Ceesay und Marchesano: Gegensätze ziehen sich an / Xamax – FCZ 1:2 Analyse

Vor dem kapitalen Direktduell gegen den Barrageplatz zwischen Xamax und FCZ war viel vom Ausfall Raphael Nuzzolos die Rede. Weniger thematisiert wurden die ebenfalls wegen Sperre fehlenden Stephen Odey und Igor Djuric. Der Ausfall von den dreien, welcher letztenendes am stärksten ins Gewicht fiel, war derjenige des unauffälligen Tessiners Djuric. Beide Zürcher Tore wurden über die Seite von dessen Ersatz Arbenit Xhemajli (und Janick Kamber) kreiert, wobei es sich beim zweiten um einen schnellen Gegenstoss handelte, bei welchem Xhemajli noch nicht in seine Position zurückgeeilt war. Zwei Mal musste dieser zusehen, wie sein ehemaliger Teamkollege Kevin Rüegg aus dem 98-er Jahrgang im Zürcher Nachwuchs innerhalb von sieben Minuten seine ersten zwei Super League-Tore erzielte. Bereits anlässlich der analogen Wende vom 0:1 zum 2:1 zugunsten des FCZ im März im Letzigrund hatte Xhemajli bei beiden Zürcher Treffern keine gute Falle gemacht. «Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir besser verteidigen» meinte denn auch nach dem Spiel der langjährige Liverpool-Verteidiger und aktuelle Xamax-Coach Stéphane Henchoz.

Bei aller Euphorie über den Sieg in Neuenburg darf man daher nicht vergessen, dass der FCZ zur Zeit nur in der Lage ist, Tore zu erzielen, wenn es beim Gegner in der Verteidigung einen solchen Schwachpunkt gibt – wie zum Beispiel Quentin Maceiras’ schlechte Verteidigungsarbeit beim Eckball gegen Sion, wo der sich als einziger Zürcher im Strafraum überhaupt nicht vom Fleck bewegende Stephen Odey trotzdem freistehend einköpfen kann. Oder GC’s Aleksandar Cvetkovic, welcher mit schlechtem Stellungsspiel im Derby Assan Ceesay den 1:0-Führungstreffer ermöglicht. Als Regel gilt: verteidigen beim Gegner alle Abwehrspieler auf Super League-Niveau, gelingt dem FCZ aktuell kein Treffer. Für eine allfällige Barrage, die immer noch möglich ist, wäre immerhin der Vorteil für den FCZ oder einen anderen Super League-Klub, dass Aarau und Lausanne zwar ein Super League-reifes Mittelfeld und Angriff haben, in der Verteidigung hingegen eher Akteure vom Schlage Cvetkovic, Xhemajli oder Maceiras in der Aufstellung stehen.

Während man bedauern kann, dass die Offensivqualität des FCZ aktuell nicht zu mehr reicht, kann man gleichzeitig immerhin positiv vermerken, dass das Team zumindest solche Schwachpunkte beim Gegner auszunutzen vermag. Obwohl der erste Treffer Kevin Rüeggs aus einem Spielaufbau und der zweite nach einem schnellen Gegenstoss entstand, waren beide Male mit Rüegg, Ceesay, Marchesano und Schönbächler zu grossen Teilen die gleichen Akteure beteiligt. Speziell das ungleiche Duo Antonio Marchesano (1,68m) / Assan Ceesay (1,88m) ist hier hervorzuheben – Gegensätze ziehen sich an. Vor dem 1:1 waren beide je drei Mal am Ball, spielten sich im Mittelfeld auf der Seite gegenseitig den Ball zu, bis die Gegenspieler herausgelockt und der Raum für einen Steilpass offen war. Auch beim 2:1 war der Laufweg und die Schnelligkeit Ceesays und der gut geschlagene Ball Marchesanos in die Tiefe entscheidend, um die gegnerische Unorganisation in der Rückwärtsbewegung konsequent auszunutzen.

In der Ersten Halbzeit hatte der FCZ nur einen einzigen Abschluss durch Schönbächler zu verzeichnen gehabt. Nach dem 0:1-Rückstand wurde die Zurückhaltung dann aber abgelegt. „Es gibt Mannschaften, die hätten dieses Spiel in dieser Situation nicht mehr gedreht“ fand Zürichs René Van Eck nach der Partie neben einigen Kritikpunkten durchaus auch Lob für sein Team. Ab der 60. Minute kam der FCZ in einen Flow. Marchesano, der im Zentrum jeweils den ein oder anderen Ball verloren hatte, zog sich in Ballbesitz auf eine speziell auch dank des gegnerischen 3-5-2 geschütztere Position auf der Seite zurück und leitete so dank Raum und Zeit im Spielaufbau die erste Topchance von Kasai und beide Zürcher Treffer mit präzisen Zuspielen ein. Erstaunlich beim Ausgleich die präzise Rücklage Assan Ceesays mit seinem schwächeren Rechten Fuss, worauf Kevin Rüegg den Ball mit seinem schwächeren Linken Fuss direkt fast optimal traf und (wohl glücklicherweise) dank seiner Schnelligkeit vor dem ebenfalls Richtung Ball stürmenden Benjamin Kololli vor Ort war. Beim 2:1 leitete Ceesay mit Rechts den Ball gar in einer ausgezeichneten 135 Grad-Drehung direkt auf den eingewechselten Yann Kasai weiter, welcher überlegt und erfolgreich für Kevin Rüegg auf dessen starken Rechten Fuss ablegte.

Gerade die Hereinnahme von Yann-Aimé Kasai erlaubte Ceesay häufiger über die Seite auszuscheren, wo sich der Gambier besser in Szene setzen kann. Auch schon in anderen Partien zuletzt, unter anderem dem 1:0-Heimsieg gegen Sion, ist Ceesay im Verlauf der Partie vermehrt über den Flügel gekommen. In seinem dritten Einsatz in der 1. Mannschaft des FCZ hatte der Neuenburger Kasai gegen seinen Stammklub Xamax zwei Mal gut vorbereitet von Assan Ceesay zuvor zwei Chancen auf den Ausgleich nicht nutzen können. Kevin Rüegg begann die Partie als Rechter Aussenläufer. In der Ersten Halbzeit brachte der Zürcher Captain so zehn seiner insgesamt 16 Top-Aktionen auf den Platz. Nach der Einwechslung Yann Kasais für Toni Domgjoni in der 55. Minute übernahm Rüegg Domgjonis Achter-Position neben Antonio Marchesano auf welcher er schon beim 0:1 in Sion von Beginn weg agiert hatte. Hier hatte Rüegg weniger Top-Aktionen, dafür die entscheidenden. Grégory Sertic blieb auf der Sechser-Position. Dies im Gegensatz zum 0:3 zuletzt in Basel, als Rüegg als „Sechser“ und Sertic zusammen mit Domgjoni auf den beiden Achter-Positionen aufgelaufen waren. Dieser Unterschied war entscheidend: hätte Rüegg wie im St. Jakob Park auf der Sechser-Position gespielt, hätte es die beiden Tore nicht gegeben. Sertic und Marchesano haben  nicht den Speed von Rüegg, welcher gegen den manchmal etwas unaufmerksamen einzigen Xamax-Sechser Serey Dié die Lücken zu nutzen vermochte. Züri Live-MVP Rüegg hatte allgemein einen grossen Aktionsradius und half in der Zweiten Halbzeit speziell auf der linken Seite Kolollis mehr als einmal in der Defensive aus, um weiteres Ungemach zu verhindern.

