Winter und Britto in Startelf vor den Augen von Urs Fischer: Aufstellungen Thun – FCZ im Detail

Der ehemalige FCZ- und Thun-Trainer sowie FCZ-Legende Urs Fischer will heute in der Stockhorn Arena ein spannendes Duell seiner beiden Ex-Klubs geniessen. Der aktuelle FCZ-Trainer Ludovic Magnin hat für die heutige Partie in der Stockhorn Arena eine begrenzte Personalauswahl in den vorderen Reihen. Benjamin Kololli kehrt zwar wieder zurück, aber dafür ist Blaz Kramer gesperrt – wegen eines „Fouls“ in der Anfangsphase der Partie gegen Lugano, das keines war. Dazu fallen die vom Platz gefahrenen / getragenen Tosin und Omeragic verletzt aus. Mahi und Marchesano sind ebenfalls nicht fit. Neu in die Startformation rücken Adi Winter, Mirlind Kryeziu, Hekuran Kryeziu und Willie Britto. Es ist sowohl eine Variante mit Dreierabwehr, als auch mit Viererabwehr denkbar.

Beim FC Thun hat Stürmer Ridge Munsy einen Lauf und seit seinem ersten Rückrundeneinsatz gegen Lugano in sechs Partien jedes Mal getroffen! Mit Hassane Bandé hat Thun-Trainer und FCZ-Gott Marc Schneider eine zusätzliche Option im Sturm, was Simone Rapp zu motivieren scheint, der zuletzt in St. Gallen nach seiner Einwechslung zur Halbzeit stark dazu beigetragen hat, dass die Berner Oberländer beinahe noch einen Punkt aus der Gallusstadt entführt hätten. Gegen den FCZ beginnt etwas überraschend das Duo Rapp / Bandé und Munsy sitzt als Joker auf der Bank. Seit einiger Zeit lässt Marc Schneider im Mittelfeld mit einer Raute spielen, wodurch die Position des Top-Assistgebers Tosetti auf dem offensiven Flügel normalerweise aus dem System rausfällt. Der FCZ hat in den letzten Jahren aber immer wieder Mühe mit Tosetti gehabt, daher bringt ihn Schneider heute trotzdem von Anfang an, ob als Achter in der Raute oder in einem flachen Vierermittelfeld wird sich noch zeigen. Grégory Karlen könnte in Abwesenheit von Miguel Castroman auf die 10er-Position rücken und der offensiv orientierte Nias Hefti ersetzt links hinten Chris Kablan.

Nathan, der Heisse – FCZ entzaubert St. Gallen erneut mit Kampfgeist und Kontern

Letzte Saison hatte der FCZ gegen St. Gallen vorwiegend gute Spiele abgeliefert, aber trotzdem nur zwei Punkte geholt. Nun hat sich dies gedreht: drei Siege in Folge von Ludo Magnins Team gegen Peter Zeidlers Mannen, und dies obwohl die Ostschweizer ansonsten ihre beste Saison seit Jahrzehnten spielen. Was sich wie ein Roter Faden durch diese Partien zieht, ist, dass der FCZ den Hochtempo-Fussball der Grün-Weissen für sich zu nutzen weiss – wie bei einem Tanzpartner, der gut zu einem passt. Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen, der in den letzten Jahren immer wieder dann besonders schlecht gespielt hat, wenn er zu viel Zeit zum Überlegen hatte und sich vom Gegner „einlullen“ liess.

Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen

Sich einem mit hohem Tempo agierenden Gegner an die Fersen heften und dann über den Kampf ins Spiel finden, hat in den letzten Jahren nicht nur gegen St. Gallen (Stichworte: Cupfinal YB, Leverkusen) häufig gut geklappt. Das spielerische Element ist sowieso da – um aber auch das notwendige kämpferische Element aus der Mannschaft herauszukitzeln, braucht es häufig eine anspruchsvolle Aufgabe. In den drei Duellen mit St. Gallen hat die Mannschaft von allen Partien abgesehen von der 0:4-Heimniederlage gegen den FCB klar am meisten Top-Defensivaktionen gehabt (79, 72, 77).

FCSG – FCZ Züri Live Matchstatistiken

Herausragend in dieser Hinsicht der wieder ins Team zurückgekehrte Nathan mit gleich 19 Top-Defensivaktionen, was auch gemessen am Schnitt des Brasilianers von 10 Top-Defensivaktionen pro Partie hoch ist. Nathan war der Fels in der Brandung gegen einen Gegner, der einen Grossteil seiner Energie in die ersten 30 Minuten legte und in dieser Phase das Spiel dominierte. Die im ganzen Spiel wichtigste Aktion war Nathans Rettungstat schon nach etwas mehr als einer Minute im Laufduell mit Demirovic, als er den mit Entschlossenheit rechts Richtung nahen Pfosten stürmenden Bosnier an Grinta noch überbot. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre da ansonsten schon früh das 1:0 für St. Gallen gefallen. Vor Nathan sorgte der aufmerksame Hekuran Kryeziu für zusätzliche Stabilität.

Simon Sohm wärmt sich in der Pause auf

Der FCZ hatte sich zudem gut auf verschiedene Spezialitäten eingestellt. Zum Beispiel der St. Galler Eigenheit, nach dem Anstoss den Gegner mit Tempo durch die Mitte zu “überrollen“, stellte das Letzigrund-Team jeweils eine gestaffelte Phalanx von vier Mann gegenüber. Gleich nach Wiederanpfiff konnte so Simon Sohm als vierter Mann dieser Phalanx den Ball abfangen und den schnellen Gegenstoss gegen die hinten offenen St. Galler einleiten, der um ein Haar zum 2:0 durch Blaz Kramer wenige Sekunden nach der Pause führte.

FCZ-Phalanx erwartet nach einem Anstoss den St. Galler Angriff durch die Mitte

Oder bei einem Freistoss in Strafraumnähe des zur Zeit ligabesten Freistoss- und Weitschützen Jordi Quintilla, als sich Marco Schönbächler in einem Spreizschritt hinter die Mauer kniete, wodurch diese kollektiv aufspringen und damit die abgedeckte Gesamtfläche vergrössern konnte.

