Stade de Genève liegt Avdijaj nicht / Servette FC – FCZ Analyse

Stilbruch unter dem neuen Coach Weiler / SERVETTE – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

Auch im zweiten Spiel gegen Servette ist ersichtlich, dass der FCZ offensiv in allen Spielsituationen (Aufbauspiel, Umschaltspiel, Standards) eine ganze Palette an Lösungen und Varianten parat hat, die funktionieren. Man baut auf der personellen und taktischen Eingespieltheit und der Saisonvorbereitung auf. Coach Bo Henriksen schickt dasselbe Team auf den Platz wie gegen Yverdon-Sport. Mitentscheidend für den Punktgewinn in Genf ist die Präsenz des aufmerksamen und manchmal auch etwas giftigen Fabio Daprelà, der gewisse defensive Herausforderungen reaktiv löst, andere sogar proaktiv eindämmt oder verhindert. Gegen Yverdon war der 32-jährige noch nach einem mässigen Teileinsatz zur Pause angeschlagen ausgewechselt worden. Im ersten Spiel ging es noch weitgehend ohne Daprelà – im zweiten wäre das nicht mehr so gewesen.

Nach starker 1. Halbzeit Leistungsabfall nach der Pause

Servette tritt unter dem neuen Coach René Weiler ganz anders auf, als in all den Jahren unter Alain Geiger. Man kann fast schon vom puren Gegenteil sprechen! Vorbei die Zeit des eleganten Kombinationsspiels und der Vermeidung von Zweikämpfen. Unter Weiler wird Torhüter Frick zum wichtigsten Aufbauspieler mit seinen hohen Bällen hinten heraus. Speziell zu Beginn wartete an vorderster Front eine Genfer Fünferreihe mit den beiden Mittelstürmern, den Flügeln plus Rechtsverteidiger Tsunemoto auf die langen Bälle. Spielmacher Timothé Cognat hat sich grundsätzlich bereits gut an den neuen Stil adaptiert, wurde gegen den FCZ aber früh „aus dem Spiel genommen“. Nicht mehr mit dabei ist hingegen der vom FCZ jahrelang so gefürchtete Eckball-Spezialist Théo Valls. Die Rollen sind nun plötzlich in vielen Bereichen vertauscht. Aktuell ist der FC Zürich bei Cornern mit Guerrero und Okita gefährlicher als die Genfer. Servette seinerseits brachte von der 30. Minute bis zum Schlusspfiff ein ausgeprägtes Pressing auf den Platz. Beim FCZ ging im Verlauf der 1. Halbzeit die defensive Disziplin lokal teilweise verloren. Während Fabian Rohner im Spiel ohne Ball meist in der Nähe von Servette-Linksverteidiger Mazikou anzutreffen war, liess auf der anderen Seite Jonathan Okita seinem Gegenspieler Tsunemoto viele Freiheiten, die dieser aber nur selten zu nutzen vermochte.

Gemessen an den Züri Live-Durchschnittsnoten war der FCZ am Fusse des Salève im Vergleich zum Yverdon-Spiel defensiv etwa gleich gut, offensiv hingegen deutlich schlechter. Ein wirklich grosser Unterschied besteht zwischen der Leistung in der 1. Halbzeit (hervorragende Durchschnittsnote „6,5“) und derjenigen der zweiten 45 Minuten, die mit „4,8“ ungenügend war. Nachdem man im ersten Durchgang die Partie im Griff gehabt hatte, liess man Servette nach der Pause ins Spiel kommen. Der 2:0-Führungstreffer durch einen Mathew-Weitschuss in der 57. Minute fiel zu diesem Zeitpunkt entgegen dem Spielverlauf. Dafür hatte man bei beiden Gegentoren Pech. Beim ersten entdeckte VAR Sandro Schärer in Volketswil ein Handspiel von Ifeanyi Mathew an der Strafraumgrenze, das auf dem Platz und im Stadion niemand gesehen hatte – und meldete sich eine Minute nach der Szene. Der Ball schien wirklich die Fingerspitzen des Nigerianers berührt zu haben und von diesen abgelenkt worden zu sein. Allerdings flog der Ball von Mathews Oberschenkel und damit einem eigenen Körperteil an die Finger – und dies gilt nach der gängigen Auslegung eigentlich nicht als Handspiel. Beim zweiten Gegentor rutschte Guillemenot bei einem Richtungswechsel im Mittelfeld aus und stand dabei Boranijasevic auf den Fuss. Der FCZ spielte weiter und vertändelte durch Mathew den Ball. Beim Genfer Gegenstoss stand dann Dereck Kutesa auf seiner Seite völlig blank, weil der von Guillemenot getroffene Boranijasevic sich natürlich nicht auf seiner Position befand. In diesem Fall ging VAR Schärer nicht auf die Foulszene ein.

Highlights

Personalien

  • Lindrit Kamberi: Beim Saisonstart gegen Yverdon erneut parat und MVP. In Genf hingegen eine ungenügende 1. Halbzeit. Als es in der Schlussphase hart auf hart geht, kommt er etwas besser ins Spiel.
  • Nikola Katic: Im Gegensatz zum Auftakt gegen Yverdon diesmal offensiv deutlich ungenügend. Beginnt die Partie mit zwei Bällen ins Niemandsland – am Ball gelingt ihm so gut wie nichts. Defensiv hingegen ist der Kroate diesmal genügend.
  • Nikola Boranijasevic und Adrian Guerrero: Beide beginnen stark und haben am Ende der Partie aussergewöhnlicherweise sowohl offensiv wie defensiv identische Züri Live-Punktzahlen – und damit auch total. Guerrero ist knapp vor Boranijasevic der beste FCZ-Spieler der 1. Halbzeit. Boranijasevic hat als einziger Spieler in den beiden Auftaktpartien gegen Yverdon und in Genf mindestens eine Note „8“.
  • Fabian Rohner: Legt offensiv mit seinem Tempo über rechts nicht nur mehrere ausgezeichnete Torchancen auf, sondern überzeugt auch mit seinen Kopfballweiterleitungen bei hohen Bällen Yanick Brechers.
  • Daniel Afriyie: Wieder in der Startformation als 10er / „falsche 9“ und erstmals mit einer Leistung auf Super League-Niveau.
  • Yanick Brecher: Zum Auftakt gegen Yverdon mit zwei wichtigen Paraden defensiv der beste FCZ-Spieler, diesmal mit seiner Spielauslösung offensiv der Beste und auch insgesamt MVP.
  • Fabio Daprelà: Verletzungsbedingt ein schwieriger Start gegen Yverdon. In Genf hingegen bereits ein wichtiges Element, speziell in defensiver Hinsicht. Setzte gleich zu Beginn gegen den aktuell besten Servette-Spieler Timothé Cognat eine „Duftmarke“ als er ihn mit Okita ins Sandwich nahm. Cognat blieb in der Folge blass und wurde früh ausgewechselt.
  • Cheikh Condé: Trägt bei Defensivstandards deutlich mehr Verantwortung als noch letzte Saison. Condé deckt nun jeweils häufig den stärksten gegnerischen Kopfballspieler (in diesem Fall: Steve Rouiller).
  • Ifeanyi Mathew: Geht wenig in die Zweikämpfe. Nach gutem Beginn abnehmende Leistungskurve im Spiel. Erzielt zwischenzeitlich aus dem Nichts per Weitschuss die 2:0-Führung, vertändelt dann vor dem 2:2 aber auch unnötig den Ball.
  • Jonathan Okita: Nach ordentlich bis gutem Beginn nimmt seine Leistungskurve im Verlauf der Partie stark ab. Ab der 25. Minute macht er defensiv nicht mehr viel, die Standards werden deutlich schlehchter, und er ist am 2:2-Ausgleich Servettes beteiligt. Von der Sturmreihe kommt allgemein in der 2. Halbzeit zu wenig.
  • Donis Avdijaj:: Bei der 2:3-Niederlage vor Jahresfrist wurde Donis Avdijaj eingewechselt und brachte vorne sowohl defensiv wie offensiv auch unter Berücksichtigung der Unterzahl-Situation (Platzverweis gegen Okita) viel zu wenig zustande (Züri Live-Note: „2“). Diesmal war der Teileinsatz des Deutschen im Stade de Genève sogar noch etwas schlimmer (Note „1“). Das Stadion oder der Gegner scheint ihm nicht zu liegen.

