FC Le Mont – kleiner Klub, viele Stories, 1.Teil «Gute Freunde kann niemand trennen…»

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Angefangen hat alles mit einem Hund. Wie bei so manchen Love Stories. Allerdings nicht auf der Allmend Brunau, sondern im Waadtländer Nordjura. Le Mont-Präsident Serge Duperret setzt sich über die Ligaregularien hinweg und bietet Anfang August Kookie Canepa einen Tribünenplatz im Sous Ville zum Spiel von dessen FCZ gegen Le Mont an. Die «Comic-Ikone» sieht so Marco Schönbächlers wunderschönes Comeback-Tor zum 2:0-Auswärtssieg live. Worauf dessen Herrchen als Dankeschön ein paar Wochen später den Captain der Armenischen U21-Nationalmannschaft dem netten Herrn Duperret ausleiht. Auf Hinweis von Züri Live macht der Blick beim zweiten Aufeinandertreffen eine Story über den Le Mont-Edelfan Emmanuel. François Marque seinerseits spielt in dieser Partie wie auf Drogen. provoziert und teilt schon während der Partie mächtig aus, und versetzt Alain Nef nach der Partie einen Kung Fu-Tritt, worauf Züri Live den lieben Herrn Duperret auffordert, Marques Vertrag aufzulösen.

nitaj-marqueZu Beginn der Wintervorbereitung ist von Marque bei Le Mont denn auch nichts zu sehen. Der 33-jährige sei in Malaysia zu einem Probetraining, heisst es, soll die Rückrunde aber trotzdem noch mit Le Mont bestreiten. Der Waadtländer Klub tritt also ohne den Franzosen in einem 4-3-3 zum ersten Testspiel im verschneiten Basel an. Bengondo schiesst das 1:0 für den Aussenseiter. Mit Lucas hat sich ein weiterer Innenverteidiger Richtung Super League verabschiedet. Dieser konnte bei Le Mont unter anderem von der Systemumstellung auf eine Dreierabwehrkette profitieren, die dem Brasilianer auf den Leib geschneidert war. Le Mont wurde zum defensivstärksten Team der ganzen Liga mit nur fünf Gegentoren in den 10 Spielen mit diesem System.

img_1453Le Mont fordert dem FC Thun auch auf Kunstrasen alles ab

Obwohl Le Mont in der Vorbereitung nun wieder mit einer Viererabwehr agiert, beissen sich die Super League-Vertreter Basel und Thun gegen das Team von Trainer John Dragani die Zähne aus. Der FCB kommt auf seinem Nachwuchs-Campus in der Nachspielzeit mit dem letzten Angriff zu einem glücklichen 2:1-Sieg, während Thun angesichts des klaren Le Mont-Chancenplus in der Stockhorn Arena mit einem 0:0 mehr als zufrieden sein muss. Bei dieser Partie ist der in Luzern nicht mehr erwünschte Innenverteidiger Kaja Rogulj bei den Waadtländern im Test.

img_1451So sieht man sich wieder: Cabral und Artjom Simonyan

Im Training auf dem Kunstrasen von Chavannes und in den Testspielen kommt es ausserdem zu einem kuriosen Wiedersehen. Das FCZ-Missverständnis Cabral ist immer in Begleitung seines Beraters im Le Mont-Dress dabei und wird in Thun zur Halbzeit zusammen mit Artjom Simonyan eingewechselt. Vor anderthalb Jahren hatte der beim FCZ erst gerade neu verpflichtete Waadtländer versucht, sich als «Chef» aufzuspielen und den jungen Mitspieler Simonyan mitten im Cupspiel in Tramelan unter Pfiffen des Heimpublikums physisch attackiert, weil sich dieser erdreistet hatte, einen Freistoss auszuführen.