Marco Schönbächler ist bei Freistoss Quintilla für das „Untergeschoss“ zuständig

St. Gallen konnte in der ersten halben Stunde das Spiel aber nicht nur wegen dem eigenen keine 90 Minuten durchzuhaltenden Energieaufwand dominieren, sondern auch, weil beim FCZ viele Spieler zu behäbig in die Partie gestartet waren. Namentlich von Toni Domgjoni, Benjamin Kololli oder Blaz Kramer kam viel zu wenig. Sinnbildlich für Domgjonis mentale und physische „Abwesenheit“ war die Szene, als er sich gar von einem Spieler wie Jérémy Guillemenot im Zweikampf wegdrücken liess. Dass unter diesen Umständen speziell Nathan und Hekuran Kryeziu das Team trotzdem zusammenhalten konnten, war eine Parforceleistung. St. Gallen hatte in der Ersten Halbzeit trotz klarer Überlegenheit nur einen Expected Goals-Wert von 0,7. Die Ostschweizer kamen kaum zu guten Torchancen. Von 24 Schüssen der ganzen Partie fanden nur zwei den Weg Richtung Gehäuse von Yanick Brecher, der trotz grosser St. Galler Angriffslust fast schon einen geruhsamen Abend verbrachte, da die ansonsten typische Effizienz diesmal bei den Grünweissen nicht vorhanden war.

Erste Gratulanten zu Kolollis 3:0

Der FCZ hat hingegen, seit Benjamin Kololli in der Coronapause diesbezüglich „der Knopf aufgegangen“ ist, seit Jahren endlich wieder mal einen starken Standardschützen. In St. Gallen ging der FCZ in der 31. Minute entgegen dem Spielverlauf durch Blaz Kramer nach einem sehr guten Corner Kolollis in Führung. Zwar hatten Kololli und Kramer in den ersten 28 Minuten nichts zustande gebracht, aber unmittelbar vor diesem Eckball hatten beide ihre ersten gelungenen Aktionen gehabt, nachdem Kololli mit Tosin erstmals die Seiten getauscht hatte. Der grösste Unterschied zum 3:1-Sieg gleichenorts im Dezember war, dass der FCZ diesmal in der Zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft war, und ein klares Chancenplus zu verzeichnen hatte. Vor Weihnachten war St. Gallen bis kurz vor Schluss am Drücker gewesen und der FCZ konnte erst dank stark erhöhtem Risiko St. Gallens ab der 70. Minute die Entscheidung herbeiführen. In beiden Partien konterte das Letzigrund-Team schnell und konsequent. Man sorgte speziell diesmal bei den vielen langen Bällen für eine hohe Präsenz am und im gegnerischen Strafraum. Dem eingewechselten Mimoun Mahi gelangen mit Steilpässen und Seitenverlagerungen drei Assists zu den Toren der Zweiten Halbzeit. Das Chancenverhältnis lag Ende der Partie klar auf Seiten des FCZ, wenn auch nicht im Bereich von 4:0. Insgesamt hatte der FCZ diese Saison nur in der November-Siegesserie gegen Sion, Luzern und Xamax ein vergleichbares Expected Goals-Verhältnis wie jetzt mit 2.53 : 1.11 in St. Gallen.

40. Minute: Handspiel von Benjamin Kololli auf der Strafraumgrenze

Im Verlaufe der Partie schaffte es der FCZ zeitweise hinten kompakt zu stehen. Selbst Benjamin Kololli arbeitete fleissig nach hinten mit, hatte aber bei einer solchen Aktion am eigenen Strafraum Glück, dass nicht auf Handspenalty für St. Gallen entschieden wurde. In Bezug auf Schiedsrichter Fähndrich rieb man sich als jahrelanger FCZ- und Liga-Beobachter verwundert die Augen und wähnte sich in einem Paralleluniversum. Nachdem dieser seit Jahren zu den drei Schiedsrichtern gehört, die im Zweifelsfall konsequent gegen den FCZ zu pfeifen scheinen, am stärksten in Partien gegen YB und Luzern, regte sich mit St. Gallen erstmals zu Recht ein FCZ-Gegner über seine Entscheidungen auf. Neben Kolollis Aktion hätte sicherlich Hekuran Kryeziu in mindestens einer von zwei Foulaktionen Gelb sehen müssen und in der Schlussphase wurde ein Handspiel vor dem Strafraum von Michael Kempter nicht gepfiffen – ein ähnliches von Vincent Rüfli auf der anderen Seite hingegen schon.

Die Kommunikation und Ordnung scheint sich beim FCZ verbessert zu präsentieren. Nachdem der FCZ begann, konsequent lange Bälle in die Tiefe zu spielen, war Aiyegun Tosin ab der 56. Minute voll in seinem Element und erzielte nach einem sauberen Tackling von Nathan am eigenen Strafraum gegen den eingewechselten ehemaligen FCZ-Junior André Ribeiro und dem schnellen Gegenstoss über Hekuran Kryeziu und Mahi das 2:0. Der Nigerianer feierte den Treffer mit einer kleinen Provokation gegenüber den während der ganzen Partie schon eine kurze Zündschnur aufweisenden 700 St. Gallen-Fans, was diese zusätzlich auf die Palme brachte und gemäss einem später publizierten Video einen davon zu einem rassistischen Ausruf verleiten liess, den auf dem Platz aber niemand mitbekam.

FCSG – FCZ Züri Live Match Performance

Der FC Zürich konnte im Kybunpark auch von der besser besetzten Ersatzbank und der verletzungsbedingten Auswechslung Yannis Letards kurz nach der Pause profitieren. Marco Schönbächler beispielsweise überzeugte erstmals seit längerer Zeit vor allem defensiv. Ausserdem zogen St. Galler Leistungsträger wie Hefti oder Quintilla einen ihrer weniger guten Tage ein. Auf Zürcher Seite vermochte Michael Kempter seinen ordentlichen bis guten Auftritt von Bern in St. Gallen noch zu toppen. Dass der FCZ links mehr Stabilität ausstrahlt als rechts, hat man lange nicht mehr gesehen. Es fing bei den im Vergleich mit seinem Pendant Rüegg besseren Einwürfen an, und setzte sich fort mit disziplinierterem Verteidigen sowie dynamischen Vorstössen über die Seite und durch die Mitte. Der FCZ gewann in St. Gallen 4:0 mit einer Ballbesitzquote von gerade einmal 37%. Was nicht aussergewöhnlich ist: drei der vier Saisonsiege gegen Spitzenteams (2x St. Gallen, 1x Basel) erreichte Zürich mit einer Ballbesitzquote von 30-40%. Das Erfolgsrezept jeweils? Defensive Stabilität, Kampfgeist, schnelle Konter und Nathan in der Startaufstellung.