Der FCZ hatte Vorteile beim Passspiel, während Xamax mehr Zweikämpfe gewann. In der oberen Etage war die Neuenburger Überlegenheit mit 70% gewonnenen Luftduellen gar eklatant. Dementsprechend stellte sich der FCZ darauf ein und brachte im ganzen Spiel lediglich fünf Flanken in den Strafraum – man versuchte die Bälle tendenziell lieber halbhoch oder flach vor den Strafraum zu spielen. Umaru Bangura opferte sich für die Mannschaft und verletzte sich bei zwei Rettungsaktionen in der Ersten Halbzeit – die erste nach einer gedankenlosen Rückgabe von Grégory Sertic und die zweite im Anschluss an einen Ballverlust Alain Nefs in der Vorwärtsbewegung. Bei der zweiten Aktion rempelte er an der Seitenlinie den sich im vollen Lauf befindlichen Kemal Ademi um. Der Tages-Anzeiger, offenbar beeindruckt von Ademis bei Valentin Stocker abgeschauter Theatralik hätte in dieser Szene fälschlicherweise einen Platzverweis ausgesprochen – Gelb war korrekt. So lange der Schiedsrichter richtig entscheidet, ist es ja noch ganz amüsant, zuzuschauen, wie einem auf den Boden fallenden Spieler erst etwas spät noch in den Sinn kommt, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, einen Platzverweis für einen Gegenspieler herauszuschinden, und dann wie in einer Primarschulturnübung mit seitlichen Bodenrollen selbständig am Boden Tempo aufnimmt, sich das überhaupt nicht getroffene Knie hält, und eine schmerzverzerrte Grimasse reisst. Dafür hätte es einen Platzverweis gegen Walthert nach dessen Handspiel ausserhalb des Strafraums geben müssen. Für Bangura kam Maxsø – kein anderes Team hat so viele verletzungsbedingte Wechsel bereits in der Ersten Halbzeit zu verzeichnen – in den letzten sechs Super League-Partien waren es vier.

Benjamin Kololli unterliefen zwischen der 41. und der 58. Minute fünf kapitale Ballverluste, die alle zu exzellenten Gegenstossmöglichkeiten für Xamax führten – eine davon zum Neuenburger Führungstreffer in der 49. Minute. Schönbächler, Marchesano und Sertic gewinnen nach einem kurz gespielten Freistoss Serey Diés mit durchdachtem lokalem Mittelfeldpressing den Ball, über Kololli und Marchesano kommt dieser zu Ceesay, der das Leder gut auf Kololli weiterleitet und gleichzeitig von Oss „gecheckt“ wird. Schiedsrichter Schärer lässt zu Recht Vorteil laufen, denn Kololli ist in einer ausgezeichneten Position, hat mit dem sich noch nicht in Bewegung befindlichen Sejmenovic und Xhemajli nur noch zwei Gegenspieler vor sich und vier gute Optionen zur Verfügung: 1) selbst mit Ball und Tempo durch die Lücke zwischen Sejmenovic und Xhemajli durchzubrechen, 2) rechts Domgjoni ins Laufduell mit Xhemajli Richtung Tor zu schicken, 3) mit Domgjoni Doppelpass zu spielen, oder 4) auf der linken Seite den viel Raum vor sich findenden schnellen Schönbächler mitzunehmen. Stattdessen führt Kololli den Ball gemächlich vorwärts und läuft schlussendlich in einem Pulk von vier zurückgeeilten Xamaxiens auf, und verliert den Ball gegen Sejmenovic. Die Kugel landet bei Kamber auf der linken Xamax-Seite. Dieser spielt der Seitenlinie entlang einen langen hohen Ball mit viel Drall nach vorne. Pululu deckt den direkten Zugriff zum Ball gegenüber Maxsø geschickt ab. Durch den starken Drall nimmt das Leder beim Aufspringen auf dem Kunstrasen eine starke Richtungsänderung. Beim Versuch diese abrupte Richtungsänderung mitzuvollziehen, rutscht Maxsø aus und muss Pululu ziehen lassen – Ademi lenkt Pululus Hereingabe ins halbleere Tor. Es waren 17 Sekunden, welche im Normalfall den FCZ sehr stark in die Bredouille gebracht hätten. Es ging nochmal gut,  aber so eine Wende gelingt nicht häufig. Mit solch wiederholt vermeidbaren Fehlern schlussendlich das wichtige 0:1 zu kassieren ist nicht akzeptabel.

Am Mittwoch kommt der FC Thun in den Letzigrund. Bei diesem bringen die vor kurzem auf den Platz zurückgekehrten Matteo Tosetti und Moreno Costanzo deutlich mehr Qualität in die Offensive als noch in den Wochen zuvor. Die Defensive verzeichnet vor allem im Zentrum und teilweise auch bei Standards aktuell aber gewisse Schwachstellen. Thun hat mit seinem 1:0-Heimsieg gegen Lugano den Klassenerhalt zu 98% in der Tasche, da Sion und Xamax Mittwochs parallel in der Direktbegegnung aufeinandertreffen. Selbst im für Thun schlimmsten Fall (Niederlage im Letzigrund, Xamax gewinnt in Sion) hätten die Berner Oberländer immer noch zwei Runden vor Schluss sechs Punkte Vorsprung auf den Barrageplatz und zusätzlich ein ziemlich beruhigendes Polster in Punkto Tordifferenz (ca. +10) – auch wenn Sion in der zweitletzten Runde noch bei GC spielen darf und zum Abschluss Thun zur Direktbegegnung empfängt. Gegen Thun hat der FCZ genauso wie im Vergleich mit dem anschliessenden Gegner Luzern in dieser Saison bisher eine positive Bilanz und vor allem ungewöhnlicherweise schon sechs Tore erzielt (gegen Luzern gar sieben). Ohne den gesperrten Bangura könnten bei einer Dreierkette die in Neuenburg am Ende des Spiels auf dem Platz stehenden Nef, Maxsø und Mirlind Kryeziu auflaufen. Eine zu bedenkende Alternative gegen die konterstarken Thuner ist der schnelle Becir Omeragic als Bangura-Ersatz an Stelle von einem dieser drei – oder auf der Rechten Seite.

Xamax – FCZ 1:2 (0:0)

Tore:  49. Ademi (Pululu) 1:0, 77. Rüegg (Ceesay) 1:1, 84. Rüegg (Kasai) 1:2.

Xamax: Walthert; Sejmenovic, Oss, Xhemajli (86. Karlen); Gomes, Serey Dié, Kamber; Doudin, Pickel (46. Di Nardo); Pululu (83. Ramizi), Ademi.

FCZ: Brecher; Nef, Bangura (38. Maxsø), M. Kryeziu; Rüegg, Sertic, Schönbächler (88. Omeragic); Domgjoni (55. Kasai), Marchesano; Ceesay, Kololli.

 

(Standbild: Teleclub)

FCZ gewinnt die Finals, YB weiterhin nicht – Cupfinal Highlights & Bericht

Der FCZ gewinnt gegen den Saisondominator YB  (nur vier Niederlagen in 36 Meisterschaftspartien) in dessen Stadion den Cupfinal 2018 mit einer Willensleistung. Der Siegeshunger hatte das Letzigrund-Team gleichenorts bereits 2014 unter Trainer Urs Meier gegen den FC Basel zum Titel getragen. Als grosse Willensleistung kann auch der Titel 2016 mit dem Trainerduo Forte/Magnin bezeichnet werden – nicht wegen des Gegners, sondern aufgrund der psychologisch äusserst anspruchsvollen Situation wenige Tage nach dem feststehenden Abstieg.

https://soundcloud.com/fcz-radio/cupfinal-fcz-yb-21-highlights

Der FC Zürich hat mittlerweile mit 10 Titeln in 11 Finals eine ähnliche Cupfinalbilanz wie der FC Sion (13 Titel in 14 Versuchen). Sion und der FCZ unterscheiden sich von den meisten anderen Schweizer Klubs durch eine jahrzehntelang gleichbleibende Führung, die im Laufe der Zeit viel Erfahrung in der Vorbereitung von wichtigen Spielen angehäuft hat. Luisier und Constantin im Wallis, Hotz und Canepa in der Limmatstadt. Die Einheit im Klub ist für den Teamspirit der 1. Mannschaft in grossen Partien förderlich. Aussergewöhnliche Massnahmen wie die Vorbereitungswoche bei der FIFA auf dem Zürichberg sind schnell beschlossen und umgesetzt. Während in anderen Klubs jeder Verantwortliche darauf bedacht ist, in seinem Verantwortungsbereich einfach einen guten Job zu machen – aber häufig nicht darüber hinauszudenken und -handeln.

