Erinnerungen an den 6. Mai 2006 / Vorschau FCZ – Yverdon-Sport

Der FCZ hat gegen Yverdon-Sport bisher noch keine seiner elf Heimpartien verloren. Die letzte Begegnung in Zürich war gleichzeitig das letzte Spiel im alten Letzigrund, ein 4:1-Sieg durch Tore von Keita, Raffael, Dzemaili und Schneider am 6. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass eine Woche später das wohl legendärste Spiel der FCZ-Vereinsgeschichte über die Bühne gehen würde. Der heutige Assistenztrainer Alain Nef wurde wie auch eine Woche später im St. Jakob Park eingewechselt.

Aufsteiger Yverdon kann durchaus zugetraut werden, dass sie bis ganz zum Schluss der Saison mindestens um den Klassenerhalt kämpfen werden. Zum aktuellen Zeitpunkt ist das Team von Marco Schällibaum aber noch nicht eingespielt. Aufstiegs-Torhüter Kevin Martin scheint gerade noch rechtzeitig von seiner Verletzung genesen zu sein, wodurch Neuzugang Breza möglicherweise erstmal auf die Bank verdrängt wird. Wer von den Neuzugängen bereits im ersten Match auflaufen wird, ist schwierig vorauszusehen, aber die Offensive könnte mit Tasar (ex-Aarau), Alves (St. Gallen), Klepac (Mura) und Kevin Carlos (Real Betis Balompié B) durchaus vollständig aus Neurekrutierungen bestehen.

Beim FCZ ist der „Testspiel-Gewinner“ Nils Reichmuth nicht auf der Kontingentsliste drauf. Die voraussichtliche Aufstellung ist deutlich einfacher abzuschätzen, als bei Yverdon. Der FCZ kann zum Auftakt auf eine nur punktuell ergänzte und weitgehend eingespielte Mannschaft zählen.

Wegweisend für die Personalpolitik / Yverdon-Sport – FCZ in der Züri Live-Analyse

Der grösste Misserfolg einer ansonsten starken Vorrunde des FCZ war die Cup-Niederlage in Yverdon. Die Züri Live-Durchschnittsnote ist mit 5,4 die zweittiefste der Vorrunde ex aequo mit dem 2:2 zuhause gegen Servette – und nur um 0,1 besser als dem schlechtesten (wenn auch am Ende sehr glücklichen) Auftritt im ersten Derby. Wie in der 1. Cup-Runde gegen Solothurn setzte Trainer Breitenreiter auf ein 4-3-3 mit offensiver Ausrichtung, und gab Spielern aus der zweiten Reihe eine Chance. Diese konnten sie aber nicht nutzen. In den ersten sieben Minuten startete die ganze Mannschaft schlecht. Die etablierten Spieler konnten sich danach mehr und mehr fangen – im Gegensatz zu denjenigen aus der 2. Reihe (mit Ausnahme von Marc Hornschuh). Der Auftritt im Waadtland war dementsprechend richtungsweisend für die Personalpolitik der restlichen Vorrunde.

Rodrigo Pollero als „Chancentod“

Auch wenn es sich nach dem episch langen Penaltyschiessen so anfühlte, als habe Yverdon auf dem sandigen Platz verdient gewonnen, sammelte bei näherer Betrachtung der FCZ mehr Gründe für ein Weiterkommen. Erstmal: ein klares Chancenplus. Das Expected Goal-Verhältnis war 2,84 : 0,96 zugunsten des FCZ – das Resultat aber 2:2 statt 3:1 nach Verlängerung. Selbst auf 90 Minuten runtergerechnet hatte der FCZ nur gegen Solothurn, Luzern (4:0) und in den beiden Partien gegen Basel mehr Abschlüsse als in Yverdon. Speziell Rodrigo Pollero sündigte mit gleich acht ungenutzten Chancen – klarer FCZ-Saisonrekord. Zum Vergleich: den zweithöchsten Wert an ungenutzten Abschlusschancen hatte Blaz Kramer mit fünf beim 4:0-Heimsieg gegen Luzern. In der letzten Minute der Verlängerung parierte Mirko Salvi den Kopfball Bledian Krasniqis nach hervorragender Balleroberung und Flanke Fabian Rohners von rechts mirakulös.

Einwechselspieler bringen frischen Wind

Neben Krasniqi und Rohner brachten auch Aliti und vor allem Wilfried Gnonto nach ihren Einwechslungen viel Schwung und deutlich mehr Torchancen ins Zürcher Spiel, nachdem der FCZ in der 1. Halbzeit ziemlich schlecht in die Partie gestartet war. Rohner brauchte zwar zu Beginn seines Einsatzes etwas Anlaufzeit, drehte mit Verlauf des Spiels aber vor allem auch defensiv mit vielen Ballgewinnen und sogar gewonnenen Luftduellen immer mehr auf, und verwandelte auch seinen Penalty souverän. Zwar hatte Yverdon vor seinem 1:0-Führungstreffer in der 43. Minute keine Torchance gehabt, aber der FCZ lud den Gegner durch seine zu wenig konkrete Spielweise geradezu zu einer Überraschung ein.

FCZ war nach „Kriens“ gewarnt

In der 1. Cuprunde hatte man in Solothurn davon profitiert, dass der Gegner zu diesem Zeitpunkt noch keine Spielpraxis hatte und kam auch dank einer fokussierten Startphase zur schnellen Vorentscheidung. Die 2. Runde lief gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten der Challenge League, SC Kriens, bereits ziemlich harzig. Das Breitenreiter-Team kam dank einem der vielen direkt verwandelten Freistosstore in der Startphase der Saison und der durch den ehemaligen FCZ-Junior Albion Avdijaj vergebenen Topchance in der 86. Minute weiter.

Uli Forte sehr gut über FCZ-Aufstellung und -Taktik informiert

In Yverdon fiel auf, wie gut Ex FCZ-Trainer Uli Forte sowohl vor der Partie wie auch in der Halbzeitpause über die FCZ-Formation und -Taktik informiert war (beziehungsweise sie vorausgesehen hat). Sowohl zu Beginn der ersten wie der zweiten 45 Minuten war die Yverdon-Formation defensiv exakt auf den FCZ ausgerichtet. Dem Zürcher 4-1-2-3 begegnete Forte mit dem entsprechenden defensiv ausgerichteten Gegensystem, dem 4-2-3-1. Er erwartete den FCZ ganz offensichtlich mit jeweils zwei Spielern auf der Seite, was davor in dieser Saison einzig in Solothurn der Fall gewesen war.