Schlussresultat im Kybunpark

St. Gallen – FC Zürich 0:4 (0:1)
Tore: 31. Kramer (Kololli) 0:1; 64. Tosin (Mahi) 0:2, 86. Kololli (Mahi) 0:3, 90.+1 Tosin (Mahi) 0:4.
St. Gallen – Zigi; Hefti, Stergiou, Letard (47. Fabiano Alves, 67. Bakayoko), Rüfli (67. Muheim); Quintilla; Görtler, Ruiz (85. Staubli); Guillemenot (46. Ribeiro); Demirovic, Itten.
FCZ – Brecher; Rüegg (88. Britto), Nathan, Omeragic, Kempter; Tosin (82. Janjicic), H. Kryeziu, Domgjoni (46. Sohm), Kololli (87. Winter); Marchesano (60. Mahi), Kramer (60. Schönbächler).

Nur noch ein halbes Geisterspiel in St. Gallen

(Bilder: Züri Live, Standbilder Arena Sport / Teleclub)

Kramer stürmt! FSCG – FCZ Aufstellungen im Detail

Nach einem halben Jahr reist der FCZ wieder nach St. Gallen. Das Wetter ist anders und der Rahmen auch, aber die Tabellensituation ist gar nicht so anders. Damals hätte St. Gallen mit einem Heimsieg gegen das Letzigrund-Team Wintermeister werden können. Dies wurde durch Tore von Schönbächler, Marchesano und Tosin vereitelt. Dazwischen hatte beim 3:1 Jordi Quintilla per Penalty zum zwischenzeitlichen Ausgleich getroffen. Mittlerweile hat sich die Situation der Grünweissen sogar noch verbessert. Voraussichtlich würden sie selbst nach einer Niederlage auf dem Leaderthron bleiben. Der FCZ will hingegen seinen ersten Rückrundensieg holen. Gegen einen am Wochenende in Sion sehr stark gestarteten Gegner, welcher aber dem Magnin-Team zuletzt immer gelegen hat.

Beim FCZ kehrt wie erwartet Nathan nach seiner kleinen „Quarantäne“ für den gesperrten Mirlind Kryeziu zurück ins Team. Dazu hat sich Trainer Magnin an die letzte Partie hier in St. Gallen erinnert, in welcher der FCZ mit Kontern erfolgreich war und bringt den schnellen Blaz Kramer von Anfang an. Benjamin Kololli rückt für Marco Schönbächler auf den linken Flügel. Aufgrunddessen dass es zum Beginn des Restarts in die Meisterschaft ausnahmsweise für den FCZ beinahe eine Woche Pause zwischen zwei Partien gegeben hat, war es noch nicht notwendig viel zu rotieren. Mimoun Mahi kehrt zudem ins Kader zurück.

Beim FC St. Gallen kehrt nach dem 2:1-Auswärtssieg in Sion Innenverteidiger Yannis Letard in die Startelf zurück – Betim Fazliji ist gesperrt. Ansonsten spielt auch bei den St. Gallern, die eine um 39 Tore (und 16 Punkte) bessere Bilanz als der FCZ haben die Formation vom 24. Spieltag. Auf der Ersatzbank sitzen mit André Ribeiro und Miro Muheim zwei ehemalige FCZ-Junioren.

Nsamé trifft erstmals per Kopf – FCZ kann gute 1. Halbzeit nicht materialisieren

Im Vergleich mit der letzten Wettbewerbspartie gegen Xamax zeigt sich der FCZ zum Wiederauftakt nach der „Corona-Pause“ verbessert. Schon nach sieben Sekunden gewinnt Rüegg im Mittelfeld gemeinsam mit Tosin gegen Moumi Ngamaleu den Ball und macht den Lauf direkt vors Tor, wird von Marchesano mit einem schönen Steilpass eingesetzt, kann den Ball dann aber nicht am herauslaufenden David Von Ballmoos vorbeischieben. Die Szene illustriert exemplarisch das weiter verbesserte Mittelfeldpressing der Mannschaft. Der Ball wird häufiger als zuvor gewonnen, weil sich mehr Spieler solidarisch daran beteiligen. Zu oft hing bisher alles von der Initiative und dem Laufpensum Toni Domgjonis ab. In Bern beteiligten sich grundsätzlich alle Spieler gemeinsam an der Balleroberung. Gerade auch Benjamin Kololli nahm nicht nur offensiv eine wichtige Rolle ein, sondern arbeitete defensiv konsequenter und konstanter mit, als über weite Teile der bisherigen Saison.

Es bestätigte sich zudem auch in Bern, dass der Waadtländer der Mannschaft als Sturmspitze mehr bringt. Ceesay und Kramer sind gute Konterstürmer, aber wenn der FCZ das Spiel machen will, dann ist ein Stürmer, der vorne mit dem Rücken zum Tor den Ball halten kann, zentral. Und es gibt abgesehen von Jean-Pierre Nsamé in der Liga kaum einen Offensivspieler mit einem solchen Anteil an gewonnenen Kopfballduellen (61,2%). Zudem ist es kein Geheimnis, dass Kololli zu den abschlussstärksten Spielern des Kaders gehört. Sein 2:1 in der 38. Minute war ein von Tosin mit einem Energieanfall herausgeholter Freistoss aus etwas weniger als 30 Metern: ein Innenrist-Effetball, bei welchem YB-Torhüter David Von Ballmoos nicht das einzige Mal in dieser Partie gepatzt hat. Schon in den Testspielen war aufgefallen, dass der Berner Keeper momentan nicht in Form ist. Auch seinen Vorderleuten unterliefen ungewohnt viele Fehlzuspiele. Speziell der ansonsten gegen den FCZ immer motivierte Christian Fassnacht kam nie richtig in die Gänge.

Der Zürcher war es auch, welcher in der 26. Minute gegen Rüegg, Schönbächler, Domgjoni und Marchesano denjenigen Ball verlor, welcher nach Vorarbeit von Kololli zur Zürcher Führung durch Tosin führte – dem ersten FCZ-Tor gegen YB nach 507 Minuten. Der Nigerianer spielte wie gewohnt engagiert, aber ebenso wie üblich mit seinen obligaten schwachen zehn Minuten zwischendurch. In diesen passte er im Anschluss an einen YB-Einwurf nicht auf und liess Janko am eigenen Strafraum aus den Augen. – und Rüegg kam in der Mitte zu spät gegen Nsamé. Ausgerechnet Tosin und Rüegg waren bis zu dieser 32. Minute die einzigen bis zu diesem Zeitpunkt fehlerfreien Zürcher Spieler gewesen. Rechtsverteidiger Rüegg wirkte genauso wie Torhüter Brecher nach der Corona-Pause mental aufgeräumt und fokussiert.