YB hat seit dem Cupsieg 1987 in den letzten 31 Jahren alle seine sechs Finalspiele in Cup und Meisterschaft verloren. Der FCZ hingegen ging im gleichen Zeitraum in allen seinen sieben Finals als siegreiches Team hervor! Dabei hat YB in dieser Zeitperiode in der obersten Schweizer Liga insgesamt rund 200 Punkte mehr auf sein Konto gebracht, als der FCZ.  Abgesehen von Einwechselspieler Sarr (trotz seiner Rolle in der Vorbereitung einer guten Torchance), spielte am Sonntag die ganze Mannschaft auf persönlich hohem Niveau. Speziell den beiden während der Spielzeit 17/18 durchzogene Leistungen zeigenden Skandinaviern Thelander und Palsson gelang ihr bestes Spiel im FCZ-Dress. Palsson beispielsweise gewann fast jedes Kopfballduell mit Guillaume Hoarau. Auch Cédric Brunner (unter anderem Vorbereiter des 1:0) gelang zu seinem Abschied eine gute Partie und ein perfekter Abschluss.

Der FCZ war nicht das erste Team, welches bei YB Kasim Nuhu als Schwachpunkt eruiert und ausgenutzt hat. YB seinerseits agierte vorwiegend über die rechte Seite, um von den Defiziten Pa Modous in der Rückwärtsbewegung zu profitieren. Da Mbabu-Ersatz Jordan Lotomba seine seit dem Last Minute-Tor gegen Dynamo Kyiv im letzten August wenig erbauliche Saison nahtlos fortsetzte, und mit einem Fehlpass gar das erste Zürcher Tor einleitete, konnte YB erst im zweiten Durchgang mit dem eingewechselten Thorsten Schick diese Taktik so richtig in die Tat umsetzen. Der 1:2-Anschlusstreffer entstand denn auch über diese Seite nach einer kurzen Flanke Ngamaleus von der Strafraumgrenze, nachdem Pa Modou einen Stellungsfehler Kryezius hatte ausbügeln müssen. Aber bei YB erreichten an diesem Tag insgesamt zu wenige Spieler ihr Rendement, um einen sehr gut eingestellten FCZ selbst in Überzahl noch bezwingen zu können.

https://soundcloud.com/fcz-radio/tempo-und-wille-cupfinal-fcz-yb-spielinfos

FCZ – YB 2:1 (1:0)

Tore: 11. Frey (Brunner) 1:0 ; 75. Marchesano (Pa Modou) 2:0, 80. Sulejmani (Ngamaleu) 2 :1.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Brunner, Kryeziu; Rüegg, Palsson, Pa Modou; Marchesano (78. Schönbächler), Domgjoni (46. Sarr); Frey (92. Rodriguez), Winter.

Young Boys: Wölfli; Lotomba (46. Schick), Nuhu, Von Bergen, Benito (76. Ngamaleu); Sulejmani, Sanogo, Bertone, Fassnacht; Assalé (59. Nsamé), Hoarau.

Kadertalk: die grosse Übersicht vor dem Auftritt am Samstag im Tourbillon

Morgen Freitag Abend nach dem Nachmittagstraining reist der FCZ ins Wallis, um sich im «CC-Land» auf das Auswärtsspiel beim FC Sion vorzubereiten. In den bisherigen vier Spielen unter Magnin (zwei Siege, zwei Niederlagen – alle im Letzigrund) hat der neue Zürcher Coach in jedem Match Fortschritte bei seinem Team gesehen: «Wenn wir weiter solche fussballerischen Fortschritte machen, dann werden irgendwann die Punkte kommen. Die Frage ist, wie lange es dauert bis dahin. Ich hoffe, es geht schnell». Die zweiwöchige «Nati-Pause» war für das neue Trainerteam daher ideal, auch wenn ein Teil der Spieler nicht im Training mit dabei war.

Sion unter Jacobacci: eine andere Mannschaft

Als Waadtländer sind für Magnin Spiele gegen den FC Sion immer speziell. Die Rivalität zu den Wallisern verkörpert er mit Fleisch und Blut – und in seiner direkten Art mit nicht wirklich netten Bezeichnungen über die Kantonsnachbarn im privaten Gespräch. Mit Christian Constantin kommt der FCZ-Trainer aber gut aus, «auch weil ich nie geschäftlich mit ihm zu tun hatte», wie er augenzwinkernd hinzufügt. «Natürlich hat auch Constantin Fehler gemacht. Jeder macht Fehler». Magnin hält Constantin aber zu Gute, dass er sich wie Magnin selbst nicht alles gefallen lässt. Zudem hat der Zürcher Coach generell grossen Respekt vor allen Klubbesitzern im Schweizer Fussball: «In der Schweiz kann man kein Geld damit verdienen. Sie machen das alles aus Liebe zum Fussball».

Die Sperre gegen Constantin habe den FC Sion sicherlich den ein oder anderen Punkt gekostet. Den FC Sion sieht Magnin als ein unter dem neuen Trainer Jacobacci völlig verändertes Team, welches ganz anders auftritt, als zuvor, und trotz zwischenzeitlichem bereits relativ grossen Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz nun drauf und dran sei, den Klassenerhalt zu schaffen. Die Punktedifferenz zwischen dem nun auf Platz fünf liegenden FCZ und dem Schlusslicht aus dem Wallis beträgt nur noch 11 Punkte – deutlich weniger, als der Abstand zwischen YB und dem FCB an der Tabellenspitze beträgt.

Intensives Training in der Länderspielpause

Das Team der beiden aus der FCZ Academy stammenden Martin Angha und Anto Grgic sowie des langjährigen FCZ-Profis Burim Kukeli ist gemäss Magnin zur Zeit offensiv etwas von 1-2 Spielern abhängig: «Uns wäre es lieber, Carlitos würde immer noch in der U21 spielen, als gegen uns. Allerdings haben wir gegen YB bewiesen, dass wir die Seiten gut zumachen können». Gefallen hat Magnin gegen den Tabellenleader, dass seine Mannschaft trotz aggressivem Pressing des Gegners flach hintenraus spielen konnte. Rasmus Thelander hat dies dann aber bei der zweiten Penaltyszene übertrieben: «die Spieler müssen merken, wann sie ausnahmsweise auch mal einen Ball auf die Tribüne schiessen sollen».

In der Länderspielpause hat sich beim FCZ wieder einiges getan. Das Trainerteam der Ersten Mannschaft arbeitet physisch wie auch taktisch intensiv mit der Mannschaft. Eine Morgensession kann gut und gerne zweieinhalb Stunden dauern. Ungeachtet dessen, dass am Nachmittag noch eine weitere Übungseinheit ansteht. Frage an einen der jungen Spieler nach dem Training: «Jetzt bist du wohl bereit für einen Mittagsschlaf?», Antwort: «Mittagsschlaf? Jetzt könnte ich den ganzen restlichen Tag durchschlafen».

Die Zeit der Rückkehrer

René van Eck ist trotz «Schweinfurt-Meldung» im «Blick» immer noch da und stellt sich in der taktischen Übung beispielsweise direkt hinter einen Verteidiger und dirigiert ihn persönlich, wenn dieser sich nach Ansicht von Trainer Magnin fünf Meter zu wenig nach links verschoben hat. Im Gespräch mit Züri Live zeigt sich Ludo Magnin zuversichtlich, dass der Holländer auch bleiben wird.