Yverdon heimstark wie der FCZ

Yverdon hatte mit Toptorschütze Koro Koné und dem aus der Meisterschaft mit einer 5 Spiele-Sperre (doppelter Tritt gegen den Kopf von Roberto Alves in Winterthur) belegten Miguel Rodrigues die gewichtigeren Ausfälle zu verkraften, war dafür durch das abgesagte Spiel gegen Stade Lausanne-Ouchy vom Wochenende etwas erholter. Nach dem Amtsantritt von Uli Forte im August hat das Team vom Neuenburgersee die ersten zwei Heimspiele gegen Xamax und Aarau unentschieden gespielt und danach inklusive dem Cup-Spiel gegen den FCZ im Stade Municipal acht Mal in Folge gewonnen.

Malula und Silva eliminieren den FCZ zum zweiten Mal hintereinander

Das Hauptziel des Forte-Teams in der 1. Halbzeit war erstmal die linke FCZ-Seite mit Guerrero und Ceesay aus dem Spiel zu nehmen, was gut gelang. Forte setzt in solchen Fällen immer auf Physis. So stellte er den bulligen Zentralen Mittelfeldspieler Christian Zock an den Rechten Flügel, um die Kreise von Adrian Guerrero zu stören. Den von links häufig zur Mitte ziehenden Ceesay übernahm in der Regel der topmotivierte rechte Innenverteidiger Breston Malula. Der ehemalige YB-Junior hatte genauso wie der Brasilianer Silva bereits vor Jahresfrist mit Chiasso den FCZ aus dem Cup kegeln können. Malula hatte damals kurz vor Schluss mit einem Energieanfall im Mittelfeld gegen Simon Sohm den Freistoss herausgeholt, aus dem dann der entscheidende Handspenalty entstand. Auch Silva (damals allerdings noch nicht im Matchkader) erinnerte sich gut daran und provozierte während dem Penaltyschiessen die zahlreich mitgereisten FCZ-Fans. Von den YB-Leihspielern blieb der spielstarke Eberhard eher blass, Vladi spielte einen entscheidenden Pass in die Tiefe beim 1:0 und vor allem Blum, der gute Perspektiven auf die Super League hat, gelang eine formidable Leistung. Dem Führungstreffer Yverdons kurz vor der Pause ging einer von mehreren unnötigen Ballverlusten Gogias voraus, den das Heimteam zu einem erfolgreichen Konter nutzte bei welchem Kryeziu Nebenmann Guerreros Chancen den Torschützen Beleck noch einzuholen überschätzte, und deshalb falsch stand.

Andy Gogia nutzt seine Freiheiten nicht

U17-Weltmeister Sead Hajrovic hatte im ersten Durchgang Rodrigo Pollero weitgehend im Griff. Rechtsverteidiger Lewin Blum agierte vorwiegend als Feuerwehrmann. Das Thema Feuerwehrmann war ein weiterer wichtiger Baustein für Yverdons Erfolg. Blum, Malula, Ninte und Co. blockten enorm viele Zürcher Abschlüsse – mehrmals in höchster Not. Ausserdem machte die rechte Zürcher Seite, vor allem Andy Gogia, viel zu wenig aus den gewährten Freiheiten in den ersten 45 Minuten. Da Yverdon unter anderem mit einer leicht nach rechts verschobenen Viererkette sehr viel in die Blockade der linken Zürcher Angriffsseite investierte, hatte Zürich über rechts Platz und auch häufig den Ball. Mehrmals konnte der Deutsche Zuspiele aber nicht stoppen, wartete am Ball wahlweise zu lange oder zu kurz und ging im Spiel ohne Ball naiv ins Pressing und in die Zweikämpfe. Von den fünf Partien, in welchen Gogia in dieser Vorrunde in der Startformation stand, erhielt er von Züri Live vier Mal eine ungenügende Note.

Ante Coric zu passiv und unkonzentriert

Der viel zu passive und unkonzentrierte Ante Coric war ein weiterer Akteur, der sich mit einem ungenügenden Auftritt im Stade Municipal einen Ausbau seiner Einsatzzeiten im Verlauf der Vorrunde verbaute. Schon in den ersten Minuten unterliefen ihm zwei schwerwiegende Fehlpässe und er liess nach einem Hajrovic-Fehler alleine vor Salvi eine Topchance leichtfertig liegen. In der 2. Halbzeit regte sich Trainer Breitenreiter an der Seitenlinie lautstark über Coric auf, als dieser den richtigen Zeitpunkt verpasste, im Hohen Pressing Torhüter Salvi zu attackieren.

Kostadinovic schien fürs Penaltyschiessen nicht parat

Torhüter Zivko Kostadinovic vermochte sich ebenfalls nicht zu profilieren. In der regulären Spielzeit kriegte der Waadtländer kaum etwas zu tun und musste in der 92. Minute erstmals eingreifen. In der Verlängerung war sein Positionsspiel mehrmals ungenügend (ähnlich wie manchmal beim Nummer 1-Torhüter Brecher). Vor allem aber wiegt in seinem Fall das Penaltyschiessen schwer. Der 29-jährige hat vor und während dem Spiel die Gegenspieler ganz offensichtlich in ihrem Passspiel und Abschlussverhalten nicht gut studiert – sonst hätte er die richtige Ecke deutlich häufiger geahnt. Mit zunehmender Dauer des Penaltyschiessens wurde Kostadinovic immer verzweifelter und machte es dem gegnerischen Schützen mit zu frühem Bewegen in fast immer die gleiche Ecke zu einfach. So konnte selbst Gegenpart Mirko Salvi seinen schlecht gechossenen Penalty im Netz zappeln sehen. Der aus Yverdon stammende Salvi spielte in seiner bisher besten Karrierephase in Lugano, wo er im Cupfinal 2016 gegen den FCZ im Letzigrund den entscheidenden Fehler beging und einen Ball vor die Füsse von Torschütze Sangoné Sarr fallen liess.