In der Innenverteidigung sorgte Becir Omeragic für gewisse offensive Akzente, während Mirlind Kryeziu vor allem defensiv über weite Strecken der Partie der Fels in der Brandung war. Bis zur 80. Minute war das Expected Goals-Verhältnis 1,60 : 1,29 zugunsten des FC Zürich – das Zwischenresultat von 2:1 für das Auswärtsteam daher logisch. Ebenso gut erklärbar ist aufgrund der Torchancen der Schlussphase dann aber schlussendlich der Sieg von YB, denn die Berner drehten das gewichtete Chancenverhältnis bis zum Schluss noch auf 3,11 : 2,28. Schon früh nach der Pause schien der FCZ etwas nachzulassen. Einerseits hatte man seit dem 1:0-Sieg in Neuenburg Ende November nicht mehr so gute Torchancen herausgearbeitet wie nun gegen YB. Gleichzeitig musste man nur bei der 0:4-Niederlage im August im Wankdorf deutlich mehr Torchancen zulassen, als diesmal. Der Ballbesitzanteil war mit 33,22% gar der tiefste der Saison – und nur in Unterzahl beim FC Thun sowie zu Beginn der Saison in Luzern gewann der FCZ weniger Zweikämpfe (42%).

Die eingewechselten Hoarau und Sulejmani lieferten die Vorarbeit zu den Treffern Nummer zwei und drei von Jean-Pierre Nsamé. Der ehemalige Servette-Stürmer hat mittlerweile doppelt so viele Treffer auf seinem Konto, wie der Zweitplatzierte der Liga. Speziell für den eingewechselten Guillaume Hoarau wich der FCZ bei Defensivstandards von der reinen Raumdeckung ab und stellte Hekuran Kryeziu als Manndecker für den grossgewachsenen Franzosen ab. Nachdem Lefort und Fassnacht an diesem Abend per Kopf das Gehäuse nicht zu treffen schienen, erledigte dies dann halt Jean-Pierre Nsamé – mit seinem ersten Super League-Kopfballtor der Saison. Der zehnte YB-Corner war schlussendlich einer zuviel. Trotzdem hatte der FCZ zu Beginn der Nachspielzeit seine grösste Torchance des Spiels zum möglichen 3:3-Ausgleich, als Débutant Stephan Seiler den Nachschuss eines Sohm-Hammers knapp am Gehäuse vorbeilupfte. Sohm war dabei der Ball ausgezeichnet vom ebenfalls eingewechselten Züri Live-MVP Vasilije Janjicic aufgelegt worden, welcher in der Schlussphase mit seinem Direktspiel mitverantwortlich für ein nochmaliges Aufbäumen der Zürcher war. Zum ersten Super League-Einsatz Seilers war es beinahe gleichenorts beim 0:4 im letzten August gekommen, als der U21-Captain die Anweisung bekam, sich in der Pause einzulaufen. Eingewechselt wurden dann aber stattdessen Matteo Di Giusto und Ilan Sauter. Bei einer 2:1-Führung reinzukommen, war nun natürlich dankbarer. Seiler unterliefen zu Beginn ein paar Fehler, aber gegen Ende seines Einsatzes vermochte er sich bereits zu steigern. Genauso wie Janjicic gehört Stephan Seiler zur Spezies der beim FCZ besonders häufig aus der Academy hervorgehenden starken Zentralen Mittelfeldspieler. Beide wurden in der Schlussphase in Bern auf dem Flügel eingesetzt, während Simon Sohm das Zentrale Mittelfeld mit Domgjoni und Hekuran Kryeziu in einem 4-1-4-1 verstärkte. Die fünf Zentralen Mittelfeldspieler waren dann tatsächlich noch einmal nahe am Ausgleich, während Blaz Kramer als Einziger einmal mehr blass blieb.

Young Boys – FC Zürich 3:2 (1:2)
Tore: 25. Tosin (Kololli) 0:1, 32. Nsamé (Janko) 1:1, 38. Kololli (Freistoss, Tosin) 1:2; 81. Nsamé (Hoarau) 2:2, 85. Nsamé (Sulejmani) 3:2.
YB – Von Ballmoos; Janko (46. Garcia), Lustenberger, Lefort, Lotomba; Fassnacht (75. Sulejmani), Martins, Aebischer (75. Gaudino), Moumi (66. Spielmann); Nsamé, Mambimbi (66. Hoarau).
FCZ – Brecher; Rüegg, Omeragic, M. Kryeziu, Kempter (75. Britto); Tosin (82. Janjicic), H. Kryeziu, Domgjoni, Schönbächler (63. Seiler); Marchesano (82. Sohm), Kololli (82. Kramer).

Saisonstatistik: FCZ schraubt Testspielskore auf 61

Rekordverdächtige 21 Testspiele hat der FCZ in der Saison 19/20 mittlerweile gespielt. Und damit beinahe gleich viele Freundschaftspartien, wie solche um Punkte in der Super League (23). Die Gegner bewegten sich dabei in einem weiten Feld von Borussia Dortmund und RB Leipzig bis Wettswil-Bonstetten. Gegen Vaduz, Wil und Halle wurde dabei je zwei Mal, gegen den letzten Gegner Schaffhausen (6:0) gar drei Mal gespielt. In der ersten Saisonhälfte waren die Testresultate ausgewogen – seit dem 14. Januar hat der Letzigrund-Club aber neun Testspielerfolge in Serie hingelegt. Zugegebenermassen ist dies im Hinblick auf die anstehenden Wettbewerbsspiele jeweils nicht aussagekräftig.

Zumindest werden Tore erzielt. In allen sechs „Corona-Testspielen“ landete der Ball vier bis sechs Mal im Netz des jeweiligen FCZ-Gegners. Zuletzt in Schaffhausen trafen mit Pa Modou Jagne (Foulpenalty), Nils Reichmuth und Mirlind Kryeziu gleich drei Spieler erstmals in der laufenden Saison in einer Testpartie. Für den 18-jährigen Reichmuth, der mit seinem beinahe zwei Jahre jüngeren Bruder Miguel in der U18 spielt, und zudem zum erweiterten U21-Kader gehört, war es das Jungferntor in der Ersten Mannschaft. Und Mirlind Kryeziu (1,98m) gelang seit langer Zeit wieder einmal ein Kopfballtor – genauso wie Antonio Marchesano (1,68m), welcher mit Kopfbällen in den letzten Jahren deutlich häufiger erfolgreich war. Bei beiden Treffern hatte Benjamin Kololli mit jeweils einem Standard seinen Rechten Fuss im Spiel. Der wie schon in Vaduz als Stürmer auflaufende Kosovarische Nationalspieler ermöglichte zudem bereits in der 17. Minute Marchesano das 1:0, als dieser dank dem guten Laufweg Kolollis nach einer Kempter-Flanke fast unbehelligt zum Abschluss kam. Das vierte Tor erzielte Kololli per Handspenalty gleich selbst. Zu einem ersten Teileinsatz in der Super League-Equipe kam dabei der von Ajax zurückgekehrte Filip Frei. Er war in der für ihn verkürzten Saison in Holland in der U19 unter dem ehemaligen Elftaal-Haudegen Johnny Heitinga der älteste Spieler gewesen und auf allen Aussenpositionen (rechts-links, vorne-hinten) eingesetzt worden.