Gute Freunde kann niemand trennen… Das wusste schon der «Kaiser». Darum wohl sind Simonyan und Cabral nun wieder vereint.

https://youtu.be/03RdBvlA0bw

Während sich Simonyan mit seinen neuen Teamkollegen bereits gut versteht, würdigte er Testspieler Cabral in der Kühlbox von Thun keines Blickes. Dessen Auftritt war denn auch wie gehabt: zuerst ein Anschiss für Mitspieler Titié weil dieser einen von Cabral unpräzise gespielten Pass nicht im Feld halten konnte. Dann wartet der Cousin von Gelson und Edimilson Fernandes jeweils viel zu lange mit dem Abspiel, und als er einmal den offenen Raum nach vorne nutzen will, springt ihm unbedrängt der Ball weit vom Fuss. Le Mont-Trainer John Dragani wird sein funktionierendes Gefüge nicht mit einem solchen Spieler schwächen wollen. Den Auftritt in Thun hatte Dragani allerdings gar nicht mitbekommen. Den in einem Skilager (!) weilenden erfolgreichen Le Mont-Coach ersetzte aushilfsweise Ex-Trainer Claude Gross an der Seitenlinie. Auf der Tribüne sass zudem das von Präsident Duperret kurz vor dem Spiel vom Team Aargau neu verpflichtete Verteidigertalent Anis Ramcilovic.

img_1427Matchblatt bei Thun – Le Mont, im Bild: der im Skilager weilende John Dragani in Jugendjahren, die Unterschrift: von Aushilfs- und Ex-Coach Claude Gross

Grosse Halbzeitbilanz der Challenge League, 1.Teil

Nach der Hälfte der absolvierten Meisterschaft in der Challenge League können die zehn beteiligten Clubs in folgende drei Kategorien eingeteilt werden, je nachdem ob sie über, unter oder den Erwartungen entsprechend klassiert sind:

challenge-league-top-flop-teams-tabelle-1612Im Ersten Teil schauen wir auf die drei Teams, welche in der Vorrunde die Erwartungen übertroffen haben.

Neuchâtel Xamax FCS: Weiterhin Aufstiegskandidat

Der Club profitierte in den letzten beiden Transferperioden vom zuerst mutmasslichen, danach eingetroffenen Konkurs des FC Biel, verlor nach Beginn der Saison mit Mickaël Facchinetti (Thun) und Cédric Zesiger (GC) jedoch zwei wichtige Spieler wegen Transfers in die Super League. Trainer Michel Decastel hatte für viele Aufgaben die richtige Lösung. Und Raphael Nuzzolo präsentierte sich sofort als wirkungsvoller Leader der Mannschaft. Mit Pedro Teixeira und Dilan Qela entwickelten sich dazu zwei Nachwuchsspieler aus der eigenen U18 zu hoffnungsvollen Kräften. maladiere-photokopie

Auf dem Kunstrasen in der heimischen Maladière gewann Xamax sieben Spiele und holte alleine schon so 21 Punkte. Einzig der FC Zürich und der FC Wohlen vermochten dort zu gewinnen. Besonders denkwürdig war der 3:2-Sieg gegen den FC Wil. Die Ostschweizer verloren kurz vor Schluss Jocelyn Roux nach einer Roten Karte und trafen danach durch Gjelbrim Taipi mit einem Penalty den Pfosten. Sie vergaben so das mögliche 1:3. In der Nachspielzeit erzielten die erwähnten Teixeira und Qela für Xamax noch zwei Tore zum vielumjubelten Sieg.

Das Spielfeld der Maladière liegt über dem Feuerwehrdepot der Stadt Neuchâtel. Lief einmal ein Spiel in der ersten Halbzeit noch nicht so gut, so stürmen die Einheimischen nach der Pause wie die Feuerwehr los und wendeten das Spielgeschehen. Der gegenwärtige Challenge League Rekordspieler Mustafa Sejmenovic (295 Einsätze für Yverdon, Baulmes, Biel und Xamax) schoss in der ersten Saisonhälfte drei Tore nach Eckbällen und ist damit der treffsicherste Verteidiger der Liga. Das belegt die Gefährlichkeit der Neuenburger bei Standardsituationen, die meistens von Nuzzolo ausgeführt wurden. Xamax darf im Rennen um den Aufstieg noch nicht ganz abgeschrieben werden. Hätten die Welschen beide Spiele gegen den FCZ gewonnen statt verloren, so wären sie punktgleich mit den Zürchern.

