven Fussballfamilie der Region. Jeder Amateurverein ist stolz, wenn er einen eigenen Jungen in den Profiklub bringen kann.

Blerim Dzemaili (Oerlikon, Unterstrass, YF Juventus), Fabian Rohner (SV Höngg) und Gianni De Nitti (Red Star) stammen von Stadtvereinen. Lindrit Kamberi (Volketswil), Selmin Hodza (Uster), Ilan Sauter (Maur) und Yanick Brecher (Männedorf) aus der Agglomeration. Mirlind Kryeziu und Bledian Krasniqi können sich hingegen an ihr Leben vor dem FCZ fast nicht erinnern. Sie traten praktisch gleichzeitig in die Schule und den Stadtclub ein. Miguel Reichmuth kam mit 12 Jahren vom schwyzerischen Ibach. 

Leiter Academy Heinz Russheim vor dem Home of FCZ

Leiter Academy beim FC Zürich ist Heinz Russheim. Seit mehr als 11 Jahren im Verein, seit April 2013 als Technischer Leiter. Anders als die Mehrheit seiner Pendants bei Schweizer Klubs bringt Russheim einen fundierten pädagogischen Background mit: Sportlehrerstudium an der ETH, Tätigkeit als Lehrer und Ausbildner in der Allgemeinbildung an Berufsschulen, beim Bundesamt für Sport oder an der ETH. Bis 2009 hat er noch selbst Schule gegeben. Der FCZ gehört seit vielen Jahren im Nachwuchsbereich zu den besten Ausbildungsklubs der Schweiz und führt das Label des Schweizerischen Fussballverbandes als eines der Nationalen Leistungszentren. Russheim hat Heinz Moser als neuen Leiter Entwicklung zur Seite gestellt erhalten, der vom SFV kommend das Konzept gleich selbst in einem Klub in die Tat umsetzen kann. Moser ist zuständig für «den Roten Faden» durch den ganzen Klub inklusive Frauen und Profis und die langfristige Entwicklung. Russheim ist der Leiter des Nachwuchsbereiches der Jungs (Academy und Footeco), in welchem auch ein paar der talentiertesten Mädchen aktiv sind.

Züri Live: Heinz Russheim, wir befinden uns im dieses Jahr neu eröffneten «Home of FCZ». Der FC Zürich hat als erster von mehreren Vereinen das Zertifikat «Leistungszentrum» vom Schweizerischen Fussballverband erhalten. Muss man nun Jahr für Jahr «zittern», ob man das Label wieder erhält, oder ist dies mit dem aktuellen Angebot gesichert?

Heinz Russheim: Das ist zur Zeit ziemlich fix. Als wir uns 2015 beworben haben, konnten wir darlegen, dass wir alle Kriterien erfüllen. Wir erfüllten sie bereits, bevor es das Label überhaupt gab. Und es gibt nicht Jahr für Jahr wieder neue Kriterien. U16-, U18- und U21-Trainer müssen festangestellte Profis sein. Auch den Talent Manager, Leiter Goalies oder Leiter Athletik hatten wir schon vorher zu 100% angestellt. In einem Leistungszentrum darf man diese Rollen nicht auf verschiedene Personen splitten.  

ZL: Zuletzt wurde heiss über den Super League-Modus diskutiert. Für den Ausbildungsbereich scheint aber vor allem die Aufstockung der Super League auf 12 Mannschaften nicht ungefährlich zu sein. Das Geld für die Jugendakademien kommt ja letztlich aus dem Profifussball. Wenn Klubs wie Aarau, Thun, Xamax, Wil, Schaffhausen oder Vaduz durch das Fehlen der besten zwei Gegner weniger Einnahmen generieren, kriegen sie dann nicht Probleme mit der Finanzierung ihres Spitzenjuniorenbereiches?

HR: Da müsste man die Einnahmenstruktur analysieren. Wenn durch die zwei Top-Klubs, die in die Super League verschwinden, in der Challenge League die Zuschauerzahlen sinken, dann hätte das schon einen negativen Einfluss auf die Finanzierbarkeit der Nachwuchsabteilungen. Wenn aber die Zuschauereinnahmen keinen wesentlichen Teil des Budgets abdecken, sehe ich nicht einen riesigen Einschnitt – ausser die Sponsoren würden aufgrund des Zuschauerrückgangs und damit verminderter Attraktivität die zugesprochenen Gelder ebenfalls kürzen.  

ZL: Was hat sich für Dich persönlich mit dem Einzug ins Home of FCZ verändert?

HR: Die Wege sind natürlich wesentlich kürzer geworden. Bisher habe ich jeweils gependelt. Am Mittwoch bin ich beispielsweise um 8 Uhr im Heerenschürli ins Training, dann in die Geschäftsstelle im Stadtzentrum und dann um 13 Uhr wieder raus nach Schwamendingen fürs Nachmittagstraining. Auch die Kommunikation intern ist direkter. Wenn es etwas mit der Buchhaltung zu diskutieren gibt, kann man drei, vier Zimmer weiter schnell fragen gehen und muss kein Mail schreiben. 

ZL: Nicolas Chappuis hat den Sprung in den Staff der 1. Mannschaft geschafft – ein Verlust für die Academy?

HR: Ja klar. Einerseits ist jeder, der raufgeht, grundsätzlich ein Verlust. Andererseits ist es ein gutes Zeichen für die Academy. Ich mag mich noch erinnern, als Chappuis vor etwa acht Jahren von Etoile Carouge in die U14 gekommen ist. Er war Assistent von Magnin. 2018 als Magnin in die 1. Mannschaft befördert wurde, hatten Chappuis und ich zwei Wochen lang die U21 zusammen. Erst ich mit ihm als Assistent, dann er mit mir als Assistent. Dann war er Assistent bei Massimo Rizzo’s U18 und letzte Saison U17-Cheftrainer, dazu verantwortlich für das technische Equipment und die Spielanalysen. Wenn die 1. Mannschaft jemanden aus dem Academy-Staff «absaugt», ist das für mich nicht primär ein Verlust. Ich habe gegenüber Ancillo und Heliane Canepa immer betont, dass für jede Position in der 1. Mannschaft ein valabler Kandidat im Nachwuchs vorhanden sein sollte – egal ob Konditionstrainer, Cheftrainer oder Goalietrainer.

Nicolas Chappuis, Spielanalyst der 1. Mannschaft

ZL: Was sind die Kriterien, auf die beim FCZ bei der Trainerauswahl für die Academy am meisten geachtet wird?

HR: Die Diplome sind vorgegeben, da gibt es Mindestanforderungen: ab U16 aufwärts das A-Diplom. In den Stufen darunter gibt es ebenfalls die entsprechenden Auflagen (B-Diplom). Durch das Bestehen der Prüfung beweist ein Trainer, dass er die notwendige Fachkompetenz hat. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen «sehr gut» oder nur «knapp» bestehen. Aber die Prüfung ist nur eine Momentaufnahme. Ein Tag. Eine 5,5 ist zwar für den Moment besser als eine 4,5, aber der Kandidat hat vielleicht ein ganz anderes Prüfungsthema erwischt, als sein Studienkollege. Es heisst noch gar nicht, dass er dann auch der bessere Trainer sein wird. Für mich wird die Sozialkompetenz immer wichtiger. Der Umgang mit den Spielern ist zentral.

ZL: Und dies täglich…

HR: Ja. Ich hatte grad gestern ein Gespräch mit einem Gymischüler bei uns. Die haben über 30 Stunden Schule, dazu Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitung. Und trainieren bei uns vier Mal abends. Wenn dann einer mal etwas müde ist, muss der Trainer die Empathie mitbringen, dafür Verständnis zu haben. Das hat man als Trainer und Mensch – oder man hat es nicht. Beim A-Diplom lernt man das auf jeden Fall nicht. Fordernd kann man trotzdem sein. Aber Verständnis für die Chancen, Gefahren, Freuden und Ängste der Jugendlichen muss vorhanden sein, und der Trainer muss damit umgehen können.

ZL: Bei einem Profiklub wie dem FCZ gibt es Legenden, Spieler mit Verdiensten, die man aufgrund der Klubpolitik gerne nach der Spielerkarriere in der Organisation halten möchte. Man kommt dann auf der Suche nach einer passenden Position schnell mal auf die Idee «Nachwuchstrainer» – obwohl der Ex-Profi möglicherweise nicht die beste Besetzung dafür ist. Hat sich in diesem Punkt mittlerweile etwas getan? Hat ein von der Sozialkompetenz und Pädagogik her starker Nachwuchstrainer eines kleinen Vereins aus der Region gute Chancen, sich in der Auswahl der Bewerber gegen einen Ex-Profi durchzusetzen?

HR: Wenn man keinen Hintergrund als Spielerprofi hat, ist es sehr schwer, bei den Grossvereinen reinzukommen. Wir hatten Fischer, Magnin oder Petrosyan. Colatrella hat ebenfalls in der obersten Liga gespielt, Romano war auch Profi.

ZL: Zumindest von der U15 an abwärts scheint es aber weniger Ex-Profis auf der Trainerposition zu geben…

HR: Ja, U15 kommt mir jetzt auch grad keiner in den Sinn. Der Einstieg ist aber meist in der U14 – und dann geht es direkt in das Leistungszentrum (U16). Man muss wissen: vor etwa 20 Jahren war die Philosophie des SFV, möglichst vielen ehemaligen Super League- und sowieso National-Spielern den Einstieg als Trainer zu ermöglichen. Denn diese haben die Erfahrung beispielsweise auch vor 50’000 Zuschauern zu spielen. Sie wissen, was auf dem Platz abläuft. Sie haben einen grossen Rucksack. Sie haben das Fachliche als Profispieler selbst erlebt und umgesetzt: «Was mache ich im Pressing? Wohin stehe ich? Wie verteidige ich?». Grundsätzlich alles. Das war die Stossrichtung.

Meines Erachtens hat man etwas zu wenig darauf geachtet, dass die Sozialkompetenz die dominante Qualität ist, die ein Nachwuchstrainer haben muss – ganz klar wichtiger als vieles andere. Diese Meinung wird nicht von allen geteilt. Natürlich muss ein Nachwuchstrainer im Spitzenjuniorenfussball eine Ahnung davon haben, was auf dem Fussballplatz abläuft. Aber das Pendel schlägt für mich zu stark in Richtung ehemalige Top-Spieler aus. Der Umgang mit einer U16 oder U18 ist nicht das Gleiche, wie mit der 1. Mannschaft. Sie trainieren zwar gleich viel, aber der Juniorenspieler macht nebendran noch eine Lehre, geht in die Schule, ist in der Entwicklung, in der Pubertät – das braucht vom Trainer spezielle Kompetenzen.

Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann waren als Spieler nicht auf dem Niveau ihrer jetzigen Mannschaften. Sie arbeiten erfolgreich, weil sie einen sehr guten Umgang mit ihren Spielern pflegen. Franz Beckenbauer vertraute als DFB-Teamchef fast ausschliesslich auf seine Sozialkompetenz. Das Training leitete ein Anderer.

ZL: Gut mit Jugendlichen umgehen zu können, ist eine spezielle Qualität… In gewisser Hinsicht schwieriger als mit Männern.

HR: Was heisst schwieriger? Das würde der Aufgabe der Eins-Trainer auch nicht gerecht. Dort kann man beispielsweise auch einmal eine «Diva» in der Mannschaft haben. Wie geht man damit um?

ZL: Im Nachwuchs hat man natürlich als Trainer etwas mehr Autorität und Möglichkeiten, Druck auszuüben. In der 1. Mannschaft ist der Trainer wohl das schwächere Glied im Mannschaftsgefüge. 

HR: Das ist zwangsläufig so. Wenn’s nicht läuft, dann muss bei den Profis immer wieder der Trainer gehen. Auch wenn es häufig nicht die richtige Entscheidung ist.

Hier geht’s zu Teil 2

Wie sieht die Situation der Zürcher Leihspieler aus? Bledian Krasniqi (19) ist nach zwei Jahren in Wil bereit für den nächsten Schritt. Seit Almen Abdi hat es keinen Jungen mit einer solchen Vista und spielerischen Qualitäten aus der eigenen Academy gegeben. Aber selbst für so ein Talent ist nicht selbstverständlich, dass es sich in der Super League durchsetzt. Eine Etage höher gibt es keine Gelegenheit mehr, sich zwischendurch mal zu verstecken. Bezüglich Präsenz und konsequenter Spielweise muss Krasniqi noch zulegen. Lernen kann er dies im aktuellen Stadium seiner Entwicklung nur in Trainings und vielen Spielen auf Super League-Niveau.