Antonio Marchesano war im Spiel davor gegen Aarau (5:1) wie gegen Schaffhausen an zwei Toren beteiligt – genauso wie Adi Winter und Stephan Seiler mit seinen Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte. Seiler (19) hat in seinen ersten Einsätzen im „Eins“ unter anderem aufgrund von Absenzen auf den Aussenverteidigerpositionen ausgeholfen. Zuletzt wurde er nun aber immer auf seiner angestammten Position im Mittelfeld eingesetzt, wobei dies aktuell auch durch den Ausfall von Simon Sohm bedingt ist. Der klare Sieg des FCZ im Letzigrund gegen Aarau kam erst in der Schlussphase zustande. Die Aargauer stellten in der Zweiten Halbzeit ein Juniorenteam mit einem Durchschnittsalter von 18 Jahren auf den Platz, wenn man von den beiden Routiniers Jérôme Thiesson und Elsad Zverotic absieht. Der FCZ seinerseits hat in dieser Partie mit einem 3-4-3 wieder einmal ein System mit Dreierabwehr getestet, nachdem ein solches in Wettbewerbsspielen letztmals vor Jahresfrist in der Saisonschlussphase unter anderem bei den wichtigen Siegen gegen Sion, Xamax und Thun erfolgreich zum Einsatz gekommen war.

Im ersten Test in Vaduz war der in dieser Saison mit wiedergewonnener Spielfreude offensiv eine wichtige Rolle einnehmende Marco Schönbächler an vier der fünf Treffer direkt beteiligt gewesen (ein Tor, drei Assists). Insgesamt erzielte der FCZ in dieser „Testspielsaison“ 61 Treffer – umgerechnet 2,9 pro Spiel. Davon gingen zwölf auf das Konto von Benjamin Kololli, der in Tests häufig als Sturmspitze eingesetzt wurde. Blaz Kramer erzielte sieben Tore und ist gleichzeitig der erste Spieler seit Beginn der Aufzeichnung der Testsspielstatistiken durch Züri Live vor vier Jahren, welcher in einer einzigen Saison eine vierstellige Minutenzahl im Einsatz war. Dementsprechend ist der Slowene bei der Statistik „Minuten pro Skorerpunkt“ auch „nur“ an siebter Position hinter Assan Ceesay (zuletzt mit muskulären Problemen, nachdem er davor in drei Spielen ebenso viele Skorerpunkte im Abstiegskampf Osnabrücks beigesteuert hatte), Lavdrim Rexhepi, Mimoun Mahi, Benjamin Kololli, Marco Schönbächler und Antonio Marchesano. Betrachtet man die gesamten Testspieleinsatzminuten der Saison, so liegen auf den Positionen Torhüter, Defensiv-Zentrum, Offensiv-Aussen und Offensiv-Zentrum grosso modo die Stammspieler an der Spitze, während Defensiv-Aussen sowie im Mittelfeld-Zentrum eher Spieler aus der zweiten Reihe / im Aufbau zur grössten Anzahl Spielminuten kamen.

Zu den erinnerungswürdigsten Partien gehörten das 3:1 gegen Rapperswil-Jona in der unbarmherzig brennenden Sonne von Eschenbach sowie das 4:1 in der RBL Akademie zu Leipzig, als der FCZ in der Saisonvorbereitung schnellen, direkten Konterfussball auf den Platz brachte. Dazu das 40 Jahr-Jubiläum mit Platzeinweihung des FC Wettswil-Bonstetten, als auf FCZ-Seite aus Personalnot sehr viel improvisiert werden musste. Insgesamt konnten sich 63 Spieler präsentieren. Henri Koide und Kedus Haile-Selassie haben mittlerweile einen Profivertrag beim FCZ unterschreiben dürfen. Von den anderen eingesetzten Talenten vermochten der spielerisch gute „Mittelfeldterrier“ Arlind Dakaj (18) sowie der grossgewachsene Innenverteidiger Andi Hoti (17) am meisten zu überzeugen, wobei letzterer mittlerweile zu Internazionale gewechselt ist. Vom gleichen Klub hat der FCZ umgekehrt im Frühling Wilfried Gnonto (16) verpflichtet, welcher bisher aber noch nicht zu einem Einsatz gekommen ist – genauso wie der beim Berater, Fussball-Accessoires-Händler und ehemaligen Winterthur-Idol Patrick Bengondo unter Vertrag stehende Tessiner Torhüter Thomas Candeloro (20), der seit Januar Teil des U21-Teams ist. Matteo Di Giusto (19) hat mittlerweile den Sprung in die Challenge League zu Vaduz geschafft. Es kamen auch Nachwuchsspieler wie Tanzillo, Fuchs oder Corvalan zum Einsatz, die realistischerweise wenig Chancen haben, sich wirklich aufzudrängen – oder andere wie Catari, Arghandewall oder Rexhepi, die aus unterschiedlichen Gründen stagniert haben.

Wer kann sich noch erinnern, dass William Le Pogam vor der Reaktivierung von Pa Modou Jagne als Linksverteidigerkandidat zu einem Testspieleinsatz (in Leipzig) kam? Heute spielt der ehemalige Servette- und Xamax-Linksverteidiger bei Stade Lausanne-Ouchy. Die Einsätze von Augsburg-Leihspieler Pedersen auf der gleichen Position waren auch in den Testpartien wenig erspriesslich. Levan Kharabadze vermochte verletzungsbedingt in der Rückrunde nicht mehr einzugreifen. Der im Sommer wenig überzeugende Testspieler Erdem Sen hat mittlerweile in der Winterpause beim Türkischen Zweitligisten Istanbulspor angeheuert. Nicht mehr beim FCZ sind mittlerweile neben Andi Hoti auch Denis Popovic (Krylia Sovetov Samara, Premier Liga), Nicolas Andereggen (CA Alvarado, Primera Nacional) und Stephen Odey (KRC Genk, Jupiler Pro League). Hadzikic, Kamberi, Rohner, Aliu, Khelifi und Ceesay sind verliehen. Die „auf dem Abstellgleis“ stehenden und teilweise in der U21 eingesetzten Sangoné Sarr und Yassin Maouche kamen ebenfalls zu wenigen Testeinsätzen in der Ersten Mannschaft. Und dann sind da noch Marvin Graf (24) und Michael Kempter (25). Zwei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, die sich den grössten Teil ihres längerfristigen und diesen Sommer dem Vernehmen nach auslaufenden Profivertrages mit hartnäckigen Verletzungen herumschlugen. Graf kam neben sechs Teileinsätzen in der U21 diese Saison auch im Test in Wettswil-Bonstetten als Rechtsverteidiger zum Einsatz, holte dabei mit einer Flanke einen Handspenalty heraus, und verursachte gleichzeitig das Kontergegentor des FCWB durch seinen ehemaligen U21-Teamkollegen Philipp Allemann. In der Rückrunde hat er beim FC Kosova Spielpraxis sammeln wollen. Der Philippinische Nationalspieler Michael Kempter hingegen rannte seit der Winterpause auf der „Problemposition“ links hinten während 511 Spielminuten und hat durchaus Einsatzchancen in den kommenden „Englischen“ Super League-Wochen.