Live-Kommentare zum Spiel

Randnotiz: Servette’s Probleme mit der Verteidigung der FCZ-Ecken

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Defensive Fortschritte / Offensiv fehlt den Teamleadern die INspiration der Meistersaison: Analyse Tore und Gegentore 19/20 – 22/23

Defensiv hatte der FCZ was die Leistung der Feldspieler betrifft in der Saison 22/23 sehr gute Werte, wie an dieser Stelle bereits gezeigt. Wie kommt es dazu? Schauen wir uns dieses Phänomen etwas genauer an! Ein wirklich erstaunliches Bild zeigt sich bereits in der ersten Grafik. Von 19/20 bis 22/23 hat der FC Zürich über mehrere Saisons hinweg unter verschiedenen Trainern (Magnin, Rizzo, Breitenreiter, Foda, Colatrella, Henriksen) die Verteidigung der gegnerischen Standards Schritt für Schritt stark verbessert (von rund 0,7 Standardgegentoren pro Partie auf unter 0,3). Auch nach der Meistersaison ist das Team in diesem Bereich noch einmal deutlich stärker geworden. Dies mag einige Leser erstaunen. Denn ohne eine systematische Untersuchung eines Phänomens hält man sich für die Beurteilung in der Regel an einzelne besonders in Erinnerung gebliebene Situationen und Spiele. Dazu gehört für die Saison 22/23 mit Sicherheit die 2:4-Heimniederlage gegen den FC Basel am 28. August mit gleich drei Standardgegentoren nach den Freistössen von Taulant Xhaka und dem Eckball durch Darian Males. Dieses Spiel war aber wie die Statistik zeigt, die Ausnahme, welche die Regel bestätigt.

Bessere Vorwärtsverteidigung und Abwehr von Standards als in der Meistersaison!

Beinahe ebenso stark wurden in der gleichen Zeitperiode die Gegentore aus dem Spiel heraus reduziert, wenn der Gegner aus einer tiefen Position angreift. Das heisst, man verteidigt von Saison zu Saison besser in hoher Position – und hat sich auf diesem Gebiet auch 22/23 im Vergleich zur Meistersaison nochmal verbessert! Der über Jahre anhaltende positive Trend in der Reduktion der Gegentore beim Umschaltspiel, Aufbauspiel und bei einer Hohen Position des Gegners konnte hingegen nicht fortgesetzt werden. In diesen Bereichen gab es einen Rückschritt – am meisten bei gegnerischem Aufbauspiel. Der FCZ verteidigt weniger gut als noch letzte Saison unter Breitenreiter, wenn er sich hinten reindrängen lässt.

Die verbesserte Verteidigung von Standards im Vergleich zur Meistersaison betrifft alle Bereiche mit Ausnahme der Penaltys. Am stärksten verbesserte hat man sich bei gegnerischen Einwürfen. Bei gegnerischen Eckbällen hat der fC Zürich im Verlauf der letzten Monate leichte Anpassungen in der Formierung vorgenommen und setzt nun auf zwei oder teilweise gar drei Raumdecker. Wenn der FCZ trotzdem wieder mal ein Corner-Gegentor kassiert, dann liegt dies jeweils eher nicht an der Taktik, sondern individuellen Unaufmerksamkeiten wie beim 2:3 durch Douline in Genf in letzter Sekunde oder einem vermeidbaren Gegentreffer Schettines im einzigen verlorenen Derby der Saison. Penaltys gegen den FCZ entstanden in der Zeitperiode 2019 bis 2023 am häufigsten nach Freistössen oder Einwürfen (je 3 Mal).

Linke Seite nicht mehr so wasserdicht, wie in der Meistersaison

Am meisten Gegenreffer kassiert der FC Zürich immer noch via Konterangriffe des Gegners, auch wenn sich dies seit der Saison 19/20 reduziert und im Vergleich zur Meistersaison auf dem Niveau von einem solchen Gegentreffer alle vier Spiele gehalten hat. Weiter reduziert haben sich aber die Gegentreffer bei gegnerischem (langsamem) Spielaufbau, wenn der FCZ hoch steht. Zu Magnin-Zeiten war in solchen Situationen die Verteidigungsarbeit der Stürmer und Mittelfeldspieler immer wieder mal ungenügend gewesen. Wie bereits weiter oben erwähnt nahmen die Gegentore des FCZ etwas zu, wenn er tief oder in einer mittleren Position gegen einen aufbauenden Gegner verteidigte. Gegentore aus Pressing- oder Gegenpressing-Situationen blieben hingegen relativ selten.

Obwohl die Standardgegentore weiter reduziert wurden, haben die Kopfballgegentore im Vergleich zur Meistersaison 22/23 wieder zugenommen, ohne dass es im Vorfeld von Gegentreffern mehr Flanken (definiert als Bälle von der Seite von ausserhalb des Strafraumes) gegeben hätte. Dies deutet vermehrt auf Kopfballgegentore aus dem Spiel heraus hin, teilweise durch kurze Chipbälle von innerhalb des Strafraumes. Weitschussgegentreffer haben im Vergleich zur letzten Saison hingegen abgenommen, was für die gute Arbeit speziell der FCZ-Akteure auf der 6er-Position (in erster Linie Cheick Condé) spricht. Deutlich zugenommen haben hingegen Tore auf gegnerische Angriffe durch die Mitte und über rechts (also die linke Zürcher Abwehrseite). Letztere hatten sich in der Meistersaison auf null reduziert. 22/23 konnten Guerrero, Aliti und Co. ihre Seite hingegen nicht mehr so gut schliessen, wie noch ein Jahr davor.