FC Wohlen: Von Niederhäusern mit guten Leistungen

Ausgerechnet nach der 1:3-Niederlage in der 6. Runde gegen den FC Wil verliess Trainer Martin Rueda die Freiämter und wechselte zu den Ostschweizern. Der FC Wohlen stand zu diesem Zeitpunkt nach vier Niederlagen in Serie mit 4 Punkten auf dem zweitletzten Rang. In die Saison startete Rueda mit einem Sieg in Baulmes gegen den FC Le Mont. Wohlen war dadurch vor dem FCZ gar erster Leader in der neuen Saison. Nach der 2. Runde und einem 0:0 daheim gegen Xamax standen die Aargauer noch auf dem 2. Rang, hinter dem FC Schaffhausen. Es folgten sechs Niederlagen in Serie. Und der neue Trainer Francesco Gabriele wurde von den Aargauer Medien schon zu Beginn seiner Amtszeit abgeschrieben, besonders nachdem man in Genf bei Servette 6:1 verlor und auch das Kantonsderby gegen den FC Aarau mit 1:4 zu einem Desaster wurde. Wohlen stand nun auf dem letzten Rang der Tabelle.

niedermatten-fcz-fans-farbigIn Schaffhausen gelang danach ein überraschender 0:1-Sieg, ehe auf der Niedermatten der FCZ trotz des Europa League-Spiels drei Tage zuvor gegen Osmanlispor überzeugend mit 0:5 auftrumpfte. Danach aber liessen die Aargauer richtig aufhorchen. Das sehr heimstarke Xamax wurde in Neuenburg mit 1:4 ausgekontert. Janko Pacar liess sich als dreifacher Torschütze feiern. Mit 18 Punkten aus den letzten 10 Spielen kletterte der FC Wohlen auf den überraschenden 6. Rang. Auswärts waren die Freiämter besonders stark, stehen sie doch mit 15 Punkten auf dem 3. Platz dieser Wertung. Während der alte Trainer mit 0,667 Punkten eine eher schlechte Bilanz aufweist, und am neuen Wirkungsort bereits wieder entlassen wurde, arbeitet der neue mit einer Bilanz von 1,5 Punkten pro Spiel deutlich erfolgreicher.

Der FC Wohlen ist so die Wundertüte der Liga, unberechenbar und zunehmend stabiler in der Abwehr und sehr konterstark. Florian Stahel ist angekommen in der Challenge League und Sead Hajrovic hat sich in der Mannschaft doch noch zu einem stabilen Verteidiger entwickelt. Was ein treffsicherer Stürmer ausmacht, verdeutlicht Janko Pacar mit 6 Toren und 3 Assists aus 15 Spielen. Das ehemalige Talent des FC Luzern hatte in den letzten 7 Jahren 9 Mal den Club gewechselt, ehe der FC Wohlen Pacar im Sommer von Petrolul Ploiesti aus Rumänien ablösefrei verpflichtete. Die vom FCZ ausgeliehenen Spieler kamen folgendermassen zum Einsatz: Nils Von Niederhäusern, 7 Einsätze/630 Minuten (Stammspieler mit viel Offensivwirkung), Marvin Graf, 0/0 (verletzt), Kilian Pagliuca 2/36 (einmal davon eingewechselt und 29 Minuten später wieder ausgewechselt).

Der Saudi Monquez al-Yousef machte den FC Wohlen schuldenfrei, zieht sich nach 196 Tagen als Mäzen zurück und übergibt das Aktienpaket grösstenteils wieder in heimische Hände. Es würde mehr als überraschen, würde der FC Wohlen nicht auch nächste Saison in der zweithöchsten Liga spielen.