Konditionstrainer Tobias Powalla ist nach dem Abgang von Philippe Hasler aus Aarau zurückgekehrt. In der Länderspielpause hatte der 32-Jährige auf jeden Fall schon mal alle Hände voll zu tun. Überhaupt ist es die Zeit der Rückkehrer. Stürmer Kilian Pagliuca ist aus Wohlen zurück. Magnin will den Genfer unbedingt in den nächsten Wochen bei sich haben und intensiv beobachten, um dann entscheiden zu können, wie es im Sommer weitergeht: «Unser Kader kann nicht ausschliesslich aus jungen Spielern bestehen. Ein Teil bleibt im Team, ein Teil wird ausgeliehen und ein Teil setzt die Karriere in einem anderen Klub fort. So ist Fussball», meint Magnin gegenüber Züri Live. In der aktuellen Saison konnte sich «Kili» weder bei Wohlen, noch zuletzt in der U21 oder im Test mit der 1. Mannschaft gegen Aarau empfehlen. Der 21-Jährige kann sich auf allen drei Stufen gegen seine Gegenspieler nicht richtig durchsetzen – und schiesst so gut wie keine herausgespielten Tore.

Das Vertrauensverhältnis Magnin – Brecher

Seit neuestem wieder zurück im Training der 1. Mannschaft des FCZ ist auch Novem Baumann (Bild rechts)! An den Wochenenden wird er allerdings weiterhin zumindest noch bis Ende Saison bei Challenge League-ist Rapperswil-Jona auf der Ersatzbank sitzen und sich im Falle einer Sperre oder Verletzung von Nr.1-Keeper Diego Yanz für einen Einsatz bereithalten. Wie genau Baumann im engeren Sinne im Training in der Rolle der anderen Goalies zum Zuge kommt, wird sich noch weisen. Vorderhand spielt er im Trainingsspiel auch mal als Rechter Aussenverteidiger (und schlägt sich dabei ganz ordentlich) und absolviert mit Goalietrainer Davide Taini Spezialeinheiten zur Messung seiner Fitness.

Yanick Brecher ist die Nr. 1, und wird es voraussichtlich auch über den Sommer hinaus bleiben. Mit ihm hat Trainer Magnin im Herbst in der U21 ein spezielles Vertrauensverhältnis aufgebaut: «Brecher bringt alles mit, was ein Super League-Goalie braucht. Und er ist Zürcher», meint Magnin dazu zu Züri Live. Die einzige offene Frage sei für ihn gewesen, ob Brecher dem Druck in der Super League standhalten könne, und dies werde nun eben bis Saisonende getestet. Zu Yann-Alexandre Fillion äussert sich der Waadtländer hingegen eher zurückhaltend. Er ist nach seiner Operation wieder im Mannschaftstraining. Wie es weitergeht, ist noch ungewiss.

Gelungenes Début von Michael Kempter

Magnin will sehen, dass sich die Spieler über die Zweite Mannschaft empfehlen. «Wer in der Promotion League nicht gut spielt, hat in der 1. Mannschaft keine Chance», meint der 38-jährige weiter gegenüber Züri Live unmissverständlich. Gut gespielt hat bei seinem Comeback nach Kreuzbandriss nach seiner Einwechslung in der Halbzeitpause der Promotion League-Partie gegen den FC Basel II gestern Mittwoch trotz 1:2-Niederlage (0:2 zur Pause) Michael Kempter. Der 23-jährige vom Mutschellen spielte, wie wenn er nie weggewesen wäre, war der beste Mann der Zweiten Halbzeit und konnte seine Schnelligkeit sowohl im Dienste der Offensive wie auch der Defensive ausspielen. Der beim Spiel anwesende Magnin wird registriert haben, dass auf den mit dem U20-Nationalteam 3:2 in Italien siegenden Neu-Zürcher Tobias Schättin (64 Minuten-Einsatz als offensiver linker Flügel) harte interne Konkurrenz wartet. Mit der 1. Mannschaft hat der ehemalige Winterthurer bisher kaum trainiert. Trotzdem ist er für Magnin ein Kandidat für das Kader in Sion: «Er ist jetzt gesund. Und wir haben mit dem SFV einen Deal gemacht, damit er zu Spielpraxis kommt. Das war eine Win-Win Situation».

Gegen sehr diszipliniert agierende Basler, die im ersten Durchgang durch zwei Tore von Davide Callà 2:0 in Front gegangen waren (das erste ein direkt verwandelter Freistoss von der Seite, bei welchem der Routinier aus Winterthur den Erfahrungsschatz des 17-jährigen Calvin Heim im Zürcher Tor vergrösserte), war Kempter einer der Faktoren, der die Aufholjagd noch realistisch werden liess. Das Trainerduo Chappuis / Russheim, welches die U21 in dieser Zusammensetzung bis Ende Saison betreuen wird, hatte zur Pause umgestellt. Neben Kempter wurde der ebenfalls erst vor kurzem von einer längeren Verletzung zurückgekehrte Kenith Catari eingewechselt. Der traditionell meist als Rechtsverteidiger auflaufende 18-jährige agierte in einem neu als Raute formierten Vierermittelfeld auf der 10-er Position und machte unter anderem von da aus in der Balleroberung Druck auf die Rotblauen.

Kastrijot Ndau überzeugt im U19-Nationalteam

Aus der Abwehr auf die Sechserposition vorgerückt war für die zweiten 45 Minuten der spielerisch starke Albin Sadrijaj (ja, auch er zurück nach einem halben Jahr Verletzungspause wegen Kreuzbandriss!) und bereitete von da aus den Anschlusstreffer von Yannik Kouamé mustergültig vor. «Nur» etwas mehr als zwei Monate weggewesen war nach einem zum Trainingsbeginn nach der Winterpause zugezogenen Aussenbandanriss im Knie Yassin Maouche (im Bild rechts gegen Davide Callà), der in der Ersten Halbzeit im Mittelfeld zum Einsatz kam. Der Mittelfeldspieler versuchte sich mehrmals mit (missglückten) Weitschüssen, liess, wie es seine Art ist, jeweils sehr schnell den Kopf hängen, und fiel in der Folge dann noch mit zwei mit viel Tempo ausgeführten Tacklings mit der Sohle voran auf, wobei er beim zweiten richtigerweise Gelb sah. Zur Pause wurde der 20-jährige zusammen mit dem wenig wirkungsvollen und defensiv etwas zu wenig mitarbeitenden Eric Tia ausgewechselt.

Als Zuschauer im Heerenschürli dabei war Verteidiger Mirlind Kryeziu. «Ich würde ihn gerne sehr bald in der Mannschaft sehen. Er hat eine unglaublich gute Spieleröffnung diagonal mit dem linken Fuss», sagt Magnin. Aber es gibt nach dem im November vollständig auskurierten Kreuzbandriss ein paar Punkte, an denen der 21-jährige noch arbeiten muss. Maren Haile-Selassie seinerseits fehle es noch etwas an Muskeln. «Bei Maren ging alles sehr schnell und er ist früh in der Ersten Mannschaft zum Einsatz gekommen. Er braucht weiter Zeit und Einsätze, um sich zu entwickeln», meint Magnin zu dieser Personalie. Haile-Selassie war mit dem U19-Nationalteam in Wil bei zwei Testpartien gegen Finnland engagiert. Beim 4:0-Sieg am Freitag wurde er in der Schlussphase eingewechselt, war bemüht, aber konnte nicht mehr viel bewegen. Beim 2:2 Unentschieden am Montag stand er in der Startformation. Genauso wie Izer Aliu, der erst auf das zweite Spiel hin zum Team stiess, als Captain aufs Feld lief, und in der 69. Minute gemeinsam mit Gegenspieler Saku Ylätupa die Rote Karte sah. Diesem fehlt auch beim FCZ trotz grossem Talent häufig immer noch etwas „der letzte Zwick“ an der Geisel, währenddessen beispielsweise Toni Domgjoni in den letzten Wochen Pluspunkte gesammelt hat, und immer besser ins Team findet. Ebenfalls in der Startformation standen in Wil am Montag Lindrit Kamberi und Fabio Dixon. Beim 4:0-Sieg am Freitag spielten hingegen Kastrijot Ndau und Kenith Catari von Beginn weg. Ndau gehörte zu den besten Spielern auf dem Platz und trug als Relaisstation im Mittelfeld viel zum flüssigen Spiel des SFV-Teams bei. Catari (im Bild links am Ball, im Hintergrund Ndau) konnte über die rechte Seite Druck entfachen – es fehlte ihm aber in der ein oder anderen Szene noch etwas an Zielstrebigkeit.