Inspiration bei den Offensivstandards ging verloren

Das Problem des FCZ 22/23 im Vergleich zur vorherigen Spielzeit lag in der Offensive, so viel ist schon länger bekannt. „Offensive“ bedeutet aber nicht automatisch „Stürmer“. Beispielsweise der Spielaufbau aus der Zone 1 in der eigenen Platzhälfte in die Zone rund um die Mittellinie schien in der Meistersaison besser zu funktionieren. Die Torausbeute hat in allen Spielphasen (Aufbau, Umschalten, Standards) und sowohl aus einer hohen wie auch tiefen Position durchs Band deutlich abgenommen, wobei dabei eine geringere Abschlusseffizienz eine gewisse Rolle spielte. Am stärksten reduziert hat sich die Ausbeute von Standards.

Schaut man die Standardtore im Detail an, sieht man einen leichten Anstieg bei den Penaltytreffern, aber eine starke Reduktion von FCZ-Treffern, die aus Freistössen und Eckbällen erzielt wurden – und zwar auf das tiefste Level der letzten vier Jahre. Was ist der Grund, dass Marchesano, Guerrero und Dzemaili nicht mehr so gute Freistösse und Corner hinkriegten wie in der Meistersaison? Dieses Rätsel zu lösen ist ein wichtiger Faktor für den offensiven Erfolg der kommenden Saison. Denn dass Marchesano, Guerrero, Krasniqi, Okita, Kryeziu und Co. grundsätzlich gute Standards drauf haben, ist unbestritten.

Weniger Erfolg im Knacken von tief stehenden Gegnern über die Seiten

In den letzten vier Jahren hat der FCZ am häufigsten Penaltys aus Freistössen und Konterangriffen erhalten. Auch aus Angriffen gegen tief stehende Gegner sowie aus Eckbällen gab es häufiger Penalty für als gegen den FCZ.

Aus dem Spiel heraus erzielt der FCZ weiterhin am meisten Tore aus dem Aufbauspiel gegen tief stehende Gegner sowie aus Konterangriffen, wobei vor allem ersteres in der abgelaufenen Saison stark abgenommen hat.

Offensiv fehlte die Überzeugung, das Zusammenspiel und das Timing bei den Standards aus der Meistersaison

Kopfballtore haben in der Saison 22/23 sehr stark abgenommen – von „einem in drei Spielen“ auf „eines in zehn Partien“. Dies hängt direkt zusammen mit der ebenfalls starken Abnahme von Toren aus „Angriffen über rechts“. Nikola Boranijasevic hat zwar insgesamt 22/23 gute Leistungen gezeigt, aber das Timing und Zusammenspiel mit den Stürmern in den entscheidenden Momenten funktionierte nicht mehr so traumwandlerisch sicher wie noch 21/22.

Durch die Analyse der Tore und Gegentore verdichtet sich das Bild über die Unterschiede zwischen der Saison 21/22 und der Saison 22/23. Die Teamleader Antonio Marchesano, Blerim Dzemaili, Adrian Guerrero, Willy Gnonto und Yanick Brecher zeigten sich von allen Kaderspielern als zu wenig anpassungsfähig an den Trainerwechsel und begannen die Spielzeit uninspiriert. Defensiv spielte die Mannschaft als Ganzes eine ganz gute Saison – speziell die neu verpflichteten Cheick Condé und später Ifeanyi Mathew sorgten im Zentrum für Stabilität. Ausserdem verbesserte man sich beim Verteidigen von gegnerischen Standards weiter. Offensiv fehlte hingegen die Überzeugung, das Zusammenspiel und das Timing bei den Standards, beim Abschluss und beim letzten Pass, welches die Breitenreiter-Mannschaft so ausgezeichnet hatte – exemplarisch illustriert durch die unglaubliche Serie direkt verwandelter Freistösse durch Marchesano, Kryeziu und Coric zum Saisonbeginn 21/22 im Kontrast mit dem verschossenen Penalty Marchesanos zum Auftakt 22/23 in Bern. Über die rechte Seite von Boranijasevic wurden nicht mehr so viele Tore vorbereitet wie noch in der Meistersaison, und die linke Seite mit Guerrero und Aliti war defensiv zwar immer noch gut, aber nicht mehr so ein wasserdichtes Bollwerk, wie noch im Jahr zuvor.

FCZ 22/23: Defensiv top – zumindest die Feldspieler

Beim Auswärtssieg in Basel (2:0) wurde anschliessend viel über den Penalty geredet – wenig darüber, dass der FCZ zum zweiten Mal in Folge im St. Jakob Park defensiv als Team eine hervorragende Leistung gezeigt und kein Gegentor kassiert hat. Man wählte die richtige Taktik über weite Strecken aus einer tiefen Position für Nadelstiche zu sorgen. So spielt der FCZ diese Saison allerdings meistens nicht. Sowohl Franco Foda als auch Bo Henriksen woll(t)en ihre Mannschaft grundsätzlich eher hoch stehen sehen und streben Ballbesitz an. Trotzdem sind vor allem die Defensivwerte stark. Der FCZ hat die geringsten Erwarteten Gegentore der ganzen Liga und hat gleichauf mit dem FCB am zweitwenigsten gegnerische Abschlüsse zugelassen. Nach Luzern gewinnt der FCZ die zweitmeisten Defensivzweikämpfe und bringt nach YB und St. Gallen die dritthöchste Defensive Intensität mit. Beim Hohen Pressing ist man nach YB, St Gallen und Basel die Nummer vier.

Quelle: Wyscout

Trotz all dieser guten Defensivwerte hat der FC Zürich die viertmeisten Gegentore erhalten. Die Differenz zwischen Erwarteten Gegentoren und tatsächlichen Gegentoren macht der Torhüter aus. Während beispielsweise André Moreira GC mit „unmöglichen Saves“ viele Punkte rettet, hält Yanick Brecher vom Spielstil her zwar wie immer teilweise spektakulär, aber abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen wie einem Max Meyer-Abschluss gegen Luzern keine Bälle, die man von einem Super League-Torhüter nicht erwarten kann – und lässt gleichzeitig bei verschiedenen Gegentreffern das richtige Timing vermissen – beispielsweise bei Weitschüssen oder im Eins-gegen-eins. Seine Form ist schlechter, als in der Meistersaison.

Hilfe, wir haben den Ball! / Luzern – FCZ Analyse mit Randnotiz: neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

Macht Roko wieder den Simic? / Luzern – FCZ Vorschau (Züri Live)

Die angesprochenen Parallelen zur Abstiegssaison gehen weiter. Damals hatte der FCZ in der 27. Runde gegen den FC Basel unentschieden gespielt und lag damals wie heute danach auf dem 8. Platz – 15/16 sogar mit deutlich mehr Vorsprung als heute. Dann kam in der 28. Runde die Niederlage gegen Luzern, welche den Auftakt zu einer Serie von sieben Partien mit nur einem Punkt darstellte.

Wenig Ballbesitz, mehr Erfolg

Die 1:2-Heimniederlage vor zwei Spieltagen gegen den FC Sion war ein Schock für Luzern: viel mehr Ballbesitz und ein klares Chancenplus – und trotzdem baute man die Walliser auf, anstatt sich in der Tabelle nach vorne orientieren zu können. Trainer Mario Frick lernte daraus und zog sein Team in den folgenden Partien in Winterthur und gegen den FCZ in die eigene Platzhälfte zurück, suchte das Heil in schnellen Gegenstössen. Das funktionierte ausgezeichnet! Zwei Spiele, zwei Siege.