FC Le Mont: Umstellung auf Dreierabwehr könnte Klassenerhalt sichern

Die Waadtländer entwickelten sich im Laufe der bisherigen Spielzeit zu einem sehr unbequemen Gegner, der mit nur 12 erzielten Toren 21 Punkte gewann, weil die Defensive auch nur 19 Tore zuliess. Die zusammen mit Xamax drittbeste Abwehr war so die Basis für das Gelingen, das trotz der schwächsten Offensive zustande kam. Der spezielle defensive Erfolg begann in der 9. Runde gegen Neuchâtel Xamax mit der Umstellung von Trainer John Dragani auf eine Dreierabwehr, die von den gelernten Innenverteidigern Francois Marque, Ibrahim Tall und Lucas gebildet wurden. Daraus erwuchs eine Serie von sieben Spielen mit 13 Punkten, mit nur einem Gegentor bis zur 15. Runde. Im heimischen Stade Sous-Ville in Baulmes wurde so Xamax 1:0 bezwungen. Beachtenswert war zudem das 1:1 im Letzigrund gegen den FCZ vor 8’489 Zuschauern, der neuen Rekordkulisse für die Fussballer von Le Mont.

sous-ville-farbstift-zeichnungWie immer mit dabei war dort auch ihr grösster und treuester Fan, der 14-jährige Emmanuel Masmejan. Züri Live war schon lange begeistert von ihm und er wurde in den vergangenen Jahren auf dem Sender auch mehrmals lobend erwähnt. Beim Match gegen den FCZ im für einmal auch von Medienvertretern gut besuchten „Sous-Ville“ erzählte der Züri Live-Kommentator daher Michel Wettstein (BLICK) von Emmanuel. Dieser machte daraufhin beim Rückspiel im Letzigrund eine Story daraus, die sogar über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Seither hiessen die Platzspeaker Emmanuel in vielen Challenge League-Stadien vor der Partie speziell willkommen und es wird jeweils auf Kosten des Gastgebers für sein leibliches Wohl gesorgt.

Francois Marque jedoch missbrauchte im Letzigrund das Gastrecht auf üble Weise. Er provozierte dort mit hinterhältigen und vordergründigen Aktionen seine Gegenspieler und die Betreuer und wurde zusammen mit Alain Nef nach dem Spiel mit einer Roten Karte bestraft, für die der Franzose nur vier Spielsperren bekam. Wegen der zuvor erhaltenen vierten gelben Karte verpasste Marque aber noch einen weiteren Einsatz. Mit Alain Nef, der zu schlichten versuchte, erwischte Schiedsrichter Lionel Tschudi übrigens den falschen Spieler des FCZ.

Bei den Waadtländern fiel im Mittelfeld besonders der ehemalige Lausannois Helios Sessolo als wirbliger, laufstarker und unberechenbarer Spieler auf. Ein Grund für die Misère in der Offensive war auch das verletzungsbedingte Fehlen von Stürmer Luis Pimenta während der acht Spiele, in denen Le Mont nur zwei Tore schoss. Sollte die Defensive so stabil bleiben, wird in Baulmes auch nächste Saison Challenge League-Fussball zu sehen sein.

Von Toni Gassmann, Mitarbeit: Lukas Stocker

Ronny Bien: „Für FCZ muss im neuen Stadion Gästesektor vergrössert werden“

Schaffhausen hat das letzte Wettbewerbsspiel der 1.Mannschaft auf der altehrwürdigen Breite mit 1:2 gegen Chiasso verloren und fällt damit just vor der Eröffnung des neuen LIPO Park im Herblingertal auf den letzten Tabellenplatz zurück. Auch als die Lichter bereits gelöscht waren, stand der harte Kern der Schaffhauser Fans immer noch in der Dunkelheit in der Kurve, schmetterte Trinklieder und besang das „Breitestadion“.  Auf der Breite werden die Nüsslitribünen zurückgebaut (nur die Haupttribüne bleibt stehen) und vorläufig weiterhin beispielsweise Juniorenspiele ausgetragen werden – ähnlich wie im Espenmoos. Am Tag davor war Schaffhausen-Experte Ronny Bien bei Züri Live zu Gast und sprach über den Klub seiner Heimatstadt, Axel Thoma und was die FCZ-Fans im neuen Stadion erwartet.