Pollero, Krasniqi und Doumbia im Fokus

Antonio Marchesano und Rodrigo Pollero vergaben ihre jeweils ersten Penaltys deutlich. Davor hatte sich Pollero in der Luft nie durchsetzen können, war im Antritt immer langsamer als seine Gegenspieler und antizipierte darüber hinaus viele Situationen zu spät. Immerhin legte er beim 1:1-Ausgleich nach Idealzuspiel Kryezius gut mit der Brust für Gnonto auf. Bledian Krasniqi, welcher beim fünften Penalty Nerven aus Stahl bewiesen hatte und souverän verwandelte, verschoss seinen zweiten. Kurz vor diesem hatte die hinter dem Tor postierte Zürcher Kurve, die zuvor angespannt das Shootout mitverfolgt hatte, plötzlich zu singen und zu hüpfen begonnen. Krasniqi wurde vor diesem zweiten Schuss sichtlich aufgeregter, als vor dem ersten, und befasste sich damit, Dreck zwischen den Stollen wegzuwischen. Bezeichnenderweise traf nach diesem Fehlschuss auf Yverdon-Seite Ninte mit seinem zweiten Penalty, nachdem sein erster der einzige der 22 Schüsse in diesem Elfmeterschiessen gewesen war, der von einem der beiden Torhüter gehalten werden konnte. Ousmane Doumbia ist Yverdon bis heute dankbar, dass er nach dem Abgang bei Servette ein paar Monate in der Promotion League unter Trainer Anthony Braizat Spielpraxis erhalten konnte. Der Ivorer begann das Cup-Spiel bei seinem Ex-Klub stark, baute dann aber mit zunehmender Spieldauer ab und kam bis zur 100. Minute gar auf eine ungenügende Note.

Guerrero profitiert von Yverdons taktischer Umstellung zur Pause

Situativ positionierte sich der FCZ zwar schon in der 1. Halbzeit zwischendurch im Spielaufbau im üblichen 3-4-1-2 mit Marchesano als Aufbauer auf der rechten Innenverteidigerposition. Auf die 2. Halbzeit hin wechselte man dann definitiv wieder auf diese Formation. Yverdon hatte dies wie erwähnt schon antizipiert und lief nun dementsprechend in einem 3-3-2-2 auf. Ninte kam für Eberhard rein und Zock wechselte auf die zweite Achterposition neben Kabacalman. Vladi bildete mit Beleck ein Sturmduo. Das physische Element verlagerte sich mit Ninte und Zock nun stärker auf die linke Yverdon-Seite. Der in der 1. Halbzeit noch relativ blass gebliebene Adrian Guerrero blühte daher nach der Pause auf – Boranijasevics Leistungskurve verlief dementsprechend umgekehrt.

Dudic verwehrt dem FCZ zwei Penaltys

Letztendlich hatte neben all den anderen Faktoren auch die Spielleitung Einfluss auf den Ausgang der Partie. Yverdons Fouls von hinten wurden durch Ref Dudic lange Zeit etwas zu wenig strikt geahndet. Von drei heiklen Szenen im Yverdon-Strafraum hätte zudem zwei Mal auf Penalty für den FCZ entschieden werden müssen. In der 69. Minute, als Silva am nahen Pfosten den nach einem Guerrero-Corner aufsetzenden Ball mit dem Oberarm nicht nur berührte, sondern regelrecht spielte – und in der 99: Minute, als Malula Guerrero zu Fall brachte.

Telegramm

Yverdon- Sport – FCZ 2:2 (1:0, 1:1, 2:2), 11:10 i.P.
Tore: 43. Beleck (Vladi) 1:0; 71. Gnonto (Pollero) 1:1; 94. Beleck (Ninte) 2:1, 104. Hornschuh (Gnonto) 2:2.
Yverdon – Salvi; Blum, Malula, Hajrovic, Gétaz (101. Jaquenoud); Silva, Eberhard (46. Ninte); Zock (101. Fargues), Kabacalman (79. Lusuena), Vladi (79. Eleouet); Beleck.
FCZ – Kostadinovic; Boranijasevic (67. Rohner), Hornschuh, Kryeziu, Guerrero; Doumbia (100. Krasniqi); Marchesano, Coric (67. Leitner); Gogia (46. Aliti), Pollero, Ceesay (46. Gnonto).


Offensive Ausrichtung im Municipal / Vorschau und Aufstellungen Yverdon-Sport – FCZ

Yverdon hat nach Anfangsschwierigkeiten in der Challenge League zu einer guten Form gefunden und ist sicherlich aktuell deutlich stärker einzuschätzen als der Zweitrundengegner des FCZ, der SC Kriens. Zudem konnten die Waadtländer am Wochenende pausieren. Dem Team von Trainer Uli Forte fehlt ihr Topskorer Koro Koné im Matchkader dafür stehen mit Breston Malula und Silva Adniellyson zwei Spieler in der Startformation, die vor Jahresfrist mit Chiasso den FCZ bereits in der 1. Runde aus dem Cup geworfen hatten.

Der FCZ tritt ähnlich wie in der 1. Runde in Solothurn von der Aufstellung her sehr offensiv auf und baut auf seine spielerischen Qualitäten. Voraussichtlich wird man mit einer Viererabwehr auflaufen und weiter vorne entweder einem Dreimannsturm oder einem Rhombus im Mittelfeld.

Torflaute nagt am FC Zürich / Lausanne-Sport – FCZ Analyse mit Randnotizen: Penaltyreifes Foul an Afriyie? Ludovic Magnin und sein “Latour-Moment“

WALLNER UND DAPRELÀ IN DER STARTFORMATION / LAUSANNE-SPORT – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

Der FCZ traf in Lausanne auf einen Gegner, der sich nach nur einer Niederlage in den letzten neun Partien im Aufwind befand. Das einzige Tor der Partie in der 26. Minute durch Fousseni Diabaté (sein erster Super League-Treffer) ähnelte dabei stark dem 0:1-Führungstreffer der Waadtländer gegen den FCZ beim letzten Aufeinandertreffen im Letzigrund (2:2). Auch diesmal vermochte sich das Magnin-Team erfolgreich aus einem Hohen FCZ-Pressing hinten heraus zu lösen. Dies gelang dem Heimteam mehrmals über die linke Seite, weil sich dort Silvan Wallner von Morgan Poaty zu einfach überspielen liess – so auch beim Tor, als sich mit Wallner, der Condé und Poaty über den Haufen rannte, eine Slapstick-Szene ergab. Katic und Kamberi vermochten dann nach toller Gegenstosseröffnung von LS-Schlüsselspieler Bernede am eigenen Strafraum gegen Pafundi und Diabaté nichts auszurichten.