Die gleiche Schlussfolgerung könnte der FC Zürich nach der klaren Niederlage in der Swissporarena ziehen. Zuletzt hatte man in St. Gallen und gegen den FCB mit wenig Ballbesitz jeweils die besseren Torchancen herausgespielt. In Luzern hingegen hatte man deutlich mehr den Ball – und zog den Kürzeren. Dazu kam als zusätzliches Indiz: die einzige Spielphase, in der Luzern mehr Ballbesitz hatte, war das letzte Viertel – und dieses war gleichzeitig die beste Phase des FCZ. Für beide Teams scheint also zur Zeit zu gelten: „Hilfe, wir haben den Ball (zu lange)!“.

Verbesserung auf der linken Seite dank dem Duo Aliti / Hodza

Trotz ähnlicher Kontertaktik wie in Winterthur machte Coach Frick gegen den FCZ eine Umstellung taktischer Art vom üblichen Rhombus-System auf ein 4-2-3-1. So wie dies vor ein paar Wochen bereits Raphael Wicky in Zürich gemacht hatte. Die Innerschweizer zogen sich stark zurück. Dejan Sorgic wartete vorne allein auf weiter Flur auf die Auslösung eines überfallartigen Konters. Wenn Luzern aber mal zum Aufbauspiel kam, dann versuchte man es der taktischen Änderung entsprechend häufiger über die Seiten, als noch in Winterthur. Das 4:1 in der 64. Minute fiel dann auch durch einen Angriff über die linke Seite.

Die Einwechslung von Pascal Schürpf für Sofyan Chader zur Pause war einer der Gründe, warum die in der 1. Halbzeit noch gut spielende rechte Zürcher Seite mit Omeragic und Boranijasevic in der zweiten Hälfte einen richtiggehenden Einbruch erlitt. Das letzte FCZ-Gegentor mit einem Angriff über diese Seite fiel ebenfalls in Luzern kurz nach der Winterpause, als beim damaligen 2:0-Führungstreffer der Luzerner Boranijasevic sich hoch in der gegnerischen Hälfte düpieren liess. Ansonsten war zuletzt die linke Zürcher Seite anfälliger gewesen mit drei Gegentoren hintereinander gegen YB. Servette und in Lugano, als jeweils das Duo Aliti / Kamberi verteidigte. Mit Hodza als Aussenläufer und Aliti links in der Dreierabwehr scheint diese Seite defensiv besser zu funktionieren. Die Pässe, die Aliti zu Gast bei seinem Ex-Klub konstant von hinten heraus spielte, waren zudem eine echte Augenweide.

Katic bei der Spielweise unter Henriksen ein Sicherheitsrisiko

Zuletzt gegen Basel setzte der FCZ den durch das Cupspiel unter der Woche etwas müden Gegner richtigerweise durch hohes Pressing stark unter Druck und zwang diesen zu vielen Fehlern. Die Stürmer machten daraus in Abwesenheit von Tosin dann aber zu wenig. Es brauchte einen Weitschuss von Condé, um zu reüssieren. Auch in Luzern benötigte es ein Weitschusstor eines Mittelfeldspielers, um ins gegnerische Gehäuse zu treffen. In der Kategorie Weitschusstore (6) liegt der FCZ mittlerweile an zweiter Position der Liga. Zu Magnin-Zeiten war man in dieser Kategorie jeweils bei den Schlusslichtern.

Es fällt auf, wie viele gegnerische Trainer in letzter Zeit ihre Taktik gegen den FCZ umstellen – sicherlich auch aufgrund der zuletzt insgesamt eher positiven Resultate des Letzigrund-Teams. Luzerns Konzept war ganz auf den grössten Zürcher Schwachpunkt, die Langsamkeit der Verteidiger, speziell von Katic, ausgerichtet. Der FCZ stand aber nicht nur wegen Luzern hoch und hatte viel Ballbesitz, sondern er will dies unter Bo Henriksen auch. Das Problem dabei: das Stärken-/Schwächen-Profil der Mehrheit der eingesetzten Spieler passt nicht zu diesem Spielstil (siehe Randnotiz im Winterthur-Artikel). Nikola Katic ist nur eines von mehreren Beispielen dafür, aber wahrscheinlich das klarste. In einer wie letzte Saison unter André Breitenreiter tief stehenden Mannschaft, die in erster Linie auf schnelles Umschaltspiel ausgelegt ist, könnte Katic auf Super League-Niveau wohl bestehen. Man erinnere sich beispielsweise an die „Abwehrschlacht“ in Unterzahl in Basel, als kurz vor Schluss Rohner mit einem Konter beinahe noch das Siegtor erzielte. In einem hoch stehenden Team mit viel Ballbesitz ist er hingegen ein viel zu grosses Sicherheitsrisiko.

Forwards können sich in Luzern kaum durchsetzen

Bei der Beurteilung der Partie nicht vergessen werden darf, dass die junge Luzerner Mannschaft wirklich stark spielte – allen voran Marco Burch und Nicky Beloko. Sie benötigten für ihren Powerfussball in den ersten drei Vierteln der Partie aber auch viel Kraft, so dass der FCZ bei einem knapperen Spielstand in den letzten 15-20 Minuten die Partie durchaus noch hätte drehen können. Daher war für Luzern der Treffer zum 4:1 äusserst wichtig. Er nahm dem FCZ den Glauben an die Wende, wodurch die nachlassenden Kräfte in der Schlussphase weniger ins Gewicht fielen. Pius Dorn gelang zum ersten Mal in seiner Profikarriere ein Doppelpack. Zuletzt hatte er dies in der U19 des SC Freiburg (drei Mal) geschafft, als er noch auf einer offensiveren Position eingesetzt wurde.

Das Spiel des FCZ war im ersten Viertel grundsätzlich gut, auch wenn man sich danach aus dieser Phase vor allem an einzelne gefährliche Luzerner Szenen erinnern wird, die aufgrund des defensiven Schwachpunktes Katic entstanden. Im zweiten und dritten Spielviertel wurde dann die Leistung von mehreren Spielern schlechter, bevor im letzten Viertel nach den Wechseln der FCZ die bessere Mannschaft war. Insgesamt spielte der FCZ aber zu wenig einfach, schnell und schnörkellos. Und die Stürmer stiessen gegen die jungen Luzerner Verteidiger an ihre Grenzen. Insgesamt hatte der FCZ bei dieser klaren Niederlage in Luzern erstaunlicherweise die höchste bisher von Züri Live gemessene Anzahl an guten Offensivaktionen im Jahr 2023, aber gleichzeitig auch am zweitmeisten schlecht ausgeführte Aktionen im Spiel mit Ball.

Mehrere taktische Wechsel während der Partie

Die in den Medien nach der Partie viel thematisierte Pausenansprache Henriksens war im übrigen nicht eine klassische „Brandrede“, sondern beinhaltete viel eher (in lautem Ton vorgetragene) konkrete Anweisungen an das Team insgesamt und an einzelne Spieler. Henriksen stand dabei ganz offensichtlich vor einer Taktiktafel, blickte konkrete Spieler an und sagte Dinge wie: «ich erwarte von Dir, dass Du in diesen Raum gehst».