Für Haile-Selassie und Sauter wird es schwer

Sogar schon zweieinhalb Jahre in Folge ausgeliehen war Maren Haile-Selassie (22). Nach einer halben Saison bei Rapperswil-Jona, einem Jahr in Neuenburg in der Super League, nun eine weitere Saison in der Challenge League beim FC Wil. Insgesamt kommen da bereits 91 Wettbewerbsspiele im Profibereich zusammen, davon 11 mit dem FCZ. So viel wie in der aktuellen Saison kam der schnelle Standardspezialist noch nie zum Einsatz. Abgesehen von Ludovic Magnin (U18, U21, 1. Mannschaft FCZ) hat er unter keinem Trainer so viel gespielt wie nun bei Magnins ehemaligem Nationalteamkollegen Alex Frei. Allerdings hat sich Haile-Selassie auch in dieser Saison nicht so richtig für die Super League-Equipe des FCZ aufdrängen können. Abgesehen von einzelnen Aktionen kommt unter dem Strich zu wenig. Je nach Situation als Kaderergänzung für den Flügel ist Haile-Selassie beim FCZ nicht auszuschliessen, aber die Tendenz geht eher in Richtung weitere Zukunft in der Challenge League oder einer vergleichbaren Liga.

Ilan Sauter (20) war eine Saison an den FC Wil ausgeliehen und reiht sich ein in die Garde der immer wieder etwas überschätzten Verteidiger aus dem eigenen Nachwuchs (wenn es ausnahmsweise dann doch mal einen richtig talentierten Abwehrmann gibt, dann zieht es diesen frühzeitig ins Ausland, wie im Fall von Andi Hoti (18, Inter)). Sauter hat es schwer, sich überhaupt im Tempo auf Stufe Challenge League etablieren zu können – und wird kaum mal in der Super League zum Thema werden. Eventuell kriegt er beim FC Wil nochmal eine weitere Chance.

Kamberi und Koide haben sich empfohlen

Lindrit Kamberis (21) zweites Leihjahr in der Challenge League wurde vorzeitig abgebrochen, damit dieser dem FCZ in der Schlussphase der Saison auf Super League-Stufe noch helfen konnte, was er dann auch tat. Beim Kopfballgegentor von Pajtim Kasami in Basel war Kamberis für einen Super League-Innenverteidiger geringe Körpergrösse sichtlich als Defizit erkennbar. Bezüglich Fokus und Körpersprache trat er in den paar Einsätzen zum Saisonende hin hingegen deutlich besser auf, als noch beim FC Wil und in Winterthur. Er hat sich damit sicherlich vorerst mal einen Platz im Kader der kommenden Saison verdient, um beweisen zu können, dass er diesen Fokus konstant auf den Platz bringen kann.

Eine ultrakurze Leihe von etwas mehr als zwei Monaten absolvierte Henri Koide (20) beim FC Wil. In seinem einzigen Einsatz über die vollen 90 Minuten erzielte er auch gleich ein Kopfballtor und half anschliessend der Zürcher U21-Equipe unter anderem mit einem Dreierpack beim 4:3-Sieg bei der U21 des FCB im Kampf um den Klassenerhalt in der Promotion League. Koide bringt genug Qualität mit, um nächste Saison wieder dem Kader der 1. Mannschaft in der Super League anzugehören. Spieler, die sich so für die Mannschaft einsetzen und sich über die Seite gut durchsetzen können, hat der FCZ keineswegs zu viele im Kader.

Verletzungsanfälligen Aliu noch nicht abschreiben…

Fünfeinhalb Jahre nach seinem Engagement beim FC Biel wurde Mirlind Kryeziu (24) zum zweiten Mal in die Challenge League verliehen, und zwar ein halbes Jahr zum SC Kriens. Seine Zukunft könnte durchaus weiterhin in der Challenge League liegen, hat Kryeziu mit den Super League-Stürmern bezüglich Antrittsschnelligkeit doch immer wieder seine Probleme gehabt.

Ebenfalls in Kriens zum Einsatz kam zuletzt Izer Aliu (21). Alius spielerische Qualitäten und Standards sind auch für Super League-Verhältnisse überdurchschnittlich. Aber auch in der abgelaufenen Saison wurde der Adliswiler durch eine Verletzung zurückgeworfen, die ihn praktisch die ganze Vorrunde kostete. Eine Steigerung im Vergleich zur letztjährigen Leihe nach Chiasso war dann in der Rückrunde ersichtlich. Bei Aliu befindet sich der FCZ wohl etwas in der Zwickmühle. Einen eigenen Spieler mit solchen Qualitäten lässt man ungern ziehen. Gleichzeitig steht Aliu unter anderem aufgrund der Krankengeschichte in seiner Entwicklung noch nicht dort, wo er sein sollte. Falls der FCZ in der kommenden Saison stark auf Ballbesitzfussball mit drei oder vier zentralen Mittelfeldspielern setzten sollte, könnte er vielleicht als Ergänzung ins Kader rutschen. Im Normalfall bräuchte er aber nochmal mindestens ein halbes Jahr Leihe in die Challenge League.

Wer ist neben Aliu für eine Challenge League-Leihe 21/22 geeignet?

Verletzungsbedingt noch unglücklicher verlief die Leihe von Willie Britto (24) in die Slowakei nach Pohronie (in der Nähe des früheren FCZ-Europacupspielortes Zlate Moravce gelegen) – aufgrund von Muskelproblemen kam der Ivorer insgesamt nur 45 Minuten zum Einsatz. Wie bei Aliu bietet sich bei ihm wohl ebenfalls ein weiteres halbes Jahr Leihe an. Vielleicht diesmal ebenfalls in die Challenge League? Einen physisch so starken Spieler auf der rechten Seite könnte manch ein Team aus der zweithöchsten Schweizer Liga gut gebrauchen. Allerdings werden viele Challenge League-Klubs einen der raren Kontigentslistenplätze für einen „Non-HTP Ausländer“ nicht mit einem Spieler besetzen wollen, der nur sechs Monate bleibt. Silvan Wallner (19), Nils Reichmuth (19) und Vasilije Janjicic (22) sind die weiteren Kandidaten für eine Ausleihe in die Challenge League – Wallner und Reichmuth für ein Jahr, Janjicic allenfalls erstmal für eine halbe Saison. Alle drei sind gut genug, um einem Challenge League-isten sportlich helfen zu können und benötigen Spielpraxis auf diesem Niveau.

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 1 – Trainer und Spielidee

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 2 – das Abwehrzentrum

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 3 – knifflige Seitenpositionen

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 4 – Grundgerüst im Zentrum steht

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 5 – Sturmbedarf

Wohin geht der Weg von Vasilije Janjicic und den FCZ-Talenten in Entwicklung?

Der Eindruck vor leeren Rängen im Letzigrund war von Trostlosigkeit geprägt. Nach dem 0:2 durch Jean-Pierre Nsamé kurz vor der Pause nach einem Fehlpass des ansonsten mit seiner Antizipation einige gegnerische Torchancen vereitelnden Ilan Sauter schien die Partie gelaufen. Der Rest zog sich zäh wie Gummi. Auf dem Metallzaun an der Herdernstrasse unterstützte ein kleines Grüppchen Fans die Mannschaft unentwegt von ausserhalb des Stadions. Die Transparente in der Südkurve hoben das gefühlte Niveau auch nicht wirklich. Da wird die SFL bezichtigt, sie sei auf „Profit“ fixiert. Eine Organisation zweier bescheidener Schweizer Profiligen, deren Migliedsklubs schon in „normalen Zeiten“ fast immer Verluste schreiben, und die alles versuchen muss, zu verhindern, dass es zu Konkursen kommt und hunderte Menschen in der Schweizer Fussballwelt ihren Job verlieren. Neben einigen Experten und Journalisten scheint auch ein Teil der Fans selbst nach bald fünf Monaten noch nicht in der Corona-Realität angekommen zu sein.

In den folgenden Tagen reift im Videostudium dann aber die Erkenntnis: der FCZ hat nicht ganz so miserabel gespielt, wie sich das live angefühlt hatte – und YB war zwar schlussendlich klar und deutlich, aber trotzdem nicht im Liegestuhl zum Sieg gekommen. Die Berner agierten stattdessen im Letzigrund deutlich besser, als noch bei ihrem 3:2-Heimsieg im Juni im Wankdorf (Link: „Nsamé trifft erstmals per Kopf – FCZ kann gute 1. Halbzeit nicht materialisieren“) und kamen vor allem auch deshalb zu über 30 Abschlüssen. Jean-Pierre Nsamé toppte mit sechs Rückrundentoren gegen den FCZ sogar noch die bereits schon unglaubliche Marke Fabian Freis von fünf Rückrundentreffern (Link: „FCB nutzt Schwachpunkte Schönbächler und Baumann konsequent, Best Player Zumberi mit Zukunft? Basel – FCZ in der Analyse) gegen den Letzigrundclub. Gleichzeitig hatte der FCZ während der ganzen Partie immer wieder den einen oder anderen gelungenen Angriff. Man steckte zumindest fussballerisch nie ganz auf und hatte mit einem Doppelpass von Kramer mit Koide selbst in der letzten Minute der Nachspielzeit noch einen guten Angriff über rechts, bei welchem aber der Slowene seine Flanke vor den Fünfmeterraum wahlweise etwas zu früh oder scharf spielte, so dass diese vom mit einem langen Sprint im Höchsttempo heranpreschenden Britto nicht mehr erreicht werden konnte.

Die Szene war typisch für Blaz Kramer, der in der Regel nur etwa zehn gute Minuten pro Spiel hat und in diesen fehlt ihm zudem aufgrund seiner Torflaute in den entscheidenden Situationen die Ruhe am Ball. Man hätte sich auf Seiten des FCZ zudem beispielsweise einen Toni Domgjoni auf dem Platz gewünscht, der zusätzlich zum spielerischen Ansatz mit Zweikämpfen und verbal für so etwas wie ein Aufbäumen gesorgt hätte. Was fehlte, war ausserdem, dass wie unter der Woche in Basel bis in die Nachspielzeit der Anschlusstreffer und damit Spannung noch in der Luft lag. Die Anzahl Züri Live Top-Offensivaktionen war so klein wie zuletzt nie mehr seit dem Saisonstart gleichenorts gegen den FC Lugano (0:4) und die Anzahl Top-Defensivaktionen am zweithöchsten nach dem 2:0-Heimsieg gegen Servette vor gerade mal zwei Wochen.

Positiv: Michael Kempter und Henri Koide sind zur Zeit beim FCZ das, was man allgemein „eine Bank“ nennt – konstant auf gutem Niveau. Beide sind hungrig, lassen sich auch von einem (klaren) Rückstand kein bisschen runterziehen. Mit elf solchen Spielern auf dem Platz hätte man diese Saison nicht so viele klare Niederlagen kassiert. Das Mittelfeldzentrum war hingegen gegen YB ungenügend. Der ruhige Simon Sohm agierte über die ganze Partie hinweg zu passiv. Der emotionale Hekuran Kryeziu lief deutlich mehr und stopfte Löcher, welche Sohm offen liess. In Abwesenheit der Aggressivleader Domgjoni, Rüegg und Nathan sowie der verletzungsbedingten Abwesenheit Tosins müsste speziell der Schwyzer in die Bresche springen. Kryeziu gerät aber weiterhin zu schnell in ein Fahrwasser, in welchem er sein Engagement nicht richtig zu kanalisieren weiss.

33. Minute: Hekuran Kryeziu will den Ball per Dropkick zu Yanick Brecher zurückspielen, Ilan Sauter verhält sich ungeschickt und lenkt den Ball in den Lauf von Jean-Pierre Nsamé. Kryeziu steht auf gleicher Höhe mit dem späteren Torschützen Miralem Sulejmani, dreht aber im Anschluss an diese Szene ab, schaut in Richtung des gegnerischen Tores und hadert, anstatt mitzuhelfen, seinen Fehler auszubügeln.