Lausannes neu zusammengestellte Mannschaft brauchte eine Weile, bis sie dem FC Zürich ebenbürtig war. Kaum war sie im Spiel angekommen, ging sie auch gleich in Führung.

SRF

Nicht nur Lausanne-Sport, sondern auch die anderen Waadtländer Teams Stade Lausanne-Ouchy und Yverdon Sport sind gut darin, sich aus dem FCZ-Pressing hintenheraus zu lösen. Eine weitere Parallele speziell zu Yverdon ist der defensiv für Super League-Verhältnisse hervorragende ausländische Torhüter. Auf Zürcher Seite waren derweil die Aussenläufer Wallner und Dante ganz allgemein defensiv eine Hypothek.

FCZ macht zu wenig aus vielversprechenden Angriffen in 1. Halbzeit

Der FCZ war insgesamt in der 1. Halbzeit eigentlich die gefährlichere Mannschaft gewesen, ging aber im letzten Drittel zu verschwenderisch mit seinen Angriffskonstellationen um. Man legte los “wie die Feuerwehr“. Jonathan Okita allein wurde schon in den ersten vier Minuten drei Mal steil hinter die Abwehr lanciert. Mit Ausnahme von Katic und Daprelà kamen in dieser Partie alle Zürcher Feldspieler, die mehr als fünf Minuten auf dem Platz standen, zu mindestens einem Abschluss. Und die Anzahl Chancenbeteiligungen waren die zweithöchsten der Saison nach dem Auswärts-Sieg (1:0) in Luzern. Das Lausanner Führungstor in der 26. Minute war deren zweite nennenswerte Offensivaktion, nachdem in den ersten 20 Minuten fast ausschliesslich der FCZ am Drücker gewesen war.

Zur Pause wurde der wie schon in Genf stark in Unterform agierende Okita ausgewechselt (seit vier Monaten nur ein Tor). Afriyie, Hodza und Oko-flex brachten einen gewissen Schwung. Lausanne-Sport zog sich aber noch mehr zurück als bereits in der 1. Halbzeit und es wurde noch schwieriger für den FC Zürich, sich in den Strafraum durchzuspielen. Die Züri Live-Gesamtnote ist mit 6,0 die schlechteste seit der 0:2-Auswärtsniederlage in Lugano. Man hatte auf der Tuilière ausserordentlich viele Offensivaktionen, beging aber zu viele Defensivfehler.

Wer 0:1 zurückliegt, setzt auf seine treffsichersten Stürmer. Im Normalfall. Beim FC Zürich ist es an diesem Abend gegen Lausanne-Sport anders. Jonathan Okita, 10 Saisontreffer, muss in der Pause draussen bleiben, verletzt ist er aber nicht. Für ihn kommt Daniel Afriyie (2 Saisontore). Später muss auch Antonio Marchesano vom Platz. Für den ebenfalls zehnfachen Torschützen kommt Armstrong Oko-Flex, 1 Saisontor. Die Entscheidungen des Zürcher Trainerduos Murat Ural/Umberto Romano sind erstens erstaunlich. Und bekommen zweitens der Mannschaft nicht gut.

Ueli Kägi, Tages-Anzeiger

Personalien – Jonathan Okita verliert 71% seiner Zweikämpfe

  • Nikola Katic: Bis zum Gegentor, als er sich von Pafundi ohne den Ball zu erreichen aus der Deckung locken lässt, eine fehlerfreie Partie.
  • Ifeanyi Mathew: Hält speziell in der Anfangsphase beim FCZ alles zusammen.
  • Daniel Afriyie: Einer seiner bisher besten Auftritte. Führt sich nach seiner Einwechslung mit einem Top-Zuspiel von der Grundlinie auf Krasniqi sehr gut ein.
  • Amadou Dante: Defensiv schlecht. Da er in der 2. Halbzeit offensiv aufdreht unter dem Strich knapp genügend.
  • Selmin Hodza: Erster Einsatz in der 1. Mannschaft im 2024 – gleich lang wie kurz vor der Winterpause in St. Gallen.
  • Jonathan Okita: Von Beginn weg praktisch jeder Ballkontakt ein Ballverlust. Verliert 71% seiner Zweikämpfe. Schlechte Zuspiele und Flanken, zu wenig zielstrebig im Abschluss. Hat in den letzten vier Monaten nur ein Tor erzielt. Über die ganze Saison hinweg nur acht Nicht-Penalty-Tore auf 77 Abschlüsse.
  • Yanick Brecher: In jeder Hinsicht der Beste Mann beim FCZ, zum achten Mal diese Saison MVP. Und dies obwohl er in der 1. Halbzeit lange Zeit nichts zu tun bekam. Zwischendurch hatte er mit Yverdon, SLO und FCB drei Partien in welchen er nicht gut in die Partie startete. Dies hat Brecher in den letzten drei Partien gegen Winterthur, in Genf und in Lausanne wieder verbessert.
  • Cheick Condé: Braucht etwas Zeit, um offensiv ins Spiel zu kommen. Macht nach der Pause erneut sowohl defensiv wie offensiv das Spiel.
  • Silvan Wallner: Wenn Wallner ins Hohe Pressing geht, kann sich Gegenspieler Poaty zu einfach lösen und den Gegenangriff einleiten – so auch beim einzigen Tor des Spiels.

Randnotiz I – Penaltyreifes Foul an Afriyie?

Randnotiz II – Ludovic Magnin und sein “Latour-Moment“

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FC Zürich im Clinch zwischen attraktivem Kulturwandel und alten Erfolgsrezepten

In der Winterpause hat der FC Zürich einen ambitionierten Kurswechsel vorgenommen, welcher den ganzen Klub betrifft. Der Zeitpunkt, das Tempo und die Radikalität der Änderungen sind dabei für Schweizer Verhältnisse aussergewöhnlich.