Taktische Veränderungen gab es beim FCZ während dem Spiel einige. Man begann so wie man das mit 2:1 gewonnene Heimspiel gegen Luzern aufgehört hatte: im 3-4-1-2. Aufgrund des überraschenden 4-2-3-1 von Luzern stellte man aber bereits nach fünf Minuten auf ein 3-3-2-2 um – das heisst, Cheick Condé stand höher und Bledian Krasniqi weniger zentral. Dadurch ergab sich zwischenzeitlich eine stärkere Mannorientierung im Zentrum. Nach dem Gegentor zum 0:1 wechselte der FCZ dann aber etwas hektisch wieder zurück auf das zu Beginn angewendete 3-4-1-2, was dem Zürcher Spiel nicht gut tat. Das System und die Zürcher Probleme setzten sich nach der Pause fort, auch mit dem eingewechselten Roko Simic auf der Zehnerposition für Bledian Krasniqi. Mit einer weiteren Umstellung auf ein 3-4-3 ab der 60. Minute wurde es dann deutlich besser.

Fragezeichen bei den Eckbällen

Normalerweise gibt es beim FCZ auch taktische Auswechslungen. Diesmal aber wechselte Coach Henriksen schlicht die fünf schlecht spielenden Spieler aus, erstmals auch Katic. Bei Eckbällen hatten beide Teams zu Beginn defensiv etwas Probleme. Beim ersten Zürcher Corner standen Krasniqi und Condé völlig frei. Beim zweiten wurde dies aber sofort korrigiert und die entsprechenden Zürcher Spieler von Jashari und Ottiger gedeckt. Bei Luzerner Eckbällen stand hingegen Dorn immer frei, weil der FCZ nun wieder drei statt zwei Spieler für die Raumdeckung abstellt. Den Sinn und Zweck, Marchesano auf den Kreuzungspunkt von nahem Pfosten und Elfmeterpunkt in den Raum zu stellen, erschliesst sich auf den ersten Blick nicht. In diesem Raum landet so gut wie nie ein Eckball.

Personalien

  • Bledian Krasniqi: War zeitweise alleine gegen das Duo Beloko und Jashari. Hatte aber auch einen schlechten Tag und wirkte weniger spritzig als in anderen Partien – null Abschlussbeteiligungen und nach vorne praktisch wirkungslos.
  • Jonathan Okita: Zeigte nach dem zweiten und vierten Gegentor eine Reaktion. So zielstrebig und schnörkellos wie in diesen Momenten müsste er von Beginn weg spielen. Seine lässige Ballannahme in Rücklage mit gestrecktem Bein erinnert an Feierabendfussball mit Kollegen, und führt in der Super League, wo die Verteidiger im Schnitt hartnäckiger agieren als in Holland, zu vielen Ballverlusten.
  • Becir Omeragic: Hatte insgesamt eigentlich eine gute 1. Halbzeit, kümmerte sich beispielsweise zuerst aufmerksam um den bei Standards gefährlichen Burch. War dann aber bei den gefährlichsten Luzerner Szenen auch negativ im Fokus, was ihm etwas das Selbstvertrauen zu rauben schien. Jedenfalls fiel er in der 2. Halbzeit in ein Loch.
  • Nikola Katic: Wieder eine Note „1“ wie im ersten Spiel nach der Winterpause in Luzern, im Jahr 2023 bisher fast ausschliesslich ungenügende bis schlechte Noten. Nach zuletzt immerhin aufsteigender Tendenz wieder ein extremer Rückfall. Die Defensivleistung ist miserabel. Gegen eine konternde Mannschaft auf Super League-Niveau viel zu langsam – und passt dabei seinen Spielstil trotzdem nicht à là Filipescu an diese Realität an – als würde er diese ignorieren. Die Gegner nutzen dies systematisch aus. Stürmer wie Sorgic locken Katic mit ihren Laufwegen in die gegnerische Platzhälfte oder an die Seitenlinie und lassen ihn dann dort stehen wie ein unabgeholtes Paket auf der Post. Die Szene wiederholt sich Spiel für Spiel, immer und immer wieder.
  • Mirlind Kryeziu: Ist aktuell relativ weit von seiner Bestform von letzter Saison entfernt, aber trotzdem ruhiger, überlegter und schneller als Katic.
  • Fidan Aliti: Wenn nur alle in der Mannschaft so ein Passspiel hätten! Die Präzision, die Dosierung, die Konstanz! Keine Kunst, aber Qualitätshandwerk. Auch von Alitis Schnörkellosigkeit könnten sich viele eine Scheibe abschneiden. Geht auch in der Nachspielzeit beim Stand von 1:4 noch volle Pulle.
  • Ifeanyi Mathew: Begann gut. liess sich dann phasenweise vom Auftritt einiger Mitspieler mit runterziehen. Als Selnaes ins Spiel kam, blühte er wieder auf. Premièrentor aus der Distanz mit dem schwächeren Fuss.
  • Selmin Hodza: Abgesehen von ein, zwei taktischen Fehlern bestätigte er den positiven Eindruck vom Basel-Spiel; einer der aufmerksamsten FCZ-ler auf dem Platz.
  • Antonio Marchesano: Hat etwas das Pech, dass er ausgewechselt wird, kurz bevor Luzern ausgepowert ist. Gegen das hochtourige Luzern der ersten drei Viertel der Partie kann er sich nicht durchsetzen. Die Gegenspieler sind praktisch immer schneller am Ball. In so einer Situation unterläuft ihm dann auch noch mehrmals der typische Tosin-Fehler der letzten Jahre: abrupte Richtungsänderung in einem Moment, wo der Mitspieler den Ball bereits am Zuspielen ist.
  • Calixte Ligue: Kam bei weitem nicht so gut in die Partie wie bei seinem ersten Einsatz nach der Winterpause in Luzern. Begann mit zwei unnötigen Fouls und stand defensiv zeitweise etwas verloren im Raum.
  • Ole Selnaes: Wie eine frische nordische Brise für das Zürcher Spiel. Machte dieses mit seiner Spielingelligenz und gutem Passspiel deutlich strukturierter. Profitierte dabei aber auch von nachlassenden Luzernern.

Randnotiz – neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

Weitere Berichte und Highlights

Telegramm Luzern – FCZ (SFL)

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Scharmützel und Sachbeschädigungen nach Fussballspiel: FCZ-Anhänger bewerfen Polizei mit Flaschen – diese reagiert mit Gummischrot (Luzerner Zeitung)



Frappante Parallelen zur Abstiegssaison nehmen zu / FCZ – Basel Vorschau

Anfang September wurde hier auf Züri Live ein Artikel mit dem Titel „FCZ im Abstiegskampf – was lehrt uns die Saison 15/16?“ publiziert. In diesem wurden Parallelen zur Abstiegssaison beschrieben und diese haben seither nicht wie man denken könnte, abgenommen, sondern im Gegenteil zugenommen! Wie damals hat der FCZ in der Vorsaison um den Titel gespielt. Wieder war man im Europacup engagiert, diesmal noch deutlich länger und intensiver. Die Rotation durch den Dreitage-Spielrhythmus führte zu personeller Inkonstanz. Wie zu Beginn der Abstiegssaison war man zudem in der Startphase dieser Saison häufig die Mannschaft mit den besseren Torchancen, nutzte diese aber nicht. Von den ersten 14 Partien unter Franco Foda verlor der FCZ nur eine einzige nach “Expected Goals“.