Eine typische Szene vor dem wegweisenden 0:1: zuerst kann „Heki“ gegen zwei attackierende Berner einen guten spielöffnenden Pass auf Simon Sohm spielen, dann erhohlt sich Kryeziu ein wenig. Der Ball kommt aber nach einer weiten Kopfballabwehr Camaras relativ rasch in die Nähe Kryezius an die Mittellinie zurück. Dieser reagiert deutlich schneller als Miralem Sulejmani und holt sich den Ball. Der Berner Offensivmann ist wenige Sekunden später aber trotzdem der lachende Torschütze, weil Kryeziu viel zu optimistisch den Ball per Dropkick zurück zu Yanick Brecher spielen will. Der Ball wird vom Rücken des sich ebenfalls nicht ideal verhaltenden Ilan Sauter so abgelenkt, dass Jean-Pierre Nsamé mit Ball Richtung Tor laufen kann. Entscheidend bei der ganzen Sache: Kryeziu ist im Moment des Fehlers auf gleicher Höhe mit Sulejmani und bestimmt nicht langsamer, als der 31-jährige Serbe. Anstatt aber sofort zurückzueilen, dreht sich der FCZ-Mittelfeldspieler hadernd ab. In einer anderen Szene reklamiert er heftig ein Handspiel von Nsamé im Zürcher Strafraum, anstatt sich auf den Ball zu fokussieren, der ihm direkt vor die Füsse fiel und einen schnellen Gegenstoss ermöglichte. Ein Freistoss im eigenen Strafraum hätte dem FCZ in dieser Situation rein gar nichts gebracht. Von zwei anderen „K’s“ im Team, Kempter und Koide, könnte Kryeziu noch einiges lernen.

Schönbächler zeigte sich im Vergleich zum insgesamt schlechten Auftritt in Basel verbessert und hatte deutlich mehr gute Defensivszenen, liess Kempter aber trotzdem noch zu häufig alleine gegen eine Berner Überzahl. Winter war sehr engagiert und es gelang ihm auch einiges, speziell in der gegnerischen Hälfte – in der eigenen Platzhälfte war er aber trotzdem immer wieder mal im Spiel ohne Ball etwas zu spät auf seinem Posten. Angefangen im Rechten Mittelfeld, spielte Winter nach der Pause und der Hereinnahme von Umaru Bangura als Rechter Aussenläufer im zuletzt immer häufiger gespielten und dem FCZ aktuell wohl am besten liegenden 3-4-1-2. Der zuletzt aussen vor gelassene Umaru Bangura erhielt nach der Pause wieder einmal 45 Minuten Einsatzzeit und machte seine Sache gut (Züri Live-Note „7“). Es war erst sein dritter Rückrundeneinsatz nach dem 1:1 in Sion (Note „10“, MVP, Link: „Umaru Bangura ist wieder da!“) und dem 0:4 gegen Basel (Note „8“, Link: „7% + 5% = 0:2! FCZ – FCB 0:4 in der ausführlichen Analyse.“).

58. Minute: Jean-Pierre Nsamé bringt Umaru Bangura im Zürcher Strafraum durch Beinstellen so zu Fall, dass dieser vornüberfällt, einen Salto schlägt und dann am Boden sitzend wiederum Nsamé zu Fall bringt.

Getrübt wurde das Spiel des Sierra Leone Nati-Captains von seinem Penaltyfoul gegen Jean-Pierre Nsamé, welchem ein glasklares Stürmerfoul seines Gegenspielers vorangegangen war. Die unglaubliche Serie der durch Stürmerfouls irregulären Treffer von YB gegen den FCZ setzt sich also fort. Auch wenn das 0:4 diesmal natürlich gar keinen Einfluss mehr auf die Punktevergabe hatte. Schon beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Teams Anfang Saison war Bangura in der Rückwärtsbewegung vor Nsamé am Ball gewesen. Dieser hatte seinen Gegenspieler daraufhin mit einem Stoss in den Rücken auf den Boden gestossen, den deshalb frei liegenden Ball geerbt und das 2:0 in der 59. Minute erzielt: Link „Schlechter FCZ-Start in die Partie – erneut irreguläre YB-Treffer“. Diesmal kam der Franzose zu einem Penaltytreffer, weil er dem FCZ-Verteidiger wie in einem Ringkampf das Bein stellte. Der mit einem Salto auf den Boden fallende Bangura erinnerte sich wohl unterbewusst an die Szene von Anfang Saison und wollte Nsamé diesmal nicht ziehen lassen, stellte ihm reflexartig das Bein.

48. Minute: Benjamin Kololli springt hoch, obwohl er den Eckball von Miralem Sulejmani nicht erreichen kann. Blaz Kramer hinter ihm zögert dadurch, Jean-Pierre Nsamé köpft völlig freistehend zum 0:3 ein. Drei Mal der gleiche Fehler im selben Spiel.

Ebenfalls eine negatives Déjà Vu in doppelter Hinsicht erlebte man als FCZ-Beobachter bei drei gegnerischen Eckbällen, wovon einer zum 0:3 durch Jean-Pierre Nsamé führte. Dieser hatte beim Restart im Wankdorf gegen den FCZ beim siegbringenden 3:2 seinen ersten Kopfballtreffer der Saison erzielt und traf nun erneut mit dem Schädel. Die Szenen erinnerten vor allem aber auch an die 3. Runde der Saison, als der FCZ wegen zu hektischem Gebaren in Überzahl 1:2 verlor. Das Game Winning Goal erzielte Pajtim Kasami, weil Benjamin Kololli bei einem Eckball von Anto Grgic als vorderster Mann hektisch und alibimässig zum Ball hochsprang, obwohl er diesen gar nicht erreichen konnte. Der hinter ihm postierte Kramer, welcher zuvor in dieser Partie am nahen Pfosten jeden Cornerball weggeköpfelt hatte, wurde dadurch irritiert und so konnte Kasami erben. Das 0:3 gegen YB war identisch – wieder Kololli, der als vorderer Mann beim Eckball von Sulejmani zu einem Ball hochspringt, den er gar nicht erreichen kann – wieder wird der hinter ihm für den Raum rund um Jean-Pierre Nsamé verantwortliche Blaz Kramer dadurch irritiert und der Berner Stürmer kann völlig frei einköpfen. Der Kreis in dieser Saison schliesst sich – im negativen Sinne.

Im Züri Live Videopodcast der 3. Runde 2019/20: der Ausschnitt zu den Gründen der Niederlage in Sion mit dem Game Winning Goal Kasamis mit dem identischen Fehler von Benjamin Kololli wie jetzt wieder gegen YB im Zentrum der Diskussion.

Zuvor war bereits in der 30. Minute dasselbe Problem aufgetreten. Da war es Simon Sohm gewesen, der bei einem gegnerischen Eckball alibimässig hochsprang und damit den hinter ihm stehenden Hekuran Kryeziu irritierte. Das hätte man allenfalls in der Pause ansprechen und somit wohl den Gegentreffer zum 0:3 kurz nach der Pause verhindern können. Der dritte Fall war ein Eckball in der 75. Minute, als wiederum Benjamin Kololli alibimässig hochsprang und erneut Kramer hinter ihm dadurch nicht eingriff – Marvin Spielmann kam völlig frei zum Kopfball, brachte diesen aber nicht im Tor unter. Drei Mal der gleiche Fehler im selben Spiel, nachdem man dieses Problem seit Anfang Saison eigentlich abgestellt hatte! Man war irgendwie halt doch nicht so fokussiert, wie sonst. Stephan Seiler kam gegen YB zu seinem Startelfdébut und dieses ging fast komplett schief. Neben vereinzelten Situationen, wo seine Qualität in der Balleroberung aufblitzte, wies der 19-jährige eine enorm hohe Fehlerquote auf und hatte null Zugriff auf Meschack Elia. Auch unter Berücksichtigung des guten Formstandes des Kongolesen war das klar zu wenig. Und es ist nicht so, dass die Rechtsverteidigerposition für Seiler völlig ungewohnt war. Gerade in Testpartien mit der Ersten Mannschaft hatte Seiler diese Rolle schon häufig bekleidet.

FC Zürich – Young Boys 0:5 (0:2)
Tore: 33. Sulejmani (Nsamé) 0:1, 42. Nsamé (Elia) 0:2; 48. Nsamé (Sulejmani) 0:3, 59. Nsamé (Penalty, Nsamé) 0:4, 73. Spielmann (Moumi) 0:5.
FCZ – Brecher; Seiler (46. Bangura), Omeragic, Sauter, Kempter (75. Britto); Winter, H. Kryeziu, Sohm, Schönbächler (46. Koide); Marchesano (18. Kramer), Kololli (85. N. Reichmuth).
YB – Von Ballmoos; Janko, Camara (67. Bürgy), Zesiger, Lefort (59. Lotomba); Sulejmani (59. Gaudino), Aebischer, Sierro, Fassnacht (59. Moumi); Nsamé, Elia (67. Spielmann).

(Standbilder: Teleclub)

Mit einem Mythos wollen wir gleich zu Beginn der Analyse aufräumen: am Durchschnittsalter der Mannschaft lag es nicht, dass der FCZ gegen den FCB zum dritten Mal diese Saison mit 0:4 verloren hat. Die Startelf war im Schnitt immerhin 24,4 Jahre alt und damit nur ein Jahr jünger als der Gegner. Mehr als das: der FC Zürich hat diese Saison schon fünf Mal eine jüngere Startformation aufs Feld geschickt – und alle diese Partien gewonnen (3:2 vs. Basel, 4:2 vs. Sion, 3:0 vs. Luzern, 1:0 bei Xamax, 1:0 vs. Lugano)! Bei all diesen siegreichen Partien standen Becir Omeragic (17), Kevin Rüegg (21), Aiyegun Tosin (22) und im Zentrum jeweils zwei aus dem Trio Simon Sohm (19), Toni Domgjoni (21) und Vasilije Janjicic (21) von Beginn weg auf dem Platz. Eine auch in zentralen Positionen junge Mannschaft scheint daher im Gegenteil fast schon ein Erfolgsrezept zu sein – nicht nur in St. Gallen, sondern auch in Zürich, selbst „ennet den Gleisen“. Seit GC in der Challenge League mit vielen jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs antritt, sind die Resultate deutlich besser geworden.

Vier Teenager in der Startaufstellung wie mit Silvan Wallner (18), Ilan Sauter (19), Nils Reichmuth (18) und Soheil Arghandewall (18) ist ebenfalls nicht einzigartig – und ein Débutalter von 18 Jahren nicht wirklich jung. Richtig talentierte Jungs wie Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Izer Aliu, Becir Omeragic, Blerim Dzemaili, Almen Abdi. Admir Mehmedi, Josip Drmic, Ricardo Rodriguez, Daniel Gygax, Marco Schönbächler, Dimitri Oberlin oder Köbi Kuhn hatten mit 17 oder teilweise 16 Jahren ihren ersten FCZ-Pflichtspieleinsatz. Kommt ein Spieler erst mit 18 Jahren erstmals in der Super League zum Zuge, kann man in aller Regel davon ausgehen, dass es sich nicht um ein Top-Talent handelt. Ein gewisses Super League-Potential bringen sowohl Wallner wie auch Reichmuth und Arghandewall immerhin mit. Für sie werden mit 18 aber nicht die nächsten Jahre, sondern schon die nächsten Monate weichenstellend für die Zukunft sein. Durchaus möglich, dass der unverhoffte Einsatz im St. Jakob Park dem Einen oder Anderen kurzfristig nochmal einen wichtigen Motivationsschub gibt. Dies nachdem beispielsweise der vielversprechende Allrounder Arghandewall in den letzten drei Jahren in seiner Entwicklung eher stagniert hat.

Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren.

Kommentar zu Marco Schönbächler

Den Umständen entsprechend (direkt aus den Ferien auf einen Super League-Platz) „metzgete“ sich der Teil der Zürcher Reservemannschaft, der für die Partie aufgeboten werden konnte, gut. Am Einsatz und Willen fehlte es nicht. Die Mannschaft mit insgesamt neun Super League-Débutanten gewann gar die Mehrheit der Zweikämpfe. Einzelne Schwachpunkte verhinderten aber, dass es gegen einen aktuell mit schwankenden Leistungen aufwartenden Gegner zu einer spannungsgeladenen Begegnung mit offenem Ausgang reichte. An erster Stelle muss hier mit Marco Schönbächler ein Routinier genannt werden. Vor Wochenfrist in Neuenburg krank gemeldet, spielte der in Basel als Captain auflaufende Urdorfer so, als sei er direkt vom Krankenbett an den Rhein gefahren: „katastrophal“ triffts am besten. Fast alle guten Torchancen des FC Basel der 1. Halbzeit entstanden in erster Linie aufgrund schlechter Defensivarbeit Schönbächlers, darunter auch die beiden Gegentore – und liess dabei jeweils den im Verlaufe der Partie sich steigernden Pa Modou im Stich. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Gegenspieler Silvan Widmer diese Saison zu den besten Akteuren der Liga gehört, zu viel. Basel schien wie schon in der Vergangenheit ihr Spiel an den Zürcher Schwachpunkten auszurichten. Als Schönbächler mit Nils Reichmuth die Seiten getauscht hatte, wechselten die Rotblauen den Fokus ihres Aufbauspiels ebenfalls stärker auf die andere Seite, um weiterhin von Schönbächlers Defensivschwäche maximal profitieren zu können. Nils Reichmuth hatte dort in der 1. Halbzeit gegen Alderete besser verteidigt gehabt, als später Schönbächler, der von Trainer Jurendic schlussendlich dann in den Sturm beordert wurde. Gegen Widmer bekam Reichmuth dann aber auch seine Probleme. Daher war für den FCZ die Viertelstunde nach der Pause am schlimmsten – trotz Systemumstellung vom 4-2-3-1 auf ein 4-1-4-1. Dass man in dieser Zeit um den dritten Gegentreffer herumkam, war zu grossen Teilen dem Basler Unvermögen im Abschluss geschuldet.