Eigene Jungs bringen Qualität und Emotionen – der Überflieger fehlt aber

Wie sah der bisherige Status Quo aus? Über die FCZ Academy haben im letzten Jahrzehnt überdurchschnittlich viele Talente den Schritt zum Profifussballer im In- und Ausland geschafft. Dies vor allem auch dank der vorbildlichen Zusammenarbeit mit Challenge League-Klubs, an erster Stelle dem FC Wil. Im Gegensatz zu früher leiht der FC Zürich heute nur noch Talente in die Challenge League aus, auf die man wirklich setzt – und gibt ihnen in der zweithöchsten Liga in der Regel zwei Jahre Zeit zu reifen. Allerdings: ein richtiges Top-Talent von welchem man eine langfristig entscheidende Rolle im A-Nationalteam erwarten kann, gab es aus dem Heerenschürli wohl schon lange keines mehr – möglicherweise mit Ausnahme des heute bei Hoffenheim aktiven Zidan Tairi. Dies ist ein Phänomen, welches nicht nur den FCZ betrifft.

Mit den Resultaten der Nachwuchsteams war es in den letzten Jahren ähnlich: gut, aber nicht überragend. Man spielte häufig um die Juniorentitel mit – und gewann sie gelegentlich auch. Das Reserve-Team (U21) zeigte zusammen mit demjenigen des FCB die grösste Konstanz in der Promotion League. In der 1. Mannschaft sind zudem überdurchschnittlich viele Profis anzutreffen, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Yanick Brecher, Lindrit Kamberi, Mirlind Kryeziu oder Bledian Krasniqi bringen nicht nur Qualität, sondern auch Emotionen ins Zürcher Spiel. Allerdings lief der Einbau der neuesten Jahrgänge zuletzt harzig – speziell seit der Meistersaison unter dem die 1. Mannschaft eher konservativ ein- und aufstellenden André Breitenreiter. Ob dies allerdings nur an den Trainern der 1. Mannschaft lag, ist fraglich. Auf jeden Fall war die U18 der Saison 17/18 die letzte richtig produktive in Sachen Talent-Output: Matteo Di Giusto, Bledian Krasniqi, Simon Sohm, Ilan Sauter, Filip Stojilkovic, Henri Koide, Stephan Seiler, Guillaume Furrer, Sayfallah Ltaief. Danach folgten drei schlechtere Jahrgänge. Vom Team der Saison 18/19 beispielsweise scheinen ein Filip Frei, Silvan Wallner, Soheil Arghandewall, Nils Reichmuth, Kedus Haile-Selassie & Co. unter dem Strich nicht auf dem gleichen Entwicklungskurs zu sein.

Zwischen neuem Konzept und erfolgreichem „Meister-System“

In der Academy wurde über viele Jahre vorwiegend im in der Schweizer Nachwuchsausbildung allgemein vorherrschenden 4-3-3 gespielt – in einer klassischen Spielweise. In gewissen Altersstufen wurden zudem als Teil der Ausbildung wochenweise andere Systeme und Spielweisen ausprobiert. Die U21 trat in der Zeit unter Genesio Colatrella hingegen in einem eher abwartenden und resultatorientierten 4-1-4-1 auf. Die 1. Mannschaft wiederum präferierte spätestens seit der Meistersaison das damals so erfolgreiche schnelle Umschaltspiel durch die Mitte im 3-4-1-2. Dass dieses System und diese Spielweise am besten zum Kader passt, zeigt sich bis heute immer wieder. Bo Henriksen konnte so auf die Erfolgsspur zurückkehren – und auch unter dem Duo Ural / Romano holte man zuletzt mit diesem System und dieser Spielweise in Basel und Genf vier Punkte.

Man wich also in der 1. Mannschaft aufgrund des Resultatdruckes zuletzt in gewissen Partien von der eigentlich angestrebten dominanten Spielweise ab. Diese hatte man davor am ausgeprägtesten in den Auswärtspartien in Luzern, Lugano und Yverdon mal mehr und mal weniger erfolgreich umgesetzt gehabt. Aufgrund dieser aktuell wechselhaften Spielweise liegt die 1. Mannschaft unter dem neuen Trainer-Duo in Sachen Ballbesitz „nur“ an 3. Stelle hinter YB und Lugano. Dies sind aber trotz allem fünf Prozentpunkte mehr als der eigene Saisonschnitt. Die Ballbesitzzahlen der U21 haben sich unter dem neuen Coach Ricardo Moniz bisher noch etwas weniger stark gesteigert. In den zahlreichen Testpartien agiert dieses Team allerdings bereits sehr dominant. In der Academy wird die neue Spielweise hingegen bereits ohne Kompromisse durchgezogen. Von den vier Elite-Teams stehen drei beim Ballbesitz teils mit grossem Vorsprung an der Spitze ihrer Liga. Und die Team-Resultate sind gut.

Im Pressing nun vor YB und St. Gallen

Beim Hohen Pressing sieht es ähnlich aus. Von der U15 bis zur U19 liegt der PPDA-Wert durchs Band zwischen fünf und leicht über sechs. Zum Vergleich: kein Super League-Team bewegt sich in diesem Bereich! Unter dem Trainerduo Ural / Romano steht der FC Zürich neu mit einem Durchschnittswert von 6,64 für das intensivste Pressing der Liga – vor YB und dem FC St. Gallen. Die U21 liegt diesbezüglich in der Promotion League an Zweiter Position hinter St. Gallen. FCZ-Teams erreichen zudem seit Jahresbeginn 2024 hohe Werte bei Leistungsindikatoren wie „Anzahl Pässe“, „Anzahl Pässe ins Angriffsdrittel“, „Vorwärtspässe“, „Vorstösse mit Ball“, „Schüsse“, „Flanken“, „Eckbälle“, „Erlittene Foulspiele“ – und dies mit auf mehreren Altersstufen bereits ziemlich verjüngten Equipen. Das Frauen-Team von Trainerin Jacqueline Dünker hat seit der Winterpause vor allem beim Pressing zugelegt, tut sich aber in Ballbesitz mit dem neuen Konzept noch etwas schwer. Alles in allem ist der neue FCZ-Stil intensiv, modern und attraktiv. Ein Fragezeichen gibt es bezüglich der Eignung des aktuellen Kaders der 1. Mannschaft für diesen Spielstil. Ausserdem muss man auf Sicht auf jeden Fall auch das Energie-Management über eine ganze Saison hinweg im Auge behalten.