Not macht erfinderisch – Saison-Recap, 2. Teil

Wie schon in früheren Begegnungen gegen den gleichen Gegner bekundete der FCZ in der 1. Cuprunde bei Black Stars (2:1) Mühe und kam in erster Linie dank den Standards von Denis Popovic (direkt verwandelter Eckball, Nathan köpft Freistoss ins Netz) weiter. Dies obwohl das Letzigrund-Team in den ersten 20 Minuten stark beginnt. Dann nehmen Popovic und Omeragic die Sache einen Moment lang zu locker, Black Stars nutzt die Möglichkeit sofort hoch zu attackieren, Andris Vanins kommt unter Druck und Gomes profitiert zum 1:1-Ausgleich. Von diesem Moment an kehrt die Partie, die Basler glauben an ihre Chance und für den FCZ wird der Schweizer Cup schon früh zum Überlebenskampf.

So wichtig seine Standards sind, aus dem Spiel heraus gelingt Mittelfeldspieler Denis Popovic wenig. Toni Domgjoni hingegen beginnt schlecht. Trainer Ludovic Magnin wird gegenüber seinem ehemaligen U18-Captain früh laut. Dieser reagiert auf den Weckruf vorbildlich, und zeigt in der Folge eine sehr konstante Leistung auf gutem Niveau.

Die personelle Situation beim FCZ ist vor dem Duell in Bern gegen die Young Boys so angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Auf die Ersatzbank nachnominiert werden fast ausschliesslich junge Spieler, die noch nie in einem Wettbewerbsspiel für die 1. Mannschaft aufgelaufen sind. Mit Matteo Di Giusto und Ilan Sauter kommen zwei Spieler, die erst gerade im Begriff sind, sich mit der Reserve an das Niveau der Promotion League heranzutasten, früher als geplant nach der Halbzeitpause zu ihrem Début. Diese Situation in Verbindung mit früheren Erfahrungen im Wankdorf haben das Zürcher Trainerteam zu einer aussergewöhnlichen taktischen Aufstellung animiert: 5-2-1-2. Normalerweise hat jedes Team zwei hauptsächliche Defensivlinien – den Mittelfeldriegel und den Abwehrriegel. Der FCZ verzichtet hingegen in Bern in der ersten halben Stunde auf einen Mittelfeldriegel und verteidigt nur mit insgesamt sieben Mann. Marchesano, Kramer und Ceesay machen kaum den Versuch, die Berner Angriffe zu stoppen, sondern bewegen sich von Anfang an in den Rücken des Berner Ballführenden in den Bereich der Mittellinie und warten dort auf Konterchancen.

Die Idee ist einleuchtend. Man geht davon aus, dass in Bern nur eine Chance auf Punkte besteht, wenn man 1:0 in Führung geht und nimmt daher von Beginn weg Risiko. Diese 1:0-Führung soll zudem wenn möglich in der 1. Halbzeit fallen, wenn noch kein „Rookie“ auf dem Platz steht. Die höchsten Erfolgschancen auf den Führungstreffer erhofft man sich von Konterattacken. Darum zieht man sich zurück, lässt YB kommen und betraut drei Spieler mit der ausschliesslichen Aufgabe, das 1:0 per Konter so früh wie möglich zu erzielen. Es entwickelt sich das vom FCZ erwartete Spiel. Man überlässt YB den Ball. Die Berner können mit Ball am Fuss kreuz und quer in der Gegend herumspazieren und bis vor den Zürcher Strafraum vordringen. Da der dortige verstärkte 5 Mann-Abwehrriegel des FCZ aber hält, kommen die Berner trotz klarer Ballbesitzhoheit zu kaum einer Torchance. Stürmer Jean-Pierre Nsamé ist so abgeschnitten vom Berner Spiel, dass er sich in seinem Bedürfnis, auch mal den Ball in die eigenen Füsse zu erhalten, mehrmals ins Mittelfeld zurückfallen lässt, was der Franzose sonst nicht tut.

Die beste Torchance der ersten halben Stunde hat nicht YB, sondern die Gäste aus Zürich mit einem durch Von Ballmoos gut parierten Hammerschuss von Toni Domgjoni in der 25. Minute. Die meisten Dinge laufen für den FCZ also nach Plan, aber etwas Entscheidendes spielt sich nicht wie gewünscht ab: die drei Stürmer machen zu wenig aus ihren Freiheiten und suchen bei den Konterangriffen nicht schnell und direkt genug die Tiefe. Dies trifft vor allem auf Antonio Marchesano und Assan Ceesay zu. Blaz Kramer wiederum ist in den ersten halben Stunde abgesehen von einer knapp verpassten Kopfballchance nach Flanke des stärksten Zürchers Kharabadze (zur Pause verletzungsbedingt ausgewechselt) praktisch unsichtbar. In mehreren Aktionen kann zudem auf Berner Seite speziell Nicolas Bürgy mit ungeahndeten klaren Foulspielen, zum Teil direkt vor der Nase von Schiedsrichter Stephan Klossner, vielversprechende Zürcher Angriffe stoppen. Auf der anderen Seite pfeift Klossner dann in der 28. Minute ein viel weniger gravierendes Zupfen von Ceesay als Foulspiel ab, und dies erst nachdem in der Folge davon YB den Ball verloren hatte. Der daraus resultierende Freistoss Gianluca Gaudinos ist die erste gute YB-Chance und diese verwertet Christian Fassnacht auch gleich per Kopf zum 1:0.