Hyypiä von Ende Oktober bis Mitte April besser als Henriksen

Zu den Parallelen, die nun seit dem September-Artikel dazugekommen sind, gehört die frühe Trainerfreistellung. In der Saison 15/16 durfte Urs Meier das Team gerade mal drei Liga-Runden coachen, bei Franco Foda waren es acht. 15/16 fiel man in der Übergangsphase unter Interimscoach Massimo Rizzo auf den letzten Platz zurück. Diesmal gab es ebenfalls eine nicht sonderlich erfolgreiche Übergangsphase unter Genesio Colatrella. Man handelte sich sowohl 15/16 wie auch 22/23 im ersten Viertel der Saison eine so grosse Hypothek ein, dass man sich für den Rest der Saison zwangsläufig auf dünnem Eis bewegte. Aus so einem Loch kommt man bis Saisonende in der Super League in der Regel nicht mehr raus. Und wie bei der Credit Suisse genügt in einer dergestalt geschwächten Position ein einziges negatives Ereignis, um den Absturz zu besiegeln. Die letzten Jahre seit dem Wiederaufstieg war das nie so gewesen. Die Vorrunde beendete man unter Forte, Magnin, Rizzo und Breitenreiter immer mindestens auf dem Vierten Platz.

Weitere Parallele: Sowohl 15/16 wie auch 22/23 kam im Herbst ein neuer Trainer mit „H“ aus Nordeuropa. Und in beiden Fällen ging es mit den Resultaten aufwärts. Sami Hyypiäs Punkteschnitt von Ende Oktober bis Mitte April war sogar besser als der aktuelle Punkteschnitt von Bo Henriksen! Dies gilt sowohl inklusive internationale Spiele, als auch wenn man nur die Partien auf nationaler Ebene berücksichtigt! Unter anderem erreichte man unter Hyypiä in dieser Phase mit Auswärtssiegen gegen drei Super League-isten (YB, Thun, Sion) den Cupfinal.

Brecher, Xhaka, Nef, Callà, Contini – gleiche Protagonisten wie vor sieben Jahren

Damals wie heute traf man in der 27. Runde auf den FC Basel! Ein schlechtes Omen? Kommt es zur Wiederauferstehung der Geister der Vergangenheit? Sowohl die beiden heutigen Captains Yanick Brecher und Taulant Xhaka, wie auch die beiden Assistenztrainer Alain Nef und Davide Callà standen am 10. April 2016 auf dem Platz. Michael Lang hatte sich in der Woche davor einen Muskelfaserriss zugezogen und der an einer Schulterverletzung laborierende Philipp Degen zierte im Anzug das Matchprogramm. Der FC Zürich hatte vor der Partie auf dem achten Rang liegend sieben Punkte Vorsprung auf den Letztplatzierten Vaduz. Die Liechtensteiner hatten am Wochenende davor in Luzern mit 1:5 verloren, der andere Konkurrent im Abstiegskampf, Lugano, gar 0:6 gegen Sion. Der FCZ galt zu diesem Zeitpunkt in der Medienlandschaft als „gerettet“.

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Das 2:2 im St. Jakob Park (nach 2:0-Führung) wurde als positives Resultat betrachtet, obwohl dadurch der Vorsprung auf Vaduz auf fünf Punkte schrumpfte. Die damals von Giorgio Contini trainierten Liechtensteiner hatten einen 3:0-Derbysieg gegen St. Gallen gefeiert – während Zdenek Zeman’s Lugano in Bern am gleichen Wochenende sogar 0:7 auf die Kappe bekam. Heute hat Henriksen’s FCZ vor dem Basel-Spiel der 27. Runde ebenfalls auf dem achten Platz liegend nur drei Punkte Vorsprung auf die beiden Letztplatzierten Winterthur und Sion. Damals wie heute reicht(e) der Neunte Rang für den Klassenerhalt.

Fluide Formation: Vogel wie Magnin

2016 trat in Basel der eingewechselte Cédric Itten den Zürcher Abwehrchef Leonardo Sanchez von Schiedsrichter Fedayi San ungestraft mit einer Attacke von hinten vom Platz. Aufgrund des Muskelfaserrisses des Argentiniers wurde die zuvor dank ihm stabilisierte FCZ-Defensive wacklig und es folgte ein Serie von nur einem Punkt in sieben Partien. Der FCZ war wieder Letzter! Diesmal zog sich schon eine Woche vor dem Basel-Match der aktuell wohl wichtigste FCZ-Akteur, Aiyegun Tosin, ebenfalls eine Muskelverletzung zu. Diesmal ohne wesentliche Fremdeinwirkung, als er im Kybunpark kurz vor der Pause bei einer “hundertprozentigen“ Torchance am Ball vorbeischlug. Tosin hat sieben der letzten zehn FCZ-Tore erzielt. Ohne seine Treffer hätte man in diesen sieben Partien nur einen einzigen Punkt geholt.

Wie 15/16 spielte der FC Basel vor dem Duell der 27. Runde gegen den FCZ zu Hause gegen YB. Der Mann des Sanchez-Fouls, Cédric Itten, schoss dabei zwei Treffer für die Berner. Der FCB schied im Cup-Halbfinal aus. Wie früher der FCZ unter Coach Ludo Magnin formiert FCB-Trainer Vogel sein Team in der offensiven und defensiven Phase häufig unterschiedlich. Während man im 4-4-2 verteidigt, greift man dann jeweils im 3-4-1-2 an. Einer der Aussenverteidiger, Lang oder Calafiori, rückt dann nach innen, der andere rückt vor auf die Höhe des Flügels. Der zweite Flügel (Amdouni links oder Ndoye rechts) rückt ins Zentrum auf die Zehnerposition.

Sechserposition gegen Basel entscheidend

Der Formationswechsel beim Umschalten in die Defensive funktioniert aber gerade gegen Gegner von der Qualität YB’s nicht immer wunschgemäss. Der FCZ muss gegen Basel vor allem den Raum vor dem eigenen Strafraum im Griff haben, denn aus diesem heraus fallen fast alle FCB-Tore. Der FCB versucht mit Kombinationsspiel in der mittleren Zone die gegnerischen Mittelfeldspieler herauszulocken und den entscheidenden Raum zwischen gegnerischer Verteidigungs- und Mittelfeldlinie so freizuschaufeln. Der FCZ-Sechser (wohl wieder Cheick Condé) muss seine Position daher unbedingt halten, wenn möglich unterstützt durch Ifeanyi Mathew, der in St. Gallen als Condé’s Ersatz auf dieser Position bester Zürcher war.