Vor etwa zehn Jahren war das dominante „Juego de posicion“ in der damaligen Form unter der etwas abschätzigen Bezeichnung „Tiki-Taka“ in unseren Breitengraden verpönt, und galt als eine seltsame sowie überholte katalanisch-spanische Spezialität. Heute scheint es, kommt auf dem Niveau des internationalen Klub-Fussballs niemand mehr am Erbe und den Prinzipien des einflussreichsten Trainers der heutigen Zeit, Pep Guardiola, vorbei. Speziell die Premier League als beste Liga der Welt ist davon durchdrungen. Alle einigermassen erfolgreichen Teams inklusive Aussenseiter wie der ehemalige Hyypiä-Klub Brighton & Hove Albion basieren ihr Spiel darauf. Selbst „Gegenpressing-Papst“ Jürgen Klopp wurde mit Liverpool erst dann richtig erfolgreich, als er vermehrt “Guardiola-Prinzipien“ in sein Spiel einfliessen liess. In der Bundesliga ist Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso aktuell das leuchtende Beispiel für den Erfolg des Positionsspiels.

Ein FCZ in der Übergangsphase ist schwierig auszurechnen

Der Kulturwandel sorgt für Konfliktstoff bis in die Schweizer Nationalmannschaft, in welcher die von Coaches wie Guardiola, Arteta und Alonso geprägten Granit Xhaka und Manuel Akanji ihre im Klub gewohnte Spielweise entgegen der ursprünglichen Ausrichtung unter Murat Yakin auch in der Landesauswahl implementiert sehen wollen. Dabei stellt sich in der SFV-Auswahl eine ähnliche Fragestellung wie beim FC Zürich: ist das aktuelle Kader dafür geeignet? Sind beispielsweise die Innenverteidiger technisch stark und schnell genug? Wie sieht es mit dem Torhüter aus? Ausserdem ist die Qualität der für die im Positionsspiel nötige Breite sorgenden Flügelspieler entscheidend. Die beiden etablierten FCZ-Stürmer Marchesano und Okita fühlen sich an der Seitenlinie nicht wohl, sind im Umschaltspiel im 3-4-1-2 am stärksten. Oko-Flex und Rohner können auf dem Flügel spielen, stehen aber im zweiten Glied – und werden wohl beide als zu wenig zuverlässig gesehen.

So ist es aktuell in der 1. Mannschaft ein Hin und Her zwischen Partien in denen der FCZ im 4-3-3 oder 4-2-3-1 mit Dominanz auftritt – und anderen wo man dann wiederum das Direktspiel und die langen Bälle präferiert wie beispielsweise beim 1:0-Sieg bei Servette. Positiv formuliert ist es aktuell für die gegnerischen Trainer schwierig den FCZ auszurechnen. Selbst das eine Stunde vor Spielbeginn publizierte Matchblatt gibt dem gegnerischen Coach aktuell keine Auskunft über die vorgesehene FCZ-Spielweise, denn Nikola Boranijasevic beispielsweise hat zuletzt alles gespielt: Rechtsverteidiger in einer Viererabwehr, Aussenläufer im 3-4-1-2 – oder sogar als Aussenverteidiger einer Fünferabwehr (defensiv) und gleichzeitig Flügelstürmer (offensiv) in einem hybriden 4-3-3 / 5-3-2 wie im Liga-Heimspiel gegen Winterthur. Der FCZ tritt mit demselben Personal sehr unterschiedlich auf und ist daher für alle Seiten eine Wundertüte. Das wird sich aber ziemlich sicher auf nächste Saison hin ändern.

Daten: Wyscout, Liga, Saison 23-24, FCZ (N) = FCZ unter Ural / Romano bzw. Moniz.

FCZ überrascht SLO zu Beginn mit Umstellung auf 4-3-3 / FCZ – Stade Lausanne-Ouchy Analyse mit Randnotiz: FCZ neu bei Ballbesitz und Pressing im Spitzenbereich, Abschlusseffizienz als Problem nach der Winterpause

ACHTUNG AUF DIE LINKE SEITE VON SLO / FCZ – STADE LAUSANNE-OUCHY VORSCHAU (Züri Live)

Stade Lausanne-Ouchy spielt unter dem neuen Coach Ricardo Dionisio in einem eher defensiv ausgerichteten 5-4-1, aber so stark wie dies in der 1. Halbzeit (vor allem in den ersten 30 Minuten) in Zürich der Fall war, wollten sich die Waadtländer eigentlich dann doch nicht hinten reindrücken lassen. Der FCZ stand in dieser Phase im Hohen Pressing phasenweise mit zwei der vier Verteidiger zehn Meter von der gegnerischen Strafraumgrenze entfernt. Dies war möglich, weil SLO gegen den FCZ-Spielaufbau kein Mittel fand.

FCZ überrascht Stade Lausanne-Ouchy taktisch

Der FC Zürich hatte vom üblichen 4-2-3-1 auf ein 4-3-3 umgestellt und damit die Gäste überrascht. Die beiden Achter Mathew und Krasniqi veranlassten die Lausanner Bayard und Hamdiu weiter zurückzustaffeln als geplant, womit der FCZ-Sechser Cheick Condé im Spielaufbau völlig freie Hand genoss. Der FC Zürich baute dementsprechend praktisch jeden Angriff über den Mann aus dem Heimatland von Alhassane Keita auf. Conceição und Dante sorgten wieder für eine Breite, die sogar die Lausanner Fünferabwehr deutlich überspannte. Krasniqi und Mathew stiessen immer wieder beinahe oder ganz in die vorderste Linie.

Die beiden Tore zum 2:0 fielen dann aber untypisch für den Spielverlauf aus Umschaltsituationen. Es waren die ersten Tore aus einem Hohen Pressing und einem Konter seit dem 3:1-Heimsieg gegen YB in der ersten Saisonhälfte! Seither hatte der FC Zürich vorwiegend aus Standardsituationen getroffen. Während das erste Viertel der Partie aus FCZ-Sicht vermutlich das beste der bisherigen Saison war, liess das Heimteam bereits In der Viertelstunde vor der Pause etwas nach – und so entstand der Anschlusstreffer der Gäste nicht komplett „aus dem Nichts“.