Mit der Berner Führung kann der FCZ nicht mehr in gleicher Weise auf seine Kontertaktik bauen und angesichts der drei Stürmer, die ihren Job offensichtlich nicht wie gewünscht zu erledigen im Stande sind, macht diese sowieso nicht mehr viel Sinn. Eine Minute später stellt Ludovic Magnin daher auf ein 4-1-4-1 um, mit dem als Rechter Innenverteidiger startenden Simon Sohm als Sechser und Blaz Kramer auf dem Rechten sowie Antonio Marchesano auf dem Linken Flügel. Kramer benötigt eine Minute, um die Umstellung mitzubekommen und muss von Nathan nochmal speziell darauf hingewiesen werden. Die Ballbesitzverhältnisse gleichen sich daraufhin sofort aus und dies bleibt für das ganze zweite Drittel der Partie so. Der zur Pause eingewechselte Débutant Matteo Di Giusto macht seine Sache auf dem Rechten Flügel gut, währenddem hingegen Ilan Sauter als Linksverteidiger (eine Position, die er auch in der U21 ab und zu spielt) mit der Qualität seiner Gegenspieler etliche Mühe bekundet. Eine Reihe von gravierenden Fehlentscheiden von Ref Klossner zusammen mit der Doppeleinwechslung von Moumi und Aebischer in der 66. Minute sorgen dann nach rund einer Stunde für die Entscheidung. Die letzten 20 Minuten sind aus Zürcher Sicht nur noch eine Qual. YB, das im Hinblick auf das kapitale Champions League-Qualifikationsspiel in Belgrad gegen den FCZ eine Dreierabwehr und Neuverpflichtung Frederik Sörensen vom 1. FC Köln getestet hat, muss in dieser Phase des Spiels keine Kräfte mehr verpuffen.

Die Personalnot verschärft sich in der darauffolgenden Nationalmannschaftspause durch die verschiedentlichen Aufgebote in die Landesauswahlen noch zusätzlich. Beim Testspiel in Schaffhausen (1:1) tritt der FCZ daher mit einer verstärkten U21 an. Nur noch Schönbächler, Marchesano, Kololli und Kramer sind aus dem engeren Kreis der 1. Mannschaft dabei. Und nachdem Kenith Catari angeschlagen vom Feld muss, kommt Ersatztorhüter Novem Baumann für die letzten zehn Minuten als Rechter Flügelspieler auf den Platz und erspielt sich dabei sogar zwei Torchancen. Beim 40 Jahr-Jubiläum von Üetlibergnachbar Wettswil-Bonstetten (1:1) drei Tage später müssen gar die vier U18-Spieler Andi Hoti, Diego Corvalan, Silvan Wallner und Kedus Haile-Selassie gleich nach ihrem 5:0-Meisterschaftssieg gegen Thun im Heerenschürli auf die andere Seite der Stadt verfrachtet werden, um die 1. Mannschaft etwas mehr als eine Stunde später im Test genauso zu unterstützen, wie die überzähligen Marvin Graf, Doriano Tanzillo, Arlind Dakaj, Osman Hadzikic und Yann Kasai aus der parallel spielenden U21. Goalietrainer Davide Taini wurde diesmal als Ersatzkeeper geführt. Mit diesen zehn Notverstärkungen ergänzend zu Nathan, Marchesano, Schönbächler und Kololli (Kramer hatte sich in der Zwischenzeit auch noch verletzt) kamen so insgesamt 14 Akteure zusammen, die mithalfen, das Jubiläum des Erstligisten in einem auf 2×35 Minuten verkürzten Auftritt vor zahlreichen Zuschauern nicht ins Wasser fallen zu lassen.

Eine Woche später in Wil sind zum Cup-Achtelfinal die (Junioren-)Nationalspieler wieder zurück und Pa Modou gibt auf der Linksverteidigerposition aufgrund des verletzungsbedingten Ausfalles von Levan Kharabadze wohl etwas früher als geplant sein Comeback – und erzielt das entscheidende 2:1 per Kopf, nachdem Kololli einen weiteren stark getretenen Popovic-Eckball am entfernten Pfosten vor den Fünfmeterraum lenkt. Der in der Zwischenzeit zusätzlich verpflichtete Aiyegun Tosin ist hingegen noch nicht dabei. Der FC Wil agiert lange Zeit mindestens ebenbürtig. Schönbächler trifft in der 36. Minute wie aus dem Nichts zum 1:1. Die Führung der Äbtestädter erzielt nach einer Viertelstunde der ehemalige GC-Junior Valon Fazliu vor dem FCZ-Anhang. Entscheidend in der Vorbereitung des Führungstreffers ist der junge FCZ-Leihspieler Bledian Krasniqi, der sich auf der linken Seite mit Mut, Entschlossenheit und viel Ballgefühl gegen Popovic und Bangura durchsetzt. Ausgangspunkt des Wiler Konters ist einer von mehreren unnötigen Ballverlusten Benjamin Kolollis.

Denis Popovic zeigt insgesamt im Vergleich zu den letzten Partien gegen allerdings in vielerlei Bereichen auch noch relativ unerfahrene Ostschweizer eine Steigerung. Allerdings erreicht trotz des Sieges kein Spieler eine höhere Note als „6“ auf einer Skala von 1-10.

 

Hier gehts zu Teil 1:Bitte keine Überzahl!“

Hier gehts zu Teil 3: „Simon Sohm erobert Stammplatz“

„Bitte keine Überzahl!“ – Saison-Recap, 1. Teil

Auf zuerilive.ch begann die Saison mit einer Neuerung: die Analyse der Spiele wurde nochmal stark ausgebaut und rund 20-30-minütige Videopodcasts zu jedem Spiel produziert. Dieses Setting musste nach der fünften Partie gegen St. Gallen aus Zeitgründen vorläufig wieder aufgegeben werden. Auch wenn es im Dezember nach dem 0:5 zu Hause gegen Servette nochmal zu einem weiteren Video-Podcast kam. Dank dem spontanen Entscheid im Sommer konnten Erfahrungen mit dem Format gesammelt werden. Klar ist: neben den üblichen Vorschauen, Live-Übertragungen, Interviews, Audio-Zusammenschnitten der Spiele, Analyse-Artikeln, Pre-Match Artikel zu den Aufstellungen, News, allgemeinen Themen, Testspielen, Organisation etc. auch noch zu jedem Spiel einen Video-Podcast zu erstellen, würde das Projekt Züri Live praktisch zu einem full-time Job machen, was es im ersten Monat der Saison dann auch war.