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Auswärtsstarkes Chiasso verspricht eine Knacknuss zu werden

Mit dem FC Chiasso kommt heute ein äusserst auswärtsstarkes Team inauswaertsgegentore-pro-saison-challenge-league den Letzigrund, das drittbeste der Liga. In der Fremde haben die Südtessiner nach dem 2:1-Sieg in Wohlen und den beiden 1:1-Unentschieden in Aarau und bei Servette bisher noch keine Niederlage hinnehmen müssen. Von gewissen Experten wird Chiasso seit Jahren als das taktisch stärkste Team der Challenge League angesehen. Mit guter Grundordnung, intelligentem Teamverhalten und einem ausgeprägten Gespür für sich bietende Chancen im Spielverlauf gehört Chiasso auswärts vor allem auch defensiv zum oberen Drittel der Liga.

Seit dem Aufstieg der Rossoblù 2010 hat die Mannschaft im Schnitt pro Saison auswärts nur 23,2 Gegentreffer hinnehmen müssen. Das bedeutet Rang 7 von 22 Teams. Von den besser klassierten Mannschaften spielt heute die Hälfte (St.Gallen, Lugano, Lausanne) in der Super League. Von den anderen Mannschaften waren nur Bellinzona, Servette und Aarau in den letzten sechs Jahren in der Challenge League defensiv auswärts besser, als Chiasso.

Es wird also mit grosser Wahrscheinlichkeit für den FCZ wieder ein ähnliches Geduldsspiel werden, wie gegen Xamax. Um Chiasso besiegen zu können, braucht es wieder eine ähnliche Effizienz wie in Schaffhausen (3 Tore aus 10 Abschlüssen). Die Gäste werden voraussichtlich wieder mit einer Fünferabwehr antreten.

Die letzte Direktbegegnung war ein Freundschaftsspiel im Winter 2015 in Chiasso (1:1, Torschützen: Magnetti / Oberlin). Damals wurden aus dem heutigen FCZ-Team Nef, Kecojevic, Kleiber, Brunner, Sarr, Schönbächler und Sadiku eingesetzt. In der Ägide der Swiss Foootball League hat es die Begegnung in der Meisterschaft noch nie gegeben.

Es ist auch die Rückkehr von Andrea Guatelli in den Letzigrund. Seinen letzten Auftritt hatte der Italiener hier beim mit 1:0 gewonnenen Auswärtsderby (Torschütze: Djimsiti) vor mehr als vier Jahren. Auch für die Challenge League ist Guatelli eher ein durchschnittlicher Torhüter und wenn man ihn unter Druck setzt selten fehlerfrei. In der Dreierabwehr wurde Rouiller noch zu Lugano transferiert und Fioravanti ist verletzt. Daher könnte der ziemlich talentierte Lurati möglicherweise zu einer Chance von Beginn weg kommen. Daneben spielen der defensiv solide und offensiv immer wieder gefährliche Kaufmann (Stammspieler Liechtensteinische Nationalmannschaft) und der in der aktuellen Saison bisher ziemlich fehlerhafte Ivic. Der ehemalige St.Galler ist trotz seiner Erfahrung eine Schwachstelle bei Chiasso.

Die Seite zu machen sollen Felitti rechts und Monighetti auf der linken Seite. Speziell Felitti ist bei Kontern offensiv sehr gefährlich und zudem einer der besten Flankengeber der Liga. Nikola Milosavljevic ist einer der besten Zentralen Mittelfeldspieler der Liga – das von Lugano gekommene Talent ist für seine 20 Jahre bereits sehr abgeklärt und spielintelligent, und macht kaum Fehler. Neben Milosavljevic spielt der von Sion gekommene Rauti. Für offensiven Druck sorgen sollen der dynamische, manchmal aber auch etwas launische Ex-Luzerner Marijan Urtic und das von Basel ausgeliehene ehemalige Roter Stern Belgrad-Talent Veljiko Simic, welches bei Basel wegen anfänglich fehlender Arbeitsbewilligung vorläufig ausgebremst worden war. Eventuell kommt aber auch Captain Alberto Regazzoni (ehemaliger Schweizer Nationalspieler) wieder zum Einsatz, der mit zunehmendem Alter immer besser und zielstrebiger wird, und zudem starke Standards schlägt. Vorne in der Spitze agiert mit dem Vorarlberger Deniz Mujic (Ex-Bayern München) mit 14 Toren in 22 Partien für Schaffhausen und Chiasso sicherlich einer der aktuell torgefährlichsten Akteure der Liga.