Drei Identifikationsfiguren – drei auslaufende Verträge

Alain Nef (36), Cédric Brunner (24) und Marco Schönbächler (28): das sind die drei Spieler der 1. Mannschaft, welche wie keine anderen den FCZ verkörpern. Gemeinsam haben die drei Identifikationsfiguren, dass bei allen (neben den ausgeliehenen Yapi und Simonyan) der Vertrag im Sommer ausläuft. Mit ihnen laufen Gespräche. Trainer Magnin sagt zu Züri Live: «Wir schätzen diese Spieler. Ich habe intern erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen und mit ihnen planen würde. Jetzt ist die Frage, ob sich die Spieler und die sportliche Führung finden. Ob es eine Win-Win Situation gibt, und beide Seiten das Gleiche wollen». Was lässt sich nun daraus schliessen? Es wäre überraschend, wenn es mit Cédric Brunner zu keiner Einigung kommen würde. Dieser war in der laufenden Saison bisher der solideste Zürcher Verteidiger mit der besten Züri Live-Durchschnittsnote (6,5), er brennt für den Verein – gleichzeitig passt er auch vom sportlichen Niveau her gut in den FCZ. Er kann im Team ein wichtiger Spieler sein – gleichzeitig ist das Interesse von sportlich deutlich über dem FCZ stehenden Vereinen an ihm sicherlich eher beschränkt.

Im Training hat Magnin Alain Nef kürzlich im Jux zugerufen: «Du wirst mit 50 noch hier sein». In der Realität wird sich die Aussage «ich habe erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen würde» wohl vor allem auf Nef beziehen. Man kann spekulieren, dass Magnin Nef gerne noch eine Saison in der Mannschaft hätte, wenn sich dieser mit der Ersatzrolle zufrieden gibt. Bei Marco Schönbächler gibt es zwei heikle Punkte: erstens kommt er erst gerade wieder von einer Verletzung zurück. Kann Schönbi bereits vor Saisonende wieder auf 100% kommen und somit eine gewisse Sicherheit bezüglich seiner künftigen Leistungsfähigkeit bieten? Dazu kommt das Finanzielle: der frühere Nationalspieler hat mit Sicherheit einen der besten Verträge im Kader. Da die längeren Verletzungen in den letzten Jahren einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor für die Zukunft mit sich bringen, wird «Schönbi» vermutlich wesentliche finanzielle Abstriche machen müssen, sollte er beim FCZ bleiben. Der Kreativität sind aber grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Es gibt sicherlich die Möglichkeit, eine flexible Lösung zu finden, die unter den gegebenen Voraussetzungen alle Parteien zufriedenstellt.

Fünf FCZ-ler tragen zur EM-Qualifikation bei 

Nach der 2:4-Niederlage nach 2:0-Pausenführung in Neuenburg gegen Portugal, hat das U21-Nationalteam praktisch keine Chance mehr auf eine EM-Qualifikation. Ex Academy-Talent Djibril Sow bestätigte seine gute Form und war nicht nur wegen seines frühen Führungstreffers einer der besten Spieler auf dem Platz. Als er sich bei einer Abwehraktion im eigenen Strafraum verletzte und liegenblieb, fiel beim Portugiesischen Konter der 1:2-Anschlusstreffer, welcher die Wende einleitete. Nach dem 2:2 ging es für Sow nicht mehr weiter und er wurde in der 58. Minute durch Kevin Rüegg ersetzt. Dieser hatte einige gute Aktionen und konnte dabei mit einem starken Dribbling im Mittelfeld beim Stand von 2:3 eine Schweizer Topchance einleiten. Ziemlich enttäuschend war einmal mehr im U21-Nationalteam der Auftritt von Ex FCZ-ler Dimitri Oberlin. Der gleichzeitig auch für die U20 Nationalmannschaft aufgebotene Fabian Rohner kam eine Viertelstunde vor Schluss rein, konnte aber keine Akzente mehr setzen.

Einen schönen Erfolg konnten hingegen die fünf FCZ-ler des 01-er Jahrgangs Ilan Sauter, Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Henri Koide und Filip Frei feiern. Sie haben mit Trainer Stefan Marini dem SFV auf U17-Stufe mit dem Ersten Gruppenplatz in der Eliterunde noch knapp vor Portugal nach fünf Jahren wieder einmal die Qualifikation für eine EM-Endrunde beschert. Diese findet im Mai in den Englischen Midlands statt – Final im «New York Stadium» von Rotherham, Vorstadt von Sheffield. 2013 war die Schweizer U17 mit Fellmann, Von Niederhäusern, Elvedi, Stettler, Grgic und Pagliuca mit nur einem Punkt aus den drei Gruppenspielen von der Endrunde wieder nach Hause gereist. Sauter, Sohm und Krasniqi wurden bei den Siegen gegen Finnland und der Slowakei, sowie dem Unentschieden gegen Portugal in allen drei Spielen eingesetzt – Sauter und Sohm immer in der Startformation. Verteidiger Sauter erzielte beim 2:1 gegen Finnland gar das Game Winning Goal. Frei und Koide wurden je einmal eingewechselt. Sauter und Krasniqi spielten zuletzt auch beim Test der 1. Mannschaft gegen Aarau (Krasniqi erzielte das einzige Zürcher Tor per Penalty), Sohm trainierte ebenfalls mit der 1. Mannschaft mit, allerdings ohne anschliessend gegen Aarau zum Einsatz zu kommen.

Von Forte zu Magnin: der FCZ löst seine Langzeitwette ein

Uli Forte ist nicht mehr Trainer der 1. Mannschaft des FC Zürich. Dies hat die Führung des FCZ nach dem unter dem Strich unbefriedigenden Start in die Rückrunde entschieden. Neuer Trainer ist der bisherige Academy-Coach Ludovic Magnin. Auch wenn offenbar viele Beobachter diesen Schritt nicht erwartet haben, kommt er nicht überraschend. Es gab in den letzten Jahren nie einen sichereren Tip im Schweizer Trainermetier, als dass der nächste FCZ-Trainer Ludovic Magnin heissen wird. Die Frage war nicht ob, die Frage war wann.

Stereobeschallung für die Spieler im ersten Training

Heute steht Magnin erstmals auf der Allmend Brunau als Cheftrainer der 1. Mannschaft auf dem Platz, nachdem er vor etwas weniger als zwei Jahren bereits einmal als Assistent von Uli Forte im «Eins» ausgeholfen hatte. Die Spieler werden gleich Stereo bombardiert von den Kommandos Magnins und seines nicht weniger lauten Assistenten René Van Eck. Auch Zoltan Kadar passt sich der höheren Lautstärke an. Man könnte nun denken, dies würde die jungen Spieler einschüchtern. Beim FCZ ist dies aber anders. Die Jungen scheinen sich sofort wohl zu fühlen, denn sie kennen „Herr Magnin“ bereits gut. Gewöhnungsbedürftig und ein Stilbruch ist das Ganze hingegen für die ausländischen Spieler. Forte war auch bestimmt und konnte laut werden – aber gleichzeitig immer auch «italienisch-familiär».

Die Atmosphäre, welche das Duo Magnin/Van Eck beim ersten Training bei eisigen Temperaturen auf der Allmend Brunau verströmt, hat hingegen erstmal etwas von: «Auf zur nächsten Schlacht. Jeder muss selbst schauen, dass er das Tempo mithält. Niemand bleibt liegen. Wer etwas hat, soll selbst schauen. Wir haben keine Zeit, uns mit Verletzungen und Befindlichkeiten zu beschäftigen.». Natürlich hat dies auch damit zu tun, dass aktuell wirklich keine Zeit da ist. Es steht mit den zwei Derbies hintereinander einer der Saisonhöhepunkte vor der Tür. «Gegen einen der besten Taktiktrainer der Schweiz», wie sich Magnin später an der Pressekonferenz ausdrückt. Der 38-jährige sieht sich selbst durchaus als Trainer, der auf die individuellen Bedürfnisse auch der ausländischen Spieler eingehen kann und will, gerade auch weil er durch seine Erfahrung als Ausländer in Deutschland sich in deren Situation hineinfühlen kann. Aber: «manchmal gibt es auch kein Pardon. Ich habe gerne Spass, aber im Leben ist nicht alles ein Spass. Ich trage eine grosse Verantwortung gegenüber dem Verein.»