Langjährige Cracks Hajrulahu und Ajdini ragen bei SLO heraus

Vor allem nach dem Pausentee aber kam Stade Lausanne-Ouchy „wie verwandelt“ aus der Kabine, agierte aggressiver. Ajdini und Bayard kümmerten sich nun zu zweit um Condé, die Aussenläufer rückten im Spiel gegen den Ball höher auf. Durch das Höherstehen kamen die Gäste auch eher ins Gegenpressing. Der FCZ liess sich davon etwas zu einfach ins Bockshorn jagen und hörte zeitweise auf, von hinten heraus aufzubauen. Vorne trauerten die Stürmer jeweils etwas zu lange vergebenen Möglichkeiten nach, und wurden vom in den zweiten 45 Minuten den Ball jeweils schneller wieder ins Spiel bringenden Torhüter Vachoux erwischt.

SLO kam zwar nicht zu vielen Torchancen, aber wenn, waren es tendenziell gefährliche Situationen im Strafraum. Die Waadtländer trugen dem Ball Sorge, spielten relativ viele Pässe und ein relativ hoher Prozentsatz der Zuspiele kamen beim Mitspieler an. Dabei zog ihr Toptalent Ismael Gharbi eher einen schlechteren Tag ein. Herausragend waren beim Dionisio-Team zwei langjährige Spieler aus der Region, die beide praktisch ihre ganze bisherige Profikarriere bei den „Stadistes“ verbracht haben. Captain Lavdrim Hajrulahu (26) hatte in seiner Jugend den Durchbruch bei der lokalen Nummer 1 Lausanne-Sport nicht geschafft. Im Letzigrund stach er mit seiner Aufmerksamkeit und Antizipation heraus – und entschärfte so viele im Ansatz gefährliche Angriffe des FC Zürich. Im gegnerischen Strafraum holte der Innenverteidiger ebenfalls dank seiner Wachheit gegen Daniel Afriyie den Penalty zum 2:2 heraus. Stürmer Albian Ajdini (24, aus dem Servette-Nachwuchs) musste vorne lange Zeit als „Alleinunterhalter“ auftreten, holte in fast jeder Situation ein Maximum heraus – und erzielte beide Treffer.

FCZ mit Mühe gegen situativ pressende Ballbesitzteams

Generell kann man aus dem Spiel mitnehmen, dass der FCZ endlich wieder mal aus Umschaltsituationen Tore erzielen konnte. Und mit einem zu Beginn sehr tief stehenden Gegner konnte man deutlich besser umgehen, als noch vor ein paar Wochen. Gegen YB hat der FCZ zudem zuvor bewiesen, dass er auch gegen einen hoch pressenden Gegner gute Lösungen hat. Am meisten Schwierigkeiten bereiten dem FCZ zur Zeit noch Gegner, die weder besonders tief noch besonders hoch stehen, dem Ball Sorge tragen, situativ pressen und schwer ausrechenbar sind – so wie beispielsweise Lugano, oder eben SLO in der 2. Halbzeit.

Personalien – Di Giustos vermaledeite Halbzeit

  • Cheick Condé: Zum dritten Mal in dieser Saison MVP, zum ersten Mal im Kalenderjahr 2024. Steht in der 1. Halbzeit im Mittelpunkt, weil fast alle Angriffe über ihn laufen. Hat etwas eine Baisse im dritten Spielviertel, dreht gegen Ende wieder auf.
  • Ifeanyi Mathew: Offensiv weiter in Topform – diesmal mit einem schönen Assist.
  • Mirlind Kryeziu: In Yverdon defensiv noch mit Tiefstnote „1“, diesmal im Spiel ohne Ball bester Zürcher mit einer glatten „10“. Im Offensivspiel nach der Druckphase der ersten halben Stunde in der Viertelstunde vor der Pause etwas mit Konzentrationsproblemen.
  • Lindrit Kamberi: Spielt in der neuen Rolle als Rechtsverteidiger konstant stark. Rettet in der 62. Minute wie in Yverdon vor der Linie, auch wenn der Effet-Abschluss des beim SLO-Konter im Strafraum alleinstehenden Mahmoud wohl am rechten Pfosten vorbeigeschwenkt wäre.
  • Amadou Dante: Es bleibt dabei: defensiv weiterhin deutlich ungenügend. Die Hoffnung war eigentlich, dass sich durch Dante die linke Seite defensiv stabilisiert, da Guerrero in einer Viererkette im Spiel gegen den Ball gewisse Schwachpunkte hat. Bisher ist eher das Gegenteil der Fall – mit einer Defensiv-Durchschnittsnote von 2,8. Gerade in Umschaltsituationen zu spät und zu langsam in der Rückwärtsbewegung. Auch im Aufbauspiel mit zu vielen „telefonierten“ Pässen. Die Eckbälle des Linksfusses sind hingegen weiterhin gut – in dieser Hinsicht ersetzt er Guerrero eins-zu-eins.
  • Bledian Krasniqi: Nicht mehr so ein Offensivfeuerwerk wie in Yverdon. Trotzdem: bereitet das 2:0 nach eigenem Ballgewinn mustergültig vor und bei seinem einzigen Eckball in der 85. Minute müsste Kryeziu den Ball per Kopf aufs Tor bringen.
  • Nevio Di Giusto: Eine vermaledeite Halbzeit. Will häufig zu viel. Hat auch mit dem schwächeren rechten Fuss einen guten Abschluss beziehungsweise letzten Pass und müsste häufiger auf dieser Seite vorbei am Gegenspieler – zieht dagegen immer zur Mitte, was die Kontrahenten vorausahnen. Immerhin ist er der einzige Einwechselspieler mit einer Chancenbeteiligung. Setzt sich in der 81. Minute rechts gegen Mahmoud durch, verliert dabei den Schuh, flankt mit dem schuhlosen linken Fuss einen gefährlichen Effet-Ball in die MItte, den Okita knapp verpasst. Das Tor hätte wohl gezählt. Die Aktion in welcher der Schuh verloren geht, darf der Spieler noch fertig machen.
  • Nikola Katic: Wird in der 76. Minute ausgewechselt, nachdem er sich bei Tacklings an der jeweils gleichen Stelle an der Seitenlinie in der 54. und 58. Minute ohne Fremdeinwirkung im Hüftbereich verletzt hat. Defensiv wie Dante deutlich ungenügend.
  • Jonathan Okita: Macht defensiv mehr als früher und allgemein vieles gut, ist dann aber beim 1:2 von SLO wie schon zwei Mal im Cup gegen Winterthur im entscheidenden Moment nicht auf seinem Posten. Trifft mit Überzeugung zum 1:0 und auch sein Dropkick mit LInks in der 85. Minute hätte ein Tor verdient gehabt.
  • Antonio Marchesano: Beginnt als Mittelstürmer im 4-3-3, nach der Einwechslung von Daniel Afriyie dann auf der Doppel-8 neben Bledian Krasniqi.
  • Nikola Boranijasevic: Zum fünften Mal in dieser Saison der offensiv Beste. Defensiv hingegen mit Note „1“. Der Teileinsatz beginnt mit einem missglückten Einwurf und übermotiviertem Einsteigen gegen Gharbi (der entsprechende Freistoss führt dann zum Penalty) schlecht.
  • Daniel Afriyie: Im 4-3-3 in dieser Saison häufig auf der Doppel-8 eingesetzt, diesmal hingegen als Mittelstürmer. Trotzdem begeht er im eigenen Strafraum gegen den höchst aufmerksamen Gegenspieler Hajrullahu kurz nach der Einwechslung ein ungeschicktes Foul. Bisher hatte in dieser Saison der FCZ umgekehrt im SLO-Strafraum von solchen Szenen profitiert (zwei Penaltytore durch Okita).
  • Yanick Brecher: Hat wenig zu tun und kommt weder offensiv noch defensiv richtig ins Spiel. Im Aufbauspiel nicht so stark wie gewohnt.