Ausserdem sollten möglichst wenig Standardsituationen versursacht werden, denn Taulant Xhaka ist in diesen Situationen weiterhin gefährlich – genauso wie Linksfüsser Darian Males. Vor allem profitiert der FCB vorne aber davon, dass viele Spieler auf verschiedene Arten Tore erzielen können. Die drei jungen Westschweizer Nationalstürmer Amdouni, Ndoye und Zeqiri beispielsweise treffen das Tor jeweils mit beiden Füssen – und auch per Kopf. Gleichzeitig ist der FCB selbst bei gegnerischen Standards ebenfalls verletzlich. Die Verteidiger gehen Risiko und sind fehleranfällig. Der Anteil des defensiven Gewissens der Mannschaft ist gering.

Darf Hornschuh von Beginn weg ran?

Beim FCZ fällt mit Tosin „Mister 70%“ aus, denn der für Benin spielende Nigerianer hat zuletzt 70% der Zürcher Tore erzielt, nachdem er zu Beginn der Saison vor dem gegnerischen Gehäuse noch ineffizient gewesen war. Adrian Guerrero hat diese Woche wieder mittrainiert und Ole Selnaes kam in St. Gallen nach der Gelb-Roten Karte gegen Becir Omeragic in den Schlussminuten zu seinem Comeback. Bei beiden geht die Tendenz in Richtung Matchkader ja, Startformation nein. Katic und Kryeziu werden wohl tendenziell eher nicht gemeinsam auflaufen, was zu einem Startelfeinsatz von Marc Hornschuh in der Dreierabwehr führen könnte.

«Die Sozialkompetenz wird zu wenig berücksichtigt»

Blick ins FCZ-Leistungszentrum. Grosses Interview mit dem Leiter Academy, Heinz Russheim – TEIL 1 von 4

Wer ist das Herz eines Vereins? Einige würden sagen: die 1. Mannschaft. Für andere ist es die Vereinsführung. Die Dritten meinen: natürlich die Fans! Es gibt aber auch noch eine vierte Sichtweise: die Nachwuchsabteilung! In ihr entwickeln sich die zukünftigen Identifikationsfiguren und Botschafter des Klubs. Sie tragen schon seit früher Jugend das Vereinswappen auf der Brust und in jeder Altersstufe heisse Derbys aus. Sie sprechen die Sprache der Fans und können auswärtige Zuzüge in den Klub einführen. Die Juniorenabteilung bildet ausserdem die handfeste Verbindung zur aktiven Fussballfamilie der Region. Jeder Amateurverein ist stolz, wenn er einen eigenen Jungen in den Profiklub bringen kann.

Blerim Dzemaili (Oerlikon, Unterstrass, YF Juventus), Fabian Rohner (SV Höngg) und Gianni De Nitti (Red Star) stammen von Stadtvereinen. Lindrit Kamberi (Volketswil), Selmin Hodza (Uster), Ilan Sauter (Maur) und Yanick Brecher (Männedorf) aus der Agglomeration. Mirlind Kryeziu und Bledian Krasniqi können sich hingegen an ihr Leben vor dem FCZ fast nicht erinnern. Sie traten praktisch gleichzeitig in die Schule und den Stadtclub ein. Miguel Reichmuth kam mit 12 Jahren vom schwyzerischen Ibach. 

Leiter Academy Heinz Russheim vor dem Home of FCZ

Leiter Academy beim FC Zürich ist Heinz Russheim. Seit mehr als 11 Jahren im Verein, seit April 2013 als Technischer Leiter. Anders als die Mehrheit seiner Pendants bei Schweizer Klubs bringt Russheim einen fundierten pädagogischen Background mit: Sportlehrerstudium an der ETH, Tätigkeit als Lehrer und Ausbildner in der Allgemeinbildung an Berufsschulen, beim Bundesamt für Sport oder an der ETH. Bis 2009 hat er noch selbst Schule gegeben. Der FCZ gehört seit vielen Jahren im Nachwuchsbereich zu den besten Ausbildungsklubs der Schweiz und führt das Label des Schweizerischen Fussballverbandes als eines der Nationalen Leistungszentren. Russheim hat Heinz Moser als neuen Leiter Entwicklung zur Seite gestellt erhalten, der vom SFV kommend das Konzept gleich selbst in einem Klub in die Tat umsetzen kann. Moser ist zuständig für «den Roten Faden» durch den ganzen Klub inklusive Frauen und Profis und die langfristige Entwicklung. Russheim ist der Leiter des Nachwuchsbereiches der Jungs (Academy und Footeco), in welchem auch ein paar der talentiertesten Mädchen aktiv sind.

Züri Live: Heinz Russheim, wir befinden uns im dieses Jahr neu eröffneten «Home of FCZ». Der FC Zürich hat als erster von mehreren Vereinen das Zertifikat «Leistungszentrum» vom Schweizerischen Fussballverband erhalten. Muss man nun Jahr für Jahr «zittern», ob man das Label wieder erhält, oder ist dies mit dem aktuellen Angebot gesichert?

Heinz Russheim: Das ist zur Zeit ziemlich fix. Als wir uns 2015 beworben haben, konnten wir darlegen, dass wir alle Kriterien erfüllen. Wir erfüllten sie bereits, bevor es das Label überhaupt gab. Und es gibt nicht Jahr für Jahr wieder neue Kriterien. U16-, U18- und U21-Trainer müssen festangestellte Profis sein. Auch den Talent Manager, Leiter Goalies oder Leiter Athletik hatten wir schon vorher zu 100% angestellt. In einem Leistungszentrum darf man diese Rollen nicht auf verschiedene Personen splitten.  

ZL: Zuletzt wurde heiss über den Super League-Modus diskutiert. Für den Ausbildungsbereich scheint aber vor allem die Aufstockung der Super League auf 12 Mannschaften nicht ungefährlich zu sein. Das Geld für die Jugendakademien kommt ja letztlich aus dem Profifussball. Wenn Klubs wie Aarau, Thun, Xamax, Wil, Schaffhausen oder Vaduz durch das Fehlen der besten zwei Gegner weniger Einnahmen generieren, kriegen sie dann nicht Probleme mit der Finanzierung ihres Spitzenjuniorenbereiches?

HR: Da müsste man die Einnahmenstruktur analysieren. Wenn durch die zwei Top-Klubs, die in die Super League verschwinden, in der Challenge League die Zuschauerzahlen sinken, dann hätte das schon einen negativen Einfluss auf die Finanzierbarkeit der Nachwuchsabteilungen. Wenn aber die Zuschauereinnahmen keinen wesentlichen Teil des Budgets abdecken, sehe ich nicht einen riesigen Einschnitt – ausser die Sponsoren würden aufgrund des Zuschauerrückgangs und damit verminderter Attraktivität die zugesprochenen Gelder ebenfalls kürzen.  

ZL: Was hat sich für Dich persönlich mit dem Einzug ins Home of FCZ verändert?

HR: Die Wege sind natürlich wesentlich kürzer geworden. Bisher habe ich jeweils gependelt. Am Mittwoch bin ich beispielsweise um 8 Uhr im Heerenschürli ins Training, dann in die Geschäftsstelle im Stadtzentrum und dann um 13 Uhr wieder raus nach Schwamendingen fürs Nachmittagstraining. Auch die Kommunikation intern ist direkter. Wenn es etwas mit der Buchhaltung zu diskutieren gibt, kann man drei, vier Zimmer weiter schnell fragen gehen und muss kein Mail schreiben. 