Der erste Trainer-Kandidat einer ganzen Nati-Generation

Magnins Weg dahin, wo er heute steht, war schon früh vorgezeichnet. Den ehemaligen Linksverteidiger zum Cheftrainer aufzubauen war im FCZ von Anfang an ein langfristiges Projekt. Dies ist auch der Hauptgrund für die nun festgelegte lange Vertragsdauer bis 2020. Das Vertrauen in seine Qualitäten ist gross. Und dies nicht ohne Grund. Hätte man vor 10 Jahren einen Experten wie Köbi Kuhn gefragt, wer von der damaligen Nationalmannschaftsgeneration als möglicher vielversprechender Trainer in Frage kommt, hätte dieser wohl sicherlich unter anderem Namen wie Benjamin Huggel oder Christoph Spycher genannt. Gut möglich, dass auch derjenige des heutigen Basel-Trainers Raphaël Wicky gefallen wäre, eventuell Alex Frei. An erster Stelle hätte Kuhn aber wohl Ludovic Magnin genannt: das «Mentalitätsmonster» aus dem Waadtland. Wenn es in der Neuzeit jemals einen Spieler gegeben hat, der es wirklich nur mit Willenskraft und ganz sicher nicht wegen dem in die Wiege gelegten Talent in die «Schweizer Nati» geschafft hat, dann Magnin. Seinen ehemaligen Schützling heute als FCZ-Trainer zu sehen, wird Kuhn sicherlich speziell freuen.

Die mentale Stärke als grössten Pluspunkt gemein hat Magnin mit Ricardo Rodriguez, seinem Nachfolger als Linksverteidiger beim FCZ und in der Nationalmannschaft, mit welchem sich seine Wege als Fussballer bei seiner letzten Profistation in Zürich auf ganz eigentümliche Art und Weise gekreuzt hatten. Magnin war im Winter 2009/2010 als Leader geholt worden, der diesbezüglich den Stab des gesundheitlich angeschlagenen Hannu Tihinen übernehmen und die Mannschaft führen sollte. In einem Fussballteam ist es aber nun mal so, dass nur einer der vier, fünf sportlichen Leistungsträger auch als Leader auftreten kann. Das war Magnin nicht. Er hatte mit 30 Jahren seine Möglichkeiten bereits ausgereizt und den Zenit überschritten. Seine Highlights im FCZ-Dress waren rar gesät.

Was Magnin mit Ottmar Hitzfeld verbindet

Zudem kam gleichzeitig mit Magnin der frischgebackene U17-Weltmeister Rodriguez in die 1. Mannschaft. Die Idee war, dass dieser im Windschatten von Stammspieler Magnin über längere Zeit an die Super League «herangeführt» werden sollte. In der Realität aber war Rodriguez von Anfang an einfach besser. Dass Trainer Urs Fischer in der darauffolgenden Saison 2010/2011 auf dieser Position zu lange mit der Wachablösung wartete und insbesondere in den entscheidenden Partien in St. Gallen, gegen Basel und im Derby gegen GC nach einer siegreichen Serie mit Rodriguez wieder auf Magnin setzte, war einer der Gründe für den in jener Saison knapp verpassten Meistertitel.

Seither hat sich der Fussball nochmal weiterentwickelt. In Topligen hat die Anzahl Trainer, die früher selbst Topspieler waren, immer weiter abgenommen. Die Erkenntnis hat sich definitiv durchgesetzt, dass ein guter Toptrainer völlig andere Qualitäten benötigt, als ein Topspieler. Er muss ein sehr guter Analytiker, Manager, Kommunikator sein – und er muss ein enorm gutes Gespür für die unterschiedlichsten Menschen haben. Sehr wichtig, gerade auch in der Schweiz mit dem starken Fokus auf Ausbildung von jungen Talenten, ist ein pädagogisches Flair. Profifussballtrainer mit abgeschlossener Lehrerausbildung gibt es nicht viele. Einer ist Ottmar Hitzfeld, ein zweiter: Ludovic Magnin.

Magnin nimmt den zwischenzeitlich verlorenen Faden wieder auf

Auch wenn seine Zeit als Spieler der 1. Mannschaft nicht ganz so wie von allen Seiten erhofft verlief: Ludo Magnin und FCZ – das passt zusammen. Neben Köbi Kuhn ist vor allem der für die jüngste FCZ-Geschichte so prägende Lucien Favre eine ganz enge Verbindung. Favre und Magnins Vater Jean-Claude waren beste Schulfreunde. Und Ludo wurde schon früh zu so etwas wie einem Ziehsohn von «Lulu». Favre war Magnins C-Juniorentrainer in Echallens und ermöglichte diesem später den Einstieg in die Nationalliga A bei Yverdon-Sport. Schon bald darauf ging Magnin mit seinem Wechsel nach Lugano eigene Wege und wurde später mit zwei verschiedenen Klubs Deutscher Meister (Werder Bremen, VfB Stuttgart). Es gibt nicht viele Spieler, die so etwas von sich behaupten können – noch dazu ohne jemals bei Bayern gespielt zu haben. Magnin und Favre waren seit der frühen Zeit in Yverdon nie mehr am gleichen Ort tätig, blieben aber trotzdem jeweils in engem Kontakt – lange Zeit «täglich» wie es heisst…

Magnin nimmt den Faden der guten Tradition der stilprägenden Westschweizer Trainer beim FCZ wieder auf. Ganz früher mit dem «Philosophen» Daniel Jeandupeux, und später dann Lucien Favre und Bernard Challandes. Alle gewannen sie Titel. Auch die beiden Zürcher Trainer Urs Fischer sowie Urs Meier hatten die durch Favre installierte Philosophie als ehemalige Academy-Trainer mitgetragen und weiterentwickelt. Gleichzeitig ist Magnin nun schon lange auch in der Deutschschweiz zuhause – durch den FCZ (seit acht Jahren im Verein!) und natürlich vor allem auch seine Ostschweizer Ehefrau Chantale. Mehr «passen wie die Faust aufs Auge» geht nicht.

Derby-Emotionen auch auf Juniorenstufe!

Die Resultate Magnins als U18- und U21-Trainer waren unterschiedlich. Aber Resultate haben in der Academy nur teilweise Aussagekraft. Weil sie nicht das Hauptziel sind. Trotzdem bemerkenswert der U18-Schweizer Meistertitel vor zwei Jahren, und vor allem die Art und Weise wie er in den Finalspielen gegen Servette, den FC Basel und GC zustande kam. Eins schon mal vorweg: die FCZ-Jungs waren heiss. Sehr heiss. Die Emotionalität des Trainers beeinflusste definitiv die mit Herz kämpfende Mannschaft mit Izer Aliu, Fabian Rohner, Lavdrim Rexhepi, Maren Haile-Selassie und Captain Toni Domgjoni, über sich hinauszuwachsen und hohe Hürden zu überwinden.