Ab der 62. Minute änderte sich dies mit der Einwechslung des Duos Diego Corvalan / Lenny Janko komplett. Plötzlich hatte der FCZ auf den beiden Flügelpositionen konsequent verteidigende und die Seiten zumachende Akteure auf dem Platz. Etwas, was man jahrelang vermisst hatte. Es war eine reine Wohltat! Kein Dauerstress mehr aufgrund des offenen Einfallstors. Nun kam der FC Zürich wieder besser in die Partie und auch selbst zu Torchancen. Mehrmals war man am 1:2-Anschlusstreffer nahe dran. Silvan Widmer kam auf der Seite nicht mehr durch. Basel musste daraufhin über die Seiten mehr Risiken eingehen, und spielte Bälle ins Seitenaus oder zu steil – oder man bremste den Angriff ab und versuchte es durch die Mitte mit erfolglosen Abschlüssen aus der Distanz. Dies änderte sich erst wieder teilweise, als in der 77. Minute Basil Erne reinkam und Janko in den Sturm wechselte. Der fleissige Erne agierte zwar defensiv nicht so schlecht wie Schönbächler, war aber weit von Jankos Präsenz entfernt. Zusammengefasst ist die Erkenntnis nicht neu, dass der FCZ in Zukunft gegen Teams wie den FCB nur eine Chance auf Punkte haben wird, wenn der langjährige (defensive) FCZ-Schwachpunkt auf dem Flügel gelöst werden kann. Ansonsten werden offensiv starke gegnerische Aussenspieler wie Widmer, Stevanovic, Kasami, Ngamaleu, Sulejmani, die beiden Hefti-Brüder, Lavanchy und Co. weiterhin Spiele für die Gegner (hoch) gewinnen.

83. Minute: Im Eins-gegen-Eins sollte sich ein Torhüter breit machen und möglichst viel Fläche abdecken – Baumann dreht sich aber im Duell mit Van Wolfswinkel ab und macht sich klein.

In den Lobeshymnen auf Torhüter Novem Baumann von Seiten mehrerer Journalisten während und nach der Partie schwang viel Ignoranz gegenüber dem Rest der Zürcher Mannschaft mit – ähnlich wie im Eishockey, wo die mehrheitlich einheimischen Juroren bei der gegnerischen Mannschaft meist den Torhüter zum „Best Player“ wählen. Dabei hatte der 24-jährige Zürcher Keeper am Ende der Partie nach Expected Goals-Statistik keine höhere Niederlage verhindert. Aufgrund der Torchancen konnten vier Basler Tore erwartet werden und es wurden auch vier erzielt. Und bei drei der vier Gegentore hätte er deutlich mehr Gegenwehr leisten – und damit eines oder zwei davon verhindern können. Baumann offenbarte in Basel, was schon lange von ihm bekannt ist: fussballerisch auch für die Challenge League deutlich ungenügend, mit enormen Problemen im Eins-gegen-Eins und in der Strafraumbeherrschung. Fabian Frei (fünf Tore gegen den FCZ in der Rückrunde!) nutzte zwei Mal den Fakt aus, dass Baumann die Breite des Tores bei weitem nicht abzudecken vermag. Einmal hatte Baumann am Pfosten „festklebend“ Glück, dass er von Tician Tushi ungeachtet eines mehr als halbleeren Tores aus kurzer Distanz angeschossen wurde – genauso wie später auch von Widmer.

90.+2 3:0 FC Basel – wieder dreht sich Baumann beim Abschluss von Van Wolfswinkel ab und schützt sich selbst, anstatt das Zürcher Tor.

Nur bei einem Abschluss des omnipräsenten Basler Aussenverteidigers antizipierte Baumann gut die richtige Ecke. Ansonsten profitierte er vor allem von unplatzierten Basler Abschlüssen. Die Journalisten liessen sich von ein paar wenigen spektakulär aussehenden Reflexen, die man im gleichen Stil in Cup-Matches mit Beteiligung FCB auch von manchem gegnerischen Amateurgoalie zu sehen bekommt, etwas gar einfach die Sinne vernebeln. Vor drei Jahren hatte Baumann bei einer 0:2-Niederlage gegen den FC Wil das bisher einzige Mal einen Wettbewerbseinsatz für die 1. Mannschaft des FCZ bestritten. Beim FC Rapperswil-Jona konnte er sich unter Ex FCZ-Trainer Urs Meier nicht für die Challenge League empfehlen. Und in der Promotion League gehört Baumann nicht nur optisch, sondern auch auch statistisch zu den schlechtesten Torhütern der Liga. Die Schwächen, die Baumann zeigt, sind nicht untypisch für beim FCZ ausgebildete Torhüter im Allgemeinen. Selbst Yanick Brecher brauchte im Profialter sehr lange, um sich diese zumindest teilweise wieder abzugewöhnen. Aktuell ist der FC Basel U21-Torwart Niklas Steffen in der Promotion League-Mannschaft des FCZ im Test. Dazu kommt der schon im Winter aus Italien geholte Tessiner Thomas Candeloro. Die aufgrund der ungenügenden eigenen Torwartentwicklung und zum Teil auch -auswahl entstehenden Löcher mussten in den letzten Jahren durch von extern verpflichtete Keeper wie Hadzikic, Milosavljevic, Fillion, Vanins oder Favre immer wieder gestopft werden.

Best Player für den FCZ in Basel war Lavdim Zumberi. Dieser bildete zusammen mit Antonio Marchesano das Zentrale Mittelfeld und agierte als umsichtiger Ballverteiler und konsequenter Abräumer. In der 1. Halbzeit vor allem defensiv ausgelastet, vermochte er im Verlauf der Partie auch immer mehr offensive Akzente setzen. Schon seit einiger Zeit versucht man beim FCZ den schussstarken 20-jährigen vom 10-er zum 6-er umzufunktionieren, weil seine Stärke im Bereich der langen Bälle liegt und weniger im Antritt, der Beweglichkeit und Kurzpassspiel, das weiter vorne gefragt ist. Die Partie in Basel war in dieser Rolle wohl seine bisher beste Performance. Allerdings ist da die Konkurrenzsituation beim FC Zürich auch am stärksten. Simon Sohm ist mit Becir Omeragic das grösste Talent im aktuellen FCZ-Kader und im Normalfall gesetzt. Dazu kommen die beiden Leadertypen Toni Domgjoni und Hekuran Kryeziu. Diese drei haben für die je nach Spielsystem 1-2 verfügbaren Sechserpositionen die Nase klar vorne. Dann folgt Vasilije Janjicic, welcher vom Spielertyp her Zumberi am ähnlichsten ist und somit der direkte Konkurrent. Balleroberer Stephan Seiler, der auf verschiedenen Positionen eingesetzt werden kann, kommt ebenfalls noch dazu. Kevin Rüegg ist eine zusätzliche Option. Nils Reichmuth hingegen mit seinen auch in Basel gezeigten Schnittstellenpässen und dem räumlichen Vorstellungsvermögen ist eher ein Pendant zu Antonio Marchesano weiter vorne. Würde der gebürtige Ostschweizer Zumberi zum Beispiel zum FC St. Gallen wechseln, hätte er mit seinem Direktspiel und langen Bällen gute Chancen, sich zu etablieren. Er würde zum Spielstil der Grünweissen passen, wo Trainer Peter Zeidler mit Betim Fazliji bereits einen ähnlichen und keineswegs talentierteren jungen Spieler Super League-tauglich gekriegt hat.

Die Viererabwehrkette um José Gonçalves schien besser koordiniert zu sein, als zuletzt in anderer Besetzung, als man des öfteren nicht auf einer Linie stand. Ilan Sauter hat eine gute Antizipation und Spieleröffnung, kriegt aber auf kleinem Raum auf Super League-Niveau Probleme mit Antritt und Beweglichkeit, wie beispielsweise vor dem 0:3 Ricky Van Wolfswinkels gut ersichtlich. Silvan Wallner hingegen bringt in allen wichtigen Bereichen die notwendigen Basisqualitäten mit. Verglichen aber beispielsweise mit Basels Innenverteidiger Elis Isufi fehlen ihm etwas die überdurchschnittlichen Qualitäten für eine bestimmte Position. Lenny Janko und Diego Corvalan brachten wichtige Impulse und schlossen als Flügel die Seiten, wobei Corvalan wie in der Academy mit seinem etwas chaotischen Spielstil auch eine Reihe Fehler unterliefen. Potential ist aber vorhanden. Vielleicht dürfen die zwei gegen YB noch einmal ran? Lavdrim Rexhepi hat seit der Unterzeichnung seines längerfristigen Vertrages von allem Anfang an die Erwartungen nicht erfüllen können. Auch bei einer Leihe zu Rapperswil-Jona in die Challenge League konnte er sich nicht durchsetzen. Auch sein vierter Super League-Einsatz in den letzten zwei Jahren gibt wenig Hoffnung und stellt die knifflige Frage, wie die zwei kommenden Vertragsjahre bestritten werden sollen. Begnadeter Linksfuss, Aussenristpässe, ein Abschluss aus der Distanz: all das gabs im Joggeli wie immer von Rexhepi zu sehen – aber auch ungenügende taktische Disziplin und Laufleistung. Bei Eckbällen, welche die U21 im Gegensatz zur 1. Mannschaft in Manndeckung spielte, war Rexhepi (gegen Van der Werff) zudem der Einzige, welcher seinen Gegenspieler nicht ganz in den Griff bekam, obwohl er sich Mühe gab. Für Becirs Bruder Nedim Omeragic war der Kurzauftritt in Basel nach zwei Toren in fünf Challenge League-Partien mit Servette ebenfalls das erste Super League-Spiel. Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein – zumal auf dieser Position Bedarf herrscht. Dem ebenfalls kurz vor Schluss eingewechselten Enit Sadiku ist hingegen eher der Schritt in die Challenge League zuzutrauen.

Er könnte als Angriffs-Joker mit seinen Laufwegen und seinem Torhunger durchaus eine gute Alternative für die restlichen Partien der Saison sein.

Kommentar zu Nedim Omeragic

Basel – FC Zürich 4:0 (2:0)
Tore: 14. Frei (Campo) 1:0, 37. Stocker (Tushi) 2:0; 90.+2 Van Wolfswinkel (Ademi) 3:0, 90.+4 Frei (Alderete) 4:0.
Basel – Omlin; Widmer, Cömert (46. Isufi), Van der Werff, Alderete; Xhaka (46. Marchand), Frei; Tushi (75. Oberlin), Campo, Stocker (64. Van Wolfswinkel); Cabral (46. Ademi).
FCZ – Baumann; Wallner, Sauter, Gonçalves (86. Sadiku), Pa Modou; Zumberi, Marchesano; N. Reichmuth (62. Corvalan), Rexhepi (77. Erne), Schönbächler (86. N. Omeragic); Arghandewall (62. Janko).

(Standbilder: Teleclub)

Wie schon in früheren Begegnungen gegen den gleichen Gegner bekundete der FCZ in der 1. Cuprunde bei Black Stars (2:1) Mühe und kam in erster Linie dank den Standards von Denis Popovic (direkt verwandelter Eckball, Nathan köpft Freistoss ins Netz) weiter. Dies obwohl das Letzigrund-Team in den ersten 20 Minuten stark beginnt. Dann nehmen Popovic und Omeragic die Sache einen Moment lang zu locker, Black Stars nutzt die Möglichkeit sofort hoch zu attackieren, Andris Vanins kommt unter Druck und Gomes profitiert zum 1:1-Ausgleich. Von diesem Moment an kehrt die Partie, die Basler glauben an ihre Chance und für den FCZ wird der Schweizer Cup schon früh zum Überlebenskampf.

So wichtig seine Standards sind, aus dem Spiel heraus gelingt Mittelfeldspieler Denis Popovic wenig. Toni Domgjoni hingegen beginnt schlecht. Trainer Ludovic Magnin wird gegenüber seinem ehemaligen U18-Captain früh laut. Dieser reagiert auf den Weckruf vorbildlich, und zeigt in der Folge eine sehr konstante Leistung auf gutem Niveau.