ZL: Nicolas Chappuis hat den Sprung in den Staff der 1. Mannschaft geschafft – ein Verlust für die Academy?

HR: Ja klar. Einerseits ist jeder, der raufgeht, grundsätzlich ein Verlust. Andererseits ist es ein gutes Zeichen für die Academy. Ich mag mich noch erinnern, als Chappuis vor etwa acht Jahren von Etoile Carouge in die U14 gekommen ist. Er war Assistent von Magnin. 2018 als Magnin in die 1. Mannschaft befördert wurde, hatten Chappuis und ich zwei Wochen lang die U21 zusammen. Erst ich mit ihm als Assistent, dann er mit mir als Assistent. Dann war er Assistent bei Massimo Rizzo’s U18 und letzte Saison U17-Cheftrainer, dazu verantwortlich für das technische Equipment und die Spielanalysen. Wenn die 1. Mannschaft jemanden aus dem Academy-Staff «absaugt», ist das für mich nicht primär ein Verlust. Ich habe gegenüber Ancillo und Heliane Canepa immer betont, dass für jede Position in der 1. Mannschaft ein valabler Kandidat im Nachwuchs vorhanden sein sollte – egal ob Konditionstrainer, Cheftrainer oder Goalietrainer.

Nicolas Chappuis, Spielanalyst der 1. Mannschaft

ZL: Was sind die Kriterien, auf die beim FCZ bei der Trainerauswahl für die Academy am meisten geachtet wird?

HR: Die Diplome sind vorgegeben, da gibt es Mindestanforderungen: ab U16 aufwärts das A-Diplom. In den Stufen darunter gibt es ebenfalls die entsprechenden Auflagen (B-Diplom). Durch das Bestehen der Prüfung beweist ein Trainer, dass er die notwendige Fachkompetenz hat. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen «sehr gut» oder nur «knapp» bestehen. Aber die Prüfung ist nur eine Momentaufnahme. Ein Tag. Eine 5,5 ist zwar für den Moment besser als eine 4,5, aber der Kandidat hat vielleicht ein ganz anderes Prüfungsthema erwischt, als sein Studienkollege. Es heisst noch gar nicht, dass er dann auch der bessere Trainer sein wird. Für mich wird die Sozialkompetenz immer wichtiger. Der Umgang mit den Spielern ist zentral.

ZL: Und dies täglich…

HR: Ja. Ich hatte grad gestern ein Gespräch mit einem Gymischüler bei uns. Die haben über 30 Stunden Schule, dazu Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitung. Und trainieren bei uns vier Mal abends. Wenn dann einer mal etwas müde ist, muss der Trainer die Empathie mitbringen, dafür Verständnis zu haben. Das hat man als Trainer und Mensch – oder man hat es nicht. Beim A-Diplom lernt man das auf jeden Fall nicht. Fordernd kann man trotzdem sein. Aber Verständnis für die Chancen, Gefahren, Freuden und Ängste der Jugendlichen muss vorhanden sein, und der Trainer muss damit umgehen können.

ZL: Bei einem Profiklub wie dem FCZ gibt es Legenden, Spieler mit Verdiensten, die man aufgrund der Klubpolitik gerne nach der Spielerkarriere in der Organisation halten möchte. Man kommt dann auf der Suche nach einer passenden Position schnell mal auf die Idee «Nachwuchstrainer» – obwohl der Ex-Profi möglicherweise nicht die beste Besetzung dafür ist. Hat sich in diesem Punkt mittlerweile etwas getan? Hat ein von der Sozialkompetenz und Pädagogik her starker Nachwuchstrainer eines kleinen Vereins aus der Region gute Chancen, sich in der Auswahl der Bewerber gegen einen Ex-Profi durchzusetzen?

HR: Wenn man keinen Hintergrund als Spielerprofi hat, ist es sehr schwer, bei den Grossvereinen reinzukommen. Wir hatten Fischer, Magnin oder Petrosyan. Colatrella hat ebenfalls in der obersten Liga gespielt, Romano war auch Profi.

ZL: Zumindest von der U15 an abwärts scheint es aber weniger Ex-Profis auf der Trainerposition zu geben…

HR: Ja, U15 kommt mir jetzt auch grad keiner in den Sinn. Der Einstieg ist aber meist in der U14 – und dann geht es direkt in das Leistungszentrum (U16). Man muss wissen: vor etwa 20 Jahren war die Philosophie des SFV, möglichst vielen ehemaligen Super League- und sowieso National-Spielern den Einstieg als Trainer zu ermöglichen. Denn diese haben die Erfahrung beispielsweise auch vor 50’000 Zuschauern zu spielen. Sie wissen, was auf dem Platz abläuft. Sie haben einen grossen Rucksack. Sie haben das Fachliche als Profispieler selbst erlebt und umgesetzt: «Was mache ich im Pressing? Wohin stehe ich? Wie verteidige ich?». Grundsätzlich alles. Das war die Stossrichtung.

Meines Erachtens hat man etwas zu wenig darauf geachtet, dass die Sozialkompetenz die dominante Qualität ist, die ein Nachwuchstrainer haben muss – ganz klar wichtiger als vieles andere. Diese Meinung wird nicht von allen geteilt. Natürlich muss ein Nachwuchstrainer im Spitzenjuniorenfussball eine Ahnung davon haben, was auf dem Fussballplatz abläuft. Aber das Pendel schlägt für mich zu stark in Richtung ehemalige Top-Spieler aus. Der Umgang mit einer U16 oder U18 ist nicht das Gleiche, wie mit der 1. Mannschaft. Sie trainieren zwar gleich viel, aber der Juniorenspieler macht nebendran noch eine Lehre, geht in die Schule, ist in der Entwicklung, in der Pubertät – das braucht vom Trainer spezielle Kompetenzen.

Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann waren als Spieler nicht auf dem Niveau ihrer jetzigen Mannschaften. Sie arbeiten erfolgreich, weil sie einen sehr guten Umgang mit ihren Spielern pflegen. Franz Beckenbauer vertraute als DFB-Teamchef fast ausschliesslich auf seine Sozialkompetenz. Das Training leitete ein Anderer.

ZL: Gut mit Jugendlichen umgehen zu können, ist eine spezielle Qualität… In gewisser Hinsicht schwieriger als mit Männern.

HR: Was heisst schwieriger? Das würde der Aufgabe der Eins-Trainer auch nicht gerecht. Dort kann man beispielsweise auch einmal eine «Diva» in der Mannschaft haben. Wie geht man damit um?

ZL: Im Nachwuchs hat man natürlich als Trainer etwas mehr Autorität und Möglichkeiten, Druck auszuüben. In der 1. Mannschaft ist der Trainer wohl das schwächere Glied im Mannschaftsgefüge. 

HR: Das ist zwangsläufig so. Wenn’s nicht läuft, dann muss bei den Profis immer wieder der Trainer gehen. Auch wenn es häufig nicht die richtige Entscheidung ist.

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