Randnotiz – FCZ neu bei Ballbesitz und Pressing im Spitzenbereich, Abschlusseffizienz als Problem nach der Winterpause

Der Ballbesitz hat im Verlauf der Saison kontiniuerlich und deutlich zugenommen. Dass die Spielweise nach der Winterpause stark geändert wurde, ist grafisch (siehe unten) gut sichtbar. Kurzfristig gibt es Schwankungen aufgrund einzelner Partien wie gegen YB, in denen zwischendurch der Ballbesitz gering ist. Über die ganze Saison hinweg liegt der Ballbesitz des FC Zürich noch bei 49,2% und damit an 7. Position. Zuletzt lag der FCZ-Ballbesitz allerdings im Schnitt bei 55% und damit im Bereich, in welchem sich der in dieser Wertung Zweitplatzierte FC Lugano bewegt, knapp hinter YB. Die Intensität des Hohen Pressings über 90 Minuten stieg hingegen schon im Verlauf des ersten Saisondrittels stark an und war im Oktober auf dem gleichen Niveau wie heute – sank dann aber bis zum 285. Derby wieder etwas ab. Über die ganze Saison hinweg ist der FCZ bezüglich Pressing mittlerweile mit dem PPDA-Wert (Passes Per Defensive Action) 8,86 an dritter Stelle hinter YB und St. Gallen. Gemessen an den letzten fünf Partien liegt der FCZ mittlerweile sogar deutlich vor dem Saisonwert von YB und St. Gallen.

In einem Low Scoring-Game wie Fussball sind Tore und Gegentore auch von Spezialfaktoren oder gar Zufallsfaktoren abhängig. Die Entwicklung der Expected Goals-Differenz (in der unteren Grafik in orange) ist daher für die Bewertung der Leistungsentwicklung aussagekräftiger, als die Tordifferenz. Man startete die Saison zu Hause gegen Yverdon sehr gut. Die Leistung (gemessen an den eigenen und gegnerischen Torchancen) bewegte sich dann aber trotz oder vielleicht auch wegen zunehmendem Ballbesitz und Pressing von Spiel zu Spiel abwärts und befand sich bis und mit dem 3:0-Auswärtssieg in Lugano im leicht negativen Bereich. Der 3:1-Heimsieg gegen YB nach der Nati-Pause Ende November war dann der Auftakt zu einer leistungsmässig guten Phase vor und nach der Winterpause mit einem kontinuierlichen Chancenplus.

Nach der 1:2-Niederlage durch die zwei späten Kontertore im 284. Derby hat man sich dann aber wieder in einen Bereich runterbewegt, in welchem das Chancenverhältnis ausgeglichen ist. Die tatsächliche Torbilanz und damit auch Tabellenentwicklung sah während der ganzen 1. Saisonhälfte deutlich besser aus, als es die Leistungen hergaben. Seit der Winterpause hat sich dieses resultatmässige „überperformen“ ins Gegenteil verkehrt. Im Jahr 2024 wird der FCZ für seine Leistungen bisher schlecht belohnt – wobei man sich mittlerweile wieder auf dem Weg zumindest in den Bereich einer ausgeglichenen Tor- und Expected Goals-Bilanz befindet. Die graue Linie in der oberen Grafik zeigt die Unterschied zwischen der Tordifferenz und der Torchancendifferenz an. Vor der Winterpause erzielte man deutlich bessere Ergebnisse, als man aufgrund des Chancenverhältnisses erwarten konnte – nach der Winterpause waren die Ergebnisse schlechter als das Chancenverhältnis. In den letzten Partien hat es sich aber ausgeglichen. Unter dem Strich haben die vor der Winterpause glücklich gewonnenen Punkte immer noch einen etwas grösseren Einfluss auf Punkte- und Tabellenlage, als die nach der Winterpause unglücklich verlorenen. Man kann sagen: der FCZ gehört von seinen Saisonleistungen her ins Tabellenmittelfeld.

Die Anzahl Gegentore hat seit Saisonbeginn mit kleineren Auf und Abs grundsätzlich kontinuierlich zugenommen. Die Zunahme wurde in der 1. Saisonhälfte durch die klare Leistungssteigerung von Yanick Brecher im Vergleich zur letzten Saison noch stark abgeschwächt. Seit der Winterpause ist dieser Effekt aber nicht mehr vorhanden. Die Gegentore entsprechen seither den gegnerischen Torchancen. Die stark fallende Torproduktion ist aber das noch grössere Problem geworden. Bis und mit dem 3:1-Heimsieg gegen YB Ende November konnte der FCZ zumindest von einer hohen Abschlusseffizienz profitieren. Diese lässt seither aber stark zu wünschen übrig. Der FC Zürich nutzte nach der Winterpause phasenweise weniger als die Hälfte der Chancen, die er hätte einnetzen müssen. In den letzten Partien hat sich die Abschlusseffizienz aber wieder gebessert.

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