Die personelle Situation beim FCZ ist vor dem Duell in Bern gegen die Young Boys so angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Auf die Ersatzbank nachnominiert werden fast ausschliesslich junge Spieler, die noch nie in einem Wettbewerbsspiel für die 1. Mannschaft aufgelaufen sind. Mit Matteo Di Giusto und Ilan Sauter kommen zwei Spieler, die erst gerade im Begriff sind, sich mit der Reserve an das Niveau der Promotion League heranzutasten, früher als geplant nach der Halbzeitpause zu ihrem Début. Diese Situation in Verbindung mit früheren Erfahrungen im Wankdorf haben das Zürcher Trainerteam zu einer aussergewöhnlichen taktischen Aufstellung animiert: 5-2-1-2. Normalerweise hat jedes Team zwei hauptsächliche Defensivlinien – den Mittelfeldriegel und den Abwehrriegel. Der FCZ verzichtet hingegen in Bern in der ersten halben Stunde auf einen Mittelfeldriegel und verteidigt nur mit insgesamt sieben Mann. Marchesano, Kramer und Ceesay machen kaum den Versuch, die Berner Angriffe zu stoppen, sondern bewegen sich von Anfang an in den Rücken des Berner Ballführenden in den Bereich der Mittellinie und warten dort auf Konterchancen.

Die Idee ist einleuchtend. Man geht davon aus, dass in Bern nur eine Chance auf Punkte besteht, wenn man 1:0 in Führung geht und nimmt daher von Beginn weg Risiko. Diese 1:0-Führung soll zudem wenn möglich in der 1. Halbzeit fallen, wenn noch kein „Rookie“ auf dem Platz steht. Die höchsten Erfolgschancen auf den Führungstreffer erhofft man sich von Konterattacken. Darum zieht man sich zurück, lässt YB kommen und betraut drei Spieler mit der ausschliesslichen Aufgabe, das 1:0 per Konter so früh wie möglich zu erzielen. Es entwickelt sich das vom FCZ erwartete Spiel. Man überlässt YB den Ball. Die Berner können mit Ball am Fuss kreuz und quer in der Gegend herumspazieren und bis vor den Zürcher Strafraum vordringen. Da der dortige verstärkte 5 Mann-Abwehrriegel des FCZ aber hält, kommen die Berner trotz klarer Ballbesitzhoheit zu kaum einer Torchance. Stürmer Jean-Pierre Nsamé ist so abgeschnitten vom Berner Spiel, dass er sich in seinem Bedürfnis, auch mal den Ball in die eigenen Füsse zu erhalten, mehrmals ins Mittelfeld zurückfallen lässt, was der Franzose sonst nicht tut.

Die beste Torchance der ersten halben Stunde hat nicht YB, sondern die Gäste aus Zürich mit einem durch Von Ballmoos gut parierten Hammerschuss von Toni Domgjoni in der 25. Minute. Die meisten Dinge laufen für den FCZ also nach Plan, aber etwas Entscheidendes spielt sich nicht wie gewünscht ab: die drei Stürmer machen zu wenig aus ihren Freiheiten und suchen bei den Konterangriffen nicht schnell und direkt genug die Tiefe. Dies trifft vor allem auf Antonio Marchesano und Assan Ceesay zu. Blaz Kramer wiederum ist in den ersten halben Stunde abgesehen von einer knapp verpassten Kopfballchance nach Flanke des stärksten Zürchers Kharabadze (zur Pause verletzungsbedingt ausgewechselt) praktisch unsichtbar. In mehreren Aktionen kann zudem auf Berner Seite speziell Nicolas Bürgy mit ungeahndeten klaren Foulspielen, zum Teil direkt vor der Nase von Schiedsrichter Stephan Klossner, vielversprechende Zürcher Angriffe stoppen. Auf der anderen Seite pfeift Klossner dann in der 28. Minute ein viel weniger gravierendes Zupfen von Ceesay als Foulspiel ab, und dies erst nachdem in der Folge davon YB den Ball verloren hatte. Der daraus resultierende Freistoss Gianluca Gaudinos ist die erste gute YB-Chance und diese verwertet Christian Fassnacht auch gleich per Kopf zum 1:0.

Mit der Berner Führung kann der FCZ nicht mehr in gleicher Weise auf seine Kontertaktik bauen und angesichts der drei Stürmer, die ihren Job offensichtlich nicht wie gewünscht zu erledigen im Stande sind, macht diese sowieso nicht mehr viel Sinn. Eine Minute später stellt Ludovic Magnin daher auf ein 4-1-4-1 um, mit dem als Rechter Innenverteidiger startenden Simon Sohm als Sechser und Blaz Kramer auf dem Rechten sowie Antonio Marchesano auf dem Linken Flügel. Kramer benötigt eine Minute, um die Umstellung mitzubekommen und muss von Nathan nochmal speziell darauf hingewiesen werden. Die Ballbesitzverhältnisse gleichen sich daraufhin sofort aus und dies bleibt für das ganze zweite Drittel der Partie so. Der zur Pause eingewechselte Débutant Matteo Di Giusto macht seine Sache auf dem Rechten Flügel gut, währenddem hingegen Ilan Sauter als Linksverteidiger (eine Position, die er auch in der U21 ab und zu spielt) mit der Qualität seiner Gegenspieler etliche Mühe bekundet. Eine Reihe von gravierenden Fehlentscheiden von Ref Klossner zusammen mit der Doppeleinwechslung von Moumi und Aebischer in der 66. Minute sorgen dann nach rund einer Stunde für die Entscheidung. Die letzten 20 Minuten sind aus Zürcher Sicht nur noch eine Qual. YB, das im Hinblick auf das kapitale Champions League-Qualifikationsspiel in Belgrad gegen den FCZ eine Dreierabwehr und Neuverpflichtung Frederik Sörensen vom 1. FC Köln getestet hat, muss in dieser Phase des Spiels keine Kräfte mehr verpuffen.

Die Personalnot verschärft sich in der darauffolgenden Nationalmannschaftspause durch die verschiedentlichen Aufgebote in die Landesauswahlen noch zusätzlich. Beim Testspiel in Schaffhausen (1:1) tritt der FCZ daher mit einer verstärkten U21 an. Nur noch Schönbächler, Marchesano, Kololli und Kramer sind aus dem engeren Kreis der 1. Mannschaft dabei. Und nachdem Kenith Catari angeschlagen vom Feld muss, kommt Ersatztorhüter Novem Baumann für die letzten zehn Minuten als Rechter Flügelspieler auf den Platz und erspielt sich dabei sogar zwei Torchancen. Beim 40 Jahr-Jubiläum von Üetlibergnachbar Wettswil-Bonstetten (1:1) drei Tage später müssen gar die vier U18-Spieler Andi Hoti, Diego Corvalan, Silvan Wallner und Kedus Haile-Selassie gleich nach ihrem 5:0-Meisterschaftssieg gegen Thun im Heerenschürli auf die andere Seite der Stadt verfrachtet werden, um die 1. Mannschaft etwas mehr als eine Stunde später im Test genauso zu unterstützen, wie die überzähligen Marvin Graf, Doriano Tanzillo, Arlind Dakaj, Osman Hadzikic und Yann Kasai aus der parallel spielenden U21. Goalietrainer Davide Taini wurde diesmal als Ersatzkeeper geführt. Mit diesen zehn Notverstärkungen ergänzend zu Nathan, Marchesano, Schönbächler und Kololli (Kramer hatte sich in der Zwischenzeit auch noch verletzt) kamen so insgesamt 14 Akteure zusammen, die mithalfen, das Jubiläum des Erstligisten in einem auf 2×35 Minuten verkürzten Auftritt vor zahlreichen Zuschauern nicht ins Wasser fallen zu lassen.

Eine Woche später in Wil sind zum Cup-Achtelfinal die (Junioren-)Nationalspieler wieder zurück und Pa Modou gibt auf der Linksverteidigerposition aufgrund des verletzungsbedingten Ausfalles von Levan Kharabadze wohl etwas früher als geplant sein Comeback – und erzielt das entscheidende 2:1 per Kopf, nachdem Kololli einen weiteren stark getretenen Popovic-Eckball am entfernten Pfosten vor den Fünfmeterraum lenkt. Der in der Zwischenzeit zusätzlich verpflichtete Aiyegun Tosin ist hingegen noch nicht dabei. Der FC Wil agiert lange Zeit mindestens ebenbürtig. Schönbächler trifft in der 36. Minute wie aus dem Nichts zum 1:1. Die Führung der Äbtestädter erzielt nach einer Viertelstunde der ehemalige GC-Junior Valon Fazliu vor dem FCZ-Anhang. Entscheidend in der Vorbereitung des Führungstreffers ist der junge FCZ-Leihspieler Bledian Krasniqi, der sich auf der linken Seite mit Mut, Entschlossenheit und viel Ballgefühl gegen Popovic und Bangura durchsetzt. Ausgangspunkt des Wiler Konters ist einer von mehreren unnötigen Ballverlusten Benjamin Kolollis.

Denis Popovic zeigt insgesamt im Vergleich zu den letzten Partien gegen allerdings in vielerlei Bereichen auch noch relativ unerfahrene Ostschweizer eine Steigerung. Allerdings erreicht trotz des Sieges kein Spieler eine höhere Note als „6“ auf einer Skala von 1-10.

 

Hier gehts zu Teil 1:Bitte keine Überzahl!“

Hier gehts zu Teil 3: „Simon Sohm erobert Stammplatz“

Der FC Zürich gewinnt seine beiden Testspiele gegen den Halleschen FC (3. Liga in der Spitzengruppe) mit 4:3 und 2:1. Die beiden heutigen Kontrahenten haben sich erstmals zu einem Test getroffen, hatten aber schon letzte Saison miteinander zu tun, als Kilian Pagliuca vom FCZ nach Sachsen-Anhalt ausgeliehen wurde. Mittlerweile ist der Genfer Stürmer Stammspieler beim stark abstiegsgefährdeten Ligakonkurrenten Carl Zeiss Jena.

Die erste der beiden Partien (4:3) gewinnt der FCZ eher glücklich. Halle hatte in einer eher niveauarmen Partie ein klares Chancenplus zu verzeichnen – beide Teams verteidigten nachlässig. Der FCZ ist nur zu Beginn der Partie und in den Schlussminuten die bessere Mannschaft. Benjamin Kololli gelingen drei Abstaubertreffer im Strafraum und profitiert dabei auch von Fehlern gegnerischer Verteidiger oder des Ersatzkeepers Müller. Dies ändert nichts daran, dass diese Partie einmal mehr gezeigt hat, dass Kololli eine echte Alternative auf der Mittelstürmerposition wäre. Erstens gibt es im Kader kaum einen Spieler, der im Strafraum so abschlussstark ist. Zweitens liegt dem Waadtländer die Rolle des Ballhaltens in zentraler Position besser, als die fleissige offensive und defensive Beackerung der Seite.

In der Testspielstatistik hat er mit jetzt insgesamt sechs Treffern zu Assan Ceesay aufgeschlossen, welcher erst in der Schlussphase der zweiten Partie zu ein paar Einsatzminuten kam. Ganz gefehlt hat in den beiden Partien Pa Modou Jagne (nicht im Aufgebot). In Abwesenheit des immer noch rekonvaleszenten Levan Kharabadze verteidigt auf dessen Seite zuerst Willie Britto, dann wird der vorgestern 25 Jahre alt gewordene Reservespieler Michael Kempter in der Pause des ersten Spieles eingewechselt. Kempter vermochte sich aber nicht nachhaltig zu empfehlen. Im zweiten Spiel agierten auf der Linksverteidigerposition erst Stephan Seiler und später Ilan Sauter.

Der FCZ hat in beiden Partien mit den Angriffen Halles über beide Seiten Mühe. Dies ist schon seit einiger Zeit die wohl grösste Schwachstelle des FC Zürich und die insgesamt schwächer einzustufenden Sachsen-Anhalter zeigten dies mit ihrem Spielstil brutal auf. Gefordert, sich defensiv zu verbessern, sind beim FCZ nicht nur die Aussenverteidiger, sondern vor allem auch die Flügelspieler. In der Zweiten Partie hinterliess der FCZ einen besseren Eindruck und gewann verdient, obwohl beim Gegner da eher die etwas stärkere Elf angetreten war. Das Zentrum mit Janjicic (wie Winter mit seinem ersten Testspiel der Saison) und Hekuran Kryeziu vermochte zeitweise das Spiel an sich zu reissen. Adi Winter feierte ein zufriedenstellendes Comeback. Marco Schönbächler (vor drei Tagen 30 geworden) vermochte zwei Treffer zu erzielen.