Für die Zukunft ist als realistischere Variante angedacht: eine monatliche oder zweimonatliche Gesprächsrunde in Form einer Live-Sendung, welche danach sowohl als Audio-Podcast wie (unterlegt mit Statistiken und Bildern) auch als Video-Podcast publiziert wird. Zum Ende der Hinrunde und zu Beginn der Rückrunde wurden die Spiele dann wieder im Detail analysiert und wie in den letzten Jahren üblich Analyse-Artikel publiziert. Dazwischen gab es aber 14 Wettbewerbsspiele, die aus Zeitgründen nicht analyisiert werden konnten. Diese Lücke in den Züri Live-Daten soll nun geschlossen werden, bevor es mit Fussball wieder weitergeht. Erinnert Euch somit nochmal zurück an die verschiedenen Phasen der Vorrunde und die Entwicklung des Teams…

Durch neu verpflichtete Spielertypen wie Mimoun Mahi, Blaz Kramer oder Denis Popovic verschob sich das Stärken-/Schwächen-Profil des Teams noch mehr in Richtung „Kontermannschaft“, was sich im Verlauf des heissen Sommers unter anderem in den Testspielen exemplarisch zeigte. Mehr denn je hatte der FCZ nun eine Mannschaft, deren Offensivleute im Spiel mit dem Ball Platz brauchen. Den fanden Kramer in der Regionalliga und Mahi in der Eredivisie, wo die Teams der unteren Tabellenhälfte im Vergleich zur Super League defensiv nur mässig gut organisiert auftreten, zur Genüge vor. Popovic hatte bereits in Orenburg in einer erfolgreichen Kontermannschaft gespielt. Ähnlich wie Antonio Marchesano kann der Slowene als Ballverteiler in so einem Team aufblühen. Gegen ein Offensiv-Pressing gegen kompakt agierende Gegner sprach zudem die eher niedrig entwickelte Laufstärke der Zürcher Offensivreihe.

Mit Nathan kam nach den Abgängen von Alain Nef und Andreas Maxsö ein Mentalitätsspieler für die Innenverteidigung. Ein weiterer Innenverteidiger wurde nicht verpflichtet, weil der FCZ grosse Stücke auf das ein Jahr zuvor verpflichtete Talent Becir Omeragic hält und somit das Quartett zusammen mit Umaru Bangura und Mirlind Kryeziu komplett war. Dass Willie Britto „erst“ mit 22 Jahren den Weg aus der Ivorischen Liga nach Europa zum FCZ fand, zeigt, dass er nie zu den grossen Talenten seines Landes gezählt hatte. Dafür bringt er viel Wucht in seinen Aktionen und einiges an Abgeklärtheit mit. Mit der Verpflichtung des spielerisch starken Vasilije Janjicic wollte man mit einer Rückholaktion auch einmal selbst von der eigenen Ausbildung profitieren und solche Spieler nicht immer nur der Konkurrenz überlassen. „Hilfreich“ waren dabei sicherlich die Schlagzeilen, die Janjicic in Hamburg neben dem Platz geliefert hatte. Damit wurde er im Gegensatz zu anderen FCZ-Talenten im Ausland für den Stadtclub erschwinglich und der Spieler selbst empfand die Rückkehr zum FCZ als einen persönlichen Schritt nach vorne.

Ganz entgegen der Erkenntnisse aus den Testspielen lief der FCZ dann aber im ersten Saisonspiel im Letzigrund gegen Lugano bei brütender Hitze den Gegner hoch an. Speziell Denis Popovic, welcher nicht die ganze Vorbereitung hatte mitmachen können, rückte jeweils zu spät auf seine Position, was die konterstarken Tessiner (Schlussresultat: 0:4) jeweils gnadenlos ausnutzten. Erschwerend kam hinzu, dass das speziell bei diesen Temperaturen wichtige erste Tor aufgrund eines unrechtmässigen Penaltys (Schwalbe Sabbatini) zustande gekommen war. Beim zweiten Spiel in Luzern (0:0) stand der FCZ deutlich tiefer als in der ersten Partie und kam auf diese Art und Weise einem Auswärtssieg nahe. Der FCZ hielt dabei gegen einen Gegner, mit dessen physischen Qualitäten man in den letzten Jahren häufig Probleme gehabt hatte, kämpferisch gut dagegen und liess kaum eine gegnerische Torchance zu. Drei erfolgsversprechende Umschaltsituationen wurden von Ref Klossner wegen angeblicher Foulspiele zu Unrecht unterbunden – und Marco Schönbächler blieb mit einem tollen Weitschuss der Lucky Punch knapp verwehrt.

In Sion (1:3) erhielt der FCZ beim Stand von 1:1 in der 71. Minute die Chance zum 2:1-Führungstreffer, aber der in der Vergangenheit über die Sion U21 den Sprung in den Profifussball schaffende Benjamin Kololli verschoss den (eher glücklich zugesprochenen) Penalty. Auch von der anschliessenden numerischen Überzahl (Unsportlichkeit des den Penalty „verursachenden“ Abdellaoui) konnte der FCZ nicht profitieren – im Gegenteil. Die Zürcher suchten aufgrund der Überzahl den Auswärtssieg zu hektisch-überhastet und verloren so die Partie durch zwei Treffer des ehemaligen GC-Juniors Kasami.  Gegen Xamax (2:2) hatte der FCZ genau wie in Sion numerische Überzahl und die besseren Torchancen. Schönbächler erzielte zudem zum ersten Mal seit einem Jahr wieder einmal ein Tor. Man vergab aber kurz vor Schluss durch ein „Tor des Jahres“ von Gaëtan Karlen die drei Punkte – auch weil (durch Mimoun Mahi) wie in Sion erneut ein Penalty verschossen wurde. Gegen das von seiner Spielweise her dem FCZ liegende St. Gallen kommt es im fünften Spiel dann zum ersten Saisonsieg (2:1). Böse Zungen behaupten, dass dieser nur zustande kam, weil Zürich nach dem Platzverweis des übermotivierten ehemaligen FCZ-Juniors Miro Muheim (der beim „Rückspiel“ vor der Winterpause zudem den frühen Führungstreffer des Stadtclubs ins eigene Netz ablenkte) nicht lange in Überzahl spielen „musste“, weil kurz darauf Mirlind Kryeziu ebenfalls Gelb-Rot sah. Vor allem aber vermochte man sich gegen den hoch pressenden Gegner gut hintenheraus zu lösen und dann die sich auftuenden Räume mit erfolgreichen Kontern zu nutzen.

 

Hier gehts zu Teil 2: „Not macht erfinderisch“

Hier gehts zu Teil 3: „Simon Sohm erobert Stammplatz“

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