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Xamax: die unbequeme Wahrheit

Pünktlich anschliessend zum Spitzenkampf zwischen dem FCZ und Xamax findet morgen und übermorgen in Neuenburg der Prozess in Sachen des ehemaligen Klubbesitzers Bulat Chagaev statt. In der NZZ von heute ist in Bezug auf die damalige Zeit von einer «totalen Entfremdung zwischen Klub und Region» die Rede. Dies beschreibt die Konstellation aber nur unzureichend.

In Tat und Wahrheit entsprach die Übernahme des Klubs durch den Tschetschenen letztendlich dem Willen der Neuenburger rund um Xamax. Die Ambitionen des Umfelds vom einfachen Fan bis zum Sponsoren waren in Neuenburg immer sehr hoch. Mit Mittelfeldplätzen in der Super League wollten sich viele nicht mehr begnügen. Als dann aber der Moment der Wahrheit gekommen war, und der vormalige Mehrheitsbesitzer Sylvio Bernasconi während Jahren händeringend nach einem Nachfolger in der Region suchte, gab es keine ernsthaften Angebote.

Bulat Chagaev war schlussendlich derjenige, der den Xamaxiens das versprach, was sie hören wollten: grosse Erfolge, Meistertitel, Champions League. Die Aktionäre stimmten der Übernahme zu, und auch die Mehrheit der eingefleischten Fans war begeistert. Es wurden tolle Spieler geholt, es gab verschiedene Vergünstigungen für die Fans, und der sportliche Erfolg war da. Im Internetforum der Xamax-Fans ging man damals mit den wenigen kritischen Stimmen ziemlich brüsk um. Die Mehrheit wollte Chagaev und glaubte an alles, was er versprach. Jemanden, der weniger versprochen hätte, hätte man nicht akzeptiert. Dementsprechend musste der neue Xamax-Besitzer damals zwangsläufig eine Person mit wenig Bezug zur Realität werden. Es war der Wille der Fans und Sponsoren.

Heute herrscht bei Xamax eine andere Denkweise. Die Verantwortlichen im Klub sind sich bewusst, dass man von der Fan- und Sponsorenbasis her zwischen Challenge League und Super League anzusiedeln ist – ähnlich wie beispielsweise ein FC Aarau. Der jetzige Präsident Christian Binggeli sagt im Gespräch mit der NZZ aber auch, dass er letzte Saison «eine Dummheit» gemacht habe, als er als Ziel den Klassenerhalt in der Challenge League definiert habe. Dadurch habe man Zuschauer verloren.

Da ist sie wieder: die übertriebene Erwartungshaltung der eigenen Fans. Sie ist auch in der Nach-Chagaev-Ära nicht komplett verschwunden. Und sie ist auch in keinster Art und Weise eine Spezialität von Neuenburg. Der FCZ hat auch nach der glanzvollen Favre-Ära eine Mannschaft unterhalten, die vom Talent her in einer optimalen Saison um den Meistertitel mitspielen konnte. Es war gleichzeitig aber auch eine Mannschaft, welche die Möglichkeit des totalen Absturzes in sich trug. Mehr als einmal brachen die Resultate ab dem Zeitpunkt regelrecht ein, wo in einer Saison der Meisterzug abgefahren war.

Der FCZ hat nur einmal vom Geldsegen der Champions League profitieren können, und ist heute vom Budget her in der Super League ein Mittelfeld-Klub. Dementsprechend wird nun auch eine etwas weniger talentierte, dafür stabilere Mannschaft aufgebaut. Thun oder Luzern sind realistischere Orientierungspunkte, als Basel. Das grosse zusätzliche Plus allerdings bleibt die Nachwuchsabteilung. Wenn von einem guten Jahrgang die zwei, drei besten Spieler zwei Jahre oder mehr in der 1.Mannschaft gehalten werden können, dann sind auch in Zukunft Ausschläge nach oben möglich.

 

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