Das erste bereits nach anderthalb Minuten, aufgelegt von Lavdim Zumberi, welcher später angeschlagen ausgewechselt werden musste. Der zweite Schönbi-Treffer war ein souverän verwandelter Penalty, nachdem Popovic Seiler in die Gasse geschickt und dieser durch Washausen zu Fall gebracht worden war. Der Halle-Defensivmann tat sich bei seinem Foul selber weh, wollte aber wie ein Teil seiner Teamkollegen in der Aktion trotzdem keine Berührung gesehen haben. Spieler und die zahlreich mitgereisten Fans des ambitionierten HFC hatten sich schon zuvor während 180 Minuten über viele Schiedsrichterentscheidungen zum grössten Teil zu Unrecht aufgeregt, so dass es sogar, für ein Testspiel ungewöhnlich, Verwarnungen wegen Reklamierens absetzte.

FCZ – Halle 4:3 (2:1) – 1. Partie

FCZ: Vanins; Rüegg, Omeragic (46. Kempter), M. Kryeziu, Britto; S. Sohm, Domgjoni; Tosin, Marchesano, Kololli; Mahi.

HFC: Müller; Lindenhahn, Mai, Hansch, Galle; Papadopoulos, Syhre, Jopek, Drinkuth; P. Sohm, Nietfeld.

Tore: 6. Kololli (Tosin) 1:0, 14. Nietfeld 1:1, 18. Kololli (Mahi) 2:1; 48. P. Sohm (Jopek) 2:2, 59. Mahi (Kempter) 3:2, 62. P. Sohm 3:3, 74. Kololli (Mahi) 4:3.

FCZ – Halle 2:1 (1:1) – 2. Partie

FCZ: Brecher; Winter (61. Sauter), Nathan, Bangura, Seiler; H. Kryeziu (61. Ceesay), Janjicic; Aliu, Zumberi (42. Popovic), Schönbächler; Kramer.

HFC: Eisele; Landgraf, Kastenhofer, Vollert, Mast; Göbel, Bahn Baxter, Washausen, Guttau; Fetsch, Boyd.

Tore: 2. Schönbächler (Zumberi) 1:0, 26. Fetsch (Mast) 1:1; 84. Schönbächler (Penalty, Seiler) 2:1.

Beim Heimspiel gegen YB am Sonntag war das spielerisch starke FCZ-Talent Bledian Krasniqi kurz bei Züri Live zu Gast und sprach über die Leistung des FCZ, seines langjährigen Teamkollegen Simon Sohms, seine Ziele in dieser Saison in Wil und was Ciriaco Sforza den jungen Spielern mitgeben kann.

Schon zwei Tage später war Krasniqi mit der Schweizer U19 im Osten Sloweniens im Einsatz. Im ersten von zwei Testspielen kam der 18-jährige auf der 10-er Position von Beginn weg zum Einsatz und gehörte bei der 1:3-Niederlage noch zu den besseren in einem Schweizer Team, welches vor knapp anderthalb Jahren an der U17-EM in England noch starke Leistungen gezeigt hatte.

Becir Omeragic wurde in dieser Partie in der Innenverteidigung eingesetzt und hinterliess einen zwiespältigen Eindruck: einerseits wie gewohnt sauberer Spielaufbau und gutes Mitdenken, andererseits zu wenig Aggressivität und Konsequenz in der Defensivarbeit gegen einen von der Spielanlage, Mentalität und Physis her reiferen Gegner. Der an Ajax ausgeliehene Filip Frei kam auf dem Rechten Flügel zum Einsatz und vermochte überhaupt nicht zu überzeugen. Im zweiten Spiel in Bakovci schickte Trainer Johann Vogel dann die physisch stärkeren Eidgenossen wie Vlasenko, Jankewitz, Sohm, Males oder Vonmoos auf den Platz und die Schweiz gewann 2:1. Auch Ilan Sauter war Teil dieses zweiten Teams.

Am gleichen Tag ergab sich für die Familie Haile-Selassie in heimischen Gefilden die Möglichkeit, gleich beide Fussballsprösslinge live im Schweizer Trikot zu unterstützen. Um die Mittagszeit war Kedus Haile-Selassie mit der U18 in Montreux auf dem Rechten Flügel einer der offensiv gefährlichsten Schweizer gegen Dänemark. Die Partie endete allerdings nach einem Weitschuss des YB-Mittelfeldspielers Samuel Kasongo genau in den rechten oberen „Kranz“ und der anschliessenden Reaktion der Gäste 1:1, nachdem gegen den gleichen Gegner gleichenorts zwei Tage zuvor ein 2:2 Unentschieden resultiert hatte. Am frühen Abend dann Duplizität der Ereignisse. Auch der ältere Bruder Maren Haile-Selassie startete in Solothurn gegen die Tschechische Republik auf der gleichen Position am Rechten Flügel und gehörte zu den offensiv gefährlichsten Schweizern. Maren erzielte sogar das einzige Schweizer Tor zum 1:1  und profitierte dabei reaktionsschnell auf einen doppelten Abwehrschnitzer des Gegners. Das mittlerweile über Manchester United beim SC Freiburg gelandete ehemalige Riesentalent Nishan Burkart wurde eingewechselt und vermochte nichts Erspriessliches mehr beizusteuern. Izer Aliu sass auf der Bank.

Einen Tag später hatte die Schweizer U21 in der EM-Qualifikation auf der Winterthurer Schützenwiese grosse Mühe mit Georgien (ohne den angeschlagenen Levan Kharabadze). Die Bilder glichen sich – wie die U18, U19 und U20 war auch die Schweizer U21 die fussballerisch deutlich talentiertere Mannschaft, welche aber im Vergleich mit dem Gegner insgesamt weniger sauber, solide, reif, spielintelligent und fokussiert agierte. Immerhin wurde das Team von einem engagierten Captain Kevin Rüegg auf den Platz geführt – Toni Domgjoni zeigte eine ordentliche Leistung und Filip Stojilkovic machte in der Schlussphase in der Spitze einen beseren Eindruck, als zuvor Jérémy Guillemenot. Eigentlich hätte die Schweiz schon alleine aufgrund ihrer Top-Flügel Okafor und Vargas die Partie dominieren müssen, was aber aufgrund des enorm fehleranfälligen Spiels eines Zesiger, Sidler, Toma oder Guillemenot nicht der Fall war. Der eingewechselte Jordan Lotomba, der zuvor noch sehr ungeschickt den Freistoss zum 1:1-Ausgleich der Georgier verursacht hatte, erzielte nach schöner Vorlage Bastien Tomas in der 83. Minute dann doch noch den 2:1-Siegtreffer. Insgesamt war der Auftritt der Schweizer U21 ähnlich wie in den letzten Jahren angesichts des auf dem Platz stehenden Talentepotentials aber enttäuschend.

 

Seit mehr als fünf Jahren hat der FCZ in der Meisterschaft nicht mehr gegen YB gewinnen können. Das hat sich auch bei der ersten Direktbegegnung 19/20 (0:4) nicht geändert. In dieser Zeitperiode holte man gegen die Berner gerade mal vier Punkte, noch weniger als gegen Basel (sieben Zähler). Der FCZ vermochte nicht von der Sandwichposition zwischen zwei YB Champions League-Playoffpartien zu profitieren. Wobei sich die Statistiken der Berner in den beiden Heimspielen gegen Roter Stern Belgrad und den FC Zürich ähnelten. Gegen den Serbischen Traditionsklub hatte YB gar noch mehr Abschlüsse und Ballbesitz, als gegen den FCZ. Roter Stern verzeichnete seinerseits etwas mehr Abschlüsse, als die Zürcher und auch das Expected Goals-Verhältnis war für den Serbischen Champions League-Aspiranten leicht besser (aber ebenfalls klar negativ). Der grösste Unterschied zwischen den beiden Partien war einerseits das Resultat sowie auch die Intensität, welche in Duellen zwischen YB und dem FCZ in der letzten Saison jedes Mal höher anzusiedeln war, als diesmal – auch beim ebenfalls mit 0:4 verlorenen Auftaktspiel im Wankdorf vor Jahresfrist.

Die Super League-Partie der 5. Runde im Wankdorf kann dabei in drei Abschnitte eingeteilt werden. Die erste halbe Stunde wurde klar von YB dominiert (70% Ballbesitz) und sie endete mit dem 1:0-Führungstreffer durch das Eigentor von Yanick Brecher nach dem durch Nathans Schulter im hohen Bogen an den Pfosten abgefälschten Kopfball Christian Fassnachts aus relativ grosser Distanz. Dass YB sehr gerne gegen Teams spielt, die mit einer Dreierabwehr und nur je einem Aussenläufer agieren, sah man in diesen ersten 30 Minuten nicht zum ersten Mal. Beim darauffolgenden Spielunterbruch nahm FCZ-Trainer Magnin in der 30. Minute eine taktische Änderung vor, welche sofort Wirkung zeigte. Das 3-4-1-2 zu Spielbeginn wurde umgestellt auf ein 4-1-4-1.

Wie auf Knopfdruck wurde die Partie deutlich offener und ausgeglichener, endlich kam auch der FCZ in den gegnerischen Strafraum und YB hatte deutlich mehr Mühe im Spielaufbau als zuvor. Und dies obwohl nun Marchesano und Kramer sich auf der für sie eher ungewohnten Flügelposition wiederfanden. Diese Ausgeglichenheit hielt an bis zur Einwechslung von Moumi und Aebischer in der 65. Minute. Der frische Wind und die Laufbereitschaft, welche diese beiden Akteure zusätzlich ins YB-Spiel brachten, aber vor allem auch die beiden irregulären Treffer zum 0:2 und 0:3 rund um diesen Doppelwechsel knickten schlussendlich den neugewonnenen Zürcher Elan und in den letzten 10-15 Minuten kam vom FCZ dann rein gar nichts mehr.

Wie von Züri Live-Experte Don Ursulo in der Matchvorschau vermutet, wechselte FCZ-Coach Magnin aufgrund der personellen Situation erstmals in dieser Saison sein 4-2-3-1, um möglichst viele der noch verbliebenen Spieler auf einer für sie geeigneten Position spielen lassen zu können. Aus dem engeren Kader der 1. Mannschaft waren gerade einmal noch die elf Spieler der Startformation plus Andris Vanins in Bern dabei. Die fünf Feldspieler auf der Bank spielen alle aktuell in der U21, vier davon sind Teenager und ebenfalls vier hatten noch nie ein Wettbewerbsspiel im Profibereich absolviert.

Ilan Sauter und Matteo Di Giusto kamen zur Pause dann tatsächlich zu ihrem Début – von «Début feiern» kann man bei so einem Endresultat ja nicht sprechen – Sauter auf der für ihn ungewohnten Linksverteidigerposition. Wohl vor allem auch aufgrund fehlender Alternativen für Levan Kharabadze in der 1. Mannschaft wollte man Sauter vor zwei Wochen gegen den SC Cham auf der Linksverteidigerposition testen, aber schon nach sechs Minuten wurde das Experiment abgebrochen, weil sich Innenverteidiger Gonçalves verletzte und dieser durch Linksverteidiger Michael Kempter ersetzt wurde.

Die Leistungen der einzelnen Spieler zeigten beim FCZ eine grosse Diskrepanz. Während beispielsweise auf Nathan oder Toni Domgjoni einmal mehr Verlass war, wirkten andere Akteure schon beim Warmmachen nicht voll bei der Sache. Die Débuts von Matteo Di Giusto und Ilan Sauter verliefen ansprechend, während andererseits der spät eingewechselte Izer Aliu überhaupt nicht ins Spiel fand. Denis Popovic ist physisch immer noch nicht auf dem benötigten Stand und Blaz Kramer muss man gegen YB als Totalausfall bezeichnen.

Das dunkelste Kapitel dieser Partie sind am Ende aber die zwei irregulären Treffer zum 0:2 und 0:3. Gegen YB wurden die einseitigen Schiedsrichterentscheidungen in entscheidenden Szenen in den letzten zwei Jahren zu einer traurigen Gewohnheit. Es passiert bereits zum siebten Mal in den letzten neun Begegnungen zwischen YB und dem FCZ, dass bei matchentscheidenden Szenen YB bevorteilt wird, meist sind es gleich mehrere Fehlentscheide im selben Spiel!