Die Partien waren hitzig – Gelbe Karten oder gar Platzverweise gab es nicht zu knapp. Der Trainer wurde in Basel vom Schiedsrichter von der Trainerbank verwiesen. Trotz aller Widrigkeiten siegte der FCZ mit viel Teamgeist und Emotionen – nach einem 1:3-Rückstand und mit zwei Mann Unterzahl in der Verlängerung. Beim damaligen dramatischen auf dem Campus in Niederhasli vor rund 600 Zuschauern gewonnenen Final herrschte mehr Derby-Stimmung als bei manchem Duell der beiden 1. Mannschaften im Letzigrund. Der GC-Defensivspieler Leotrim Nitaj (Torschütze zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung GCs in der Verlängerung) liess sich dadurch so aufstacheln, dass er nach der Partie wegen seines Verhaltens von der Geschäftsleitung um Manuel Huber aus dem Klub verbannt wurde. Er war damals auf dem Campus eines der grössten Talente seines Jahrganges – heute spielt er in Thalwil. Auf GC-Seite werden sich die regelmässig in der 1. Mannschaft eingesetzten Akteure Nedim Bajrami und Petar Pusic spätestens dann wieder gut an jene Partie erinnern, wenn sie am Sonntag auf der gegnerischen Trainerbank Magnin ausmachen werden.

Züri Live-Spielbericht vom U18-Halbfinal 2016 in Basel

Züri Live-Spielbericht vom U18-Final 2016 in Niederhasli

Magnin: ausgezeichnete Kenntnis der kommenden FCZ-Talente

Die Voraussage sei gewagt: für Emotionen und Unterhaltung wird in Zukunft im Letzigrund noch mehr als bisher gesorgt sein. Die Liga kann sich auf etwas gefasst machen. Man darf die Emotionen Magnins aber nicht allein als kurzfristige Motivationskniffe missverstehen. Die mentale Entwicklung ist für angehende Fussballprofis auch langfristig wichtig. Und dass Magnin als Trainer auch in allen anderen Belangen wie Taktik und Trainingsgestaltung top ausgebildet und dem neuesten Stand ist, versteht sich von selbst. Taktisch ist er ähnlich flexibel wie Forte und liess auch in der U21 die unterschiedlichsten Systeme spielen (meist ebenfalls mit Dreierabwehr). Mit der 1. Mannschaft will er einen Schritt nach dem anderen gehen und für die anstehenden Spiele nicht gleich alles auf den Kopf stellen. Für die kommenden zwei, drei Jahre ist es aber ein Riesenvorteil, dass Magnin die kommende Generation der jetzt schon mit der 1. Mannschaft trainierenden und ab Sommer noch zusätzlich dazustossenden Talente sowohl persönlich wie auch fussballerisch in- und auswendig kennt. Neben dem oben erwähnten Meisterteam (98-er Jahrgang) hat Magnin in der U18 beispielsweise auch Rüegg, Kryeziu oder Sadrijaj trainiert.

Er kennt auch den 99-er Jahrgang sehr gut, aus welchem es nicht überraschen würde, den torgefährlichen Mittelfeldspieler Lavdim Zumberi (einer der Lieblingsspieler Magnins), Innenverteidiger Lindrit Kamberi, den enorm spielintelligenten Kastrijot Ndau oder den dynamischen Aussenläufer Fabio Dixon schon bald im «Eins» zu sehen. Selbst mit dem von Sportchef Thomas Bickel besonders hervorgehobenen 01-er Jahrgang hat Magnin zuletzt als U21-Trainer schon Bekanntschaft gemacht. Der aus der Region Genf stammende Offensivmann Guillaume Furrer oder der grossgewachsene «Sechser» Simon Sohn durften bereits in die Promotion League-Equipe reinschnuppern. Bledian Krasniqi oder Soheil Arghandewall sind weitere vielversprechende Talente aus diesem Jahrgang (letzterer hat bereits Testspielerfahrung in der 1. Mannschaft). Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Mit dem schon etwas älteren Ivorischen Flüchtling Eric «Chef» Tia hat sich Magnin in den letzten Jahren zusätzlich noch ein etwas spezielles «Projekt» angelacht. Aus administrativen Gründen (Spielbewilligung) konnte dieser erst mit zwei Jahren Verspätung aus Chur zum FCZ stossen, nachdem er von Magnin bei einem Testspiel entdeckt worden war. In der Vorrunde musste sich Tia erstmal im strukturierten Spiel der Academy-Mitspieler akklimatisieren und langsam einfügen. Die junge Reserve-Equipe startete mit nur einer Niederlage in den ersten zehn Partien so gut wie noch nie in die Saison, liess dann aber gegen die  Winterpause hin zunehmend nach, als mehr und mehr mit der 1. Mannschaft trainierende und zurück in der U21 nicht gerade vor Motivation strotzende Akteure zu Spielzeit kommen sollten. Trotzdem beendete die FCZ U21 die Vorrunde auf dem achten Platz im Mittelfeld der Tabelle.

Uli Forte, der «Juli bis November»-Trainer?

Denkt man an die Ära «Uli Forte», in welcher der Brüttiseller auf die Allmend Brunau zurückkehrte, wo er bereits früher mit Red Star zu Hause war, muss man von mehreren Grossleistungen sprechen. Es war ein Grossleistung, wie die Mannschaft sich in den letzten drei Meisterschaftsspielen der Abstiegssaison 15/16 innert kurzer Zeit merklich steigern konnte. Es war eine Riesenleistung unter den damaligen Umständen den Cupfinal zu gewinnen. Es war eine von den meisten Beobachtern enorm unterschätzte Grossleistung, eine Mannschaft zu formen, die in der Challenge League von der Ersten Minute an voll parat war. Xamax war schon letzte Saison als Team sehr stark. Es musste sehr viel zusammenstimmen, dass man nicht das Schicksal der überwiegenden Mehrheit der Super League-Absteiger erlitt. Etwas, was der FCZ der Vor-Forte-Ära wohl so nicht geschafft hätte. Es war beim Stichwort Mentalität ausserdem eine sehr verdankenswerte Leistung, den bei Orlando City populären und sich in Florida äusserst wohl fühlenden Adi Winter für die Mission «Aufstieg» zu begeistern. Und es war eine Grossleistung, eine Europa League-Kampagne hinzulegen, welche die meisten Zweitligisten aus Deutschland, Frankreich oder Italien niemals so hingekriegt hätten.

Die aktuelle Saison zeigt viele Parallelen zur letzten. 2016/2017 spielte der FCZ bis Ende Oktober eigentlich über seinen Verhältnissen. Neben starken Leistungen im Cup und Europacup war dies vor allem für die Liga wichtig. Zum ersten Saisonspiel war Winterthur sehr hoffnungsvoll und topmotiviert in den Letzigrund gereist und rechnete sich gegen den vermeintlich angeschlagenen Absteiger einiges aus. Die sportlichen Zeichen, die der FCZ zu Saisonbeginn setzte, waren wegweisend. Bis und mit dem Auswärtssieg im Direktduell mit Xamax in Neuenburg am 30. Oktober (3:1) waren die Leistungen top – und die Konkurrenz beeindruckt. Man muss sich das nochmal vor Augen führen: als Schweizer Zweitligist spielte man gegen den Spanischen Spitzenklub Villarreal nicht nur im Letzigrund Unentschieden, sondern hätte selbst auswärts im «Madrigal» einen Punkt verdient gehabt. Als dann der FCZ ab November nachliess, hatte die meisten Liga-Gegner bereits etwas der Mut verlassen, und sie traten bei weitem nicht mehr so hoffnungsvoll und aggressiv auf wie noch zu Saisonbeginn. So reichten dann Energieleistungen von einzelnen Mentalitätsspielern wie Alain Nef oder den auf die Rückrunde neu dazugestossenen Rüegg und Dwamena häufig aus, um trotzdem die noch notwendigen Punkte zu holen.