Woher kommt diese unglaubliche Häufung und warum hört diese selbst im VAR-Zeitalter (noch) nicht auf? Gegen die meisten anderen Gegner gibt es deutlich weniger klare Fehlentscheide und diejenigen, die es gibt, sind mal Contra FCZ und mal Pro FCZ – und gleichen sich mit der Zeit aus. Nicht gegen YB. Am unbegreiflichsten und ägerlichsten ist, wie häufig YB in letzter Zeit mit dem immergleichen «in den Rücken stossen» des Gegenspielers oder anderen Foulspielen den Ball gegen den FCZ irregulär gewonnen und diesen erschlichenen Vorteil zu einem Tor genutzt hat.

Im November 2017 schiesst Roger Assalé im Wankdorf das entscheidende 2:1 gegen den FCZ in der 84. Minute nur weil Ref Adrien Jaccottet übersieht, dass Kevin Mbabu beim Eckball von Djibril Sow seinen Gegenspieler Kevin Rüegg in den Rücken stösst und deshalb völlig frei zum Kopfball kommt.

Im Video:

https://youtu.be/u4OR35sVc4A?t=190

Auch dem wegweisenden 1:0-Führungstreffer Miralem Sulejmanis vor Jahresfrist im Wankdorf ging eine irreguläre «Balleroberung» Guillaume Hoaraus in der Zürcher Platzhälfte voraus. Auch dieser stiess dabei Adrian Winter klar in den Rücken.

Ein halbes Jahr später hatte der FCZ beim Stand von 0:1 am Berner Strafraum bei einem Konter eine ausgezeichnete Ausgleichschance. Steve Von Bergen stoppte Salim Khelifi mit einem klaren Foulspiel – statt Freistoss an der Strafraumgrenze für den FCZ und Gelb gegen Von Bergen gab es einen schnellen Gegenkonter gegen offen stehende Zürcher, bei welchem Moumi zum 0:2 traf.

Duplizität der Ereignisse nur einen Monat darauf im Letzigrund. Mohamed Camara zieht im eigenen Strafraum den durchgebrochenen Assan Ceesay mit beiden Händen am Arm in seine Richtung und befördert ihn anschliessend mit einem Stoss in die Hüfte zu Boden. Trotz relativ guter Sicht auf die Aktion blieb die Pfeife von Schiedsrichter Fähndrich stumm – im direkten Gegenzug erzielt YB den einzigen Treffer der Partie – 0:1 für YB statt möglicherweise 1:0 für den FCZ.

Nun also schon wieder! Nach einem Fehlpass von Popovic kann sich im Laufduell Richtung Zürcher Strafraum Bangura zwischen Nsamé und Ball stellen, wird aber von diesem klar mit ausgestrecktem Arm in den Rücken gestossen und aus dem Gleichgewicht gebracht. Mit gesundem Körpereinsatz hatte diese Aktion gar nichts zu tun, sondern es war ein klarer Stoss, der von Schiedsrichter Klossner nicht geahndet wurde. Hier die Videosequenz dazu.

Und es war nicht so, dass Schiedsrichter Klossner «in den Rücken stossen» grundsätzlich nicht sehen oder pfeifen würde. Ein viel sanfteres Stossen von Marchesano gegen Gaudino im Mittelfeld beispielsweise pfiff er ohne zu zögern:

Im Falle von Nsamé gegen Bangura schien es hingegen beinahe, als wolle Klossner den schönen YB-Konter nicht mit einem Pfiff unterbrechen. Das «am Arm zurückziehen» von Ceesay gegen Janko, welches zum 0:1-Freistoss führte, war zwar korrekt gepfiffen, aber im Vergleich ein viel leichteres Foul als die Nsamé-Szene gegen Bangura. Demtsprechend kann man sich die Frage stellen, warum in einer auch im Vergleich mit vorhergehenden Situationen so eindeutigen Szene der VAR (Urs Schnyder) nicht eingegriffen hat und der klare Regelverstoss, welcher zum Tor führte, nicht nochmal von Stephan Klossner am Bildschirm angeschaut werden durfte.

Jean-Pierre Nsamé, bestärkt durch die spezielle Nachsicht des Referees, wurde in einer weiteren Szene mit Umaru Bangura stark begünstigt, als er mit gestreckter Sohle auf des FCZ-Verteidigers Knie sprang. Pietro Di Nardo vom «kleinen Xamax» musste kürzlich für eine ähnliche Aktion gegen Toni Domgjoni mit Rot direkt vom Platz und er selbst sowie seine Teamkollegen fanden diese Bestrafung korrekt – Jean-Pierre Nsamé vom «grossen YB» sah nicht mal Gelb und spielte mit weit aufgerissenen Augen das Unschuldslamm. Dies obwohl Di Nardo bei seinem Foul noch Bodenkontakt hatte, während Nsamé Bangura im Sprung traf, was normalerweise schwerer gewichtet wird.

Gelb sieht hingegen Nathan welcher im Tackling gegen Assalé klar vor dem Gegenspieler am Ball ist und der Ivorer anschliessend einfach über ihn drüberfliegt. Es war in dieser Szene nicht so, dass Assalé wegen dem tackelnden Nathan zurückziehen musste.

Dass man sich unter anderem gegen den FCZ beim Schiedsrichterquartett viel erlauben kann, weiss Jean-Pierre Nsamé schon länger. Im April im Letzigrund beging er zuerst eine von Lukas Fähndrich ungeahndete Tätlichkeit gegen Hekuran Kryeziu und sah später im Zuge eines Eckballs für einen Würgegriff an die Gurgel des gleichen Zürcher Gegenspielers nur Gelb.

Im Letzigrund treten die Gelb-Schwarzen jeweils speziell aggressiv auf. Fahrlässige oder gar absichtliche Schläge ins Gesicht der Gegenspieler setzt es da jeweils im Viertelstunden- oder gar Zehnminutentakt. Zum Teil direkt vor der Nase des jeweiligen Schiedsrichters – immer ungeahndet! So auch im April dieses Jahres oder in der ersten Meistersaison, als der bereits verwarnte Sekou Sanogo ohne Folgen alleine drei Mal einen Zürcher ins Gesicht schlug, im Bild unten ein absichtlicher Ellbogenschlag gegen Rüegg direkt vor der Nase des auch jetzt wieder in Bern pfeifenden Stephan Klossner:

Im Letzigrund wurden dem FCZ gegen YB in den letzten zwei Jahren praktisch in jeder Partie klare Penalties verwehrt. Beispielsweise das Handspiel von Mbabu im September 2017, das doppelte Foul Moumi Ngamaleus gegen Domgjoni im April 2019 oder die mehrfachen Fouls gegen Dwamena im März 2018.

Kommen wir noch zur Abteilung «Schwalben». Roger Assalé gehört ohne Zweifel aktuell zu den grössten «Schauspielkünstlern» der Liga. Dies hat er gestern Samstag vor dem 3:0 durch Penalty wieder unter Beweis gestellt. Aus der Distanz sieht es so aus, als würde Simon Sohm Roger Assalé im Laufduell zurückhalten, dabei ist es umgekehrt! Assalé umklammert energisch den Arm von Sohm und zieht ihn im Schlepptau mit sich mit, wie eine tanzwütige Braut ihren Bräutigam auf die Tanzfläche. Die Tanzfläche ist in diesem Fall der Strafraum und von oben kommt kein Blumenstrauss geflogen, sondern der Ball. Es ist ein ungeahndetes Stürmerfoul von Assalé an Sohm. Hier die Videosequenz dazu.

Als Assalé Sohms Arm loslässt, legt der Zürcher Youngster gentleman-like ganz kurz und sanft von oben die Arme auf Assalés Schultern, was «die Braut» zu einem spektakulären Viertelsalto rückwärts veranlasst. Assalé will es so aussehen lassen, als habe ihn Sohm zurückgerissen, was aber in keinster Weise der Fall war. Selbst wenn man die leichte Schulterberührung Sohms ahnden würde, was äusserst fragwürdig wäre und so gut wie nie vorkommt, so hat die Art und Weise wie sich Assalé nach hinten wirft, mit dieser leichten Berührung von oben überhaupt keinen physikalischen und zeitlichen Zusammenhang. Schiedsrichter Klossner fiel aber leider trotzdem auf diese peinliche Schauspieleinlage herein.

Auf eine ähnliche Weise hatte übrigens Mohamed Camara im April Assan Ceesay im eigenen Strafraum in Judo-Manier mit beiden Händen am Arm zu sich herangezogen, bevor er ihn ungeahndet foulte und im direkten Gegenzug der entscheidende Treffer für YB fiel. Es wirkt, als würde man solches in Bern trainieren oder zumindest voneinander abschauen.

Im Video:

YB ist so oder so die bessere Mannschaft. Aber in den letzten zwei Jahren hätte unter anderem der FCZ ohne die vielen deutlichen Fehlentscheide Pro YB gegen die Gelb-Schwarzen den einen oder anderen Punkt und sogar Sieg mehr geholt – die Punkteabstände in der Tabelle wären nicht so riesig gewesen. Serien von Fehlentscheiden sind immer schlecht – und werden dadurch auch noch die Favoriten bevorteilt, tut das einer Liga doppelt weh. Zum Saisonbeginn hatte Sportjournalist Sébatian Lavoyer eine „Wahre Tabelle“ der letzten Saison berechnet. In dieser hätte YB fünf Punkte weniger und der FCZ sechs Punkte mehr geholt (und sich als Dritter direkt für die Europa League-Gruppenphase qualifiziert). Und dies obwohl dafür einzig die in den SRF-Zusammenfassungen thematisierten Fehlentscheide berücksichtigt wurden. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass es kaum ein Medium mit einer grösseren FCZ-Aversion wie das  SRF gibt, und dort in den Zusammenfassungen generell nur ein kleiner Teil der Fehlentscheide Eingang finden, zeigt die Untersuchung Lavoyers tatsächlich nur die Spitze des Eisberges.

(Standbilder: aus Teleclub)

 

Der FCZ verliert beim bereits fünften Vorbereitungsspiel auf die neue Saison zum ersten Mal und dies mit dem klaren Ergebnis von 3:5. Positiv zu vermerken ist, dass mit den weiteren drei Toren bereits 13 Treffer in Testpartien erzielt werden konnten und Stürmer Assan Ceesay in jeder dieser Partien sein Tor beisteuerte. Wie schon in der Rückrunde nutzt der FCZ vermehrt die Schnelligkeit des Gambiers bei langen Bällen hinter die gegnerische Abwehr – das ist sein Spiel, welches gegen einen ziemlich hoch stehenden Gegner wie die neue Ausgabe von Stuttgart natürlich am besten zur Geltung kommt.

Ganz allgemein vermochte der FCZ in dieser Partie so schnell und zielstrebig in die Offensive umzuschalten, wie man es noch selten zuvor von diesem über Jahre hinweg stark ballbesitzorientierten Team gesehen hat. In diesem Bereich hat man ganz offensichtlich gearbeitet. Nach dem erfolgreichen gemeinsamen Mittelfeldpressing wurde der Ball häufig sofort zu Marchesano gespielt und dieser schickte den bereits zuvor startenden Ceesay ebenso schnell und direkt in in die Tiefe. So beim 1:1-Ausgleich, als Omeragic und Zumberi den Ballgewinn Sohms ermöglichten, der sofort Marchesano bediente. Beim 2:2 war es dann Bangura, der im Mittelfeld antizipierte und sofort Marchesano in die Tiefe schickte und dieser vor Torhüter Bredlow cool blieb. Anders als etwa zehn Minuten zuvor Neuzugang Mimoun Mahi, der nach einem von Vanins direkt hinter die Stuttgarter Abwehr gespielten Ball vor dem Schwäbischen Keeper zu überhastet agierte.

Auch der neuverpflichtete Blaz Kramer kam in der Zweiten Halbzeit zur ein oder anderen guten Aktion und holte unter anderem den Penalty zum 3:3 heraus. Es hätten durchaus noch weitere Tore für den FCZ fallen können, so verweigerte der Referee Assan Ceesay in der Ersten Halbzeit einen Elfmeter, den man  hätte pfeifen können, Marchesano setzte in der 43.Minute nach einem Bredlow-Fehler seinen Lupfer Zentimeter am rechten Pfosten vorbei – und zu Beginn der Zweiten Halbzeit vergab Benjamin Kololli nach einem schönen weiten Ball von Bangura eine «Hundertprozentige» alleine vor dem gegnerischen Gehäuse. Die beiden Treffer von Al Ghaddioui zum 2:3 und 3:4 für Stuttgart sind zudem wohl beide aus einer (knappen) Offsideposition erzielt worden.

Sehr viele aus der Schweiz stammende VfB-Fans waren in Henau zugegen bei einem in der 1. Halbzeit bei Wind und leichtem Regen ausgetragenen Spiel. Die Bundesliga-Absteiger traten mit einigen «Stars» wie Castro, Didavi oder Gomez in der Startformation an bei ihrem Zwischenstopp wenige Kilometer vor ihrem Trainingslager-Quartier Abtwil. Auch für den FCZ lag der Spielort auf dem Weg ins Trainingslager – bis zu ihrem Bestimmungsort im Österreichischen Ried im Oberinntal (wenige Kilometer unterhalb des Unterengadins) war für das Team nach der Partie dann aber noch ein schönes Stück zu fahren.

Auch wenn der FCZ einzelne gute Aktionen speziell im Spiel nach vorne hatte, war die Spritzigkeit des Letzigrundteams an diesem Nachmittag insgesamt deutlich tiefer, als diejenige der Stuttgarter. Speziell in der Rückwärtsbewegung war dies am meisten spürbar. In der Abwehrreihe offenbarten Akteure wie Mirlind Kryeziu, Ilan Sauter, Lindrit Kamberi oder Yassin Maouche zudem noch grundsätzliche qualitative Mängel. Bei den ersten beiden Gegentreffern passten die Innenverteidiger Kryeziu (0:1) und Bangura (beim 0:2) nicht auf und brachten so Omeragic jeweils gegen zwei gegnerische Angreifer ini Unterzahl.

Lavdim Zumberi vermochte nicht zum ersten Mal in dieser Sommervorbereitung auf der Sechserposition nur teilweise zu gefallen. Die eingewechselten Domgjoni und Popovic machten ihre Sache allerdings noch schlechter. Der Slowene rannte bei seinem FCZ-Début vier Tage nach seiner Verpflichtung Ball und Gegner erstmal nur hinterher. Der zur Pause hereingekommene Marco Schönbächler agierte bis zur Hereinnahme von Yann Kasai als zweiter Stürmer neben Blaz Kramer, ohne allerdings dabei Torgefahr auszustrahlen und in der Schlussphase mit mehreren Ballverlusten, die zu schnellen Gegenstössen führten. Levan Kharabadze war wie schon gegen Rapperswil-Jona in seinem Einsatz inexistent, zum Beispiel beim Konter über seine Seite, der zum 3:5 führte-

FC Zürich – VfB Stuttgart 3:5 (2:2)

Tore: 9. Gomez (Awoudja) 0:1, 15. Ceesay (Marchesano) 1:1, 21. Didavi (Penalty, Gonzalez) 1:2, 42. Marchesano (Bangura) 2:2; 52. Al Ghaddioui (Mangala) 2:3, 55. Kololli (Penaltynachschuss, Kramer) 3:3, 74. Al Ghaddioui (Klimowicz) 3:4, 82. Coulibaly (Klimowicz) 3:5.

FC Zürich: Vanins; Omeragic (62. Sauter), Bangura (78. Kamberi), M. Kryeziu (46. Kharabadze), Britto (78. Maouche); Zumberi (62. Domgjoni), Sohm (62. Popovic); Khelifi (78. Kasai), Marchesano (46. Schönbächler), Mahi (46. Kololli); Ceesay (46. Kramer).

VfB Stuttgart: Bredlow (46. Kobel); Stenzel, Awoudja (72. Mack), Kaminski (46. Kempf), Grözinger (62. Insua); Karazor (46. Mangala); Castro (72. Massimo), Ascacibar; Didavi (72. Klimowicz); Gonzalez (46. Al Ghaddioui), Gomez (62. Coulibaly).

 

Bereits in der Saison 2017/18 gehörten die beiden Aussenspieler Kevin Rüegg (19) und Pa Modou (28) zusammen mit Victor Palsson und Michael Frey zu den vier Spielern mit den meisten Einsätzen in Wettbewerbspartien. An diesem Status hat sich nichts geändert. Nach der Sommervorbereitung sieht alles danach aus, als könne der FCZ auf den Aussenpositionen von Kontinuität profitieren. Speziell Rüegg hat die goldene Chance, in der kommenden Saison beim FCZ einen entscheidenden nächsten Schritt in seiner Entwicklung zu machen. Schon in den Testspielen hat der 19-jährige angedeutet, dass er in Zukunft seine Schnelligkeit noch konsequenter und effizienter einzusetzen gedenkt. Gleichzeitig besteht noch viel Verbesserungspotential, beispielsweise in der Rückwärtsbewegung.

Nicht ohne Grund ist Trainer Magnin noch häufig mit seinem Schützling unzufrieden. Fabian Rohner ist auf der rechten Seite die Alternative, die aber wohl aktuell in erster Linie bei Rückstand (allenfalls auch als Sturmspitze) zum Zuge kommt. Der neu verpflichtete Hakim Guenouche (18) ist nicht nur einer der jüngsten, sondern wohl auch der leichtgewichtigste Spieler der Liga. Trotz seiner guten Technik scheint er einem Pa Modou noch nicht das Wasser reichen zu können. Dem Gambier unterlaufen zwar auch Fehler, aber er kann diese häufig gleich selbst wieder ausbügeln, was Guenouche bisher noch nicht gelingt.

Körperlich das Gegenstück zu Guenouche ist Mirlind Kryeziu. Mehrmals in der Testphase mussten sich Gegenspieler von einem Aufprall an der Zürcher «Wand» erholen. Es wäre keine Überraschung, wenn der 1,97m-Mann zum Saisonauftakt zusammen mit Neuverpflichtung Andreas Maxsø die Innenverteidigung bilden würde. Dies obwohl der Däne auf dem Platz noch nicht hundertprozentig ins Zürcher Spiel integriert scheint. In Abwesenheit der angeschlagenen Umaru Bangura und Becir Omeragic ist die Alternative dazu natürlich Alain Nef. Zu Beginn der Vorbereitung machte der Routinier einen sehr guten Eindruck, musste dann aber mit der Zeit der Intensität der Sommervorbereitung scheinbar doch etwas Tribut zollen. Im Idealfall wird die konditionelle Basisarbeit für den x-ten Frühling des Zürchers sorgen. Wird er wie schon in den letzten Saisons alle, die ihn bereits abgeschrieben haben, erneut düpieren? Je nach Grad der zurückkehrenden Spritzigkeit im Verlauf der kommenden Trainingswoche wäre auch Nef an Stelle von Maxsø in der Startaufstellung gegen Thun denkbar.

Dies natürlich vorausgesetzt, Ludo Magnin entscheidet sich nicht für eine Dreierabwehr zum Saisonstart. Kein Thema wird wohl zur Zeit in der Verteidigung Ilan Sauter (17) sein, der in den Testpartien nahtlos an seinen unglücklichen Auftritt im U18-Meisterschaftsfinal in Basel anknüpfte. Die Anzahl Innenverteidiger hat auch einen Einfluss auf die Besetzung des Zentralen Mittelfeldes mit zwei oder drei Mann. Neuverpflichtung Hekuran Kryeziu hat sich bisher bewährt, und wird ziemlich sicher als Stammspieler in die Saison starten. Toni Domgjoni bleibt ein sicherer Wert, der sich obendrein immer noch laufend weiterentwickelt. Und Izer Aliu scheint stark aufgeholt zu haben. Wenn er sein Potential abrufen kann, ist der 18-jährige mit seinen spielerischen Qualitäten und ausgezeichneten Standards potentiell eine Schlüsselfigur fürs Zürcher Offensivspiel – zumal er zusätzlich auch selbst einen guten Abschluss hat. Aliu, der in der abgelaufenen Rückrunde in fast jeder Partie zum Einsatz gekommen ist, wird immer mehr zu einem echten Stammplatzkandidaten – auch weil er den aktuell angeschlagenen Antonio Marchesano in Bezug auf die Leistung in der Defensiven Phase langsam zu überholen scheint.

Im Zentralen Mittelfeld ist mit Abstand am meisten Talent aus dem eigenen Nachwuchs vorhanden. Da schlummert viel Qualität, welche die 1. Mannschaft insgesamt stärker machen kann. Die erfahreneren Spieler braucht es tendenziell eher auf anderen Positionen. Dies auch weil mit dem «Sechser» Simon Sohm und dem spielerisch starken Bledian Krasniqi zwei Spieler aus der U18 nachstossen, die fussballerisch bereits heute Super League-Reife haben – gerade im mentalen Bereich allerdings noch etwas mehr Widerstandskraft benötigen. Der Reichtum an vielversprechenden Talenten im Zentrum setzt sogar Captain Victor Palsson sportlich unter Druck. Der Isländer kann weiterhin in der Innenverteidigung nicht überzeugen, auch wenn er immer wieder mal dort (aushilfsweise) eingesetzt wird. Auf seiner angestammten Position im Mittelfeld agiert er solider. Die vorderen Aussenspieler nehmen eher eine spielerische Rolle ein, da die schnellsten Zürcher Akteure wie Rohner, Rüegg oder Schönbächler in der Regel auf anderen Positionen eingesetzt werden. In die Tiefe geschickt werden soll in erster Linie der Aussenverteidiger.

Adrian Winter (32) hatte schon letzte Saison zunehmend Mühe. Die für sein Spiel so wichtige Schnelligkeit nimmt altersbedingt ab – und die Prozentzahl der Duelle, in denen er einen Schritt zu spät kommt, zu. Salim Khelifi kann für den FCZ zu einem Gewinn werden, wenn er die Fortschritte im läuferischen Bereich, die er in der 2. Bundesliga gemacht hat, auch in der Super League zum Tragen bringen kann. Speed ist aber genauso wenig seine Paradedisziplin, wie die von Stephen Odey, welcher in der Saisonvorbereitung ebenfalls hauptsächlich auf dem offensiven Flügel eingesetzt wurde, um seine Stärken im Aufbauspiel zum Tragen zu bringen. Anders der schnelle Maren Haile-Selassie, der gegen Vaduz über den linken Flügel das einzige FCZ-Tor der letzten drei Testspiele vorbereitete, zuvor aber vorwiegend im Zentralen Mittelfeld eingesetzt worden war.

Roberto Rodriguez’ Rolle war zuletzt hauptsächlich diejenige eines Offensiv-Jokers, der in der Schlussphase mit seinen spielerischen Mitteln bei Rückstand effektiv mithelfen kann, eine gegnerische Abwehrreihe zu knacken, oder bei Vorsprung den Ball in den eigenen Reihen weit weg vom eigenen Tor zu halten. In den Testspielen war erkennbar, dass dies eine vielversprechende Option für das Zürcher Trainerteam darstellen kann. In der Rangliste «Minuten pro Skorerpunkt» der Sommervorbereitung liegt Lavdim Zumberi (18) mit 45 Minuten pro Skorerpunkt an Erster Stelle. Bei seinem Teileinsatz gegen Rapperswil-Jona bewies der Offensive Mittelfeldspieler wie schon so häufig in der Vergangenheit mit einem präzisen Weitschuss seine Torgefährlichkeit. Da die Saison und der Trainingsbetrieb bei den Nachwuchsspielern im Frühling länger als bei den Profis dauert, konnte der erste Teil der Saisonvorbereitung mit der 1. Mannschaft für die Academy-Talente, welche zum erweiterten Kader des Fanionteams zählen, an ihre Saison 17/18  „angehängt“ werden. Schulische Verpflichtungen und Junioren-Nati kamen hinzu. Die (in der Regel kurzen) Ferien stehen darum jetzt an.

Michi Frey absolvierte eine solide Vorbereitung. In der Partie gegen den Ligakonkurrenten St. Gallen in Rüti, in welcher für die Mannschaft ganz offensichtlich das Resultat wichtiger war, als in anderen Tests, war der Sturmtank einer derjenigen Spieler, die ihr Team mitrissen. Überdurchschnittlich gut waren die Auftritte von Raphael Dwamena. Der Nationalstürmer, welcher mit Ghana nach Saisonende eine halbe Weltreise unternommen hatte, wirkt gereift. Testspieler Lassana N’Diayé, bei dem es noch offen ist, wo er nächste Saison spielen wird, wäre trotz seiner jugendlichen 17 Jahre eine Verstärkung, welche nur wenig Eingewöhnungszeit benötigen würde. Marco Schönbächler wurde analog Adi Winter (Cupfinal) in der Vorbereitung meist als laufstarker Stürmer im Duett mit Frey oder Dwamena eingesetzt. Erfreulich zu sehen waren sein Antritt und die Spielfreude. Bis aber Schönbi sein Selbstvertrauen im Abschluss wiederfindet, benötigt er wohl noch ein paar Spiele. Noch unklar ist, ob Yanick Brecher nach seinem Zusammenstoss mit dem Bochumer Pantovic auf den Saisonstart hin wieder bereit ist. Ersatz Andris Vanins hat beim Test in Vaduz zwei Tore kassiert und gegen Atromitos dann hinten «die Null» gehalten.