Forte: unter dem Strich viel aus dem Kader herausgeholt

In der aktuellen Saison war die Entwicklung ähnlich. Traumstart mit acht ungeschlagenen Spielen zu Saisonbeginn, eine grosse Kompaktheit im Spiel ohne Ball, und immer wieder nützliche Tore auf Standards. Wieder spielte der FCZ zu Saisonbeginn über seinen Verhältnissen. Mit einer zwar motivierten und ambitionierten, aber abgesehen von den Toptalenten aus dem eigenen Stall nicht mehr als einigermassen soliden Mannschaft – bestehend aus Spielern, die in anderen Super League-Klubs nicht mehr gefragt waren (Vanins, Voser, Pa Modou, Winter, Frey, Cavusevic), den mittelfristigen Durchbruch auf diesem Niveau noch nicht geschafft haben (Marchesano, Roberto Rodriguez), oder in Ländern, die im UEFA-Ranking hinter der Schweiz liegen vom einen durchschnittlichen Klub zum nächsten getingelt sind (Palsson, Bangura, Thelander). Ob wie damals bei der Freistellung von Urs Fischer die Qualität der Neuzugänge intern nicht etwas überschätzt und damit die Arbeit des Trainers unterschätzt wurde, ist eine offene Frage. Forte ist nach Fischer und Meier der dritte der letzten fünf Cheftrainer, der kurz nach Beginn einer Vor- oder Rückrunde freigestellt wird.

Der Einbruch kam diesmal nicht abrupt, sondern schrittweise, dafür aber resultatmässig umso heftiger. Dies natürlich vor allem darum, weil man sich gegen Lausanne, Thun und Luzern nicht «durchmogeln» kann, wie das gegen Chiasso und Winterthur noch möglich war. Die Strategie «Blitzstart» ist aber durchaus eine valable und häufig erfolgreiche Variante – wenn man sich und seine Möglichkeiten realistisch einschätzt. Man kann innerhalb eines Spiels in der Anfangsphase eine höhere Pace gehen, als man über 90 Minuten durchzuhalten vermag, dies zu einer Führung nutzen, und dann mit letzten Kräften versuchen, diese Führung zu verteidigen. Ähnlich kann man auch eine Saison angehen. Das Problem für den Trainer bei einem solchen Vorgehen in einem kurzlebigen Geschäft sind die häufig (zu) hohen Erwartungen, die mit dem Top-Saisonstart geweckt werden, und die fast zwangsläufig abfallende Leistungskurve.

Freistellung von Forte zeichnete sich ab

Dass sich Uli Forte seit der Winterpause intern unter Druck und etwas in die Ecke gedrängt fühlte, war ihm anzumerken. Er reagierte deutlich sensibler als zuvor und verteidigte seine persönlichen Anliegen beispielsweise bezüglich Transferpolitik ziemlich offensiv – die üblichen Floskeln verschwanden. Ancillo und Heliane Canepa sowie der Sportliche Leiter Thomas Bickel hatten grosse Hoffnungen auf das Trainingslager in der Türkei gelegt und wollten «taktisch-technisch» eine Weiterentwicklung sehen. Die kam dann aber nicht. Der FCZ blieb ähnlich berechenbar für die Gegner wie vor der Winterpause. Der neue Cheftrainer setzt sich denn auch gleich mal zum ersten Ziel, «für alle in der Schweiz unberechenbar zu werden. Sie sollen nicht wissen ob wir mit drei Mann kommen, oder mit vier…oder mit zwölf.»

Auch wenn Fortes Freistellung zu diesem Zeitpunkt schlussendlich durchaus «überraschend» gewesen sein kann, kam sie für ihn nicht aus dem Nichts. Mit den zuletzt gezeigten Leistungen und angesichts der sich enorm gut präsentierenden «Kleinen» der Liga wie Thun oder Lugano war eine Involvierung in den Abstiegskampf bis Ende Saison nicht mehr auszuschliessen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Forte mit dem Team den Klassenerhalt geschafft und nächste Saison womöglich wieder einen Blitzstart hingelegt hätte. Letztendlich fielen dann aber Faktoren wie Spielphilosophie, eine noch stärkere Forcierung der jungen Talente und die Unzufriedenheit mit einer gewissen Stagnation einzelner Spieler mehr ins Gewicht. Die Worte des Leiters Sport Thomas Bickel dazu sind deutlich: «Auch ein Trainer muss sich immer weiterentwickeln», und: «eine klare Spielphilosophie war nicht sichtbar». Bickel bezeichnet die Freistellung von Forte als «gefühlte Niederlage» für ihn selbst, denn ein wichtiger Teil der Arbeit des Sportlichen Leiters sei die erfolgreiche Begleitung des Trainers. Bickel nimmt damit die Haltung ein, die eigentlich alle Verantwortlichen von Fussballklubs in solchen Situationen haben sollten. Der Trainer ist nie nur alleine verantwortlich, denn irgendjemand hat den Trainer ja ausgewählt und auf ihn gesetzt. Was nicht heissen soll, dass in diesem Fall die Wahl Fortes zum damaligen Zeitpunkt eine schlechte Wahl war – im Gegenteil.

Ludo Magnin: die beste FCZ-Wette

Mit dem FC Luzern hatte man zudem am Wochenende einen Gast bei sich im Letzigrund, der die Partie eigentlich hätte gewinnen müssen, und dessen neuer Trainer Gerardo Seoane in vielerlei Hinsicht Ludovic Magnin ähnlich ist. Die beiden Gegner vom letzten Sonntag sind auch als Vereine auf Augenhöhe auf dem fünften und sechsten Platz der Liga, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft. Der FCZ hat traditionell die bessere Nachwuchsabteilung, aber Luzern diesbezüglich stark aufgeholt und konnte zuletzt vor allem mehr Junge in die 1. Mannschaft integrieren. Dass dies beim FCZ in Zukunft wieder stärker der Fall sein wird, ist das grosse Anliegen der Zürcher Führungsriege und sie sehen mit Magnin als Cheftrainer dafür die besten Voraussetzungen gegeben. Zumal dieser in den letzten acht Jahren die FCZ-Philosophie gelebt hat und «100% dahinter steht». Die Beförderung Magnins wird wohl zudem auch kein allzu grosses Loch in die Rechnung des FCZ reissen. Nicht weil dessen Ansprüche bescheiden wären, sondern weil dessen Gehalt schon bisher vergleichsweise hoch war. «Topshots» unter den Nachwuchstrainern wie Wicky, Seoane oder Magnin müssen heutzutage nicht mehr am Hungertuch nagen. Nicht zuletzt wegen der hohen Bedeutung der Nachwuchsabteilungen für die Super League-Klubs hat dies durchaus auch seine Berechtigung. Und es verstärkt ihr Gewicht innerhalb der Vereine.

Im heutigen Fussball bewegen sich die Profiklubs auf unterschiedlichen Levels von sportlichen Erfolgen und finanziellen Einnahmen, die sich gegenseitig verstärken wie in einem geschlossenen Kreislauf. In einen höheren Kreislauf gelangen zu wollen ist eine enorme Challenge. Die dafür notwendige (aber noch lange  nicht hinreichende) Voraussetzung ist ein aussergewöhnlicher Trainer der 1. Mannschaft. Klar ist: auch Magnin muss sich erst in der Super League beweisen. Trotzdem ist die Hoffnung auf einen Aufschwung berechtigt. Eine solche Kombination von Identifikation, Leidenschaft und Know-How, wie sie Magnin mitbringt, ist fast einmalig. Trotzdem wäre es unfair, ihn mit Favre zu vergleichen. Solche Trainer, die einen ganzen Verein dermassen auf ein höheres Niveau heben können, gibt es in der ganzen Schweiz maximal einen pro Jahrzehnt. Die Frage ist: wie findet man diesen Jahrzehnttrainer? Oder wie findet dieser seinen Verein? Eines kann man schon von vornherein praktisch ausschliessen: dass dieser Jahrzehnttrainer ein Ausländer sein wird. Denn ausländische Mega-Trainer(talente) verirren sich mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in die Schweiz. Der FCZ hat in den letzten Jahren, in der Magnin sich auf seine heutige Aufgabe vorbereitete, darauf gewettet, dass der heute 38-jährige Waadtländer dieser neue Toptrainer sein wird. Dass die Wette aufgeht, ist nicht garantiert. Aber eine bessere Wette hätte der FCZ nicht abschliessen können.

U18-Final GC – FCZ, Juni 2016

Züri Live-Interview nach Magnins erstem Meisterschaftsspiel als U21-Trainer bei Brühl St. Gallen, August 2017